Innovationsmanagement im Handel - Dirk Funck - E-Book

Innovationsmanagement im Handel E-Book

Dirk Funck

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Beschreibung

Innovationen werden für den Einzelhandel überlebenswichtig. Nur Bestehendes zu verwalten, reicht im Wettbewerb nicht mehr aus. Die Rid Stiftung fördert den bayerischen mittelständischen Einzelhandel mit dem Ziel, dessen Zukunftsperspektiven zu verbessern und damit auch die Vielfalt der Stadtkultur und die Angebotsalternativen im Internet zu erhalten. Zum 25. Stiftungsjubiläum hat die Stiftung einen Innovationswettbewerb ausgeschrieben, eine größere Zahl von Unternehmen über ein Jahr in Innovationsprojekten begleitet und die Gewinner auf einer Tagung im Herbst 2013 ausgezeichnet. In diesem Buch werden die Erkenntnisse und Ergebnisse dieses für den Handel richtungweisenden Innovationsprojektes aufbereitet und durch weitere Beiträge von Experten aus dem Umfeld des mittelständischen Fachhandels ergänzt. Viele praktische Beispiele aus dem Mittelstand zeigen, dass Innovationen auch in diesem schwierigen Umfeld nicht nur möglich sind, sondern auch zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führen können. Interessierte Leser finden Ausführungen zur Ausgangslage des mittelständischen Handels und zum Stand des Innovationsmanagements in diesen Unternehmen. Es folgen vertiefende Einblicke in verschiedene Innovationsfelder im Einzelhandel mit einer Vielzahl an Anregungen, Umsetzungempfehlungen und Praxisbeispielen. Schließlich werden die Instrumente und Erfolgsfaktoren des Innovationsmanagements praxisnah aufbereitet. Innovationsfreudige, zukunftsorientierte Unternehmerinnen und Unternehmer im Handel erhalten mit diesem Buch eine praxisnahe Inspirationsquelle.

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Seitenzahl: 367

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Klaus Gutknecht|Dirk Funck|Joachim Stumpf

Innovationsmanagement im Handel

Diese Publikation wurde finanziert von der Rid Stiftung, München.

Herausgegeben von:

Prof. Dr. Klaus Gutknecht, Professor für Handels-, Dienstleistungs- und E-Marketing, Fakultät für Betriebswirtschaft, Hochschule München

Prof. Dr. Dirk Funck, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Handelsmanagement an der Hochschule für Umwelt und Wirtschaft (HFWU) Nürtingen-Geislingen

Joachim Stumpf, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung GmbH und IPH Handelsimmobilien GmbH, München

Impressum:

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Angaben sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:978-3-7375-1083-7

Gestaltung | Satz

BookDesigns/Zeuner Publishing

Inh. Jeannette Zeuner, Sattlerstrasse 23, D-14469 Potsdam

http://www.bookdesigns.de/

Coverillustration | Titelbilder | Informationsgrafiken

Natalie Dombois, [email protected]

Druck

KASTNER AG – das medienhaus

Schloßhof 2–6, 85283 Wolnzach

www.kastner.de

Copyright: © 2014 Klaus Gutknecht/Dirk Funck/Joachim Stumpf

Verlag:ePubli.de

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck, aus auszugsweise, verboten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Einwilligung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Klaus Gutknecht|Dirk Funck|Joachim Stumpf

Innovationsmanagement im Handel

1. Auflage 2014

Peter Habit, ehemaliger Vorstand der Günther Rid-Stiftung, München

Geleitwort

Das vorliegende Buch ist nicht nur in inhaltlicher Hinsicht durch den Titel „Innovationsmanagement im Handel“ gerahmt, sondern es ist zudem in persönlicher Hinsicht Herrn Peter Habit, dem bisherigen Vorstand der Rid Stiftung, gewidmet. Peter Habit hat die Umsetzung des Stiftungszwecks, die Förderung des bayerischen Einzelhandels, in den letzten Jahren nicht nur überaus engagiert und bemerkenswert innovativ weiterentwickelt, sondern er hat sich dabei verhalten wie ein Unternehmer im besten Sinne des Wortes. Und es ist zu ergänzen, wie ein bayerischer Unternehmer, der nach dem verantwortungsbewussten Motto handelt: Es muss was g‘schehen, aber es darf nix passieren.

Diesem Motto gemäß hat Peter Habit – in den Monaten, in denen dieses Buch entstanden ist – umsichtig und zukunftsweisend die Übergabe seiner Verantwortung vorbereitet und begleitet.

Wir freuen uns deshalb mit Ihnen allen, dass dieses Buch und der Übergang der Vorstandsfunktion nicht das Ausscheiden Peter Habits aus der Stiftung markieren, sondern den Wechsel seiner Funktion – er wird uns alle als Berater weiterhin unterstützen und sich dem bayerischen Einzelhandel und seiner Förderung widmen.

Den Autorinnen und Autoren des vorliegenden Buches danken wir sehr herzlich im Namen der Stiftung, nicht nur für ihr langjähriges, engagiertes und innovatives Ausgestalten des Stiftungszwecks, sondern insbesondere für die wundervolle Idee, Peter Habit dieses Buch zu widmen.

Günther Rid-Stiftung für den bayerischen Einzelhandel

Michaela Pichlbauer

Prof. Dr. Dirk Funck

Vorständin

Vorsitzender des Beirats

INHALTSVERZEICHNIS

Geleitwort

Vorwort

Teil A: Rahmenbedingungen des Innovationsmanagements im mittelständischen Einzelhandel

Die Ausgangslage – Der mittelständische Handel im Wettbewerb

Joachim Stumpf

Innovationsmanagement im mittelständischen Einzelhandel – Statusbericht und Handlungsempfehlungen

Klaus Gutknecht, Bettina Maria Schrader, Dirk Funck

Teil B: Innovationsfelder

Innovative Geschäftsmodelle entwickeln – Strategische Antworten auf gravierende Marktveränderungen

Klaus Gutknecht

Innovationsfeld Sortiment

Dirk Funck, Robert Waloßek

Service als Profilierungsfaktor – Durch Exzellenz und Innovation zu nachhaltigem Erfolg

Sebastian Deppe

Prozess-Innovation im Handel durch Lieferservice – Wettbewerbsvorteile durch Same Day Delivery erschließen

Franziska Nosbüsch, Klaus Gutknecht

Innovationsfeld Nachhaltigkeit

Dirk Funck, Cornelia Schambeck

Hybride Verkaufssysteme – Der Handel braucht den Verkäufer 2.0

Philipp Spreer

Erfolgreich mit digitalem In-Store-Marketing – Ein Leitfaden zur Implementierung von Kiosk-Terminals, Digital Signage und mobilenAssistenten im stationären Handel

Philipp Spreer

Mobile Services im Handel

Katrin Kallweit

Teil C: Instrumente & Erfolgsfaktoren

Innovation und Projektmanagement – Ansätze, Methoden und Vorgehensmodelle zur gezielten Umsetzung von Ideen in Innovationen

Martin Rothhaar

Ideen erfolgreich umsetzen – Das Unternehmen verändern. Wie Sie Ihre Mitarbeiter in Change-Prozessen aktivieren

Heike Schinnenburg

Die Kunden einbinden – Crowdsourcing als Open Innovation-Prozess

Julia Wrede

Veränderung als Überlebensregel – Was der Handel von der Evolutionstheorie lernen kann

Oliver Hermes

Vorwort

Die vergangenen Jahre waren für den Einzelhandel gekennzeichnet von einer außerordentlichen Dynamik und teilweise umwälzenden Veränderungen. Prägend und in aller Munde ist sicherlich die Entwicklung des Onlinehandels mit gänzlich neuen Herausforderungen bei der Suche und Umsetzung der richtigen Multichannel-Strategie. Damit aber nicht genug: die tradierten Geschäftsmodelle mit einer klaren Aufgabenteilung zwischen Hersteller- und Handelsunternehmen gehören der Vergangenheit an. Gerade die starken Marken übernehmen den Verkauf ihrer Produkte – online und stationär – zunehmend selbst. Umgekehrt nimmt aber auch der Handel immer mehr Einfluss auf seine Vorstufen und die Strahlkraft und Marktanteile der Handelsmarken wachsen stetig. Weitere zentrale Rahmenbedingungen sind in diesem Zusammenhang steigende Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Wertschöpfungsketten und der demographische Wandel, verbunden mit erheblichen Kaufkraftverschiebungen aber auch mit dem an vielen Orten spürbaren Fachkräftemangel.

