Inseln im Netz - Bruce Sterling - E-Book

Inseln im Netz E-Book

Bruce Sterling

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Beschreibung

Nichts ist wahr, alles ist erlaubt

Man schreibt das Jahr 2020: Die Nationalstaaten haben ihren politischen Einfluss weitgehend verloren, Multis beherrschen mithilfe einer perfekt vernetzten Informationstechnik die Welt. Laura und David Webster arbeiten als PR-Berater für eine dieser Firmen, Rizome. Grenada, Singapur und Luxembourg sind Datenoasen – hier wird mit jeder Sorte von Informationen gehandelt. Der Konkurrenzkampf zwischen ihnen ist groß und hat die Ausmaße eines Kleinkriegs angenommen. Rizome schickt Laura und David nach Grenada, um ein Abkommen auszuhandeln. Als Singapur Grenada angreift, kann David entkommen, doch Laura wird gefangen genommen. In den folgenden drei Jahren wird sie immer tiefer in die Machenschaften von Firmen, Staaten und Terrororganisationen verstrickt, die sie unmöglich durchschauen kann …

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BRUCE STERLING

INSELN IM NETZ

Roman

1. Kapitel

Die See lag in siedender Stille, eine schieferig-grüne Suppe, gewürzt mit warmem Schlamm. Garnelenkutter zogen am Horizont dahin.

Pfähle erhoben sich in Gruppen wie geschwärzte Finger meterhoch aus der sanft auslaufenden Brandung. Früher hatten auf diesen teerfleckigen Stelzen die Strandhäuser von Galveston gestanden. Jetzt siedelten dort Entenmuscheln, kreisten Möwen und kreischten. Er war ein großer Erzeuger von Wirbelstürmen, dieser ruhige Golf von Mexiko.

Laura las mit einem schnellen Blick zu ihren Füßen Zeit und Entfernung ab. Grüne Anzeigen blinkten auf den Spitzen ihrer Schuhe, veränderten sich mit jedem Schritt und zählten die zurückgelegte Entfernung. Laura trabte schneller. Licht und Schatten des frühen Morgens huschten über die Gestalt der Läuferin hin.

Sie brachte die letzten Pfeilerbündel hinter sich und machte weit voraus am Strand ihr Heim aus. Ihre Müdigkeit verflog in einem Ausbruch neuerlicher Energie.

Sie grinste. Die Mühe hatte sich gelohnt. Nun, da sie eingelaufen war, hatte sie das Gefühl, noch stundenlang laufen zu können, eine Verheißung unzerstörbarer Zuversicht, die aus dem tiefsten Innern kam. Sie lief mit tierhafter Leichtigkeit, wie eine Antilope.

Der Strand sprang hoch und schlug gegen sie.

Laura lag einen Augenblick benommen. Dann hob sie den Kopf, hielt den Atem an und ächzte. Ihre Wange war mit Sand verklebt, beide Ellbogen vom Aufprall betäubt. Ihre Arme zitterten, als sie sich aufstützte und auf die Knie kam. Sie blickte hinter sich.

Ihr Fuß hatte sich in etwas verfangen. Es war ein Stück schwarzes Elektrokabel. Treibgut vom letzten Wirbelsturm, im Sand begraben. Das Kabel hatte sich um ihren linken Knöchel geschlungen und sie wie ein Lasso zu Boden geworfen.

Sie drehte sich um und saß schnaufend im Sand, stieß das gelockerte Kabel von ihrem Schuh. Die Aufschürfung über der Socke begann zu bluten und meldete sich mit brennendem Schmerz.

Laura stand auf, wischte Sand von der Wange und den Unterarmen und schüttelte die Wackligkeit ab. Der Sand hatte das Plexiglas ihres Uhrtelefons zerkratzt. Das Armband war mit Schmutz verklebt.

»Wunderbar«, murmelte Laura, und eine verspätete Aufwallung von Zorn ließ ihre Kräfte zurückkehren. Sie bückte sich und zog kräftig an dem Kabel. Anderthalb Meter nassen Sandes hoben sich mit einem scharfen Ruck.

Sie hielt Umschau nach einem Stock oder einem Stück Treibholz, das sich zum Graben eignete. Der Strand war wie gewöhnlich auffallend sauber. Aber Laura war nicht gewillt, dieses schmutzige Kabel zurückzulassen, dass es andere Strandläufer zu Fall bringen konnte. Das sollte nicht sein – nicht an ihrem Strand. Sie kniete nieder und grub mit den Händen.

Sie folgte dem zerfaserten Kabel zwei Meter weit und dreißig Zentimeter tief zur verchromten Kante eines Haushaltgerätes. Die mit Holzmaserung bedruckte Kunststoffoberfläche zerbröselte unter Lauras Fingern wie altes Linoleum. Sie bearbeitete das Ding mit mehreren Fußtritten, um es zu lockern, dann zog sie es schnaubend vor Anstrengung aus seiner nassen Höhlung im Sand. Nach anfänglichem Widerstand kam es plötzlich heraus, wie ein fauler Zahn.

Es war ein Videorecorder. Zwanzig Jahre Sand und Salzwasser hatten ihn zu einer festen, korrodierten Masse werden lassen. Ein dünner Schleim aus wässerigem Sand tropfte aus dem leeren Kassettenschlitz.

Es war ein altmodisches Gerät, schwer und ungefüge. Laura zog es hinkend am Kabel hinter sich drein und hielt Ausschau nach der örtlichen Abfalltonne.

Sie trieb sich bei zwei Anglern herum, die mit hüfthohen Gummistiefeln im Wasser standen. Laura legte beide Hände an den Mund und rief: »Abfall!«

Die Tonne drehte auf breiten Gummireifen und rollte in ihre Richtung. Sie schnüffelte den Strand entlang und suchte sich den Weg mit Infraschall. So behielt sie Laura im Visier und hielt knarrend neben ihr.

Laura hob den toten Recorder und warf ihn in die offene Tonne. Es gab ein lautes, dröhnendes Geräusch. »Wir danken Ihnen, dass Sie unsere Strände sauber halten«, sagte die Abfalltonne. »Galveston weiß Bürgertugenden zu schätzen. Möchten Sie an der Verlosung eines wertvollen Geldpreises teilnehmen?«

»Spart es für die Touristen«, sagte Laura. Sie joggte weiter, bemüht, den verletzten Knöchel zu schonen.

Ein Stück jenseits der Hochwasserlinie ragte das Ferienheim auf, gestützt von zwanzig sandfarbenen Strebepfeilern. Es war ein glatter Halbzylinder aus Sandbeton und hatte mehr oder weniger Farbe und Form eines angebrannten Brotlaibes. In der Mitte erhob sich ein runder, zweistöckiger Turm aus dem ebenerdigen Hauptbau. Die tragenden Strebepfeiler waren durch massive Betonbogen miteinander verbunden.

Eine breite, bonbonrosa und weiß gestreifte Markise beschattete die Wände und eine schmale, umlaufende Veranda aus sonnengebleichtem Holz. Hinter dem Verandageländer glänzte die Morgensonne auf den Glastüren eines halben Dutzends Gästezimmer, die nach Osten zur See lagen.

Drei Kinder von Feriengästen waren bereits draußen am Strand. Ihre Eltern waren in einer kanadischen Tochtergesellschaft von Rizome beschäftigt und machten Urlaub auf Firmenkosten. Die Kinder trugen dunkelblaue Matrosenanzüge und flache Strohhüte mit wehenden Bändern, im Stil des neunzehnten Jahrhunderts. Die Kleider waren Souvenirs aus Galvestons historischem Stadtkern.

Der größte Junge, ein Zehnjähriger, rannte auf Laura zu und hielt einen langen Holzstock über den Kopf. Hinter ihm sprang ein moderner Windskulptur-Flugdrachen aus den Armen der kleineren Kinder in die Höhe und entfaltete seine gestaffelten, in blauen und grünen Pastelltönen gehaltenen Flügel im Wind. Der Zehnjährige verlangsamte seinen Lauf, wandte sich um und hatte Mühe, der Zugwirkung des Drachens standzuhalten. Der lange Drachen bewegte sich im Wind hin und her und machte unheimlich schlängelnde Bewegungen. Die Kinder kreischten vor Vergnügen.

Laura blickte zum Dach des Turmes hinauf. Am Fahnenmast wurden die Flaggen von Texas und Rizome Industries aufgezogen. Der alte Mr. Rodriguez winkte ihr kurz zu, verschwand dann hinter der Satellitenantenne. Mit der Flaggenhissung begann für den alten Mann der Tag.

Laura hinkte die Holztreppe zur Veranda hinauf und stieß sich durch die schweren Glastüren der Eingangshalle. Im Innern hielten die massiven Wände des Ferienheimes noch die Nachtkühle fest. Und den erfreulichen Geruch texanisch-mexikanischer Küche: Pfeffer, Maismehl und Käse.

Mrs. Rodriguez war noch nicht am Empfangsschalter; sie war eine Spätaufsteherin, nicht so flink wie ihr Mann. Laura ging durch den leeren Speiseraum und die Treppe hinauf zum Turm.

Bei ihrer Annäherung öffnete sich die Tür, und sie kam durch das Obergeschoss in einen runden Konferenzraum mit moderner Büroeinrichtung und gepolsterten Drehsesseln. Hinter ihr schloss sich die Falttür selbsttätig.

David, ihr Mann, lag ausgestreckt auf einem Sofa aus Korbgeflecht und hatte das Baby auf der Brust. Beide schliefen. Eine von Davids Händen lag mit gespreizten Fingern auf dem nachthemdbekleideten Rücken der kleinen Loretta.

