Im Schatten der Pinien - Jessica Vonthin - E-Book

Im Schatten der Pinien E-Book

Jessica Vonthin

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Beschreibung

Schuldig ist nicht nur der Täter, sondern auch der, der den Unschuldigen zum Täter macht. Als in der Provinz Istrien, inmitten des kroatischen Hinterlandes, die Leiche eines jungen Mannes gefunden wird, steht die junge Kommissarin Ana Novak vor ihrem ersten Kriminalfall: Der nackte Tote ist blutüberströmt, die Beine von sich gespreizt, das Herz durchbohrt. Gemeinsam mit dem alten Griesgram Marco Petkovic und dem charmanten Iren Dillan führen die Ermittlungen das ungleiche Trio zu einem Cold Case nach Deutschland, bei dem ein Mann auf die gleiche Weise ermordet wurde. Während sämtliche DNA-Analysen laufen, beobachtet der Täter schon sein nächstes Opfer, dessen Vergehen er bestrafen wird … Rache serviert man kalt – und mit durchbohrtem Herzen. Während Ana Novak die blutigen Puzzleteile zusammensetzt, tickt die Uhr für das nächste Opfer. Wer bestimmt, wer wirklich schuldig ist?

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Im Schatten der Pinien

JESSICA VONTHIN arbeitet als Lehrerin und lebt in Solms. Während ihrer zahlreichen Reisen nach Kroatien hat sie sich für ihr Debüt Im Schatten der Pinien inspirieren lassen. Zu ihren Lieblingsautorinnen gehören Nele Neuhaus und Charlotte Link. 

Schuldig ist nicht nur der Täter, sondern auch der, der den Unschuldigen zum Täter macht.

Als in der Provinz Istrien, inmitten des kroatischen Hinterlandes, die Leiches eines jungen Mannes gefunden wird, steht die junge Kommissarin Ana Novak vor ihrem ersten Kriminalfall: Der nackte Tote ist blutüberströmt, die Beine von sich gespreizt, das Herz durchbohrt.  Gemeinsam mit dem alten Griesgram Marco Petkovic und dem charmanten Iren Dillan führen die Ermittlungen das ungleiche Trio zu einem Cold Case nach Deutschland, bei dem ein Mann auf die gleiche Weise ermordet wurde. Während sämtliche DNA-Analysen laufen, beobachtet der Täter schon sein nächstes Opfer, dessen Vergehen er bestrafen wird …

 

Jessica Vonthin

Im Schatten der Pinien

Ullstein

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Originalausgabe bei UllsteinUllstein ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin April 2024 (1)© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2024

Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic®E-Book powered by pepyrusISBN 978-3-8437-3094-5

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Inhalt

Das Buch

Titelseite

Impressum

Prolog

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Danksagung

Leseprobe: Das Moorkind

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Prolog

Widmung

Für Daniel und die echte Dr. Ariana Pavić, in Dankbarkeit.

»Der gesunde Mensch quält andere nicht. Für gewöhnlich sind es die Gequälten, die wieder andere quälen.«

(Carl Gustav Jung)

Motto

Prolog

März 1991

»Du hast mein Leben zerstört!« Mutters Schluchzen hallte durch die Wohnung, prallte an den kalten schimmligen Wänden ab und drang unter meine Haut, die bei jeder Bewegung schmerzte. Ich hatte viele blaue Flecken, Dellen, Risse und Ergüsse. Fast alles, was eine Haut so haben konnte. In den letzten Jahren hatte ich mich allerdings daran gewöhnt. Ich war einfach jemand, der nicht erwünscht war.

Ich war acht Jahre alt, als es passierte. Eigentlich war ich bloß ein kleiner Junge, der nichts sehnlicher wollte, als geliebt zu werden. Vielleicht hätte ab und zu einfach eine Umarmung geholfen, die schwarzen Wolken aus meinen Gedanken zu vertreiben. Vielleicht. Vielleicht wäre ich dann stärker gewesen und hätte viele Dinge in eine andere Richtung lenken können. Wahrscheinlich hätte ich dann auch für sie da sein können, als sie entschied, dass ich das Schlimmste in ihrem Leben war, was sie sich jemals hätte vorstellen können und mit dem sie nicht weiterleben wollte.

Ich stand an jenem Abend im Wohnzimmer, weil ich nicht einschlafen konnte. Normalerweise war ich gern in meinem Bett. Dort mit der Decke über mir und in meinen Träumen versunken, hatte ich das Gefühl, dass mir das Leben nichts anhaben konnte. Dort war ich sicher und konnte mir Menschen in mein Leben wünschen, die mich lieb hatten.

»Glotz mich nicht so an!«, schrie meine Mutter, als sie mich im Wohnzimmer stehen sah. Sie kniete auf dem Boden und lehnte sich gegen den in die Jahre gekommenen Wohnzimmertisch, dessen abgenutztes Holz durch die vielen Schnapsflaschen kaum zu erkennen war. Weinend griff sie nach einer der Flaschen, die nur noch zu einem Drittel gefüllt war, und versuchte, sie sich an den Mund zu führen, was ihr allerdings misslang. Die Glasflasche glitt ihr aus der Hand und ihr Inhalt ergoss sich über den fusseligen Teppich, der längst auf den Sperrmüll gehörte. »Verfluchte Scheiße!«, schrie sie und stützte sich mit den Unterarmen auf dem Boden ab. Für einen kurzen Moment dachte ich, dass sie sich übergeben müsse, doch dann hob sie den Kopf und starrte mich durchdringend an. »Das ist alles deine Schuld«, sagte sie plötzlich in einer völlig anderen Tonlage als zuvor. Ihr Schluchzen war verstummt und ihre Stimme hatte einen seltsam festen Ton angenommen, den ich nicht einordnen konnte. »Ich hätte dich abschieben sollen. Du hast mir alles genommen«, sprach sie weiter und ich versuchte, ihre Worte zu verstehen. Ich hatte vor wenigen Tagen ein Glas kaputt gemacht. Es war mir einfach aus den Händen geglitten und auf dem Boden zerschmettert, in viele Einzelteile. Das Laminat hat jetzt eine ziemliche Delle im Boden. Sprach sie vielleicht davon? Wirklich wusste ich es aber nicht.

»Verdammte Scheiße«, hörte ich sie erneut fluchen. Ihr Gesicht war aufgequollen und hatte merkwürdige Flecken, die sie jedes Mal bekam, wenn sie zu viel weinte. Dann sahen ihre Augen aus, als hätte sie eine allergische Reaktion gegen irgendwelche Pollen oder andere Staubpartikel in der Luft. »Weißt du eigentlich, wie schwer ich es hatte?«

Mir war nicht klar, ob die Frage wirklich an mich gerichtet war, doch ich blieb einfach an Ort und Stelle stehen und drückte Koka, meinen etwas abgenutzten Teddy mit nur einem Auge, fest an mich.