Auch bislang erfolgreiche Fachhändler geraten angesichts dieser Umfeldentwicklungen und eines insgesamt bestenfalls stagnierenden Marktes zunehmend unter Druck – Druck, sich zu verändern! Bisherige Sicht- und Verhaltensweisen müssen hinterfragt werden. Bislang erfolgreiche Geschäftsmodelle und Positionierungen bedürfen der kritischen Analyse und Weiterentwicklung. Gefordert ist damit ein systematisches, professionell und effizient betriebenes Veränderungs- und Innovationsmanagement im Fachhandel, um für die Zukunft gerüstet zu bleiben und die Existenz zu sichern.

Die Rid Stiftung hat vor diesem Hintergrund und anlässlich des 25. Jahres ihres Bestehens einen Innovationswettbewerb ausgeschrieben, eine größere Zahl von Unternehmen über ein Jahr in Innovationsprojekten begleitet und die Gewinner auf der Jubiläumstagung im Herbst 2013 ausgezeichnet.

Das Ergebnis hat Mut gemacht: Es mangelt weder an Möglichkeiten, auch im mittelständischen Handel innovativ zu sein, noch an Ideen für Innovationen in den verschiedenen Branchen und Unternehmen! Innovationshemmnisse haben sich aber auf dem Weg von der Idee zur Marktreife gezeigt. Es gehört (bislang) nicht zu den Kernkompetenzen des mittelständischen Handels, Innovationsprojekte professionell zu führen. Zudem ergibt sich die Herausforderung, mehr Zeit für die Weiterentwicklung des Unternehmens und seines Angebotes zu reservieren und – abseits des Tagesgeschäftes – die Zukunftsfähigkeit zu sichern! Dies erfordert ein verändertes Selbstverständnis bezüglich der Rolle und Aufgaben der Unternehmerin/des Unternehmers aber auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Mit diesem Buch möchten wir aus diesem Grund die außerordentliche Bedeutung des Innovationsmanagements für den mittelständischen Fachhandel ins Blickfeld rücken. Wir haben die Erkenntnisse und Ergebnisse der Innovationsprojekte ausgewertet und durch weitere Beiträge von Experten aus dem Umfeld des mittelständischen Fachhandels ergänzt. Sie erhalten auf diesem Weg Hilfestellungen und Anregungen bei der Suche und Umsetzung von Innovationen. Viele praktische Beispiele aus dem Mittelstand zeigen, dass Innovationen nicht nur möglich sind, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können und dann auch zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führen.

Das Buch gliedert sich dazu in drei Teile: Zunächst wird die Ausgangslage des mittelständischen Handels im Wettbewerb (siehe Kapitel 1) betrachtet und ein Blick auf den Stand des Innovationsmanagements (siehe Kapitel 2) in diesen Unternehmen geworfen. Es folgen vertiefende Einblicke in verschiedene Innovationsfelder mit einer Vielzahl an Anregungen, Umsetzungsempfehlungen und Praxisbeispielen. Die Bandbreite der Themen reicht von der Umsetzungsempfehlung innovativer Geschäftsmodelle (siehe Kapitel 3) über Innovationen in Sortiment (siehe Kapitel 4), Service (siehe Kapitel 5), Lieferservice (siehe Kapitel 6), Nachhaltigkeitsmanagement (siehe Kapitel 7) sowie Beratung (siehe Kapitel 8) bis hin zu Instore- (siehe Kapitel 9) und Mobile-Marketing (siehe Kapitel 10).

Schließlich werden die Instrumente und Erfolgsfaktoren des Innovationsmanagements in den Blick genommen. Es gibt Beiträge zum Projekt- (siehe Kapitel 11) und Change-Management (siehe Kapitel 12) sowie zur Kundenbeteiligung über den Open-Innovation-Ansatz (siehe Kapitel 13). Abschließend werden die Anforderungen an das Veränderungs- und Innovationsmanagement vor dem Hintergrund der Evolutionstheorie von Darwin (siehe Kapitel 14) reflektiert und bewertet.

Sie finden in den einzelnen Beiträgen immer wieder kompakte Hinweise und Ratschläge zur Umsetzung in den Betrieben. Zudem werden Ihnen verschiedene Zugänge zur virtuellen Welt eröffnet: mit Hilfe von QR-Codes und Verweisen auf entsprechende Internetseiten können Sie Beispiele oder vertiefende Informationen abrufen und sich so noch intensiver in die für Sie interessanten und relevanten Themen vertiefen. Wir wünschen Ihnen eine kurzweilige und inspirierende Lektüre!

Schließlich möchten wir als Herausgeber – auch im Namen aller Autoren – Peter Habit, dem ehemaligen Vorstand der Rid Stiftung, mit diesem Buch unseren herzlichen Dank für seine wunderbare Arbeit aussprechen.

Wir wünschen Ihnen eine kurzweilige und inspirierende Lektüre!

Ohne das große Engagement der Autoren, ihre Kompetenz und die gemeinsam empfundene Leidenschaft für den mittelständischen Einzelhandel, wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Unser Dank gilt Frau Natalie Dombois für die kreative Gestaltung aller Grafiken und Frau Jeanette Zeuner von Bookdesigns für das Erstellen der digitalen Vorlagen, Formate und des E-Books.

Dem unermüdlichem Wirken und dem ausgezeichneten Management von Frau Dr. Julia Wrede ist es zu verdanken, dass dieses Buch in der vorliegenden Form und Qualität überhaupt entstehen konnte – man kann so ein Projekt mit allen immanenten Widrigkeiten nicht besser steuern!

Schließlich möchten wir als Herausgeber – auch im Namen aller Autoren und Autorinnen – der Rid-Stiftung, vertreten durch die Vorständin, Frau Michaela Pichlbauer, für die sehr gute Zusammenarbeit und die Unterstützung des Buchprojektes danken. Herrn Peter Habit, dem ehemaligen Vorstand der Rid-Stiftung, möchten wir mit diesem Buch unseren herzlichen Dank für seine wunderbare Arbeit aussprechen.

Klaus Gutknecht

Dirk Funck

Joachim Stumpf

Teil A: Rahmenbedingungen des Innovationsmanagements im mittelständischen Einzelhandel

Die Ausgangslage – Der mittelständische Handel im Wettbewerb

Zusammenfassung

Die umfassende Kenntnis der Rahmenbedingungen für den deutschen Einzelhandel und die damit verbundenen Implikationen für den mittelständischen Handel sind die Grundvoraussetzung, um als Unternehmerin oder Unternehmer im Handel die eigenen Entscheidungen zu Strategie und Positionierung fundieren zu können. Trends und Veränderungen der Umfeldbedingungen wirken unterschiedlich auf Branchen, Betriebsformen und Standorte. Der folgende Beitrag analysiert die Veränderungen in der Vergangenheit und beschreibt die zukünftigen Rahmenbedingungen sowie die aktuellen Reaktionen des Handels darauf. Daraus werden die Handlungsfelder für die Zukunft abgeleitet und die Bedeutung einer Innovationskultur für den mittelständischen Handel aufgezeigt.

