Im Rausch der Love Parade - Damian Drake - E-Book

Im Rausch der Love Parade E-Book

Damian Drake

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Beschreibung

Am 24. Juli 2013 jährt es sich zum dritten Mal, dass die letzte Love Parade veranstaltet wurde. Ich war damals selbst dabei gewesen, und schreibe gerade an meinem Buch "Im Rausch der Love Parade", da ich dennoch auch schöne Erlebnisse damit verbinde; auch wenn sich den meisten dieses Datum schmerzvoll ins Herz gebrannt haben dürfte. Doch ich möchte auch das Positive dieser einmaligen Veranstaltung hervorheben, und nicht zuletzt meine ganz persönlichen Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse schildern. Ich war damals noch ein Jugendlicher von 15 Jahren gewesen, der nicht begreifen konnte, was da eigentlich vor sich ging, und vielleicht kann mein neues Buch ja darüber hinwegtrösten, dass die Love Parade eigentlich ein Ort gewesen ist, an dem zumeist über 1 Million Raver ausgelassen feierten. Mein neues Buch erzählt meine ganz persönliche Geschichte, wie ich die letzte Love Parade in Duisburg erlebt habe, denn ich war an diesem Tag selbst vor Ort gewesen, und habe einen Tag erlebt, den ich trotz aller schrecklichen Ereignisse nicht aus meinem Gedächtnis löschen will. Nicht zuletzt, da es für mich auch der Sommer war, in dem ich meine erste große Liebe fand und kurz darauf mein Coming-out hatte. Wie meine Eltern und mein Umfeld darauf reagierten, ist es mir wert, in diesem Buch zu erzählen. Denn es ist eine positive Geschichte, die mein Leben über Nacht auf den Kopf stellte ...

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Contents

Impressum

Freundschaft verbindet

Das gestohlene Vergnügen

Mein fetter Bonus

Wissen sie es längst?

Mein bester Kumpel Dennis

Bei Flo zuhause

In der Schule

Was für ein heißer Sommer!

Schwitzen in der Sauna

Die Vorbereitungen

Ich kann es kaum noch erwarten

Auf alle Eventualitäten vorbereitet

Im Rausch der Love Parade

Willkommen im Club!

Mein Erstes Mal

Das Erwachen danach

Duisburg, eine Geisterstadt

Was dann noch geschah

Mach dich nackig!

Über Damian Drake

Damian Drake

Im Rausch der

Love Parade

Am 24. Juli 2013 jährte es sich zum dritten Mal, dass die letzte Love Parade veranstaltet wurde. Ich war damals selbst dabei gewesen, und da ich dennoch auch schöne Erlebnisse damit verbinde; auch wenn sich den meisten dieses Datum schmerzvoll ins Herz gebrannt haben dürfte, habe ich dieses Buch geschrieben. Doch ich möchte auch das Positive dieser einmaligen Veranstaltung hervorheben, und nicht zuletzt meine ganz persönlichen Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse schildern.

Ich war damals noch ein Jugendlicher von 15 Jahren gewesen, der nicht begreifen konnte, was da eigentlich vor sich ging, und vielleicht kann mein neues Buch ja darüber hinwegtrösten, dass die Love Parade eigentlich ein Ort gewesen ist, an dem zumeist über 1 Million Raver ausgelassen feierten.

Mein neues Buch erzählt meine ganz persönliche Geschichte, wie ich die letzte Love Parade in Duisburg erlebt habe, denn ich war an diesem Tag selbst vor Ort gewesen, und habe einen Tag erlebt, den ich trotz aller schrecklichen Ereignisse nicht aus meinem Gedächtnis löschen will. Nicht zuletzt, da es für mich auch der Sommer war, in dem ich meine erste große Liebe fand und kurz darauf mein Coming Out hatte. Wie meine Eltern und mein Umfeld darauf reagierten, ist es mir wert, in diesem Buch zu erzählen. Denn es ist eine positive Geschichte, die mein Leben über Nacht auf den Kopf stellte …

So viel vorerst zu diesem Buch, das ich am 24.07.2013, dem Jahrestag der Tragödie, veröffentlichen habe, um vor allem jenen Mut und Hoffnung zu geben, die noch heute unter den schrecklichen Ereignissen leiden. Vielleicht vermag dieses Buch, die Wunden zu heilen und etwas Trost zu spenden. Als Bonus ist in diesem Buch meine erste Kurzgeschichte veröffentlicht, die ich im zarten Alter von 11 ½ Jahren geschrieben habe. Auch diese Geschichte ist eine Liebesgeschichte der anderen Art, und Kritiker sind sich schon jetzt einig, dass sie einigen Lesern die Schamesröte ins Gesicht treiben wird …

Damian Drake, Juli 2013

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über ›http://dnb.dnb.de‹ abrufbar.

Alle Texte, Textteile, Grafiken, Layouts sowie alle sonstigen schöpferischen Teile dieses Werks sind unter anderem urheberrechtlich geschützt. Das Kopieren, die Digitalisierung, die Farbverfremdung, sowie das Herunterladen z. B. in den Arbeits-speicher, das Smoothing, die Komprimierung in ein anderes Format und Ähnliches stellen unter anderem eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigung dar. Verstöße gegen den urheberrechtlichen Schutz sowie jegliche Bearbeitung der hier erwähnten schöpferischen Elemente sind nur mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung des Verlags und des Autors zulässig. Zuwiderhandlungen werden unter anderem straf-rechtlich verfolgt!

