In-situ-Verfahren zur Boden- und Grundwassersanierung - Thomas Held - E-Book

In-situ-Verfahren zur Boden- und Grundwassersanierung E-Book

Thomas Held

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Beschreibung

Boden- und Grundwasserkontaminationen verursachen erhebliche Kosten, da aufwändige Sanierungen nicht nur Unternehmen, sondern oft auch die gesamte Volkswirtschaft belasten. Moderne In-situ-Verfahren verfolgen das Konzept, Schadstoffe in Böden und Grundwasser vor Ort in ungefährliche Stoffe umzusetzen. Durch Zugabe von Reagenzien werden Schadstoffe im Untergrund abgebaut oder in eine mobile, extrahierbare Form überführt. Doch nur mit dem nötigen Know-How lassen sich die Sanierungsverfahren auch effizient umsetzen.

Mit diesem Buch werden die Grundlagen erarbeitet, die es ermöglichen, eine Boden und Grundwassersanierung zu planen, zu überwachen und erfolgreich zu beenden. Biogeochemische und physikalische Prozesse, die im kontaminierten Untergrund ablaufen, werden umfassend erläutert. Mit ingenieurtechnischem Ansatz und basierend auf der industriellen Praxis werden verschiedene Verfahren vorgestellt und unter sozioökonomischen und nachhaltigen Gesichtspunkten betrachtet. Denn nur wenn der gesamte Sanierungsprozess in idealer Weise durchlaufen wird, sind kostengünstige und umfassende Lösungen möglich.

Ein unverzichtbarer Begleiter für Umweltbehörden und Umweltingenieure, aber auch gleichermaßen geeignet für Studenten der Chemie und Umweltwissenschaften.

Aus dem Inhalt:
* Schadstofftransport
* Konzeptionelles Standortmodell
* Sanierungsstrategie
* Quellensanierung
* Injektionstechniken
* Mikrobielle Sanierungsverfahren
* Chemischer Abbau und in situ chemische Oxidation (ISCO)
* Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit

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Seitenzahl: 641

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Dank

Abkürzungsverzeichnis

Parameterverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Das Erbe der Industrialisierung

1.2 Historische Entwicklung der In-situ-Verfahren

1.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen

1.4 Verfahrensübersicht

2 Schadstofftransport

2.1 Bodeneigenschaften

2.2 Phasen: Übersicht

2.3 Absinken der Schadstoffphase

2.4 Residualsättigung

2.5 Leichtphasen (LNAPL)

2.6 Schwerphasen (DNAPL)

2.7 Phasenmobilität

2.8 Phasenalterung

2.9 Phasennachweis und Phasencharakterisierung

2.10 Solubilisierung

2.11 Schadstofffahne

2.12 Matrixdiffusion

3 Konzeptionelles Standortmodell

4 Sanierungsstrategie

4.1 Verfahrensauswahl

4.2 Sanierungsziele

4.3 Treatment Trains

4.4 Sanierungsdauer

4.5 Vorversuche im Labor und im Feld

4.6 Sanierungssteuerung

4.7 Nachhaltigkeit

5 Quellensanierung

5.1 Erreichbares Ausmaß der Quellensanierung und der Einfluss auf die Fahne

5.2 Sanierungsverfahren

6 Injektionstechniken

6.1 Einteilung

6.2 Einfluss auf die hydraulische Durchlässigkeit (Verblockung)

6.3 Injektion

6.4 Rezirkulation

6.5 Direct Push

6.6 Druckpuls-Injektion

6.7 Fracturing

6.8 Hochdruckinjektionen

6.9 Hydraulische Verdrängung

6.10 Dichteeffekte

7 Grundlagen des mikrobiellen Schadstoffabbaus

7.1 Wachstum von Mikroorganismen

7.2 Nährstoffe

7.3 Stoffabbau

7.4 Terminale Elektronenakzeptoren

7.5 Anaerobe Abbaukette

7.6 Abbauraten

7.7 Aerober Abbau von nicht chlorierten organischen Schadstoffen

7.8 Anaerober Abbau nicht chlorierter Schadstoffe

7.9 Abbau von chlorierten organischen Schadstoffen

7.10 Metabolitenbildung

7.11 Abbauendprodukte

7.12 Engpässe – Bottlenecks

7.13 Nachhaltige Behandlung

7.14 Abbau von anorganischen Schadstoffen

7.15 (Bio-) Transformation von Metallen

8 Mikrobielle Sanierungsverfahren

8.1 Einteilung

8.2 Biogeochemisches Baseline-Monitoring

8.3 Anaerober Abbau von LCKW

8.4 Abbauforcierung durch Zugabe von Elektronenakzeptoren

8.5 Aerober Abbau

8.6 Air Sparging

8.7 Bioaugmentation

9 Chemischer Abbau

9.1 Einleitung

9.2 Abbaubarkeit von Schadstoffen und Metabolitenbildung

9.3 Chemische Reaktionen

10 In situ chemische Oxidation (ISCO)

10.1 Einleitung

10.2 Einschränkungen der Anwendbarkeit

10.3 Sanierbare Bereiche

10.4 Auswahl des Oxidationsmittels

10.5 Vorversuche

10.6 Verfahrensführung

10.7 ISCO-Anwendung in Problembereichen

10.8 Überwachung (Monitoring)

11 Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit

11.1 Vorgehensweise

11.2 Besondere Anforderungen biologischer Sanierungsverfahren

11.3 Besondere Anforderungen chemischer Sanierungsverfahren

12 Schlussbemerkung und Ausblick

Index

Beachten Sie bitte auch weitere interessante Titel zu diesem Thema

Klöpffer, W., Grahl, B.Life Cycle Assessment (LCA)A Guide to Best Practice2014978-3-527-32986-1

 

Klöpffer, W.Verhalten und Abbau von UmweltchemikalienPhysikalisch-chemische Grundlagen Zweite, vollständig überarbeiteteAuflage2012978-3-527-32673-0

 

Fränzle, S., Markert, B., Wünschmann, S.Introduction to Environmental Engineering2012978-3-527-32981-6

 

Blume, H.-P., Horn, R., Thiele-Bruhn, S. (Hrsg.)Handbuch des BodenschutzesBodenökologie und -belastung / Vorbeugende und abwehrende SchutzmaßnahmenVierte, vollständig überarbeiteteAuflage2010978-3-527-32297-8

 

Blume, H., Deller, B., Furtmann, K., Leschber, R., Paetz, A., Wilke, B.-M.Handbuch der BodenuntersuchungAktuelles Grundwerk. Terminologie, Verfahrensvorschriften und Datenblätter – Physikalische, chemische, biologischeUntersuchungsverfahren – Gesetzliche Regelwerke2000Loseblattwerk in Ordner978-3-527-19080-5

 

Leitgeb, E., Reiter, R., Englisch, M., Lüscher, P., Schad, P., Feger, K.-H. (Hrsg.)WaldbödenEin Bildatlas der wichtigsten Bodentypen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz2013978-3-527-32713-3

 

Ganoulis, JacquesRisk Analysis of Water PollutionSecond, Revised and Expanded Edition2009978-3-527-32173-5

Autor

Dr. Thomas Held

Arcadis Deutschland GmbH

Europaplatz 3

64293 Darmstadt

Germany

1. Auflage 2014

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung

Bibliografische Informationder Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

© 2014 Wiley-VCH Verlag & Co. KGaA, Boschstr. 12, 69469 Weinheim, Germany

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

Satz Reemers Publishing Services GmbH, KrefeldUmschlaggestaltung Bernd Adam, Weinheim, Germany

Print ISBN: 978-3-527-33389-9ePDF ISBN: 978-3-527-68184-6ePub ISBN: 978-3-527-68183-9Mobi ISBN: 978-3-527-68182-2oBook ISBN: 978-3-527-68181-5

Gedruckt auf säurefreiem Papier.

Vorwort

Die durch das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) und die zugehörige Verordnung (BBodSchV) vorgegebene Pflicht zur Sanierung von Boden- und Grundwasserkontaminationen verursacht erhebliche finanzielle Aufwendungen, die nicht nur Unternehmen, sondern in vielen Fällen die gesamte Volkswirtschaft stark belastet. Vor diesem Hintergrund können wir es uns als Gesellschaft nicht leisten, ineffiziente Verfahren zu initiieren. Das Wissen, es besser zu machen, ist im Prinzip vorhanden, aber verstreut auf verschiedene Institutionen, Firmen und Personen. Oft fehlt daher ein umfassender Überblick über die notwendigen Grundlagen. Mit diesem Buch werden diese Grundlagen erarbeitet, die helfen sollen, eine Sanierung effizient zu planen, zu überwachen und zu beenden.

Die Bearbeitung von kontaminierten Standorten beginnt mit einer Erkundung der Geologie, Hydrogeologie, Schadstoffverteilung, der Transportprozesse und mündet mit dem Abschluss der so genannten Detailuntersuchung (DU) nach BBodSchG/V in einer Gefährdungsabschätzung mit der Identifizierung der Wirkungspfade der Schadstoffbelastung (beispielweise Boden → Grundwasser → Mensch). Auch wenn es bei den Erkundungsverfahren wesentliche Neuerungen in den letzten Jahren gegeben hat – moderne Verfahren sind räumlich hochauflösend und lassen bereits vor Ort eine Reaktion auf die Ergebnisse der Erkundung zu – setzt dieses Buch erst ein, wenn der Schaden hinreichend erkundet ist und die erforderliche Detailkenntnisse vorliegen. Auf spezielle Erkundungsmethoden wird nur dann eingegangen, wenn diese nicht zum Standardrepertoire der Detailuntersuchung gehören und für die Planung und Durchführung der Sanierungsverfahren von großer Bedeutung sind.