INHALT

1 Ein Markt, der nicht wächst

2 Die Treiber der Veränderung

3 Wie reagiert der Handel

4 Konsequenzen und Herausforderungen

4.1 Verschiebung der Marktanteile

4.2 Polarisierung der Lagen

4.3 Druck auf die Rentabilität

4.4 Positionierung, Profilierung und Innovationskraft

LITERATUR

DER AUTOR

Joachim Stumpf

Joachim Stumpf ist seit 1988 Unternehmensberater für Handelsunternehmen und seit 2007 Geschäftsführer bei der BBE Handelsberatung in München mit Niederlassungen in Köln, Hamburg, Leipzig und Erfurt. Seine Spezialgebiete sind Strategieentwicklung, Standort-, Image- und Kundenzufriedenheitsforschung für Handelsunternehmen aller Branchen und Größen sowie für deren Verbundgruppen. Zwischen 1989 und 1992 war Joachim Stumpf zusätzlich Geschäftsführer des ersten bayerischen Stadtmarketingprojektes in Schwandorf, in dessen Folge die CIMA Beratung + Management GmbH entstanden ist. Seit 1994 ist er zudem Geschäftsführer und Gesellschafter der IPH Handelsimmobilien GmbH, einer Tochtergesellschaft der BBE. Die IPH entwickelt, revitalisiert, vermietet und managt Handelsimmobilien. Seit 2010 ist Joachim Stumpf auch Geschäftsführer der elaboratum GmbH. Joachim Stumpf ist seit 20 Jahren als Dozent für die RID-Stiftung tätig und gibt sein Know-how zu Trends, Perspektiven, Positionierung und Erfolgsfaktoren von mittelständischen Einzelhandelsunternehmen in einer Vielzahl von Veröffentlichungen, Vorträgen und Seminaren weiter.

1EIN MARKT, DER NICHT WÄCHST

Die Bedeutung von Innovationsmanagement für den mittelständischen Handel wird besonders deutlich, wenn man Rahmenbedingungen, Betriebsformenentwicklung, Wettbewerb und Reaktionen auf der Angebotsseite im Einzelhandel sorgfältig analysiert und daraus die Perspektiven für die Zukunft ableitet. Der ungetrübte Blick über Chancen und Risiken für den mittelständischen Handel, den das nachfolgende Kapitel geben soll, bildet darüber hinaus die Basis für viele strategische Entscheidungen.

Der Blick auf einen langen Zeitraum der Entwicklung der Nachfrageseite zeigt: Wir befinden uns in einem Markt ohne reales Umsatzwachstum. Bis Anfang der 1990er Jahre ist der Einzelhandel mit einigen wenigen Unterbrechungen sowie einer Sonderkonjunktur nach der Wiedervereinigung kontinuierlich gewachsen. Ab 1994 sind diese Sondereffekte im Einzelhandel weitestgehend bereinigt. Im darauf folgenden Zeitraum ab 1995 stagnierte oder schrumpfte der Markt. Abbildung 1 zeigt, dass im Zeitraum von 1995 bis 2013 der deutsche Einzelhandel im engeren Sinne (ohne Kfz, Tankstellen und Apotheken) nominal einen Umsatzzuwachs von 15,2 % erzielen konnte, was allerdings einem preisbereinigten Minus (reale Entwicklung) von 4,4 % entspricht. Zur Ermittlung des realen Umsatzwachstums wird das nominale Umsatzwachstum um die Preissteigerungsrate im jeweiligen Sortimentsbereich bereinigt. D. h., dass in Branchen in denen die Preissteigerung höher ist als das nominale Wachstum, die reale Umsatzentwicklung unter der nominalen liegt. Es gibt aber auch Branchen, wie z. B. Consumer Electronics, in denen ein so starker Preisverfall vorhanden ist, dass das reale Umsatzwachstum deutlich über dem nominalen liegt. In diesen Branchen muss deutlich mehr Menge bei gleicher Qualität verkauft werden oder deutlich hochwertigere Waren, um ein positives nominales Wachstum zu erzielen.

Abbildung 1: Entwicklung Einzelhandelsumsatz gesamt und in ausgewählten Branchen 1995 bis 2013 (statistisches Bundesamt, 2014, Berechnungen BBE Handelsberatung GmbH)

Die Daten für den gesamten Einzelhandel resultieren aus erheblichen Unterschieden in den einzelnen Branchen. Der Lebensmitteleinzelhandel, der mit Abstand größte Teilmarkt innerhalb des deutschen Einzelhandels, erzielte ein nominales Umsatzwachstum von 28,6 %; real ist der Umsatz im Lebensmitteleinzelhandel nur um 0,1 % gestiegen. Dort schreitet die Konzentration weiter voran und fast alle Anbieter entwickeln Konzepte für die Innenstädte, um näher an den Verbraucher heranzurücken.

Im Gegensatz zur Lebensmittelbranche erleidet die Textilbranche seit Jahren kontinuierlich Umsatzrückgänge, die im Analysezeitraum bei nominal 3,9 % und real 8,2 % liegen. Die damit verbundenen Rückgänge der Flächenleistung, wachsende Online-Marktanteile und die Expansion der vertikalen Anbieter setzen den Mittelstand weiter unter Druck.

Die ebenfalls modisch geprägte Schuhbranche hat sich zwar deutlich besser entwickelt als der Textilmarkt mit nominalen Umsatzzuwächsen von 14 % und realen Zuwächsen von 2,5 %, aber die Ertragskraft des mittelständischen Schuheinzelhandels ist laut BBE-Erfahrungsaustauschgruppen nicht besser als im Textileinzelhandel.

Die Sportbranche erzielte ein Umsatzplus von 45,1 %, was einem realen Plus von 33,2 % entspricht. Das zunehmende Gesundheits- und Fitnessbewusstsein der Menschen hat der Sportbranche insgesamt, besonders aber dem Erlebnisbereich Outdoor, Dynamik verliehen. Hinzu kommt, dass funktionale Sportbekleidung und Sportschuhe zunehmend auch im Beruf und in der City getragen werden.

Auch der Möbelhandel verzeichnet ein nominales und reales Minus in Höhe von 6,4 % bzw. 19,5 %. Innerhalb der einzelnen Warengruppen hat sich der Bereich Küchen deutlich überdurchschnittlich entwickelt.

Der Preisverfall in der Branche Consumer Electronics führt zu einem realen Umsatzzuwachs im Analysezeitraum von 150,8 %, was allerdings lediglich einem nominalen Zuwachs von 3,7 % entspricht. Gerade in dieser Branche steht der mittelständische Handel aufgrund sehr hoher Marktanteilszuwächse im Onlinehandel, einer hohen Konzentration und einer hohen Vergleichbarkeit der Produkte unter einem hohen Wettbewerbsdruck. Der hohe Preisverfall führt dazu, dass immer mehr Menge oder hochwertigere Waren verkauft werden müssen, um nominal keine Umsatzverluste erleiden zu müssen.