2013 the boox publishers New Zealand

1. Auflage

Die Originalausgaben erschienen im Juli 2013

im mysteria Verlag & bei iBoox Publishing Europe

www.mysteria-Verlag.de – www.iBoox.eu

© 2013 iBoox Publishing Europe

Publishing Rights © Damian Drake

Buchsatz & Cover: www.AutorenServices.de

Layout sowie ergänzendes Lektorat: Marlon Baker

Übersetzung aus dem Neuseeländischen sowie Lektorat:

Lewis Chapman, the boox publishers – www.boox.co.nz

CreateSpace Independent Publishing Platform

ISBN-13: 978-1482570298 (Paperback)

Es ist noch gar nicht solange her, dass ich Flo aus dem genialen CosmicSpace kennengelernt hatte. Gerade diesem Laden hatte ich es zu verdanken, dass eigentlich jeden Monat mein Taschengeld bereits in der zweiten Woche völlig aufgebraucht war. Denn dort gab es einfach alles, was mein kleines Raverherz höherschlagen ließ. Neben den besten Platten aus der Partyszene gab es dort auch immer jede Menge Spaß und Action.

Das CosmicSpace war weit über unsere Stadt hinaus bekannt und lockte vor allem auch mit einem ganz besonderen Angebot, wovon ich regelmäßig Gebrauch machte: In einem Hinterzimmer war ein Videoprojektor und Spielekonsolen installiert, und so hatte man dort die Möglichkeit, Spiele auf der PlayStation oder der Xbox auf einer über vier Meter großen Bildfläche zu spielen. Auch DVDs konnte man dort in den Abendstunden sehen, doch das Beste waren wohl die DJ Kurse, die immer an den Wochenenden angeboten wurden. Ich sparte bereits seit Wochen darauf, an einem der nächsten Kurse teilnehmen zu können.

Doch ausgerechnet im Mai, als ich genügend Geld zusammengespart hatte, sollte auch die neue CD von Spaceboy veröffentlicht werden, und so ereignete sich an einem Freitagnachmittag im Mai Folgendes: Mir war sehr schnell klar, dass ich auch in diesem Monat erneut auf den DJ Kurs verzichten müsste, wenn ich mich für den Kauf dieser CD entscheiden würde. Schon seit einer Woche quälte mich der Gedanken, was ich wohl am besten tun sollte. Es gab die Option, die CD einfach zu klauen. Doch dieser Gedanke stellte mir meine Nackenhaare auf, und mein Gewissen sagte mir, dass dies völlig indiskutabel sei. Ich liebte diesen Laden und wollte ihn daher auch keinen Schaden zufügen. Doch ich wollte unbedingt diese CD haben und so ging ich kurz entschlossen mit meinen gesamten Ersparnissen ins CosmicSpace.

Dort saß Flo an der Ladentheke, der vor etwa zwei Wochen als neuer Verkäufer angefangen hatte. Ich wusste noch so gut wie gar nichts über ihn und schenkte ihm daher auch keine allzu große Aufmerksamkeit, als ich den Laden betrat. Nur ein zaghaftes ››Hallo!‹‹ kam über meine Lippen und Flo winkte mir kurz zu. Er war gerade damit beschäftigt, neue Plakate für die hausinternen Veranstaltungen auszudrucken, und so fühlte ich mich auch unbeobachtet, als ich durch die zahlreichen CD Regale stöberte. Ich war mir sicher, dass das CosmicSpace die neue Scheibe von Spaceboy bereits vorrätig hatte, da es als der bestsortierte Plattenladen weit und breit galt. Nach einigem Suchen wurde ich dann auch fündig und das silberfarbene Cover der CD brachte meine Augen zum Funkeln.

Plötzlich war da wieder diese Frage präsent, was ich nun tun sollte. Ich hatte mich ehrlich gesagt noch nicht entschieden, und wollte es einfach darauf ankommen lassen. Mit zwei weiteren CDs in den Händen lief ich nun auf Flo zu, da ich auch in diese reinhören wollte. Ich reichte ihm die Tonträger mit der Bitte, das ich in sie reinhören wollte. Flo nahm die erste CD aus ihrer Hülle und meinte, dass ich einen guten Geschmack in Bezug auf Musik hätte. Damit schmeichelte er mir sehr und ich griff nach dem Kopfhörer, der auf der Ladentheke bereitlag, mit einem zarten Lächeln auf den Wangen.

Die ersten Bässe stampften aus den Membranen und Flo stellte mir noch ein Glas Apfelsaft auf die Theke. Jeder, der sich nun wundern mag, sei hier gesagt, dass dies im CosmicSpace zum Service gehörte. Es waren genau diese kleinen Dinge, warum ich in diesen Laden so sehr liebte. Ich genoss diesen Service, aber auch die coolen Klänge, die nun in meine Ohren schallten, und mein Kopf begann, im Takt zu wippen. Während ich den ersten Song hörte, konnte ich Flo dabei beobachten, wie er am PC arbeitete, und da meine Neugier stetig wuchs, nahm ich schließlich den Kopfhörer ab und fragte ihn, was er da schreiben würde.

Flo sagte mir, dass er seit geraumer Zeit ein eigenes Online Magazin im Netz hatte und er besonders oft und viel über das Nacht- und Clubleben der Stadt berichtete. Auch Interviews mit den angesagtesten DJs machte er meist samstags und das Ganze könnte man dann sowohl online als auch in Form einer Sendung im Offenen Kanal der Stadt sehen. Neben der Musik und den Clubs würde er zudem neue Kinofilme vorstellen, sowie Freizeitaktivitäten und vieles mehr. Schnell entfachte er meine Begeisterung, bevor er mir noch einen Flyer reichte, auf dem er für sein Magazin und die Sendung warb, wollte ich noch wissen, warum er dann hier arbeitete.

Seine Antwort war einfach: ››Ich muss ja auch Geld verdienen. Mit dem Magazin habe ich zwar jede Menge Spaß, jedoch bleibt kaum Geld für mich übrig. Ich mache das aus Leidenschaft.‹‹

Leidenschaft!

››Kannst du mir jetzt bitte die Spaceboy CD einlegen‹‹, fragte ich, während ich seinen Flyer genauer inspizierte.

››Aber klar doch‹‹, meinte Flo und tat dies auch sofort. ››Mit den Tasten dort kannst du dann zum nächsten Song wechseln‹‹, sagte er rasch, bevor meine Ohren wieder beschallt wurden. Endlich konnte ich in diese grandiose Scheibe reinhören und meine Freude darüber konnte ich wohl kaum verbergen, solch ein fettes Grinsen zog sich über mein zierliches Gesicht.

