In mir selbst zu Hause - Anja Siepmann - E-Book

In mir selbst zu Hause E-Book

Anja Siepmann

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Beschreibung

Wer allein ist, ist auch einsam? Im Gegenteil: Gerade das regelmäßige Rendezvous mit uns selbst kann uns helfen, (wieder) ein echtes und tragfähiges Gefühl des Geborgenseins und der Verbundenheit aufzubauen – mit uns selbst, unseren Mitgeschöpfen und dem gesamten Planeten.

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NIRANJANAANJA SIEPMANN

In mir selbst zu Hause

Geborgen in der Welt

Anja Siepmann, geb. 1969, war zunächst Film- und Fernsehproduzentin, bevor sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin Psychotherapie machte und 2010 ihre eigene Praxis eröffnete. Neben der Einzelarbeit als Therapeutin ist sie als Facilitator für Achtsamkeitstraining, Familienaufstellungen und Meditation in offenen Gruppen sowie in Unternehmen tätig.www.anjasiepmann.de

1. eBook-Ausgabe 2022

©2022 Scorpio Verlag in Europa Verlage GmbH, München

Lektorat: Desirée Schön

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie

Werbeagentur, Zürich

Layout, Satz und Vignetten: Veronika Preisler, München

Konvertierung: Bookwire

ePub-ISBN: 978-3-95803-393-1

Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

Alle Rechte vorbehalten.

www.scorpio-verlag.de

Inhalt

Willkommen

1 Unerfüllt – einsam – heimatlos

Der Spur der Einsamkeit folgen

2 Im Körper beheimatet sein

Die Einheit von Körper und Geist spüren

Wenn die Stille Angst macht

Die Geister der Vergangenheit

3 Zu dir nach Hause kommen

Einfach da sein

Sich in Ruhe umschauen

Zeit zum Aufräumen

Bestimmen, wer zu Besuch kommen darf

Raum für dich schaffen

Jederzeit wieder nach Hause finden

4 Verbundenheit mit anderen

Die richtige Balance finden

Auf die Motivation kommt es an

Herz und Geist öffnen

Den ganzen Menschen sehen, nicht nur seine Handlungen

Selbst ganz Mensch sein

5 Eins mit allem

Rendezvous mit dir selbst

Zum Abschluss …

Für die weitere Praxis

Willkommen

Ich schreibe dieses Buch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie. Ausgelöst durch diese Krise, sprechen immer mehr Menschen offen darüber, dass sie sich einsam fühlen. Sie sind sich selbst und der Welt fremd geworden. Ich kenne dieses Gefühl gut, nicht erst seit Corona. Es ist mir seit Kindertagen vertraut. Und wahrscheinlich war es auch der treibende Faktor, der mich auf den Weg der Meditation und zu meinem heutigen Lebensstil geführt hat. Heute bin ich zwar nicht immer frei von diesem brennenden Gefühl, verlassen, nicht wahrgenommen, ungestillt und fremd in der Welt zu sein. Doch im Laufe meines Lebens habe ich verstanden, dass dieses Gefühl kein Feind sein muss, sondern mein Wegweiser sein kann. Ich habe Mittel und Wege gefunden, mich nicht darin zu verlieren, sondern immer wieder Anschluss zu finden – an mich selbst, an meine Mitmenschen und an das Leben als Ganzes. Ich werde in diesem Buch gewonnene Erfahrungen, Perspektiven, Methoden und Kenntnisse mit dir teilen. Doch mit großem Respekt vor deiner Einzigartigkeit und deinem eigenen Lebensweg werde ich mich hüten, Rezepte zu geben. Bitte verstehe das Dargebotene als Landkarte mit Anhaltspunkten wie Himmelsrichtungen, Höhenlinien, Vegetationsund Landmarken. Eine Karte kann dir helfen, dich in einer Landschaft zurecht zu finden – doch sie lässt offen, welchen Weg du einschlägst. Außerdem ist die Landkarte niemals dasselbe wie die Landschaft. Vielleicht hat die Kartografin wichtige Details ausgelassen, vielleicht hat sich die Landschaft seit Entstehen der Karte verändert. Nutze dieses Buch zur Orientierung, wenn du in deine eigene innere Landschaft hineinwanderst. Denn dorthin möchte ich dich führen – nach innen. Bitte folge der Karte nicht blind, sei achtsam auf deinem Weg, beobachte, halte Ausschau, setze einen Fuß vor den anderen, mache Pausen und verdaue das Erlebte. Vielleicht möchtest du ein kleines Reisetagebuch führen, in dem du deine Erfahrungen und Reflexionen niederschreibst. Manchmal treten wir eine Reise an und kommen in Gebiete, in denen es doch etwas herausfordernder ist als zunächst angenommen. Dann ist es nicht nur okay, sondern weise und sinnvoll, sich für einige Etappen einer Führung anzuvertrauen, sich von einer Fährtenleserin – einer erfahrenen Begleitung wie zum Beispiel einer Therapeutin unterstützen zu lassen.

