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Der Rosenkrieg ist vorbei! Eskalierende Konflikte verletzen Menschen. Oft wiegen die Verletzungen stärker als der Konfliktgegenstand. Selbstbestimmte Mediation stellt das Gegenmodell zu schmerzhafter Konfrontation dar. Das FLOTHOW-Konzept basiert auf Mediation als Konfliktlösungsansatz. Im vorliegenden Buch wird dieses vorgestellt und an Hand von 10 Praxisfällen zum Leben erweckt. Alle vorgestellten Konflikte haben Immobilien als Streitgegenstand. Die Ideen zu den fiktiven Fallbeispielen basieren auf Praxisfällen des Buchautors. Die Fälle betreffen Immobilien … im Scheidungsfall mit hohen Sanierungskosten in einer WEG im Falle einer Erbschaft in der Unternehmensnachfolge mit gewerblichen Mietern in Krisenzeiten u. a. Dieses Buch ist einerseits ein Fachbuch zur Immobilienwirtschaft und zur Methode der Mediation. Auf der anderen Seite ist es eine wegweisende Lektüre für alle, die eine Immobilie besitzen und dadurch in Konflikte geraten (können). Es wirbt dafür, den immer wieder beobachtbaren »Automatismus« aus Konflikt – Anwalt – Gericht im Falle einer scheinbar unlösbaren Auseinandersetzung zu durchbrechen. Dabei wird eine Alternative zum Rechtsstreit aufgezeigt, die erfahrungsgemäß mit einem Gewinn an Lebenszeit und Lebensqualität verbunden ist.
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Seitenzahl: 145
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Seelenruhe im Sturm der Gefühle
1. Auflage, erschienen 11-2021
Umschlaggestaltung: Romeon Verlag
Text: Dr. Charlotte Baltrusch
Layout: Romeon Verlag
ISBN (E-Book): 978-3-96229-690-2
www.romeon-verlag.de
Copyright © Romeon Verlag, Jüchen
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Dr. Gerhart Flothow
Immobilienkonflikte
Das FLOTHOW-Konzept – Hausfrieden statt Anwaltskrieg
Prolog
Eskalierende Konflikte in der Immobilienwirtschaft
Konfliktfelder in der Immobilienwirtschaft und der Umgang mit diesen
Rückblick: Über den Umgang mit Konflikten und Denkmustern, die bis heute nachwirken
Aktuelle Konflikttreiber in der Immobilienwirtschaft
Liste der Konflikttreiber in der Immobilienwirtschaft
Stufe 10 der Konflikttreppe: Lose-Lose-Lose
Konflikte und ihre Auswirkungen auf den Wert von Immobilien – Ein Interview mit Birger Ehrenberg
Fallbeispiele zur Konfliktbearbeitung – fremdbestimmt versus selbstbestimmt
Liste der Nebenwirkungen
Praktische Fallbeispiele
Die Immobilie und ihre gewerblichen Mieter
Die Immobilie und ihre Nachbarn
Die Immobilie im Scheidungsfall
Die Immobilie in einer WOHNUNGSEIGENTÜMER-Gemeinschaft
Die Immobilie im Falle einer Erbschaft
Die Immobilie in ihrem Umfeld: das Neubaugebiet in einer Sackgasse
Die Immobilie in der Unternehmensnachfolge einer Druckerei
Die Immobilie in der Unternehmensnachfolge: der Einzelhändler
Die Immobilie in der Unternehmensnachfolge: Unternehmer
Die Immobilie in der Familiennachfolge
Bauernweisheiten
Checkliste zur Abwägung, ob eine juristische Konfliktlösung für Ihren Konflikt geeignet ist
Selbstbestimmt statt Fremdbestimmt in der Konfliktbearbeitung
Mediation – Was macht den Unterschied?