Das Morgenlicht strömte durch die dicken runden Fenster des Turmes und schnitt Bahnen durch die Luft. Es verlieh den Gesichtern der Schlafenden eine seltsame Renaissancetönung. Davids Kopf lag auf einem Kissen, und sein ausdrucksvolles Profil erinnerte an eine Münze der Medici. Das entspannte und friedliche Gesicht des Säuglings, dessen Haut wie Damast war, wirkte zauberhaft frisch und neu.

David hatte eine Wolldecke am Fuß des Sofas zusammengedrückt. Laura breitete sie sorgsam über seine Beine und das Baby. Sie zog einen Korbstuhl heran und setzte sich zu ihnen, streckte die Beine von sich. Angenehme Müdigkeit überkam sie. Sie überließ sich ihr eine Weile, dann stieß sie Davids Schulter an. »Morgen.«

Er regte sich, richtete sich auf und nahm Loretta in die Arme; sie schlief in kindlicher Unbekümmertheit weiter. »Jetzt schläft sie«, sagte er. »Aber nicht um drei Uhr früh. Zur Mitternacht der menschlichen Seele.«

»Nächstes Mal stehe ich auf«, sagte Laura. »Bestimmt.«

»Wir sollten sie zu deiner Mutter ins Zimmer tun.« David strich sich langes schwarzes Haar aus den Augen und gähnte in die Knöchel. »Mir träumte, ich sah meine Optima Persona.«

»Ach?«, sagte Laura überrascht. »Wie war es?«

»Ich weiß nicht. Ungefähr, was ich nach dem Zeug, das ich darüber gelesen hatte, erwartete. Erhebend und dunstig und kosmisch. Ich stand am Strand. Nackt, glaube ich. Die Sonne ging auf. Es war hypnotisch. Ich spürte dieses ungeheuere Gefühl totaler Begeisterung. Als hätte ich ein reines Element der Seele entdeckt.«

Laura runzelte die Stirn. »Du glaubst doch nicht an diesen Scheiß?«

»Nein. Deine O.P. zu sehen – das ist eine Modeerscheinung. Wie früher die Leute sich einbildeten, UFOs zu sehen, weißt du? Irgendein Exzentriker in Oregon sagt, er habe eine Begegnung mit seinem persönlichen Archetyp gehabt. Bald hat jeder Knallkopf Visionen. Massenhysterie, kollektive Bewusstlosigkeit. Dummes Zeug. Aber wenigstens modern. Es ist das neue Jahrtausend.« Er schien auf eine unklare Weise erfreut.

»Es ist mystischer Unsinn«, sagte Laura. »Wenn es wirklich deine Optima Persona gewesen wäre, hättest du etwas bauen sollen, nicht? Und nicht Reklame für ein FKK-Nirwana machen.«

David machte ein einfältiges Gesicht. »Es war bloß ein Traum. Erinnerst du dich dieser Dokumentation am letzten Freitag? Der Mann, der seine O.P. die Straße entlanggehen sah, in seinen Kleidern, mit seiner Kreditkarte? Um es dahin zu bringen, habe ich noch viel vor mir.« Er bemerkte ihren Knöchel und schrak auf. »Was hast du mit deinem Bein gemacht?«

Sie sah auf ihren Knöchel. »Ich stolperte über ein Stück Wirbelsturmschrott. Im Sand vergraben. Ein Videogerät.« Loretta erwachte, und ihr winziges Gesicht dehnte sich in einem gewaltigen, zahnlosen Gähnen.

»Wirklich? Dann muss es seit dem großen Wirbelsturm von 02 sein. Zwanzig Jahre! Himmel, du könntest Wundstarrkrampf bekommen!« Er gab ihr den Säugling und holte Desinfektionsmittel und Verbandzeug aus der Hausapotheke im Bad. Auf dem Rückweg drückte er einen Konsolenknopf. Einer der flachen Bildschirme an der Wand flackerte auf.

David setzte sich mit gelenkiger Anmut auf den Boden und nahm Lauras Fuß in den Schoß. Er schnürte ihr den Schuh auf und warf einen Blick auf die Ablesung. »Eine ziemlich schlechte Zeit. Du musst gehinkt haben.«

Er zog ihr die Socke vom Fuß. Laura hielt das zappelnde Baby an der Schulter und starrte zum Bildschirm, lenkte sich ab, während David die abgeschürfte Stelle betupfte.

Der Bildschirm zeigte Davids Weltregierungsspiel – eine globale Simulation. Das Weltregierungsspiel war als ein Voraussageinstrument für Entwicklungsbehörden erfunden worden, aber eine vereinfachte und aufgemöbelte Fassung hatte ihren Weg auf den Markt gefunden. David, der dazu neigte, sich plötzlich für etwas zu begeistern, spielte es seit Tagen.

Lange Streifen der Erdoberfläche zogen in einer simulierten Satellitenansicht über den Bildschirm. Städte leuchteten grün, wenn sie gesund waren, und rot, wenn Unfriede und soziale Auflösung herrschten. Verschlüsselte Ablesungen liefen über den unteren Rand des Bildschirms. Afrika war ein einziges Durcheinander. »Es ist immer Afrika, nicht?«, sagte sie.

»Ja.« Er verschloss eine Tube mit antiseptischem Gel. »Hat nicht viel geblutet. Es wird verschorfen.«

»Klar.« Sie stand mit Loretta auf und verbarg den Schmerz um seinetwillen. Das unangenehm gespannte Gefühl verging, als das Desinfektionsmittel zu wirken begann. Sie lächelte. »Ich brauche eine Dusche.«

Davids Uhrtelefon piepte. Es war Lauras Mutter, die von ihrem Gästezimmer im Ferienheim unten anrief. »Gomen nasai, ihr alle! Wie wär's, wenn ihr Oma helfen würdet, ein Frühstück zusammenzubringen?«

David war erheitert. »Ich komme gleich hinunter, Margaret. Iss nichts, wo das Fell noch dran ist.« Sie gingen hinauf zu ihrem Schlafzimmer.

Laura gab ihm das Baby und verschwand im Bad.

Sie konnte nicht verstehen, warum David ihre Mutter mochte. Er hatte auf ihrem Recht bestanden, ihre Enkelin zu sehen, obwohl Laura ihre Mutter seit Jahren nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte. Der Aufenthalt seiner Schwiegermutter bereitete David ein naives Vergnügen, als könne ein Besuch von einer Woche Dauer Jahre unausgesprochener Verstimmung ungeschehen machen.

Für David waren Familienbande naturgegeben und fest, so wie es sein sollte. Seine Eltern waren in das Kind vernarrt. Aber Lauras Eltern hatten sich getrennt, als sie neun gewesen war, und sie war von ihrer Großmutter erzogen worden. Laura wusste, dass Familie ein Luxus war, eine Treibhauspflanze.

Laura stieg in die Badewanne und zog den Duschvorhang zu. Das von der Sonne gewärmte Wasser spülte die Spannung von ihr; familiäre Verdrießlichkeiten fielen von ihr ab. Sie stieg aus der Wanne und fönte ihr Haar trocken. Es fiel von selbst in seine richtige Form – sie trug einen einfachen Haarschnitt, eine kurze Ponyfrisur. Dann betrachtete sie sich im Spiegel.

Nach drei Monaten war die postnatale Erschlaffung größtenteils in ihrem Laufprogramm aufgegangen. Die endlosen Tage ihrer Schwangerschaft waren eine verblassende Erinnerung, obwohl ihr geschwollener Leib als Vorstellungsbild bisweilen noch in ihren Träumen spukte. Dabei war sie zumeist glücklich gewesen – riesig und behaftet mit allerlei Weh, aber von den Hormonen der Mutterschaft in Stimmung gehalten. Trotzdem hatte David es mit ihr nicht leicht gehabt. »Stimmungsumschwünge«, hatte er dazu gesagt und mit einfältiger männlicher Toleranz gelächelt.

In den letzten Wochen waren sie beide schreckhaft und nervös gewesen, wie Stalltiere vor einem Erdbeben. In dem Versuch, damit fertigzuwerden, hatten sie ihre Zuflucht in Plattheiten gesucht. Die Schwangerschaft war eine jener archetypischen Situationen, die Klischees zu erzeugen schienen.

Aber es war die richtige Entscheidung zur rechten Zeit gewesen. Jetzt hatten sie das Heim, das sie gebaut, und das Kind, das sie sich gewünscht hatten. Besondere Dinge, seltene Dinge, Schätze.

Das Ereignis hatte ihre Mutter wieder in ihr Leben gebracht, aber das würde vorübergehen. Im Grunde war alles in Ordnung, sie waren glücklich. Nichts wild Ekstatisches, dachte Laura, aber ein solides Glück von der Art, wie sie es nach ihrer Meinung verdient hatten.

Laura zupfte an ihrem Scheitel und betrachtete den Spiegel. Diese feinen grauen Fäden – vor dem Kind waren es nicht so viele gewesen. Sie war jetzt zweiunddreißig, seit acht Jahren verheiratet. Sie befühlte die Krähenfüße in den Augenwinkeln und dachte an ihrer Mutter Gesicht. Sie hatten die gleichen Augen – weit auseinander stehend und blau, mit einem gelblichgrünen Schimmer, wenn die Sonne darauf schien. »Coyotenaugen«, hatte ihre Großmutter sie genannt. Laura hatte die lange gerade Nase und den breiten Mund ihres Vaters, mit einer Oberlippe, die etwas zu schmal war. Ihre Vorderzähne waren zu groß und eckig.

