Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem - Jonathan Briefs - E-Book + Hörbuch

Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem Hörbuch

Jonathan Briefs

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Beschreibung

Warum ein Problem schon in Angriff nehmen, solange es noch klein ist? Warum ein Problem lösen, wenn dadurch nur ein neues entsteht?

Als Meister des provokativen Coachings präsentiert Jonathan Briefs eine Erfolgsstrategie des Scheiterns à la Watzlawick. Aus seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Spitzensportlern stellt er seine Coaching-Erfahrungen einfach auf den Kopf und plädiert für eine Vertiefung der beruflichen Probleme. Briefs taucht dabei genüsslich ein in den Gedankenmüll der Selbstsabotage und rät: »Begrabe die Illusion eines gelungenen Berufslebens an der Biegung des Flusses.«

Die provokative Zuspitzung regt zum Widerspruch an und motiviert zum Handeln. Humor und das Lachen über eigene Schwächen und Blockaden schaffen Abstand, wirken befreiend und helfen, bestehende Probleme selbstverantwortlich zu lösen. Der Beruf kann somit tatsächlich zur Berufung werden. Alle »Ja, aber-Profis«, »Eigentlich-Experten«, »No risk-Propheten« und »No way-Anhänger« dürfen dagegen bleiben, was sie sind: Problemzonen-Liebhaber!

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Zeit:3 Std. 58 min

Sprecher:Stéphane Bittoun

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Jonathan Briefs

Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem

Provokatives Coaching für den Berufsalltag

Kösel

Für E. Briefs

Copyright © 2013 Kösel-Verlag, München:

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung und -motiv: Oliver Weiss, oweiss.com

ISBN 978-3-641-07695-5

Weitere Informationen zu diesem Buch und unserem gesamten lieferbaren Programm finden Sie unter

www.koesel.de

Gegen Murphy

Was schiefgehen kann, das wird schiefgehen

Alles dauert länger, als man denkt

Ob du willst oder nicht, es gibt nie die Lösung

Es sieht leicht aus und ist doch schwer

Ich glaube, ehrlich gesagt, das ist Bullshit

Murphys Gesetz ist nicht meins

Ich glaub’ daran, dass Glück auf der Straße liegt

Dass es uns begegnet und bleibt

Ich glaub’ daran, dass Glück uns anspringt und sich festbeißt

Dass da die Chance ist, dass es ewig bleibt

Wir und die Katastrophen

Wir und das vorausbestimmte Chaos

Ich und das schlimmstmögliche Unglück

Meinst du, alles, was klappt, hat einen Haken?

Und wir kämpfen jedes Mal gegen Murphy …

(Gekürzte Fassung des Songs Gegen Murphy von Axel Bosse, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des OTON Musikverlags)

INHALT

Einleitung

Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem

Willkommen im Jammerlappenland

Verliebt ins Problem

»Mein Problem ist, dass ich immer so selbstkritisch bin, auch mir selbst gegenüber«

Gedankenmüll

Das Bluffer-Syndrom

Verkaufen Sie sich unter Wert

Trauen Sie keinem, auch Ihnen nicht

»Wenn jemand ein Problem mit mir hat, kann er es gerne behalten. Es ist ja seins«

Ein schlechter Ruf ist besser als keiner

Glauben Sie fest daran, dass Sie der Mittelpunkt des Universums sind

Man braucht niemanden! Wirklich nicht?

Klugscheißer gefragt – Besserwisser bevorzugt

Zeigen Sie keinen Respekt vor Erfahrung

»Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem«

Aktionismus pur!

Die obskure Idee der eigenen Berufung

Begraben Sie die Illusion eines gelungenen Berufslebens an der Biegung des Flusses

Warum Arbeit keinen Spaß machen darf

Lieben Sie nicht, was Sie tun

Leben Sie den »Terror Selbstverwirklichung«

Lösen Sie Probleme immer mit derselben Denkweise, durch die sie entstanden sind …

Wir werden, was wir denken

Business as usual

Loslassen? Lieber festhalten!

