Insolvenzfrüherkennungssysteme, das Rating und das Risikomanagement als Instrumente für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) - Andreas Fiedler - E-Book

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Andreas Fiedler

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Beschreibung

Doktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 2008 im Fachbereich BWL - Controlling, Note: cum laude, , Sprache: Deutsch, Abstract: Insolvenzfrüherkennungssysteme, das Rating und das Risikomanagement als Instrumente für kleine und mittlere Unternehmen zur Gestaltung von Existenzsicherungs- und Unternehmensentwicklungsprozessen unter den Bedingungen der vorherrschenden Strukturpolitik sowie den Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten. Gegenstand der Betrachtung sind vor allem solche kleinen und mittleren Unternehmen, deren Existenz ohne die Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur und der Prozesse als krisenbehaftet einzuschätzen ist. Die maßgeblichen Krisenursachen können dabei unterschiedlichen Charakter haben. Hierbei lassen sich interne und externe Faktoren feststellen. Interne Faktoren sind solche, wie ungenügende Wirtschaftlichkeit, zu schwache Eigenfinanzierungskraft (Eigenkapital, Missmanagement, eine ungeeignete Aufbauorganisation, schlecht organisierte Unternehmensprozesse, unzureichende Marktarbeit und unzureichendes betriebliches Controlling (Liquiditätsmanagement). Externe Faktoren sind z.B. zu schnelles Wachstum, zunehmender Wettbewerbsdruck, zunehmende Professionalität der Konkurrenz, eine schlechte Finanzierungsstruktur und die Missachtung von rechtlichen Rahmenbedingungen. Das bedeutet, dass die Unternehmen nur unter semi- oder sogar suboptimalen Bedingungen am Markt agieren können. Aktuell werden diese Barrieren durch die Implementierung der Bewertungssysteme wie Basel II für die Unternehmen zusätzlich aufgebaut. Die Unternehmen sind daher gezwungen, geeignete gegensteuernde Maßnahmen einzuleiten. Dennoch sind einzelne Strukturen oft so starr, dass die Unternehmen einen Turnaround nicht mehr schaffen und so einer Insolvenz nicht mehr entgehen können. Sanierungsaktivitäten haben unter diesen Bedingungen nur bedingt Erfolgsaussichten. Für die Unternehmen ist es daher elementar, sich durch dynamische Prozesse neu aufzustellen. Das beinhaltet die Restrukturierung der inneren Organisation, der Finanzierung und des unternehmensinternen Rechnungswesens. Durch immer mehr Vereinheitlichung der Bewertungssysteme für die Finanzierungsfähigkeit und -würdigkeit der Unternehmen durch die Banken, Förderinstitute und andere Geldmittelgeber, durch den zunehmenden Druck eigenkapitalorientiert zu denken und zu handeln, sind die Unternehmen gefordert, neue Abläufe zu organisieren, mehr Transparenz zu schaffen und schneller auf Veränderungen zu reagieren.

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Veröffentlichungsjahr: 2010

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Inhaltsverzeichnis

 

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A Einführung und Zielstellung der Arbeit

B Aufbau der Arbeit

I. Teil: Vermittlung wissenschaftlicher Ansätze, Begriffswelt und aktuelle Bedingungen für das Wirken der Unternehmen

1 Begriffsbestimmung

1.1 Problemstellung und Zielssetzung der Arbeit - Leitfaden für die praktische Arbeit in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)

1.2 Existenzsicherungs- und Unternehmensentwicklungsprozesse - Risikoumfeld des unternehmerischen Handelns

1.3 Kleine und mittlere Unternehmen - KMU

2 Unternehmenskrisen und Krisenmanagement

2.1 Die Krise

2.1.1 Krisenformen

2.1.2 Krisenphasen

2.2 Krisenursachen und Wirkungen

2.2.1 Krisenursachen

2.2.1.1 interne Faktoren

2.2.1.2 externe Faktoren

2.2.2 Krisenwirkungen

2.3 Krisenmanagement

2.3.1 Begriff des Krisenmanagements

2.3.2 Aufgaben des Krisenmanagements

2.3.3 Abgrenzung zum Risikomanagement

2.4 Früherkennung einer Krise

3 Gesetzliche Grundlagen und politische Rahmenbedingungen

3.1 Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)