Das Erbgut, dachte Laura. Willkürliche Vererbung verschiedener Einzelmerkmale als Folge der Rassenmischung. Da es Erbeinheit kaum noch gibt, hat heutzutage kein Mensch eine Ahnung, wie sein Kind aussehen wird.

Sie umrandete ihre Augen, legte Lippenstift und Videorouge auf. Dann zog sie eine Strumpfhose, einen knielangen Rock, eine langärmelige Bluse in gemusterter chinesischer Seide und einen dunkelblauen Blazer an. Ins Revers steckte sie eine Anstecknadel mit dem Firmenzeichen von Rizome.

Kurz darauf gesellte sie sich im Speiseraum des Ferienheimes zu David und ihrer Mutter. Die Kanadier, für die es der letzte Urlaubstag war, spielten mit dem Baby. Lauras Mutter aß ein japanisches Frühstück, kleine Reiskuchen und winzige glotzäugige Fische, die nach Kerosin rochen. David hatte das Übliche bereitet: geschickt getarntes essenähnliches Zeug. Lockere Nachahmungen von Rührei, Speck aus Sojabohnen, Pfannkuchen aus dickem gelbem Scop.

David war vernarrt in Gesundheitsnahrung, ein großer Anhänger unnatürlicher Lebensmittel. Nach acht Jahren Ehe war Laura es gewohnt. Wenigstens verbesserte sich die Technik. Selbst das Scop, aus genetisch veränderten Einzellern gewonnenes Protein, war heutzutage besser. Es schmeckte nicht übel, wenn man die Vorstellung von riesigen Proteinkesseln, die bis zum Überquellen mit wimmelnden Bakterien gefüllt waren, verdrängen konnte.

David trug seinen Overall. Er wollte heute zum Hausabriss gehen und hatte seinen schweren Werkzeugkasten und den Ölarbeiter-Schutzhelm seines Großvaters bereitgelegt. Die Aussicht auf den Abriss von Häusern – schmutzige, brechstangenschwingende Muskelarbeit – erfüllte David stets mit kindlicher Freude. Er sprach gedehnter als sonst und goss heiße Chilisoße auf seine Rühreier, unfehlbare Kennzeichen seiner guten Laune.

Lauras Mutter, Margaret Alice Day Garfield Nakamura Simpson, trug ein blaues japanisches Kleid aus Seidenkrepp in Taftbindung, mit einer herabhängenden Gürtelschärpe. Ihr geflochtener Strohhut von der Größe eines Wagenrades hing ihr auf dem Rücken. Sie nannte sich Margaret Day, da sie sich kürzlich von Simpson, einem Mann, den Laura kaum kannte, scheiden ließ.

»Es ist nicht mehr das Galveston, an das ich mich erinnere«, sagte sie.

David nickte. »Weißt du, was ich vermisse? Die Trümmer. Ich war zehn, als die Katastrophe über die Stadt kam, und wuchs in der Trümmerwüste der Insel auf. All diese Strandhäuser, abgerissen, angespült, herumgeworfen wie Spielwürfel … Das Chaos schien unendlich, voller Überraschungen.«

Lauras Mutter lächelte. »Darum bist du geblieben?«

David trank seinen Frühstückssaft, der aus einer pulverisierten Mischung kam und von einer Farbe war, die in der Natur nicht vorkam. »Also, nach 02 ging jeder fort, der ein bisschen Verstand hatte. Damit blieb für uns Unentwegte um so mehr Platz. Wir geborenen Insulaner, wir sind eine eigene Rasse.« David lächelte selbstbewusst. »Um hier zu leben, muss man eine einfältige Liebe zum Unglück haben. Isla Malhadado war Galvestons erster Name, musst du wissen. Unglücksinsel.«

»Warum?«, fragte Lauras Mutter, die ihm gefällig sein wollte.

»Cabeza de Vaca nannte sie so. Seine Galeone erlitt hier 1528 Schiffbruch. Er wäre beinahe von Kannibalen gefressen worden. Karankawa-Indianern.«

»So? Nun, die Indianer müssen auch einen Namen für die Insel gehabt haben.«

»Den kennt niemand«, sagte David. »Die Indianer starben alle an den Pocken. Echte Galvestonier, wie du siehst – Pechvögel.« Er dachte darüber nach. »Ein sehr merkwürdiger Stamm, die Karankawas. Sie pflegten sich mit ranzigem Alligatorenfett einzureiben – waren berühmt für den Gestank.«

»Ich habe nie von ihnen gehört«, sagte Margaret Day.

»Sie waren sehr primitiv«, sagte David und spießte ein weiteres Stück des Scop-Pfannkuchen auf die Gabel. »Sie aßen Erde! Wenn sie einen Hirsch erlegt hatten, gruben sie ihn für drei oder vier Tage ein, bis er weich wurde, und dann …«

»David!«, sagte Laura.

»Oh, entschuldige«, sagte David. Er wechselte das Thema. »Du solltest heute mit uns kommen, Margaret. Rizome hat ein gutes kleines Nebengeschäft mit der Stadtverwaltung. Sie beschließt den Abbruch baufälliger Häuser, wir führen ihn durch, und alle haben ihren Spaß dabei. Natürlich ist es keine große Einnahme, nicht nach zaibatsu-Vorstellungen, aber das Leben besteht nicht nur aus der Endsumme unter dem Strich.«

»Der reinste Vergnügungsort«, sagte ihre Mutter.

»Ich sehe, dass du unserem neuen Bürgermeister zugehört hast«, sagte Laura.

»Macht ihr euch keine Sorgen wegen der Leute, die es heutzutage nach Galveston zieht?«, fragte ihre Mutter.

»Was meinst du damit?«

»Ich habe über euren Bürgermeister gelesen. Er ist ein ziemlich seltsamer Typ, nicht? Ein ehemaliger Barkeeper mit einem weißen Vollbart, der im Amt Hawaiihemden trägt. Anscheinend lässt er nichts unversucht, um – wie heißt das Wort? – Randgruppen nach Galveston zu locken.«

»Nun ja, es ist keine richtige Stadt mehr, verstehst du«, sagte David. »Keine Industrie mehr. Die Baumwolle ist weg, die Schifffahrt ist weg, das Öl ist auch schon lange weg. Was bleibt übrig, außer den Touristen Glasperlen zu verkaufen? Und ein bisschen … ah … gesellschaftliche Exotik fördert den Tourismus. Ein Fremdenverkehrsort muss ein bisschen locker geführt werden.«

»Also gefällt euch der Bürgermeister? Soviel ich weiß, unterstützte Rizome seinen Wahlkampf. Heißt das, dass eure Firma seine Politik unterstützt?«

»Wer fragt danach?«, sagte Laura ein wenig gereizt. »Mutter, du bist in Ferien. Lass Marubeni & Co. ihre eigenen Antworten finden.«

Ihre Blicke bohrten sich für einen Moment ineinander. »Ainmasen«, sagte ihre Mutter schließlich. »Es tut mir leid, wenn ich den Eindruck erweckte, neugierig zu sein. Ich habe zu viele Jahre im Außenministerium verbracht. Die Reflexe sind noch da, obwohl ich jetzt in dem bin, was man Privatunternehmen nennt.« Sie legte ihre Essstäbchen nebeneinander auf den Teller und griff über die Schulter nach ihrem Hut. »Ich habe beschlossen, heute ein Segelboot zu mieten. Es soll draußen im Meer eine Station geben – OPEC, oder so ähnlich.«

»OTEK«, berichtigte David. »Das Kraftwerk. Ja, es ist hübsch da draußen.«

»Dann sehen wir uns zum Abendessen. Seid brav, ihr zwei.«

Vier weitere Kanadier kamen gähnend zum Frühstück herein. Margaret Day arbeitete sich an ihnen vorbei und verließ den Speiseraum.

»Du musstest ihr auf die Zehen treten«, sagte David. »Was gibt es an Marubeni auszusetzen? Eine verknöcherte alte japanische Handelsgesellschaft. Glaubst du, sie schickten deine Mutter hierher, um unsere Mikrochips zu klauen, oder was?«

»Sie ist ein Gast von Rizome«, sagte Laura. »Ich mag nicht, dass sie unsere Leute kritisiert.«

»Sie reist morgen ab«, erwiderte David. »Du könntest ein wenig umgänglicher mit ihr sein.« Er stand auf und ergriff seinen Werkzeugkasten.

»Also gut, es tut mir leid«, sagte Laura. Jetzt war nicht die Zeit, sich darüber zu verbreiten. Der Geschäftstag nahm seinen Anfang.

Sie grüßte die Kanadier und nahm ihnen das Baby ab. Sie gehörten zum Produktionszweig einer Tochtergesellschaft von Rizome in Toronto und hatten den Ferienaufenthalt als Belohnung für gesteigerte Produktivität bekommen. Sie waren sonnenverbrannt und fröhlich.

Ein weiteres Gästepaar kam herein: Herr und Frau Kurosawa aus Brasilien. Sie waren schon in der vierten Generation Brasilianer und arbeiteten bei Rizome-Unitika, einem Tochterunternehmen in der Textilbranche. Sie sprachen kein Englisch, und ihr Japanisch war erstaunlich schlecht, beladen mit portugiesischen Lehnwörtern und viel südländischem Gefuchtel. Sie machten Laura Komplimente wegen der schmackhaften Kost. Auch für sie war es der letzte Urlaubstag.

