Ich hau dir gleich eine! - Stefanie Helsper - E-Book

Ich hau dir gleich eine! E-Book

Stefanie Helsper

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Beschreibung

Handlicher Ratgeber mit vielen Praxistipps zum Umgang mit herausforderndem Verhalten von Menschen mit Demenz für Pflege- und Betreuungskräfte in der Altenpflege +++ Überforderung, Enthemmung oder psychische Auffälligkeiten - herausforderndes Verhalten von Menschen mit Demenz stellt Sie als Pflege- oder Betreuungskraft tagtäglich vor neue Hürden. Doch was sind die Auslöser und wie lässt sich situationsgerecht darauf reagieren? Ob Veränderungen in der Wahrnehmung und Kommunikation, Beschäftigung und Betätigung gegen die Langeweile oder fremd- und selbstverletzendes Verhalten - dieser Ratgeber zeigt Wege auf, wie Sie die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz erkennen, herausforderndes Verhalten dadurch mildern und dabei selbst Ihre eigenen Grenzen beachten. Der schnelle Helfer beschränkt sich aufs Wesentliche - kurz, knapp, klar verständlich und mit maximalem Praxisnutzen. Das handliche Taschenbuch ist ein echter "Rat-Geber"!

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Seitenzahl: 80

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Impressum

Titel

Kleine Helfer für die Altenpflege

Ich hau dir gleich eine!

111 Tipps zum Umgang mit herausforderndem Verhaltenvon Menschen mit Demenz

Autorin

Stefanie Helsper

Lektorat

Corina Altmann

Titelbildmotive

© alison1414 – Shutterstock.com (Oma);

© Olga Kovalenko (Hintergrund Wand), © annagolant (Button),

© Elaelo (Hand), © KatyaKatya (Muster „Pinselstrich“), © raven (Sprechblase)

– alle stock.adobe.com

Illustrationen im Innenteil

Kapiteldeckblätter © Norbert Höveler

Tipp-Icon © Verlag an der Ruhr

E-Book-Herstellung und Auslieferung

readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

Verlag an der Ruhr

Mülheim an der Ruhr

www.verlagruhr.de

Urheberrechtlicher Hinweis

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Der Verlag untersagt ausdrücklich das Herstellen von digitalen Kopien, das digitale Speichern und Zurverfügungstellen dieser Materialien in Netzwerken (das gilt auch für Intranets von Pflege- und Altersheimen sowie Bildungseinrichtungen), per E-Mail, Internet oder sonstigen elektronischen Medien außerhalb der gesetzlichen Grenzen. Keine gewerbliche Nutzung.

© Verlag an der Ruhr 2021E-Book ISBN 978-3-8346-4754-2

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Herausforderndes Verhalten – was ist das?

Stecknadeln im Gehirn – kognitive demenzielle Veränderungen

Herausforderndes Verhalten gegenüber sich selbst

Herausforderndes Verhalten gegenüber anderen

Veränderungen in der Wahrnehmung bei Menschen mit Demenz

Ich nehme ständig etwas wahr – überall Reize

Ich sehe anders

Ich höre anders

Ich rieche und schmecke anders

Ich fühle meinen Körper anders

Beschäftigung und Betätigung gegen die Langeweile

Ich bin unterfordert und mir ist langweilig

Ich möchte etwas tun

Ich weiß nicht, wie ich es tun soll

Bedürfnisse von Menschen mit Demenz

Ich brauche dasselbe wie du

Ich wünsche mir Normalität und Routine

Ich wünsche mir Authentizität

Ich wünsche mir Beziehungen

Ich brauche Ruhe

Erscheinungsformen psychischer Veränderungen

Ich bin kein Einzelfall

Ich bin tieftraurig – Depressionen

Ich sehe was, was du nicht siehst! – Wahn und Halluzinationen

Hilfe, ich fürchte mich! – Angst

Außerhalb der Etikette – enthemmtes Verhalten

Hau ab, du blöde Kuh! – Verbale Entgleisungen

Ich muss mich spüren – fremd- und selbstverletzendes Verhalten

Ich will nur mal anfassen – sexuelle Enthemmtheit

Veränderungen in der Kommunikation bei Menschen mit Demenz

Sprechen Sie „Dementisch“?

Ich kann nichts sagen! – Aphasien und Co.

Dem herausfordernden Verhalten mit Selbstfürsorge begegnen

Wie geht es Ihnen? – Den Blick auf sich selbst richten

Ich passe auf mich auf! – Achtsame Wege gehen

Ein paar Worte zum Schluss

Vorwort

Lautes Rufen, anhaltendes Klopfen, Schieben von Gegenständen, Umräumen, ständiges Laufen, ärgerliches Schimpfen, nicht enden wollendes Schreien, verletzendes Verhalten, Zerreißen von Kleidung, anhaltendes Weinen, Nesteln oder lautes Zähneknirschen können die ganze Palette herausfordernden Verhaltens von Menschen mit Demenz darstellen. Kennen Sie diese Verhaltensweisen aus Ihrem beruflichen Kontext oder als pflegende*r Angehörige*r1?