3.1.1 Das KonTraG - seine Kernaufgaben und Ziele

3.1.2 KonTraG im Kontext zum Risikomanagement

3.2 Basel II / Baseler Akkord - Aufbau und Vorteile

II. Zweiter Teil - Transformation der gesetzlichen Anforderungen und Verschmelzung dieser mit bekannten Methoden

4 Das Rating - Bewertungssysteme für Unternehmen

4.1 Gegenstand des Ratings

4.2 Ratingverfahren und Ratingagenturen

4.3 Rating im Kontext zum Risikomanagement

4.4 Würdigung - Auswirkungen auf den Mittelstand

5 Risiko, Risikomanagement und Frühwarnsysteme

5.1 Risikobegriff

5.2 Risikoarten / Risikokategorien

5.2.1 Strategische Risiken

5.2.2 Marktrisiken

5.2.3 Wachstums- und Wettbewerbsrisiken

5.2.4 Leistungswirtschaftliche Risiken / Produktionsrisiken

5.2.5 Finanzierungsrisiken

5.2.6 Corporate Governance (Organisations- und Personalrisiko)

5.2.7 Rechtsrisiken

5.2.8 Politische/Strukturelle Risiken

5.3 Risikomanagement

5.3.1 Risikomanagement - Begriffsbestimmung

5.3.2 Risikomanagementprozess (Regelkreislauf)

5.3.3 Grundlagen für ein effektives Risikomanagement

5.3.3.1 Ziele und Aufgaben des Risikomanagements

5.3.3.2 Risikoidentifikation und -instrumente

5.3.3.3 Risikobewertung

5.3.3.4 Risikobewältigung

5.3.3.5 Risikoüberwachung

5.3.4 Risikostrategie als Unternehmensstrategie und umgekehrt

5.3.5 Das Risikomanagement nach KonTraG im Kontext zum betriebswirtschaftlichen Risikomanagement - kritische Würdigung

5.4 Früherkennungs- / Frühwarnsysteme

5.4.1 Begriffsbestimmung und Kernaufgaben

5.4.2 Betriebswirtschaftliche Frühwarnsysteme

5.4.2.1 Operative Frühwarnsysteme

5.4.2.2 Strategische Frühwarnsysteme

5.4.3 Frühwarnsysteme im Kontext zum KonTraG

5.5 Kennzahlensysteme als Bausteine für das Risikomanagement und die Unternehmensbewertung

5.5.1 Balanced Scorecard (BSC)

5.5.2 Benchmarking

5.5.3 Due Diligence

5.5.4 Weitere Kennzahlen im Überblick

6 Konzeptionen und Lösungsansätze

6.1 Aufbau und Implementierung eines Risikomanagement Handbuchs

6.1.1 Die Phasen des Aufbaus eines Risikomanagementsystems

6.1.2 Die Implementierung nach Martin/Bär

6.2 Sanierung und Fortführung

6.3 Unternehmensfinanzierung

6.3.1 Konventionelle Finanzierung

6.3.2 Alternative Finanzierung und Finanzierungsstrategien

6.3.3 Exkurs - Finanzierung in der Krise / Sanierungsfinanzierung

7 Zusammenfassung und Fazit

Literatur- und Quellenverzeichnis

Anlagenverzeichnis

 

Abbildungsverzeichnis

 

Abb. 1: Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland seit 1996

Abb. 2: Eigenkapitalquote nach Unternehmensgröße und Branche

Abb. 3: Quantitative Mittelstandsdefinition

Abb. 4: KMU-Definition der EU

Abb. 5: Verlauf einer Unternehmenskrise

Abb. 6: Flexibilitätsverlust eines Unternehmens durch sinkendes Eigenkapital

Abb. 7: Mögliche Eigenkapitalentwicklung eines krisenbehafteten Unternehmens. Dargestellt am Beispiel einer GmbH.

Abb. 8: Die Stufen zur Zahlungsunfähigkeit

Abb. 9: Beispiel für einen strukturierten Wettbewerbsvergleich

Abb. 10: Grundlage der Kreditentscheidung von Banken

Abb. 11: Ablauf der Kreditfinanzierung

Abb. 12: Die drei Säulen von Basel II

Abb. 13: Rating und Risikomanagementzusammenhang zwischen Banken und Unternehmen

Abb. 14: Gegenstand des Ratings im Kontext von Basel II

Abb. 15: Faktoren für ein Ratingverfahren

Abb. 16: Darstellung des Gewichtungssystems.

Abb.17: Ausgewählte internationale und nationale Ratingagenturen im Überblick

Abb. 18: Rating und Risikomanagementzusammenhang in der Unternehmung

Abb. 19: Systematik des Risikobegriffs

Abb. 20: Abgrenzung Risikofelder mit Risikoarten

Abb. 21: Die drei Segmente des Risikomanagements nach KonTraG

Abb. 22: Der Risikomanagement-Kreislauf

Abb. 23: Die Phasen des Risikomanagements

Abb. 24: Allgemeine Finanzierungsgrundsätze und ihre Ausprägungen

Abb. 25: Finanzierungsstrategie

Abb. 26: Ziele einer alternativen/innovativen Unternehmensfinanzierung

Abb. 27: Grundsätze einer wertorientierten Unternehmensfinanzierung

Abb. 28: Struktur und Finanzierungsstatus eines Unternehmens

Abb. 29: Bestimmung der Bilanz- und Finanzierungszielstruktur und Auswahl der Finanzierungsinstrumente

Abb. 30: Formen der Finanzierungsplanung

Abb. 31: Finanzierungsalternativen und notwendige Maßnahmen in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße

Abb. 32: Die Kreditfinanzierung

Abb. 33: Wesentliche Kriterien für ein Nachrangdarlehen

Abb. 34: Wesentliche Kriterien für eine stille Beteiligung

Abb. 35: Wesentliche Kriterien für eine Wandelanleihe

Abb. 36: Wesentliche Kriterien für Genussscheine

Abb. 37: Die Finanzierung durch Nicht-Banken

Abb. 38: Die Leasingformen

Abb. 39: Die Charakteristik des Leasings

Abb. 40: Der Factoring-Prozess

Abb. 41: Die Charakteristik des Factoring

Abb. 42: Die unterschiedlichen Sanierungsbeiträge

 

Abkürzungsverzeichnis

A Einführung und Zielstellung der Arbeit

 