Dann wurde es schwierig. Die Europäer waren aufgestanden. Sie waren zu dritt und keine Rizome-Leute, sondern Bankiers aus Luxemburg. Morgen sollte eine wichtige Konferenz von Bankleuten stattfinden. Die Europäer waren einen Tag früher gekommen. Laura bedauerte es.

Die Luxemburger setzten sich verdrießlich an den Frühstückstisch. Ihr Leiter und Chefunterhändler war ein Monsieur Karageorgiu, ein Mann mittleren Alters, mit olivfarbener Haut, dunklen Augen und sorgfältig gewelltem Haar. Der Name kennzeichnete ihn als einen Griechen; seine Großeltern waren vermutlich Gastarbeiter in Deutschland oder in Benelux-Ländern gewesen. Karageorgiu trug einen vorzüglich geschneiderten Anzug aus beigefarbenem italienischem Leinen.

Seine äußerst eleganten Schuhe waren Kunstwerke, fand Laura. Mit höchster Präzision gefertigte Schuhe, vergleichbar dem Getriebe eines Mercedes. Es tat beinahe weh, ihn darin gehen zu sehen. Bei Rizome hätte niemand gewagt, solche Schuhe zu tragen; der Spott wäre erbarmungslos gewesen. Der Mann erinnerte Laura an die Diplomaten, die sie in ihrer Kindheit bisweilen gesehen hatte, Männer mit einem längst verlorengegangenen Standard wohlüberlegter Eleganz.

Er hatte ein paar mürrisch blickende Begleiter in schwarzen Anzügen: Fachleute der Informatik und Datenverarbeitung, wie er behauptete. Es war schwierig, ihre Herkunft zu erraten; einer wirkte irgendwie mediterran, war vielleicht Südfranzose oder Korse, während der andere blond war. Sie sahen beunruhigend sportlich und muskulös aus. Aus ihren Manschetten lugten teure Schweizer Uhrtelefone.

Auf Lauras Frage nach ihrem Befinden hin begannen sie sich zu beklagen. Die Hitze sei kaum zu ertragen. Ihre Zimmer hätten einen unangenehmen Geruch, und das Wasser schmecke salzig. Sie fanden die Toiletten eigenartig. Laura versprach, die Wärmepumpe aufzudrehen und mehr Perrier zu bestellen.

Es half nicht viel. Sie fühlten sich in die hinterste Provinz verschlagen und hatten etwas gegen doktrinäre Yankees, die in sonderbaren Sandburgen lebten und wirtschaftliche Demokratie praktizierten. Laura ahnte, dass der morgige Tag stürmisch verlaufen würde.

Tatsächlich war das ganze Arrangement verdächtig. Sie wusste nicht genug über diese Leute – sie hatte keine richtigen Gästeinformationen über sie. Rizome-Atlanta war sehr schweigsam über diese Bankenkonferenz, was für die Zentrale sehr ungewöhnlich war.

Laura nahm ihre Frühstücksbestellungen entgegen und verließ die drei Bankleute; sie tauschten finstere Blicke mit den Rizome-Gästen. Sie nahm das Baby mit sich in die Küche. Das Küchenpersonal war am Werk und klapperte mit Pfannen und Töpfen. Das Küchenpersonal bestand aus der siebzigjährigen Mrs. Delrosario und ihren zwei Enkelinnen.

Mrs. Delrosario war ein Schatz, obwohl sie eine bösartige Ader hatte, die jedes Mal die Oberhand gewann, wenn ihr Rat mit weniger als völliger Aufmerksamkeit und Ernsthaftigkeit aufgenommen wurde. Ihre Enkelinnen schlurften mit unterwürfigem Ausdruck wie Verurteilte in der Küche herum. Laura bedauerte sie und versuchte ihnen Erleichterung zu verschaffen, wenn sie konnte. Nicht für alle jungen Leute war das Leben heutzutage leicht.

Laura fütterte den Säugling aus der Flasche. Loretta schluckte begeistert die Zubereitung. Darin war sie wie ihr Vater – ganz versessen auf klebriges, sirupartiges Zeug, das kein vernünftiger Mensch essen mochte.

Dann piepte Lauras Uhrtelefon. Es war der Empfangsschalter. Laura ließ das Baby in Mrs. Delrosarios Obhut und ging hinten herum zur Eingangshalle, durch die Personalräume und das Büro. Sie kam hinter dem Schalter heraus. Mrs. Rodriguez sah erleichtert über ihre Bifokalgläser zu ihr auf.

Sie hatte mit einer Fremden gesprochen – einer ungefähr fünfzigjährigen Frau in einem schwarzen Seidenkleid mit Stehkragen und einer Perlenkette. Die Frau hatte eine gewaltige Mähne spröden schwarzen Haares, und ihre Augen waren dramatisch betont. Laura wusste nicht, was sie von ihr halten sollte. Sie sah wie die Witwe eines Pharaos aus. »Das ist sie«, sagte Mrs. Rodriguez zu der Fremden. »Mrs. Webster, unsere Geschäftsführerin.«

»Koordinator«, sagte Laura. »Ich bin Laura Webster.«

»Ich bin Reverend Morgan. Ich hatte angerufen.«

»Ja. Wegen der Stadtratswahlen?« Laura drückte auf einen der Knöpfe ihrer Uhr und überprüfte den Terminplan. Die Frau war eine halbe Stunde zu früh. »Gut«, sagte sie. »Kommen Sie um den Schalter, dann können wir in meinem Büro sprechen.«

Laura führte die Frau in das vollgestellte und fensterlose kleine Nebenbüro. Es diente hauptsächlich als Pausenraum für das Personal, das dort Kaffee trinken konnte, und hatte einen Datenanschluss zum Hauptbüro im Obergeschoss. In dieses Nebenbüro führte Laura Besucher, von denen sie erwartete, unter Druck gesetzt zu werden. Der Raum sah angemessen bescheiden und ärmlich aus. David hatte ihn mit Gegenständen von seinen Abbruchexpeditionen dekoriert: antiken Autositzen und einem gerundeten Schreibtisch aus alterssprödem beigem Kunststoff. Die Deckenlampe schien durch eine perforierte Nabenkappe.

»Kaffee?«, fragte Laura.

»Nein, danke. Ich nehme nie Koffein.«

»Ich verstehe.« Laura stellte den Wasserkessel beiseite. »Was können wir für Sie tun, Reverend?«

»Sie und ich, wir haben viel gemeinsam«, sagte Reverend Morgan. »Wir teilen die Zuversicht in Galvestons Zukunft. Und wir haben beide auf den Fremdenverkehr gesetzt.« Sie hielt inne. »Ich hörte, ihr Mann habe dieses Gebäude entworfen?«

»Ja, so ist es.«

»Ich würde es ›Organisches Barock‹ nennen. Es ist ein Stil, der Mutter Erde respektiert. Das verrät eine weitherzige Einstellung. Zukunftsgerichtet und fortschrittlich.«

»Danke.« Jetzt kommt es, dachte Laura.

»Unsere Kirche würde Ihnen gern helfen, die Dienstleistungen an Ihren Firmengästen zu erweitern. Kennen Sie die Kirche von Ischtar?«

»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte Laura. »Bei Rizome betrachten wir Religion als Privatangelegenheit.«

»Wir Tempelfrauen glauben an die Göttlichkeit des Geschlechtsaktes.« Reverend Morgan lehnte sich in ihren Autositz zurück und strich sich mit beiden Händen übers Haar. »Die erotische Kraft der Göttin kann das Böse zerstören.«

Endlich dämmerte es Laura. »Ich verstehe«, sagte sie höflich. »Die Kirche von Ischtar. Ich kenne Ihre Bewegung, hatte aber den Namen nicht gleich wiedererkannt.«

»Es ist ein neuer Name für alte Prinzipien. Sie sind zu jung, um sich des Kalten Krieges zu erinnern.« Wie manche anderen ihrer Generation schien sie geradezu nostalgische Empfindungen zu hegen – die gute alte bilaterale Zeit. Als die Dinge noch einfacher lagen und jeder Morgen der letzte sein mochte. »Weil wir ihm ein Ende machten. Wir riefen die Göttin an, dass sie den Männern der Krieg austreibe. Wir schmolzen den Kalten Krieg mit göttlicher Körperwärme.« Sie rümpfte die Nase: »Natürlich beanspruchten männliche Machtpolitiker das Verdienst für sich. Aber der Triumph gehörte unserer Göttin. Sie bewahrte Mutter Erde vor dem nuklearen Wahnsinn. Und sie fährt bis zum heutigen Tag fort, die Gesellschaft zu heilen.«

Laura nickte zuvorkommend.

»Galveston lebt vom Tourismus, Mrs. Webster. Und Touristen erwarten gewisse Annehmlichkeiten. Unsere Kirche ist zu einer Übereinkunft mit der Stadtverwaltung und der Polizei gelangt. Wir streben eine Verständigung auch mit Ihrer Gruppe an.«

Laura rieb sich das Kinn. »Ich glaube, ich kann jetzt Ihrer Überlegung folgen, Reverend.«

»Keine Zivilisation hat jemals ohne uns existiert«, sagte Reverend Morgan. »Die Tempelprostituierte ist eine seit dem Altertum belegte, universale Gestalt. Das Patriarchat hat sie entwürdigt und unterdrückt. Aber wir stellen ihre ursprüngliche Rolle als Trösterin und Heilerin wieder her.«

»Ich wollte gerade den medizinischen Gesichtspunkt ansprechen«, sagte Laura.