Im nächsten Schritt ist die Durchführung einer Sanierungsuntersuchung (SU) erforderlich. Deren Ergebnis ist, unter Berücksichtigung der spezifischen Standortgegebenheiten, die Ableitung eines im Hinblick auf die Aufgabe technisch machbaren und verhältnismäßigen Sanierungsverfahrens. Die Durchführung von Versuchen im Labor und/oder Feld zur Prüfung der Machbarkeit designierter Verfahren kann Bestandteil der SU sein. Die Verfahrensableitung kann nur dann gelingen, wenn die Detailkenntnisse zu den einzelnen betrachteten Verfahren in ausreichendem Maße vorliegen. Hierzu will dieses Buch beitragen. Wie auch die Erkundung ist die Planung und Durchführung der Sanierung eine interdisziplinäre Aufgabe und erfordert spezifische Kenntnisse in unterschiedlichsten Bereichen. Bei der Diskussion der wissenschaftlichen Grundlagen zur Beschreibung der Funktionalität und der Bewertung der Machbarkeit der Sanierungsverfahren werden die einzelnen Disziplinen nur insoweit vertieft, wie es für das Verständnis der Sanierungsprozesse unerlässlich ist. Mit dem Verständnis der Funktionsweise der einzelnen In-situ-Verfahren lässt sich ableiten, welche Parameter bekannt sein müssen, um eine optimale Auslegung der Sanierung durchzuführen. Damit lassen sich auch die Einsatzbedingungen und Anwendungsgrenzen der Verfahren aufzeigen. Dem Leser soll damit auch eine Hilfestellung gegeben werden, für einen bestimmten Standort die individuell geeignetsten Sanierungsverfahren auszuwählen und zu planen.

Ein wesentliches Element der Sanierung ist die Steuerung der Verfahren. Dies ist insofern nicht trivial, als aufgrund eingehender Messdaten nur dann optimale Anpassungen vorgenommen werden können, wenn die zugrundeliegenden Prozesse hinreichend erfasst werden können. Eine kontinuierliche Optimierung der Verfahren bzw. Anpassung an die sich im Laufe der Sanierung ändernden Schadstoffverteilungen und Eigenschaften des Untergrundes ist den In-situ-Verfahren immanent.

Die diskutierten Sanierungsverfahren beziehen sich ausschließlich auf Punkt-Schadstoffquellen. Diffuse Belastungen, wie sie beispielsweise durch den Einsatz von Pestiziden und Herbiziden entstehen, erfordern andere Herangehensweisen und werden nicht betrachtet. Es werden auch nicht sämtliche In-situ-Verfahren diskutiert, sondern der Fokus auf moderne und häufig angewendete Verfahren gelegt. Permeable Reaktive Barrieren (PRB) (auch als Funnel-and-Gate-Verfahren bezeichnet) werden nicht betrachtet, hierfür liegt bereits ein umfangreiches Handbuch vor.

Nur wenn der gesamte Prozess – von der Planung über die Steuerung bis zur Beendigung der Sanierungen – in idealer Weise durchlaufen wird, sind kostengünstige und effiziente Lösungen möglich.

Das Buch richtet sich in erster Linie an Umweltbehörden und Ingenieurbüros, die im Umweltbereich tätig sind, aber auch an Studenten der Umweltwissenschaften.

Dank

Viele der Erkenntnisse wurden aus der unermüdlichen Arbeit vieler ARCADIS-Kollegen gewonnen. Ohne deren Einsatz wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Besonderer Dank gilt Dr. Oliver Kohnen für seine akribische Prüfung und für seine zahlreichen Hinweise zur Ausgewogenheit dieses Buches. Prof. Dr. Rainer Meckenstock möchte ich herzlich danken für die Korrektur des Abschnitts der mikrobiellen Grundlagen und Dr. Andreas Kunz für die Korrektur des Abschnitts der Injektionstechnologien. Ein besonderer Dank gilt auch meiner Ehefrau Elke für ihre manchmal arg strapazierte Geduld und ihr Verständnis für meine wenige Zeit während der Erstellung dieses Buches.

Abkürzungsverzeichnis

AKW

Aromatische Kohlenwasserstoffe

ALA

Altlastenausschuss der Länder

ATP

Adenosintriphosphat

BBodSchG

Bundesbodenschutzgesetz

BBodSchV

Bundesbodenschutzverordnung

BISCO

Biologisch-chemische

in situ

Oxidation

BLB

Bodenluftbrunnen

BTEX

Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole

CA

Chlorethan

CAS

Chemical Abstracts Service

cDCE

cis

-1,2-Dichlorethen

CITT

Conservative Interwell Tracer Test

CMC

Kritische Mizellenkonzentration (

Critical Micelle Concentration

)

CMT

Continuous Multichannel Tubing (Spezialmessstelle)

CoA, CoM

Coenzym A, Coenzym M

C

org

Organischer Kohlenstoff

CPT

Sonden-Eindringtest (

Cone Penetration Test

)

CSM

Konzeptionelles Standortmodell (

Conceptual Site Model

)

CT

Tetrachlorkohlenstoff (

Carbon Tetrachloride

)

DCA

Dichlorethan

DCE

Dichlorethen

DHC

Dehalococcoides ethenogenes

(Bakterienart)

DIC

Gelöster anorganischer Kohlenstoff (

Dissolved Inorganic Carbon

)

DIN

Deutsche Industrienorm

DIPE

Diisopropylether

DNA

Desoxiribonucleinsäure (

Deoxyribonucleic Acid

)

DNAPL

Schwerphase (

Dense Non-Aqueous Phase Liquid

)

DOC

Gelöster organischer Kohlenstoff (

Dissolved Organic Carbon

)

DP

Direct Push

DU

Detailuntersuchung

EDDS

S,S‘-Ethylendiamindisuccinat

ENA

Enhanced Natural Attenuation

EPA

Umweltbehörde (

Environmental Protection Agency

)

ERH

Electrical Resistance Heating

ETBE

Ethyl-tert-butylether

EVO

Speiseöl-Emulsion (

Emulsified Vegetable Oil

)

EZVI

Emulgiertes nullwertiges Eisen (

Emulsified Zero Valent Iron

)

FCKW

Fluorierte Chlorkohlenwasserstoffe

f

OC

, f

OM

Fraktion des organischen Kohlenstoffs, des organischen Materials

GC-ECD

Gaschromatographie mit Elektroneneinfangdetektor (

Electron Capture Detector

)

GewO

Gewerbeordnung

GOK

Geländeoberkante

GTP

Ganglien-zu-Pool-Verhältnis (

Ganglia to Pool

)

GZB

Grundwasserzirkulationsbrunnen

HDI

Hochdruckinjektion

HRC®

Wasserstofffreisetzende Verbindung (

Hydrogen Release Compound

)

ICMA

Isobutyryl-CoA-Mutase

IED

Industrie-Emissionsrichtline (

Industrial Emission Directive

)

IPV

Immissionspumpversuch

IRZ

In situ

reaktive Zone

ISCO

In situ

chemische Oxidation

ISCR

In situ

chemische Reduktion

ISGS

In situ

geochemische Stabilisierung

iSOC

In situ Oxygen Curtain

LABO

Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Boden

LCKW

Leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe

LNAPL

Leichtphase (

Light Non-Aqueous Phase Liquid

)

MEOR

Mikrobiell unterstützte Ölgewinnung (

Microbial Enhanced Oil Recovery

)

MIP

Membrane Interface Probe

MKW

Mineralölkohlenwasserstoffe

MMO

Methanmonooxigenase

MNA

Überwachter natürlicher Rückhalt und Abbau (

Monitored Natural Attenuation

)

MPE

Mehrphasenextraktion

MTBE

Methyl-tert-butylether

NA

Natürlicher Rückhalt und Abbau (

Natural Attenuation

)

NADH

Nicotinamidadenindinukleotid

NAPL

Phase (

Non-Aqueous Phase Liquid

)

NICOLE

Network for Industrially Contaminated Land in Europe

NN

Normal Null

NOD

Natürlicher Sauerstoffbedarf (

Natural Oxygen Demand

)

NOM

Natürliches organisches Material

NSZD

Natürliche Quellen-Auflösung (

Natural Source Zone Depletion

)

nZVI

Nanoskaliges nullwertiges Eisen (

Nano Zero Valent Iron

)

ORC®

Sauerstofffreisetzende Verbindung (

Oxygen Release Compound

)

P&T

Pump and Treat

PAK

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe

PCB

Polychlorierte Biphenyle

PCE

Tetrachlorethen (Perchlorethen)

PFT

Polyfluorierte Tenside

PID

Photoionisationsdetektor

PITT

Tracer-Verteilungstest (

Partitioning Interwell Tracer Test

)

POP

Persistierende organische Schadstoffe (

Persistant Organic Pollutants

)

PRB

Permeable Reactive Barrier

PV

Porenvolumen

qPCR

Quantitative Polymerasekettenreaktion (

Quantitative Polymerase Chain Reaction

)

RD

Reduktive Dechlorinierung

RF

Radiofrequenz

ROST

Rapid Optical Screening Tool

RT

Reverse Transkriptase

RT-qPCR

Real-Time

qPCR

S-ISCO

Tensidunterstützte

in situ

chemische Oxidation (

Surfactant

-ISCO)

SEAR

Surfactant Enhanced Aquifer Flushing

SEE

Dampfunterstützte Extraktion (

Steam Enhanced Extraction

)

STAR

Self-Sustaining Treatment for Active Remediation

SU

Sanierungsuntersuchung

SZW

Sanierungszielwert

TAME

tert-Amylmethylether

TBA

tert-Butylalkohol

TCA

Trichlorethan

TCE

Tetrachlorethen

TCH

Thermal Conductive Heating

tDCE

trans

-1,2-Dichlorethen

TEA

Terminale Elektronenakzeptoren

TEP

Triethylphosphat

TNT

Trinitrotoluol

TOC

Gesamter organischer Kohlenstoff (

Total Organic Carbon

)

UEG

Untere Explosionsgrenze

UVB

Unterdruckverdampferbrunnen

VC

Vinylchlorid

VER

Vakuumunterstützte Rückgewinnung (

Vacuum Enhanced Recovery

)

VFA

Flüchtige Fettsäuren (

Volatile Fatty Acids

)

WHG

Wasserhaushaltsgesetz

ZVI

Nullwertiges Eisen (

Zero Valent Iron

)

Parameterverzeichnis

Konstanten

F

Faraday’sche Konstante [96 485 C/mol]

g

Erdbeschleunigung [9,81 m/s

2

]

R

Allgemeine Gaskonstante [8,314·10

6

Pa·L·mol

−1

·K

−1

]

