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Zehntausende katholische Heimatvertriebene gelangten in den seit Juli 1945 von der Sowjetarmee besetzten Ostteil des Bistums Fulda, den heutigen Freistaat Thüringen. Hier in Mitteldeutschland, wo Katholiken seit der Reformation in der Minderheit waren, änderte sich die innere und äußere Gestalt der katholischen Kirche grundlegend, indem sie weitgehend von den Vertriebenen geprägt wurde. Die Kirche in der SBZ/DDR wurde allmählich zur "Flüchtlings-Kirche". Erst die komplex verlaufende Integration landsmannschaftlicher Traditionen unter den Bedingungen einer beginnenden SED-Herrschaft hatte dies ermöglicht und kirchliche "Heimat" präformiert. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die Aufnahme, die "leiblich- seelische" Versorgung und weitere kirchliche Maßnahmen zur Betreuung der "Zugezogenen" vor allem in den Diasporagebieten.
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Seitenzahl: 630
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Torsten W. Müller
In der Fremde glauben
ERFURTER THEOLOGISCHE STUDIEN
im Auftragder Katholisch-Theologischen Fakultätder Universität Erfurt
herausgegebenvon Josef Römelt und Josef Pilvousek
BAND 108
Torsten W. Müller
Die Auswirkungenvon Flucht und Vertreibungim Ostteil des Bistums Fulda
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
1. Auflage 2015© 2015 Echter Verlag, Würzburg
Druck und BindungDruckerei Friedrich Pustet, Regensburg
ISBN 978-3-429-03746-8 (Print)
ISBN 978-3-429-04773-3 (PDF)
ISBN 978-3-429-06188-3 (ePub)
www.echter-verlag.de
Die Geschichte der katholischen Kirche in der SBZ/DDR beginnt mit dem Flucht- und Vertreibungsgeschehen nach dem Zweiten Weltkrieg. Speziell für die kleine Diasporakirche im Ostteil des Bistums Fulda bedeutete der Zuzug Tausender katholischer Heimatvertriebener aus Ostmitteleuropa einen Wendepunkt. Aus einer „Zuzugskirche“ entstand in mehreren Phasen eine lebendige Ortskirche – das heutige Bistum Erfurt.
Katholische Flüchtlings- und Eingliederungsforschung war in den Neuen Ländern erst nach dem gesellschaftlichen und politischen Umbruch von 1989 möglich. Für Mitteldeutschland bzw. die Jurisdiktionsgebiete und Bistümer der katholischen Kirche in der DDR wurde diese Forschung am Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit der Universität Erfurt vor allem durch den Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Josef Pilvousek initiiert. Er war es auch, der das Thema der vorliegenden Promotion stellte und mich ermutigte, den Ostteil des Bistums Fulda auf das Wachstum der katholischen Diasporagemeinden und die sich daraus ergebenden neuen Perspektiven für die katholische Kirche in Thüringen zu untersuchen. Deshalb gilt mein erster Dank Josef Pilvousek, der darüber hinaus die Entstehung dieser Arbeit stets mit Rat und Tat begleitet hat und wertvolle Hinweise und Anmerkungen gab. Hinzu kommt, dass ich sein Mitarbeiter in der Forschungsstelle für kirchliche Zeitgeschichte Erfurt (FKZE) sein durfte, in der ein positives Arbeitsklima das Entstehen der Dissertation begünstigte.
Besonderer Dank gilt den Leitern der kirchlichen und staatlichen Archive und ihren Mitarbeitern für die unkomplizierte Bereitstellung der Archivalien sowie den Bischöfen für die Bewilligung von Sondergenehmigungen zur Nutzung gesperrten Archivgutes. Auch den einzelnen Ortspfarrern, den Ordensgemeinschaften und dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR danke ich für einen uneingeschränkten Zugang zu Chroniken und Akten.
Weiterhin gilt mein Dank dem Theologischen Forschungskolleg an der Universität Erfurt unter der Leitung von Prof. Dr. Benedikt Kranemann für die anregende Begleitung meiner Dissertation. Desgleichen sei dem Direktor der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, Prof. Dr. Karl-Joseph Hummel, gedankt.
Für die freundliche Gewährung von Druckkostenzuschüssen danke ich dem Erzbistum Berlin sowie den Bistümern Würzburg, Erfurt, Magdeburg, Fulda und Görlitz.
Prof. Dr. Josef Römelt und Prof. Dr. Josef Pilvousek sei für die Aufnahme des Bandes in die Reihe der „Erfurter Theologischen Studien“ gedankt, ebenso Prof. Dr. Myriam Wijlens und Prof. Dr. Konrad Hartelt für die Erstellung der Zweitgutachten.
