Im Atem verbunden - Monika Bloch Süss - E-Book

Im Atem verbunden E-Book

Monika Bloch Süss

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Beschreibung

"Im Atem verbunden" waren die Schülerinnen und Schüler von Ilse Middendorf - untereinander und miteinander - verbunden durch ihre Atemlehre des Erfahrbaren Atems und verbunden durch eine Ausbildung zur Atemtherapeutin, zum Atemtherapeuten. 1965 begann Ilse Middendorf am Institut für Atemtherapie und Atemunterricht in Berlin, Schülerinnen und Schüler auszubilden. Sie sind heute in Europa und Amerika tätig. Die Autorin Monika Bloch Süss interviewte einige von ihnen für das vorliegende Buch. Diese Interviews sind eindrückliche biografische Zeugnisse. Sie dokumentieren neben Inhalten der Ausbildung die persönliche Entwicklung der Interviewten durch die intensive Arbeit mit dem eigenen Atem in der Lehre von Ilse Middendorf. In den Interviews blicken sie zurück auf ihre Ausbildungs- und Arbeitszeit in Berlin und auf ihren persönlichen Werdegang auf der Grundlage des Erfahrbaren Atems. Ein einführendes Kapitel sowie eine Schlusssequenz bilden den Rahmen für diese eindrucksvollen Biografien eines gemeinsamen Weges mit Ilse Middendorf. Die Fragen von Monika Bloch Süss thematisieren: •Motivation zur Ausbildung in der Lehre des Erfahrbaren Atems •Lehre und didaktische Gestaltung durch Ilse Middendorf •Aufgaben der Forschergruppe zur Atemlehre und Publikationen •Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis der Atemtherapie •Eigene Erkenntnisse über die Ausbildung hinaus •Bevorzugte Atemübungen •Eigene Erfahrungen mit der Person Ilse Middendorf.

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Seitenzahl: 194

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Im Atem verbunden

Monika Bloch Süss

Programmbereich Gesundheitsberufe

Monika Bloch Süss

Im Atem verbunden

In Erinnerung an Ilse Middendorf

Interviews mit

Jürg Roffler, San Francisco

Erika Kemmann, Berlin

Ursula Schwendimann, Männedorf

Yvonne Zehnder, Zürich

Stefan Bischof, Freiburg im Breisgau

Wolfgang Jurgies, San Sebastian

Ingrid White, München

Mit Fotografien von Jean-Claude Poffet

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Monika Bloch Süss

Email: [email protected]

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Anregungen und Zuschriften bitte an:

Hogrefe AG

Lektorat Gesundheitsberufe

z.Hd.: Barbara Müller

Länggass-Strasse 76

3000 Bern 9

Schweiz

Tel: +41 31 300 45 00

E-Mail: [email protected]

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.hogrefe.ch

Lektorat: Barbara Müller, Diana Goldschmid

Herstellung: Daniel Berger

Umschlagabbildung: © Silvia Jansen

Umschlag: Claude Borer, Riehen

Fotos Inhalt: Jean-Claude Poffet/www.poffet-fotografien.ch

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Druck und buchbinderische Verarbeitung: Finidr s.r.o., Český Těšín

Printed in Czech Republic

1. Auflage 2017

© 2017 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-95651-0)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-75651-6)

ISBN 978-3-456-85651-3

http://doi.org/10.1024/85651-000

Für Hannah und Matthias und natürlich für Yvonne

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Anmerkung

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Interview Jürg Roffler
2. Interview Erika Kemmann
3. Interview Ursula Schwendimann
4. Interview Yvonne Zehnder
5. Interview Stefan Bischof
6. Interview Wolfgang Jurgies
7. Interview Ingrid White
8. Hommage an Ilse Middendorf