Gegenstand der Betrachtung des gewählten Themas sind vor allem solche kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), deren Existenz ohne die Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur und der Prozesse als krisenbehaftet einzuschätzen ist. Die maßgeblichen Krisenursachen können dabei unterschiedlichen Charakter haben. Hierbei lassen sich interne, wie auch externe Faktoren feststellen. Interne Faktoren sind solche, wie ungenügende Wirtschaftlichkeit und zu schwache Eigenfinanzierungskraft (Eigenkapital), Missmanagement durch Fehlen geeigneter Managementtools (tritt häufig auch bei dem Übergang von inhabergeführten in managementgeführte Unternehmen auf), eine ungeeignete Aufbauorganisation, schlecht organisierte Unternehmensprozesse, unzureichende Marktarbeit und unzureichendes betriebliches Controlling (insbesondere Liquiditätsmanagement). Externe Faktoren sind solche, wie zu schnelles Wachstum, zunehmender Wettbewerbsdruck, zunehmende Professionalität der Konkurrenz, eine schlechte Finanzierungsstruktur und die Missachtung von rechtlichen Rahmenbedingungen (wie z.B. gesetzliche Grundlagen oder Förderrichtlinien). Das bedeutet, dass die Unternehmen nur unter semi- oder sogar suboptimalen Bedingungen am Markt agieren können. Aktuell werden diese Barrieren durch die Implementierung der Bewertungssysteme wie Basel II für die Unternehmen zusätzlich aufgebaut. Die Unternehmen sind daher gezwungen, geeignete gegensteuernde Maßnahmen einzuleiten. Dennoch sind einzelne Strukturen oft so starr, dass die Unternehmen einen Turnaround nicht mehr schaffen und so einer Insolvenz nicht mehr entgehen können. Sanierungsaktivitäten haben unter diesen Bedingungen nur bedingt Erfolgsaussichten.

 

Für die Unternehmen ist es daher elementar, sich durch dynamische Prozesse neu aufzustellen. Das beinhaltet die Restrukturierung der inneren Organisation, der Finanzierung und des unternehmensinternen Rechnungswesens. Durch immer mehr Vereinheitlichung der Bewertungssysteme für die Finanzierungsfähigkeit und -würdigkeit der Unternehmen durch die Banken, Förderinstitute undandere Geldmittelgeber, durch den zunehmenden Druck eigenkapitalorientiert zu denken und zu handeln, sind die Unternehmen gefordert, neue Abläufe zu organisieren, mehr Transparenz zu schaffen und schneller auf Veränderungen zu reagieren.

 

Ziele dieser Arbeit sollen es daher sein, den Unternehmen unter den bestehenden oder veränderten Gegebenheiten Lösungsansätze zu erarbeiten und Konzeptionen zu entwickeln, mit deren Einsatz nachhaltig die Existenz des Unternehmens gesichert und die Entwicklung auf ein sicheres Fundament gestellt werden kann. Unter Beachtung der Komplexität zu betrachtender Faktoren soll sich diese Arbeit auf die drei wesentlichen Bestandteile konzentrieren. Die Verschmelzung von aktuellen Themen wie Rating (Basel II), Insolvenzfrüherkennungs- und geeignete Controllingsystemen/betriebliche Kennzahlensysteme sind dabei unabdingbare Voraussetzungen für ein effektives Risikomanagement. Die Transformation dieser wissenschaftlichen Grundlagen in Form eines Leitfadens soll den praktischen Bezug verdeutlichen und die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung dieser Instrumentarien hervorheben. Hierbei fließen unterschiedliche Erfahrungen aus der praktischen Tätigkeit des Verfassers mit ein und widerspiegeln dahingehend die Ist- und Sollsituation von verschiedenen kleinen und mittleren Unternehmen.

 

Seit 1995 werden explizite Untersuchungen über die Insolvenzentwicklung in Deutschland geführt. Dabei ist festgestellt worden, dass weit mehr als die Hälfte der durch eine Insolvenz betroffenen Betriebe weniger als 5 Mitarbeiter beschäftigt haben. Einzelunternehmer, Kleingewerbetreibende und Freiberufler waren mit ca. 35 % an der Gesamtzahl der Insolvenzen beteiligt.[1] Es war damit offensichtlich, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) für die Krisen besonders anfällig sind. In etwa ein Viertel aller insolventen Betriebe in den alten Bundesländern sind jünger als drei Jahre. In den neuen Bundesländern ist es mithin ein Drittel aller insolventen Betriebe. Nahezu die Hälfte aller Existenzgründer kann nicht länger als fünf Jahre am Markt bestehen.[2]

 

Die Insolvenzen der Unternehmen haben in Deutschland seit 1996 folgende Entwicklung:

 

 

 

 

Abb. 1: Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland seit 1996[3]

 

Bei der Entwicklung der Insolvenzzahlen ist zu erkennen, dass die Zahlen mit der Verbesserung der Konjunktur der letzten Jahre zwar rückläufig sind, sich im Vergleich zum Jahr 1995 immer noch auf sehr hohem Niveau bewegen. Existenzsicherung ist deswegen die Hauptaufgabe aller kleinen und mittleren Betriebe, die ihre Schritte in die Selbständigkeit erfolgreich gegangen sind. Darüber hinaus gibt es Schätzungen, dass in den nächsten Jahren rund 300.000 bis 400.000 mittelständische Betriebe in ihrer Existenz bedroht sind, weil keine Nachfolgeregelung getroffen wurde.[4] Die Ergebnisse einer Studie durch den Deutschen Sparkassen und Giroverband (DSGV) stellen sich wie folgt dar:

 

Bei mittleren und kleineren deutschen Unternehmen liegt die Eigenkapitalquote bei durchschnittlich 7,5 %.

 

Die Eigenkapitalquote ist abhängig von der Größe des Unternehmens. Je kleiner das Unternehmen, desto geringer ist die Eigenmittelsausstattung.

 

37,9 % aller befragten Unternehmen weisen einen "nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag" aus, also negatives Eigenkapital. Dies betrifft insbesondere Personengesellschaften.

 

Im Einzelnen ergab die Studie folgendes Ergebnis (s. Tab.) bezogen auf Umsatz und Branche:

 

 

Abb. 2: Eigenkapitalquote nach Unternehmensgröße und Branche[5]

 

Die eklatant geringe Eigenmittelausstattung tritt insbesondere bei einem internationalen Vergleich zu Tage. Während sich die Eigenkapitalquote im europäischen Durchschnitt bei ca. 35 % bewegt, weisen mittelständische US- amerikanische Unternehmen sogar eine Quote von fast 50 % aus. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs innerhalb Europas und weltweit führt dies zu einem nicht vernachlässigbaren Wettbewerbsnachteil deutscher Unternehmen. Denn eine starke Eigenmittelausstattung bringt eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit mit.

