In alter Freundschaft - Jürgen Kehrer - E-Book

In alter Freundschaft E-Book

Jürgen Kehrer

4,9

Beschreibung

Drei Fälle für Wilsberg - dann steht er unter Mordverdacht Eine nach Holland ausgerissene minderjährige Bürgerstochter, eine verschwundene Exfreundin und ein bestohlener Disco-Chef: Bei keinem der drei Aufträge, die Privatdetektiv Georg Wilsberg nahezu gleichzeitig erhält, kann er brillieren. Tröstlich für ihn, dass Kommissar Stürzenbecher ihn nur vorübergehend für den Mörder hält. Wurde vom ZDF gleichnamig verfilmt.

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Bei keinem der drei Aufträge, die Privatdetektiv Georg Wilsberg nahezu gleichzeitig erhält, kann er brillieren. Ob es sich um die nach Holland ausgerissene Punkie Tanja, um Georgs verschwundene Jugendliebe Ines oder um den bestohlenen Disco-Chef Carlo Ponti handelt: der nunmehrige Secondhandkaufhausbesitzer kriegt reichlich Zoff, Ärger und Prügel.

*

»Der Roman lebt aus der gelungenen Charakterdarstellung seines Protagonisten, einer zeitgemäßen und ironisierten Adaption der klassischen amerikanischen Vorbilder.« Marabo

»Mittels seiner treffenden Personencharakterisierungen und sprachlicher Ironie zeigt Kehrer den fruchtbaren Boden bürgerlicher Doppelmoral, die erschreckenderweise gerade auch in der früheren Studentenszene, fröhliche Urstände feiert.« Stadtblatt Münster

© 2012 by GRAFIT Verlag GmbH

Nach den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung korrigierte Fassung des Kriminalromans

Jürgen Keher: In alter Freundschaft

© 1991 by GRAFIT Verlag GmbH

Chemnitzer Str. 31, D-44139 Dortmund

Internet: http://www.grafit.de

E-Mail: [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagzeichnung: Peter Bucker

eISBN 978-3-89425-880-1

Jürgen Kehrer

Der Autor

Jürgen Kehrer wurde 1956 in Essen geboren. 1974 von der Zentralen Vergabestelle für Studienplätze nach Münster geschickt, fand er das Leben in dieser Stadt bald so angenehm, dass er noch heute dort wohnt.

1990 erschien sein erster Kriminalroman Und die Toten lässt man ruhen. Damit nahm die beeindruckende Karriere des sympathischen, unter chronischem Geldmangel leidenden, münsterschen Privatdetektivs Georg Wilsberg ihren Anfang. Bis heute sind siebzehn weitere Wilsberg-Romane erschienen. 1995 wurde Wilsberg für das Fernsehen entdeckt und ermittelt seitdem auch regelmäßig in der Samstagabendkrimireihe im ZDF. Sieben der bislang gesendeten sechsunddreißig Wilsberg-Filme basieren auf zuvor veröffentlichten Romanen.

Neben den Wilsberg-Krimis schreibt Jürgen Kehrer historische und in der Gegenwart angesiedelte Kriminalromane, Drehbücher fürs Fernsehen und Sachbücher. Zuletzt veröffentlichte er Wilsbergs Welt, eine Sammlung von Krimikurzgeschichten mit und ohne Wilsberg.

www.juergen-kehrer.de

»Vielleicht ist Unglück das Kontinuum, durch das ein Menschenleben sich bewegt, und Freude nur eine Reihe von Leuchtpunkten, von Inseln im Strom.«

Salman Rushdie

I

Ich trank Kaffee, rauchte Zigarillos und beobachtete eine Gruppe von Kids, die am Strand lag, eine Weinflasche kreisen ließ, herumgrölte und sich zwischendurch abknutschte.

Es war einer jener Aufträge, bei denen man nicht brillieren kann. Es galt, die verlorene Tochter zurückzuholen, soweit dies ohne Gewaltanwendung möglich war. Mami und Papi verstanden nicht, warum die missratene Tochter lieber am holländischen Strand lag, als im miefigen Vorstadtreihenhaus der migränigen Mutter bei der Hausarbeit zur Hand zu gehen. Ich verstand die Tochter, denn ich hatte Mami und Papi kennengelernt. Aber Papi zahlte mir die Spesen für diesen Ausflug nach Zandvoort, also würde ich mein Glück bei der missratenen Tochter versuchen. Allerdings erst nach Sonnenuntergang.