Ablauf des Mediationsverfahrens
Stufe 1 von 5 des Mediationsverfahrens: Grundsätze
Stufe 2 von 5 des Mediationsverfahrens: Themen / Iterationen
Stufe 3 von 5 des Mediationsverfahrens: Interessen
Stufe 4 von 5 des Mediationsverfahrens: Lösungsansätze
Stufe 5 von 5 des Mediationsverfahrens: Verbindlichkeit
Kommunikation als Treiber der Lösung oder der Eskalation
Das Modell der logischen Ebenen angewandt in der Immobilienwirtschaft als Ansatz zur Lösung von Konflikten
Dilts-Pyramide
Konflikt zwischen zwei Personen
Konflikt zwischen drei Personen
Das Modell der Bewusstseinslevel angewandt in der Immobilienwirtschaft als Ansatz zur Lösung von Konflikten
Das Flothow-Konzept
Epilog
Buch-Empfehlungen
Die Autoren
Martin von Hirschhausen
Birger Ehrenberg
Christiane Säumel
Janna Döscher
Weiteres Werk vom Autor Dr. Gerhart Flothow
Danksagung
Dr. Gerhart Flothow
Wo gibt es überall Streit?
In Unternehmen, zwischen Unternehmen, zwischen Mietern und Vermietern, bei vielen Immobilientransaktionen – diese Erfahrungen habe ich in 40 Jahren Bank- und Finanzwelt »gewonnen«. Dabei verlieren Menschen sowie Unternehmen im Streit viel Zeit, Geld und Nerven.
Als ausgebildeter Co-Mediator war die Antwort auf die Frage für mich immer klar: Streit und Zeitaufwand versus Frieden und Freiheit – welche Seite wäre mir lieber?
Heute stelle ich diese Frage im Rahmen meiner Vermögensbegleitung für Familienunternehmer und Investoren verschärft: »Was möchten Sie IN Ihrem Leben, was möchten Sie MIT Ihrem Leben machen?« Das vorliegende Buch gibt anhand praxisnaher Beispiele viele Anregungen für konstruktive Konfliktlösungen. Ich wünsche Dr. Gerhart Flothow, dass sich sein Werk gut verbreitet und vor allem, dass seine Empfehlungen häufig angewendet werden.
Sie erinnern sich sicherlich an den witzig-tragischen und starbesetzten Film aus dem Jahr 1989. Ein erfolgreicher Kinofilm seiner Zeit, der erzählt, wie aus einer großen Liebe grenzenloser Hass wird – er schleicht sich ein, erst unscheinbar, dann aber nimmt er immer mehr Fahrt auf, um am Ende mit voller Wucht zu eskalieren. Jeder, der diesen Film einmal gesehen hat, wird ihn vermutlich den Rest seines Lebens nicht wieder vergessen. Allein schon aufgrund der für Hollywood typischen und filmgerechten Überzeichnung der Eskalation eines Rosenkrieges sowie der fulminanten Schlussszene.
Der Film beginnt mit einem Rückblick und zeigt, wie alles begann: mit dem Zauber der ersten Begegnung, mit dem Feststellen der ersten Gemeinsamkeiten, damit, wie sich die beiden kennen und lieben gelernt haben. Eine Kennenlerngeschichte, die der Ehemann schwärmend kommentiert mit: »Diese Geschichte werden wir noch unseren Enkeln erzählen.« Barbara und Oliver Rose waren einst das perfekte Ehepaar. Ein Haus, ein Auto, ein Junge, ein Mädchen, ein Hund und eine Katze – so die Zahlen, Daten und Fakten einer Bilderbuchehe. Alles wie im Märchen oder in der Werbung. Aber irgendwann ist die anfänglich blinde Liebe verloren gegangen. »Es fing mit Kleinigkeiten an«, so erzählt es der Anwalt des Ehemanns im Rückblick. Schritt für Schritt und Stufe für Stufe eskaliert der Streit zwischen den Eheleuten. Nach siebzehn Jahren Ehe will sie die Scheidung, nachdem der Hass überdimensional groß geworden ist. Und sie spricht aus, was sie über ihren Mann denkt: »Wenn ich sehe, wie du isst, wenn ich dich in letzter Zeit so ansehe, dann möchte ich dir am liebsten ins Gesicht schlagen.«
Traurig, aber wahr. Das Ende einer Liebe, die gute und schlechte Zeiten überdauern sollte. Eine Scheidung allein wäre schon tragisch genug. Aber der Streit um das gemeinsame Haus, auf das keiner verzichten will, macht das Ganze noch unendlich schlimmer und löst den bekannten »Rosenkrieg« aus, der nach immer heftigeren Eskalationen in einer regelrechten Zerstörungsorgie endet. Und so geht es unweigerlich gemeinsam dem Abgrund entgegen. Im furiosen Finale stürzt das einstige Liebespaar, beide am eindrucksvollen Kronleuchter zentral im Objekt der Begierde hängend, in die Tiefe. Danach liegen beide schwerverletzt auf dem Boden. Während er im Moment des Todes versucht, ihre Hand zur Verständigung oder zur Versöhnung zu greifen, schlägt sie sterbend seine Hand aus.