Haben Sie auch schon eine konfrontative Erfahrung gemacht, in der Sie sich durch das Verhalten von Menschen mit Demenz herausgefordert gefühlt haben? Waren Sie schon in einer Begegnung mit einem Menschen mit Demenz, in der Sie nicht mehr weiterwussten und das Verhalten des Gegenübers einfach nicht verstanden haben? Kamen Sie dabei an Ihre Grenzen? Fühlten Sie sich schon einmal in einer Situation bedroht?

Falls Sie eine dieser Fragen mit Ja beantworten konnten, halten Sie das richtige Buch in den Händen. Es möchte gerne Licht ins Dunkel bringen und hat sich zur Aufgabe gemacht, Ihnen 111 Tipps an die Hand zu geben, durch die der Umgang mit herausfordernden Menschen mit Demenz besser gelingen kann. Es möchte das Warum der Verhaltensweisen aufdecken und Sie auf eine Entdeckungsreise zum Mittelpunkt des Herzens der Menschen mit Demenz mitnehmen, damit Sie die Verhaltensweisen besser verstehen können.

Ich selbst habe in meiner Arbeit mit Menschen mit Demenz immer wieder die Erfahrung gemacht, dass ich an meine Grenzen kam – mit meinem Latein am Ende war, Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz einfach nicht verstehen konnte. Mit meinem Fachwissen und meiner Erfahrung, gepaart mit der Bereitschaft, sich ganz und gar auf das Gegenüber einzustellen und den Versuch zu starten, „in dessen Schuhe zu schlüpfen und damit zu laufen“, habe ich mit der Zeit einen Weitblick entwickelt und konnte so die Verhaltensweisen verstehen und annehmen.

Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass dieses Buch mit den 111 Tipps für den Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz Ihnen ein besseres Verständnis, einen Weitblick, eine Sensibilität und eine Gelassenheit gibt oder Sie sich bestätigt fühlen, dass Sie bereits im Handling alles richtig gemacht haben und auf einem guten Weg sind.

Ihre Stefanie Helsper

1Der Verlag an der Ruhr legt großen Wert auf eine geschlechtergerechte und inklusive Sprache. Daher nutzen wir bevorzugt das Gendersternchen, um sowohl männliche und weibliche als auch nichtbinäre Geschlechtsidentitäten einzuschließen. Alternativ verwenden wir neutrale Formulierungen.

HERAUSFORDERNDESVERHALTEN– WAS IST DAS?

Stecknadeln im Gehirn – kognitive demenzielle Veränderungen

Was heißt „Kognition“? Das Wort steht für alle Denk- und Gedächtnisleistungen unseres Gehirns. Die Kognition beinhaltet alle Funktionen des logischen und abstrakten Denkens, alle Gedächtnisleistungen und Merkfähigkeiten, das Beherrschen des Sprechens, des Planens und Strukturierens, der Orientierung und des Lernens.

Das Krankheitsbild Demenz steht für mehrere kognitive Veränderungen. Die meisten demenziellen Veränderungen sind eine Kombination aus Störungen und Fähigkeitsverlusten. Der Krankheitsverlauf lässt sich in drei Stadien einteilen:

Stadien der Demenz

Leichtes Stadium:

Störungen im Kurzzeitgedächtnis

Informationsverlust

Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen

Wortfindungsstörungen

erste Schwierigkeiten bei der räumlichen und zeitlichen Orientierung

erste Schwierigkeiten mit komplizierteren Anforderungen

Mittelgradiges Stadium:

Langzeitgedächtnisstörung

zeitlicher und räumlicher Orientierungsverlust

deutliche Wahrnehmungsveränderungen

Unterstützung bei der Alltagsbewältigung; eine selbstständige Lebensführung ist nicht mehr möglich

Veränderungen im Verhalten und in der Persönlichkeit

gestörtes Zeitgefühl und Veränderung des Tag-Nacht-Rhythmus

Schweres Stadium:

Sprachverlust

Abnahme der Mobilität

Kontrakturen

Inkontinenz

Kauen, Schlucken und Atmen werden immer mühsamer

Anfälligkeit für Infektionskrankheiten

Tod

An dieser Stelle ist es jedoch sehr wichtig, zu erwähnen, dass jede Demenz individuell anders verläuft und jeder Mensch mit Demenz andere oder anders ausgeprägte Symptome zeigt.

Tipp 1: Jeder Mensch mit Demenz ist individuell anders. Wenn Sie einen Menschen mit Demenz kennen, kennen Sie einen Menschen mit Demenz.

Die bekannteste Demenzform ist die Alzheimer-Demenz. Erste medizinische Erkenntnisse über diese Erkrankung gewann Dr. Alois Alzheimer2 schon im Jahre 1901, vor mehr als 100 Jahren, an seiner Patientin Auguste Deter in der „Anstalt für Irre und Epileptische“ in Frankfurt am Main. Auguste Deter war zu dieser Zeit 51 Jahre alt und zeigte starke Verwirrungssymptome, die man bisher nur von hochaltrigen Menschen kannte. Dr. Alzheimer wurde auf sie aufmerksam und widmete ihr viel ärztliche Forschung. Nach ihrem Tod 1906 obduzierte er das Gehirn von Auguste Deter und stellte fest, dass ihre Hirnrinde geschrumpft war. Zusätzlich fand er Eiweißablagerungen in und zwischen den Nervenzellen.