Wichtige Umrechnungen

1

Einleitung

1.1 Das Erbe der Industrialisierung

Die immer rascher fortschreitende Industrialisierung der letzten beiden Jahrhunderte hat nicht nur zu Annehmlichkeiten geführt, sondern auch zu einer Verunreinigung der Umwelt. Der unsachgemäße Umgang mit Stoffen und zahlreiche Chemikalienunfälle bis hin zu den Kriegseinwirkungen der letzten beiden Weltkriege haben in der Vergangenheit vielfach zu einem Eintrag von Schadstoffen in Boden und Grundwasser geführt. Daher wurden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Seit in den 1970er Jahren die Kontaminationen von Boden und Grundwasser mit organischen Schadstoffen und Schwermetallen in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt sind, wurden zahlreiche Analysen von Umweltproben durchgeführt. Wir konzentrieren uns heute im Wesentlichen auf Schadstoffe, die in der Vergangenheit in großen Mengen produziert und verwendet wurden, wie Mineralölprodukte (Mineralölkohlenwasserstoffe, aromatische Kohlenwasserstoffe, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe), Lösemittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe), Schwermetalle und einige mehr. In Einzelfällen fanden nachweislich Einträge mit spezifischen Stoffen statt wie z. B. Wärmeträgeröle, die aus wenigen definierten Substanzen bestehen; entsprechend wird im Untergrund nach genau diesen Stoffen gesucht [1]. Dem steht die Tatsache gegenüber, dass heute mehr als 67 Mio. chemische Substanzen im CAS-Katalog (Chemical Abstracts Service) verzeichnet sind. Die genaue Zahl erhöht sich im Sekundentakt [http://www.cas.org (23.06.12)]. Dies bedeutet, dass sich mehr Schadstoffe im Untergrund befinden könnten als uns heute bekannt ist. Und bekannt ist schon eine große Anzahl kontaminierter Flächen: Nach der Erhebung des Umweltbundesamtes (Stand 07/2011) liegen im Bundesgebiet 314 347 altlastenverdächtige Flächen und 14 209 nachgewiesene Altlasten vor, die sich noch nicht in der Sanierung befinden oder bei denen die Sanierung noch nicht abgeschlossen ist. Angesichts des Aufwandes für manche Sanierung wird deutlich, welche erheblichen Anstrengungen noch vor uns liegen. Die Beseitigung dieser Altlasten wird nicht die Aufgabe einer, sondern wahrscheinlicher mehrerer Generationen sein.

Mit unserem heutigen Kenntnisstand zur Schädlichkeit der Verunreinigungen und den erheblichen Bemühungen, das Eintreten weiterer Kontaminationen zu vermeiden, stellt sich die Frage, ob das Thema nachsorgender Umweltschutz, d. h. Reparatur der eingetretenen Schäden, nach Abschluss der Sanierung der bekannten Kontaminationen dann erledigt ist. Zudem soll mit der 2013 in deutsches Recht umgesetzten Richtlinie für Industrieemissionen (Industrial Emission Directive; IED), die eine regelmäßige Untersuchung von industriell genutzten Flächen und gegebenenfalls eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes fordert, eine Art „Null-Toleranz-Politik“ für neue Verschmutzungen verfolgt und das Verursacherprinzip untermauert werden" [2]. Es liegen aber deutliche Hinweise darauf vor, dass das Thema Altlastensanierung nicht so schnell beendet sein wird. Dies wird beispielsweise an der seit 2010 geführten Diskussion zu den perfluorierten Tensiden (PFT) deutlich. Nachdem diese Stoffe in der Vergangenheit an vielen Orten nachgewiesen werden konnten und da sie wegen ihres stark inerten Verhaltens eine sehr große Verbreitung zeigen, rückten sie immer mehr in das behördliche und öffentliche Interesse. Es ist zu vermuten, dass angesichts der Existenz einer enormen Anzahl an unterschiedlichen industriell verwendeten Chemikalien auch in der Zukunft immer wieder bislang unerkannte Belastungen als solche identifiziert werden. Auch die IED kann eine Kontamination des Untergrundes letztlich nicht verhindern.

Die Altlasten werden uns daher voraussichtlich nicht so schnell ausgehen. Somit wird über Generationen hinweg die Sanierung von Belastungen des Bodens und Grundwassers ein hohes marktwirtschaftliches Potential und eine hohe gesellschaftliche Bedeutung haben.

1.2 Historische Entwicklung der In-situ-Verfahren

In den 1970er Jahren sind Belastungen der Umwelt mit Schadstoffen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt [3]. Zur gleichen Zeit haben wir begonnen, über Verfahren nachzudenken, diese unerwünschten Stoffe wieder aus dem Untergrund zu entfernen. Die ersten Sanierungsversuche, wie der Bodenaustausch bzw. das Auskoffern des kontaminierten Bodes mit den nachfolgenden Problemen – der Entsorgung der kontaminierten Böden – oder das Abpumpen und Reinigen von kontaminiertem Grundwasser, das so genannte Pump and Treat (P&T), waren teuer und im Falle des P&T oft nur wenig erfolgreich.

Mit der Entwicklung von In-situ-Verfahren wurde das Konzept verfolgt, den Boden und das Grundwasser dort zu behandeln, wo es sich befindet. Begonnen haben die In-situ-Verfahren mit der Nutzung mikrobieller Abbauvorgänge. Bereits 1913 wurde das aerobe Belebungsverfahren zur Reinigung kommunaler Abwässer eingeführt. Gleichzeitig war der Zugang zum Grundwasser über Brunnen schon seit jeher bekannt. Daher lag nach Bekanntwerden von Grundwasserbelastungen nahe, dass diese saniert werden könnten, indem die Mikroflora zu einem aeroben Metabolismus angeregt wird.

Abb. 1.1 Erteilte Patente seit 1994 für Verfahren zur Grundwassersanierung (Quelle: CAS). (Summe 474 weltweit, Mehrfachnennungen durch Anmeldungen in unterschiedlichen Ländern)

Eines der ersten Patente zur In-situ-Sanierung wurde bereits 1974 erteilt [4] und umfasst die Injektion von Luft in den Aquifer zur Sauerstoffversorgung sowie die Injektion von Nährsalzlösungen und die Entnahme von Grundwasser zur Verbesserung der Verteilung der Supplemente. Eine Strippung von Schadstoffen war nicht berücksichtigt. Kurze Zeit später (1977) wurde in Deutschland ein Patent für ein Verfahren erteilt, das Wasserstoffperoxid (H2O2) als Sauerstofflieferant für den Schadstoffabbau nutzt [5]. Wasserstoffperoxid wird durch das bakterielle Enzym Katalase unter Freisetzung von Sauerstoff gespalten: H2O2 → ½ O2 + H2O. Im Jahr 1983 wurde in den USA die hydraulische Unterstützung der In-situ-Sanierung (Pump and Treat mit Re-Infiltration) patentiert [6]. Damit waren alle fachlichen Grundlagen für die ersten in Deutschland genutzten In-situ-Verfahren gelegt. In der Folgezeit nahmen die Entwicklungen zur Sanierung von Grundwasserbelastungen deutlich zu, wie der Verlauf der jährlich erteilten Patente in Abbildung 1.1 zeigt. Der deutsche Anteil an Patenten (einschließlich ausländischer Anmelder) im nachsorgenden Umweltschutz wies mit rund 14 % der Anmeldungen im Jahr 2005 den höchsten Anteil auf.

Für Deutschland wird daher eine Vorreiterrolle bei der Boden- und Standortsanierung gesehen. Dies bietet im Hinblick auf den Export die Möglichkeit für einen forcierten Technologietransfer, Innovation und wirtschaftliche Expansion [7].

Insgesamt haben die Entwicklungen der In-situ-Verfahren seit dem Ende der 1990er Jahre einen rasanten Zuwachs erfahren, nicht zuletzt auch durch Erfahrungen ausgelöst, dass mit dem von Beginn der Grundwassersanierung an verwendeten Pump-and-Treat-Verfahren auch nach langer Laufzeit in den meisten Fällen keine Dekontamination der Quelle erzielbar war. Pump and Treat (P&T) war auch in den USA zu Beginn der Sanierungsaktivitäten das bevorzugte Verfahren (Abbildung 1.2). Schon aus dem Anfang der 1990er Jahre resultiert aber die Erkenntnis, dass mit P&T die vorgegebenen Sanierungszielwerte nur in den wenigsten Fällen erreicht werden können [8].

Abb. 1.2 Markttrends in den USA.

Dies hatte zur Folge, dass vermehrt In-situ-Verfahren vorzugsweise zur Sanierung der Fahne als Alternative zum P&T zum Einsatz kamen. Zunächst konzentrierten sich die In-situ-Verfahren auf den mikrobiellen Schadstoffabbau unter aeroben Bedingungen. Verfahren, die auf anderen als mikrobiellen Prozessen beruhen, wurden in diesem Zeitraum noch sehr selten angewendet. Parallel dazu war ein Paradigmenwechsel von P&T als Dekontaminationsmaßnahme hin zu einer Anwendung als hydraulische Sicherung zu verzeichnen. Andererseits kristallisierte sich Anfang der 2000er Jahre heraus, dass auch Schwierigkeiten bestehen, einen Schadstoffherd mit In-situ-Verfahren zu dekontaminieren [9, 10]. In der Folgezeit entwickelten sich Kombinationen aus physikalischer Sanierung des Schadensherdes (z. B. durch Bodenaustausch) und einer Reihe von In-situ-Verfahren für die Behandlung der gelösten Schadstoffe, bevorzugt zur Behandlung der Fahne.

Der Erkenntniszuwachs der letzten 20 Jahre zu den im Untergrund ablaufenden Prozessen hat zu einem stark verbesserten und damit auch präsenteren Standortverständnis geführt. Insbesondere die Ergebnisse des Forschungsverbundes KORA (Kontrollierter natürlicher Rückhalt und Abbau von Schadstoffen bei der Sanierung kontaminierter Grundwässer und Böden; www.natural-attenuation.de) [11] haben einen Paradigmenwechsel „von der Black Box zum Standortmanagement“ verursacht. Dies mag der Anwendung von In-situ-Verfahren Vorschub geleistet haben. Zwischenzeitlich sind die Verfahren auch hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Grundlagen besser verstanden und technisch sehr viel weiter entwickelt worden.

Moderne In-situ-Verfahren beruhen auf der Injektion von Reagenzien zur Forcierung des chemischen oder mikrobiellen Abbaus oder von Wärme, wodurch Schadstoffe in eine mobile, extrahierbare Form überführt werden. Um solche In-situ-Verfahren zu beherrschen, sind umfangreiche Kenntnisse über die im Untergrund ablaufenden biogeochemischen und physikalischen Prozesse sowie deren Beeinflussbarkeit erforderlich. Im englischen Sprachgebrauch werden die In-situ-Verfahren daher auch als Knowledge Intensive bezeichnet. In-situ-Sanierungsverfahren werden heute nicht nur mit dem Ziel einer Verkürzung der Sanierungsdauer und der Sanierungskosten als Alternative zu den klassischen Sanierungsverfahren eingesetzt, sondern adressieren neben der Fahne auch mehr und mehr den Schadensherd [12].