Vorwort

Im Rahmen einer Lehrerweiterbildung besuchte ich 1989 einen Wochenendkurs unter dem Titel „Atem-Stimme-Bewegung“ und kam so mit der Arbeit von Ilse Middendorf in Kontakt. Der Kurs war so lustvoll gehalten, die Sequenzen so lebensfroh, die Inhalte derart stimmig, dass ich mich für weitere Kurse innerhalb der Lehrerweiterbildung anmeldete. Wir arbeiteten mit Vokalen, waren in Bewegung, brauchten unsere Stimmen und gingen ganz auf in der Fülle der Anregungen. Irgendwann wurde bekannt, dass eine neue Atem-Gruppe entstehen würde. Ich nahm an diesen Treffen teil und lernte so die „Hockerarbeit“1 vertiefter kennen. Einige Zeit später erhielt ich eine Einzelbehandlung von der Kursleiterin geschenkt und spürte, dass ich in diesem Setting weiterarbeiten wollte. Im Rahmen der Geburtsvorbereitung lernte ich neue Aspekte der Atemarbeit kennen und schätzen.

Im Laufe der vertieften Auseinandersetzung mit dem Atem verschwanden Ischiasbeschwerden und Rückenschmerzen. Ich konnte über längere Zeit „am Atem bleiben“ und in tiefere Schichten meines Ichs vordringen, ich lernte Empfindung und Gefühl zu unterscheiden und Konzentration von Achtsamkeit. Mit dieser Vertiefung stellten sich aber auch Fragen zur Person von Ilse Middendorf und zu ihrer Arbeit. Die vorhandenen Websiteeinträge waren eher oberflächlich, die „echte“ Fachliteratur für mich als „Nicht-Atem-Lehrerin“ oft schwierig zu verstehen. Einiges konnte ich nachvollziehen, anderes erahnen, vieles blieb aber schwer fassbar. Ich wollte aber mehr: besser verstehen und einen grösseren Rahmen finden um meine vorhandenen Puzzleteilchen einzureihen.

Also beschloss ich, bei Menschen, die Ilse Middendorf gut kannten, um ein Interview zu bitten und nachzufragen. Schnell kristallisierten sich die wichtigsten Fragen heraus:

Wer war Ilse Middendorf?Welche Lehren, Gedanken, Personen haben diese Form der Atemarbeit beeinflusst?Wie hat Ilse Middendorf ihre Erkenntnisse und ihre Arbeit vermittelt?Welchen Einfluss haben die verschiedenen Berufsverbände auf die Anerkennung und Weiterführung der Arbeit?

Mit Hilfe meiner Atemlehrerin suchte ich Namen und Adressen heraus und begann anzufragen. Meist blieben meine ersten Mails unbeantwortet oder die Anfrage wurde abgelehnt. Ich hakte nach, versuchte es nochmals und kam zu meinen ersten Interviews. Dann ergab eines das andere. Innerhalb von eineinhalb Jahren führte ich elf Interviews, sieben davon wurden in diesem Buch zur Veröffentlichung freigegeben. Neben Antworten zu meinen Fragen, wurden mir elf unvergessliche Begegnungen geschenkt und elf Lebensgeschichten erzählt, die mich sehr berührt haben. Allen gemeinsam sind die persönlichen Begegnungen mit Ilse Middendorf und die Verbundenheit in ihrer Arbeit. Für diese einzigartigen Momente danke ich allen meinen Gesprächspartnern und Gesprächspartnerinnen, sie werden für mich unvergesslich bleiben.