Für vielfältige Unterstützung, Hilfen und Ermutigungen bin ich vielen Freunden, Förderern und Kollegen zu Dank verpflichtet. Stellvertretend seien hier Winfried Bartsch, Johannes Döring und Matthias Werner genannt, die auf unterschiedliche Weise halfen, das Projekt zu einem guten Ende zu bringen.
Erfurt, im November 2014
Torsten W. Müller
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 „Kirche, die aus dem Osten kam“
1.2 Forschungsstand
1.3 Territoriale und zeitliche Eingrenzung
1.4 Aufbau und Methode
1.5 Quellen
A) Historische und pastorale Voraussetzungen
2 Von der „Abgewanderten-Seelsorge“ zur „Flüchtlings- oder Umsiedlerseelsorge“
2.1 Thüringen als Aufnahmegebiet von Evakuierten
2.2 Thüringen als Aufnahmegebiet von Heimatvertriebenen
Exkurs: „Umsiedlerpolitik“ im Arbeiter- und Bauernstaat
2.3 Neue Funktionsträger
3 Ausbau der „Flüchtlingsseelsorge“
B) Wege zu Identität und Beheimatung
4 Organisierte Caritas
4.1 Aufbauarbeit
4.2 Wiedereingliederungs- und Überlebenshilfen
4.3 Kinder-, Mütter- und Altenheime
4.4 Konflikte
5 Vertriebenenseelsorge
5.1 Anfänge: Landsmannschaftliche Seelsorge
5.2 Vergangenheitsbewältigung: Mysterienspiele
5.3 Kontinuität: die Liturgie
5.4 Vertriebenenarbeit unter staatlicher Kuratel und Repression
6 Gemeindeaufbau
6.1 Vertriebene unter Katholiken
6.2 Vertriebene in der Diaspora
6.3 Analyse des Gemeindelebens
7 Geistliche Stärkungen
7.1 „Heilige Heimat“ als Begriffsfindung
7.2 Theologische Differenzierungen
7.3 „Sozialistische Heimat“ versus „heilige Heimat“
8 Alte und neue Wallfahrten und deren Funktionen
8.1 Alte Wallfahrtsorte
8.2 Neue Wallfahrtstraditionen
8.3 Eine Analyse
9 Begegnungen der Konfessionen
9.1 Das gemeinsame Gotteshaus
9.2 Alte und neue Spannungen
10 Gottesdiensträume und Kirchbauten
10.1 Erste Option: Umbauten von Profanräumen
10.2 Zweite Option: Kirchenneubauten
10.3 Patrozinien
10.4 Gestaltung des liturgischen Raumes
10.5 Kirchliche Kunst
C) Akteure im Aufnahme- und Beheimatungsprozess
11 Priester
11.1 Ankunft und Aufnahme
11.2 Anstellung und Besoldung
11.3 Priestermangel
11.4 Alltagssituation
11.5 Priesterliches Miteinander
11.6 Kirchliche „Karrieren“
12 Frauen in der Seelsorge
13 Orden, Kongregationen und Säkularinstitute
13.1 Männliche Religiose
13.2 Weibliche Religiose
14 Resümee
Quellen- und Literaturverzeichnis
AEK
Archiv des Erzbistums Köln
BAEF
Bistumsarchiv Erfurt
BAF
Bistumsarchiv Fulda
BAM
Bistumsarchiv Magdeburg
Barch
Bundesarchiv
Bd.
Band
BKAH
Bischöfliches Kommissariatsarchiv Heiligenstadt
BKGE
Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa
Bl.
Blatt
BOK
Berliner Ordinarienkonferenz
BRD
Bundesrepublik Deutschland
BStU
Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR
Bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
can.
canon
CDU
Christlich-Demokratische Union
CIC
Codex Iuris Canonici
CSSR
Congregatio Sanctissimi Redemptoris
DA
Deutschland-Archiv
DC
Deutsche Christen
DDR
Deutsche Demokratische Republik
Ders.
Derselbe
d.h.
das heißt
DM
Deutsche Mark
Ebd.
Ebenda
EHH
Eichsfelder Heimathefte
EHZ
Eichsfelder Heimatzeitschrift
EThSchr
Erfurter Theologische Schriften
EThSt
Erfurter Theologische Studien
ev.
eventuell
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
FKZE
Forschungsstelle für kirchliche Zeitgeschichte Erfurt
G.R.
Geistlicher Rat
Hg.
Herausgeber
Hl.