Was für eine dramatische Szene … und was für eine Eskalation hat hier stattgefunden? Ein Ehekonflikt, der in einem Totaldesaster endet. Wie so oft im richtigen Leben gewinnt am Ende keiner der Streithähne. Beide verlieren nicht nur das Haus, nicht nur ihre Würde, sondern sogar ihr Leben. Eine Lose-lose-Situation, wie man sagen würde, beide tot, alles verloren. Unfassbar. Einfach nur unfassbar. Und man denkt im ersten Moment, dass so etwas doch eigentlich nicht sein kann. So können Menschen nicht sein, dass sie eine solche Konfrontation betreiben, die in letzter Konsequenz in der totalen Selbstvernichtung endet. Oder doch?
Und so fasst der Anwalt erfahrungsgemäß und ernüchtert zusammen:
Wenn ein Pärchen anfängt, Punkte zu
sammeln, kann keiner gewinnen.
Es geht nur darum, wie hoch man verliert.«
Und was für Paare gilt, lässt sich auch auf einstige Freundschaften übertragen, auf Gemeinschaften, auf Kulturen und Länder. Ehrlich gesagt, wenn man in die Geschichtsbücher schaut, oder heute würde man im Internet nach historischen Informationen suchen, stellt man fest, dass die Menschheitsgeschichte eine Geschichte von Konfrontationen als Mittel zur Konfliktbearbeitung ist. Recht hat, wer der Stärkere ist. So steht es in den Geschichtsbüchern. So haben wir es gelernt und möglicherweise selbst schon einmal erlebt.
Vielleicht denken Sie auch gerade jetzt, in diesem Moment, darüber nach, dass Sie sich in einem Konflikt nicht optimal verhalten haben. Indem Sie vielleicht kleinlich waren oder nachtragend, in den Sie Zeit investiert haben, die in keinem Verhältnis zum eigentlichen Konfliktgegenstand stand. Können Sie sich an einen solchen Konflikt erinnern? Über den Sie aus heutiger Sicht sagen: »Naja, die stärksten Momente in meinem Leben waren das nicht.« Mir selbst fallen zahlreiche ein. So sind wir Menschen. Wir haben es nicht gelernt, Konflikte angemessen zu lösen.
Dabei gibt es seit Jahrtausenden andere Ansätze zur Konfliktbearbeitung. Sie spielen – und das ist bezeichnend – aber nur eine Nebenrolle. Eine Alternative ist die selbstbestimmte kooperative Konfliktbearbeitung. Noch nie gehört? Man nennt es auch Mediation. Auch noch nie gehört? Dann wird es spannend.
In der Mediation unterstützt ein Mediator
die Streitparteien dabei, eine Lösung zu finden.
Nehmen Sie das Ehepaar aus dem Rosenkrieg. Ein Haus, ein Auto, Junge, Mädchen, Hund und Katze. Und da liegt der entscheidende Unterschied.
In der Konfliktbearbeitung mithilfe der
Mediation werden die Gemeinsamkeiten
in den Vordergrund gestellt und nicht
die trennenden Punkte.
Das macht den Riesenunterschied in der Mediation: sich immer wieder bewusst zu machen, was das Verbindende ist.
Bei einem Ehepaar liegt dieses auf der Hand. In der Regel ist es viel gemeinsame Lebenszeit, sind es gemeinsame Erlebnisse und Erfolge, viele Erinnerungen und häufig – das Wichtigste überhaupt – die gemeinsamen Kinder. Dann macht es schon einen Unterschied, ob die ehemaligen Eheleute sich im Nachhinein immer wieder sagen, was für eine fürchterliche Zeit das war oder ob sie auf das Verbindende schauen, auch, wenn das nicht mehr so einfach ist. In der konfrontativen Auseinandersetzung mit dem Konflikt spielen Gemeinsamkeiten quasi keine Rolle. Es findet eine absolute Fixierung und Fokussierung auf das Trennende statt. Eine Konfrontation und eine Eskalation der Konfrontation ist damit vorprogrammiert.