Wer war Ilse Middendorf? – Eine biografische Notiz

Ilse Middendorf wurde am 21. September 1910 als Ilse Kullrich in Frankenberg in Mittelsachsen als zweites von drei Kindern geboren. Ihre Eltern besaßen ein Textilwarengeschäft, die Familie lebte zusammen mit den Großeltern mütterlicherseits unter einem Dach. Mit 18 Jahren besuchte sie die Atemschule von Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen2 und ergänzte ihre Ausbildung 1932 bei Emil Aurelius Baeuerle3 am Institut für Atem- und Nervenpflege in Baden-Baden. Ihr Interesse für Bewegung und Tanz brachte sie in Kontakt mit einer Gruppe, welche sich „Mazdaznan“4 nannte und die Entwicklung eines gesunden Körpers in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellten. Bei Ewe Waren, einer Tänzerin aus diesem Umfeld, lernte Ilse Middendorf Übungen zur Einheit von Bewegung, Atem und Meditation kennen. In der Zusammenarbeit mit Gustav Heyer und Margarethe Mhe erweiterte sie ihre Kenntnisse und setzte sich mit Atemarbeit auf der Grundlage der Psychoanalyse von C.G. Jung auseinander. Ilse Middendorf bewegte sich in allen wichtigen Strömungen ihrer Zeit: Sie lernte die anthroposophische Art der Atemarbeit kennen, nahm an Weiterbildungen an der Günter-Trümpy-Schule für „Deutsche Gymnastik“ teil oder besuchte Sommerkurse der Medau-Schule5 in Sylt. Dort lernte sie ihren ersten Mann, den musikalischen Leiter der Schule, Jost Langguth, kennen. 1935 eröffnete sie ihre erste Praxis in Berlin-Lichterfelde.

Anfang der 1940er Jahre machte eine Kollegin sie auf Cornelis Veening aufmerksam. Der erste Termin „wurde zu einer Sternstunde meines Lebens. Alles, was ich geahnt und erstrebt hatte, hier wurde es Wahrheit“6. Ilse Middendorf wurde seine Schülerin und er wurde ihr bedeutendster Lehrer. Auf seiner Vorarbeit, dem Konzept „Inneres Atmen“, entwickelte sie ihre Lehre vom Erfahrbaren Atem. Cornelis Veening verzichtete darauf, sein Konzept zu verschriftlichen, er wollte die Atemarbeit nicht vom Augenblick des Empfindens trennen. Cornelis Veening unterrichtete seine Schülerinnen und Schüler in einem Meisterverhältnis, er galt als exklusiv und teuer und wählte seine Schüler sorgsam aus.

1940 heirateten Ilse Middendorf und Jost Langguth. Er wurde bald darauf in den Krieg eingezogen. Als 1941 Berlin bombardiert wurde, ging Ilse Middendorf in ihr Elternhaus nach Frankenberg zurück. 1941 wurde der Sohn Helge geboren. Jost Langguth galt ab Anfang 1945 als vermisst. Im Mai 1945 brachen Ilse Middendorf und ihr Sohn, zusammen mit einer Schwester und einer Freundin, mit vier Kindern nach Berlin auf. Zu Fuß, mit dem Zug oder mit allerhand Fortbewegungsmitteln gelangte die Gruppe im Sommer 1945 nach Berlin. Die alte Wohnung war ausgebombt und ausgeraubt. Ilse Middendorf fand vorerst bei einer Freundin in Lichterfelde Unterschlupf, eröffnete dann bald im „amerikanischen Sektor“ eine eigene Praxis und wurde vom Senat in Berlin als Atem- und Bewegungslehrerin in Kinderhorten und Kindergärten des Bezirks Steglitz angestellt. 1950 erreichte sie die Nachricht vom Tod ihres Gatten. Er fiel in den letzen Tagen des Kriegs in Lettland. Die Umstände über seinen Tod bleiben im Dunkeln. Im gleichen Jahr heiratete sie den Fotografen Erich Middendorf.