Für die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung des Einzelhandels ist die Erklärung der vergangenen Stagnation sehr wichtig. In dem aufgezeigten Zeitraum wurden die größten Liberalisierungsfortschritte im europäischen und im Welthandel erzielt. Daher stellt sich die Frage, ob die Globalisierung eine oder gar die Ursache der Marktstagnation sein kann. Sie lässt sich nicht ganz eindeutig beantworten. Dennoch ist von einem starken Zusammenhang auszugehen. Die Liberalisierung der Beschaffungsmärkte (siehe in diesem Aufsatz Kapitel 2 zu den Umfeldbedingungen) hat zu sinkenden Einkaufspreisen, mehr Warenvielfalt und zu einem erheblichen Warendruck im Handel geführt. Die Menge ist deutlich stärker gewachsen als der Umsatz. Dies würde die Stagnation des Marktes zum einen damit erklären, dass beim Verbraucher „volle Schränke“ vorhanden sind, d. h. dass er in einigen Produktbereichen nur noch Ersatzbedarf deckt. Zum anderen wecken Produkte mit technischer Innovation (z. B. in der Unterhaltungselektronik, der Telekommunikation, dem Sporthandel) oder in der Mode (nicht nur Textil und Schuhe, selbst bei Wohnen und Einrichten) permanent Bedarfe. Aber auch in diesen Branchen wächst der Markt nur schwach oder gar nicht, da die Verbraucher heute mehr Menge und mehr Vielfalt an Ware zum gleichen oder günstigeren Preis als vor der Globalisierung erhalten und daher ein geringer Anreiz für eine Ausdehnung der Ausgaben im Handel besteht. Es gibt keinen Nachfragestau. Da der Anteil des Einzelhandels am privaten Verbrauch aber kontinuierlich sinkt (von 35,2 % in 1995 auf 28,1 % in 2012, HDE 2013, S. 8), wäre zusätzlich der Frage nachzugehen, ob nicht eine Verbesserung der Attraktivität des Angebotes die Ausgabebereitschaft der Konsumenten im Einzelhandel verbessern könnte. Diese Erklärung ist wenig belastbar, da die Ausstattung des deutschen Einzelhandels quantitativ mit 1,4 m² Verkaufsfläche pro Einwohner weltweit führend ist (HDE 2013, S. 27, statisches Bundesamt, eigene Berechnung).

Auch qualitativ gesehen lässt das Niveau des Einzelhandels wenige Wünsche des Verbrauchers offen. So sind die Ausdifferenzierung an Konzepten, Betriebsformen und das Niveau des Ladenbaus im weltweiten Vergleich sehr hoch. Der sinkende Anteil des Einzelhandels am privaten Verbrauch erklärt sich vielmehr mit der zunehmend veränderten Mittelverwendung.

Aus dieser Betrachtung heraus ergibt sich keine Perspektive auf reales Wachstum im Einzelhandel: Auch wenn sich einzelne Branchen oder Betriebstypen im Einzelhandel überdurchschnittlich entwickeln, verliert der Einzelhandel insgesamt weiter Anteile am privaten Verbrauch. D. h.: Individuelles Wachstum von Unternehmen, Branchen und Betriebsformen geht zu Lasten von anderen Unternehmen, Branchen und Betriebsformen, aber es gibt kein reales Gesamtmarktwachstum des Einzelhandels. Die Konkurrenz mit handelsfremden Ausgaben sowie ein weiteres Mengenwachstum durch Vertikalisierung und Globalisierung bleiben bestehen.

Abbildung 2: Entwicklung Konsumausgaben der privaten Haushalte 2005 bis 2013

Daraus folgt: Es herrscht Hyperwettbewerb auf allen Kanälen – Großstadt gegen Kleinstadt, online gegen offline, City gegen Peripherie, Fachgeschäft gegen Fachmarkt und Weltstadtshopping rund um den Globus. Um Umsatzzuwächse in einem Markt zu erzielen, der nicht wächst, bedarf es der Verdrängung von bestehenden Konzepten bzw. Standorten. Damit lässt sich die Ausgangssituation folgendermaßen zusammenfassen: Die guten Konzepte verdrängen die schlechten Konzepte und die guten Standorte verdrängen die schlechten Standorte. Was gut und was schlecht ist, entscheidet ausschließlich der Konsument.

Der Rückblick in die Einzelhandelsentwicklung bietet also keine Perspektive für Wachstumsimpulse. Um einen noch tieferen Blick in die Rahmenbedingungen des Einzelhandels erhalten zu können und um einen Ausblick treffen zu können, sollen im Folgenden die weiteren Umfeldbedingungen betrachtet werden.

2DIE TREIBER DER VERÄNDERUNG

Abbildung 3 listet (in Anlehnung an Zentes/Swoboda/Foscht 2012, S. 11–56) in tabellarischer Form die wichtigsten Veränderungen der Umfeldbedingungen und ihre relevanten Konsequenzen auf. Die Auswirkungen auf die Entwicklung einzelner Branchen und Betriebsformen sind unterschiedlich. Wichtige Punkte sind im Folgenden zusammengefasst:

Abbildung 3: Umfeldbedingungen für den deutschen Einzelhandel

Die großen Veränderungen begünstigenüberdurchschnittlich starkGroßbetriebsformen, aber auch eine Reihe von neuen Nischenkonzepten des Fachhandels (Bio-Konzepte, „Senioren“-Konzepte), neue Standorte (Transitstrecken, Wohnquartiere), Modifikationen von Fachgeschäftsstrategien (service-, convenience- und zielgruppenbezogen) und neue Vertriebsformen (Electronic- und Mobile-Commerce). Einen Teil der größenbedingten Nachteile gleichen die Verbundgruppen des Einzelhandels für den mittelständischen Fachhandel aus, ebenso wie die Vielzahl an Franchisesystemen, die Konzeptgeber in nahezu allen Betriebsformen und Branchen für viele mittelständische Unternehmer sind. So gibt es typische Fachgeschäftskonzepte in Innenstadtlagen betrieben, wie Palmers (Wäsche), Reno (Schuhe), Marc O´Polo (Textil), Villeroy & Boch (Porzellan), Yves Rocher (Parfümerie), aber auch Fachmarktkonzepte in Gewerbegebieten oder Randlagen betrieben, wie Obi (Bau- und Gartenmärkte), BabyOne (Babybedarf), Fressnapf (Zoobedarf) sowie Möbelkonzepte in 1b-Lagen betrieben, wie BoConcept (Designmöbel) und Pssst (Bettwaren). Selbst im konzerngeprägten Lebensmittelhandel reüssieren viele mittelständische Unternehmer als selbstständige Kaufleute unter dem genossenschaftlichen Dach z. B. der REWE-Group oder der EDEKA. Ebenfalls eine Unternehmer-Gruppe, die größenbedingte Nachteile in Beschaffung, Logistik, Marketing und Organisation kompensiert, sind die sogenannten „kleinen Riesen“, also regionale Kleinfilialisten aus dem mittelständischen Fachhandel. Beispiele hierfür gibt es aus allen Branchen und Betriebsformen, selbst aus denen, die insgesamt Marktanteile verlieren wie z. B. die Buchhandlung Osiander aus Tübingen oder das Kaufhaus RID aus Weilheim.

Dadurch, dass viele Großbetriebsformen ihren Wettbewerbsvorteil durch Kosten- und Beschaffungsvorteile bei gleichzeitig hoher Werbepräsenz vor allem für ein herausragendes Preisimage einsetzen und zusätzlich eine dominante Grundorientierung der Verbraucher im „smart shoppen“ liegt, sind nach wie vor Betriebsformen mit hoher Preisorientierung begünstigt. Für den Fachhandel müssen deshalb Profilierungs- und Spezialisierungsstrategien fühlbare Leistungsvorteile beinhalten, um eine ausreichende Differenzierung zu erreichen. Die aufgezeigten Umfeldbedingungen bieten solche Profilierungsmöglichkeiten und sollten immer wieder auf Verwertbarkeit für das eigene Konzept überprüft werden. Ein Beispiel für die Nutzung des Megatrends „Nachhaltigkeit“ liefert der Beitrag „Innovationsfeld Nachhaltigkeit"“ von Funck/Schambeck in diesem Buch.

Die äußerst anspruchsvollen Herausforderungen für den mittelständischen Handel der Zukunft werden klarer, wenn man die wichtigsten Einflussfaktoren auf die zukünftige Entwicklung im deutschen Einzelhandel extrahiert. Dies sind vor allem Technologie und weitere Vertikalisierung/Internationalisierung, aber auch Demografie und Reurbanisierung. Hinzu kommen immer besser vorinformierte, selbstbewusste und kritische Verbraucher. Kapitel 3 zeigt die unmittelbaren Reaktionen auf der Angebotsseite.

