Intelligenz und Teddybären - Beate Gerstenberger-Ratzeburg - E-Book

Intelligenz und Teddybären E-Book

Beate Gerstenberger-Ratzeburg

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Beschreibung

Begabte und hochbegabte Kinder haben es in Deutschland nach wie vor sehr schwer, ihrem Potenzial entsprechend gefordert und gefördert zu werden. Gibt es Schulprobleme, so werden zunächst ADS oder ADHS, Autismus, Legasthenie oder Dyskalkulie, aber auch Lernbehinderungen und dissoziales Verhalten diagnostiziert. Eine Begabung oder gar eine Hochbegabung kommt als Problemursache gar nicht erst in Betracht. Auch dann nicht, wenn es der IQ-Test bescheinigt. Und auch Wahrnehmungsstörungen, die man in fast allen gängigen Intelligenztests entdecken kann, werden ignoriert, Eltern nicht aufgeklärt. Doch eine dauerhafte Unterforderung oder das Nichterkennen einer solchen Störung kann ein Kind im harmlosen Fall verhaltensauffällig werden lassen, im schlimmsten Fall körperlich und seelisch ruinieren. So werden Kinder reihenweise mit Medikamenten versehen, durchlaufen Förderschulverfahren, müssen Klassen wiederholen und werden von Arztpraxis zu Arztpraxis, von einer Therapie zur nächsten befördert, fühlen sich krank und dumm, obwohl sie eigentlich schlau, gesund, aber unterfordert sind. Das Buch zeigt Eltern Verhaltensregeln auf, wie sie eine Begabung erkennen, wann und wie sie handeln müssen. Viele Fallbeispiele ergänzen diese Hinweise.

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Seitenzahl: 247

Veröffentlichungsjahr: 2019

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für begabte und hoch begabte

Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern und Erwachsene, ErzieherInnen, LehrerInnen und alle interessierten Personen

Sie müssen schnell etwas wissen, nicht lange warten – aber qualifiziert informiert und beraten werden. Wenn das so ist, dann sind Sie bei unserer BE-GABTEN und HOCHBEGABTEN-Hotline richtig. Hier erfahren Sie alles rund um das Thema Begabung, schnell und kompetent.

Sie erreichen unsere Beratungs-Hotline für begabte und hochbegabte Menschen unter der Tel.-Nr.:

09001231245

(1,99 €/Min. aus dem deutschen Festnetz; Mobilfunk ggf. abweichend.)

Aus Gründen der vereinfachten Lesbarkeit werden alle Personen- und Berufsbezeichnungen (Lehrer, Erzieher, Ärzte, Therapeuten etc.) soweit wie möglich und wenn nicht anders vermerkt in der maskulinen Form verwendet. Jedoch sind damit auch alle femininen Personen- und Berufsgruppen wie Lehrerinnen, Erzieherinnen, Ärztinnen, Therapeutinnen etc. gemeint. Es handelt sich dabei um keinerlei Diskriminierung durch diese Schreibweise.

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Die Begriffe Intelligenz, Talent, Begabung und Hochbegabung

Merkmale zur Erkennung von Begabungen

Merkmale einer Begabung in den ersten Lebensjahren

Merkmale einer Begabung im Kindergarten

Merkmale einer Begabung - Grundschule

Merkmale einer Begabung - weiterführende Schule

Testdiagnostik

Die bekanntesten Testverfahren im Überblick

Das AID 3

Die CFT-Reihe

Der HAWIK IV (WISC IV)