1910 wurde die Erkrankung in einem Lehrbuch erstmalig mit dem Namen „Alzheimersche Krankheit“ beschrieben. Danach geriet sie in Vergessenheit. Erst seit den 1960er-Jahren wird der Erforschung der Alzheimerkrankheit wieder mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Mittlerweile arbeiten weltweit Tausende Wissenschaftler*innen daran, die komplexe Krankheit zu erforschen. Heilen kann man die Krankheit des Vergessens bisher noch nicht.

Tipp 2: Erkennen Sie an, dass eine demenzielle Erkrankung nicht heilbar ist.

Es hört sich schrecklich und defizitär an, aber aufgrund der Abbauprozesse im Gehirn ist eine Heilung nicht möglich. Es ist der bessere Weg, mit der Krankheit Frieden zu schließen und zu akzeptieren, dass sich die kognitiven Veränderungen, wie der Verlust der Merkfähigkeit, der Orientierung oder der Sprache, nicht mehr verbessern können.

Jedoch ist es möglich, dass eine Demenz moderater verlaufen kann. Das bedeutet, dass der Abbauprozess langsamer verläuft und die Erkrankung immer wieder mal eine Pause einlegt. Kommen Sie mit auf diese Reise zu den kognitiven Prozessen des Gehirns!

Wir bleiben beim Krankheitsbild Alzheimer. Stellen Sie sich vor, die Alzheimererkrankung steht sinnbildlich für eine Stecknadel, die immer und immer wieder in die Gehirnmasse, besonders in die Hirnrinde, einsticht und Löcher hinterlässt. Diese Löcher sind für die kognitiven Veränderungen zuständig. Je mehr Löcher in das Gehirn gepikt werden, umso mehr demenzielle Symptome, insbesondere kognitive Veränderungen, zeigt der Mensch.

Er besitzt aber eine geniale Kompensationsmöglichkeit: Durch Lern- und Bewegungserfahrungen sowie positive Emotionen können immer wieder neue Nervenverbindungen und Netzwerke entstehen und so die Löcher umschifft oder mit neuen Nervenverbindungen kompensiert werden. Genial, oder? Bedeutet das, dass ein Mensch mit Demenz, der sich wohl und akzeptiert fühlt und immer wieder neue Lern- und Bewegungserfahrungen machen kann, weniger Demenzsymptome zeigt?

Ja und nein! Die kognitiven Veränderungen werden weiter fortschreiten. Wenn der Mensch mit Demenz sich jedoch dabei akzeptiert fühlt, also positive Emotionen erfahren kann, sozial integriert ist, sich bewegt und kognitive Anreize durch ein moderates Gedächtnistraining bekommt, ist es möglich, dass die Demenzerkrankung langsamer fortschreitet.

Die Menschen mit Demenz durchlaufen die Erkrankung mit einer höheren Lebensqualität.

Tipp 3: Akzeptieren Sie die kognitiven Veränderungen.

Denn durch das Akzeptieren lassen Sie los und lassen den Menschen so sein, wie er ist. Das gibt Ihnen Freiheit und eine größere Leichtigkeit, den Menschen mit seinen kognitiven Veränderungen anzunehmen. Wenn ein Mensch mit Demenz sich angenommen und akzeptiert fühlt, entstehen positive Emotionen.

Tipp 4: Schaffen Sie kognitive Anreize und sorgen Sie für Bewegungsangebote.

Das ermöglicht den Betroffenen mehr Lebensqualität – eine Aussage, die viele weltweite Studien stützen. Bewegungsfördernde Angebote beugen dem „Einrosten“ vor! Wenn der*die Betroffene sich regelmäßig bewegt, kann seine*ihre Selbstständigkeit länger erhalten werden. Wir können festhalten:

Es ist von großem Vorteil, wenn sich Menschen mit Demenz akzeptiert fühlen, Wertschätzung bekommen und ihnen stetig moderate kognitive und bewegungsfördernde Angebote ermöglicht werden. So kann einem schnellen und heftigen Verlauf einer Demenz vorgebeugt werden.

Daraus resultiert nun diese Fragestellung: Geht es Menschen mit Demenz, die herausforderndes Verhalten zeigen, vielleicht nicht gut? Fehlt ihnen vielleicht die Akzeptanz, die Wertschätzung oder die Anregung durch kognitive und bewegungsfördernde Angebote? Ich finde dies schwierig zu beantworten. In manchen Fällen muss ich tatsächlich mit einem lauten Ja antworten. Da ist ersichtlich, dass die Betroffenen nur in der Ecke sitzen dürfen, still sein müssen und wenig herzliche Zuwendung erfahren.