Gespannt hörte ich in jeden der einzelnen 18 Songs hinein und mein Herz begann zu wummern, als ich plötzlich wieder mit der Frage konfrontiert wurde, ob ich diese CD nun kaufen oder klauen sollte. Es war Flo, der mir diese Frage stellte, als ich die Kopfhörer beiseitelegte und eigentlich noch ins dritte Album reinhören wollte.

››Das würde mein Budget völlig sprengen‹‹, sagte ich etwas traurig darüber, die Gewissheit zu haben, hier auf etwas verzichten zu müssen. ››Ich wollte mich eigentlich zum nächsten DJ Kurs anmelden.‹‹

››Na, das ist doch großartig‹‹, meinte Flo unerwartet. ››Den nächsten Kurs werde ich leiten. Soll ich dich denn schon mal vormerken? Zwei Plätze sind noch frei, und der Beginn wäre dann nächsten Samstag.‹‹

››Wie viele Teilnehmer hast du denn schon?‹‹, wollte ich vorerst in Erfahrung bringen.

››Diese Gruppe wird recht klein sein. Lediglich fünf Leute werden in den Genuss kommen, da ich dieses Mal auch mehr Technik vorstellen möchte. Bist du dabei?‹‹

Etwas zögernd griff ich nach meinem Portemonnaie und sagte lässig: ››Setz mich auf deine Liste, ich bin dabei!‹‹

››Ich muss die Gebühr dafür aber schon im Voraus kassieren, sodass ich sicher sein kann, dass du auch kommst.‹‹

››Das weiß ich bereits und es ist auch kein Problem.‹‹ Mit diesen Worten schob ich Flo die 50 Euro für den DJ Kurs über die Ladentheke und er gab mir eine Anmeldung mit, die ich noch von mindestens einem Elternteil unterschreiben lassen musste.

››Bring dieses Formular bitte in den nächsten Tagen vorbei, sodass es am Samstag für dich losgehen kann.‹‹

››Ja, das mache ich‹‹, meinte ich und meine Augen erfassten nun wieder die drei CDs, von denen ich ja eigentlich eine so brennend haben wollte. Mit einem tiefen Seufzer, der wohl kaum zu überhören war, brachte ich die CDs wieder zurück ins Regal, aus denen ich sie zuvor geholt hatte.

››Auf welchen Namen soll ich dich überhaupt anmelden‹‹, rief mir plötzlich Flo zu, und ich hatte mich dabei derart erschrocken, dass mir eine der CDs zu Boden fiel. ››Ich heiße Manuel, aber alle nennen mich nur Luigi‹‹, quetschte ich rasch aus meiner trockenen Kehle hervor.

››Geht in Ordnung, Luigi‹‹, antwortete mir Flo und verschwand hinter dem großen Monitor am Ladentresen. Nur kurz schaute ich mich um und mit einer blitzartigen Bewegung griff ich nach der CD und ließ sie noch im gleichen Augenblick in meine Jackentasche verschwinden.

Es war vollbracht. Ich hatte also tatsächlich diese CD gestohlen! Jedenfalls war ich im Begriff dazu. Jetzt wollte ich auf keinen Fall etwas Falsches tun oder auch sagen. Ich wollte auf alle Fälle vermeiden, dass ich eventuell rotanlaufen oder gar zu stottern beginnen würde.

Zögernd schlich ich um die Regale herum und wollte nur noch aus diesem Laden – fliehen! Ich passierte die Theke und Flo fragte mich: ››Wohl nichts für dich dabei gewesen?‹‹

Hektisch schaute ich zu ihm und zuckte mit der Schulter. Ohne meine Augen von ihm gelöst zu haben, fasste meine rechte Hand nach dem Griff der Ladentür und meine Beine warteten nur darauf, endlich von hier zu verschwinden. Ich machte einen ersten kurzen Schritt, doch dann schallte Flos laute Stimme in meinen Ohren: ››Halt!‹‹

Ehe ich wusste, wie mir geschah, wurde ich auch schon zu Boden gerissen. Jedoch nicht von Flo, sondern vom Ladenbesitzer höchstpersönlich, der in diesem Augenblick mit zahlreichen Kartons den Laden betrat, mich wohl übersehen hatte, und wir deshalb zusammenstießen, sodass ich in voller Länge auf dem Fußboden landete. Rasch stellte der Ladenbesitzer die Kartons ab und eilte mir zu Hilfe. Völlig erschrocken fragte er mich: ››Bist du in Ordnung?‹‹

Sprachlos nickte ich und der Eigentümer reichte mir seine Hand, um wieder aufstehen zu können. ››Geht schon‹‹, meinte ich, nachdem ich wieder auf meinen Füßen stand. Doch im gleichen Augenblick vernahm ich ein schepperndes Geräusch, das dadurch entstand, weil die CD zu Boden fiel – meine CD, die ich soeben geklaut hatte.

Die ist mir aus der Jackentasche gefallen, wollte ich eigentlich schon sagen, doch der Ladeninhaber kam mir mit seiner Frage zuvor: ››Ist das deine, mein Junge?‹‹

Zögerlich und sichtlich aufgeregt presste ich schließlich ein leises Ja aus meiner Kehle.

››Na, dann nehme sie mal besser wieder an dich.‹‹ Mit diesen Worten reichte er mir die CD, klopfte mir noch auf die Schultern und entschuldigte sich nochmals für die unbeabsichtigte Karambolage.

Ich wollte gerade den Laden verlassen, da peitschte der schrille Ton der Diebstahlsicherung durch den gesamten Raum.

Jetzt bin ich wohl geliefert, dachte ich und eine starke Hand packte mich und zog mich zurück in den Laden. Keinen weiteren Laut brachte ich über meine Lippen und meine Knie schienen plötzlich, wie aus Gummi zu sein. Ich drohte erneut, zu stürzen, doch in genau diesem Augenblick fauchte der Ladenbesitzer nicht mich an, sondern Flo, der noch immer hinter der Theke stand.