Ich bestellte eine warme Schokomelk und Appelgeback und las weiter in dem Krimi, den ich vorsorglich eingesteckt hatte. Eigentlich liebe ich Fälle, bei denen man dazu kommt, ein gutes Buch zu lesen.

Zwei Stunden später klappte ich das Buch zu. Die inzwischen völlig alkoholisierten Deutschen am Nachbartisch frozzelten zum wiederholten Mal über mein schwarzes Hemd, das ich anbehalten hatte, um meine empfindliche Haut nicht den grellen Sonnenstrahlen auszusetzen.

Die Kids lagen unverändert am Strand. Jetzt stand Tanja auf und stakste in meine Richtung. Offensichtlich wollte sie das Klo des Strandcafés benutzen. Eine günstige Gelegenheit, musste ich mir selber zugestehen, obwohl die Sonne noch eine Handbreit vom Horizont entfernt war.

Ich wartete, bis sie ihr Geschäft erledigt hatte, und stellte mich in den Weg. »Hallo, Tanja!«

Sie kniff die Augen zusammen und überlegte angestrengt.

»Wer sind Sie?«, artikulierte sie etwas mühsam.

»Ich heiße Georg Wilsberg und bin Privatdetektiv. Deine Eltern haben mich beauftragt, dich zu suchen.«

»Scheißoldies«, sagte sie.

Ich nickte verständnisvoll.

»Scheißbulle«, sagte sie.

Diesmal nickte ich nicht. »Mir persönlich ist es egal, ob du mitkommst oder nicht. Ich mache dich aber darauf aufmerksam, dass deine Eltern dir und deinen Freunden die Polizei auf den Hals hetzen werden, wenn du mich nicht freiwillig begleitest.«

»Arschloch«, sagte sie.

»Ist das dein letztes Wort? Denk daran, dass deine Freunde keinen Stress haben werden, wenn du jetzt sofort mitkommst.«

Sie machte den Mund auf und schloss ihn wieder. Dann versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen. Nach zwei Minuten leichten Hin- und Herschwankens und Denkfalten auf der Stirn war sie soweit. »Okay. Ich komme mit.«

Ich bezahlte rasch und packte sie in mein Auto, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Sie rülpste laut und eine giftige Rotweinwolke nahm mir fast den Atem. Kurz hinter Heemstede war sie schon eingeschlafen.

Zwei Kilometer vor Amsterdam wachte sie wieder auf.

»He, Bulle, wo sind wir hier?«

»In Amsterdam.«

»Eh, das ist geil. Lass uns reinfahren, ja?«

»Eigentlich wollte ich direkt nach Münster …«

»Nur ganz kurz, bitte, bitte!« Sie setzte ein Lächeln auf, bei dem jeder Mann über zwanzig sofort väterliche Gefühle bekommen hätte, und plinkerte mich mit teddybärbraunen Augen an. »Ich will auch ganz brav sein, ehrlich.«

Wegen ihrer Dracheneltern willigte ich ein.

Sie strahlte: »Mann, Bulle, du bist ja gar nicht so blöd, wie du aussiehst.«

Ich parkte am Rokin und wir schlenderten zum Dam hinauf, wo die Haschtouristen ihre Krümel teilten.

»Hast du heute schon was gegessen?«, erkundigte ich mich.

»Zwei Mars.«

»Was hältst du von einem chinesischen Essen?«

»Wär echt geil.«

Am Rande des Rotlichtbezirks gibt es ein paar chinesisch-indonesische Restaurants. Ich wählte eins mit Blick auf eine Gracht und bestellte eine indonesische Reistafel für zwei Personen, dazu eine Kanne Jasmintee für mich und ein großes Bier für Tanja. Nach ihrem Hunger zu schließen, ernährte sie sich schon seit Längerem von Rotwein und Mars.