Die technologische Weiterentwicklung treibt den Onlinehandel und wird Formate und Standorte am stärksten und am schnellsten beeinflussen. Außerdem erfordert die technologische Entwicklung von den Handelsunternehmen hohe Investitionen in Hard- und Software. Handelsunternehmen werden Technologieunternehmen. Electronic Commerce wird nicht nur Konkurrenz zum stationären Handel, sondern auch Teil dessen im Rahmen eines Multichannel-Ansatzes. Überhaupt wird das Verschmelzen von „Cyberspace“ und Realität auch in zunehmendem Maße das Verhalten sowie die Kommunikation der Menschen und damit das Marketing radikal verändern. Im Extrem kann das bedeuten: „Der Handel braucht den physischen Laden nicht mehr (nur) zum Verkauf, dafür umso mehr für andere Funktionen. Der Konsumraum wird zum Experimentierfeld, Begegnungsort oder Testlokal in der – tatsächlichen – Welt“ (Kühne 2009, S. 5).

Kein anderer Bereich des Einzelhandels wächst so schnell wie der interaktive Handel. Obwohl unterschiedliche Quellen und Methoden zur Erhebung existieren, ist der Trend eindeutig. Abbildung 4 zeigt die Umsatzentwicklung des interaktiven Handels bzw. die Umsatzentwicklung des E-Commerce auf 55,8 Mrd. EUR bzw. 48,8 Mrd. EUR in 2014 (Prognose). Dies entspricht einer Wachstumsrate von 15,5 % bzw. 24,8 % (bevh 2014). Dieses Wachstum hat bis vor ca. 5 Jahren vor allem zu Lasten des sonstigen Distanzhandels geführt (Katalog, Teleshopping etc.).

Abbildung 4: Wachstum des interaktiven Handels

Der Handel wird internationaler. Online (Amazon, ebay etc.) wie Offline (Forever 21, H&M etc.) expandieren internationale Konzerne. Unterschiedlichste Stufen der Vertikalisierung gewinnen immer mehr an Bedeutung. Hersteller werden Händler. Die besonders stark in der Textilbranche ausgeprägte Entwicklung wird auch in andere Branchen Einzug halten (siehe Kapitel 3).

Die deutsche Bevölkerung wird nach Schätzung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, je nach Zuwanderung, bis zum Jahr 2020 um etwa ein bis zwei Millionen abnehmen. Danach wird sich der Rückgang beschleunigen. Die regionalen Prognosen sind sehr unterschiedlich. Im Süden und Nordwesten Deutschlands sowie in den Ballungsräumen und deren Randbereichen wird die Bevölkerung durch die innerdeutsche Wanderungsbewegung noch ein bis zwei Jahrzehnte zu Lasten der östlichen Gebiete wachsen. Interessant ist folgende Entwicklung: Egal ob eine Region schrumpft oder wächst, es wächst tendenziell die Innenstadt (BBSR 2011). Dieser Trend verändert besonders stark die Expansion im Lebensmittelbereich. Er bringt nämlich neue Citykonzepte von nahezu allen großen Betreibern hervor.

Die Bevölkerungspyramide verändert sich stark. Bis 2020 wird die Altersgruppe der Senioren 50 % der Bevölkerung ausmachen. Auch diese Entwicklung verläuft regional unterschiedlich. Weniger Einwohner bedeuten auch weniger Käufer im Einzelhandel. Die dadurch bedingte Schrumpfung des Marktvolumens kann nur zum Teil durch höhere Konsumausgaben der älteren Bevölkerung kompensiert werden.

3WIE REAGIERT DER HANDEL

Vor dem Hintergrund der in Kapitel 2 aufgezeigten Umfeldbedingungen und der in Kapitel 1 dargestellten Tatsache, dass das Gesamtmarktvolumen real nicht wächst und individuelle Umsatzzuwächse aus Verdrängungsumsätzen resultieren, lohnt sich der Blick auf die Reaktionen der Angebotsseite. D. h. wer wagt sich in den Verdrängungswettbewerb und expandiert mit welchen Konzepten an welchen Standorten? Anschließend lassen sich die Veränderungen der zukünftigen Handelslandschaft noch treffsicherer zeichnen. Auf der Angebotsseite kommt es zu folgenden Veränderungen:

1. Flächenanpassungen

Bis 2010 haben trotz des starken Wachstums des E-Commerce nahezu keine Flächenanpassungen im stationären Handel stattgefunden. Es fanden primär Verlagerungen im interaktiven Handel selbst zu Lasten des klassischen Versandhandels (z. B. das Kataloggeschäft) statt. Erst mit den starken Zuwachsraten der Smartphones, Tablets und E-Book-Reader brach der Umsatz des stationären Handels mit Büchern und Tonträgern ein und führte zu Filialverkleinerungen und Schließungen. In dieser Branche kommt als Sondereffekt hinzu, dass sich nicht nur der Absatzkanal, sondern auch das Produkt änderte, indem es virtuell wurde. Am anfälligsten für den Verdrängungswettbewerb durch Online sind Branchen mit einem Sortiment an begrenzten, bekannten und gut vergleichbaren Marken sowie einer hohen Vorinformation des Kunden und aperiodischen Kaufzyklen. In diese Rubrik fallen neben dem Buchhandel die Branchen Spielwaren und Consumer Electronics. In diesen Branchen sinken die Umsätze des stationären Handels und der Marktführer im Bereich CE Media-Saturn erweitert als Reaktion seine eigenen OnlineAktivitäten. Die Flächenanpassungen werden zwangsläufig folgen. Mittlerweile gibt es sowohl von Media-Saturn als auch von Medimaxx kleinere Formate und die Rewe Group hat das Filialnetz von z. B. Medimaxx weiter reduziert.

2. Offline goes online

Was bei Media-Saturn sehr spät erfolgte, praktizieren viele stationäre Handelsunternehmen seit vielen Jahren, nämlich den Einstieg ins eigene Online-Geschäft als Multichannel-Anbieter. In 2010 betrug der Umsatzanteil der Multichannel-Anbieter am Online-Umsatzvolumen 58,1 % und betrug auch in 2012 noch 51,8 % (Handelsverband Deutschland/PwC 2013, S. 5). In Zukunft verschmelzen die Informations- und Vertriebskanäle. Mittlerweile verfügen nahezu alle etablierten Filialisten über Online-Shops und viele mittelständische Handelsunternehmen nutzen Marktplätze wie z. B. Ebay als Alternative zum eigenen Online-Shop. Es gibt sehr viele Varianten und unterschiedlichste Verzahnungen der Online-Aktivitäten von stationären Händlern mit deren Offline-Geschäft. So hat beispielsweise der hochwertige Damenmode-Händler Theresa mit seinem stationären Geschäft in München den stark wachsenden Online-Kanal Mytheresa mit einem Absatzmarkt von über 120 Mio. Euro aufgebaut (Wohlert 2013). Aber auch die Verbundgruppen des Mittelstandes fördern die Multichannel-Aktivitäten ihrer Mitglieder. So hat z. B. die Intersport im März 2013 einen eigenen Online-Shop ans Netz gebracht und bündelt in der Intersport Multichannel GmbH alle diesbezüglichen Aktivitäten (Intersport 2013). Der Aufbau von E-Commerce-Aktivitäten der Verbundgruppen ist allerdings aufgrund ihrer Strukturen und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt (Helmrich/Veltmann 2013).