››Du hast wohl schon wieder vergessen, den Diebstahlschutz von der CD zu deaktivieren. Wie oft habe ich dir das in den letzten Wochen schon gesagt. Für die Kunden ist das doch ziemlich peinlich, wenn du das vergisst.‹‹

››Oh! Muss ich wohl vergessen haben, Chef. Es wird nicht mehr vorkommen.‹‹

››Komm mit, Kleiner.‹‹ Mit diesen Worten gingen wir zurück zur Theke. Flo legte die CD auf ein Gerät, das den Diebstahlschutz deaktivierte und verstaute sie in eine Tüte. Zudem händigte er mir noch eine Quittung aus und meinte: ››Die hast du auch vergessen. Die benötigst du doch für deinen Kurs.‹‹

››Oh, du hast auch einen Kurs bei uns gebucht. Das freut mich sehr‹‹, sagte der Ladeninhaber und begleitete mich noch zur Tür hinaus.

Ich konnte es kaum glauben, was ich da soeben erlebt hatte, als ich mich auf mein Fahrrad setzte und eigentlich schon losfahren wollte. Langsam rollte ich rückwärts vor das große Schaufenster. Meine Augen erblickten Flo und ich sagte deutlich, sodass er es von meinen Lippen ablesen konnte:

››Vielen Dank!‹‹

Flo lächelte kurz und dann zwinkerte er mir mit seinem linken Auge zu. Ich konnte es plötzlich spüren, dass mein Herz laut zu pochen begann. Auch ich lächelte noch einmal, bevor ich dann in die Pedalen trat, um geradewegs nach Hause zu fahren.

Zuhause angekommen, konnte ich es kaum noch erwarten, die CD in meinem Zimmer zu hören. So vergingen kaum fünf Minuten und die Bässe brachten meine Boxen zum Vibrieren. Ich war glücklich – einfach nur glücklich! Während ich die ersten Songs in mich aufsog, surfte ich dabei im Internet. Zuerst fragte ich meine Mails ab und danach wollte ich eigentlich noch etwas chatten, doch dann erinnerte ich mich wieder an den Flyer, den mir Flo gegeben hatte. Ich wollte unbedingt sein Online Magazin genauer kennenlernen. Es war bestimmt genauso cool, wie er selbst. So kramte ich den Flyer aus der Hosentasche hervor und gab die Internetadresse ein:

www.MANIAX.cc

Aufmerksam und mit immer größer werdender Begeisterung entdeckte ich so nicht nur sein Magazin, seine Arbeit und seine Interessen, sondern ich konnte auch viel über ihn erfahren. Das machte mir sehr viel Spaß. Vor allem seine außergewöhnlichen Interviews, die man dort als Videobeiträge anschauen konnte, hatten es mir besonders angetan. Aber eigentlich auch das gesamte Magazin, und ich spürte plötzlich, wie ins Schwärmen geriet – wie ich mich in Flo verliebte!

Einige von euch werden sich jetzt bestimmt fragen: Wie kann das sein? Nun, das ist kurz erklärt. Schon seit geraumer Zeit war mir klar, dass ich wohl mehr auf Jungs stehe, kurz um, dass ich wohl schwul bin. Doch bisher hatte ich das niemandem erzählt. Ich hatte es auch für unnötig gehalten, da ich keine große Sache daraus machen wollte. Warum sollte ich mir auch ein Schild um den Hals hängen, oder mir ein Etikett aufkleben lassen? Ich schwärmte zwar in den letzten Monaten schon für so manchen Jungen, doch ich wagte mich einfach nicht, sie dann auch anzusprechen. Es war mir immer peinlich gewesen.

Nicht jedoch, dass ich schwul bin, sondern vielmehr hätte ich es wohl nicht ertragen können, einen Korb zu bekommen. Zudem wollte ich auch nicht, dass es in der Schule gleich jeder wusste. Zu schnell würde man mich dort in eine Schublade packen, und das wollte ich nicht. So behielt ich dieses kleine Geheimnis erst einmal für mich. Auch Flo darauf anzusprechen, hatte ich mich nicht gewagt. Ich wollte ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und ihn fragen: ››Sag mal, bist du schwul?‹‹ So blieb das erst einmal mein Geheimnis, und ich behielt meine Schwärmerei für mich.

Meine Sexualität beschränkte sich zu jener Zeit lediglich aufs Onanieren, und vor allem das Wettwichsen mit Schulfreunden hatte ich immer genossen – wahrscheinlich mehr, als die anderen es taten, die damit doch nur ihre Kräfte unter Beweis stellen wollten – oder steckte da womöglich schon mehr dahinter? Wenn ich nicht so schüchtern gewesen wäre, hätte ich darauf bestimmt auch eine Antwort gefunden.

Die zwei letzten Songs auf der neuen Spaceboy CD waren sogenannte Chillout-Tracks, die zum Entspannen einluden, und so beschloss ich, mir ein Bad einlaufen zu lassen. Meine Eltern waren noch nicht zuhause und so nutzte ich die Zeit, dieses letzten beiden Stücke in der Wanne zu genießen, beim genüsslichen – nun, das könnt ihr euch sicherlich selbst ausmalen!

Ich war zu einem regelrechten Badenarr geworden, seitdem wir in das neue Haus gezogen waren. Im ersten Stock, wo ich auch mein Zimmer hatte, befand sich das große Badezimmer mit der riesigen ovalen Wanne mit dem ganz besonderen Clou. Ganze acht Düsen konnte man einschalten, die aus einem gewöhnlichen Bad einen Whirlpool machten und so die müden Knochen massierten. Es war beinahe schon zu einem Ritual geworden, dass ich jeden Freitagnachmittag ein langes Bad nahm, um so erst einmal von der stressigen Schulwoche Abstand zu gewinnen. Meine Eltern kamen meist erst gegen 19 Uhr nach Hause, und so hatte ich alle Zeit der Welt, die ich für ein entspannendes Bad brauchte.