Weitere Testverfahren

Spezielle Testverfahren für Hochbegabte

Tests im Internet, Fernsehen sowie als Buchversionen

Teilleistungsstörungen und (Hoch)Begabung

Hochbegabung und Legasthenie/Lese-Rechtschreibschwäche

Hochbegabung und Dyskalkulie/Rechenschwäche

Verhaltensauffälligkeiten und (Hoch)Begabung

Hochbegabung, Klassenclown und Träumerchen

ADS/ADHS und Hochbegabung

Aggressives Verhalten und Hochbegabung

Wahrnehmungsstörungen und Hochbegabung

Winkelfehlsichtigkeit

Blick- und Hörsteuerung

Probleme mit dem Atlas-Wirbel

Sonstige Wahrnehmungsprobleme

Störungsbilder nach ICD 10 und Begabung

Asperger-Autismus

Ängste

Zwänge, Essstörungen und Tics

Depressionen

Fehldiagnosen bei hoher Begabung

Hilfen, Unterstützung, Erziehung

Der allgemeine Umgang mit begabten Kindern

Schlafprobleme und ihre Gründe

Erziehung in der Pubertät

Der richtige Kindergarten

Die richtige Schule

Umgang mit Teilleistungsstörungen und Begabung

Umgang mit Verhaltensproblemen und Begabung

Umgang mit Wahrnehmungsstörungen

Umgang mit Tics, Depressionen, Zwänge, Ängste und mehr

Außerschulische Hilfen und Unterstützung

Allgemeines

Fehlendes Wissen

Schulprobleme

Teilleistungsstörungen

ADS/ADHS

Mobbing

Förderung durch Kurse und Seminare

Zusammenfassung

Glossar

Literaturliste

Über die Autorin

Anhang, Checklisten zur Begabung

Vorwort

Die Notwendigkeit dieses Buch zu schreiben, ergab sich aus den Problemen begabter und hochbegabter Menschen, hauptsächlich aber Kinder und Jugendliche, in der täglichen Arbeit in unserem Institut.

Begabte Menschen werden in Deutschland, so scheint es, nicht ernst genommen. Und Kinder und Jugendliche in den Kindergärten und Schulen unseres Landes erst recht nicht. Dabei haben es gerade Kinder oft schwer, z.B. den Spagat zwischen einem Intelligenzalter von 10 Jahren und einem tatsächlichen emotionalen und körperlichen Alter von 6 Jahren hinzubekommen. Und auch der immerwährende Disput zwischen Fördern, Fordern oder Kind sein lassen, ist für die betroffenen Kinder meist ein Albtraum.

Sind die einen der Meinung, das Kind benötige eine intensive Forderung, damit es seinen Weg gehen wird, so sind andere der Meinung, eine vorzeitige Einschulung nehme dem Kind seine Kindheit. Es soll eben noch spielen dürfen. Es geht also jedes Mal um einen Spagat zwischen Intelligenz und Teddybär.

Doch wie findet man heraus, was nun das Beste für sein Kind ist? Und was ist zu tun, wenn der Teddybär schon in den Brunnen gefallen ist?

Wenn Probleme der unterschiedlichsten Art noch hinzukommen?

Viele Kinder und Jugendliche, die unser Institut besuchen, waren oft schon schulisch abgeschrieben, psychisch krank oder völlig falsch diagnostiziert worden. So werden meist ADS bzw. ADHS, aber auch eine vermeintliche Legasthenie oder Dyskalkulie mit einer Begabung verwechselt und nur deshalb, weil die Symptome ähnlich sind, aber kaum jemand das weiß. Da werden Wahrnehmungsstörungen nicht erkannt, Kinder mit Medikamenten vollgestopft und ruhiggestellt, weil man keine Ahnung von einer Begabung hat, fatale Nebenwirkungen in Kauf genommen, damit die Kinder angepasst die Schule durchlaufen und die Verantwortlichen dort ihre Ruhe haben.

Hochbegabte und überdurchschnittlich begabte Kinder durchlaufen eine Therapie nach der anderen, haben vielfach schon ambulante und stationäre Psychiatrie-Erfahrungen, Schulwechsel bis hin zur Förderschule hinter sich und werden somit systematisch mit staatlicher Unterstützung zerbrochen.

Viele falsche bzw. fehlerhafte Diagnosen haben wir im Laufe der Zeit aufdecken können. Viele Beispiele berichten davon. Und dabei handelt es sich nur um einen Bruchteil der in unserem Institut erlebten Dramen.

Um die Verantwortlichen zu sensibilisieren genauer hinzuschauen, verantwortlicher zu diagnostizieren, nicht gleich zu Medikamenten zu greifen und eine Begabung und die damit verbundenen Problemstellungen mit in die Gesamtdiagnostik einzubeziehen, dafür gibt es dieses Buch. Und dies mittlerweile als 2., überarbeitete Auflage.

Beate Gerstenberger-Ratzeburg,

Dortmund, im Juli 2019

Einleitung

Dieses vorliegende Buch soll ein Ratgeber für alle Eltern begabter und hoch begabter Kinder sein, für Eltern, die ihre Kinder gern verstehen und den Begabungen entsprechend mit ihnen umgehen wollen, aber auch für hoch begabte Jugendliche und Erwachsene, die sich selbst gern verstehen möchten, warum sie so sind wie sie sind.

Begabung ist vielfältig und individuell, von Hochleistung ebenso betroffen wie von Minderleistung, von Menschen mit psychosomatischen Beschwerden bis hin zu glücklichen Individuen. Sie wird oft nicht erkannt, weil es immer noch Vorurteile in den Köpfen der Menschen gibt, wenn insbesondere von einer Hochbegabung die Rede ist.