3. Online goes Offline und differenziert seine Konzepte aus

Das stärkste Wachstum innerhalb des Online-Umsatzvolumens erreichen die sogenannten „Pure Player“. Ihr Anteil ist von 33,2 % in 2010 auf 40,5 % in 2012 (Handelsverband Deutschland/PwC 2013, S. 5) angewachsen. Neben dem Marktführer und Generalisten Amazon mit Eigenhandel und Marketplace gibt es jede Menge Spezialisierungen und Aktivitäten der Hersteller selbst. So kann man z. B. im Nike-Store seine Schuhe individuell gestalten und direkt bestellen oder bei The Whisky Store ein Sortiment nur von Whiskey mit allerlei Zusatzinformationen erhalten. Einige Pure-Player beginnen mittlerweile auch stationär sichtbar zu werden (Stumpf 2013). So haben Cyberport, myMuesli.de, Notebooksbilliger.de oder suitsupply mittlerweile eigene Läden zur Verzahnung ihrer Online- mit der Offlinewelt. Jeder zweite der 1000 größten Online-Shops in Deutschland betreibt auch stationäre Geschäfte. Zwei Drittel dieser Unternehmen haben ihren Ursprung im stationären Einzelhandel und ein Drittel war zunächst nur online aktiv (EHI Retail Institute GmbH 2012).

4. Internationalisierung und Vertikalisierung

Die Globalisierung hat nicht nur die Beschaffungsmärkte im Einzelhandel verändert, sondern auch die internationale Expansion von großen Filialkonzepten beschleunigt. Unternehmen wie Abercrombie&Fitch, Hollister, Primark, Gant, Mango, Zara, Apple, Samsung, Forever 21, Urban Outfitters etc. sind verdrängungsstark und können aufgrund ihrer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen höhere Mieten bezahlen als regionale klassische Einzelhändler. Die Folge davon ist eine hohe Uniformierung der Angebote in den 1a-Lagen und in Shopping-Centern der Metropolen. B-Lagen sowie Klein- und Mittelstädte können von dieser Entwicklung nicht profitieren (Stumpf 2014, S. 97).

Allein 2013 gab es in Deutschland 40 Markteintritte internationaler Einzelhändler. Die dezentrale Struktur mit sechs nahezu gleichwertigen Metropolen und mehr als 20 weiteren attraktiven Großstädten machen Deutschland zu einem begehrten Standort für Konzepte aus aller Welt. Deutschland liegt damit international auf Rang 5 hinter Frankreich, Japan, China und Hongkong im Länderranking. Deutschland gilt für 2014 als der attraktivste Expansionsmarkt der Welt (CBRE 2014).

Die meisten der international expandierenden Unternehmen – insbesondere aus dem Textilhandel – sind sogenannte Vertikale, d. h. Unternehmen, die die gesamte Wertschöpfungskette auf sich vereinen oder wenigstens komplett steuern. Sie sind Hersteller und Händler zugleich. Es gibt dazwischen auch viele Facetten semivertikaler Anbieter, meist ehemalige ausschließliche Markenhersteller, die jetzt eigene Retailaktivitäten zusätzlich zu ihrem klassischen Herstellergeschäft entfalten wie z. B. Gerry Weber oder Hugo Boss. Die Vertikalisierung wird auch in andere Branchen verstärkt Einzug halten. Entweder im Zuge der Vorwärtsintegration von Herstellern, die eigene Retail-Stores betreiben werden (z. B. WMF, Apple, Samsung, Lego, Playmobil, Adidas, Puma, Villeroy & Boch) oder der Rückwärtsintegration von Handelsunternehmen, die die Vorstufen der Beschaffung vereinnahmen (z. B. IKEA, Butlers). In dieser Entwicklung nehmen die Verbundgruppen für den Fachhandel eine wichtige Position ein, da sie gefordert sind, sich in die Produktions- und Distributionsprozesse stärker einzubringen (Stumpf 2014, S. 9).

Noch relativ neu in der Entwicklung von neuen Formaten sind eigene Einzelhandelsaktivitäten von Herstellern sogenannter fast moving consumer goods (FMCG). So gibt es von Ritter Sport einen Laden in Berlin, von Milka in München, von Nivea in Hamburg, Berlin und Warnemünde sowie eine Reihe von Maggi-Kochstudios.

5. Zurück in die City

Es sind vor allem zwei Umfeldbedingungen, die regelrecht zu einer Renaissance der Innenstadtentwicklung führt: die genehmigungsrechtlichen Restriktionen für Einzelhandelsgroßprojekte an nicht integrierten Standorten und die Reurbanisierung. Shopping-Center-Ansiedlungen auf der grünen Wiese gibt es schon lange nicht mehr, sie entstehen in City- oder Stadtteillagen. Dieser Entwicklung folgt nun zum ersten Mal auch eine großflächige Möbelansiedlung von Ikea in einer ehemaligen Karstadt-Filiale in Hamburg-Altona in 2014.

Bis in das Jahr 2007 hat der Lebensmittelhandel seinen Rückzug aus den Citylagen stark forciert und seine Expansion mit flächenmäßig größeren Formaten auf die Peripherie verlegt. Verstärkt seit 2010 gibt es von nahezu allen Betreibern Konzepte mit kleineren Formaten für die City. So gibt es beispielsweise einen Kaufland in der Fußgängerzone von Göttingen, einen Kaisers im Bikini-Haus in Berlin, Rewe und Denns haben Citykonzepte in München in den 5 Höfen bzw. der Hofstatt realisiert und die Discounter Lidl, Aldi und Penny eröffnen Standorte direkt in den Wohnquartieren. Die großen SBWarenhäuser an der Peripherie werden erheblich Marktanteile verlieren.

4KONSEQUENZEN UND HERAUSFORDERUNGEN

4.1 Verschiebung der Marktanteile

Die aufgezeigten Umfeldbedingungen und die Reaktion vor allem der Großbetriebsformen darauf stellen den stationären und besonders den mittelständischen Handel vor große Herausforderungen. Doch für die Branche ist es nicht neu, vor grundlegenden strukturellen Veränderungen zu stehen: Das begann mit der Einführung des Selbstbedienungsprinzips, das an Verpackung, Warenpräsentation und Flächenbedarf ganz neue Anforderungen stellte. Von 1960 bis 1980 erreichte die neu entstandene Betriebsform Verbrauchermarkt einen Marktanteil von 15 %. Es ging über den Auszug des Lebensmittel-, Heimwerker- und Möbelhandels aus den Innenstädten auf die grüne Wiese und zeigt sich heute in der Konkurrenz zwischen den attraktiven Metropolen und den Kleinstädten, die bei ihrem Einzelhandelsangebot nachlegen müssen, um die Kaufkraft in der Stadt zu halten. Das „Alles unter einem-Dach-Prinzip“ bei einem Betreiber in den Warenhäusern mit Marktanteilen von 13,5 % in 1980 wurde abgelöst von spezialisierten Fachmärkten, welche im Zeitraum von 1980 bis 2000 aus dem Stand einen Marktanteil von 11,8 % erzielten und in 2013 bei 15,7 % liegen. Gleichzeitig entwickelten Shopping-Center als Agglomeration von Spezialisten eine neue Form des „Alles-unter-einem-Dach-Prinzips“, nämlich alle Betreiber unter einem Dach. Die Verkaufsfläche von Shopping-Centern entwickelte sich in einem Zeitraum von 1980 bis 2013 von 2 Mio. Quadratmetern auf 14 Mio. Quadratmeter. Und mittendrin nutzten preisaggressive Anbieter mit einfachen Laden-Konzepten die Sparsamkeit der Deutschen und entwickelten ihre Discounter mit einem Marktanteil von mittlerweile 15 %. Heute ist es wie bereits beschrieben die Technologie, die die Entwicklung in hohem Tempo treibt.