»Mit sechzehn Jahren stand ich alleine auf der Straße. Meine eigene Mutter hat mich Anschaffen geschickt, damit ich Geld reinbringe. Diese Fotze. Irgendwann bin ich abgehauen.« Sie schluckte. Ich spürte, dass sie in Gedanken woanders war. Jedenfalls nicht hier bei mir. Nicht in dem kleinen Wohnzimmer eines Mehrfamilienhauses im neunten Stock in einer der abgelegensten Straßen Zagrebs. »Was war das für'n scheiß Kampf. Immer wieder. Mein Vater hat sich verpisst. So wie deiner.« Während sie ihre Erinnerungen wie eine Kassette abspulte, stand sie auf, nahm eine leere Flasche nach der anderen und räumte sie vom Tisch. »Männer. Pah!« Sie schlurfte über den Boden und zog den Rotz, der ihr die Nase herauslief, hoch. »Drecksgesindel. Deinen Vater habe ich auf der Straße kennengelernt. Meinte, er könnte mir helfen. Nen scheiß hat er!« Wütend trat sie auf den Hebel des Müllereimers und warf die leeren Schnapsflaschen hinein. »Alles genommen«, murmelte sie weiter und begann, das Wohnzimmer aufzuräumen. Die Decken auf der Couch waren lange nicht zusammengelegt worden. Ich wunderte mich, weshalb sie jetzt auf einmal damit anfing. »Ich dachte echt, ich könnte das schaffen. Hab' mir gesagt, das wird schon mit dem Kind. Kindergeld und so. Unterstützung. Irgendwie.« Sie fuhr sich mit den Händen durch die fettigen Haare, die längst einen Besuch beim Friseur gebraucht hätten, und band sie sich mit einem Haargummi, das sie um ihr Handgelenk trug, zusammen. Ich stand immer noch wie angewurzelt da und beobachtete die Szene. Was hätte ich auch tun sollen? Ich verstand sie nicht. Später vermutete ich, dass sie genauso wie ich bloß eine Umarmung gebraucht hätte, um die schwarzen Wolken wenigstens ein bisschen zu vertreiben. Einen lieben Menschen, der ihr die Hand gereicht hätte. Es tat mir leid, dass nicht ich dieser Mensch war.

Mutter hatte das Wohnzimmer aufgeräumt und war ins Schlafzimmer gegangen. Ich wartete. Wartete, was wohl passieren würde. Irgendwann kam sie in einem ihrer besten Kleider zurück, hatte Parfüm aufgelegt und sich zum ersten Mal geschminkt. Ich hatte gar nicht gewusst, dass sie überhaupt Make-up besaß. Plötzlich sah sie ganz anders aus. Ich schaute sie mit meinen großen Augen an. Koka in meinen Armen umklammert. Mutter kam auf mich zu. »Tut mir leid«, sagte sie mit einer tiefen Schwere in der Stimme, die ich bei ihr nie zuvor gehört hatte, und mit einem Mal spürte ich, wie mein Herz schneller schlug und ein seltsames Gefühl von Panik durch meinen Körper ging. Ich wollte wegrennen und mich unter meiner Bettdecke verkriechen. Die Augen schließen und in meiner Traumwelt verschwinden. Doch Mutter war schneller. Sie packte mich am Arm und hob mich hoch. Für meine acht Jahre war ich viel zu unterernährt, sodass es für sie kein großer Kraftakt war. In diesem Moment fiel mir Koka aus den Armen und ich schrie. Ich schrie, weil mein Teddy nicht mehr da war. Ich schrie, weil ich Angst vor meiner Mutter hatte. Weil alles, was ich im Leben erfahren hatte, aus Schmerz bestand und ich nicht wusste, was passieren würde. Ich schrie aus voller Kehle, als Mutter fest entschlossen die Balkontür öffnete und mich auf das Geländer setzte.

Die Nacht war klar. Furchtbar klar. Der Mond strahlte über die Dächer von Zagreb. Nur wenige Autos fuhren über die Straßen. Irgendwo jammerte eine Katze, während in den Olivenbäumen die Zikaden zirpten. Ich zitterte am ganzen Körper. Die Tränen rannen mir über die Wangen.

»Gleich ist alles vorbei«, sagte sie. Dann ließ sie mich fallen.

1

16.07.2023Valtura, Kroatien

Fran griff sich hektisch an die Knöchel. Die Moskitos waren in diesem Jahr noch schlimmer als die Jahre zuvor. Sie fanden jede noch so kleine Stelle am Körper, die nicht mit Mückenspray eingesprüht wurde. Das Jucken machte Fran wahnsinnig.

Er war mit seinen Jungs in der Bar noch was trinken gegangen, hatte sich mit einer braungebrannten heißen Urlauberin auf der Bartoilette ein bisschen vergnügt und schließlich den Heimweg über den Trampelpfad durch den Wald angetreten. Es war alles perfekt. Seine Frau war mal wieder auf einem Segeltörn mit irgendwelchen primitiven Touristen, die ihr Geld dafür gaben, einen lächerlichen Sonnenuntergang über dem Meer zu sehen und Delfinen nachzujagen. Die armen Tiere. Als hätten die Bock, von irgendwelchen Touris auf Booten begafft und verfolgt zu werden.

Fran fluchte, als das Jucken an den Knöcheln durch sein Kratzen immer stärker wurde. »Ach verdammt, was soll's«, grummelte er und ging den dunklen Waldweg weiter. Die Zikaden, die für den unverkennbaren Sound in den Pinienwäldern Istriens sorgten, zirpten leise durch das Dickicht der Bäume. Fran hatte die Unruhe bereits mit dem ersten Schritt, den er in das verlassene Waldgebiet gesetzt hatte, gespürt. Er wusste, dass sich, vor allem im Sommer, unzählige Wildschweine in den Wäldern herumtrieben, aber verdammt, es war nun mal der kürzeste Weg nach Hause und er war noch immer ordentlich zugedröhnt. Der selbstgebrannte Sliwowitz und das mitgebrachte Päckchen Gras von seinem Freund und Barbesitzer Karlo hatten ordentlich reingehauen.

Diese beschissenen Schweine, deren widerlicher beißender Geruch nach Maggi-Würze sich durch die trocken warme Luft der Pinien drückte, konnten ihm nichts anhaben, redete er sich ein.