Begabte sind nicht immer die Gewinner der Gesellschaft, sondern leider häufig die Verlierer. Dabei muss man sich fragen, ob nicht gerade unser Land und unsere Gesellschaft es sehr nötig hat Menschen mit besonderen Fähigkeiten zu finden, zu fördern und zu fordern. Immer noch wird Hochleistung mit Hochbegabung verwechselt, denn nicht immer ist es so, dass hoch Begabte auch Hochleister und Hochleister hoch Begabte sind.

Hier soll das Buch aufklären, aber auch Verständnis zeigen für alle begabten und hochbegabten Menschen, die eigentlich ganz normal sind, jedoch nur schneller, querer und weiterdenken als der Durchschnitt. Das Buch soll auch zeigen, dass es nicht nur Hochbegabte sind, die anders denken, sondern dass dieses Phänomen bereits deutlich früher beginnt.

Und es wird über die wissenschaftliche Sichtweise nur insofern berichtet, wie es für das allgemeine Verständnis notwendig ist. Wichtig ist die praktische Sichtweise im Umgang mit diesen Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, selbst.

Ferner ist es notwendig darüber aufzuklären, dass ein genaues Hinschauen immer wichtig ist, denn meist werden hochbegabte Kinder nicht erkannt, Fehldiagnosen sind an der Tagesordnung. Kinder werden mit Medikamenten vollgestopft mit dem Hintergrund sie ruhigzustellen. Doch das ist nicht immer notwendig. Denn unterforderte Kinder zeigen oft die gleichen Symptome wie Kinder mit einem ADS oder ADHS.

Und auch Wahrnehmungsstörungen werden nicht immer als solche erkannt. Dieses Buch zeigt viele Fallbeispiele von Fehldiagnosen und dem damit verbundenen Leid des betroffenen Menschen. Denn nicht nur die Kinder leiden, sondern auch die ganze Familie.

Die Begriffe Intelligenz, Talent, Begabung und Hochbegabung

Wenn es um die Leistungsfähigkeit eines Menschen geht, gibt es viele Möglichkeiten diese zu beschreiben. Die Begriffe der Intelligenz, des Talents, der Begabung, hier noch zu unterscheiden zwischen der überdurchschnittlichen bzw. besonderen Begabung und der Hochbegabung, gehören unweigerlich dazu. Aber auch Hochleister, Überflieger, Karriere sind Begriffe, die oft mit Intelligenz und allen weiteren Begriffen assoziiert werden.

Insbesondere erfolgreiche Menschen, schon beginnend im Kindesalter, werden oft als intelligent bezeichnet. Ob sie es tatsächlich sind, entscheidet einzig und allein der IQ-Test? Nicht immer, wie man noch im Laufe des Buches sehen wird. Denn Begabung ist so individuell und facettenreich wie jeder Mensch einzigartig ist.

Doch nun zu den einzelnen Begrifflichkeiten. Beginnen wir mit der Intelligenz. Der amerikanische Psychologe, Edwin Boring, gab den berühmten Satz von sich, dass man das, was der Intelligenztest misst, als Intelligenz bezeichnet. Dies ist kräftig zu hinterfragen. Denn nichts wird in der Wissenschaft so kontrovers diskutiert wie der Intelligenzbegriff.

So definiert z.B. Howard Gardner Intelligenz wie folgt: "Intelligenz ist eine Fähigkeit, Probleme zu lösen oder Produkte zu schaffen, die für eine bestimmte Gemeinschaft oder Kultur von Bedeutung sind." Andere wiederum sehen keinen Unterschied zwischen einer Begabung und der Intelligenz, andere unterteilen selbst die Intelligenz in viele Faktoren. Und Howard Gardner war es auch, der die Intelligenz in viele Bereiche, die sog. multiplen Intelligenzen, aufteilte. Er unterscheidet

Sprachlich-linguistische Intelligenz

: Zur sprachlichen Intelligenz gehören die gesprochene und die geschriebene Sprache, die Grundlagen zum Erlernen von Sprachen und diese dann auch entsprechend anzuwenden. Folgende Berufsgruppen benötigen diese Form der Intelligenz: SchriftstellerInnen, RechtsanwältInnen, SprachwissenschaftlerInnen u.a. mit Sprache vertraute Menschen. Berühmte Persönlichkeiten: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, William Shakespeare, Hedwig Courths-Mahler, Heinrich Heine u.v.m.