Think big? Think small!

Vermeiden Sie den Glauben an Ihre Selbstwirksamkeit

Probleme sind dornige Chancen

Probleme sind mehr als Probleme

Welchen Teil von »Nein« verstehen Sie nicht?

Seien Sie Perfektionist!

Verbringen Sie Ihre Zeit mit der Suche nach Hindernissen

Warum Versagen von Bedeutung ist

Genießen Sie auf keinen Fall kleine Siege

Sie haben kein Problem, Sie sind das Problem

Positives Denken ist was für Feiglinge

Die Kreativität-aus-Methode

Machen Sie es auf keinen Fall auf Ihre Weise

Wenn Sie ein Problem haben, das Sie nicht lösen können, suchen Sie einfach ein neues

Problem-Polygamie

»Sobald du etwas nicht mehr willst, bekommst du es«

Versuchen Sie jeden umzukrempeln, nur sich nicht

»Du musst dein Ändern leben!«

Für jedes Problem gibt es einen Freund oder eine Freundin

Echte Freunde verstärken Ihre Probleme

Das ewige Fähnchen-im-Wind-Verhalten

Totstellen als Methode

Verändern Sie den Maßstab für persönlichen Erfolg

Für manche Menschen ist das Problem schon die Lösung …

Sie würden ja gerne was verändern. Nur man lässt Sie nicht

Inkongruenz als Schlüssel zum Misserfolg

Vergessen Sie den inneren Kompass

»Talente finden Lösungen, Genies entdecken Probleme«

Gedankenschleifen

Verzettelung als Misserfolgs-Garant

Das Märchen von der produktiven Zeit

»Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will«

Krisen stiften Identität

Flow-Nebel für die Sinne

Große Probleme sollte man nie in Angriff nehmen, solange sie noch klein sind

Der Traumberuf

Null problemo!

Es gibt Leute, die haben schon eine Lösung, bevor überhaupt ein Problem da ist

Abenteuerspielplatz Problemzone

Konzentrieren Sie sich auf alle Gründe, warum etwas nicht läuft …

Genug ist nicht genug

Wenn das die Lösung ist, wollen Sie sofort Ihr Problem zurück!

Aufstand gegen 08 /15

Was ist das Problem?

Anhang

Stimmen aus dem Sport

Dank

Literaturhinweise

Der Autor

EINLEITUNG

Ich bin so talentiert darin, zu finden, was mir nicht gefällt.

Kanye West

Was ist Ihr Traum vom Fliegen?

Skispringer haben als Kinder Skifahren gelernt. Erst fuhren sie über Unebenheiten und kleine Buckel. Dann suchten sie das Abenteuer. Die Hügel wurden größer und größer. Irgendwann sprangen sie unter anderem über verschneite Garagendächer. Da entdeckten sie ihre wahre Passion. Die Höhe und die Geschwindigkeit. Den Adrenalin-Kick des Skispringers. Jetzt wussten sie um ihr wahres Talent. Ihre Stärken erlaubten es ihnen, ihrer Leidenschaft nachzugehen und immer mehr Spaß zu entwickeln. Spaßarbeiter zu werden ist ein Weg, um eine Karriere als Leistungssportler einzuschlagen.