Ich wünsche dir eine gute Reise.

Ich verwende in diesem Buch unterschiedliche Gender-Formen. Überwiegend nutze ich die weibliche Form, da ich selbst eine Frau bin und erfahrungsgemäß die Mehrzahl der Lesenden Frauen sind. Wenn ich von einem einzelnen Menschen spreche, bleibe ich bei der tradierten männlichen Form dieses Begriffes. Bei Aufzählungen habe ich mich oft für ein wildes Durcheinander verschiedener Endungen entschieden, damit in deiner Fantasie ein buntes Bild entsteht. Und gelegentlich benutze ich auch den Gender-Doppelpunkt, wenn es mir angemessen erscheint. Ich sehe Sprache als lebendigen Prozess; sie formt sich weniger durch Regeln als durch ihren lebendigen Gebrauch im Austausch mit den verschiedensten Menschen.

1

Unerfüllt –einsam – heimatlos

»Das gesuchte Alleinsein ist eine Wonne – aber wenn man allein sein muss, ohne es zu wollen, dann kann es zu einer Qual werden. Wenn du Alleinsein als selbst gewählte Pause von äußeren Einflüssen beschreibst, verstehe ich, dass das wohltuend sein kann bzw. dass es gut ist, dass mensch mit sich selbst ist. Anders ist aber doch das Alleinsein, wenn es ohnehin ein (unbeabsichtigter) Dauerzustand ist, zu dem ein Mensch (kurzfristig) keine Wahl hat (weil er eben – in seinem Lebensalltag – ganz alleine ist).«

Angela, Teilnehmerin in meiner Meditationsgruppe

Die global schwierige Zeit der Pandemie stößt jede:n Einzelne:n mit der Nase auf Themen und Erfahrungen, die zwar nicht neu sind, aber in der Krise wie durch ein Brennglas an Größe und Bedeutung gewinnen. Zum Beispiel ist viel die Rede davon, dass Menschen in Isolation vereinsamen. Auf die Not von Alten, Kranken und Kindern in Heimen und in dysfunktionalen Familien hinzuweisen ist natürlich richtig und wichtig. Dem Phänomen Einsamkeit in seiner Vielschichtigkeit wird dieser Blickwinkel jedoch nicht gerecht. Denn nicht jeder Mensch, der ohne Gesellschaft ist, fühlt sich einsam. Manche suchen die Abgeschiedenheit und fühlen sich durch andere Menschen eher gestört. Wir können uns mitten in einer Menschenmenge, auf einem Konzert, einem Familienfest, unter Kolleg:innen sehr einsam fühlen. Die physische Anwesenheit anderer Menschen ist für das Gefühl der Einsamkeit nicht ausschlaggebend. Es ist auch nicht so sehr entscheidend, ob wir diejenigen, mit denen wir gerade zusammen sind, kennen oder nicht, sie mögen oder doof finden. Einsamkeit kann sich nämlich manchmal auch einstellen, wenn wir in den Armen der oder des Liebsten liegen. Sie kann Menschen urplötzlich aus sprichwörtlich heiterem Himmel anfallen oder sie als dunkler Schatten auf Schritt und Tritt begleiten. Einsamkeit scheint anderen Kriterien zu unterliegen, als wir oft annehmen.