Mit der Einführung des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG) [13] wurden erstmals unter bestimmten Voraussetzungen systematische Untersuchungen zur Entscheidung über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen (Sanierungsuntersuchungen mit Variantenstudie) und zur Ableitung des am besten geeigneten Sanierungsverfahrens erforderlich. Voraussetzung für die Notwendigkeit einer Sanierungsuntersuchung ist, dass der Schadensfall ausreichend komplex ist, was für solche Fälle, bei denen In-Situ-Maßnahmen erwogen werden, angenommen werden kann. Damit war die Verpflichtung aufgegeben, neben den P&T-Verfahren auch andere Verfahren zu betrachten und zu bewerten. Gleichwohl fanden In-situ-Verfahren trotz der auch in Deutschland bereits frühzeitig, d. h. seit Anfang der 1990er Jahre erzielten Sanierungserfolge und der stets postulierten ökonomischen und ökologischen Vorteile keine rasche Verbreitung. Ähnliches wird auch in anderen Ländern festgestellt [15]. Die Gründe dafür sind vielfältig:

Unsicherheiten hinsichtlich der technischen Zuverlässigkeit und der erreichbaren Ziele.

Unsicherheiten hinsichtlich der erforderlichen Sanierungszeiträume und der damit verbundenen finanziellen Risiken.

Unsicherheiten hinsichtlich der Kriterien für die Auswahl des anzuwendenden Verfahrens.

Neues Wissen kommt nicht in ausreichendem Maße in der Praxis an.

Es fehlen Standards für die Auslegung und Überwachung einzelner Verfahren.

Begrenzte behördliche Akzeptanz für die Infiltration von Stoffen ins Grundwasser.

Der nachsorgende Umweltschutz rückt aus dem Blickwinkel vor dem Hintergrund noch drängenderer Probleme.

Eine weitere mögliche Ursache könnte darin liegen, dass In-situ-Verfahren als Knowledge Intensive gelten, also ein hohes Maß an Standort- und Prozessverständnis vorhanden sein muss, um sie einsetzen zu können. Dies gilt insbesondere für eine Prognose des Sanierungsverlaufes, wobei die Dauer, die meist linear mit den Kosten korreliert, das wesentlichste kostenbasierte Entscheidungselement darstellt. Liegen hier Unsicherheiten vor, fällt leicht die Entscheidung für ein häufiger angewendetes, in seinem Verlauf hinsichtlich der Wirksamkeit vermeintlich leichter abschätzbares Verfahren. Sanierungsentscheidungen, insbesondere Entscheidungen für oder gegen In-situ-Verfahren werden in der Praxis vielfach aufgrund einer dürftigen Datengrundlage getroffen. Dies führte bei der Realisierung der Maßnahmen neben einer großen Kostenunsicherheit auch zu einer erheblichen Unsicherheit hinsichtlich der erreichbaren Sanierungsziele. Es ist aber auch allgemein akzeptiert, dass die vermehrte Verwendung von In-situ-Verfahren zu Kosteneinsparungen, einem Schub für den Markt für Umwelttechnologien und zu gewichtigen Zugewinnen hinsichtlich der Nachhaltigkeit bei Sanierungen führt [15].

In Deutschland haben wir derzeit noch einen Flächenverbrauch von jährlich 1000 km2. Vor dem Hintergrund, dass bis 2050 ein Netto-Null-Flächenverbrauch angestrebt wird und die Europäische Kommission 2006 in ihrer Bodenschutzstrategie eine nachhaltigere Nutzung unserer Böden und die Notwendigkeit einer Sanierung belasteter Standorte angemahnt hat [7], wird die Notwendigkeit, über bezahlbare und effiziente Sanierungsverfahren zu verfügen, verstärkt evident.

1.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen

Bevor die gesetzlichen Rahmenbedingungen erörtert werden können, ist zunächst eine Definition einiger Begriffe erforderlich, allem voran Boden und Grundwasser. Nach dem BBodSchG [13] ist der „Boden im Sinne dieses Gesetzes […] die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der […] Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten" (§ 2, Abs. 1). Das Grundwasser wird nach DIN 4049 [16] definiert als „unterirdisches Wasser, das die Hohlräume der Erdrinde zusammenhängend ausfüllt und dessen Bewegung ausschließlich oder nahezu ausschließlich von der Schwerkraft und den durch die Bewegung selbst ausgelösten Reibungskräften bestimmt wird". Das Wasserhaushaltsgesetz [17] bestimmt Grundwasser als „das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht". Nicht zum Grundwasser zählt das in der ungesättigten Bodenzone im Wesentlichen durch Oberflächenspannung oder durch Kapillareffekte gebundene Wasser. Auch das Sickerwasser in der ungesättigten Bodenzone gehört nicht zum Grundwasser.

Das Vorgehen bei der Untersuchung möglicher Untergrundkontaminationen, der Abschätzung zur Notwendigkeit einer Sanierung sowie der Durchführung und Beendigung der Sanierung selbst ist umfassend im Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) und der dazugehörenden Verordnung (BBodSchV) [14] sowie in weiterführenden Landesgesetzen gesetzlich geregelt. Für Schadstoffbelastungen, die sich bereits im Grundwasser befinden, ist zusätzlich das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bestimmend. Nach der Systematik des BBodSchG/V gliedert sich die Bearbeitung von Kontaminationen in folgende Stufen:

Historische Erkundung

Orientierende Erkundung

Detailuntersuchung (DU)

Sanierungsuntersuchung (SU)

Sanierungsplan (nach § 13 BBodSchG)

Die Detailuntersuchung endet mit einer umfassenden Gefährdungsabschätzung und der Feststellung, ob eine so genannte schädliche Bodenveränderungen vorliegt. Dabei handelt es sich um Beeinträchtigungen der Bodenfunktion, die geeignet sind, Gefahren (z. B. für die Gesundheit), erhebliche Nachteile (z. B. für Vermögen), erhebliche Belästigungen (z. B. für das Wohlbefinden) für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Standorte mit schädlichen Bodenveränderungen werden dann als Altlast bezeichnet, wenn betreffende Altstandorte oder Altablagerungen nicht mehr in Betrieb sind.

Im Rahmen der Gefährdungsabschätzung werden die am Untersuchungsstandort relevanten Wirkungspfade ermittelt (Abbildung 1.3). Während in den meisten Fällen der Wirkungspfad Boden → Grundwasser dominiert, spielt insbesondere bei den LCKW auch das Eindringen gasförmiger Schadstoffe in Innenräume eine wesentliche Rolle bei der Gefährdungsabschätzung. In überbauten und damit versiegelten ungesättigten, stark kontaminierten Bodenbereichen kann der natürliche Abbau nicht chlorierter Schadstoffe zu erheblichen Methanbelastungen führen. Methan ist zwar kaum toxisch, kann aber in höheren Konzentrationen und in Mischung mit Sauerstoff explosive Atmosphären bilden. Für die spätere Sanierung – unter Sanierung wird nach dem BBodSchG sowohl Sicherung als auch Dekontamination verstanden – gilt, dass diese auf eine Unterbrechung der relevanten Wirkungspfade ausgelegt sein muss. Das BBodSchG gibt vor, „… den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.“ (§ 4 Abs. 3).

Abb. 1.3 Wirkungspfade [18].

Im Rahmen der Sanierungsuntersuchung (bzw. Sanierungsauswahl) wird für den kontaminierten Standort die unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten am besten geeignete und verhältnismäßige Technik ermittelt. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit umfasst die Punkte Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit.

In-situ-Sanierungsverfahren stellen durch das Einleiten von Stoffen, durch Erhitzen oder Ähnliches in erster Linie erhebliche Eingriffe in den Boden und das Grundwasser dar, dies jedoch mit dem Ziel, dessen Zustand erheblich zu verbessern. Regelungen zur Einleitung von Stoffen in das Grundwasser finden sich im Wasserhaushaltsgesetz (WHG), den jeweiligen Wassergesetzen der Bundesländer und den Wasserschutzgebietsverordnungen.

Um eine behördliche Akzeptanz für das geplante In-situ-Sanierungsverfahren zu erzielen, sind die Einleitungen nach Art, Menge, Ort und Häufigkeit zu begründen, die mit den Eingriffen verbundenen Risiken dazustellen und dem erzielbaren Erfolg gegenüberzustellen. Auch das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser ist ein genehmigungsbedürftiger Tatbestand (§ 9, Abs. 2, Nr. 1). Nach einem wasserrechtlichen Antrag unter Berücksichtigung der genannten Punkte kann eine wasserrechtliche Erlaubnis (§ 8) z. B. für die Einleitung flüssiger Stoffe (§ 9 Abs. 2) wie Alkohole, Tenside, Melasse und andere erteilt werden. Die Erlaubnis wird nur dann erteilt, wenn dauerhaft keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit zu besorgen ist (§ 48, Abs. 1) und keine schädlichen nicht vermeidbaren oder nicht ausgleichbaren Grundwasserveränderungen zu erwarten sind (§ 12, Abs. 1). Bei der Planung der Sanierungsverfahren gilt allgemein, dass kontaminiertes nicht mit unkontaminiertem Grundwasser vermischt werden darf. Dies ergibt sich hauptsächlich aus dem Verschlechterungsverbot im WHG (§ 47) [17].