Es gibt später im Berufsleben eines erwachsenen Sportlers viele langweilige Routinen, die einem schnell die Energie rauben können: Medienarbeit, Reisen, Sponsorentermine, Krafttraining etc. Doch eines haben sich die Sportler, mit denen ich gearbeitet habe, erhalten: die Freude. Der ganze Aufwand für ein paar Sekunden des Glücks: »Der Traum vom Fliegen!« Wenn der Spaß im Mittelpunkt steht und nicht das, was man als Belohnung, Schmerzensgeld oder Entschädigung für seine Tätigkeit erhält, ist man langfristiger erfolgreich und auch gesund. Flow, diese besondere Form der Hingabe und Selbstvergessenheit, und die Beachtung seiner Rahmenbedingungen sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor. An der Quelle ihrer Kraft und Motivation erleben die Sportler Glücksgefühle und eine Art Dankbarkeit. Sie werden zu Visionsarbeitern in eigener Sache. Freude am Tun ist der Ausgangspunkt für alles andere. Spaß bedeutet hier nicht Schlendrian, Kick oder Fun, im Gegenteil. Der Zugang ist ein anderer: Spaßarbeiter verfolgen seriös und ernsthaft ihren Traum. Mit immenser Ausdauer, großer Selbstverantwortung und bewundernswerter Disziplin.

Spaßarbeiter leben ihre Stärken. Dazu muss der Sportler seine Potenziale kennen und weiterentwickeln. Nur so entstehen exzellente Leistungen. Wer ein Ziel erreichen will, braucht einen starken Willen. Die tägliche Neugier auf Verbesserungen ist ein Baustein zum Erfolg. »Olympiasieger wird man nicht nur alle vier Jahre, im Grunde arbeitet der Sportler täglich daran.« (Christian Uhl, Sportpsychologe der österreichischen Skisprung-Nationalmannschaft)

Meine Erfahrungen als Coach von Leistungssportlern sind der Ausgangspunkt für die vorliegende provokative Intervention in Buchform. Mithilfe der »Kopfstandmethode« stelle ich die Erfolgsrezepte dieser Skispringer auf den Kopf. Das ist ein Tool aus meinem Werkzeugkasten als Coach.

Anleitung zum Misserfolg. Verwirrung und Irritation als Gedankenspiel. Die Problemzonen-Vertiefung und Verneinungen im Buch widersprechen dem herkömmlichen Coaching-Ansatz. Die vorgestellten Coaching-Tools stammen aus dem Bereich des Impro-Theaters und aus dem Portfolio der Coaching-Praxis. Viele davon sind Teil der Zusammenarbeit mit den Skispringern.

Ich gelte unter anderem als Humorberater. Das Lachen als zentrales Instrument meiner Arbeit. Eine vertrauensbildende Maßnahme. Ich bringe Menschen allerdings nicht bei, humorvoll zu sein. Ich berate mit Humor. Ein Lachen ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen. Auch im Coaching.

Humor und Leistungssport galten früher als Widerspruch. Meine Arbeit beweist das Gegenteil. Humor begünstigt Leistungsfähigkeit. Nicht allein durch Härter, Schneller, Höher und Weiter wird man zum Gewinner. Sondern durch Leichtigkeit im Kopf. Vielleicht gewinnt der Leser die eine oder andere Erkenntnis und / oder wird zum Widerspruch angeregt. Am Ende zählt, wie überall, nach dem Erlebnis das Ergebnis.

ICH HABE KEINE LÖSUNG, ABER ICH BEWUNDERE DAS PROBLEM

Willkommen im Jammerlappenland

Jeder Mensch hat Probleme, auch Sie. Das geht allen so. Darauf haben wir in der Regel keinen Einfluss. Aber wie Sie darauf reagieren, das liegt in Ihrer Verantwortung.

Eine Möglichkeit sind natürlich das Jammern, negative Selbstgespräche. Darin kennen Sie sich aus. Der Mensch beherrscht die Selbstbeschimpfung in Perfektion. Mit niemandem reden Sie in so einem verletzenden Ton wie mit sich. Nicht mit dem Partner, der Familie, dem Haustier oder der Zimmerpflanze. Nur sich selber lassen Sie in diesen perfekten Genuss der Selbstzweifel und Selbstkasteiung kommen. Gut so. Wenigstens eine Sache, aus der man Selbstvertrauen schöpfen kann. Denn darin kann Ihnen niemand das Wasser reichen. Darin sind Sie Experte. Glückwunsch!