Fran blieb erneut stehen, um sich einen weiteren Stich eines Moskitos vom Leib zu halten, und klatschte sich mit der flachen Hand gegen den Hals. »Drecksviecher!«, fluchte er, als es im dichten Gebüsch knackste und raschelte. Er riss seine Augen automatisch weiter auf, in der Hoffnung, sie könnten dadurch mehr Licht, das der Mond auf die Bäume warf, aufnehmen, um so in der Dunkelheit mehr zu sehen. »Verpisst euch!«, schrie er und drehte sich um die eigene Achse. Plötzlich hörte er das Rascheln von einer anderen Seite. »Haut ab! Ihr könnt mich mal!«, brüllte er und nahm einen langen Stock vom Boden. »Ich mach' euch so was von kalt«, knirschte er und verfolgte das Geräusch fernab des Weges, wobei er versuchte, das aufkommende Gefühl der Nervosität zu verdrängen. Schließlich war er ein starker Mann. Er hatte vielleicht etwas viel um die Mitte rum zugelegt und sein Gesicht war auch schon mal schmaler gewesen, doch seine Arme waren noch immer dick mit Muskeln bepackt und konnten mit Leichtigkeit ein scheiß Wildschwein mit einem Stock umlegen.

Vorsichtig streifte Fran durch die tiefhängenden Pinienäste, wobei sich Ranken einzelner mit Dornen beschaffener Büsche an seinen nackten Beinen festklammerten und ihm leichte Schnittwunden zufügten. Nun juckten seine Beine und Knöchel nicht nur bestialisch, sondern brannten auch ordentlich. Fran bereute in diesem Moment, überhaupt den Weg durch den Wald genommen zu haben. Als sich zudem ein frisch gesponnenes Spinnennetz in seinem Gesicht verhing, reichte es ihm. »Prokletstvo!«, fluchte er, ließ den Stock fallen und rieb sich das Gesicht frei.

Wieder raschelte es und Fran schaute sich in der Dunkelheit und den Schatten, die die Pinien im schwachen Mondlicht warfen, um.

»Alter!«, schrie Fran, als er plötzlich eine unbekannte Person hinter sich stehen sah. »Hast du mich erschreckt!« Anhand der Körperhaltung ahnte Fran, dass diese nicht ohne Grund an diesem Abend, an genau dieser Stelle des Waldes nachts umherstreifte. Sie hatte den Kopf, der von einer weißen Maske, die lediglich die Augen freiließ und einen mit unzähligen Zähnen bestückten breiten Mund aufgemalt hatte, in einer verstörend wirkenden Art zur Seite gelegt und starrte Fran in die Augen. Dieser spürte, wie sein Herz schneller schlug und sein Atem sich beschleunigte, umso mehr, als er das im Mondlicht aufblinkende Messer in der Hand der schwarzen Gestalt vor ihm sah. Er hatte keine Zeit mehr nachzudenken, konnte nicht einmal reagieren und weglaufen. Fran spürte nur noch den stechenden Schmerz in seinem pulsierenden Herzen, das verzweifelt versuchte, das Blut trotz der Stichverletzung weiter durch seinen Kreislauf zu pumpen.

Das Zirpen der Zikaden wurde leiser. Die Moskitostiche hörten auf zu jucken. Frans Hände verkrampften sich, Blut rann unter dem gestreiften Muskelshirt an seiner Brust hinunter, am Bauchnabel vorbei, stoppte kurz an dem Bund der Bermudashorts, um schließlich durch die Hose hindurch den Weg nach unten auf dem mit Piniennadeln bedeckten Boden in nur kurzer Zeit eine dunkelrote Lache zu bilden.

2

25.07.2023Nationalpark Učka

Sie wusste, dass man dafür geboren sein musste. Dass man einen persönlichen Bezug zu diesem Beruf brauchte, um ihn wirklich ausüben zu können. Das zumindest hatten nicht nur die Ausbilder an der Polizeiakademie in Zagreb ihr immer wieder eingetrichtert, sondern auch Filip. Während Ana über den weißen Kalkstein lief, zeichnete sich das Bild ihres Bruders deutlich in ihren Gedanken ab, als sie überlegte, ob sie wirklich die Richtige für diesen Job war.

Der Anruf war vor einer Stunde reingekommen. Ana hatte das Gefühl, dass die Schlupflider ihres Partners und Vorgesetzten Oberkommissar Marco Petković noch weiter in die Augen gerutscht waren, als er die Aussage der völlig verstörten Reisegruppenleiterin aufgenommen hatte. Gemeinsam mit der Spurensicherung hatten sie sich auf den Weg in die Berge gemacht. Auch wenn Ana sich bewusst für die Polizeiausbildung und das Studium für den höheren Dienst entschieden hatte, brannten sich doch jedes Mal, wenn sie eine Leiche sah, die gleichen Bilder in ihren Kopf – jedes Mal, wenn sie den kalten Körper sah, dessen Seele sich von dieser Welt verabschiedet hatte und nun lediglich eine leblose Hülle fleischlicher Überreste zurückließ.

»Da vorne müsste es sein«, schnaufte Petković und hob seine Kappe ab, um sich mit seinem Handrücken die Schweißperlen von der Glatze zu wischen.

»Was soll ich machen?«, fragte Ana. Sie wollte bloß keinen Fehler begehen. Erst kürzlich hatte sie die Akademie verlassen und wollte nun weder im Weg stehen noch so wirken, als wüsste sie nicht, was sie tat.

»Erstmal nichts. Sie bleiben einfach neben mir. Ich muss mir ein Bild von der Situation machen.«

Ana nickte. Als sie den Tatort erreichten, ließ sie den Blick kurz über die Szenerie, die sich ihr bot, schweifen. Die Felsformation der Schlucht Vela Draga türmte sich vor ihnen wie riesige kalksteinfarbene Stalagmiten auf, während sich im Hintergrund die Abendsonne im Meer spiegelte. »Der perfekte Ort für Verliebte oder einen Heiratsantrag«, überlegte Ana, wobei sie kaum wahrnahm, dass sie ihre Gedanken laut geäußert hatte.

»Oder einen Mord«, erwiderte Petković und stierte die junge Kommissarin argwöhnisch an. »Sie sollten sich konzentrieren, Novak.«

»Tut mir leid, Sir.«

»Sie wissen, dass Sie nur wegen ihres Bruders hier sind, ja?«

»Ja, Sir«, wiederholte Ana.

Sie hatten die Wandergruppe, die kreidebleich auf einem der Felsen kauerte, erreicht. Sanitäter waren bereits eingetroffen und betreuten die Touristen, die sich ihre Abendrunde wohl etwas anders vorgestellt hatten. Petković trat zu einem der Ersthelfer. »Marco Petković, Istrian Police Department. Ich bin der leitende Kommissar.«

»Skarski«, stellte sich der Mann in leuchtender Einsatzkleidung vor. »Die junge Frau dort vorne hatte die Gruppe Touristen hier hoch geführt, als sie die Leiche entdeckte«, erklärte der Sanitäter und nickte einer Frau zu, die mit Wärmedecke und einem Becher Wasser verweint auf einem Stein kauerte.

Der Schock, auf einen toten Körper zu stoßen, dessen aufgerissene Augen einen anblickten, ließen einen selbst erstarren. Die meisten Menschen hyperventilierten direkt, sodass sie zu viel Kohlendioxid abatmeten und es zu einem Mangel an CO² im Blut kam. Es kommt zu Schwindel und Muskelkrämpfen, wodurch sich die Panik bei den Betroffenen verschärft. Manchmal werden sie bewusstlos.