 

B Aufbau der Arbeit

I. Teil: Vermittlung wissenschaftlicher Ansätze, Begriffswelt und aktuelle Bedingungen für das Wirken der Unternehmen

 

1 Begriffsbestimmung

 

1.1 Problemstellung und Zielssetzung der Arbeit - Leitfaden für die praktische Arbeit in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)

 

Die Insolvenzzahlen sind in den letzten Jahren stetig angestiegen. Hierfür werden im Wesentlichen zwei Gründe angeführt. Zum einen ist hier die schlechte konjunkturelle Entwicklung in vielen Branchen eine Ursache. Zum anderen führt die mangelhafte Kapitalausstattung der Unternehmen zu den ungewünschten Konsequenzen.[6] Die Begründung der gestiegenen Insolvenzverfahren mit diesen beiden Argumenten wäre jedoch zu einfach. Oft ist es ein schleichender und nicht rechtzeitig wahrgenommener Prozess, der in die Insolvenz führt. Häufig werden die entscheidenden Fehler schon zwei bis drei Jahre vor der Existenz bedrohenden Schieflage begangen. Weil in vielen Unternehmen, wahrscheinlich sogar in den meisten, ein wirksames Frühwarnsystem fehlt, bleiben die Defizite zu lange verborgen. Die daraus resultierenden Zusammenbrüche der Unternehmen haben weitreichende ökonomische, soziale und wirtschaftspolitische Auswirkungen.[7] In den letzten Jahren ist daher die Thematik um ein effektives Risikomanagement stärker in den Vordergrund gerückt. Seit Basel II und das daraus resultierende Rating sowie durch das mit einer Finanzierung verbundene Risiko stehen die kleinen und mittleren Unternehmen mehr denn je im Diskussionsmittelpunkt. Das ist insbesondere deshalb der Fall, weil die Insolvenzzahlen in Deutschland angestiegen sind und weil sich viele Unternehmen mit der Frage beschäftigen (müssen!), wie sich das Rating auf die eigene Unternehmensfinanzierung auswirkt. Im Rahmen dessen müssen sich die Unternehmen verschärften Kreditentscheidungsprozessen unterwerfen, die mehr Offenlegung und Transparenz über die eigenen Unternehmensdaten verlangen. Gerade deshalb gewinnt das Risikomanagement aus betriebswirtschaftlichen Gründen immer mehr an Bedeutung.[8] Die bisherige Kreditwürdigkeitsprüfung anhand von vergangenheitsorientierten Bilanzkennzahlen wird durch ein zukunftsorientiertes Rating zur Beurteilung von Bonität, Risiko, Sicherheit und perspektivisches Chancenpotenzial des Unternehmens ersetzt, um die Kapitaldienstfähigkeit besser abschätzen zu können. Neben der Beurteilung des Wettbewerbsumfeldes, der Branche und der Fähigkeit des Unternehmens, auf Veränderungen der Rahmenbedingungen angemessen zu reagieren, werden künftig in einem viel stärkeren Maße auch die qualitativen Aspekte, wie das Unternehmensmanagement, die Unternehmensorganisation, die Unternehmensstruktur, die unternehmerischen Steuerungsinstrumente (wie Risikomanagement, Controlling, Unternehmensplanung, Strategie und Berichtswesen) mit in den Kreditentscheidungsprozess einbezogen. Ein konsequentes Risikomanagement wird damit für die kleinen und mittleren Unternehmen zu einem wesentlichen Bestandteil der Unternehmenssicherung und -planung. Rechtzeitig erforderliche Maßnahmen einzuleiten, um eine drohende Insolvenz abzuwenden, ist daher in erster Linie Aufgabe des Unternehmers. Kleine und mittlere Unternehmen können in einer Notlage dafür auf tatkräftige und in der Praxis bewährte Instrumente, Methoden und unterschiedliche Hilfestellung zurückgreifen.

 

Das aufgegriffene Thema an sich ist sehr komplex. Der zweite Teil der Arbeit soll einige solcher Hilfestellungen transparent machen. In diesem Kontext geht es nicht um neue wissenschaftliche Ansätze, sondern vielmehr um die Empfehlung und Würdigung bekannter und bewährter Möglichkeiten.

 

Eigene, praktische Erfahrungen des Verfassers fließen in diese Projektionen ein. Mit dieser Verknüpfung soll versucht werden, weniger generalistisch, sondern eher etwas speziellere und praxisorientiertem Lösungsansätze bieten zu können.

 

1.2 Existenzsicherungs- und Unternehmensentwicklungsprozesse - Risikoumfeld des unternehmerischen Handelns

 

Das oberste Ziel der unter den marktwirtschaftlichen Bedingungen agierenden Unternehmen ist die langfristige Sicherung der eigenen Existenz - eine auf Dauer ausgerichtete Tätigkeit also. Dieses Primärziel geht in der Regel anderen Unternehmenszielen, wie z.B. der Gewinnmaximierung, dem Wachstum oder der Marktführerschaft voraus.[9] Die Sicherung der Existenz bedingt sowohl ein finanz- als auch ein leistungswirtschaftliches Gleichgewicht.[10] Strukturwandel, Wettbewerbsdruck, Internationalisierung und Globalisierung sowie immer komplizierter und unübersichtlicher werdende gesetzliche Rahmenbedingungen verlangen ein professionelles Prozessmanagement.