»O ja«, erwiderte die Frau. »Wir treffen alle Sicherheitsvorkehrungen. Klienten werden auf Syphilis, Tripper, Chlamydien, Herpes und die Retroviren untersucht. Alle unsere Tempel verfügen über komplett ausgestattete Kliniken. Die Rate der Geschlechtskrankheiten sinkt dramatisch, wo wir unsere Kunst praktizieren – ich kann Ihnen Statistiken zeigen. Wir bieten außerdem Gesundheitsversicherung. Und wir garantieren selbstverständlich Vertraulichkeit.«

»Das ist ein sehr interessanter Vorschlag«, sagte Laura und klopfte mit einem Bleistift auf ihren Schreibtisch, »aber die Entscheidung kann ich nicht von mir aus treffen. Ich werde Ihre Vorstellungen unserem Zentralausschuss vortragen.« Der rauchige Gestank des Patschuli, mit dem Reverend Morgan sich reichlich parfümiert hatte, erfüllte stickig den kleinen Raum. Der Geruch der Tollheit, dachte Laura plötzlich. »Sie müssen verstehen, dass Rizome mit dieser Sache einige Schwierigkeiten haben mag. Rizome legt Wert auf starke Familienbande und gesellschaftliches Engagement ihrer Mitarbeiter. Das ist Teil unserer Firmenphilosophie. Einige unter uns könnten Prostitution als ein Zeichen gesellschaftlichen Verfalls betrachten.«

Die Frau breitete die Hände aus und lächelte. »Ich habe von dieser Firmenpolitik gehört. Sie sind wirtschaftliche Demokraten – das bewundere ich. Als Kirche, Geschäftsunternehmen und politische Bewegung sind auch wir eine Gruppe des neuen Jahrtausends. Aber Rizome kann die Natur des männlichen Tiers nicht ändern. Wir haben bereits mehrere Ihrer männlichen Gesellschafter bedient. Überrascht Sie das?« Sie zuckte die Achseln. »Warum ihre Gesundheit bei Amateuren oder kriminellen Gruppen riskieren? Wir Tempelfrauen sind sicher, verlässlich und wirtschaftlich vernünftig. Die Kirche steht bereit, Geschäfte zu machen.«

Laura wühlte in ihrem Schreibtisch. »Ich möchte Ihnen eine unserer Broschüren geben.«

Reverend Morgan öffnete ihre Handtasche. »Nehmen Sie ein paar von unseren. Ich habe auch ein paar Wahlflugblätter – ich kandidiere für den Stadtrat.«

Laura überflog ein Wahlflugblatt. Es war aufwendig gedruckt. Die Randleiste bestand aus Ankh-Symbolen, Yin-Yangs und Kelchen. Der Text war durchsetzt von Kursivschrift und Worten in Rot, was die Lesbarkeit nicht erleichterte. »Ich sehe, dass Sie eine liberale Drogenpolitik befürworten.«

»Scharfe Drogengesetze sind Werkzeuge patriarchalischer Unterdrückung.« Reverend Morgan suchte in ihrer Handtasche und brachte eine emaillierte Pillendose zum Vorschein. »Ein paar von diesen werden besser für die Sache sprechen, als ich es kann.« Sie ließ drei rote Kapseln auf die Schreibtischplatte fallen. »Versuchen Sie diese, Mrs. Webster. Als ein Geschenk der Kirche. Verblüffen Sie Ihren Mann.«

»Wie bitte?«

»Erinnern Sie sich des leichtsinnigen Taumels erster Liebe? Des Gefühls, dass die ganze Welt neue Bedeutung gewonnen habe, seinetwegen? Würden Sie das nicht gern wieder erleben? Die meisten Frauen würden. Es ist ein berauschendes Gefühl, nicht wahr? Und dies sind die Mittel dafür.«

Laura starrte auf die Kapseln. »Wollen Sie mir erzählen, das sei eine Art Liebestrank?«

Reverend Morgan rückte in ihrem Autositz. Schwarze Seide raschelte. »Mrs. Webster, bitte verwechseln Sie mich nicht mit einer Hexe. Die Anhängerinnen der Kirche von Wicca sind reaktionär. Nein, diese Kapseln enthalten keinen Liebestrank, nicht im überlieferten Sinne. Sie erzeugen lediglich diesen Sturm der Gefühle – sie können ihn nicht auf irgendwen lenken. Das müssen Sie selbst tun.«

»Das hört sich gefährlich an«, sagte Laura.

»Dann ist es die Art von Gefahr, für die Frauen geboren sind!«, sagte Reverend Morgan. »Lesen Sie Liebesromane? Millionen tun es, aus dem gleichen Grund. Oder essen Sie Schokolade? Schokolade ist ein Geschenk für Liebende, und hinter der Tradition gibt es einen Grund. Fragen Sie gelegentlich einen Chemiker über Schokolade und Serotonin-Vorläufer.« Sie berührte ihre Stirn. »Hier oben läuft es auf das gleiche hinaus. Neurochemie.« Sie zeigte auf den Tisch. »In diesen Kapseln ist sie eingefangen. Natürliche Substanzen, Schöpfungen der Göttin. Teil der weiblichen Seele.«

Irgendwo im Laufe des Vortrags, dachte Laura, hatte sich das Gespräch unvermerkt von der Vernunft abgelöst. Wie wenn man in einem Schlauchboot einschlief und weit draußen auf See erwachte. Vor allem kam es darauf an, nicht in Panik zu geraten. »Sind sie legal?«, fragte sie.

Reverend Morgan nahm eine Kapsel mit den lackierten Nägeln und aß sie. »Keine Blutuntersuchung würde irgendetwas zeigen. Sie können wegen der natürlichen Stoffe in Ihrem eigenen Gehirn nicht vor Gericht gestellt werden. Nein, sie sind nicht illegal. Noch nicht. Die Gesetze des Patriarchates hinken hinter den Fortschritten der Chemie her, gelobt sei die Göttin.«

»Ich kann diese Kapseln nicht annehmen«, sagte Laura. »Sie müssen wertvoll sein. Es ist ein Interessenkonflikt.« Laura nahm sie von der Schreibtischplatte und stand auf, streckte die Hand über den Tisch aus.

»Wir leben im modernen Zeitalter, Mrs. Webster. Genetisch veränderte Bakterien können Drogen tonnenweise erzeugen. Freunde von uns stellen diese Kapseln für dreißig Cents das Stück her.« Reverend Morgan erhob sich. »Sind Sie sicher?« Sie tat die Kapseln wieder in ihre Handtasche. »Kommen Sie und besuchen Sie uns, wenn Sie es sich anders überlegt haben. Das Leben mit einem Mann kann sehr leicht schal werden. Glauben Sie mir, wir wissen es. Und wenn das geschieht, können wir Ihnen helfen.« Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Auf verschiedene Art und Weise.«

Laura lächelte gepresst. »Viel Glück mit Ihrem Wahlfeldzug, Reverend.«

»Danke. Ich weiß Ihre guten Wünsche zu schätzen. Wie unser Bürgermeister immer sagt, ist Galveston ein Vergnügungsort. Es liegt an uns allen, dafür zu sorgen, dass es das bleibt.«

Laura führte sie hinaus. Sie sah vom Eingang aus zu, wie Reverend Morgan in ein selbststeuerndes Elektromobil stieg. Es schnurrte davon. Eine Kette brauner Pelikane überflog die Insel auf dem Weg zur Karankawa-Bucht. Die Herbstsonne strahlte in hellem Glanz. Es war dieselbe Sonne, und dieselben Wolken zogen am Himmel. Was in den Köpfen der Menschen vorging, kümmerte die Sonne nicht.

Sie ging wieder hinein. Mrs. Rodriguez blickte vom Empfangsschalter auf. »Ich bin froh, dass mein Mann nicht jünger ist«, sagte sie. »La puta, wie? Eine Hure. Sie ist uns verheirateten Frauen keine Freundin, Laurita.«

»Sicherlich nicht«, sagte Laura und lehnte sich gegen den Tresen. Sie fühlte sich schon müde, und es war erst zehn Uhr.

»Que brujeria«, sagte Mrs. Rodriguez. »Eine Hexe! Hast du diese Augen gesehen? Wie eine Schlange.« Sie bekreuzigte sich. »Lach nicht, Laura!«

»Lachen? Lieber Himmel, ich bin bereit, Knoblauch aufzuhängen.« Das Baby winselte in der Küche. Plötzlich kam Laura eine japanische Redensart in den Sinn. »Nakitsura ni hachi«, sagte sie. »Ein Unglück kommt selten allein. Nur ist es im Original besser: ›Eine Biene für ein weinendes Gesicht.‹ Warum kann ich mich an dieses Zeug nie erinnern, wenn ich es brauche?«

Sie trug das Baby hinauf zum Hauptbüro im Obergeschoss, um die Tagespost durchzusehen.

Lauras Spezialität war Öffentlichkeitsarbeit. Als das Ferienheim nach Davids Plänen errichtet worden war, hatte Laura diesen Raum für geschäftliche Zwecke eingerichtet. Er bot Platz für größere Konferenzen und war durch seinen integrierten Datenanschluss ein vollgültiger Knoten im globalen Nachrichtennetz.

Das Ferienheim erledigte die meisten Geschäftsvorgänge, wie Aufenthaltsbuchungen und Gästedossiers, über e-Mail. Der größte Teil der Welt, sogar Afrika, war heutzutage an das Netz angeschlossen. Es war die einfachste und billigste Methode schriftlicher Kommunikation und wurde von Rizome bevorzugt.