Ana versuchte, ihre Gedanken zu sortieren, als sie wie ein Schoßhündchen Petković nachlief. Bevor dieser die arme Frau vernehmen konnte, musste er sich ein Bild des Tatorts machen. Ein Mord mitten in der Hochsaison, während Tausende Touristen aus der ganzen Welt das Land besuchten, wäre eine Katastrophe.

Mit etwas Abstand traten die Kommissare neben den Leichnam, während die Forensiker bereits Fotos des Toten machten. Die leichte Brise, die aufkam, wehte einige Strähnen des verklebten Haares von der Stirn des Opfers. Ein Mann – Ana schätzte ihn auf Anfang dreißig – lag in der felsigen Schlucht. Das dickflüssige Blut, das aus der Platzwunde an seinem Kopf getreten war, färbte die hellen Steine unter dem steifen Körper dunkelrot, während sich in den weit geöffneten Augen der Himmel spiegelte. Ana begriff, weshalb bei der Todesursache niemand von einem Unfall ausgegangen war. Der Mann war nackt. Splitternackt. Seine muskulösen Beine in einem nahezu perfekten neunzig Grad Winkel vom Rest des Körpers gespreizt. Die Arme lagen leblos in einer Lache aus Blut, das aus dem schwarzen Krater in der linken Brust des Opfers geflossen war. Schockiert über diese Erscheinung wagte Ana einen Blick zu ihrem Partner. Petković aber verzog keine Miene. Wie ein Löwe seine Beute, umkreiste er das Opfer, dabei hatte er die dicken Hände mit dem zerkratzten Ehering tief in die Hosentaschen vergraben.

»Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?«, fragte Ana irritiert.

»Eine Leiche?«

»Eine Leiche, die so zur Schau gestellt wurde.«

Petković beantworte die Frage mit einem leichten Kopfschütteln. »Wie lange liegt er schon hier?«, wandte er sich schließlich mit monotoner Stimme an Dr. Ariana Pavić – für die meisten einfach nur Ria. Eine der wenigen Frauen auf dem Revier, von denen Petković etwas hielt, und eine der Wenigen, die Ana immer und zu jeder Zeit zur Seite stand.

»Der Leichenstarre und den Verwesungsmerkmalen nach zu urteilen, etwa einen Tag. Genau weiß ich es erst, wenn er bei mir auf dem Tisch liegt.«

Petković nickte und starrte auf das klaffende Loch in der Brust des Mannes.

»Sehr wahrscheinlich die Todesursache«, beantwortete Ria den Gedanken, der Petković durch den Kopf schwirrte, wischte sich mit dem Handrücken eine der schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht und stand auf. Neben ihr wurde deutlich, wie riesig Petković war. »Der Stich ging direkt ins Herz. Ich vermute, jemand hat ihn die Böschung runtergeschubst, erstochen, ausgezogen und verbluten lassen. Genau weiß ich das aber erst im Labor.«

»Er wurde erst erstochen?«, fragte Ana, der die Idee in den Sinn gekommen war, den Tathergang andersherum zu rekonstruieren.

»Siehst du die verschmierten Flecken auf der Brust des Opfers?«, fragte Ria und deutete auf den blutverschmierten Oberkörper der Leiche. »Wäre er später erstochen worden, hätte sich das Blut gleichmäßig aus der Brust verteilt und wäre direkt rausgelaufen. Wenn der Mann erstochen wurde und ihm das T-Shirt – oder was auch immer er anhatte – nachträglich ausgezogen wurde, nimmt die Kleidung einen Teil des Blutes auf und lässt diese Schmiererei zurück.«

Ana nickte.

»Sehen Sie die Art und Weise, wie das Opfer zurückgelassen wurde, Novak?«, fragte Petković. Dabei kam Ana nicht umhin, ihren Blick von den gespreizten Beinen zum freigelegten Genitalbereich des Opfers zu richten.

»Es wirkt drapiert. Nicht so, als wäre das Opfer nach dem Sturz zufällig so liegen geblieben.«

Petković nickte zufrieden und Ana hatte das Gefühl, eine Prüfung bestanden zu haben.

»Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Opfer nach seinem Sturz zufällig so liegen geblieben ist. Ich gehe davon aus, dass der Täter das Opfer absichtlich so hergerichtet hat.«

Ana hätte gerne gefragt, wieso jemand sein Opfer so herrichten sollte, empfand es aber als klüger, sich erst selbst Gedanken zu machen, bevor Sie sich zu oft an Petković wandte.

»Wie ist er hier hochgekommen?«, wollte Petković, der mittlerweile die Arme vor der Brust verschränkt hatte und seine Zunge nachdenklich gegen die Unterlippe drückte, von Pavić wissen.

»Die Spurensicherung hat einige Fahrzeugspuren oben am Weg gefunden. Allerdings gibt es auch viele Touristen, die hier mit ihren Quads unterwegs sind, von daher ist es schwierig, die Spuren eindeutig zuzuordnen. Zumal der trockene Boden wenig Reifenprofil aufnimmt.«

»Egal. Ich will, dass die Profile so gut es geht bestimmt und den Quadhändlern aus der Gegend zugewiesen werden. Mit dem Auto kommt man nur bis zum Wanderparkplatz. Die Quads sind da besser ausgestattet. Wissen wir denn, wer er ist?«

Dr. Pavić schüttelte den Kopf. »Da er nichts bei sich hatte, wissen wir rein gar nichts. Ich muss ihn untersuchen, dann kann ich Ihnen mehr sagen.«

An der Art und Weise, wie Petković sich räusperte und schließlich seine Hände in den Hosentaschen versenkte, merkte Ana, dass der Kommissar mit dieser Aussage alles andere als zufrieden war. Von Filip wusste sie, dass Petković niemand war, der gerne wartete oder Fälle bearbeitete, die einen langen Rattenschwanz nach sich zogen. Es war immer einfacher, wenn man direkt wusste, mit was oder wem man es zu tun hatte, als bei null anzufangen. Letzteres behinderte lediglich die Ermittlungen und führte zu noch mehr Arbeit.

»Wann können Sie mit der Untersuchung beginnen?«

Ana spürte, worauf Petković hinauswollte. Normalerweise würde niemand erwarten, dass Ria sich noch an diesem Abend mit der Leiche beschäftigte, doch dem fragenden Unterton von Petković nach zu schließen, würde auch die Gerichtsmedizinerin wissen, dass sie keine Wahl hatte – wollte sie ihren guten Ruf behalten.

Der Kommissar wollte diesem Fall so schnell wie möglich auf den Grund gehen.