 

Es ist klar, dass jedes unternehmerisches Handeln enorme Chancen birgt. Neben diesen Chancen gibt es im Geschäftsprozess aber zugleich eine unbegrenzte Zahl an unterschiedlichen Risiken. Das bedeutet, dass neben dem Chancenmanagement auch ein funktionierendes Risikomanagement existieren muss, um alle bestandsgefährdenden Risiken für das Unternehmen frühzeitig erkennen und ausschließen zu können. Chancen und Risiken lassen sich quasi als Kehrseite einer Medaille bezeichnen. Demzufolge fungiert ein Risikomanagement-System auch gleichzeitig als Chancenmanagement- System.[11]

 

Trotz des derzeitigen wirtschaftlichen Aufschwungs zeigt die zurückliegende wie auch die aktuelle Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen jedoch ganz deutlich, dass viele der Unternehmen immer noch dieses Primärziel verfehlen. Die deutsche Wirtschaft hat in den letzten Jahren unter permanent gestiegenen Insolvenzzahlen gelitten. Vor allem mittelständische Unternehmen (kleine und mittlere Unternehmen)[12] weisen im Vergleich mit Großunternehmen eine deutlich niedrigere Eigenkapitalquote auf.[13] Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 50 Mio. Euro.[14] Des Weiteren weisen innerhalb des Mittelstandes Personengesellschaften im Vergleich mit Kapitalgesellschaften bezüglich der Eigenkapitalausstattung geringere Werte auf.[15]

 

Aus diesem Grund gilt die Risikovorsorge nach dem KonTraG, das Managen von Chancen und Risiken, nicht nur für Vorstände und Aufsichtsräte von Großunternehmen, sondern vor allem für die Geschäftsführungen aller mittelständischen Unternehmen, von Kapital- und Personengesellschaften sowie von Einzelunternehmen.

 

1.3 Kleine und mittlere Unternehmen - KMU

 

Die kleinen und mittleren Unternehmen, auch KMU genannt, bilden den eigentlichen Mittelstand in Deutschland. Kleine und mittlere Unternehmen erwirtschaften ca. 50 Prozent der steuerpflichtigen Umsätze, beschäftigen ca. 66 Prozent der Arbeitnehmer und bilden ca. 85 Prozent der Lehrlinge aus.[16] In der Betrachtung der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung werden in die Darstellung des Status des Mittelstandes auch die Ergebniszahlen der großen Unternehmen gern mit statistisch abgebildet, so dass sich eher ein schiefes Bild von der tatsächlichen Situation ergibt. Im Kontext der aktuellen Probleme des Mittelstandes sind die Größenklassen zu definieren. Mittelstand und KMU lassen sich wie folgt abgrenzen:

 

Quantitative Merkmale des Mittelstandes

 

 

Abb. 3: Quantitative Mittelstandsdefinition[17]

 

Die EU, wie auch die meisten anderen europäischen Staaten benutzen den Begriff Mittelstand im Prinzip nicht, sondern vielmehr den der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Für die Vergleichbarkeit der KMU beziehen sich die Verantwortlichen auf die beiden Kriterien Beschäftigtenzahl sowie den Jahresumsatz bzw. die Bilanzsumme. Darüber hinaus darf das Unternehmen höchstens zu 25 % im Besitz eines anderen Unternehmens sein.[18]

 

Definition der EU für KMU

 

 

Abb. 4: KMU-Definition der EU[19]

 

Qualitative Merkmale des Mittelstandes[20]

 

Einheit von Eigentum, Risiko und Kontrolle,

 

Einheit von Leitung, Entscheidung und Verantwortung,

 

Flache Hierarchie (Konsens zwischen Leitung und Hierarchie),

 

Lokaler Bezug (Markt- und Kundennähe),

 

Persönliche Beziehungen zwischen Unternehmen und Umwelt.

 

Neben der quantitativen Definition (Zahlen und Berechnungsmethoden) gibt es weitere Kriterien zur Bestimmung von KMU. Diese beziehen sich auf die Identität zwischen Unternehmen und Unternehmern. In mittelständischen Unternehmen, also den KMU, laufen die unternehmerischen Tätigkeiten wie Leitung, Entscheidung, Kontrolle und Übernahmen von Verantwortung in der Regel bei einer Person, dem Unternehmer zusammen.[21]

 

2 Unternehmenskrisen und Krisenmanagement

 

2.1 Die Krise

 

Der Begriff „Krise" stammt aus dem Griechischen und bedeutet „beurteilen, schneiden und trennen". Diesen Maximen sollte ein Unternehmen in einer Krise gehorchen.[22]

 

Dieser Begriff hat sich heute in vielen Bereichen manifestiert. Dazu zählen nicht mehr nur die Bereiche des ökonomischen, politischen oder gesellschaftlichen Lebens. Sondern die Krise erscheint auch in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen.[23] Ursprünglich bezeichnet der Begriff der Krise i. w. S. einen Bruch einer bis dato kontinuierlichen Entwicklung. Im engeren Sinne bildet eine Krise eine Entscheidungssituation, die den Wendepunkt oder den Höhepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt.[24]

 

Im betriebswirtschaftlichen Sinne bezeichnet man eine Notsituation eines Unternehmens als Krise.[25] Dabei geht es um das Endstadium eines vom Unternehmen ungewollten Prozesses, in dessen Verlauf sich die Erfolgspotenziale, das Vermögen (Reinvermögen) und/oder die Liquidität so ungünstig entwickeln, dass dessen Existenz akut bedroht ist.[26] Die Bedrohung der Existenz des Unternehmens, also der Lebensfähigkeit eines Schuldners, bedeutet nicht automatisch die Unternehmensvernichtung, denn der betriebswirtschaftlichen Unternehmenskrise ist auch die Chance zur positiven Wende immanent.[27]

 

Im Umkehrschluss soll die Notsituation eines Unternehmens nicht als eine Unternehmenskrise bezeichnet werden, wenn ex ante feststeht, dass die Auflösung der Unternehmensexistenz unabwendbar ist.[28]