Zuerst kümmerte ich mich darum, meine kleine Anlage im Badezimmer aufzustellen, das Wasser einzulassen und mir noch einen Cocktail zu mixen, den ich dann in der Wanne genüsslich schlürfen wollte. In der Küche bereitete ich mir einen gigantischen Shake zu, mit den Früchten, die der Kühlschrank oder auch die Obstschale hergaben. Dabei hatte ich auch an die Anmeldung für den DJ Kurs gedacht, die ich auf den Küchentisch legte, sodass meine Eltern sie nicht übersehen konnten.

Nachdem der Shake zubereitet und das Glas hübsch dekoriert war, ging ich zurück ins Badezimmer, stellte das Glas neben die Wanne und gab noch einen kräftigen Schluck Badeöl ins plätschernde Wasser. Mit meiner rechten Hand verwirbelte ich das Wasser, sodass ein dicker Schaumteppich entstand. Danach drückte ich auf den Startknopf des CD-Players und ließ die Musik beim vorletzten Titel starten, die ich dann als Loop abspielen ließ.

Jetzt war alles perfekt und die kleine Zeremonie konnte beginnen. Ich zog meine Sachen aus, legte sie auf einen Haufen und ließ mich dann in die warme Wanne gleiten. Das Gefühl dabei war kaum zu beschreiben und so empfehle ich euch, es mir einfach mal gleich zu tun, dann wisst ihr genau, was ich meine.

Nach kurzer Zeit war ich bereits derart entspannt, dass ich zu träumen begann. Schon seit Wochen hatte ich mir während des Badens immer vorgestellt, dass ich mein erstes Mal mit einem Jungen ausgerechnet hier haben würde. Dabei stellte ich mir immer den Jungen vor, für den ich gerade am meisten schwärmte, und so war es für mich auch nicht weiter verwunderlich, dass plötzlich Flo in dieser Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit auftauchte, und zu mir in die Wanne stieg. Was für ein tolles Gefühl das doch war.

Mit geschlossenen Augen suchte ich nach dem Schalter für den Whirlpool und drückte ihn sanft, als ich ihn gefunden hatte. An meinem Rücken und Hintern spürte ich die zarten Wasserperlen, die das Vergnügen derart steigerten, sodass ich nach einem Schluck vom Glas meine rechte Hand an meinen Penis führte, und ihn sanft zu stimulieren begann. Ich stellte mir in meiner Fantasie vor, dass mich Flo mit zärtlichen Küssen liebkoste und mich am ganzen Körper streichelte. Dabei wurden meine Bewegungen immer heftiger und ich hörte, wie das Wasser über die Wanne schwappte. Doch dies war mir in diesem Augenblick egal. Auf keinen Fall wollte ich riskieren, dass diese schöne Fantasie aufhörte. In der Wanne bildete sich immer mehr Schaum und ich begann, den eigenen Körper zu streicheln.

In meiner Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit waren dies jedoch Flos liebevolle Hände, die meinen Oberkörper und Schenkel berührten. Der Höhepunkt war nun fast schon erreicht und meine beiden Hände umfassten derart aufgeregt mein pralles Glied, bis ich nach etwa einer weiteren Minute einfach nur noch abspritzte – und mich dem Genuss vollends hingab. Das tat ich dann auch. Mit immer schnelleren Bewegungen brachte ich mich schließlich zum Höhepunkt. Dabei streckte ich mich so, dass mein Glied und meine Brust sich aus dem Wasser hoben, und ich mich dann mit voller Ladung auf meinen Oberkörper ergoss, dass selbst meine Wangen etwas davon abbekamen.

Noch immer hielt ich meine Augen geschlossen. Ich wollte diesen kostbaren Augenblick nicht so schnell verfliegen lassen. Der gerade erlebte Höhepunkt war mit Abstand der Beste, den ich je erlebt hatte. Nach einer kleinen Weile streifte ich dann mit meiner linken Hand über meine Brust, ich erfühlte den Samenerguss und verrieb ihn ein wenig auf meinem Körper. Ich hätte noch stundenlang so weiter in der Wanne verweilen können, doch ich hörte, dass meine Eltern gerade nach Hause kamen. So hielt ich mir die Nase zu und tauchte unter, um noch meine Haare zu waschen. Gerade in dem Augenblick, als ich wieder auftauchte, saß meine Mutter am Wannenrand und meinte, dass ich es mir wohl gut gehen ließ.

Etwas schüchtern lächelte ich sie an und nahm einen weiteren Schluck aus meinem Glas. Meine Mutter nahm mir das Glas ab und gab mir einen Kuss direkt auf den Mund: ››Hm, Erdbeeren‹‹, meinte sie und verließ daraufhin das Badezimmer mit den Worten, dass es gleich Abendessen gebe und ich mich doch bitte beeilen sollte.

Gleich zwei Fragen schossen mir durch den Kopf, als sie die Badezimmertür wieder geschlossen hatte. Wusste meine Mutter vielleicht etwas von dem, was ich hier veranstaltete? Hatte sie merken oder gar ahnen können, dass ich gerade einen gigantischen Höhepunkt erlebt hatte? Doch ehrlich gesagt, wollte ich gar keine Antwort darauf haben. Wir sprachen zwar immer sehr offen über Sexualität und auch aufgeklärt war ich längst, aber ich wollte meine Eltern noch nicht damit konfrontieren, dass ich schwul bin, weil ich gerade einmal die achte Klasse besuchte und ich mich nach einem festen Freund sehnte – nach meiner ersten sexuellen Erfahrung!

Ich stieg aus der Wanne, brauste sie noch sauber (schließlich wollte ich keine Spuren hinterlassen) und ging nur in einem Handtuch eingehüllt zurück in mein Zimmer, um mich dort anzuziehen. Danach holte ich noch meine Anlage aus dem Badezimmer und wischte mit dem bereits nassen Handtuch den Fußboden rund um die Badewanne trocken. Denn meine Mutter hasste es, wenn ich das nicht selber tat.