Zwischen 1950 und 1960 arbeitete Ilse Middendorf im Auftrag der Erziehungsberatung Berlin-Steglitz mit behinderten Kindern. Ab 1955 erteilte sie an den Volkshochschulen von Schöneberg, Kreuzberg und Spandau Kurse für Atem und Bewegung. Im gleichen Zeitraum dozierte sie an der Berliner Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und wurde 1971 zur Professorin ernannt. Hier lehrte sie die Grundlagen der Atemarbeit, Vokalraumarbeit und „Atem und Körperbildung“. 1965 gründete Ilse Middendorf in Berlin unter dem Namen Ilse Middendorf Institut für den Erfahrbaren Atem ein Institut für Atemtherapie und Atemunterricht am Viktoria-Luise-Platz im Stadtteil Schöneberg. Sie erteilte Gruppenunterricht im Erfahrbaren Atem und bot Einzelbehandlungen an. Der Ort wurde zum Zentrum der Atemarbeit in Berlin. Vorträge, literarische Abende und Feste fanden hier statt. Ilse Middendorf strukturierte und systematisierte die Kurse und konzipierte einen Ausbildungslehrgang für künftige Atempädagogen und Atemtherapeuten. Neben der Arbeit am Institut begann eine rege Dozentinnentätigkeit in Deutschland und den umliegenden Ländern. Ilse Middendorf hielt Vorträge, Einstiegs- und Weiterbildungskurse, die sie bald auch in die USA, nach Brasilien und Neuseeland führten. 1971 wurde Middendorf als Professorin an die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Berlin berufen und lehrte dort Atem- und Körperbildung sowie Tonlehre für Schauspieler und Sänger.

1984 erschien im Junfermann Verlag das erste Buch: „Der Erfahrbare Atem“ mit dem Untertitel: „Eine Atemlehre“. Das Buch führt über die Grundlagen zum Thema „Atem“ hin und bildet alle Übungen für das Bilden und Entstehen des Atemleibs ab. Vervollständigt wird das Buch durch zwei Kassetten mit Übungsbeispielen. Im gleichen Jahr unternahm Ilse Middendorf mit einer Gruppe von Atemlehrern eine Reise nach China, um sich mit chinesischen Atemexperten und Heilern auszutauschen. In einer späteren Reise im gleichen Jahr besuchte sie den Ashram von Sri Aurobindo7 und der Mutter8 in Pondicherry. 1986 übergab Ilse Middendorf die Ausbildungs-Lehrtätigkeit am Institut in Berlin an Barbara Karst und Erika Kemmann. 1988 legte sie das Institut in Berlin in die Hände ihres Sohnes Helge Langguth. Er leitet seit dieser Zeit beide Institute, Berlin und Beerfelden.

Das zweite Buch von Ilse Middendorf „Der Erfahrbare Atem in seiner Substanz“, erschien im Jahr 2000. Mit diesem Werk drang sie tief in die Tiefen der Atemarbeit vor, ganz an die Wurzel, zur Substanz des Atems.

Ilse Middendorf starb 2009 im Alter von 99 Jahren. Sie ist auf dem Parkfriedhof Lichterfelde in Berlin begraben.

Grundlagen für die Atemarbeit von Ilse Middendorf – Welche Lehren, Gedanken, Personen haben diese Form der Atemarbeit beeinflusst?

Die Grundlagen für die Atemarbeit entstanden um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Es entwickelte sich ein Interesse am bewussten Körpererleben, an sensitiven Bewegungsweisen, an rhythmischer Gymnastik und an Atemerfahrungen. Das Thema Atem im Bereich der Leibesübungen und Körpergestaltung war zentral. Die Einflüsse des Yogas drangen aus der östlichen Welt in die westliche vor und einzelne Körper- und Atemübungen wurden daraus übernommen. Für den nötigen geistigen Überbau sorgten auch neue bzw. neu entworfene religiöse Systeme wie Mazdaznan.