Abbildung 5: Betriebsformenentwicklung

In diesem Umfeld haben vor allem die großen Spieler des Einzelhandels Wettbewerbsvorteile und werden noch weiter gewinnen. Denn Großbetriebsformen konnten sich den Herausforderungen zu jeder Zeit besser stellen, weil sie „Economies of Scale“ – kurz gesagt: Mengenvorteile – für sich nutzen können. Im Internetzeitalter werden aus Handelskonzernen Technologieunternehmen, deren Geschäftsmodell den Offline-Handel und den Online-Handel gleichermaßen und zukünftig untrennbar umfasst. Da der Aufbau der technologischen Infrastruktur hohe Investitionen erfordert, werden die Großvertriebsformen – zulasten der kleinen Betriebe – weitere Marktanteile gewinnen. Der nicht filialisierte Fachhandel hat in jeder Innovationsperiode Marktanteile verloren: in der Zeit der Selbstbedienung von 1960 bis 1980 von 73,7 % auf 45,0 %, in der Zeit der Spezialisierung und des Discounts von 1981 bis 2000 von 45,0 % auf 31,9 % und in der Phase der Technologisierung und Internationalisierung ab 2001 von 31,9 % auf 20,0 % in 2013. Im Zeitraum von 1981 bis 2013 haben aber auch die Warenhäuser hohe Marktanteilsverluste in Höhe von 13,5 % auf 1,8 % zu beklagen. Sehr stabil behaupteten sich die Filialisten des Handels mit einem Marktanteil von 15 % in 2013. Abbildung 5 zeigt, dass der Online-Handel auch weiterhin Marktanteile zu Lasten des nicht filialisierten Fachhandels und der Warenhäuser gewinnen wird (HDE Zahlenspiegel, Prognose BBE Handelsberatung 2014). Der Marktanteil des nicht filialisierten Fachhandels wird von 20 % in 2013 auf ca. 12 % in den kommenden 10 Jahren fallen. Dennoch bleibt die Anzahl der mittelständischen Filialisten und Kleinbetriebe sehr hoch. Sie prägen die Innenstädte und sorgen für die Vielfalt des Handelsangebotes. Für die mittelständischen Unternehmen, die aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit am Markt weiter existieren, verbleiben aufgrund ihrer spürbaren Differenzierung von uniformen Großbetriebsformen ausgezeichnete Chancen, um vom Verbraucher als unikate Einkaufstätte in einem immer stärker uniformierten Markt wahrgenommen zu werden. Die Polarisierung zwischen exzellenten mittelständischen Handelsunternehmen und denen, die die Weichen für die Zukunft nicht mehr stellen können, wird größer.

4.2 Polarisierung der Lagen

Mit der aufgezeigten Entwicklung von Expansionskonzepten und den Verschiebungen der Betriebsformen wird klar, dass die Ballungsräume als Standorte für einen starken Einzelhandel gewinnen werden. Dagegen wird es Regionen geben, die ihre Bedeutung als Einkaufsstätten zunehmend verlieren. Diese Regionen lassen sich nicht eindimensional an Ortsgröße, Zentralität etc. festmachen. Sie besitzen ein Problemprofil, das sich in etwa wie folgt charakterisieren lässt:

starker Bevölkerungsrückgang

kein großes Einzugsgebiet/keine Solitärlage. Relativ schwache Innenstadt mit keinem echten Magneten (außer Drogeriemarkt/Lebensmittelmarkt, die gegebenenfalls auch noch rausverlagert werden)

hoher Anteil kleinteiliger, inhabergeführter Betriebe, die nicht in der Lage sind, selbst multichannel-fähig zu werden oder sich an die gestiegenen Anforderungen anzupassen

moderne Fachmärkte mit zentrenrelevanten Sortimenten und Nahversorger liegen außerhalb bzw. sind an mehreren Standorten verteilt

kaum touristische Attraktivität

Gerade im ländlich geprägten Bayern gibt es sehr viele Mittelzentren wie z. B. Weilheim und kleine Oberzentren wie z. B. Rosenheim, die über eine Solitärlage mit großem Einzugsgebiet verfügen und weit genug von der Sogwirkung von Ballungsräumen entfernt sind. Diese Städte haben eine positive Zukunftsprognose. Dennoch werden einige Klein- und Mittelzentren mit den Merkmalen des aufgezeigten Problemprofils auch in Bayern an Attraktivität verlieren, wie z. B. Moosburg oder Schwandorf. Aber auch in städtisch geprägten Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen lassen sich diese Profile gut erkennen. So sind z. B. viele Städte am Niederrhein und im Münsterland von den Rahmenbedingungen gut aufgestellt, während Kleinstädte im Sauerland und Bergischen Land wie z. B. Werdohl oder Olpe schlechter aufgestellt sind, genauso wie mittelgroße Städte im Ballungsrandgebiet Rhein-Ruhr wie z. B. Wetter oder Bergkamen.

Die Konsequenz dieser Entwicklung ist eine stärkere Polarisierung von guten und schlechten Standorten. In den Städten mit Problemprofil droht der vorhandene Einzelhandel zwischen einem immer stärker werdenden Online-Angebot und einem immer stärker werdenden Offline-Angebot in den Ballungsräumen nicht mehr wahrgenommen zu werden. Ein Frühindikator ist sehr häufig eine schleichende Erosion, die sich anhand steigender Leerstände und einem langsamen Trading-down erkennen lässt. So sind nach dem Wegfall ehemals starker mittelständischer Einzelhändler häufig Nachmieter aus dem Bereich der Posten- und Discountanbieter zu finden. In solchen Städten ist es sehr wichtig, dass die verbleibenden starken Handelsunternehmen gemeinsam kommunizieren und im Idealfall auch räumlich nahe zusammenliegen.

4.3 Druck auf die Rentabilität

Die Anforderungen an das Handelsmanagement steigen. Neben dem Zwang, die Geschäftsmodelle an die Umfeldbedingungen anzupassen, steigt der Druck auf die Rentabilität. Im Zeitraum von 1995 bis 2013 sind die Verkaufsflächen um 28,9 % angewachsen bei einem nominalen Umsatzwachstum von nur 15,2 %, was zu einem Rückgang der Flächenleistung von 10,7 % geführt hat. Damit steht das Handelsmanagement in einem Markt ohne reales Wachstum vor der Herausforderung, Rentabilitätsrückgänge in Folge des Anstiegs der flächenbezogenen Kosten (Miete, Energie, Ladenbau, Warenpräsentation etc.) zu kompensieren. Hinzu kommt der erhöhte Marketingaufwand, um Verbraucher, die die Erwartung haben, 24 Stunden Zugang in unterschiedlicher Intensität zu ihrer Handelsstätte zu haben, erreichen zu können. Für die Unternehmen, die selbst eine zusätzliche Online-Strategie entwickeln, steigen die Kosten für die Bearbeitung des zusätzlichen Kanals. Auch wenn dadurch Marktanteile zurück gewonnen werden können, steigen die Kosten am POS des Outlets. Ein aussagekräftiges Controlling sowie eine solide Finanzplanung, welche die notwendigen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit berücksichtigt, sind eine wichtige Basis für den Erfolg.

4.4 Positionierung, Profilierung und Innovationskraft

Die zentrale Frage im Kontext der aufgeführten Veränderungen im Markt lautet: Warum soll eine Verbraucherin oder ein Verbraucher meines Einzugsgebietes gerade bei mir und nicht bei einem Wettbewerber kaufen? Um eine erfolgreiche Positionierung und damit eine hinreichende Differenzierung vom Wettbewerb erreichen zu können, ist die systematische Analyse von Zielgruppe, Einzugsgebiet, Wettbewerb und eigener Leistungsfähigkeit im Vergleich Grundvoraussetzung (in Anlehnung an Deppe 2009 et al., S. 64). Ein wesentlicher Betrachtungspunkt in diesem Prozess ist die kritische Analyse des Nutzenversprechens für potenzielle Kunden und deren Prüfung auf Spürbarkeit und Kommunizierbarkeit bei Kundinnen und Kunden.