Ich habe die Erfahrung gemacht: Die meisten Menschen wollen gar nicht, dass sich durch das Coaching etwas an ihrer problematischen Situation ändert. Denn da fühlen sie sich wie zu Hause. In Sicherheit. Unter Kontrolle. In einer beruhigenden Routine. Komfortzone pur. Die Jammerlappen wollen nur einfach besser damit klarkommen. Auf keinen Fall geht es Ihnen um den Wunsch nach Veränderung. Problemlösung, nein danke!

Wenn Sie genauso ticken, hören Sie bloß nicht mit dem Jammern auf. Und behalten Sie Ihr Klagen auf keinen Fall für sich. Lassen Sie die ganze Welt an Ihrem Selbstmitleid teilhaben. Das hilft sicher, eine ganze Menge Freunde und Bekannte zu verlieren. Da hat man endlich wieder mehr Zeit für sich. Außerdem bleiben Sie dann unter ihresgleichen: in der Gesellschaft der Opfer und Schuldzuweiser. Wenn das nicht attraktiv ist!

Und es gibt eine weitere gute Nachricht:

Jammern verlängert Ihr Problem. Was für eine tröstende Aussage!

Aber warum ist das so?

Während Sie im Jammer-Modus gefangen sind, sind Sie nicht in der Lage, sich auf die Lösung zu konzentrieren. Das ist doch großartig. Entgegen aller Multitasking-Gerüchte können Sie sich hier nicht auf zwei Dinge gleichzeitig konzentrieren. Sie können nicht über das Problem jammern und daneben eine Lösung erarbeiten. Sie müssen sich tatsächlich entscheiden.

Entscheiden Sie sich für die Existenz als Jammerlappen.

Jammern bringt Erfolg? Jammern macht glücklich? Jammern schafft Freunde?

Nein, aber es lässt das Problem länger bestehen. Es verlängert das Leben – also, das Problemleben. Das ist Grund und Motivation genug!

Wäre das nichts für Sie?

In einigen Teilen Deutschlands gibt es die Einrichtung von Jammergruppen. Hier wird aus vollem Herzen und auf allen Kanälen gejammert. Manchmal sucht man in der Umgebung nach bemitleidenswerten Gegenständen: verwahrloste Häuser, triste Einkaufs-Straßen, traurige Bäume etc. Die werden dann ausgiebig in ihrem bejammernswerten Zustand gewürdigt.

Doch Vorsicht: Einige Menschen fühlen sich nach ausgiebigen Jammerrunden frisch und erholt. Mit neuer Energie wenden sie sich ihren Herausforderungen zu und widmen sich aktiv den anliegenden Aufgaben.

Der rote Faden I

Übung zu zweit

A erzählt ein bekanntes Märchen, zum Beispiel Der Wolf und die sieben Geißlein. B stört mit Einwürfen von inhaltsfremden Begriffen. A baut die Begriffe inhaltlich sinnvoll und grammatikalisch richtig nach eigenem Timing in seinen Vortrag ein. Statt eines Märchens kann es auch ein Vortrag zu einem bestimmten Thema sein. Hobbys bieten sich dafür an. Oder bekannte Filme.

Beispiel:

A: Es war einmal ein kleines Mädchen …

B: Kühlschrank.

A: Das plünderte den Kühlschrank, um seiner Großmutter …

B: Doping.

A: Die krank in ihrem Häuschen tief im Wald im Bett lag, mit einer Vitaminkur, einem natürlichen Doping, etwas Gutes zu tun.

B: Riester-Rente.

A: Gott sei Dank hatte die Großmutter immer schon Vorsorge betrieben, so konnte sie sich dank der Riester-Rente das Wald-Häuschen leisten. Wäre da nicht der böse Wolf …

B: Minister.

A: Der ursprünglich Verteidigungsminister gewesen war …

Usw.

Ziel: Erhöhung der Konzentration und der Fähigkeit zur Fokussierung, Integration von Störungen statt Widerstand, Inspiration statt Blockade, Training von Priorisierung.