Parallel dazu vertieften sich die Strömungen der Naturheilbewegung, welche gute Luft, Atmung, gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung als Grundlage für ein gesundes Leben definierten. Das hohe Aufkommen von Tuberkulose erforderte neue Therapieansätze und Methoden. Der Atem wurde als ein eigenständiges Phänomen erkannt und er erhielt eine besondere Bedeutung. Vor allem die Vertreter der Lebensphilosophie, der Reformpädagogik und der Körperkulturbewegung thematisierten das Körper-Seele-Phänomen und entwickelten ein Interesse am bewussten Körpererleben und an der Erforschung des Atems. Im Berlin der 1930er-Jahren entstand am Deutschen Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie (auch Berliner Psychoanalytisches Institut, ab 1936 Göring Institut) ein Zentrum für Psychotherapie und Physische Therapie mit einer Unterabteilung Bewegung, Atmung und Ton. Rund um den Münchner Arzt Richard Heyer und dessen Frau Lucie Grote, einer Schülerin von Elsa Grindler9, wurde an einer psychologisch orientierten Atemarbeit auf der Grundlage von C.G. Jung und Ansätzen aus der Körpertherapie gearbeitet. Diese Arbeit wurde von weiteren Personen, welche mit dem Institut verbunden waren, wie Wilhelm Reich10 und Cornelis Veening, mitgeprägt.

Der Arzt Johannes Ludwig Schmitt (1896–1963) wies auf die Zusammenhänge von „alter Weisheit“ und neuen Forschungsergebnissen im Phänomen der Atmung hin und legte so das Fundament für eine Zusammenstellung der speziellen Anatomie und Physiologie der Atembehandlung.11 Seine 1930 gegründete Privatklinik war sehr erfolgreich. Hier behandelte er Menschen aufgrund seines Glaubens an die Einheit von Leib und Seele und die Zusammenhänge zwischen körperlichen und seelischen Vorgängen.

Sein Schüler Volkmar Glaser (1912–1997) erforschte die Zusammenhänge von Psyche und Atem und entwickelte die Lehre der Psychotonik (Abhängigkeit von Psyche und Muskeltonus im zwischenmenschlichen Kontaktgeschehen). Ausgehend von der Erfahrung, dass sich seelische Veränderungen unmittelbar im Atemsystem niederschlagen, erforschte und zeigte Glaser seit den 1930er-Jahren die komplexen Zusammenhänge zwischen Psyche und Atemsystem auf und systematisierte diese.12

Der Sänger Cornelis Veening (1895–1976), ein Schüler von Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen, entwickelte eine Köpertherapie, welche er Atempsychologische Arbeit nannte. Diese gründete auf tiefenpsychologischen Konzepten, zeitgemässen Erkenntnissen aus der Schulmedizin und der Psychotherapie. Cornelis Veening beschäftigte sich außerdem mit östlichen Meditationsformen. Zentral waren für ihn der Begriff des „Geschehenlassens“ und der Freisetzung des eigenen Atemrhythmus. Die Grundlagen von Cornelis Veening waren für viele seiner Schülerinnen Inspirationsquelle, um eine eigene Form der Atemarbeit zu entwickeln. Cornelis Veenig war mit Richard Heyer und dessen Frau befreundet und bewegte sich im Berliner Kreis um die Dozentinnen und Dozenten des Deutschen Institutes. Ilse Middendorf lebte im Wirbel all dieser Einflüsse und Strömungen. Sie lernte, prüfte, verwarf und integrierte Bestandteile einzelner Richtungen in ihre eigene Arbeit. Bei Cornelis Veenig fand sie einen inspirierenden Lehrer. Von ihm übernahm sie die Arbeitsformen in der Gruppe und die Form der Einzelbehandlungen.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Interesse an der Atemarbeit wieder stärker. Die Grundlagen aus der Vorkriegszeit wurden weiterentwickelt. Es entstanden erste Atemschulen. Die Schülerinnen von Leo Kofler gründeten die Atemschule für Stimmführung und Gesang nach Schlaffhorst-Andersen. Ihr Konzept des dreiteiligen Atemrhythmus wurde von weiteren Strömungen aufgenommen. Die Schülerinnen von Cornelis Veening machten sich selbständig und begründeten ihre eigenen Schulen. Elisabeth von Gunten setzte den Schwerpunkt auf die Spiritualität, Herta Richter entwickelte die Atemarbeit von Johannes Ludwig Schmitt und Cornelis Veening weiter. Ilse Middendorf begründete ihre Atemlehre, den Erfahrbaren Atem und Margrith Schneider entwickelte die Logopsychosomatik auf der Grundlage der physiologischen, seelischen und geistigen Anatomie. Klara Wolf gründete ihre Atemschule auf den Grundlagen von Johannes Ludwig Schmitt und nannte ihre Arbeit Integrale Atem- und Bewegungsschulung (IAB).