Fax war komplizierter: Faksimiles von Dokumenten gingen als Ströme von Zahlen durch die Telefonleitungen. Fax war eher geeignet für die Übermittlung von Graphiken und Skizzen, und es machte Spaß, damit zu spielen.

Das Ferienheim war natürlich auch an das traditionelle Fernsprechnetz angeschlossen: Stimme ohne Bild, zur Sofortübertragung und zur Aufnahme. Auch Stimme mit Bild: Videofon. Rizome bevorzugte vorher aufgezeichnete Einweganrufe, weil sie effizienter waren und Zeit sparten. Außerdem konnten aufgezeichnete Videoaufnahmen für alle bei Rizome vertretenen Sprachgruppen mit Untertiteln versehen werden, was für ein multinationales Unternehmen ein bedeutender Vorteil war.

Schließlich war Konferenzschaltung möglich: vielfache gleichzeitige Telefon- oder Videoverbindungen. Die Telekonferenz war das kostspielige Grenzgebiet, wo Fernsprechtechnik in Fernsehtechnik überging. Die Leitung einer Telekonferenz war eine Kunst für sich, besonders wenn es um Public Relations ging. Es war eine Kreuzung zwischen dem Vorsitz einer Versammlung und der Leitung einer Nachrichtensendung im Fernsehen. Laura hatte es oft getan.

Mit jedem Jahr, dachte sie, war das Netz umfassender und lückenloser geworden. Das war das Werk der Computer. Fernsehen – Fernsprecher – Fernschreiber. Bandaufzeichnung – Videorecorder – CD. Sendemast verbunden mit Mikrowellen-Satellitenantenne. Fernsprechleitungen, Kabelfernsehen, Glasfaserstränge, die Worte und Bilder in zischenden Strömen reinen Lichts übertrugen. Alles zusammen in einem weltumspannenden Netz verknüpft, einem globalen Nervensystem, einem bis in die letzten Winkel reichenden Daten-Oktopus. Es war viel darüber gesprochen und geschrieben worden, und doch konnte es einem leicht phantastisch und unglaublich erscheinen.

Sie hatte sich zur Zeit seiner Einrichtung mehr mit dem Netz beschäftigt. Gegenwärtig kam es ihr ungleich bemerkenswerter vor, dass Loretta viel gerader auf ihrem Schoß saß. »Da schau her, Loretta! Wie gerade du den Kopf halten kannst! Ja, es wird schon, du kleines Stupsnäschen …«

Das Netz hatte viel mit Fernsehen gemeinsam, einem früheren Wunder des Zeitalters. Das Netz glich einem riesenhaften Spiegel. Reflektierte, was ihm gezeigt wurde. Größtenteils menschliche Banalität.

Laura arbeitete sich einhändig durch ihre e-Mail. Bildschirmkataloge für elektronische Bestellungen. Propaganda für die Stadtratswahl. Spendenaufrufe. Krankenversicherung.

Sie löschte alles Überflüssige und machte sich an die eigentliche Arbeit. Eine Botschaft von Emily Donato erwartete sie.

Emily war Lauras wichtigste Nachrichtenquelle, soweit es das Geschehen hinter den Kulissen in Rizomes Zentralausschuss betraf. Emily Donato war Ausschussmitglied in der ersten Wahlperiode, aber ihr Bündnis mit Laura war schon zwölf Jahre alt. Sie hatten sich am College in einem Kurs über internationale Wirtschaftsverflechtung kennengelernt. Ihre gemeinsame Ausbildung hatte ihnen die Freundschaft erleichtert. Laura, ein Diplomatenkind, hatte an der Botschaft in Japan gelebt. Emily hatte ihre Kindheit in den großen Industrieprojekten von Kuwait und Abu Dhabi verbracht. Während ihrer Collegezeit hatten sie im Studentenwohnheim ein gemeinsames Zimmer gehabt.

Nach der Graduierung hatten sie ihre Berufschancen geprüft und sich beide für Rizome Industries entschieden. Rizome wirkte modern, aufgeschlossen, hatte Ideen. Das Unternehmen war groß genug für ehrgeizige Aufsteiger und locker genug, um nicht alle Initiativen von unten unter den horizontalen Schichten einer starren Hierarchie zu begraben.

Seitdem waren sie ein Gespann geblieben.

Laura rief die Botschaft ab, und Emilys Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Sie saß hinter ihrem antiken Schreibtisch zu Hause in Atlanta, dem Konzernhauptquartier. Emilys Zuhause war ein Wohnhochhaus im Stadtinnern, eine Zelle in einem massiven modernen Bienenstock aus Keramik und Komposit.

Gefilterte Luft, gefiltertes Wasser, Korridore wie Straßen, Aufzüge wie vertikale U-Bahnen. Eine auf den Kopf gestellte Stadt in einer überfüllten Welt.

Natürlich tat Emily alles, um wenigstens in ihrer Wohnung die Tatsache kalter Funktionalität zu leugnen. Überall sah man Schnörkel und massive viktorianische Solidität: Gesimse, Türrahmen, drapierte Vorhänge, weiche Beleuchtung. Die Wand hinter Emily war mit einem Arabeskenmuster tapeziert, Gold auf Braun. Die polierte Massivholzplatte ihres Schreibtisches war so sorgfältig wie eine Bühne bestückt: Schreibunterlage aus grünem Filz, ein glänzender Briefbeschwerer aus Kristall, Tintenfass mit schrägem Gänsekiel, Schreibschale für Bleistifte aus Achat. Der Datenanschluss mit Drucker stand rechts daneben.

Emilys graue Rüschenbluse hatte einen matten Perlmuttschimmer. Ihr braunes Haar war zu Zöpfen geflochten, und über beide Schläfen hingen Biedermeier-Ringellocken. Sie trug lange Malachitohrringe, und am Hals eine runde Kamee. Tatsächlich war Emilys Erscheinungsbild sehr zeitgemäß, eine moderne Reaktion auf den nüchternen, erfolgsorientierten Typ, den Generationen von Geschäftsfrauen geprägt hatten. In Lauras Augen war die Mode ein Rückgriff auf den Typ der behüteten Südstaaten-Schönheit aus der Zeit vor dem Sezessionskrieg, bis zum Überströmen angefüllt mit weiblicher Anmut.

»Ich habe den Rohentwurf des Berichts«, sagte Emily. »Entspricht so ziemlich unseren Erwartungen.«

Sie zog ein Exemplar des Vierteljahresberichts aus einer Schublade und blätterte darin. »Kommen wir zur Hauptsache. Die Ausschusswahlen. Wir haben zwölf Kandidaten, was ein Witz ist, aber drei Favoriten. Pereira ist ein anständiger Kerl, du könntest mit ihm per Fernschreiber Poker spielen, aber er kann sich von diesem brasilianischen Debakel nicht freimachen. Tanaka konnte mit diesem Bauholzgeschäft einen wirklichen Coup landen. Für einen Konzernangestellten der alten Schule ist er ziemlich flexibel, aber ich traf ihn letztes Jahr in Osaka. Er trank eine Menge und wollte mich kneifen. Außerdem ist er auf Gegengeschäfte spezialisiert, und dafür fühle ich mich zuständig.

Also werden wir Suvendra unterstützen müssen. Sie kam durch das Büro in Djakarta und kann auf das ostasiatische Kontingent zählen. Sie ist jedoch alt, und außerdem raucht sie«, sagte Emily stirnrunzelnd. »Eine schlechte Angewohnheit, die den meisten Leuten gegen den Strich geht. Diese mit Nelkenöl parfümierten indonesischen Krebsstängel – ein Zug, und du bist reif für eine Biopsie.« Sie schauderte.

»Trotzdem ist Suvendra unsere beste Chance. Wenigstens wird sie unsere Unterstützung anerkennen. Unglücklicherweise tritt dieser Jensen mit einem von der Jugendliste erarbeiteten Programm gegen sie an, und das wird einen Einbruch in die Stimmen bedeuten, die wir aufbringen können. Aber was soll's?« Sie zog an einer ihrer Ringellocken. »Ich habe es sowieso satt, das schlichte junge Mädchen zu spielen. Wenn ich mich nächstes Mal wieder zur Wahl stelle, sollten wir lieber auf die englischsprachigen und feministischen Stimmen abzielen.«

Sie blätterte stirnrunzelnd weiter. »Gut, nun ein kurzer Rückblick auf die Parteilinie. Lass mich wissen, ob du zu den einzelnen Punkten mehr Daten brauchst. Landwirtschaftsprojekt Philippinen: ausgeschlossen. Diese industrielle Landwirtschaft ist kapitalintensiv, extrem krisengefährdet und ruiniert die Böden. Außerdem wird das Subventionssystem der Regierung über kurz oder lang zusammenbrechen. Gemeinschaftsprojekt Kymera: ja. Das russische Softwaregeschäft: ja. Die Russen haben noch immer Hartwährungsprobleme, aber wir können mit Erdgas ein gutes Gegengeschäft einleiten. Das kuwaitische Wohnungsbauprojekt: nein. Islamische Republik: Die Bedingungen sind gut, aber es sieht politisch schlecht aus. Nein.«

Sie machte eine Pause. »Da ist etwas, worüber du nichts wusstest. Grenada United Bank. Der Ausschuss hat sie eingeschoben.« Zum ersten Mal sah Emily unsicher aus. »Grenada ist ein Steuerparadies. Nicht allzu appetitlich. Aber der Ausschuss meint, es sei Zeit für eine freundschaftliche Geste. Es wird unserem Ruf nicht guttun, wenn die ganze Sache öffentlich ausgetragen wird. Aber es ist ziemlich harmlos – ich glaube, wir können es dabei belassen.«

Emily zog eine quietschende Holzschublade heraus und tat den Vierteljahresbericht hinein. »Soviel für dieses Quartal. Insgesamt sieht alles gut aus.« Sie lächelte. »Hallo, David, solltest du zuschauen. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich jetzt gern ein persönliches Wort mit Laura sprechen.«

Der Bildschirm blieb eine Weile leer. Aber die ungenutzte Zeit kostete nicht viel. Im Voraus aufgezeichnete Einweggespräche waren billig. Emilys Anruf war zu einem Hochgeschwindigkeitsstoß komprimiert und zum Nachttarif von Apparat zu Apparat gesendet worden.