1.4 Verfahrensübersicht

Der Duden [19] definiert „in situ“ mit „in der natürlichen, richtigen Lage" oder „in originaler Lage“. Dies bedeutet, übertragen auf die Sanierung von Umweltschäden, dass die Schadstoffe dort abgebaut werden, wo sie sich befinden. Der Gegensatz dazu bezeichnet „ex situ“ Verfahren, bei denen die Schadstoffe und das Medium, in dem sie sich befinden (Boden und/oder Grundwasser), entnommen und an einem anderen Ort die Schadstoffe entfernt werden. Zu den klassischen Ex-situ-Verfahren zählen der Bodenaustausch und das Abpumpen von Grundwasser mit nachfolgender Reinigung und Ableitung oder Re-Infiltration (Pump and Treatbzw. die Bodenluftabsaugung für die ungesättigte Bodenzone. Sanierungsverfahren, bei denen der Abbau zwar bevorzugt in situ erfolgt, bei denen aber ein übergelagerter hydraulischer Spülkreislauf hilft, die für die Behandlung der Schadstoffe erforderlichen Reagenzien zu verteilen, sind keine reinen In-situ-Verfahren mehr. Dies gilt insbesondere dann, wenn zusätzlich vor der Re-Infiltration eine Reinigung des entnommenen Grundwassers stattfindet. Es handelt sich dann eher um ein Hybrid-Verfahren. Gleiches gilt z. B. für die thermischen Verfahren, bei denen die mobilisierten Schadstoffe mittels Bodenluftabsaugung entfernt werden. In-situ-Verfahren können auf verschiedene Kompartimente angewendet werden, wie die ungesättigte Bodenzone, den Aquifer oder die Grenzfläche zwischen beiden, also die Kapillarzone. Je nach behandeltem Kompartiment unterscheiden sich die Verfahren signifikant. Für die ungesättigte Bodenzone liegt nur eine geringe Anzahl von In-situ- oder Hybrid-Verfahren vor:

Phytosanierung

Bioventing

Elektrokinetik

Thermisch unterstützte Bodenluftabsaugung

Die Kapillarzone wird meist nur dann separat behandelt, wenn sich dem Grundwasser aufschwimmend eine nicht wässrige Leichtphase (Light Non-Aqueous Phase Liquid; LNAPL) gebildet hat:

Dual-Phase-Extraction

Multi-Phase-Extraction

Die unterschiedlichen Verfahren zur In-situ-Sanierung der gesättigten Bodenzone können in drei große Bereiche (Grundverfahren) mit den jeweiligen spezifischen Einzelverfahren eingeteilt werden:

Biologische Verfahren

– Aerob
– Elektronenakzeptor-Injektionsverfahren
– Air Sparging / Biosparging
– Methan-Biostimulationsverfahren
– Sauerstoffdiffusionsverfahren
– Biooxidationswand
– Anaerob
– Elektronenakzeptor-Injektionsverfahren (nicht chlorierte Schadstoffe)
– Elektronendonator-Injektionsverfahren (chlorierte Schadstoffe, Metalle)

Chemische Verfahren

– In situ chemische Oxidation (ISCO)
– In situ chemische Reduktion (ISCR)
– Injektion von nanopartikulärem Eisen
– Injektion von Dithionit

Physikalische Verfahren

– Thermische Verfahren
– Dampfinjektion
– Thermal Conductive Heating (TCH)
– Electrical Resistance Heating (ERH)
– Tensid- oder Alkoholspülung
– Unterdruckverdampferbrunnen (UVB)
– Grundwasserzirkulationsbrunnen (GZB)

Diese Liste lässt sich sicherlich noch weiter fortschreiben, beispielweise um Sicherungsverfahren, Immobilisierungsverfahren oder andere Spezialverfahren [20]. Darüber hinaus sind Kombinationen einzelner Verfahren möglich. Stellvertretend sei die Injektion von EZVI (Emulsified Zero Valent Iron) genannt. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus nanopartikulärem Eisen und organischen Stoffen zur gleichzeitigen Forcierung mikrobieller und chemischer Abbauvorgänge.

Während biologische und chemische Verfahren die Eliminierung der Schadstoffe vor Ort fördern, führen physikalische Verfahren zu einer Änderung des Aggregatzustandes mit dem Ziel einer Solubilisierung und damit einer Mobilisierung, so dass eine nachfolgende Extraktion aus dem Untergrund heraus über den Wasser- oder Gaspfad erleichtert werden. Die eigentliche Schadstoffeliminierung findet dann mit Hilfe der gewählten Anlagentechnik ex situ statt. Da beim Air Sparging der pneumatische Austrag von Schadstoffen (physikalische Komponente) im Vergleich zum mikrobiellen Abbau meist nur eine kleine Rolle spielt, ist das Verfahren den mikrobiellen Verfahren zugeordnet.

Die genannten Verfahren werden nach den dominierenden Prozessen eingeteilt. Oft spielen darüber hinaus auch weitere Prozesse eine im Hinblick auf den Sanierungserfolg nicht zu vernachlässigende Rolle. So kann beispielsweise die Zugabe von Tensiden zur Mobilisierung von LCKW auch deren reduktiven mikrobiellen Abbau fördern oder es verbleibt nach der chemischen Oxidation mittels Fenton's Reagenz eine große Menge von Sauerstoff im Aquifer, der von den nach dem Ende der Oxidationsphase nicht abgetöteten Mikroorganismen zum aeroben Abbau von Schadstoffen genutzt werden kann. Es gibt es noch viele weitere Beispiele für mögliche „Nebenreaktionen“.

Generell muss unterschieden werden, ob die Verfahren in der Quelle oder in der Fahne angewendet werden können. Wegen der signifikant verschiedenen Eigenschaften der beiden Bereiche – Fahne und Quelle – sind grundlegend unterschiedliche Bewertungen beim Einsatz der In-situ-Sanierungsverfahren erforderlich. Gleichwohl sind bei der Anwendung der innovativen In-situ-Verfahren spezifische Einsatzgrenzen zu beachten, die ihre Ursache zumeist in ungünstigen standortspezifischen Randbedingungen haben.

PRB-Verfahren (Permeable Reactive Barrier), die in verschiedenen Ausführungen wie Funnel and Gate, Drain and Gate, durchströmte reaktive Wände oder auch Dichtwand-Hebereaktor zur Anwendung kommen können, stellen im Hinblick auf die obenstehende Systematik eine Sonderform dar. In erster Linie sind PRB im Vergleich zu den weiteren diskutierten In-situ-Verfahren keine Dekontaminations-, sondern Sicherungsverfahren und zum anderen können PRB in Abhängigkeit von den gewählten Reaktoren biologische, chemische oder physikalische Verfahren darstellen. PRB wurden intensiv im Forschungsverbund RUBIN untersucht. Als Ergebnis wurde 2007 ein Handbruch mit Handlungsempfehlungen veröffentlicht [21], diese Verfahren werden daher im vorliegenden Buch nicht behandelt.

Abb. 1.4 Angewendete In-situ-Verfahren (Doppelnennungen möglich) [22].

Im Rahmen einer bundesweiten Fallzusammenstellung des Ausschusses Altlasten (ALA) der LABO (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz) zu In-situ-Verfahren in der gesättigten Zone (Quelle und Fahne) wurde, auch wenn die Fallzusammenstellung keinen Anspruch auch Vollständigkeit erhebt, ersichtlich, dass mikrobielle Verfahren einschließlich Air Sparging mit zusammen rund 70 % die Mehrzahl der In-situ-Sanierungen ausmacht, wobei Air Sparging allein 17 % einnimmt (Abbildung 1.4) [22].

Von großer Bedeutung sind auch noch die Verfahren zur in situ chemischen Oxidation (ISCO) (14 %). Die weiteren genannten Verfahren nehmen einen jeweils nur relativ kleinen Anteil ein.

Im Hinblick auf die behandelten Schadstoffe stellen die LCKW die wichtigste Gruppe dar und machen rund 35 % aller in situ behandelten Schadstoffe aus, gefolgt von AKW (26 %) und MKW (21 %). Aufgrund der sehr unterschiedlichen Anforderungen an den Abbau der einzelnen Schadstoffgruppen stellt sich die Gruppe der mikrobiellen In-situ-Verfahren auch sehr heterogen dar (Abbildung 1.5). Ein großer Anteil der Verfahren umfasst den reduktiven mikrobiellen Abbau von LCKW unter Zugabe organischer Substrate wie Melasse. Zum Teil werden LCKW auch aerob mit Hilfe des Methan-Biostimulationsverfahren abgebaut (Injektion von Methan und Sauerstoff). Zur Forcierung des aeroben Abbaus werden ebenfalls eine Reihe unterschiedlicher Verfahren angewendet. Hierzu zählt die Injektion von Gasen (Luft oder Sauerstoff), Suspensionen O2-freisetzender Feststoffe, Flüssigkeiten (verdünnte H2O2-Lösungen) oder diffusive Zugabe von Sauerstoff über Membransysteme.

Abb. 1.5 Angewendete mikrobielle In-situ-Verfahren (Doppelnennungen möglich) [22].

Aus dieser Fallzusammenstellung wird deutlich, wo der Schwerpunkt dieses Buchs liegen soll: bei den mikrobiellen In-situ-Verfahren und den in situ chemischen Oxidationsverfahren. Das Buch soll einerseits einen hohen Praxisbezug aufweisen und dem Leser einen Eindruck vermitteln, wie die einzelnen Verfahren tatsächlich auch umgesetzt werden können, andererseits aber auch das entsprechende Hintergrundwissen vermitteln, das erforderlich ist, um eine Sanierung erfolgreich steuern zu können.

Bei den In-situ-Verfahren handelt es sich aber auch um eine Technologie, die einem ständigen Wandel und einer Fortentwicklung unterworfen ist. Daher soll, wo es angebracht erscheint, ein Ausblick auf die Zukunft vermittelt werden. Viele der in diesem Buch diskutierten Verfahren und vorgestellten Produkte unterliegen einem Patentschutz. Dies wurde in den folgenden Kapiteln nur in einzelnen, nicht aber in allen Fällen angegeben. Daher ist es in jedem Einzelfall erforderlich, sich vor jeder Anwendung eines Verfahrens über mögliche patentrechtlich Anwendungsbeschränkungen zu informieren.

Literatur

1 Gihr, R., Daniel, B., Gramatte, A., Rippen, G., Wiesert, P. (1990)Altlasten-Analytik, ecomed Verlag, Landsberg.

2 Europäische Kommission (2012) Die Umsetzung der Thematischen Strategie für den Bodenschutz und laufende Maßnahmen, Brüssel, 13.2.2012. http://www.dbges.de/wb/media/2012-02-13%20EU-KOM%20-%20Fortschrittsbericht%20zur%20Thematischen%20Strategie%20Bodenschutz.pdf (08.07.2012).

3 Lühr, H.P. (2007) Altlasten – so fing alles an. Vortrag anlässlich der Verabschiedung von Dr. Franzius, Umweltbundesamt am 14.09.2007. http://www.hpl-berlin.de/Seiten/Downloads/Allasten_so_fing_alles_an.pdf (25.06.2012)

4 Raymond, R. (1974) Reclamation of hydrocarbon contaminated groundwater. US-Patent 3,846,290, filed 29.09.1972, issued 05.11.1974.