Als Mediator unterstütze ich Menschen dabei, sich auf den Weg zu machen, Gemeinsamkeiten selbstbestimmt zu erarbeiten und darauf aufbauend eine Win-win-Lösung zu entwickeln. Das Schönste an der Methode ist, dass sie im Vergleich zum Rechtsstreit in aller Regel preiswerter für die Konfliktparteien ist. Aber ist das Geld wirklich ein Faktor? Der viel wichtigere und entscheidende Faktor ist, dass die Mediation ihnen Lebenszeit schenkt. Und was ist kostbarer als Lebenszeit? Sie werden im Rückblick versöhnlich auf die Konflikte zurückschauen können, weil eine Lösung gefunden wurde, die für beide Seiten tragbar ist. Sie werden nicht einige Jahre ihrer Lebenszeit mit destruktiver Energie vergiftet haben, sondern wenige Wochen lösungsorientiert für eine zuFRIEDENstellende Lösung gearbeitet haben.
Mediation schafft Lebensqualität!
In diesem Buch wird ein Konfliktlösungsansatz vorgestellt, der an Interessenausgleich orientiert ist und nicht an einer Konfliktlösung auf Basis von Macht oder Recht. Als Mediator präferiere ich Lösungen, die auf einem Interessenausgleich basieren.
Das FLOTHOW-Konzept drückt aus,
was Mediation möglich macht.
Es unterstreicht alles, was Mediation erreichen kann. Im Gegensatz zum Rechtsstreit. Wie der Name schon sagt, wird in einem Rechtsstreit darum gestritten, wer Recht hat. Die Mediation wählt einen anderen Ansatz. Sie geht davon aus, dass beide Seiten aus ihrer Perspektive Recht haben. Das ist fruchtbarer Nährboden für Lösungen.
F
Frieden
L
Leichtigkeit
O
Optimismus
T
Toleranz
H
Harmonie
O
Ordnung
W
Wertschätzung
Ein Konflikt ist eine mindestens von einer Seite
als emotional belastende und/oder sachlich
inakzeptabel empfundene Interaktion, die durch
eine Unvereinbarkeit der Verhaltensweisen,
der Interessen und Ziele sowie der Annahmen und
Haltungen der Beteiligten gekennzeichnet ist.
Konflikte entstehen, wenn gegensätzliche, nicht miteinander vereinbare Ziele, Interessen, Bedürfnisse und Werthaltungen zusammentreffen. Konflikte sind permanenter Bestandteil menschlichen Zusammenlebens. Aber nicht die Konflikte machen die Gewalt, sondern die Art und Weise, wie mit Konflikten umgegangen wird. Das menschliche Grundmuster ist Angriff, Verteidigung oder Flucht bzw. Totstellen.
Die Immobilienwirtschaft gleicht
einem Meer von Konflikten.
Der Mieter, der die Miete nicht zahlt. Der Nachbar, der zu laut Musik hört. Die Oma, die ihr Haus lieber bewohnt als es den Kindern zu übertragen. Der Gastronomiebetrieb, der in Corona-Zeiten die Miete nicht oder nur teilweise zahlen kann. Der Verkauf des Nachbarhauses an junge Leute, die die Größe des Hauses verdoppeln wollen. Sanierungen in Wohnungseigentümergemeinschaften. Der Mitbewohner, der immer auf dem falschen Parkplatz parkt. Die Mieterhöhung durch den Vermieter. Die Mietzusage an einen anderen Interessenten. Die Sonderumlage zur Finanzierung der Sanierung der Wasserleitungen, weil die Hausgeldrücklage nicht ausreicht. Diese beispielhafte und unvollständige Aufzählung zeigt, dass eine Welt ohne Immobilienkonflikte nicht vorstellbar ist.
Die zentrale Frage ist nicht,
ob oder warum es Konflikte gibt,
sondern wie man mit ihnen umgeht.