In Best-Practice-Betrieben des mittelständischen Handels ist feststellbar, dass erstens leidenschaftliche Unternehmerinnen und Unternehmer eine hohe Managementkompetenz aufweisen, die sich vor allem in einer motivierenden Mitarbeiterorientierung sowie einer systematischen Unternehmenssteuerung und einer hohen Kundenorientierung ausdrückt. Zweitens besitzen diese Unternehmen durch ihre Fähigkeit, Personal zu motivieren, ein unverwechselbares Profil in den Profilierungsdimensionen Beratung und Service. „Insgesamt gesehen verstehen es die erfolgreichen Händler zudem besser, die profilierenden fachhandelsspezifischen Instrumente Sortiment, Beratung und Service mit einer vergleichsweise professionelleren und intensiveren Kommunikation zu kombinieren und dabei ein schlechtes Preisimage zu verhindern“ (Gutknecht 2010, S. 87).

Die derzeitige durch technologische Innovationen geprägte Marktphase verlangt nach einer Innovationskultur, um auf der einen Seite neue Möglichkeiten für das eigene Geschäftsmodell profilierend einzusetzen und auf der anderen Seite, um die bestehenden Leistungen immer wieder neu zu definieren und zu konfigurieren. Die regelmäßige und systematische Analyse von Umfeldbedingungen und Wettbewerb bringt viele Anregungen für die eigene Abgrenzung hervor. Es fehlt dem Mittelstand häufig an der Systematik und der Methodik, um sich dieses Potenzial zu Nutzen zu machen. Die weiteren Beiträge dieses Buches liefern einen wertvollen Beitrag, um dieses Defizit zu überwinden.

LITERATUR

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Innovationsmanagement im mittelständischen Einzelhandel – Statusbericht und Handlungsempfehlungen

Zusammenfassung

Wie innovativ ist der mittelständische Handel? Dieser Beitrag zeigt mit Hilfe einer Befragung auf, wie die Innovationskraft und die relevanten Innovationsfelder in diesen Unternehmen eingeschätzt werden können. Ebenso wird untersucht, ob und ggf. wie im mittelständischen Handel aus Ideen marktreife Leistungen entstehen. Abschließend werden zentrale Innovationshemmnisse herausgearbeitet und Handlungsempfehlungen zu deren Überwindung ausgesprochen.

INHALT

1 Innovationen: Begriff und Bewertung aus Sicht mittelständischer Händler

2 Innovationsmanagement im mittelständischen Handel – ein Statusbericht

3 Fazit und Handlungsempfehlungen

LITERATUR

DIE AUTOREN

Prof. Dr. Klaus Gutknecht

Professor für Handels-, Dienstleistungs- und E-Marketing an der Hochschule München. Promotion am Institut für Marketing und Handel der Universität Göttingen in den Bereichen Computersimulation und Marktmodellierung. Unternehmensberater, Trainer und Coach seit 1995 in den Beratungsfeldern E-Commerce, Marketing, IT und CRM für internationale Konzerne sowie für mittelständische Betriebe und Verbundgruppen. Gründer und Gesellschafter von elaboratum, New Commerce Consulting, München.

Bettina Maria Schrader M.Sc.

Bettina Maria Schrader absolvierte ihr Masterstudium in Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Marketing-Management an der Hochschule München Ende 2013. Ihre Masterthesis verfasste sie als Stipendiatin der Rid Stiftung zum „Thema Innovationsmanagement in mittelständischen Handelsunternehmen“ und wurde dabei von Prof. Dr. Klaus Gutknecht betreut. Seit Februar 2014 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin im Fach Betriebswirtschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Prof. Dr. Dirk Funck

Prof. Dr. Dirk Funck ist seit März 2014 Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Handelsmanagement an der Hochschule für Umwelt und Wirtschaft (HFWU) in Nürtingen-Geislingen. Außerdem ist er Vorsitzender des Beirats der Rid Stiftung für den Bayerischen Einzelhandel, München. Vor seiner Tätigkeit in Nürtingen war er bereits drei Jahre als Professor für Handelsbetriebslehre an der Fachhochschule in Worms tätig. Er promovierte am Institut für Marketing und Handel der Universität Göttingen bei Prof. Dr. Bartho Treis zum Thema „Ökologieorientierte Sortimentspolitik im Handel“ und hat dann das Forschungsfeld „Integrierte Managementsysteme“ am Institut etabliert. Es folgten acht Jahre als leitender Angestellter und Geschäftsführer in einer der führenden Verbundgruppen des Einzelhandels in Deutschland. Er besitzt eine langjährige Erfahrung als Berater, Trainer und Coach für mittelständische Einzelhandelsunternehmen und Verbundgruppen.

1INNOVATIONEN: BEGRIFF UND BEWERTUNG AUS SICHT MITTELSTÄNDISCHER HÄNDLER

Wie innovativ müssen Handelsbetriebe sein? In der (mittelständischen) Handelspraxis ist Innovationsmanagement nicht so selbstverständlich, wie in großen Technologieunternehmen. Manche Unternehmen sind innovativer als sie glauben, auch wenn keine technischen Neuerungen im Vordergrund ihrer unternehmerischen Tätigkeit stehen. Viele Unternehmen glauben wiederum, innovativer zu sein als sie es in Wirklichkeit sind. Dieser Beitrag bietet Orientierungspunkte für (mittelständische) Handelsunternehmen, damit eine Standortbestimmung im Hinblick auf Innovationen gelingt und mögliche Handlungsbedarfe erkannt werden können.

Zunächst soll geklärt werden, was eine Innovation ist. Der Begriff leitet sich aus dem spätlateinischen innovatio ab und bedeutet Erneuerung oder Veränderung (Mansfeld 2011, S. 13). Vollborth (2012, S. 184) sagt: „Ausgangsunkt jeder erfolgreichen Innovation ist eine gute Idee.“ Wenn eine Idee funktionsfähig gemacht wurde, wird sie als eine Erfindung oder Invention bezeichnet (Plattner et al. 2009, S. 30). Zur Innovation wird die Idee erst, wenn sie erfolgreich im Markt umgesetzt wurde (Granig/Hartlieb 2012, S. 73). Ob eine Innovation vorliegt, kann zunächst anhand des folgenden Frageschemas abgeklärt werden (Schwendt 2003, S. 19):

Neu für wen und ggf. wo?

Was ist neu?

Wie neu ist es?

Bezugspunkt und zentraler Maßstab für Innovationen ist der Kunde. Bei der Dimension „Neu für wen?“ steht also im Vordergrund, dass der Kunde die Veränderung auch als neuartig empfinden muss. Die Innensicht des Unternehmens soll so überwunden werden. Demnach darf als Innovation bezeichnet werden, was als innovativ „wahrgenommen und anerkannt wird“ (Fichter 2011, S. 19). Aus Handelssicht kann diese Fragestellung noch ergänzt werden um die lokale Dimension „Wo ist es neu?“. Damit wird eine Innovation aus der Sicht des jeweiligen Verkaufsortes betrachtet. Eine neuartige oder spürbar verbesserte Lösung eines anderen Unternehmens kann kopiert und für das eigene Geschäft adaptiert werden, wenn die Kunden an einem Standort diese noch nicht kennen. Dieser Aspekt ist gerade für den mittelständischen, primär stationär geprägten Handel von höchster Bedeutung. Innovationen sind mithin nicht unbedingt Neuheiten mit einem absoluten Anspruch, sondern sie müssen ggf. nur in einem bestimmten regionalen Einzugsgebiet neu sein.

„Was ist neu?“ fragt nach dem Innovationsgegenstand. Hier sind zahlreiche Felder denkbar, da Innovationen in jedem Unternehmensbereich entwickelt werden können. Die Bandbreite erstreckt sich über den gesamten, für den Verbraucher erlebbaren Gestaltungsbereich im Handelsmanagement und Handelsmarketing: Sortimentsleistungen (z. B. Eigenmarken), Services (z. B. Same Day Delivery), Beratungsansätze (z. B. hybride Beratung), Warenpräsentation (z. B. Augmented Reality), Marketinginstrumente (z. B. Online-Marketing, Digitales Instore-Marketing) oder auch Finanzierungsformen (z. B. Crowdfunding).