5 Gassmann, G., Gunkel, W. (1979). Verfahren zur Beseitigung offener und latenter Verölung. DE Patent 2533775, 03.02.1977.

6 Jhaveri, V., Mazzacca, A.J., Snyder, H. (1983) Method and apparatus for treating hydrocarbon and halogenated hydrocarbon contaminated ground and groundwater, US-Patent 4,404,569, filed 09.07.1981, issued 30.08.1984.

7 Gier, S. (2012) Sanierung kontaminierter Standorte – Schlüssel für ein effizientes Flächenmanagement in der EU. altlasten spektrum 1/12, 34-35.

8 National Research Council (NRC) (1994) Alternatives for Groundwater Clean-up, National Academy Press, Washington, DC.

9 U.S. EPA (2003) The DNAPL Remediation Challenge: Is There a Case for Source Depletion? Expert Panel on DNAPL Remediation, EPA 600-R-03-143, http://www.epa.gov/nrmrl/pubs/600r03143.html (21.12.2012)

10 National Research Council (NRC) (2004) Contaminants in the Subsurface: Source Zone Assessment and Remediation, National Academies Press, Washington, DC.

11 Michels, J., Stuhrmann, M., Frey, C., Koschitzky, H.P. (Hrsg.) (2008) Handlungsempfehlungen mit Methodensammlung, Natürliche Schadstoffminderung bei der Sanierung von Altlasten, VEGAS, Institut für Wasserbau, Universität Stuttgart, DECHEMA e.V. Frankfurt, ISBN 978-3-89746-092-0. www.natural-attenuation.de.

12 Held, T. (2007) Neue Verfahren und Konzepte zur Quellensanierung: Eine Einführung. In: V. Franzius, K. Wolf, E. Brandt (Hrsg.), Handbuch Altlastensanierung, C. F. Müller Verlag, Heidelberg, 51. Aktualisierung, 3. Aufl. März 2007, 5851.

13 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz-BBodSchG) vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Art. 5, Abs. 30 vom 24.02.2012 (BGBl. I S. 212).

14 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) 12.07.1999 (BGBl. I S. 1554), zuletzt geändert durch Artikel 5, Abs. 31 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212).

15 Common Forum, NICOLE (2009) Common Position Paper On Innovative Technologies, www.commonforum.eu/publications_positionpapers.asp (10.07.2012).

16 DIN 4049-1:1992-12: Hydrologie; Grundbegriffe. Beuth-Verlag, Berlin.

17 Wasserhaushaltsgesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 9 vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212).

18 Reiersloh, D., Reinhard, M. (2009) Altlastenratgeber für die Praxis – Eine Reise durch die Welt schadstoffbelasteter Grundstücke – vom „Sanierungserfordernis“ bis zur „Brachflächenrevitalisierung", Vulkan Verlag, Essen.

19 Drosdowski, G., Köster, R., Müller, W., Scholze-Stubenrecht, W. (Hrsg.) (2009) Die deutsche Rechtschreibung. Band 1. 25. Auflage, Bibliographisches Institut GmbH (Dudenverlag), Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich.

20 ITVA (2010) Arbeitshilfe – H 1 – 13: Innovative In-situ-Sanierungsverfahren. Hrsg. Ingenieurtechnischer Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e.V.(ITVA), Berlin.

21 Burmeier, H., Birke, V., Ebert, M., Finkel, M., Rosenau, D., Schad, H. (2007) RUBIN I Handbuch: Anwendung von durchströmten Reinigungswänden zur Sanierung von Altlasten, Endbericht. http://www.rubin-online.de/deutsch/bibliothek/ downloads/index.html.

22 Held, T. (2012) Auswertung von Fällen mit In-situ-Anwendungen in der gesättigten Zone bei der Altlastenbearbeitung – Teil 2. Finanziert durch das Länderfinanzierungsprogramm „Wasser, Boden und Abfall“ (Hrsg.) www.laenderfinanzierungsprogramm.de/cms/WaBoAb_prod/WaBo-Ab/Vorhaben/LABO/index.jsp.

2

Schadstofftransport

Zusammenfassung

Organische Schadstoffe dringen meist als mit Wasser nicht mischbare separate Phasen in den Untergrund ein. Je nach Dichte der Schadstoffphasen im Vergleich zum Wasser unterscheidet man Leichtphasen (LNAPL, Light Non-Aqueous Phase Liquids) oder Schwerphasen (DNAPL, Dense Non-Aqueous Phase Liquids). Leichtphasen wie beispielsweise Mineralöle oder (mono-) aromatische Lösemittel sinken innerhalb der ungesättigten Bodenzone ab und bilden im Übergangsbereich zwischen grundwassergesättigtem und ungesättigtem Boden einen Phasenkörper aus. Je nach Dichte der Phase dringt diese soweit in den Grundwasserleiter ein, bis sich die Auflast durch die Phase und der Auftrieb ausgleichen. Der Phasenkörper ähnelt daher eher einem Eisberg als einer flachen aufschwimmenden Schicht. Die Schadstoffphase nimmt jedoch nie den gesamten Porenraum des Bodens ein, ein Teil bleibt immer wassererfüllt. Aber je mächtiger die Phase ist, desto größer ist auch die Sättigung des Bodenporenvolumens mit dieser Phase. Zu beachten ist dabei, dass die in einer Grundwassermessstelle gemessene Phasenmächtigkeit nicht der Mächtigkeit der Phase in der Formation entspricht.

Bei der Migration der Phase muss sie den Poreneindringwiderstand des porösen Bodenkörpers überwinden und das in den Poren vorhandene Medium (Luft oder Wasser) verdrängen. Je mächtiger die Phase ist, desto größer ist der Druck, der auf den Poren lastet und desto leichter wird der Poreneindringwiderstand überwunden. Zudem lässt sich Luft leichter aus den Poren verdrängen als Grundwasser. Diese Prozesse sind dafür verantwortlich, dass sich die Leichtphase an der Grundwasseroberfläche lateral nicht unbegrenzt ausdehnt. Zudem bleibt ein Teil der Phase während des vertikalem Absinkens durch Kapillarkräfte immobil im Porenraum als so genannte Residualsättigung gebunden.

Saisonal variierende Grundwasserstände führen zu einem Verschmieren der Schadstoffphase über die Vertikale unter Ausbildung der so genannten Schmierzone. Da die Residualsättigung im ungesättigten Boden geringer ist als im gesättigten Boden, wird residuale Phase wieder mobilisiert, sobald der Grundwasserstand absinkt und der zuvor wassergesättigte Boden nun partiell ungesättigt wird. Steigt der Grundwasserstand wieder, so kann ein großer Anteil der Phase unter Wasser immobilisiert werden. Man spricht dann von überströmten Phasen. In der Folge ist an einem gegebenen Standort dann oft eine starke Korrelation der in Messstellen beobachtbaren Phasenmächtigkeit mit dem Grundwasserstand festzustellen.

Schwerphasen wie beispielsweise LCKW oder Teeröle können, anders als die Leichtphasen, im Grundwasserleiter absinken. Insbesondere LCKW weisen einige besondere Eigenschaften auf. Zunächst müssen aber auch Schwerphasen an der Grenzfläche ungesättigter-gesättigter Boden den im Grundwasser höheren Poreneindringwiderstand überwinden, so dass sich die DNAPL an diesem Ort zunächst so lange lateral verbreiten, bis durch das Nachströmen eine ausreichend hohe Phasenmächtigkeit aufgebaut ist und der Poreneindringwiderstand überwunden werden kann. Innerhalb des Grundwasserleiters reichen kleine Änderungen in der hydraulischen Durchlässigkeit aus, um LCKW eher lateral als vertikal weitermigrieren zu lassen. LCKW in Phase können sich auf Grundwasserstaueroberflächen ansammeln und dort entsprechend dessen Gefälle, also unter Umständen auch entgegen der Grundwasserfließrichtung, strömen. Tonoberflächen werden durch die LCKW chemisch ausgetrocknet, so dass Trocknungsrisse entstehen, in die die LCKW eindringen können.

Wegen der sehr viel geringeren Viskosität der LCKW weist die Strömungsfront im Grundwasserleiter leicht Instabilitäten auf, die zu einem Ausfingern der migrierenden LCKW führt. An den Kontaktflächen der hydraulisch geringer durchlässigen Bereiche diffundieren die gelösten Schadstoffe in diese bis zu einem Konzentrationsgleichgewicht hinein. Bei einer späteren Sanierung und einer damit verbundenen Umkehr des Konzentrationsgradienten diffundieren die Schadstoffe aus den gering durchlässigen Bereichen heraus. Dieser oft als Matrixdiffusion bezeichnete Prozess führt zu einer langanhaltenden, aber vergleichsweise geringen Fracht an Schadstoffen im abströmenden Grundwasser.

Die Phasenkörper selbst unterliegen einer Alterung. Insbesondere an den Grenzflächen Phase-Luft oder Phase-Wasser findet ein Übergang der Schadstoffe aus der Phase in die Luft oder ins Wasser statt. Zuerst treten besonders flüchtige oder besonders gut lösliche Substanzen über. Die verbleibende Phase verändert sich dadurch in ihrer Zusammensetzung. Wegen des Verlustes flüchtiger und/oder gut löslicher Bestandteile wird auch die Oberfläche des Phasenkörpers verändert; sie verharzt und nimmt in ihrer Durchlässigkeit ähnlich einer Haut auf der Oberfläche einer Ölfarbe ab. Unterliegen die im Wasser gelösten Schadstoffe einer chemischen oder mikrobiellen Transformation, so können die Transformationsprodukte in den Phasenkörper hineindiffundieren und die Zusammensetzung der Phase weiter verändern.

Der Bereich, in dem eine nicht mit Wasser mischbare Phase in residualer oder gar mobiler Form vorliegt, wird als Schadensherd oder Schadensquelle bezeichnet. Schadensherde weisen meist eine sehr heterogene Verteilung der Schadstoffe (Quellenarchitektur) auf. Für eine angemessene Sanierungsplanung ist es unerlässlich, die Quellenstruktur hinreichend genau zu erkunden. Dies bedeutet, dass nicht nur die bodengebundenen Schadstoffe, insbesondere auch im gesättigten Grundwasserbereich, gemessen werden muss, sondern es gilt auch festzustellen, in welcher physikalischen Form (gelöst, sorbiert, Phase) die Schadstoffe vorliegen.