In den 1970 Jahren beschäftigte sich Ilse Middendorf stark mit den östlichen Einflüssen und Parallelen der Atemarbeit. Sie erkannte Gemeinsamkeiten, verstand sich aber ganz als Vertreterin der westlichen Art der Arbeit mit dem Atem auf der Basis eines ganzheitlichen, humanistischen Weltbildes.

Wie hat Ilse Middendorf ihre Erkenntnisse und ihre Arbeit vermittelt? – Von der Weitergabe des Erfahrungswissens zu staatlich anerkannten Abschlüssen

Lange Zeit wurden die Erfahrungen in der Atemarbeit mündlich weitergegeben. Man traf sich in Gruppen bei einem Atemlehrer und arbeitete an den Grundlagen der Atemarbeit und vertiefte diese im Kreis der Gruppe oder in der persönlichen Arbeit. Abgesehen von persönlichen Notizen der Teilnehmenden wurde kaum etwas schriftlich festgehalten. Die Teilnehmenden und die Atemlehrer verzichteten darauf, ihre Übungen und Anleitungen zu verschriftlichen. Die Atemarbeit sollte nicht vom Augenblick des Empfindens getrennt werden. Viele Atemlehrer standen zu ihren Schülerinnen und Schüler in einem Meisterverhältnis. Die Kreise, welche sich mit der Atemarbeit auseinandersetzen konnten, waren elitär. Wollten sich einzelne Personen selbständig machen, brauchten sie dazu die Genehmigung ihres Meisters, der ihre Ausbildung für abgeschlossen erklärte und sie in die Selbständigkeit entließ. Einzelne Exponentinnen und Exponenten beschrieben die Wirksamkeit von Atemübungen oder stellten die Bedeutung des Atems in ihren Schriften vor. Sie beriefen sich dabei auf griechische Philosophen oder mittelalterliche Heilkundige, auf deren Erkenntnisse sie ihre zeitgenössischen Erfahrungen aufbauten. Durch Einflüsse der psychoanalytischen Arbeit, durch die Fortschritte der Medizin und eine neue Verbundenheit mit der Natur nahmen Begriffe wie Empfindung, Bewusstsein und Ganzheitlichkeit Gestalt an.

Mit der Gründung ihres Institutes ging Ilse Middendorf einen Schritt weiter. In den herrschaftlichen Räumen am Viktoria-Luise-Platz fanden Laienkurse auf verschiedenen Stufen statt. Gleichzeitig bot sich für Interessierte die Möglichkeit, mit Einzelbehandlungen individuelle Themen anzusprechen. Wer sich für eine Ausbildung interessierte, konnte dort ein strukturiertes und durchkonzipiertes Angebot besuchen und einen Abschluss als Atempädagogin machen.