Der Spur der Einsamkeit folgen

Ich möchte in diesem Buch ein Licht darauf werfen, womit dieses Gefühl zu tun hat, wie es ausgelöst und wie es besänftigt werden kann. Zunächst einmal gilt für Einsamkeit, was für alle Gefühle zutrifft: Sie haben Hinweischarakter, zeigen uns an, ob eine Situation förderlich oder problematisch für uns ist, und setzen wichtige Impulse, damit wir die Situation bewältigen und unser emotionales Gleichgewicht wiederherstellen können. Manchmal überhören oder missverstehen wir diese emotionalen Impulse und wählen Bewältigungsstrategien, die nicht wirklich gut funktionieren. Trauer ist zum Beispiel der Hinweis auf einen schweren Verlust. Damit die Wunde, die der Verlust geschlagen hat, heilen kann, müssen wir die richtige Medizin anwenden. Nicht wenige Menschen versuchen mit Verlust klarzukommen, indem sie sich in Arbeit stürzen, mit Rauschmitteln ablenken oder auf Gott und die Welt schimpfen. Das ist ebenso wenig wirksam, wie einen Magen-Darm-Infekt mit einem Gipsverband heilen zu wollen. Es braucht das richtige Mittel. In allen Kulturen und zu allen Zeiten bis heute wird Verlust im wahrsten Sinne des Wortes nur verschmerzt, wenn Menschen sich dem Schmerz stellen, sich Zeit nehmen, sich nach innen wenden, mit ihrem Schmerz in Verbindung gehen, ihn fühlen und beweinen, wenn sie außerdem das Verlorene ehren und ihm einen Platz in ihrem Herzen geben. Folgen Menschen dieser Spur, wird sich Trost einstellen, wird der Schmerz vergehen und die Wunde sich schließen. Auch wenn für immer eine Narbe bleibt, kehrt verloren geglaubte Lebensfreude zu diesem Menschen zurück und er oder sie verspürt wieder Lust, sich der Welt offen zuzuwenden.

Wenn wir gleich einer Fährtenleserin die Spur der Gefühle nachverfolgen und richtig deuten, finden wir die passende Medizin – auch gegen Fremdheit und Einsamkeit.

Sich fremd und einsam zu fühlen steht für eine ganze Fülle von emotionalen Empfindungen, wie die folgende Liste zeigen soll:

Wenn ich einsam bin,

fühle ich mich klein, hilflos, unsicher, falsch, fremd, außen vor, schwach, kalt, zusammengezogen, dumm, wertlos, ungesehen, unverstanden, nicht wahrgenommen, bedeutungslos, verloren, getrieben, unruhig, unter Druck, unzufrieden, ängstlich …

sehne ich mich nach Wärme, Halt, Anerkennung, Mitgefühl, Zuspruch, Resonanz, Ansprache, Anteilnahme, Berührung, Entspannung, Reden, Austausch, Unterstützung, Schutz, Geborgenheit, Vertrautheit, Geselligkeit …

SELBSTERFAHRUNG

Diese Liste ist sicher nicht vollständig.

Nutze dein Reisetagebuch, um deine persönlichen Erfahrungen von Einsamkeit mit eigenen Worten auszudrücken.