Emily erschien wieder auf dem Bildschirm, diesmal in ihrem Schlafzimmer. Jetzt trug sie ein rosa und weiß gestreiftes Nachthemd und hatte das Haar ausgekämmt. Sie saß mit gekreuzten Beinen in ihrem hölzernen Himmelbett, einer victorianischen Antiquität mit vier gedrechselten Pfosten. Sie hatte das knarrende alte Bett mit modernem, härtendem Schellack überzogen. Dieser transparente Überzug war so unglaublich zäh und steif, dass er die gesamte Holzkonstruktion wie mit Eisenreifen zusammenhielt.

Sie hatte die Videokamera an einem der Bettpfosten befestigt. Der geschäftliche Teil war jetzt zu Ende. Dies war persönlich. Die Videoetikette hatte sich mit Emilys Gesichtsausdruck verändert. Sie trug eine Galgenmiene zur Schau. Mitleiderregend.

Laura seufzte und drückte die Pausentaste. Sie setzte Loretta auf ihrem Schoß zurecht und küsste sie geistesabwesend auf den Kopf. Sie war es gewohnt, Emilys Probleme zu hören, aber vor dem Mittagessen war es schwer zu ertragen. Besonders heute. Aber sie überwand sich und schaltete wieder ein.

»Also, da bin ich wieder«, sagte Emily. »Ich nehme an, du kannst erraten, was es ist. Es ist wieder Arthur. Wir hatten neuerlich Streit. Eine schreckliche Auseinandersetzung. Es fing wie eine von diesen trivialen Kleinigkeiten an, wirklich wegen nichts. Ich glaube, es ging um Sex, wenigstens sagte er das, aber für mich kam es wie aus heiterem Himmel. Ich fand, dass er grundlos ekelhaft und bösartig war. Er fing an, auf mir herumzuhacken, und das in diesem Ton, du weißt schon. Und wenn er einmal damit anfängt, ist er unmöglich.

Nun, ein Wort gab das andere, er brüllte mich an, ich schrie ihn an, und so ging es dahin. Beinahe hätte er mich geschlagen. Ballte schon die Fäuste und alles.« Emily legte eine dramatische Pause ein. »Ich rannte hierher ins Schlafzimmer und schloss die Tür ab. Und er sagte kein einziges Wort. Er ließ mich einfach hier drinnen. Als ich herauskam, war er weg. Und er nahm dieses Foto von mir mit«, sagte sie mit bebender Stimme und zerrte nervös an einer langen Haarsträhne. »Die Schwarzweißaufnahme, die mir so gut gefällt. Und das war vor zwei Tagen, und wenn ich ihn anrufe, nimmt er nicht ab.«

Sie schien den Tränen nahe. »Ich weiß nicht, Laura. Ich habe alles versucht. Ich habe es mit Männern in der Firma und außerhalb versucht, und ich habe einfach kein Glück. Entweder wollen sie einen besitzen und Mittelpunkt des Universums sein, oder sie behandeln einen als Dienstleistungsbetrieb für Übernachtung und Frühstück und hängen dir Gott weiß was für Krankheiten an. Und seit ich Ausschussmitglied bin, ist es nur schlimmer geworden. Die Männer bei Rizome kann ich jetzt abschreiben. Sie gehen auf Zehenspitzen um mich herum, als ob ich eine Tretmine wäre.«

Sie wandte den Blick von der Kamera. »Komm her, Schnurri!« Eine Perserkatze sprang aufs Bett. »Vielleicht liegt es an mir, Laura. Andere Frauen kommen mit Männern zurecht. Du ganz bestimmt. Vielleicht brauche ich Hilfe von außen.« Sie zögerte. »In der Handelsabteilung hat jemand einen anonymen Anschlag ans Schwarze Brett geheftet. Über eine psychiatrische Droge, die von Eheberatern empfohlen wird. ›Romanze‹ heißt sie. Hast du schon mal davon gehört? Ich glaube, das Zeug ist illegal oder was.« Sie streichelte mechanisch ihre Katze.

»Nun, das ist nichts Neues, wirst du doch denken. Emilys Tränengeschichte Nummer zweiunddreißig. Ich glaube, zwischen mir und Arthur ist es jetzt aus. Er ist ein künstlerischer Typ. Fotograf. Überhaupt nicht im Geschäftsleben. Ich dachte, es könnte klappen. Aber ich irrte mich, wie üblich.« Sie zuckte seufzend die Achseln. »Ich sollte die Sache wohl positiv sehen. Er hat mich nicht angepumpt und nicht mit Aids infiziert. Und er war nicht verheiratet. Ein richtiger Prinz.«

Sie lehnte sich gegen das Kopfbrett aus Mahagoni und sah müde und wehrlos aus. »Ich sollte dir das nicht erzählen, Laura, also vergiss nicht, es sofort zu löschen. Die Konferenz, die bei dir stattfinden soll, ist Teil des Geschäfts mit der Grenada United Bank. Rizome hat diese Konferenz über die Speicherung, den Handel und den Raub von Daten in die Wege geleitet. Das hört sich nicht nach etwas Neuem an, aber pass auf: Die Teilnehmer sind echte, lebendige Piraten. Datenräuber, zwielichtige Typen aus den Steueroasen. Erinnerst du dich an den Kampf, den wir durchstehen mussten, um euer Ferienheim für größere Konferenzen ausgerüstet zu bekommen?«

Emily machte ein Gesicht. »Die Europäer sollten bereits dort sein. Sie sind noch die zahmsten von der ganzen Bande – der Legalität am nächsten. Aber morgen kannst du ein paar Grenadiner erwarten, mit einem von unseren Sicherheitsleuten. Der Ausschuss hat dir bereits den Plan geschickt, aber nicht mit allen Einzelheiten. Soweit es dich betrifft, sind sie allesamt rechtschaffene, gesetzestreue Bankleute. Sei nett zu ihnen, ja? Wir mögen sie als Gauner ansehen, aber was sie tun, ist in ihren Kleinstaaten völlig legal.«

Sie runzelte die Stirn. Die Katze sprang vom Bett aus dem Kamerabereich. »Seit Jahren haben sie Stücke aus uns herausgebissen, und wir müssen sie zur Vernunft bringen. Es sieht nicht gut aus, wenn ein Unternehmen wie Rizome sich an Datenräuber heranmacht, also lass nichts davon verlauten, nicht wahr? Es ist dumm von mir, aber ich wollte dich nicht unvorbereitet da hineintappen lassen. Wenn herauskommt, dass ich davon geplappert habe, bin ich die längste Zeit Ausschussmitglied gewesen. Also sei diskreter, als ich es bin. Gut, Ende der Durchsage. Schick mir eine Aufzeichnung mit dem Baby, ja? Und sag David einen Gruß.« Der Bildschirm erlosch.

Laura löschte die Aufzeichnung. Danke, Emily. Datenräuber, elektronische Piraten. Zwielichtige kleine Geschäftemacher aus irgendwelchen obskuren Steueroasen – Typen, die auf Zündhölzern kauten und changierende Anzüge trugen. Das erklärte die Europäer. Von wegen Bankleute! Sie waren allesamt Aufreißkünstler. Ganoven!

Sie waren nervös, das war es. Und kein Wunder. Sie konnten in dieser Situation leicht in Verlegenheit kommen. Ein Anruf bei der Polizei von Galveston, und sie konnten alle schnell ins Schwitzen kommen.

Sie ärgerte sich, dass der Zentralausschuss nichts davon hatte verlauten lassen, sah aber die Gründe ein. Und je mehr sie darüber nachdachte, desto leichter fiel es ihr, eine Geste des Vertrauens darin zu sehen. Ihr Ferienheim sollte im Mittelpunkt einer sehr delikaten Aktion stehen. Sie hätten die Konferenz ohne weiteres in einem anderen Ferienheim des Konzerns abhalten können; etwa bei den Warburtons in den Ozarks. Aber sie hatten ihr mehr vertraut. Und sie würde alles zu sehen bekommen.

Nach einem späten Mittagessen öffnete sie den Kanadiern den Konferenzraum im Obergeschoss. Sie stellten eine Verbindung mit Atlanta her und nahmen ihre letzten Botschaften entgegen, grinsten in Videofone und vertrieben sich die Zeit bis zur Abreise mit Klatschgeschichten und Fernsehen.

Um vier wurde der Vierteljahresbericht durchgegeben, ein wenig früher als sonst. Die Ausdruckstationen surrten. Die Kurosawas nahmen ihre portugiesische Übersetzung mit und gingen.