Heilig(er)
Inkl.
inklusive
i.R.
im Ruhestand
kg
Kilogramm
kirchl.
kirchliche
KNA
Katholische Nachrichtenagentur
KPD
Kommunistische Partei Deutschlands
KrAH
Kreisarchiv Heiligenstadt
KZ
Konzentrationslager
LThK
Lexikon für Theologie und Kirche
M
Mark
masch.
maschinengeschrieben
MdI
Ministerium des Inneren
MfS
Ministerium für Staatssicherheit
monatl.
monatliche
NATO
North Atlantic Treaty Organization
NCWC
National Catholic Welfare Conference
NKWD
Narodny kommissariat wnutrennich del (Volkskommissariat für innere Angelegenheiten)
NSDAP
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
NSV
Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
o.J.
ohne Jahr
o.O.
ohne Ort
OFM
Ordo Fratrum Minorum
OMI
Congregatio Oblatorum Missionariorum Beatae Mariae Virginis Immaculatae
OMCap
Ordo Fratrum Minorum Capuccinorum
OP
Ordo Praedicatorum
o.S.
ohne Seitennummerierung
P.
Pater
PfA
Pfarrarchiv
Pfr.
Pfarrer
RKW
Religiöse Kinderwoche
RM
Reichsmark
RS
Rückseite
SBZ
Sowjetische Besatzungszone
SDS
Societas Divini Salvatoris
SED
Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
SJ
Societas Jesu
SMA
Sowjetische Militäradministration
SMAD
Sowjetische Militäradministration Deutschlands
St.
Sankt
StAH
Stadtarchiv Heiligenstadt
SVD
Societas Verbi Divini
Tbc
Tuberkulose
ThG
Theologie der Gegenwart
ThGl
Theologie und Glaube
ThHStAW
Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar
ThStAG
Thüringisches Staatsarchiv Gotha
TLZ
Thüringische Landeszeitung
u.a.
unter anderem / und andere
UE
Unser Eichsfeld
UdSSR
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
USA
United States of America
v.a.
vor allem
Vgl.
Vergleiche
ZK
Zentralkomitee
ZVU
Zentralverwaltung für deutsche Umsiedler
Zum tieferen Verstehen des mitteldeutschen Katholizismus in den Neuen Bundesländern ist es unentbehrlich, die Wurzeln dieser recht heterogenen Diasporakirche zu untersuchen und evident darzustellen.2 Seit der Reformation bestand in Mitteldeutschland3 eine eindeutige und fast ausschließlich evangelisch geprägte Konfessionsstruktur; nur in wenigen geschlossenen katholischen Gebieten, in Städten oder industriellen Ballungsräumen konnten sich vereinzelt katholische Gemeinden etablieren.4 Erst durch Flucht und Vertreibung5 seit 1944/1945 kam es zur massenhaften Ansiedlung von Katholiken im „Kernland der Reformation“,6 sodass die heutige Diaspora eine Diaspora der Heimatvertriebenen ist, die ihre Entstehung und ihren Ursprung letztlich in dem von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieg und in den Beschlüssen der alliierten Siegermächte hat.7
Auf den Konferenzen in Teheran, Jalta und Potsdam legten die Alliierten die ethnische und territoriale Neuordnung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg fest.8 Im Osten kam es zu erheblichen Grenzverschiebungen, deutsche Gebiete mussten abgetreten werden. Die dort und im übrigen Ostmitteleuropa lebenden Deutschen wurden in das verkleinerte, besetzte und geteilte Deutschland vertrieben.9 Außerdem flohen zahlreiche Deutsche bereits vor Kriegsende vor der Sowjetarmee oder waren von Polen und Tschechen aus ihrer angestammten Heimat verwiesen worden. Infolgedessen kamen rund zwölf Millionen Menschen10 aus dem ehemaligen Osten des Deutschen Reiches bzw. aus Ostmitteleuropa in das Gebiet des heutigen Deutschlands und fanden hier Aufnahme.11 Thüringen
Konfliktpotentiale in den Aufnahmegemeinden, wie die Störung der alten Dorfordnung, der soziale Abstieg der Flüchtlinge – bedingt durch das Fehlen adäquater Erwerbsmöglichkeiten – und die Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Zugewanderten, deren Werthaltungen häufig aufgrund unterschiedlicher Traditionen und konfessioneller Strukturen beträchtlich divergierten, blieben latent vorhanden.12 Das Einströmen der Vertriebenen verursachte – neben sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Problemen – auch in kirchlicher Hinsicht zahlreiche Belastungen und Konflikte.