››Kommst du, Manuel. Das Essen ist fertig‹‹, rief Mutter nochmals die Treppe hinauf und so ging ich in die Küche. Dort saßen bereits meine Eltern am Tisch und Vater studierte die Anmeldung zum DJ Kurs aufmerksam. Ich setzte mich zu ihnen und schenkte mir etwas Saft ein.

Papps meinte dann: ››So, du willst also DJ werden.‹‹

››Das weißt du doch‹‹, meinte Mutter und ich nickte nur.

››Was kostet dieser Kurs?‹‹, wollte Papps in Erfahrung bringen und ich antwortete ihm, dass ich die 50 Euro dafür bereits heute von meinem eigenen Taschengeld bezahlt hatte. Lediglich das Einverständnis von ihnen würde mir noch fehlen, da ich ja noch keine 16 war. Papps schmunzelte kurz und war sichtlich erfreut darüber, dass ich für mein Hobby solche Begeisterung an den Tag legte.

››Na, dann gebe mir mal einen Stift, damit ich das hier unterschreiben kann.‹‹

››Cool Papps, vielen Dank‹‹, sagte ich voller Aufregung und reichte ihm zugleich einen Stift, sodass er es sich nicht noch einmal anders überlegen konnte. Er setzte seine Unterschrift aufs Papier und reichte es mir über den Tisch. Ich ließ das Anmeldeformular sofort in meine Hosentasche verschwinden, sodass es sicher war, und nippte dann an meinem Saft. Vater griff ebenso an seine Hose, holte sein Portemonnaie hervor und schob mir einen 50 Euro Schein entgegen: ››Ich möchte dir diesen Kurs gerne bezahlen, wenn ich darf.‹‹

››Das darfst du gern, Papps, vielen, vielen Dank dafür!‹‹

››Du kannst mir diesen Betrag ja später, wenn du damit einmal Geld verdienst, dass du Platten auflegst, wieder zurückzahlen. Du wirst bestimmt ein ganz cooler DJ werden.‹‹

Über beide Ohren grinsend nahm ich das Geld an mich. Ich wusste sofort, wofür ich es einsetzen wollte.

››Wenn du einmal ein Star wirst, hat sich meine kleine Investition schon gelohnt.‹‹

››Benehmen tut er sich ja schon wie einer‹‹, meinte Mutter unerwartet. ››Manuel lässt es sich ganz schön gut gehen, wenn wir nicht zuhause sind.‹‹

In diesem Augenblick dachte ich schon, sie würde etwas Falsches sagen und ich bekam einen roten Kopf, doch der folgende Satz entspannte diese Situation gleich wieder. ››Der macht sich immer so leckere Shakes, wenn wir nicht zuhause sind. Kannst du denn nicht auch mal welche für uns machen?‹‹

››Oh, Fähigkeiten als Barmixer hast du also auch‹‹, spottete Papps. ››Na, dann ist ja deine berufliche Laufbahn bereits gesichert. Ich wusste gar nicht, dass du solche Talente hast.‹‹

››Nun hört aber schon auf‹‹, sagte ich, ››dass Schmeicheln erträgt ja keiner, oder wollt ihr mir etwa nur Aufgaben für den Haushalt am Wochenende aufs Auge drücken.‹‹

››Das wäre jetzt wohl der beste Zeitpunkt, ach Quatsch, genieße dein Wochenende.‹‹

Genau dafür liebte ich meine Eltern, und ich versprach ihnen, am Sonntag gerne auch mal für sie ein paar Shakes für sie zuzubereiten.

Nach dem Abendessen zog ich mich auf mein Zimmer zurück, spielte noch etwas PlayStation und schaute ein wenig fern, bevor ich dann müde ins Bett schlüpfte und auf süße Träume hoffte. Ich ließ noch einmal diesen schönen Tag an mir vorüberziehen und ich schlief überglücklich ein.

Der Wecker rappelte gnadenlos und scheinbar unaufhörlich. Ich hatte doch ganz vergessen, dass heute Samstag war, und blickte mit schläfrigen Augen aufs Ziffernblatt:

Mist! Ich habe gerade so schön geträumt.

Doch alle Versuche, mich noch einmal umzudrehen, um weiter zu träumen, scheiterten kläglich, und so stand ich bereits um 7:30 Uhr auf und schlich in die Küche, um mir eine große Portion Smacks zu gönnen. Dabei hatte ich einen ultimativen Gedanken, wie ich meinen Eltern etwas Gutes tun könnte. Schnell war der Tisch für sie eingedeckt und ich gab mir wirklich sehr viel Mühe, dass sie sich wohlfühlen konnten, wenn sie später diese Überraschung entdecken würden. Ich wusste nur allzu gut, das meine Eltern an den Wochenenden selbst gern lange schliefen und was ihrer Meinung nach zu einem guten Frühstück gehörte, wusste ich natürlich auch. Sogar an eine kleine Blumenvase hatte ich gedacht, und so sah der Küchentisch nach kurzer Zeit sehr einladend aus.

Wenn ihr jetzt wissen wollt, wie die Beziehung zwischen mir und meinen Eltern war, so sagt das Eindecken des Frühstückstisches doch einiges darüber aus, oder nicht? Das tat ich nämlich nicht, um mein eventuell schlechtes Gewissen von gestern zu beruhigen, sondern weil ich meine Eltern tatsächlich sehr liebe. Es war gerade diese Offenheit und Ehrlichkeit, die sie mir entgegenbrachten, aber auch forderten, die mich zu einem glücklichen Jungen heranwachsen ließ, die jedoch von Außenstehenden manchmal falsch verstanden oder interpretiert werden konnte. Doch das kümmerte mich nicht allzu sehr. Ich war einfach nur rundum zufrieden, wie es war – mit meinem Leben, meinen Eltern, und sogar mit meiner vor einigen Monaten neu entdeckten Sexualität. Alles, was ich mir jetzt noch wünschte, war ein toller Freund, den ich hoffentlich auch schon bald finden sollte.