Um fünf Uhr kam David mit seiner Abbruchmannschaft. Sie stapften in die Bar, überfielen den Biervorrat, trampelten schließlich die Treppe hinauf, das Baby zu sehen. Lauras Mutter kam sonnenverbrannt von ihrer Bootsfahrt zum OTEK zurück. Alle Bürger Galvestons waren stolz auf ihren Ozeanischen Thermalenergie-Konverter, und einer von Davids Freunden hatte an dem Projekt mitgearbeitet. Alle schienen erfreut, Ansichten auszutauschen.

David war von Kopf bis Fuß mit Sägemehl, Staub und Schweiß bedeckt, ebenso seine vier Abbruchkumpel. In ihren Arbeitshemden, Overalls und schweren Stiefeln glichen sie Landstreichern aus der Zeit der Wirtschaftskrise. In Wirklichkeit waren Davids Freunde ein Zahnarzt, zwei Schiffbauingenieure und ein Biologieprofessor, aber der äußere Anschein zählte. Sie zupfte an seinem Overall. »Haben die Europäischen Bankleute euch hereinkommen sehen?«

David strahlte vor Vaterstolz, als seine Freunde Lorettas erstaunliche Fähigkeit bewunderten, die verschwitzten kleinen Fäuste zu ballen. »Ja, und?«

»David, du stinkst.«

»Ein bisschen ehrlicher Schweiß!«, sagte David. »Was gibt es dagegen zu sagen? Ha, sie beneiden uns! Diesen Luxemburger Sesselfurzern wäre nichts lieber als ein Tag körperliche Arbeit im Freien.«

Das Abendessen mit Davids Freunden war ein großer Erfolg. David brach mit seinen Prinzipien und aß die Garnelen, weigerte sich jedoch, das Gemüse anzurühren. »Gemüse ist voll von Giften!«, behauptete er mit erhobener Stimme. »Es wird nicht nur mit Insektiziden gespritzt, sondern enthält auch natürliche Gifte! Pflanzen bedienen sich der chemischen Kriegführung. Da könnt ihr jeden Botaniker fragen!«

Glücklicherweise verfolgte niemand das Thema weiter. Die Abbruchmannschaft rief Elektromobile und fuhr nach Hause. Laura sperrte für die Nacht zu, während das Personal abräumte und das Geschirr in die Spülmaschine tat. David nahm eine Dusche.

Laura hinkte die Treppen zum zweiten Stock hinauf, wo sie ihre Privatwohnung hatten. Es war Sonnenuntergang. Mr. Rodriguez ließ die Fahnen herunter und tappte die Treppe hinab zu den Personalwohnungen im Untergeschoss. Er war ein stoischer alter Mann, aber Laura fand, dass er erschöpft aussah. Die manische Brut der Kanadier hatte ihm arg zugesetzt.

Laura stieß die Sandalen von den Füßen und hängte ihre Sachen in den Kleiderschrank. Sie setzte sich aufs Bett und besah ihren Fuß. Der verletzte Knöchel war angeschwollen und zeigte unter der Abschürfung ein eindrucksvolles Blauschwarz. Sie streckte die Beine aus und lehnte sich gegen das Kopfbrett. Die Klimaanlage schaltete sich ein und blies kühle Luft in den Raum. Laura saß in ihrer Unterwäsche da, fühlte sich müde und irgendwie unsauber.

David kam nackt aus dem Bad und verschwand im Kinderzimmer. Sie hörte ihn besänftigende Gu-gu-Geräusche machen. Laura griff zum Terminkalender und überflog den morgigen Tag. Ihre Mutter reiste morgen ab. Ihr Flug nach Dallas ging kurz vor der planmäßigen Ankunft der Grenadiner. Laura schnitt ein Gesicht. Immer mehr Ärger.

David kam aus dem Kinderzimmer. Sein langes Haar war durch einen Mittelscheitel geteilt und hing nassgekämmt glatt über Ohren und Nacken. Er glich einem wahnsinnigen russischen Priester.

Er warf sich aufs Bett und bedachte sie mit einem breiten, wissenden Lächeln. Also ein wahnsinniger russischer Priester mit einer Gier nach Frauen, dachte Laura mit einem Gefühl von Entmutigung.

»Großartiger Tag, nicht?« Er streckte sich aus. »Mann, hab ich mir den Arsch abgearbeitet. Morgen werde ich es spüren. Aber jetzt fühle ich mich phantastisch. Lebendig.« Er warf ihr einen prüfenden Seitenblick zu.

Laura war nicht in der Stimmung. Eine Art Ritual hob an, ein wortloses Feilschen. Das Ziel war, den Stil des Abends von der Stimmung beherrschen zu lassen. Daher war es ein Foul, die Stimmung zu verderben.

Es gab verschiedene Ebenen des Spiels. Beide Seiten gewannen, wenn beide rasch die gleiche Stimmung erreichten, sei es durch ansteckendes Charisma, sei es im beiderseitigen Einverständnis. Ein Gewinn zweiter Klasse war, wenn ein Teil seinen Willen durchsetzte, ohne sich deswegen schuldig zu fühlen. Ein Pyrrhussieg war, wenn man seinen Willen durchsetzte, aber kein gutes Gefühl dabei haben konnte. Schließlich gab es die verschiedenen Ebenen des Nachgebens: mit Anmut, resigniert oder Opfergang.

Fouls waren am einfachsten, und dann verloren beide. Je länger das Ritual dauerte, desto wahrscheinlicher wurde, dass sie es verpfuschten. Es war ein schwieriges Spiel, selbst nach acht Jahren Übung.

Laura fragte sich, ob sie ihm von der Kirche von Ischtar erzählen solle. Der Gedanke an das Gespräch erneuerte ihr Gefühl sexuellen Widerwillens, wie das Gefühl, sich zu beschmutzen, wenn sie Pornographie sah. Sie beschloss, das Gespräch mit Reverend Morgan nicht zu erwähnen. Er würde es sicherlich völlig falsch verstehen und womöglich glauben, seine Avancen verschafften ihr das Gefühl, wie eine Prostituierte zu sein.

Sie suchte nach einer anderen Idee. Ein erstes Schuldgefühl nagte an ihrem Entschluss. Vielleicht sollte sie nachgeben. Sie sah zu ihrem Fuß. »Mein Bein schmerzt«, sagte sie.

»Armes Kind.« Er beugte sich herüber und sah genauer hin. Machte große Augen. »Mein Gott.« Plötzlich war sie eine Invalidin geworden. Die Stimmung wandelte sich augenblicklich, das Spiel war zu Ende. Er küsste seine Fingerspitze und berührte leicht die Abschürfung.

»Fühlt sich schon besser an«, sagte sie lächelnd. Er kroch unter seine Decke, ergeben und friedlich. Das war leicht gewesen. Sieg erster Klasse für das arme, kleine, lahme Mädchen.

Sie nutzte die Gelegenheit, ihre Mutter zu erwähnen. »Ich freue mich darauf, wenn alles wieder seinen gewohnten Gang nimmt. Mutter reist morgen ab.«

»Zurück nach Dallas, wie? Schade, ich war gerade dabei, mich an das alte Mädchen zu gewöhnen.«

Laura schlüpfte unter die Decke. »Na, wenigstens hat sie keinen unangenehmen Freund mitgebracht.«

David seufzte. »Du bist so hart mit ihr, Laura. Sie ist eine Karrierefrau der alten Schule, das ist alles. Es gab Millionen wie sie – auch Männer, natürlich. Ihre Generation ist gern unterwegs. Diese Leute leben allein, sie haben ihre Bande zerschnitten und bleiben unstet und auf sich selbst fixiert. Früher glaubten sie darin Selbstverwirklichung zu finden, und heute kennen sie es nicht mehr anders. Wo sie sind, zerreißen Familienbande.« Er zuckte die Achseln. »Dass sie dreimal verheiratet war, bestätigt dies nur. Übrigens hätte sie mit ihrem Aussehen zwanzig Männer haben können.«

»Du ergreifst immer für sie Partei. Bloß weil sie dich mag.« Weil du wie Papa bist, dachte sie und verdrängte den Gedanken.

»Weil sie deine Augen hat«, sagte er und zwickte sie unter der Decke.

Sie fuhr zusammen. »Du Ratte!«

»Du große Ratte«, berichtigte er sie gähnend.

»Große Ratte«, sagte sie. Er hatte sie aus ihrer tristen Stimmung gerissen. Sie fühlte sich besser.

»Große Ratte, ohne die ich nicht leben kann.«

»Du sagst es«, sagte sie.

»Mach das Licht aus.« Er wälzte sich auf die andere Seite. Bevor sie das Licht ausschaltete, fuhr sie ihm mit dem Finger durchs Haar, dann legte sie den Arm über seinen Körper und schmiegte sich in der Dunkelheit an ihn. Es war gut.

2. Kapitel

Nach dem Frühstück half Laura ihrer Mutter packen. Sie war verblüfft von der Masse des unnötigen Krimskrams, den ihre Mutter mit sich herumschleppte: Hutschachteln, Flaschen mit Haarspray und Vitaminen und Kontaktlinsenflüssigkeit, eine Videokamera, ein Dampfbügeleisen, Lockenwickler, eine Schlafmaske, sechs Paar Schuhe mit hölzernen Spannern, um zu verhindern, dass sie im Gepäck zusammengedrückt wurden. Sie hatte sogar eine besondere Dose mit Einlegearbeit nur für Ohrringe.

Laura hielt ein in rotes Leder gebundenes Reisetagebuch in die Höhe. »Mutter, wozu brauchst du das? Wenn du was wissen willst, brauchst du es doch bloß vom Netz abzurufen.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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