Von den zwölf Millionen Heimatvertriebenen waren rund fünf bis sechs Millionen – also ungefähr die Hälfte – Katholiken.13 95 Prozent der Sudetendeutschen, fast alle Oberschlesier, ein großer Teil der Niederschlesier und der südosteuropäischen Volksgruppen des Balkans waren katholisch. Die ostpreußischen Diözesanen der Bistümer Ermland und Danzig sowie die zahlreichen Katholiken des ehemaligen polnischen Korridors traf das Schicksal der Vertreibung ebenso.14
Der Zustrom dieser Heimatvertriebenen in das Territorium der SBZ ließ die Gesamtzahl der Katholiken hier nahezu verdreifachen.15 Auch in Thüringen16 war quasi „über Nacht“ eine neue, anders geartete Diaspora17 entstanden. Jurisdiktionell gehörte der Großteil dieses noch recht junge Landes18 zum Bistum Fulda19, dessen östlicher Diözesananteil seit der Reformation – mit wenigen Ausnahmen – protestantisch geprägt war.20
Dieser Ostteil des Bistums Fulda stellte sich 1945 recht heterogen dar. Es lassen sich vier Gebiete verschiedener Struktur und Tradition unterscheiden: das Eichsfeld, die Rhön, die Stadt Erfurt und die „thüringische Diaspora“.
- Das Obereichsfeld21 und Teile der Rhön (Dekanat Geisa)22 waren geschlossen katholische Gebiete, die inmitten eines evangelischen Territoriums wie Inseln lagen. In diesen beiden Landstrichen wohnte vor Flucht und Vertreibung zusammen mehr als die Hälfte der katholischen Stammbevölkerung.
- Die Stadt Erfurt und fünf sie umgebende so genannte „Küchendörfer“ gehörten bis 1802 zum Erzbistum Mainz.23 Die Anzahl der Katholiken war im Vergleich zu den sie umgebenden Territorien höher.
- Das übrige Thüringen war Diaspora24 mit einer sehr geringen Katholikenzahl.25
Nachdem im 19. Jahrhundert ein Teil dieses Gebiets (preußische Provinz Sachsen, Herzogtum Gotha, Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen) zum Bistum Paderborn, ein anderer Teil (Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach) zum Bistum Fulda gehört hatte, erfolgte durch das „preußische Konkordat“ von 1929 die Eingliederung des gesamten Gebietes in das Bistum Fulda.26
Vor dem Einsetzen der Migrationsströme lebten etwa 133.000 Katholiken in diesem Gebiet; nach Vertreibung und Zwangsaussiedlungen stieg die Zahl der Katholiken bis 1949 auf 444.000 an, was einer Steigerung von über 234 % entspricht.27 Durch diesen Zuzug von katholischen Christen änderte sich das Profil der katholischen Kirche in Thüringen grundlegend und wurde in besonderem Maße von den Vertriebenen geprägt.28
Einer zwangsläufig überforderten kirchlichen Verwaltung und damit auch der geordneten Seelsorge hat das plötzliche Hereinströmen so vieler Katholiken verständlicherweise erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die sich durch die Errichtung der Interzonengrenze und die Abtrennung vom Westteil des Bistums und dem dort residierenden Ortsordinarius noch vermehrten.29 Neben diesem von der alliierten Besatzungsmacht errichteten und von der SED stetig ausgebauten Grenzregime bestimmten weitere politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen von Anfang an nahezu die gesamte Existenz kirchlichen Lebens in der SBZ und DDR.30
Bezüglich der Heimatvertriebenen führte dies zu zahlreichen Reglementierungen des öffentlichen Lebens. So gab es eine offizielle Sprachregelung, die die Benennung der Zugezogenen festlegte: Von den Sowjets selbst wurde noch 1945 die verharmlosende Bezeichnung „Umsiedler“ für den amtlichen Sprachgebrauch der SBZ verbindlich vorgeschrieben, den das SED-Regime der DDR schon 1950 zum „ehemaligen Umsiedler“ verschärfte, um anzudeuten, dass das so bezeichnete Problem bereits so gut wie gelöst sei. Im Amtsdeutsch der Länder Thüringen und Sachsen florierte zusätzlich der Begriff des „Neubürgers“, der jeden Bezug auf die Flucht oder verlorene Heimatgebiete ausblendete. Der sich in der Bundesrepublik ab 1949 durchsetzende Terminus der „Vertriebenen“ bzw. „Heimatvertriebenen“ wurde von der DDR-Regierung stets als „revisionistisch“ eingestuft und durfte unter keinen Umständen Verwendung finden.
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