»Ich kann ihn später noch obduzieren«, antwortete Pavić zögerlich. Ana wusste, dass Ria öfter für Petković Überstunden zu unangemessenen Zeiten schob, was ihren Mann immer mehr verärgerte. Nach Rias Blick zu urteilen, ahnte Ana, dass auch diese Nachtschicht die Beziehung der Gerichtsmedizinerin erneut auf die Probe stellen würde.

»Novak«, wandte sich Petković – von Pavićs Antwort zufriedengestellt – an Ana. »Rufen Sie beim Revier an. Vielleicht wurde jemand als vermisst gemeldet.«

»Mache ich«, antwortete Ana wie aus der Pistole geschossen und griff sogleich nach ihrem Smartphone, während sie Petković beobachtete, wie er sich von Dr. Pavić abwandte und hinüber zur Reisegruppenleiterin ging, um sie zu befragen. Normalerweise wäre Ana die bessere Ansprechpartnerin für die deutsche Reisegruppe gewesen. Sie hatte die Sprache in der Schule gelernt, während Petković sich mit seinen notdürftig angeeigneten Sprachfetzen kaum über Wasser halten konnte.

»Ja, hier Novak«, meldete sich Ana, als sie Dillans vertraute Stimme mit dem leicht irischen Akzent hörte. »Gab es in den letzten 24 Stunden eine Vermisstenmeldung, die zu einem jungen Mann Anfang bis Mitte dreißig passt? Dunkelbraune Haare, groß, muskulöse Statur?«

»Schön, von dir zu hören, Frau Novak. Wie geht es denn?«, zog Dillan sie auf, doch Ana hatte für so etwas nun wirklich keine Zeit.

»Du weißt genau, dass ich an einem Tatort bin.«

»Bisschen freundlicher hättest du dich dennoch melden können.«

»Dillan, wirklich. Was soll der Kindergarten. Würdest du bitte für mich nachsehen?«

»Na schön, Frau Kommissarin. Warte einen Moment, ich schaue nach.« Ana hörte das Klicken der Computermaus gefolgt von schnellem Tippen auf der Tastatur. »Ana?«

»Ja?«

»Also. Gemeldet wurde nur einer. Tobias Kraus aus Österreich. Seine Verlobte, Sabine Mayer, rief heute Mittag an und meldete ihn als vermisst. Die beiden machen in einem Hotel in Pula Urlaub.«

»Pula?« Ana stutzte. Es waren gut neunzig Kilometer von Pula bis zum Naturpark. Wenn es sich bei ihrem Opfer tatsächlich um Tobias Kraus handeln sollte, würde der Fall noch mehr Ungereimtheiten aufwerfen.

»Möchtest du ihre Nummer und Adresse?«, unterbrach Dillan ihre Gedanken.

»Ja, bitte. Sie ist aktuell unsere einzige Spur.«

»Alles klar, ich schick dir alles.«

»Vielen Dank.«

»Und, wie ist es sonst so? Hat Petković dich schon zerrissen oder lässt er dich noch zappeln?«

Ana verzog leicht die Miene. Dillan war Filips bester Freund gewesen und derjenige, der immer einen dummen Spruch zu bieten hatte, besonders, wenn es um Marco Petković ging. Dass Ana es nicht leicht haben würde, hatte Dillan ihr schon vor dem Studium für den höheren Dienst prophezeit. Dass Petković nun auch ihr Partner sein würde, brachte ihm neues Kanonenfutter und Dillan wollte natürlich nichts lieber, als über jeden Schritt informiert zu werden.

»Er zeigt mir die kalte Schulter. Ich muss mir seine Anerkennung wohl erst verdienen.«

»Das schaffst du.«

»Mhm«, erwiderte Ana und trat dabei einen der vielen kleinen Steine zur Seite. »Ich muss dann mal wieder. Vielen Dank.«

Während sie das Smartphone in die Hose steckte, lief Ana hinüber zu Petković, der die noch immer bleiche Reiseführerin zu ihrem Fund befragte.

»Und?«, fragte der Kommissar mit tiefer Stimme.

»Tobias Kraus aus Österreich. Seine Verlobte hat ihn heute Mittag als vermisst gemeldet.«

»Mh«, grunzte Petković und rieb sich das Kinn. »Kann das stimmen?«

Ana hob die Schultern. »Nach der Beschreibung wohl schon. Allerdings machen die beiden Urlaub in Pula. Wie kommt der Mann hierher?« Ana bereute die Frage in dem Moment, in dem sie sie laut ausgesprochen hatte.

»Novak«, begann Petković langsam und auch so, dass die junge Frau es garantiert verstehen würde. »Erste Regel bei der Aufklärung eines Mordes: Alles Schritt für Schritt. Wenn Tobias aus Österreich unser Opfer ist und er hier – warum auch immer – wie Müll entsorgt wurde, müssen wir herausfinden, wieso. Schritt für Schritt. Eins nach dem anderen. Jetzt bringen wir diesen Abend erstmal zu Ende und sehen zu, dass der Mann in der Gerichtsmedizin landet, wo ihn seine Verlobte eventuell identifizieren kann. Verstanden?«

Ana nickte stumm. An diesem Abend wagte sie es nicht, weitere Fragen zu stellen.

3

Mit einer raschen Handbewegung griff Ana nach der Tür der Gerichtsmedizin. Petković hatte sie eilig aufgerissen und ohne Rücksicht auf die Person, die nach ihm kam, zufallen lassen.

Es war bereits dreiundzwanzig Uhr. Ana hörte das klackende Geräusch des Minutenzeigers, der auf die volle Stunde geschaltet hatte. Noch immer hallten die Schreie der Frau des Opfers in ihren Gedanken, als diese vor wenigen Stunden ihren Verlobten identifiziert hatte, und noch immer spürte sie die Übelkeit, die sie in diesem Moment überkommen hatte. Es war ihr ein Rätsel, wie Petković es schaffte, bei all den Emotionen und Grausamkeiten ruhig und gelassen zu bleiben.

Auch in diesem Moment, als sie erneut die Leichenhalle betraten, um mehr über die Todesursache von Tobias Kraus aus Österreich zu erfahren, führte er seinen mittlerweile kalt gewordenen Kaffee gleichgültig an den Mund, um damit Körper und Geist wachzuhalten. »Schon etwas herausgefunden?«, wandte sich Petković an Ria, die soeben die Schädeldecke des Opfers vernähte.

»Noch nicht viel.« Die Pathologin blieb konzentriert und hob erst gar nicht ihren Kopf, um Petković zu antworten. Ana beobachtete, wie die Gerichtsmedizinerin mit gekonnten Stichen die helle Haut zusammennähte.

»Was haben Sie?« Petković stellte sich neben den Tisch, auf welchem die unter einem weißen Laken gehüllte Leiche lag. Lediglich der Kopf war freigelegt.

Rias geschminkte Lippen, die mittlerweile deutlich an Farbe verloren hatten, kräuselten sich zu einem angestrengten Lächeln.