 

Ein unschönes Thema in diesem Zusammenhang ist der Tatbestand des Betruges, der ebenfalls ein betriebliches Risiko darstellt und zur Zerstörung eines Unternehmens führen kann. Dabei geht es nicht immer um persönliche Bereicherung. Es gibt auch noch andere Motive in diesem Zusammenhang, nämlich Geltungsbedürfnis oder Statusverlust. Deshalb kann man die Entstehung einer Krise durch Betrug auch wie folgt definieren:

 

„Betrug ist das absichtliche Verbergen der wahren Sachlage von jenen, die sie wissen müssten."[29] Sicherlich können auch solche Umstände bei den vielen Unternehmensinsolvenzen der kleinen und mittleren Unternehmen als Krisenursachen angeführt werden. In der Gesamtheit ist die Anzahl schon allein wegen der Nachweisbarkeit eher gering. Deshalb wird im weiteren Verlauf der Arbeit die Betrachtung vernachlässigt.

 

In eine Krise kann jedes Unternehmen, egal welcher Größenordnung, geraten. Um einen sachlichen und logischen Zusammenhang in der Abhandlung der verschiedenen Aspekte der Krise herstellen zu können, ist es wichtig, bestimmte Unternehmenstypen zu klassifizieren und einzugrenzen, die in diesem Kontext besonders gefährdet sind. Die nachfolgenden Beispiele entstammen der Auswertung der unterschiedlichen Determinanten aus den Krisenformen und Krisenursachen und veranschaulichen die geltenden Merkmale.[30]

 

Risikogruppe 1: Unternehmen mit nur einem Standbein

 

Das betrifft im Wesentlichen junge Unternehmen (Existenzgründer)[31] oder kleine Unternehmen, die zu Beginn ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit oder im geschäftlichen Verlauf oft nur von einem einzelnen Produkt oder einem Auftraggeber abhängen. Diese Unternehmen sind besonders stark insolvenzgefährdet.

 

Risikogruppe 2: Unternehmen, die ausschließlich auf den Chef zugeschnitten sind (der fehlende Wechsel zum managementgeführten Unternehmen)

 

Viele Unternehmen schaffen es während ihres Wachstums nicht, den Wechsel vom inhabergeführten zum managementgeführten Unternehmen zu vollziehen. Deshalb besteht gerade bei inhabergeführten Unternehmen ein hohes Risiko. Die Firmenlenker sind oft auch die Gründer des Unternehmens. Bei diesen konzentrieren sich die wesentlichen Aufgaben, das Fachwissen und die strategischen bzw. organisatorischen Kompetenzen. Neue Ideen lassen sich nur schwierig durchsetzen. Das führt zu einer hohen Abhängigkeit des Unternehmens von nur einer handelnden Person und schnell zur Überlastung derselben. Ein Ausfall oder Ausscheiden ohne Kompensation gefährdet die Zukunft des Unternehmens stark.

 

Risikogruppe 3: Unternehmen mit zu schnellem Wachstum

 

Mangelhafte Unternehmensstrukturen und -prozesse sind ein besonders hohes Krisenrisiko. Dieses Phänomen ist vor allen bei jungen Unternehmen in BoomBranchen zu beobachten. Aber auch in Zeiten konjunktureller Aufschwüngen und wachsender Volkswirtschaften gestalten viele kleine und mittlere Unternehmen ihr Wachstum nicht ordentlich. Die Auftragslage wächst dynamisch, die Personaldecke und die technischen Kapazitäten reichen schnell nicht mehr aus. Notwendige Qualifikationen, strategische Maßnahmen und die Entwicklung neuer Produkte fallen dem operativen Geschäft schnell zum Opfer. Die eigenen Prozesse, also die Anpassung der inneren Organisation, können mit dem Wachstum bald nicht mehr Schritt halten. Diesen Unternehmen wird der Erfolg quasi zum Verhängnis, weil mit dem steigenden Leistungsvolumen die Qualität der Produkte oder Leistungen, die Liefertreue und die Reputation des Unternehmens zum Opfer fallen.

 

Risikogruppe 4: Unternehmen mit ausschließlich technischer Orientierung

 

Bei Unternehmen, die ausschließlich von Technikern oder Ingenieuren gegründet oder geführt werden, stehen meistens die technischen und nicht kaufmännische Parameter im Vordergrund der Aktivitäten. Diese Unternehmen sind eindimensional ausgerichtet. Betriebswirtschaftliche Aufgaben, wie eine professionelle Vermarktung der Produkte oder Leistungen, der Installation eines aussagekräftigen Controllings oder der nachhaltigen Finanzierung der Unternehmensaktivitäten werden wenig oder gar nicht erfüllt. Trotz technisch ausgereifter und innovativer Produkte ist ein Scheitern des Unternehmens latent.

 

Risikogruppe 5: Unternehmen ohne strategische Orientierung

 

Diese Unternehmen fokussieren sich ausschließlich auf die Bewältigung des operativen Geschäftes. Strategische Ansätze, wie die Planung neuer Produkte, die Erschließung neuer Absatzmärkte oder die Durchführung von Investitionen fehlen bzw. werden immer wieder zurückgestellt und langfristige Ziele werden nicht definiert. Diesen Unternehmen fehlt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten deshalb auch eine Orientierung zur Aufstellung gegensteuernde Maßnahmen, mithin also ein funktionierendes Krisenmanagement.

 

Risikogruppe 6: Unternehmen mit starker Diversifikation

 

Unternehmen, die kein abgestimmtes Produktportfolio haben, entwickeln sich schnell zum „Gemischtwarenladen". Die Kernkompetenzen oder vielmehr das eigentliche Kerngeschäft ist nicht klar abgegrenzt. Es werden Geschäftsfelder bearbeitet, die nicht zum (wirtschaftlichen) Erfolg des Unternehmens beitragen oder gar zu Quersubventionierungen aus erfolgreichen Sparten führen. Sie führen daher zum Liquiditätsverzehr und binden wichtige Ressourcen und Kapazitäten.