Das CosmicSpace bot an den Wochenenden in den frühen Morgenstunden ein super Angebot an, denn dann bekam man die doppelte Zeit für den Beamer-Raum, und ich wollte dies heute seit einer langen Zeit mal wieder nutzen. In der Vergangenheit hatte ich vorgezogen, lieber länger zu schlafen und dann mit meinen Eltern zu frühstücken. So suchte ich noch rasch nach meiner Bonuskarte, die ich an meinem Schwarzen Brett wiederfand. Diese Karte konnte man sich dort abstempeln lassen. Wenn man acht volle Stunden darauf zusammen hatte, bekam man eine weitere Stunde geschenkt und zudem gab es im Mai eine besondere Aktion, dass die ersten zehn noch ein T-Shirt obendrauf bekamen. Das wollte ich mir auf gar keinen Fall entgehen lassen, zumal mir nur noch zwei Stempel dafür fehlten. Ich steckte die Karte zusammen mit der Einverständniserklärung für den DJ Kurs in meine Hosentasche, kramte dann noch ein cooles Käppi aus meinem Schrank und radelte in Richtung Fässergasse los – dem Fun entgegen!

CosmicSpace here I come!

Flo war gerade damit beschäftigt, einen Aufsteller vor die Ladentür zu stellen und den Laden zu öffnen, als ich mein Fahrrad vor dem Schaufenster abstellte. Innerlich freute ich mich bereits darüber, dass sich der Erste war, und so könnte ich mir den Samstagmorgen durchaus gefallen lassen.

Leise betrat ich den Laden. Flo sortierte gerade das Wechselgeld in der Kasse und ich fragte mich, wie er wohl auf mich reagieren würde – dem kleinen Dieb! Doch dann dachte ich nicht länger daran, zögerte ein wenig mit meinem geplanten Vorhaben, und just in dem Augenblick, als Flo zu mir sah, pressten sich auch schon meine Lippen auf seinen Mund – der erste Kuss in meinem Leben, den ich einem Jungen gab!

Etwas sprachlos schaute mich Flo an.

››Für was habe ich denn diesen Kuss bekommen? Habe ich mir den etwa verdient?‹‹

Kichernd und mit weichen Knien und hochrotem Kopf sagte ich: ››Dankeschön!‹‹ Mehr Worte brauchte es in diesem Augenblick gar nicht; und ohnehin brachte ich nicht mehr Worte hervor. Zudem war ich überrascht, dass Flo meinen Kurs völlig in Ordnung fand. Als wäre es normal, von einem anderen Jungen geküsst zu werden. Das ließ mich für die Zukunft hoffen.

››Ich habe zu danken‹‹, meinte Flo daraufhin, ››für diesen lieben Kuss. Da macht die Arbeit doch gleich doppelt Spaß.‹‹

››Dann bist du mir also nicht böse‹‹, wollte ich wissen.

››Böse? Aber warum sollte ich dir böse sein? Etwa wegen gestern? Ach das! Das habe ich doch gern für dich gemacht.‹‹ Und bevor er weiter sprechen konnte, zog ich mein Portemonnaie aus der Hose und holte den 50 Euro Schein hervor, den mir gestern mein Vater geschenkt hatte und legte ihn auf den Ladentisch. Einige wortlose Sekunden verstrichen.

››Aber du hast den Kurs doch bereits bezahlt‹‹, grinste Flo und schob den Schein wieder zurück in meine Richtung.

››Der ist ja auch nicht für den Kurs, sondern für die CD.‹‹

››Auch die ist bereits bezahlt.‹‹

››Wie denn das?‹‹

››Die ist ein Geschenk von mir. Behalte dein Geld.‹‹

Ohne zu zögern, umarmte ich Flo und drückte ihn an mich:

››Danke, Tausend Dank!‹‹

››Ist schon in Ordnung, mein Kleiner, du kannst dich ja irgendwann einmal bei mir revanchieren oder mir sogar helfen.‹‹

››Helfen? Wie kann ich dir helfen?‹‹

››Du könntest beispielsweise Flyer für mich in der Stadt verteilen, oder sogar mit mir an meinem Magazin schreiben, bei Umfragen und Reportagen helfen.‹‹

››Wirklich? Das wäre ja großartig. Ich mag dein Magazin. Das habe ich mir gestern angeschaut.‹‹

››Du würdest sogar etwas Geld damit verdienen.‹‹

››Das hört sich gut an. Geld kann ich immer gebrauchen.‹‹

Ich reichte Flo meine Hand mit den Worten: ››Deal! Du kannst dich auf mich verlassen. Doch jetzt will ich erst einmal spielen und die Happy Hour nutzen.‹‹

››Klaro, du bist bestimmt auf unser neues T-Shirt scharf. Das kann ich gut verstehen.‹‹

››Ja, das will ich unbedingt haben. Mir fehlen ja nur noch zwei Stempel.‹‹ Ich legte meine Bonuskarte auf den Tisch, die mir Flo auch gleich abgestempelte und mich auf eine Liste schrieb. Danach gingen wir zusammen in den abgedunkelten Raum.

Flo musste zuerst den Beamer hochfahren, da der immer einige Zeit benötigte, bis er ein scharfes Bild auf die Leinwand warf. Im Raum selbst standen zwei gemütliche grüne Sessel, eine PYRAMAT-Soundmatte und ein kleiner Tisch, die das Spielen zu einem Erlebnis machten. Dieses Heimkino war wie ein Wohnzimmer eingerichtet und an den Wänden hingen zahlreiche Kinoplakate und Poster von neuesten DVDs oder Spielen. Sogar eine Palme auf der linken Seite neben der großen Leinwand sorgte dafür, dass man sich hier wie Zuhause fühlen konnte.