»Wieso bist du Bulle geworden? Konntest du nichts Anständiges lernen?«, fragte sie, während sie an einem Satéstäbchen knabberte.

»Erstens bin ich nicht Bulle, sondern Privatdetektiv«, gab ich zurück.

»Bulle, Privatdetektiv, wo ist da der Unterschied?«

»Ein Bulle arbeitet für den Staat, ich arbeite für mich selbst. Zweitens habe ich tatsächlich was Anständiges gelernt, ich war nämlich mal Rechtsanwalt.«

»Ist das nicht ein Abstieg?«

Ich überlegte, ob ich ihr die ganze Wahrheit meiner beruflichen Rückschläge erzählen sollte, entschied dann aber, dass sie dafür noch zu jung war. »Heute sagt mir niemand, was ich zu tun und zu lassen habe, das reicht mir.«

»Und mein Vater? Hat er dir nicht gesagt, dass du mich suchen sollst?«

»Was ist daran schlecht, die Tochter von jemandem zu suchen? Ich hätte dich ja nicht gezwungen, mitzukommen.«

Sie schien nachzudenken. »Was haben sie dir über mich erzählt? Dass ich eine verlogene, versoffene, kleine Nutte bin?«

»Nicht mit diesen Worten, aber sinngemäß.«

Sie lachte verächtlich. »Meine Oldies. Immer brav und anständig. Was meinst du, wann er zum letzten Mal auf sie draufgeklettert ist? Warte mal, das muss vor siebzehneinhalb Jahren gewesen sein, denn in drei Monaten werde ich siebzehn. Seitdem sehen sie sich nur noch am Küchentisch. Ein Scheißleben ist das. Kein Wunder, dass meine Mutter dauernd Migräne hat.«

Eine Weile ließ sie sich über das unappetitliche Eheleben ihrer Eltern aus. Hätte ich mir damit nicht meine Prämie vermasselt, wäre ich beinahe geneigt gewesen, sie wieder am Strand auszusetzen.

Nachdem sie das letzte Reiskorn aufgepickt hatte, gingen wir. Ausgemergelte Heroingestalten huschten an uns vorbei und selbstbewusste Huren führten ihre Hunde spazieren.

Ich sagte: »Wenn du die Klappe hältst und deinen Eltern nichts davon erzählst, lade ich dich zu einem Joint ein.«

Sie schüttelte die fettigen schwarzen Locken. »Mann, Bulle, du bist ja voll drauf.«

Der Kellner zeigte uns seine Kollektion und ich kaufte ein Zehn-Gulden-Piece Libanese. Das Drehen überließ ich Tanja, denn ich war ein bisschen aus der Übung. Zum ersten Mal fiel mir auf, dass sie ein schönes, leicht orientalisches Gesicht hatte.

»Können wir nicht hierbleiben?«, fragte sie nach dem dritten Zug. »Du und ich, in einem kleinen gemütlichen Hotelzimmer?« Sie setzte ein Lächeln auf, das sie wohl für besonders verführerisch hielt.

Ich schüttelte den Kopf.

»Du bist eben doch nur ein Bulle, bah!« Der Joint flog auf den Tisch und zwei Sekunden später war sie die Wendeltreppe hinuntergesaust.

»He, Tanja, lass doch den Scheiß!«, rief ich und sauste hinterher. Niemand trat mir in den Weg, obwohl mich vermutlich alle für einen Kinderschänder hielten.

II

In derselben Nacht fuhr ich nach Münster zurück. Tanja konnte meinetwegen bleiben, wo sie wollte. Und ihre Eltern sollten sich den Gedanken aus dem Kopf schlagen, dass aus ihr eine brave Tochter zu machen sei. Genau das würde ich dem Ekelpaket von Vater erzählen: ›Warum, glauben Sie, ist Tanja weggelaufen? Weil es in der Kühlkammer des Schlachthauses gemütlicher ist als in Ihrem trauten Heim.‹ Vielleicht würde ich auch gar nichts sagen. Schließlich war das Ganze nicht mein Problem. Jeder hat ein Recht darauf, unglücklich zu sein.

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