Die Ausbildung war gegliedert in theoretische Fächer wie Anatomie und Psychologie und praktische Ausbildungsinhalte wie Atem und Bewegung, Vokalraumarbeit und Einzelbehandlung. Anatomie und Psychologie wurden von externen Referentinnen und Referenten erteilt, alle anderen Fächer von Mitarbeitenden des Instituts. In den Gruppenstunden, in der „Hockerarbeit“, ging es vor allem darum, die Grundlagen der Atemarbeit zu erlernen, darin Sicherheit zu erlangen und diese dann zu vertiefen. Nach einer Einführung mit Dehnen wurde oft mit der Atemarbeit im unteren Raum begonnen. Dann drang man über den mittleren Atemraum13 bis in die oberen Atemräume14 vor. Aufsteigende, absteigende und horizontale Kräfte wurden dabei geweckt. Die Begabung von Ilse Middendorf bestand darin, die Teilnehmenden so anzuleiten, dass jede und jeder dort, wo er stand, mit der Übung einen Weg gehen konnte. Ein wichtiger Leitsatz war: „Vergleicht euch nicht mit den anderen, vergleicht euch immer mit euch selbst!“ Im Austausch nach den Übungen wurden Gesetzmäßigkeiten in der Atemarbeit thematisiert und Erfahrungen ausgetauscht. Im Zentrum der Atemarbeit stand die eigene Erfahrung. „Du musst es erfahren“ galt als Schlüsselsatz im eigenen Lernen. Auf das, was in der Atemarbeit im Körper erfahren war, konnte aufgebaut werden. Lernen war eine individuelle und intrapersonale Aufgabe, welche in der Gruppenarbeit und im Behandeln erweitert und vertieft wurde.

Ilse Middendorf gab Erfahrungswissen nicht einfach weiter, sie strukturierte es und lenkte es in eine Anleitung. Sie methodisierte dieses Wissen und bereitete es didaktisch so auf, dass die Teilnehmenden des Kurses auf ihrem eigenen Wissensstand selbständig auf dem Weg weitergehen konnten. Sie hatte eine Gabe und einen Blick zu „sehen“, was in den Teilnehmenden vorging und was sie für ihre Weiterentwicklung brauchten. Der Austausch unter den Studierenden, mit den Lehrkräften und mit Ilse Middendorf war ein zentrales Element in der Ausbildung. Behandeln lernten die Studierenden, indem sie sich gegenseitig auf der Liege behandelten und Einzelbehandlungen von Assistentinnen oder Ilse Middendorf erhielten oder diese behandelten. Es war ein gegenseitiges Lernen voneinander. In der Ausbildung wurden die Schülerinnen und Schüler über die Selbsterfahrung und in der Auseinandersetzung mit Mitstudierenden befähigt, nach und nach in die Atempraxis einzusteigen. Sie assistierten in den Gruppen bei Laienkursen, sie übernahmen einzelne Sequenzen selbst und konnten so Erfahrungen sammeln. Beim Behandeln übten sie zuerst gegenseitig, konnten aber, wenn sie mehr Erfahrung hatten, auch in die Behandlung von Kunden einbezogen werden. Das Institut war Kursort, bot Raum für Veranstaltungen und Referenten von außen eine Plattform. Es war Ausbildungsstätte und ein Ort, wo man erste Praxiserfahrungen sammeln konnte. Begabte Schülerinnen und Schüler wurden Assistentinnen und Assistenten von Ilse Middendorf. Wer Mühe hatte, die Ausbildungskosten aufzubringen, für den gab es Sekretariatsarbeiten oder andere Aufgaben am Institut, um ein bisschen was dazuzuverdienen. Es gab Feste und Feiern und man war ganz in den Institutsalltag eingebunden, der sich wie ein großer Familienverband präsentierte. Arbeit und Privates vermischten sich.