»Wie ich Ihnen bereits an der Unfallstelle sagte, stammen die Schürfwunden definitiv vom Sturz.« Dr. Pavić hob das weiße Laken an und legte den Leichnam frei. »Er hat einige an den Oberschenkeln, den Armen, am Bauch und am Rücken. Sein rechter Fuß ist leicht gerötet und weist Spuren einer starken Prellung auf. Ich vermute, sie ist ebenfalls während des Sturzes entstanden.« Bei ihrer Aufzählung der vielen Schürfwunden deutete Pavić mit ihren in Latex eingepackten Händen auf die entsprechenden Stellen am Körper. »So wie die Wunden aussehen und den Gerinnungsspuren nach zu urteilen, hat unser Opfer noch gelebt, als es die Böschung hinunterstürzte.«

Petković nickte konzentriert, während Ana versuchte, den Tathergang in Gedanken zu rekonstruieren.

»Wir haben im Bereich des Hinterkopfes einen deutlichen Schädelbruch mit intrakraniellem Hämatom.«

Petkovićs Augen zogen sich zusammen. Ana jedoch war klar, wovon Ria sprach. Weil ihr Vater Chirurg war, wusste sie besser als ihr lieb war, über äußere und innere Verletzungen des menschlichen Körpers Bescheid.

»Durch den Bruch kam es zu einer Ansammlung von Blut innerhalb des Gehirns«, fügte Pavić hinzu, als sie die Ahnungslosigkeit des Kommissars in dessen Blick sah.

»Ebenfalls durch den Sturz?«, fragte Petković erneut.

»Es sieht so aus«, antwortete die Gerichtsmedizinerin knapp. »Sehen Sie die geweiteten Pupillen?« Pavić öffnete die Lider des Opfers. Ana schluckte, als sie die roten starren Augen sah. »Bei einem intrakraniellen Hämatom sammelt sich reichlich Blut im Gehirn an, aufgrund dessen sich der Druck im Schädel allmählich erhöht. Die Pupillen weiten sich, Hirnflüssigkeit tritt aus und führt zu starken Kopfschmerzen, erhöhtem Herzschlag und schnellerer Atmung. Er war noch bei vollem Bewusstsein.« Wie ein Steigungsdreieck baute Ria die Kenntnisse der Untersuchungen auf. Angefangen bei den kleinsten Wunden des Opfers bis hin zu der letztendlichen Todesursache. »Ziemlich eindeutig ist hingegen der Stich ins Herz. Er wurde dem Opfer als Letztes zugefügt. Sehen Sie das enorme Loch?« Die Pathologin deutete auf den noch nicht vernähten Krater in der linken Brust des Opfers. »Ich könnte mir vorstellen, dass unser Täter zu viele blutrünstige Netflixserien geschaut hat.«

Petković starrte Ria ungeduldig an. Ana ahnte, dass er darauf wartete, dass die Gerichtsmedizinerin endlich zum Punkt kam. Ria hingegen genoss es regelrecht, den alten Griesgram in den Wahnsinn zu treiben. »Der Täter hat mit einem sehr scharfen spitzen Messer dem Mann direkt ins Herz gestochen. Das Messer stecken lassen und es dann einmal um die eigene Achse gedreht. Das Opfer war sofort tot.«

Ana schluckte. Sie sah förmlich vor Augen, wie das scharfkantige Messer ein klaffendes Loch ins Herz des Opfers bohrte und dabei sämtliche Arterien und Herzklappen zerriss.

»Das heißt«, begann Petković und strich sich über das unrasierte Kinn, »jemand wollte definitiv nicht, dass er diesen Sturz überlebt.«

Ria nickte. »Da ist noch etwas«, ergänzte sie. »Ich habe dunkelblaue T-Shirt-Fasern im Herz – oder vielmehr dem, was noch davon übrig geblieben ist – gefunden.«

»Das würde deine Vermutung stützen, dass Tobias erst nach seinem Tod die Klamotten ausgezogen wurden«, meldete sich Ana zögerlich zu Wort. Sie war unsicher, wann es in Petkovićs Augen in Ordnung war zu sprechen. Doch sie wusste, dass sie sich nur beweisen konnte, wenn sie Selbstbewusstsein zeigte und sich von ihrem alten Partner nicht zu sehr einschüchtern ließ. Sie hatte die Akademie bestanden, war nun Kommissarin des Istrian Police Departments und hatte jedes Recht, bei den Ermittlungen des Mordes an Tobias Kraus mitzusprechen.

»Haben Sie noch weitere Ideen, Novak?«, fragte Petković und Ana wusste nicht, ob diese Frage sarkastisch oder bloß ehrlich interessiert gemeint war.

»Na ja«, begann sie zögerlich. »Das Opfer wurde absichtlich nackt zurückgelassen. Dann die Haltung. Diese abgespreizten Beine.« Ana stockte. In Gedanken sah sie das Bild der nackten Leiche in ihrer eigenen Blutlache schwimmend. Die Beine weit vom Körper drapiert. Es hatte so unnormal ausgesehen. Nicht willkürlich.

»Haben Sie das Opfer schon auf Sperma oder andere fremde DNA-Spuren untersucht?«, riss Petković Ana aus ihren Gedanken.

»Ist alles bereits ins Labor geschickt. Sie erhalten die Ergebnisse morgen im Laufe des Tages.«

»Gut. Was meinen Sie, Novak?« Petković wandte sich erneut an Ana und wieder hatte sie das Gefühl, sich einer Prüfung unterziehen zu müssen. »Was sagt Ihnen der Fund der Leiche über unseren mutmaßlichen Täter?«

Blitzschnell ordnete sie ihre Gedanken und versuchte, sie in halbwegs sinnvolle Worte zu verpacken. »Es muss einen Grund haben, wieso das Opfer nackt zurückgelassen wurde. Ein Sexualverbrechen wäre hier am Naheliegendsten. Der Stich ins Herz erfolgte sehr präzise. Unser Täter wusste genau, was er tat. Es war nicht einfach nur ein Versehen. Der Mann sollte sterben.«

Ana wie auch Ria beobachteten Petkovićs Blick genau. Hatte sie recht mit dem, was sie sagte? Wollte Petković sie bloß auf die Probe stellen? Hatte er selbst keine Ahnung und brauchte von Ana lediglich eine Idee? Sie wusste es nicht. Petković aber verzog keine Miene.

»Sie gehen morgen früh alle Kontakte des Opfers durch. Fragen Sie Dillan auch nach den Nummern der Quadvermietungen, vielleicht passt das Reifenprofil zu einem der Fahrzeuge.«

»Was werden Sie machen?«, erlaubte sich Ana die Äußerung und bereute sie im gleichen Moment, als der scharfe Blick Petkovićs ihren kreuzte.

»Ich spreche mit der Verlobten des Opfers. Heute war sie nicht weiter vernehmungsfähig. Gute Nacht, Novak«, verabschiedete sich Petković, verließ die Gerichtsmedizin und ließ Ana regungslos zurück.