Durchströmt das Grundwasser den Quellbereich, so werden Schadstoffe aus der Schadstoffphase im durchströmenden Grundwasser gelöst. Dieser Massentransfer ist im Wesentlichen von der Größe der Grenzflächen (Phase-Wasser) und somit von der Quellenarchitektur abhängig. Die im Grundwasser gelösten Schadstoffe strömen ab und bilden eine so genannte Schadstofffahne. Innerhalb der Fahne verteilen sich die gelösten Schadstoffe zunächst diffusiv zwischen der durchflusswirksamen (mobilen) und der immobilen Porosität. Darüber hinaus findet eine Diffusion in hydraulisch geringer durchlässige Bereiche hinein statt. Dies führt dazu, dass die Geschwindigkeit der Ausbreitung der Schadstoffe in Strömungsrichtung gegenüber der des Grundwassers deutlich retardiert ist. Wird der Schadensherd vollständig entfernt, so migriert die Reinwasserfront von der Rückseite der Fahne mit einer um nahezu die gleiche Retardierung verlangsamten Geschwindigkeit in Richtung Fahnenspitze. Die Retardierung bei der Fahnenentstehung und der Fahnenauflösung sind deshalb nicht genau gleich, weil die Rückdiffusion der Schadstoffe aus gering durchlässigen Bereichen eine Art Hysterese aufweist. Bei der Rückdiffusion diffundiert ein Anteil der Schadstoffe entlang des Konzentrationsgradienten zunächst noch tiefer in die geringer durchlässigen Bereiche hinein.

Den überwiegenden Anteil der Zeit wird sich aber die Fahne hinsichtlich ihrer räumlichen Ausdehnung in einem Fließgleichgewicht befinden. Innerhalb der Fahne vermindert ein natürlicher mikrobieller Abbau die Schadstoffmasse um genau den Anteil, der aus der Quelle nachgeliefert wird. Die Diffusion und die Sorption spielen bei diesem Zustand der Fahne dann keine Rolle.

2.1 Bodeneigenschaften

Viele Grundwasserschäden beginnen mit der unbeabsichtigten Freisetzung von mit Wasser nicht mischbaren Flüssigkeiten. Befinden sich diese erst einmal in der Umwelt, beginnt ein komplexer Transportprozess. Dieser Transport von Schadstoffen als separate, nicht wässrige Phase oder der Transport von im Sicker- und Grundwasser gelösten Schadstoffen ist wesentlich an die Eigenschaften des Bodens gebunden. Die hierfür wichtigsten Parameter werden nachfolgend kurz erläutert.

Vereinfachend besteht ein Boden aus einem Lockergestein wie beispielsweise Sand oder einem in der Regel geklüfteten Festgestein. Daneben gibt es weitere Bodenarten, jedoch sind Lockergesteine oder Kluftgesteine die für Grundwassersanierungen bedeutendsten Untergründe. Lockergesteine bestehen aus Bodenkörnern unterschiedlicher Größe, die in ihrer Lagerung nicht den gesamten Raum ausfüllen, sondern einen mit Luft und/oder Wasser gefüllten Hohlraum lassen. Innerhalb des Grundwasserleiters unterscheidet sich dieser als Gesamtporosität (θges) bezeichnete Hohlraum in eine nutzbare oder mobile Porosität (θM), in der die Grundwasserströmung stattfindet und in die mit so genanntem Haftwasser und/oder statischem Wasser gefüllte immobile Porosität (θi) (Gleichung 2.1). Die nutzbare Porosität liegt in der überwiegenden Mehrzahl der Standorte im Bereich 0,02 bis 0,1.

Bei Druckerniedrigung (z. B. Absinken der Grundwasseroberfläche) wird das gespeicherte Fluid (Grundwasser) unter gravitativen Kräften freigesetzt. Streng genommen gilt der Begriff der nutzbaren Porosität nur für freie Grundwasserleiter, weil hier die elastischen Eigenschaften des Grundwasserleiters meist vernachlässigbar sind. Das statische Wasser wird im Wesentlichen durch Kapillarund Adhäsionskräfte fixiert.

(2.1)

Die Größe der Gesamtporosität und der nutzbaren Porosität sind stark von der Korngröße und der damit verbundenen hydraulischen Durchlässigkeit abhängig. Beispielsweise haben Tone eine sehr hohe Gesamtporosität. Wegen der geringen Korngröße der Tonminerale und der damit verbundenen hohen kapillaren Kraft bleibt das meiste Wasser aber fixiert und nur ein sehr geringer Anteil ist fließfähig, entsprechend ist die nutzbare Porosität gering. Bei Kiesen treten dagegen kaum kapillare Kräfte auf und die nutzbare Porosität ist nur wenig geringer als die Gesamtporosität (Tabelle 2.1).

Im Kluftgestein dagegen ist die durchflusswirksame Porosität mit dem Kluftvolumen der Gesteinsmatrix weitgehend identisch, solange nicht in Sackgassen endende Klüfte vorliegen. Das statische Wasser befindet sich in den Gesteinsporen und wird bei dem Kluftgestein auch als sekundäre Porosität oder Matrixporosität bezeichnet.

Eine weitere wichtige Größe ist der Speicherkoeffizient. Dieser charakterisiert das Speichervermögen eines porösen Mediums. Bei einem ungespannten Grundwasserleiter entspricht der spezifische Speicherkoeffizient (Ss) dem drainierbaren Hohlraumanteil. Die Gesamtporosität (θges) addiert sich damit aus dem Ss und dem nicht drainierbaren Wasseranteil (Feldkapazität). Beide Parameter sind nicht identisch mit der mobilen und immobilen Porosität. Meist ist ein größerer Anteil als θM drainierbar [2]. Bei gespannten Verhältnissen ist der Speicherkoeffizient abhängig von den elastischen Eigenschaften des Wassers und des Korngerüsts.

Tabelle 2.1 Hydraulische Durchlässigkeit, Gesamtporosität und nutzbare Porosität ([1], verändert).

Der Boden selbst wird durch seine Schüttdichte beschrieben. Dies entspricht dem spezifischen Trockengewicht eines Bodenkörpers samt seiner Hohlräume (ρB). Für die spezifische Dichte des Bodenkorns ohne Hohlräume (ρS) kann in erster Näherung der Standardwert für Quarz von 2,65 kg/L verwendet werden, vorzuziehen ist jedoch eine Messung dieses Wertes [3]. Aus beiden Dichtewerten lässt sich die Gesamtporosität berechnen (Gleichung 2.2)

(2.2)

Wie bereits diskutiert ist die effektive Porosität der Hohlraumanteil, der für den Transport von Grundwasser im Untergrund zur Verfügung steht. Je nach Größe der Poren und des effektiven Porenvolumens bietet der Boden einen unterschiedlichen Widerstand für die Weiterleitung des Grundwassers bei einer definierten Temperatur und bei Wassersättigung, charakterisiert durch den hydraulischen Durchlässigkeitsbeiwert (kf). Dieser Wert ist jedoch richtungsabhängig, es liegt eine Anisotropie vor. So ist in vertikaler Richtung die hydraulische Durchlässigkeit näherungsweise um den Faktor 10 geringer als in horizontaler. Damit sich ein Fluid im wassergesättigten Boden bewegt, muss eine Kraft aufgebracht werden, den Widerstand des porösen Mediums zu überwinden. In der Regel ist dies das Grundwassergefälle. Liegt also ein hydraulischer Gradient (I) an, so fließt das Grundwasser. Die Grundwasserfiltergeschwindigkeit (vF) und die Grundwasserabstandsgeschwindigkeit (va) berechnen sich nach dem Filtergesetz von Darcy für laminare Strömung von Flüssigkeiten in vollständig gesättigten porösen Medien (Gleichung 2.3).

(2.3)

Auch die Permeabilität (K) des porösen Mediums lässt sich aus dem Darcy'schen Gesetz ableiten und ist definiert nach Gleichung 2.4. Der Zusammenhang zwischen der Permeabilität und dem hydraulischen Durchlässigkeitsbeiwert ist in Gleichung 2.5 gegeben.

(2.4)

(2.5)

mit

Permeabilität [m

2

]

Strömungsrate in [m

3

/s]

dynamische Viskosität des Fließmediums [Ns/m

2

]

durchströmte Länge des porösen Körpers [m]

Druckdifferenz [N/m

2

]

durchströmte Querschnittsfläche des porösen Körpers [m

2

]

hydraulischer Durchlässigkeitsbeiwert [m/s]

Erdbeschleunigung [m/s

2

] und

spezifische Dichte des strömenden Fluids [kg/m

3

].

Grundwasserleiter sind in der Regel äußerst heterogen und anisotrop. Das Ausmaß der Heterogenität des Grundwasserleiters auf der Mikroskala liegt oft weit unterhalb der Messgrenze der konventionellen Erkundungsmethoden und ist daher kaum darstellbar oder gar im Hinblick auf Sanierungsverfahren verwertbar. Im Ergebnis werden die Verhältnisse in der Regel stark vereinfacht bzw. die Heterogenität bei der Sanierungsplanung schlicht vernachlässigt. Die nach Darcy berechnete Grundwasserabstandsgeschwindigkeit ist somit auch nur eine mittlere Abstandgeschwindigkeit. Die Abstandsgeschwindigkeit innerhalb der mobilen Porosität ist bereits sehr viel schneller als die mittlere Geschwindigkeit. Bevorzugte Fließwege können zudem die Geschwindigkeit weiter erhöhen. Auch die Fließrichtung kann aufgrund der Heterogenität des Bodens von der durch den Gradienten vorgegebenen Richtung lokal stark abweichen [2].

Die hydrogeologischen Verhältnisse in Kluftgrundwasserleitern weisen einige Besonderheiten auf. Der Grundwassertransport erfolgt fast ausschließlich in Klüften, die wie auch die Poren des porösen Mediums entlang ihrer Ausdehnung in ihrer Öffnungsweite variieren, uneben verlaufen und keine glatten, sondern raue Wandoberflächen aufweisen. Mit zunehmender Tiefe unter der Geländeoberkante nehmen der Abstand zwischen den Klüften zu und die Öffnungsweiten ab. Insgesamt führt dies zu einer sehr ungleichmäßigen Grundwasserströmung hinsichtlich der Richtung und der Geschwindigkeit. Die Grundwassergeschwindigkeit in den Klüften (vk) hängt im Wesentlichen von der Kluftöffnungsweite ab (Gleichung 2.6).