Am Ende der Ausbildungszeit schlossen die Studierenden mit einer praktischen und theoretischen Prüfung sowie einer schriftlichen Arbeit ab. Geprüft wurden die vermittelten Ausbildungsinhalte von Mitarbeitenden des Institutes und externen Experten der AFA (bis 1992). Wer das Institut verließ, war über die Weiterbildungskurse oder bestehende Gruppen (Forschergruppe, Schulleitergruppe) weiter eng mit dem Institut verbunden. In Deutschland, der Schweiz und den USA, später auch in Spanien, entstanden weitere Ausbildungsstätten. Ilse Middendorf wurde an die bestehenden Schulen im In- und Ausland eingeladen. Sie war Prüfungsexpertin, Gastdozentin oder gab einzelne Kursangebote. Viele der Absolventinnen der Ausbildung wagten den Schritt in die Selbständigkeit. Sie eröffneten eigene Praxen oder schlossen sich in Praxisgemeinschaften mit Ärzten oder Kolleginnen zusammen. Fragen der Existenzsicherung und der Vernetzung begleitete diesen Prozess. Der Zusammenschluss in der AFA15, im SBAM16 und im BEAM17 sollten Verbindlichkeiten in der Ausbildung, Vergleichbarkeit in den Angeboten und Anerkennung der Methoden gegenüber den Krankenkassen sicherstellen.

Welchen Einfluss haben die verschiedenen Berufsverbände auf die Anerkennung und Weiterführung der Arbeit?

In Deutschland wurde 1958 die AFA gegründet. Über viele Jahre hinweg war Ilse Middendorf in der AFA tätig, lange Zeit als Vorstandsmitglied und später zwölf Jahre lang als erste Vorsitzende. Seit der Gründungszeit vertrat die AFA die beruflichen Interessen der Mitglieder nach außen. Die Mittendorftherapeutinnen und -therapeuten waren Teil der AFA und in der Gemeinschaft gut vertreten. Bei Abschlussprüfungen am Middendorf-Institut war immer ein Experte oder eine Expertin der AFA dabei. Um 1990 regulierte die AFA die Prüfungsinhalte für die einzelnen Methoden und legte die Prüfungsarbeiten verbindlich fest. Die Leitung der Middendorf-Institute wollte sich dieser Reglementierung nicht unterziehen. In ihrem Verständnis schloss die Atemausbildung nicht als Prüfung ab, sondern als Arbeitsabschluss. Es wurden die individuellen Entwicklungen der Schülerinnen und Schüler beurteilt und nicht im eigentlichen Sinne geprüft. Zwischen der Leitung der Middendorf-Institute und der AFA kam es zum Bruch. 1992 wurde der BEAM18 gegründet. Die Absolventinnen und Absolventen der Middendorf-Institute sollten sich ausschließlich diesem Verband anschließen. Nur sie durften in ihrer Bezeichnung noch den Namen Middendorf führen und wurden verpflichtet, der „reinen Lehre“ nach Mittdendorf zu folgen. Wer sich diesem Diktat nicht unterzog, und den Erfahrbaren Atem mit Methoden aus der Körpertherapie oder Psychosomatik ergänzte oder vertiefte, wurde die Anerkennung durch den BEAM als Middendorf-TherpeutIn entzogen. Dies führte dazu, dass heute die Absolventinnen und Absolventen der Middendorf-Ausbildung in zwei verschiedenen Verbänden vertreten sind. Der Austritt aus der AFA und die Gründung des BEAM haben bei vielen Therapeutinnen und Therapeuten tiefe Spuren und viel Verbitterung hinterlassen. 2011 schloss sich die AFA mit dem BVA19 zusammen. Der Doppelverband ist heute die größte Organisation der Atempädagoginnen und -pädagogen und AtemtherapeutInnen im deutschsprachigen Raum. Unter dem Dach der AFA vereinen sich zurzeit zwölf Fachschulen, welche sieben Methoden repräsentieren. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie mit dem Atem im fließenden inneren Kreislauf des Zellatems (Innerer Atem/Cornelis Veening), beziehungsweise dem Atem im äußeren Rhythmus des Lungenatems (Äußerer Atem/Ilse Middendorf) arbeiten. Diese Methoden sprechen den Menschen auf der körperlichen, psychischen und spirituellen Ebene an. Sie sind ressourcenorientiert und gesundheitsfördernd im Sinne der Salutogenese nach Aaron Antonowsky20.

Der SBAM