»Meine Güte, Kind. Du bist ja blasser als meine Leiche«, sagte Ria und streifte sich die Latexhandschuhe von den Händen.

»Ob er mir wohl jemals eine Chance geben wird?«

»Wer? Marco?«

Ana nickte und schaute zu, wie Ria das weiße Laken wieder über den Toten legte, beinahe so, als decke sie ihn zu. Die Pathologin hatte die erstaunliche Fähigkeit, die leblosen Überreste der Menschen, die sie auf- und wieder zumachte, mit dem nötigen Respekt zu behandeln, den sie verdienten.

»Du musst ihm etwas Zeit geben. Es ist nicht leicht für ihn. Auch, wenn er es nicht zeigt.«

»Sollte er mir deshalb nicht erst recht entgegenkommen?« Ana wusste genau, was Ria meinte. Und sie spürte, dass die Pathologin sich sträubte, das Thema genauer anzusprechen, um sie nicht zu verletzen.

»Es sind schon fast sieben Jahre seit Filips Tod vergangen!«, brachte Ana das Thema auf den Punkt.

»Ich weiß«, Ria – sichtlich erleichtert darüber, dass Ana das Thema selbst angeschnitten hatte – verzog den Mund zu einem mitfühlenden Lächeln. »Er war einfach sein Partner. Marco hat jeden Stein umgedreht, sämtliche Akten durchforstet und jeden, der auch nur die kleinste Verbindung zu diesem Fall gehabt haben könnte, befragt. Nächtelang. Ich denke, er will dich einfach schützen.«

»Indem er mich wie Dreck behandelt? Ich habe in dieser Nacht meinen Bruder verloren!«

Ria seufzte und zog sich ihren weißen Kittel aus. »Ana, du hattest damals angefangen, Geografie zu studieren. Du weißt, dass Polizistin nie dein Traumjob war. Versteh mich bitte nicht falsch, du bist unglaublich schlau und engagiert, aber eben auch sehr feinfühlig und sensibel. Kannst du das, was du heute gesehen hast, wirklich mit professionellem Abstand betrachten?« Ria schob den Wagen, auf dem Tobias' Leiche lag, einige Meter durch den Raum und verstaute den Körper in der Leichenkühlzelle. Hinterher hängte sie ihren Kittel an einen dafür vorgesehenen Haken und öffnete den kleinen Kühlschrank, um sich ein in Aluminium eingepacktes Sandwich herauszuholen. »Ich meine«, fuhr Ria fort, als Ana nicht antwortete. »Bist du wirklich glücklich? Du rennst seit Jahren einem Geist hinterher, ohne dabei an dich selbst zu denken.«

Ana wusste, dass Ria recht hatte. Während sich die Welt vor sieben Jahren lediglich um Filip gedreht hatte, war Ria diejenige, die für sie da gewesen war. Es war Ana unmöglich, bestimmte Gefühle vor ihr zu verstecken.

»Du isst wieder in der Leichenhalle?«, versuchte sie, das Thema zu wechseln.

»Willst du auch was?«

Ana schüttelte den Kopf. Ria bestätigte wirklich jedes Klischee über Gerichtsmediziner.

»Was ist mit Toni? Er wird bestimmt nicht begeistert sein, dass du für Petković wieder länger geblieben bist.« Ana lehnte sich – mit verschränkten Armen – an Rias Bürotisch.

»Das stimmt wohl«, sagte Ria mit vollem Mund, wobei sie die Hand vor sich hielt, um keine Krümel durch den Raum zu spucken.

»Ist dir egal, he?«, lachte Ana.

»Ich denke, er hat sich mittlerweile daran gewöhnt. Und mir macht es nichts aus, länger zu arbeiten.« Ria zerknüllte das leere Aluminium und warf es in einen Mülleimer. »Es ist nicht einfach nur ein Job«, sagte die Anfang Fünfzigjährige, während sie sich neben Ana an den Tisch stellte. »Und das ist deiner auch nicht.« Die Pathologin schaute Ana in die Augen. »Wir arbeiten nicht mit Maschinen, die lediglich einen neuen Chip brauchen oder einen neuen Schaltplan, um in Betrieb genommen zu werden.« Ihr Blick schweifte zu den Kühlzellen hinter ihr. »An unserer Arbeit hängen Menschenleben. Umso schneller wir die Beweise bearbeiten, die wir haben, desto eher haben die Angehörigen der Opfer Gewissheit. Das sind wir den Toten schuldig.«

»So auch Filip«, antwortete Ana mit ernster Stimme. Ria legte ihre Hand mitfühlend auf Anas Schulter. Sie wusste, was die junge Kommissarin beschäftigte. Ana hatte ihre Entscheidung vor Jahren getroffen. Ob sie mit ihrem Leben glücklich war oder nicht, sie würde es sein, sobald sie herausgefunden hatte, wer ihren Bruder ermordet hatte. Und bis es so weit war, würde sie an anderen Stellen Gerechtigkeit walten lassen.

4

26. JuliBanjole, sieben Kilometer südlich von Pula

Ein unangenehmes Surren riss Bianka aus ihrem Schlaf. Das Schlafanzugoberteil klebte an ihrer Haut wie ihr Sport-Shirt nach dem Bauch-Beine-Po-Training, das jeden Freitagabend im Body Up Fitnessstudio stattfand und zu dem sie sich leider zu selten aufraffen konnte.

»Wieso stehst du schon auf?«, gähnte sie, als sie sah, wie Henning sich aufrichtete und seinen Handywecker ausstellte.

»Ich will laufen gehen.«

»Wie spät ist es?«

»Halb sieben.«

»So früh willst du laufen gehen? Wir sind gerade erst angekommen.« Bianka drehte sich auf den Rücken und starrte ihren Mann fassungslos an. In ihren Gedanken zerplatzte die Szene von einem gemütlichen Morgen mit Kaffee und frischen Brötchen.

»Wenn ich später losgehe, ist es zu warm. Ich will danach direkt ins Meer springen. Du kannst mitkommen«, schlug Henning vor und zog sich seine kurze Laufhose an. Bianka aber schüttelte frustriert den Kopf. »Mach nur. Ich will noch ein bisschen schlafen. Ein andermal vielleicht.«

»Okay, wie du meinst.«

Die Schlafzimmertür fiel ins Schloss. Bianka lauschte dem brummenden Geräusch der elektrischen Zahnbürste, während ihre Gedanken sie nicht wieder einschlafen ließen. Sie erinnerte sich noch genau an die Sitzung mit der Paartherapeutin vor zwei Monaten, die Henning und sie erst zu diesem Urlaub gebracht hatte:

Ihre Frau sagte eben, ihr fehle die Leidenschaft. Henning, sehen Sie das genauso?