Wenn ich einsam bin, fühle ich mich …

Wenn ich einsam bin, sehne ich mich nach …

All diese Sehnsüchte stehen vor allen Dingen für eines: den Wunsch nach Verbindung, Geborgenheit, Erfüllung, kurz: Glück! Leider werden wir in unserer Gesellschaft, in unseren Familien, Schulen und Universitäten nicht gerade als Glücks-Fährtenleserinnen ausgebildet. Und so suchen wir in der Regel an den falschen Stellen. Wir sind nach außen gerichtet – auf Dinge, Menschen, Erlebnisse. Wir sind überzeugt, wenn wir mehr Freund:innen, passendere Partner:innen, einen besseren Job, eine andere Wohnsituation, Kinder, keine Kinder, mehr Zeit zum Reisen, eine gute Altersabsicherung hätten, dann wären wir glücklich. Wir entwickeln eine große Sehnsucht nach den Dingen, die in unserem Leben nicht erfüllt, nicht anwesend sind. Dabei lassen wir außer Acht, dass keiner dieser vermeintlichen Glücksbringer unseren Hoffnungen standhalten und sie tatsächlich erfüllen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Dinge, auch wenn wir sie endlich unser Eigen nennen, doch noch Makel aufweisen, ist groß – da nichts auf der Welt perfekt ist. Zudem haben alle äußeren Dinge die Eigenart, nicht ewig für uns zur Verfügung zu stehen: Sie nutzen sich ab, gehen kaputt, verlassen uns oder werden uninteressant und verlieren in unseren Augen ihren Reiz. Obwohl wir um ihre Unbeständigkeit und Unzulänglichkeit intellektuell wissen, glauben wir unbeirrt daran, dass uns äußere Dinge, Menschen, Umstände glücklich machen. Und solange wir sie nicht »haben«, sind wir unzufrieden. Der eigentliche Weg zu glücklicher Geborgenheit geht aber nach innen. In unserer inneren Landschaft finden wir die Verbundenheit, die uns Menschen glücklich macht und das Gefühl gibt, am rechten Platz zu sein. Ich zeige dir drei Gebiete, in denen du nach Heimat Ausschau halten kannst: im Verbundensein mit dir selbst, im Verbundensein mit anderen und im Verbundensein mit dem Leben insgesamt. Damit wir Menschen überhaupt Erfahrungen – gute oder schlechte, glückliche oder einsame – machen können, brauchen wir unseren Körper. Durch unseren Körper werden wir erst zu lebendigen Wesen. Menschen sind verkörpertes Bewusstsein. In unserer Verkörperung machen wir lebendige Erfahrungen – angenehme und unangenehme. Wenn wir eine erfüllende Verbindung mit uns selbst und anderen erleben wollen, müssen wir in unserem Körper beheimatet sein – ganz unabhängig davon, wie heil oder verletzt er erscheint. Im folgenden Kapitel findest du Unterstützung, wie du dich in deinem Körper niederlassen und ihn zu deinem Zuhause machen kannst.

2

Im Körper beheimatet sein

»Ich habe schon so viele Anläufe unternommen, meditieren zu lernen. Ich bin sicher, dass es gut für mich wäre, aber ich kann es einfach nicht. Sobald ich auf dem Kissen sitze oder auf dem Boden liege, werde ich unruhig. Mein Körper rebelliert und ich muss unheimlich viel Zeug denken.«

Bärbel, Klientin in meiner Praxis

Viele Menschen haben instinktiv das Bedürfnis, gelegentlich Zeit mit sich allein zu verbringen – in der Stille zu entspannen und aufzutanken. Sie suchen diese Phasen des Alleinseins, um wieder zu sich zu finden, denn die Geschäftigkeit des Alltags kann dazu führen, dass wir den Kontakt zu uns selbst verlieren. Wenn wir über zu lange Zeit mit unserer Aufmerksamkeit viel im Außen waren, powern wir uns aus und werden leer. Dann fehlt uns etwas, wir haben die Verbindung zu uns verloren und werden unzufrieden. Doch obwohl der Impuls in die richtige Richtung, nämlich zum eigenen Sein führt, stoßen viele Menschen dabei auf Schwierigkeiten.