Der Wind

Der Skispringer hebt ab von der Sprungschanze. Er verliert den Kampf gegen den Wind, muss den Flug abbrechen und landet abgeschlagen im Auslaufbereich. Die Enttäuschung ist ihm ins Gesicht geschrieben. Seine Körpersprache spricht Bände. Er geht mit sich ins Gericht. Schonungslos hadert er mit seinem Schicksal. Der Wind hat ihn besiegt. Sein innerer Schweinehund hat den Schwanz eingekniffen, aus Sorge vor einer Verletzung. Der Skispringer fühlt sich verraten und verkauft. Brutal sieht er sich um seinen Sieg gebracht. Er ist nicht nur ein Verlierer, er fühlt sich auch als Versager. Er fühlt sich in seiner Persönlichkeit gekränkt. Er wurde seiner Chancen beraubt. Jetzt wartet die Presse auf sein Statement zu seinem unterirdischen Ergebnis. Immer weiter wird in seinen Wunden gebohrt. Er ertrinkt in Selbstmitleid und spürt Aggression in sich. Wut steigt auf. Die Skier werden in den Schnee geknallt und der Betreuer wird angegiftet. Eine Kältefront zieht auf. Eiszeit im Jammerlappenland.

Verliebt ins Problem

Eine Möglichkeit, das Verfallsdatum des Problems nach hinten zu verschieben, besteht darin, dem Problem mit offenkundiger Bewunderung zu begegnen. Das ist eine Variante der Schockstarre.

Hier handelt es sich allerdings um den Blick eines hoffnungslos Verliebten. Bewunderung ist eine Facette der Nicht-Lösungsorientierung. Geblendet von der Schönheit und der Einzigartigkeit des Problems machen Sie erst mal nichts … und dann eine ganze Weile später: auch nichts … und Tage, Wochen, Monate später … noch weniger.

Das Problem erscheint so außergewöhnlich und unvergleichlich. Man sollte es glatt unter Artenschutz stellen. Zum Weltkulturerbe erklären. Mindestens.

Sie können das Problem leidenschaftlich und begeisternd erklären. In allen Farben und nach allen Regeln der Kunst. Schließlich haben Sie es hingebungsvoll aus allen Perspektiven studiert und es richtig lieb gewonnen. Rein platonisch natürlich. »Professionelle Problemanalyse« nennen Sie dieses Balzverhalten. Mit der Konsequenz, dass das Problem bleibt, wie es ist. Jeder Versuch einer Lösung würde es doch in Luft auflösen. Das können Sie wirklich nicht verantworten. Sie haben schließlich eine Fürsorgepflicht.

Fragen, Fragen

Übung allein oder zu zweit

A stellt eine Frage zu einem beliebigen Thema. B antwortet mit einer Gegenfrage. A kontert mit einer Frage. B erwidert mit einer Frage usw. Wenn Sie diese Übung allein machen, füllen Sie in Form eines Selbstgesprächs beide Rollen aus.

Beispiel:

A: Warum kommt einem die Urlaubszeit immer viel zu kurz vor?

B: Empfindest du das so?

A: Du nicht?

B: Kann ich einen Moment darüber nachdenken?

A: Ist das jetzt nötig?

B: Denkst du nie nach?

A: Meinst du die Frage ernst?

B: Hätte ich sie sonst gestellt?

A: Dir ist das also wirklich wichtig?

B: Dir nicht?

Usw.

Ziel: Diese Übung funktioniert am besten, wenn man sich dissoziiert zum Inhalt. Wir Menschen neigen dazu (gerade mit Problemen, oder im Gespräch) sehr assoziiert zu sein. Wir können kaum die Distanz aufbauen, die manchmal hilfreich wäre, um eine Lösung zu finden. Sich zu dissoziieren kann man hier erfahren und trainieren.