Rasch räumte Flo noch ein paar leere Getränkeflaschen weg, bevor er dann die Linse des Projektors nochmals scharf stellte und mich fragte, was ich am liebsten spielen würde. Man konnte aus über 100 Spielen für die PlayStation und die Xbox auswählen, man hatte jedoch auch die Möglichkeit, eigene Spiele mitzubringen. Nach einem kurzen Blick auf die aktuelle Liste stand meine Wahl fest. Ich wollte GTA Vice City spielen, das erst vor Kurzem erschienen war. Das Spiel war zwar erst ab 16 Jahren freigegeben, doch ich wusste auch, dass man die Altersfreigabe hier nicht so genau nahm.

››Das ist eine gute Wahl‹‹, meinte Flo und kramte in einer Kiste nach dem Spiel. ››Solltest du nach einer Weile keine Lust mehr haben, melde dich einfach bei mir. Dann kannst du das Spiel auch wechseln.‹‹

››Kann ich die Soundmatte bei diesem Spiel ausprobieren?‹‹

Ich hatte von einigen Schulkollegen bereits gehört, dass die der Hammer sei, gerade bei Action- oder Rennspielen. Dafür musste man lediglich einen Euro mehr bezahlen, somit waren es dann sechs Euro, die ich in der Stunde zu bezahlen hatte.

››Das geht in Ordnung‹‹, antwortete Flo und legte mir das Spiel ein und breitete die Soundmatte inmitten des Raumes aus. Jetzt drang der gewaltige Sound nicht nur aus der Heimkinoanlage, sondern auch aus den beiden Boxen dieser Matte, sowie dessen Subwoofer, der in meinen Ohren dröhnte. Flo regelte nochmals die Lautstärke hinunter und ich legte mich voller Erwartung auf diese Matte, die einer Massagematte sehr ähnlich war. Dann reichte er mir noch den Controller der Konsole sowie die Fernbedienung für die Lautstärke, falls die Bässe dann doch zu heftig werden würden.

››Ich wünsche dir viel Spaß dabei‹‹, sagte Flo daraufhin und verließ anschließend den Raum. Nach einem kurzen Intro begann das Spiel. Ich war einfach nur überwältigt von der Dimension und vor allem von der Perspektive, die sich mir bot, wenn man auf dieser genialen Matte spielte. Die Bässe pulsierten derart heftig gegen meinen Rücken, sodass ich mich sogar bei den ersten Schüssen im Spiel erschrocken hatte. Ein wahnsinniges Klangerlebnis rundete dieses Spektakel ab, und ich konnte nur allzu gut verstehen, warum die meisten meiner Schulkollegen ihr ganzes Taschengeld hier ließen. Zwar musste man hier mindestens fünf Euro für eine Stunde Spaß investieren, doch zuhause am PC machten diese Spiele längst nicht so viel Spaß wie hier. Da ich ja an diesem Tag endlich mal wieder die Happy Hour nutzen konnte, hatte ich für das gleiche Geld ganze zwei Stunden bekommen! Das war der absolute Burner!

Etwa eine Viertelstunde, bevor meine Zeit ablief, kam Flo zu mir und sagte Bescheid, dass ich noch 15 Minuten hätte. Er stellte mir außerdem eine Flasche Cola auf den Tisch und meinte, dass die aufs Haus ginge. Ich bedankte mich mit einem breiten Lächeln bei ihm, doch das Spiel fesselte mich so sehr, dass ich ihm kaum weiter Beachtung schenkte. Flo schaute mir noch eine Weile lang zu, bevor er dann wieder zurück in den Laden ging, da die Klingel über der Tür läutete, und weitere Kundschaft den Laden betrat.

Kurze Zeit später legte ich den Controller beiseite und rieb meine erschöpften Augen. Ich griff nach der Cola und nahm einen kräftigen Schluck. Danach wickelte ich das Kabel des Controllers auf und im gleichen Augenblick, als ich ihn in den Schrank verstauen wollte, betraten zwei Jungs und Flo den Raum.

››So, jetzt sind die Nächsten an der Reihe‹‹, meinte Flo und nahm mir die Arbeit ab, die Soundmatte wieder aufzurollen. Ich verließ den Raum und wartete an der Ladentheke, um bezahlen zu können. Nach einer weiteren Minute kam Flo zu mir und rechnete ab. ››Ich hoffe doch sehr, dass es dir Spaß gemacht hat‹‹, wollte er wissen.

››Na und ob‹‹, meinte ich, ››ich könnte stundenlang hier spielen.‹‹

››Wenn du so gerne spielst, habe ich einen wirklich tollen Job für dich. Du kannst einige Spiele für mein Online Magazin testen, wenn du magst. Ich kann dir dafür zwar nichts bezahlen, aber du kannst so immer die neuesten Spiele testen, manche sogar, noch bevor sie überhaupt in den Handel kommen.‹‹

››Ist das dein Ernst‹‹, wollte ich wissen, und konnte kaum glauben, was er mir da soeben angeboten hatte.

››Klaro ist das mein Ernst‹‹, sagte Flo und gab mir seine Visitenkarte. Er schob mir außerdem einen Zettel zu und sagte:

››Schreib mir doch mal deine Handynummer auf, dann werde ich mich bei dir melden. Wenn du magst, kannst du schon am Wochenende ein paar Flyer für mich verteilen, für ein kleines Taschengeld.‹‹

››Oh ja, sehr gern sogar‹‹, antwortete ich und war froh darüber, mir so etwas Geld hinzu verdienen zu können.

››Warte kurz‹‹, mit diesen Worten verschwand Flo kurz ins Büro des Ladens und kam dann mit einem Stapel Flyer zurück.

››Diese kannst du in deiner Wohngegend verteilen, das würde mir sehr helfen.‹‹

››Du kannst dich auf mich verlassen.‹‹

Flo suchte nach einer Tüte, packte die Flyer hinein und überreichte sie mir.

››Bis dann‹‹, verabschiedete ich mich, verließ den Laden und radelte auch gleich zu mir nach Hause.‹‹