(2.6)

mit

Offene Klüfte sind wesentlich für den Wassertransport, die Porenmatrix des Festgesteins ist dagegen für die Schadstoffspeicherung verantwortlich [4]. Insofern können beide Grundwassersysteme, Kluftgrundwasserleiter und Porengrundwasserleiter als Zweidomänensysteme bezeichnet werden. Die Fließzonen liegen in den Klüften oder der durchflusswirksamen Porosität bzw. den Zonen hoher hydraulischer Durchlässigkeit, die Schadstoffspeicherung erfolgt durch die Matrix oder im Fall des Porengrundwasserleiters durch die immobile Porosität bzw. Zonen geringer Durchlässigkeit. Das Verhältnis der mobilen zur immobilen Porosität ist in den meisten Kluftgrundwasserleitern sehr viel größer als in Porengrundwasserleitern.

2.2 Phasen: Übersicht

Die meisten Schadstoffe sind hydrophob und weisen nur eine geringe Löslichkeit in Wasser auf. Einmal freigesetzt, migrieren sie aufgrund der Schwerkraft als separate, nicht mit Wasser mischbare Produktphasen, so genannte NAPL (Non-Aqueous Phase Liquids) durch den ungesättigten Untergrund. NAPL treten als Schwerphasen (DNAPL, Dense NAPL) mit einem spezifischen Gewicht größer der des Wassers, wie beispielsweise die meisten LCKW oder Teeröle, oder als Leichtphasen (LNAPL, Light NAPL) mit einem spezifischen Gewicht geringer der des Wassers, wie z. B. Rohöl, Benzin, Heizöl oder Diesel auf. (Als „Phase“ im Kontext der Bodensanierung bezeichnet man kurzgefasst das Vorliegen einer nicht mit Wasser mischbaren Schadstoffflüssigkeit.) Während einige Verteilungsprozesse im Untergrund bei beiden Arten von Phase auftreten, unterscheidet sich deren Verhalten in anderen Bereichen grundlegend.

Da das Vorhandensein von Phasen ein immens wichtiger, den Sanierungserfolg bestimmender Parameter ist, wird im Folgenden die Entstehung und Alterung von Untergrundbelastungen näher erläutert. Einher geht damit auch die unerlässliche Notwendigkeit zu einer Untersuchung im Vorfeld der Sanierung, ob Phase in mobiler, förderbarer oder nur in residualer Form und insgesamt in welcher räumlichen Verteilung vorliegt. Auch das Ausmaß der Sättigung des Porenraums mit Phase ist ein für die Wahl des Sanierungsverfahrens grundlegend entscheidender Parameter.

Die Verteilung von Leicht- und Schwerphasen und die davon ausgehenden Schadstofffahnen sind schematisch in Abbildung 2.1 gezeigt und werden in den folgenden Kapiteln eingehender diskutiert. Während Leichtphasen sich im Bereich des Grundwasserspiegels ansammeln, können Schwerphasen bis zur Basis des Grundwasserleiters absinken. Dabei können verschiedene Besonderheiten auftreten, die in Abbildung 2.1 mit einem Kreis gekennzeichnet sind und an dieser Stelle kurz aufgelistet werden:

1) Erreichen die Schwerphasen die Grundwasseroberfläche, verbreitern sie sich zunächst lateral, bevor sie in das Grundwasser eindringen. Das Gleiche gilt für Oberflächen geringer durchlässigerer Bereiche wie Schlufflinsen.
2) Einmal bis zum Grundwasserstauer abgesunken, können sich die Schwerphasen entsprechend dem Gefälle des Stauers auch entgegen der Grundwasserströmungsrichtung ausbreiten. Unmittelbar oberhalb dieses „Pool“-Bereiches liegt dann zum großen Teil keine Kontamination vor. Untersuchungen zur Eingrenzung der Belastung sind daher immer bis zum Grundwasserstauer durchzuführen.
3) Bei ausreichend hohem Phasendruck penetrieren die Schwerphasen auch gering durchlässige Bereiche. Liegen Tonlinsen vor, kann es durch LCKW-Phasen zur Rissbildung im Ton kommen. Dadurch werden sekundäre Wegsamkeiten geschaffen.
4) Ein Abweichen von der Tendenz zum Absinken mit eher lateraler Migration kann bereits durch sehr kleine Änderungen in der hydraulischen Durchlässigkeit, die in der Regel bei geologischen Ansprachen von Bohrkernen kaum erfasst werden, verursacht werden.
5) Ist die Masse der Schadstoffe nicht groß, kann sich die Migration zur Tiefe hin an dem Punkt erschöpfen, an dem die gesamt verfügbare Schadstoffmasse als residuale Phase festgelegt ist.
6) Auf der Oberfläche von Grundwasserstauern bilden sich Schwerphasen-Pools entsprechend dem Oberflächenrelief. Ausgehend von den Pools dringen die gelösten Schadstoffe diffusiv in den gering durchlässigen Stauer. Nur wenn der Phasendruck ausreichend hoch ist, kann auch ein Eindringen von Phase in die Poren des Stauers möglich werden. Durch LCKW verursachte Rissbildung in Tonen kann das Eindringen von Phase begünstigen.

Abb. 2.1 Verteilung von Schwer- und Leichtphasen sowie gelöster Schadstoffe im Untergrund.

Der Phasenkörper selbst lässt sich im Falle einer Leichtphase zum einen unterscheiden in einen Anteil, der gegenüber dem ungesättigten Boden, somit der Gasphase exponiert ist und zum anderen in einen Anteil, der gegenüber dem Grundwasser (Wasserphase) exponiert ist. Die neben der Migration von Phasenkörpern wichtigsten Parameter für die Verteilung von Schadstoffen im Untergrund sind (Abbildung 2.2):

Wasserlöslichkeit (Abschnitt 2.10),

Verteilungskoeffizient Boden/Wasser (K

OC

) und Retardierung (Abschnitt 2.11.2),

Verteilungskoeffizienten Octanol/Wasser (K

OW

),

Verteilungskoeffizient Wasser/Luft (Henry-Konstante) und

Dampfdruck.

Ausgehend von den hochkontaminierten Phasenbereichen finden verschiedene Stoffverteilungsprozesse im Untergrund statt. Die Einzelstoffe der Phase lösen sich langsam entsprechend ihrer Löslichkeit (S0) im vorbeiströmenden Grundwasser und bilden Schadstofffahnen aus. Die Löslichkeit ist definiert als die maximale Menge eines reinen Stoffes, die sich in einem definierten Volumen reinen Wassers bei einer definierten Temperatur und einem definierten Druck löst. Mit Zunahme der Temperatur nimmt auch die Wasserlöslichkeit zu. Im Grundwasser gelöste polare organische Stoffe wie Säuren oder Alkohole (als Kokontaminanten oder beim mikrobiellen Abbau gebildet) können als Lösungsvermittler die Löslichkeit der hydrophoben Schadstoffe erhöhen (Abschnitt 2.10).

Abb. 2.2 Schadstoffverteilungsprozesse.

Die gelösten nicht ionischen Schadstoffe sorbieren bevorzugt an der organischen Fraktion der Bodenmatrix. Das Ausmaß der Sorption der hydrophoben organischen Schadstoffe ist gekennzeichnet durch den Verteilungskoeffizienten KOC (Wasser/Organic Carbon) (Abschnitt 2.11.2). Andere Stoffe, wie beispielsweise Schwermetalle oder dissoziierbare Schadstoffe (beispielsweise Phenol), weisen ein anderes Sorptionsverhalten auf, im Wesentlichen ionische Wechselwirkungen. Die Anreicherung von organischen Schadstoffen im hydrophoben Fettgewebe von Lebewesen ist durch den Verteilungskoeffizienten KOW (Verteilungskoeffizient Octanol/Wasser) beschrieben, wobei Octanol als Referenzsubstanz für das Fettgewebe von Lebewesen dient. Auch in diesem Fall gibt es weitere Verteilungsprozesse. Ein Beispiel ist die aktive Aufnahme von Schadstoffen, die zu einer erhöhten Anreicherung der Schadstoffe in Lebewesen führen kann.

Die Konzentration der im Grundwasser gelösten verdünnten Stoffe (CW) steht mit den in der Bodenluft vorhandenen gasförmigen Stoffen (CL) theoretisch in einem Gleichgewicht, das durch den dimensionslosen Henry-Koeffizienten beschrieben wird (Gleichung 2.7). Der Henry-Koeffizient steht in Beziehung zur molaren Masse, der Wasserlöslichkeit, dem Dampfdruck und der Temperatur. Näherungsweise kann H für verdünnte Lösungen aus diesen Parametern berechnet werden unter der Annahme, dass sich die Konzentration des ausgasenden Stoffes im Grundwasser nicht wesentlich vermindert (Gleichung 2.8). Ein solches Gleichgewicht zwischen den Schadstoffen im Wasser und der Bodenluft liegt allerdings selten vor. Die gasförmigen Schadstoffe unterliegen in der Bodenluft einer steten Verdünnung durch Ausgasung in die Atmosphäre, laterale Diffusion oder mikrobiellen Abbau. An der Grundwasseroberfläche erfolgt die Nachlieferung aus dem Grundwasser. Die treibende Kraft dafür ist der verminderte Partialdruck in der Bodenluft. Im Grundwasser selbst findet an dessen Oberfläche eine starke Konzentrationsverminderung statt. Die Nachlieferung erfolgt durch langsame Diffusion aus tieferen Schichten an die Grundwasseroberfläche. Generell können Stoffe mit einem H < 4·10–6 als nicht flüchtig, mit einem H < 4·10–4 als gering flüchtig, mit einem H < 0,04 als flüchtig und H > 0,04 als stark flüchtig bezeichnet werden [5].

(2.7)

(2.8)

mit

Auch aus dem Phasenkörper selbst können an der Grenzfläche Phase-Luft leichtflüchtige Schadstoffe in die Gasphase übertreten. Das Maß für die Flüchtigkeit aus der Produkt- in die Gasphase ist der stark von der Temperatur abhängige Dampfdruck. Unpolare Moleküle und solche mit einem geringen Molekulargewicht haben einen höheren Dampfdruck als polare und höhermolekulare Moleküle.

2.3 Absinken der Schadstoffphase