Gegenfrage

Martin Koch ist einer der erfolgreichsten Skiflieger der Welt. Als sein Trainer ihm Feedback zu einem Wettkampfsprung geben wollte, unterbrach dieser ihn: »Was willst du eigentlich? Du warst doch gar nicht dabei!«

»MEIN PROBLEM IST, DASS ICH IMMER SEHR SELBSTKRITISCH BIN, AUCH MIR SELBST GEGENÜBER«

(ANDREAS MÖLLER)

Gedankenmüll

Selbstkritik ist ein Ausdruck der inneren Stimmen. Selbstgespräche sind normal. Es gibt mindestens zwei Stimmen in jedem von uns. Die eine ist die konstruktive innere Stimme, eine Art Bauchgefühl. Die lösungsorientierte Chancendenker-Stimme weiß genau, was zu tun und was das Beste für uns ist. Sie hat konstruktive Ideen für die Lösung von Problemen. Sie führt uns ermutigend unseren Zielen näher. Die Lösung vieler Schwierigkeiten ist uns durchaus bewusst und klar. Wir haben auch die dazu nötigen Fähigkeiten und Ressourcen in uns. Trotzdem hören wir selten auf diese Stimme. Sie klingt vielleicht wie … Sie haben bestimmt schon eine Idee!

Sie wenden sich lieber den negativen Selbstgesprächen zu. Der problematisierenden Bedenkenträger-Stimme. Sie hören in völliger Hingabe auf die Gedanken voller Selbstzweifel. Sie führen Sie weg vom Ziel und entfernen Sie von einer Lösung. Sie werden mutlos und antriebsschwach. Sie übernehmen keine Verantwortung für die Situation. Sie machen lieber andere dafür verantwortlich.

Es ist ein Gefühl wie Heimat. Die Stimme klingt ein wenig wie der Sänger von Rammstein. Oder wie Schneewittchen. Oder wie Familie?

Das Problem ist also nicht, dass Sie nichts wissen.

Das Problem ist, dass Sie nicht tun, was Sie bereits wissen.

Das ist der springende Punkt. Das hüpfende Komma.

Das Umsetzen von Wissen ist der entscheidende Faktor. Wissen ist Macht. Es liegt allein in Ihrer Macht.

Aber: Wer stellt schon gern die Machtfrage? Sie doch nicht. Bleiben Sie Realist. Jammern Sie weiter darüber, wie gemein und grausam die Welt ist. Im Allgemeinen und vor allem Ihnen gegenüber im Speziellen.

Der Gedankenflüsterer

Übung allein, zu dritt oder zu sechst

Im Monolog suchen Sie sich ein Thema (zum Beispiel Autokauf) und entwickeln einen inneren Dialog aus Pro- und Kontra-Stimmen. »Für« ist die konstruktive Stimme, »Wider« die destruktive. Vielleicht haben Sie innerlich (Ich) auch schon eine Entscheidung getroffen und suchen jetzt Unterstützung und Argumentationshilfen.

Zu dritt spielt A »Ich«, B das Pro, C das Kontra. So führen Sie einen vergleichbaren Dialog, den Sie auch allein im Selbstgespräch realisieren können.

Zu sechst führen A und B einen Dialog, zum Beispiel in einem Autosalon. A ist ein potenzieller Käufer. B spielt den Autoverkäufer. Die anderen spielen jeweils die Pro-und Kontra-Rollen.

Beispiel:

A: Ich möchte gerne einen Smart.

B: Das ist eine gute Idee.

C: Das ist doch kein richtiges Auto.

A: Ich finde schon.

B: Genau, ein richtig gelungenes Stadtauto.

C: Und wenn du mal längere Strecken fahren willst? Ausflüge, Urlaub …

B: Was spricht dagegen?

C: Wohin mit dem Gepäck?

A: Genau. Ich muss doch immer für alle Gelegenheiten ausgestattet und vorbereitet sein.

B: Auf dem Beifahrersitz?

C: Na toll. Das wird ja ein einsames Leben.

A: Ich will doch nicht allein unterwegs sein.