Die Hände ineinander gefaltet, hatte Henning, der die viel zu braungebrannte Therapeutin mit großen Augen anstarrte, neben ihr gesessen. Bianka hatte gewusst, was ihr Mann dachte. Er war einfach kein Mensch, der gerne im Mittelpunkt stand oder viel über sich erzählte. Noch viel weniger aber mochte er es, sein Privatleben außenstehenden Menschen anzuvertrauen. Doch letztendlich war er ihrem Wunsch, gemeinsam eine Paartherapie zu beginnen, nachgegangen. Was ihn in die unerträgliche Situation gebracht hatte, Fragen über sein Liebesleben beantworten zu müssen. Es war nur natürlich, dass er während der Sitzung seine Hände geknetet hatte. Ein Zeichen dafür, dass ihm die Lage, in der er sich befand, höchst unangenehm gewesen war und er vermutlich permanent infrage gestellt hatte, ob er einer Wildfremden solche persönlichen Dinge anvertrauen sollte.

Henning hatte die Augenbrauen gehoben und versucht, mit einer aufgesetzt lässigen Miene zu antworten.

»Keine Ahnung.« Er hatte sich geräuspert und einen flüchtigen Blick zu ihr gewagt. »Bestimmt wird es so sein. Aber ich denke eigentlich nicht.«

»Sehen Sie. Genau das meine ich«, hatte Bianka gesagt. Eigentlich hatte sie sich fest vorgenommen, Henning weder ins Wort zu fallen, noch ihn vor der Paartherapeutin bloßzustellen. Es war ihr einfach aus dem Mund gerutscht und schließlich zu spät gewesen, um es rückgängig zu machen.

»Du kannst unsere Beziehung doch nicht wirklich aufregend finden«, hatte sie es mit einem etwas weniger harschen Ton versucht und sich mit ihrer Frage an ihren Mann statt an die Therapeutin gewandt. Erwartungsvoll hatte sie sein Gesicht studiert, in der Hoffnung, er würde einlenken, das Problem verstehen und erzählen, was mit ihm in Wirklichkeit nicht stimmte. Vielleicht hätte er endlich zugeben können, dass er sich ruhig mehr anstrengen konnte, damit ihre Beziehung auch nach dreizehn Jahren Ehe eine Zukunft hätte.

»Na ja, ich bin eigentlich zufrieden, wie alles ist.«

»Mit was sind Sie zufrieden, Henning?«, hatte Dr. Scheidler gefragt und ihren Kopf leicht zur Seite gelegt, um mit einer äußerst ruhigen und hohen Stimme zu Henning zu sprechen, dass Bianka schon geglaubt hatte, die Therapeutin redete mit einem Kind, dem sie die Angst vor einem Zahnarztbesuch nehmen wollte.

»Eigentlich mit allem«, hatte Henning geantwortet und sich gleich darauf aufrecht hingesetzt. »Wir haben beide sichere Jobs. Arbeiten zusammen, haben eine neu renovierte Wohnung mit Dachterrasse. Wir haben genug Geld, um in den Urlaub fahren zu können und uns auch so mal was zu leisten. Das reicht mir.«

Bianka hatte in diesem Moment innerlich mit sich selbst gekämpft und verzweifelt versucht, den Drang, augenblicklich loszuschreien, zu unterdrücken.

»Bianka.« Dr. Scheidler hatte ihr einen beruhigenden wie auch ermutigenden Blick geschenkt. »Vielleicht schildern Sie Ihrem Mann kurz, was Sie in ihrer Beziehung vermissen. Ich denke, dass das ein zentraler Punkt ist, der zum Gelingen dieser Therapie beitragen kann.«

»Das habe ich schon so oft getan, aber er hört einfach nicht richtig zu«, hatte Bianka gesagt.

»Sehen Sie, das Problem ist, dass wir im stressigen Alltag oft wenig Zeit haben, um wirklich einmal aufrichtig über all das zu sprechen, was uns auf dem Herzen liegt oder uns beschäftigt. Hinzu kommt, dass wir oft Dinge sagen und meinen, die unser Gegenüber anders aufnimmt und interpretiert, was dann in unserem Gehirn zu einer falschen Schlussfolgerung führt, die uns dann entweder wütend, traurig oder enttäuscht macht. Dem können wir hier gezielt entgegenwirken«, hallten die Worte der Therapeutin in Biankas Erinnerungen.

Mit müden Augen lag sie nun im Bett und starrte die fleckige Decke an, auf die sich eine dicke Mücke gesetzt hatte. Angewidert verzog sie die Mundwinkel. Auch wenn sie nirgends gestochen wurde, juckte es sie mit einem Mal am ganzen Körper.

»Ich wünsche mir, dass wir wieder mehr gemeinsam unternehmen«, erinnerte sich Bianka an ihre Worte aus der letzten Sitzung und Henning hatte ihr zugesichert, mal wieder etwas gemeinsam zu machen.

»Wann waren Sie das letzte Mal im Urlaub?«, hatte daraufhin Dr. Scheidler beide gefragt.

Bianka sah in Gedanken ihren Mann, wie er mit den Achseln zuckte. »Vorletztes Jahr vielleicht.«

»Wir waren letzten Winter mit Freunden Skifahren«, hatte Bianka augenrollend ergänzt.

Dr. Scheidler hatte alles auf ihren Block geschrieben, hin und wieder genickt und etwas vor sich hingemurmelt, das weder Bianka noch Henning richtig verstehen konnten. Schließlich hatte sie ihren Kopf gehoben und beiden freundlich entgegengelächelt. »Ich denke, Sie beide brauchen eine Auszeit. Zu zweit. Ohne Freunde oder Menschen, die ständig um sie herum sind. Gibt es einen Ort, der Sie beide verbindet?«

»Kroatien«, hatte Henning sofort geantwortet und Bianka mit dieser schnellen Aussage überrascht.

»Inwiefern verbindet Sie dieser Ort?«

»Dort haben wir zum allerersten Mal vor gut sechszehn Jahren gemeinsam Urlaub gemacht«, hatte Bianka erwidert und einen schüchternen Blick zu Henning gewagt, leicht irritiert darüber, dass ihm ihr erster gemeinsamer Urlaub direkt eingefallen war. »Wir waren in Istrien.«

Dr. Scheidler, die sofort wahrgenommen hatte, dass die Erinnerung nostalgische Gefühle auslöste, hatte sich leicht nach vorne gebeugt. »Dann schlage ich vor, Sie beide nehmen sich Urlaub, packen ihre Sachen und fahren nach Istrien.«

Und hier saßen sie nun. In einer kleinen Ferienwohnung in Istrien. Bianka alleine im Bett, während Henning erneut das Weite suchte.

Es wäre schön gewesen, sie hätten noch gemeinsam länger im Bett gelegen, wären anschließend gemeinsam aufgestanden, hätten gemeinsam Kaffee gekocht und schließlich auch gemeinsam gefrühstückt.