Wird von den Konfliktparteien ein Gewinnen bei gleichzeitigem Verlieren der Gegenseite angestrebt? Nimmt man im Zweifel in Kauf, selbst zu verlieren, wenn nur die andere Konfliktpartei auch verliert? Oder versucht man, einen Interessenausgleich zu erreichen? Bearbeiten die Konfliktparteien ihren Konflikt auf der Basis von Macht und Recht oder von Interessensausgleich? Auch der jeweilige Bewusstseinslevel der Konfliktparteien in der Theorie von Rolf Lutterbeck (siehe auch das Kapitel »Das Model der Bewusstseinslevel angewandt in der Immobilienwirtschaft als Ansatz zur Lösung von Konflikten«) beeinflusst den Umgang mit Konflikten.
Ein konfrontativer Umgang mit Konflikten wird zu anderen Ergebnissen führen als ein kooperativer Umgang. Unterschiedliche Vorstellungen von Moral beeinflussen die Konfliktparteien. Herkunft, Genetik und Kultur beeinflussen die Konfliktbewältigung. Streben die Konfliktparteien eine selbstbestimme oder eine fremdbestimme Lösung ihres Konfliktes an? Sind die Konfliktparteien tolerant oder intolerant gegenüber anderen Sichtweisen?
Das Verhalten von Konfliktparteien wird auch von der Motivation der Menschen bestimmt, also von der Frage: Warum macht jemand etwas?
Solche Motivatoren können zum Beispiel sein:
Wenn man überschlägt, wie viele Kombinationen hier möglich sind, wird deutlich, wie vielschichtig Konflikte sind. Konfliktbearbeitung ist ein hochkomplexes Unterfangen. Es ist völlig normal, dass jeder Mensch sich an einen Konflikt erinnern kann, den er im Nachhinein anders gehandhabt hätte und sich über sich selbst ärgert. Ein guter Umgang mit Konflikten ist nicht trivial. Aber wie kommt es dazu, dass selbst banale Konflikte eskalieren können?
Einen Überblick gibt das Konflikteskalationsmodell des österreichischen Ökonomen, Organisationsberater und Konfliktforschers Friedrich Glasl. Dieser unterscheidet 9 Konfliktstufen, wobei er jeweils 3 Stufen in Gruppen zusammenfasst.
•Die ersten drei Stufen fasst er in der Gruppe WIN-WIN zusammen.
•Die zweite Gruppe bezeichnet er als WIN-LOSE.
•Die dritte Gruppe und damit die Stufen 7, 8 und 9 heißt LOSE-LOSE.
WIN-WIN
WIN-LOSE
LOSE-LOSE
Beginn der Eskalation: kooperative Lösung noch möglich
Mitte der Eskalation: Lösung nur noch mit professioneller Hilfe möglich
Endstadium der Eskalation: Lösung nur mit Machteingriff möglich
In den letzten 3 Stufen der Konflikteskalation stellen sich beide Konfliktparteien nach der Konfliktbearbeitung schlechter als in der Ausgangssituation. Letztendlich richtet sich die Emotion nicht mehr auf den Streitgegenstand, sondern auf die Person. Objektive Tatsachen werden zu subjektiven Empfindungen, das heißt, der eigentliche Streitgegenstand tritt in den Hintergrund.
Konflikte finden nicht im luftleeren Raum statt.
Jeder hat das schon einmal erlebt. Man ist über Jahre mit einem Pärchen befreundet. Tatsächlich kommt es bei dem Paar zur Trennung und man steht vor der Frage, mit wem der beiden man weiterhin befreundet sein möchte. Mit dem eigentlichen Konflikt hat man nichts zu tun und schlagartig soll man sich für eine der Parteien entscheiden.
Tatsächlich führen eskalierende Konflikte häufig
zu erheblichen Kollateralschäden.
Nicht nur die beiden Konfliktparteien stellen sich schlechter als vor dem Konflikt, sondern auch Unbeteiligte. In der Immobilienwirtschaft ist das bei eskalierenden Konflikten regelmäßig der Fall.