C: Siehste. Du brauchst Platz. Einen Geländewagen.

B: So einen Hausfrauenpanzer. Völlig unökologisch.

A: Also ein Jeep muss es nicht gerade sein. Ich will ja auch einen Parkplatz finden.

B: Genau. Deswegen einen Smart!

C: Das ist kein Auto, sondern eine fixe Idee.

Usw.

Ziel: Diese Übung trainiert den Umgang mit Gedankenflüsterern. Ignorieren Sie sie, integrieren Sie sie, behalten Sie den Überblick. Und sie lehrt die Erfahrung: Die Entscheidungskompetenz, für welche Stimme Sie sich wann entscheiden, liegt in Ihrer Hand.

Denken hilft nicht

Ein immer wiederkehrendes Phänomen im Leistungssport ist der verwirrende innere Dialog im Wettbewerb. Spätestens wenn der Skispringer auf dem Absprungbalken der Schanze sitzt, ist es kontraproduktiv, wenn er sich Gedanken über ein Scheitern macht. Oder Gedanken über das Abendessen, die Schwangerschaft seiner Frau oder ob er das Bügeleisen ausgemacht hat. »Denken hilft nicht!«, sagt der Vierschanzentournee-Sieger Gregor Schlierenzauer.

Das Bluffer-Syndrom

Oder: It’s a dream, it’s a fake, it’s a fucking lie!

Eignen Sie sich keine Fähigkeiten an. Denn Sie werden ihnen nicht vertrauen.

Kennen Sie das Gefühl? Alles läuft rund, ein Zahnrad greift ins andere. Eine Art Kettenreaktion der besonderen Art. Quasi ein Schneeballeffekt. Ein Auftrag ergibt den nächsten. Das Empfehlungsgeschäft läuft auf Hochtouren. Die Mundpropaganda trägt ihren Teil dazu bei. Jeder will mit Ihnen arbeiten. Jeder spricht von Ihnen. Alle suchen Ihren Rat. Sie gelten als Experte und Koryphäe. Ihre Meinung zählt. Wenn Sie einen Raum betreten, wird es still und die Sonne geht auf. Das wäre der Moment, Ihren Erfolg in vollen Zügen zu genießen. Durchzuatmen. Lob und Anerkennung anzunehmen und stolz zu sein auf das Erreichte.

Trotzdem nagen da Zweifel. Misstrauen regiert. Die Sache muss doch einen Haken haben. Haben Sie das alles wirklich verdient? Sind Sie das eigentlich alles wert? Meint man tatsächlich Sie (vielleicht sind Sie eineiiger Zwilling, ohne es zu wissen), oder handelt es sich um ein peinliches Missverständnis? Das mit Sicherheit irgendwann aufliegen wird. Dann werden alle mit dem Finger auf Sie zeigen. Wie in dem Märchen mit dem Kaiser und seinen neuen Kleidern. Spätestens dann werden alle wissen, dass Sie in Wahrheit ein Bluffer sind. Ein Blender vor dem Herrn. Ein Hochstapler übelster Sorte. Ihre Karriere ist nicht das Ergebnis Ihrer hart erarbeiteten Fähigkeiten und Talente. Denn die gibt es in Wahrheit nicht. Fake. Betrug. Zumindest glauben Sie das. Das reicht völlig aus. Am liebsten würden Sie sich in Luft auflösen vor Scham. Die paar Minuten Ruhm, Glanz und Gloria sind das wirklich nicht wert.

Ursachenforschung

»Fake it, until you make it!« Das geht eine Weile gut. Dann muss ein Fundament her.

Was kann ein Baustein sein, um mir selbst zu glauben?

Erforschen Sie die Ursache für Ihren Zweifel: Fehlt die Ausbildung? Eine Qualifikation? Sind Sie Autodidakt? Sie haben, ohne Studium, ohne Doktor- oder Professorentitel, Komplexe im Kreis von studierten und examinierten Experten?