 

2.1.1 Krisenformen

 

In der betriebswirtschaftlichen Krisentheorie geht ein Ansatz von folgender  idealtypischer Entwicklung der Unternehmenskrise aus:[32]

 

a) Latente Krise

 

Der Schritt vom gesunden (solventen) zum kranken (insolventen) Unternehmen wird durch das Auftreten einzelner oder mehrerer Krisenursachen begleitet. Weder das eigene Management, noch externe Partner (z.B. Banken, Leasing-und Mietkaufgesellschaften, Lieferanten, Gesellschafter und Aufsichtsrat) nehmen in dieser Phase (latente Krise) die Krisenursachen wahr bzw. stufen diese als tatsächlich existenzbedrohend ein. Ergibt sich dahingehend keine Problemlösung, so verstärken sich diese Krisenursachen für gewöhnlich, in dem diese durch andere Krisenfaktoren ergänzt werden. Der Gefährdungsgrad des Unternehmens wird dadurch erheblich erhöht.

 

b) intern manifestierte Krise

 

In dieser zweiten Phase der Krisenentwicklung werden die Krisenursachen im Unternehmen nunmehr intern wahrgenommen. Es hängt von der Sensibilität und von der Qualität des Managements sowie von der jeweiligen Krisenart ab, ob die intern manifestierte Krise bewältigt und abgewendet werden kann. Wenn es dem Management in dieser Phase nicht gelingt, geeignete Maßnahmen zur Abwendung der Krise zu finden und auch durchzusetzen, dringen die ersten Krisensignale nach außen. Da bestandsgefährdende Krisen vornehmlich finanzieller Natur sind, dokumentiert sich diese Krise im Auftreten von Zahlungsschwierigkeiten. Reagiert das Management auf diese Krise nur in der Form, dass es Maßnahmen gegen die Krisensymptome einsetzt und nicht die Krisenursachen beseitigt, dann festigt sich die Krise sehr schnell und wird massiv nach außen transparent.

 

c) extern manifestierte Krise

 

In diesem Stadium wird die Krise bereits auch von den externen Marktpartnern wahrgenommen. In der Praxis äußert sich dieses Krisenstadium regelmäßig durch finanzielle Leistungsstörungen oder negativ verändertes Zahlungsverhalten. Die Krisenursachen haben sich dann bereits in Form einer Finanzkrise manifestiert und das Unternehmen ist nicht mehr in der Lage, die fälligen Verbindlichkeiten fristgerecht zu erfüllen. Die Informationssysteme der Marktpartner des Unternehmens wie z.B. Banken und Lieferanten erkennen diese Situation. Das führt zu entsprechenden Sanktionen, die sich in restriktiven Kreditentscheidungen, Verlust von Einkaufsvorteilen (Skonti, Boni, Rabatte) bis hin zu Lieferstopps widerspiegeln. Folgen dann auch noch außergerichtliche Inkassomaßnahmen, die ins Leere laufen, wird der Druck durch juristische Instrumente (z.B. Mahnbescheide, Wechselproteste, Vollstreckungen, Klagen und Insolvenzanträge) erhöht und die Krise damit weiter verstärkt. Der Krisenverlauf hat sich damit wesentlich verschärft und führt zu so genannten „harten Negativmerkmalen", die dem Unternehmen faktisch jede Kreditwürdigkeit absprechen. Diese Negativmerkmale werden in öffentlich zugänglichen Informationssystemen abgespeichert und sind somit für alle bestehenden und potenziellen Kreditgeber und sonstigen Partner zugänglich. Da sich der allgemeine Geschäftsverkehr zunehmend auf die Bonitätsauskünfte durch Auskunfteien[33] (Creditreform, Bürgel etc.) sowie Warenkreditversicherer / Factorer[34] (Hermes, Gerling, AKV Coface etc.) verlässt, erfährt diese Krise nahezu „publizistischen" Charakter. Streuungsbreite und Geschwindigkeit nehmen deutlich zu.

 

d) juristisch manifestierte Krise

 

Die Reaktionen der Gläubiger eines Unternehmens (z.B. Sozialversicherungsträger, Lieferanten, Kreditinstitute, Finanzamt oder Beschäftigte) münden in der Beantragung eines Insolvenzverfahrens durch den Schuldner selbst (der sog. Eigenantrag) oder einen bzw. mehrere Gläubiger (der sog. Fremdantrag). Wenn eine Abwendung des Insolvenzverfahrens oder die finanzwirtschaftlicheSanierung des Unternehmens nicht gelingt, wird das Unternehmen zwangsweise aufgelöst bzw. zerschlagen. Aus den dann erzielten Liquidationserlösen werden, soweit vorhanden die Gläubiger des Unternehmens anteilig befriedigt.