Mit dem 24. Februar 2022, dem Tag des Kriegsausbruchs in Europa, wird die Geschichte der Konfliktbearbeitung fortgeführt. Resigniert könnte man sich fragen: Haben die Menschen wirklich nichts dazugelernt? Tatsächlich zeigt ein Rückblick Muster im Umgang mit Konflikten auf, die bis heute gelten.
ca. 8000 vor Christus
Durch Besitz beginnen Konflikte.
Spanische Höhlenmalereien mit kämpfenden Kriegern sind circa 10.000 Jahre alt. In dieser Zeit wurden aus Jägern und Sammlern sesshafte Bauern. Diese Veränderung hatte unvorstellbare Konsequenzen für die weitere Geschichte der Menschheit. Für Jäger und Sammler war Besitz gleichbedeutend mit Ballast, denn er musste herumgetragen werden. Im Moment der Sesshaftwerdung wurde Besitz existenziell. Der Konflikt um Sachen, die der eine hat und der andere haben möchte, bestimmt die weitere Geschichte der Menschheit. Jeder Besitz lockt nun jeden an, der diesen begehrte.
In Konflikten geht es oft darum, etwas zu besitzen, was jemand anders hat.
ca. 3500 vor Christus
Krieg wird als Form der Konfliktauseinandersetzung etabliert.
Vor 5500 Jahren kam es wohl zum ersten Krieg der Menschheitsgeschichte. Die wohlhabende Stadt Hamoukar im heutigen syrisch-irakischen Grenzgebiet wurde von den Einwohnern der Stadt Uruk vollständig zerstört. Der Stadtkern umfasste wohl 160.000 Quadratmeter und war von einer drei Meter dicken Mauer geschützt. Die Konfliktauseinandersetzung basierte auf Macht mit dem Ziel, den anderen zu vernichten. Mit der Bildung von Staaten bildeten sich über die Jahrhunderte Berufsarmeen. Kriege wurden mit der Zeit immer großflächiger und internationaler.
1260 vor Christus
Erstmalig wird eine Konfliktlösung auf der Basis von Interessensausgleich etabliert.
Als erster Friedensvertrag wurde 1260 v. Chr. der Ägyptisch-Hethitische Friedensvertrag geschlossen mit der Vereinbarung, sich bei einem Angriff Dritter gegenseitig beizustehen. Das gemeinsame Interesse als Teil der Konfliktbearbeitung wurde erfunden. Da man sich nicht gegenseitig vernichten kann, verbündet man sich und schützt sich gegenseitig gegenüber Dritten. Bei dieser Konfliktbehandlung stehen beide Parteien nachher besser da – zulasten der vorher Unbeteiligten.
753 vor Christus – 480 nach Christus
Ausdehnung des eigenen Reiches führt zu innerem Frieden.
Das Römische Reich basierte auf militärischer Macht. In den Jahren 200 v. Chr. bis 480 nach Chr. war es das größte Reich im damaligen Europa. Die Gemeinde Rom wurde anfangs von den Etruskern, einem antiken Volk in Nord- und Mittelitalien, regiert. Rom wurde erst nach und nach selbstständig. Die Römer übernahmen viel von den Etruskern, vor allem wie man stabil baut. Sie zerstörten Fremdes nicht einfach, sondern übernahmen Konzepte und entwickelten sie weiter. Etwa ab dem Jahr 500 v. Chr. schwand der Einfluss der Etrusker immer mehr und es entstand die Römische Republik, die bis 27 v.Chr. fortwährte. Die römische Verfassung vereinte Elemente, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen.
Die beiden Konsuln führten das Land und dies insbesondere im Kriegsfall. Beide wurden aus den Reihen des römischen Adels gewählt. Sie mussten zwingend über Erfahrung in anderen öffentlichen Ämtern verfügen. Aufgrund der enormen Macht wurde der Konsul lediglich für ein Jahr gewählt und wurde um einen zweiten gleichberechtigten Konsul ergänzt. Dies diente der Kontrolle und der gegenseitigen Unterstützung. Letztendlich wurden über Senat und Volksversammlung die Bürger eingebunden. Dies war keine Entwicklung über Nacht, sondern dauerte lange Zeit. Dass fast alle mitbestimmen konnten, war ein Teil des römischen Erfolgs. Für Frauen und Sklaven galten diese Privilegien allerdings nicht.