 

2.1.2 Krisenphasen

 

Für KMU ist es zur Sicherung der Existenz zwingend notwendig, erste Anzeichen einer krisenhaften Entwicklung wahrzunehmen.[35] Für die Erstellung eines maßgeschneiderten Programms zur Behebung oder gar Vermeidung von Krisensituationen ist die Kenntnis über die Entwicklungsstufen eines Krisenverlaufes notwendig. Hierbei kommt es insbesondere auf das frühzeitige Erkennen von Signalen an, die auf eine Krise hinweisen. Die Einleitung effektiver und effizienter Gegenmaßnahmen ist Voraussetzung, um rechtzeitig Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Der typische Verlauf einer Unternehmenskrise lässt sich zeitlich gliedern und hinsichtlich der Dringlichkeit der erforderlichen Gegenmaßnahmen anhand der drei Stadien (strategische Krise, Ertrags- bzw. Erfolgskrise und Liquiditätskrise) charakterisieren.[36]

 

 

Abb. 5: Verlauf einer Unternehmenskrise[37]

 

a) strategische Krise

 

Eine Strategiekrise entsteht, wenn der Aufbau oder die Verfügbarkeit von Erfolgspotenzialen ernsthaft gefährdet ist.[38] Dabei gehören strategische Fehlentscheidungen oder Fehleinschätzungen zu den häufigsten Ursachen für Krisensituationen in kleinen und mittleren Unternehmen, die branchenübergreifend gleichermaßen zu beobachten sind.[39] Auftragsrückgänge, fehlendes Know-how bei sich verändernden Fertigungstechnologien oder der Weggang von Mitarbeitern auf Schlüsselpositionen sind erste Signale für den Beginn dieser Krisenphase.[40] Eine gute Ertragslage zeichnet ein schiefes Bildvon der tatsächlichen Situation. Der Handlungsspielraum ist für die Unternehmen noch relativ groß und die Kosten für gegensteuernde Maßnahmen relativ gering. In dieser Krisenphase kann das Management noch agieren, in späteren Krisenphasen nur noch reagieren.

 

b) Ergebnis- / Rentabilitätskrise

 

In der Ergebniskrise bestehen wesentliche Gefahren für die Erreichung von taktischen und operativen Erfolgszielen (Umsatz, Rentabilität, Gewinn). Oder diese Ziele wurden bereits teilweise verfehlt.[41] Das kann bedeuten, dass ein Unternehmen Verluste erwirtschaftet und diese zum Aufbrauchen des Eigenkapitals führen.[42] Eine Rentabilitätskrise bedeutet die Nichterreichung von Deckungsbeitragszielen und/oder Gewinnzielen, die bei längerem Anhalten zur Überschuldung führen können.[43]

 

c) Liquiditätskrise

 

Bei einer Liquiditätskrise liegt eine konkrete und akute Gefahr der Zahlungsunfähigkeit und/oder der Überschuldung vor, d.h. wenn die Insolvenz droht.[44] Eigenkapitalreserven sind in der Regel aufgebraucht. Externe Quellen zur Finanzierung der Engpässe stehen dem Unternehmen zur Schließung von Liquiditätslücken nicht mehr zur Verfügung. In der Folge können die eigenen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllt und die Aufträge teilweise oder gar nicht mehr bearbeitet werden. Forderungsausfälle (Zurückhaltung), Schadenersatzverpflichtungen (Pönale), die Kündigung von Aufträgen (aus Rahmenvereinbarungen) oder die Reduzierung/Kündigung von Limiten bei den Warenkreditversicherern oder von Betriebsmittellinien durch die Banken sowie der Weggang von Leistungsträgern und damit Know-how sind die sichere Folge. Damit ist die Existenz des Unternehmens innerhalb kürzester Zeit akut bedroht.

 

Aufgrund des progressiven Verlaufes der Krisenphasen Strategische Krise - Erfolgskrise - Liquiditätskrise nehmen die Handlungsmöglichkeiten und der Erfolg beim Durchsetzen von gegensteuernden Maßnahmen entsprechend ab. Der Zeitdruck ist immens hoch. Dabei weisen die Krisenphasen einen fließenden Übergang auf und können deshalb nicht eindeutig voneinander abgegrenzt werden. Darüber hinaus ist es möglich, dass sich ein Unternehmen gleichzeitig in einer strategischen Krise, einer Erfolgskrise sowie einer Liquiditätskrise befinden kann.[45]

 

d) Insolvenz

 

Die Insolvenz tritt ein, wenn die Tatbestände der Zahlungsunfähigkeit[46] oder der Überschuldung[47] gegeben ist.[48] Wann ein Unternehmen in seinem Bestand gefährdet ist, ist in der Insolvenzordnung (InsO) geregelt.[49] Unter bestimmten Voraussetzungen besteht dennoch die Möglichkeit, den Fortbestand des Unternehmens durch eine nachhaltige Sanierung zu sichern.[50] Dahingehend sollen die beiden wesentlichen Möglichkeiten, die „Übertragende Sanierung" und das „Insolvenzplanverfahren" jeweils nur kurz skizziert werden, da das Ziel dieser Arbeit in der Darstellung von Faktoren und Aktivitäten zur rechtzeitigen Erkennung und Abwehr von Insolvenztatbeständen ist.

 

Übertragende Sanierung

 

Die Übertragende Sanierung ist im Rahmen der Sanierung insolventer Unternehmen immer noch die bekannteste und häufigste Methode.[51] Diese Form der Sanierung ist aber keine „Heilung" im klassischen Sinne oder im Vergleich mit dem Turnaround. Der Begriff der „Übertragenden Sanierung"[52] wird im Insolvenzrecht benutzt, um den Vorgang des Verkaufs an eine auffangende Gesellschaft, den so genannten Asset-Deal, von insolventen Unternehmen und/oder Unternehmensteilen zu dokumentieren. Der Verkauf erfolgt an Investoren, aufnehmende Betriebe oder speziell gegründete Auffanggesellschaften (SPV- Special Purpose Vehicle)[53]. Sie werden entweder vom Insolvenzverwalter oder vom Investor mit dem rechtsformspezifischen Kapital gegründet und schließen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem vom Gericht bestellten Insolvenzverwalter einen Unternehmenskaufvertrag. Dieser entspricht gewöhnlich M&A Standards.[54] Wenn der Rechtsträger erhalten werden soll oder muss, ist die übertragende Sanierung nicht geeignet. In diesen Fällen müsste ein Insolvenzplanverfahren[55] durchgeführt werden.

 

Insolvenzplanverfahren