Logisch-mathematische Intelligenz

: Dies ist die Fähigkeit, Problemstellungen logisch zu analysieren sowie mathematische und naturwissenschaftliche Fragestellungen zu untersuchen und zu lösen. Folgende Berufsgruppen benötigen diese Form der Intelligenz: MathematikerInnen und NaturwissenschaftlerInnen. Berühmte Persönlichkeiten: Marie Curie, Archimedes, Darwin u.v.m.

Musikalisch-rhythmische Intelligenz

: Musikalische Intelligenz ist die Fähigkeit Musik zu komponieren, Musikinstrumente zu beherrschen und Musik zu verstehen. Berühmte Persönlichkeiten: Mozart, Beethoven, Haydn, Bach u.a.

Bildlich-räumliche Intelligenz

: Diese Form der Intelligenz umfasst das theoretische und praktische Erfassen von Strukturen diverser Raumgrößen. Berufe: BildhauerInnen, GraphikerInnen, ArchitektInnen. Berühmte Persönlichkeiten: Vincent van Gogh, Leonardo da Vinci, Niki de Saint Phalle, Salvador Dali u.a.

Körperlich-kinästhetische Intelligenz

: Diese Form der Intelligenz ist in der Lage, den Körper und einzelne Körperteile wie Hände und Füße zur Gestaltung von Dingen bzw. zur Entwicklung von Lösungsstrategien einzusetzen. Berufsgruppen: Handwerkliche und technische Berufe, SportlerInnen, künstlerische Berufe.

Naturalistische Intelligenz

: Diese Form der Intelligenz wird benötigt von NaturwissenschaftlerInnen, UmweltforscherInnen, NaturforscherInnen u. ä. Berühmte Persönlichkeiten: Einstein, Darwin.

Interpersonale Intelligenz

: Dies ist die Fähigkeit, Wünsche, Absichten, Motive der Mitmenschen zu verstehen und damit positiv umgehen zu können. Berufsgruppen: LehrerInnen, ÄrztInnen, PfarrerInnen, VertreterInnen kaufmännischer Berufe, aber auch SchauspielerInnen. Berühmte Persönlichkeiten: Mutter Theresa, Mahatma Gandhi.

Intrapersonale Intelligenz

: Diese Intelligenz gibt einem die Möglichkeit sein eigenes Handeln und Fühlen zu entwickeln und zu verstehen sowie daraus schlussfolgernd die eigene Persönlichkeit zu entwickeln und damit positiv in seiner Umwelt zurechtzukommen und diese zu nutzen. (Gardner, H., 1994).

„Intelligenz an sich ist ein Rüstzeug; wertvoll wird sie erst durch die positiven Ziele, in deren Dienst sie verwandt wird“ (William Stern, zitiert nach Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBF), 2001, S. 7).

Wie Sie sehen, ist es recht kompliziert herauszufinden, was ist Intelligenz, was ist Begabung, was ist Talent? Trotzdem versuchen wir es weiter.

Als Talent wird im Umgangssprachlichen in der Regel eine besondere Fähigkeit des Menschen in bestimmten Bereichen verstanden, also herausragende Leistungen in der Musik, der Schriftstellerei, der Malerei oder Bildhauerei oder des Sports in allen Varianten. Das sog. Kognitive spielt hier keine Rolle.

Was ist also eine Begabung? Wann spricht man von einer Hochbegabung?

Geht es um die Definition des Begabungsbegriffs, so erinnert das an die Diskussion um den Begriff der Intelligenz. Und auch hier unterscheidet man wieder verschiedene Bereiche. So gibt es nicht nur die kognitive Begabung, die in der Regel mit Intelligenz gleichgesetzt wird, sondern auch musische, soziale, bildnerisch-darstellende und praktische Begabung. Unter intellektueller Begabung versteht man in der Regel mathematische, verbale sowie räumlich-abstrakte Fähigkeiten.

Und es kann sich sowohl ausschließlich um eine intellektuelle Begabung, aber auch um eine Kombination unterschiedlicher Begabungen handeln. Möglich ist aber auch eine Begabung nur auf musischem oder praktischem Gebiet. Die Begabungsbereiche variieren untereinander (Gerstenberger-Ratzeburg, 2007; Stapf, 1999).

Es gibt Ansätze, die besagen, ca. 15 Prozent aller Menschen einer Altersgruppe sind überdurchschnittlich begabt; ca. 2 Prozent aller Menschen einer Altersgruppe sind hochbegabt. Sie können nun selbst errechnen, wie viele Kinder im Kindergarten, in der Schule oder gar in einer Klasse davon betroffen sind. Und so wie unten dargestellt, ist die Aufteilung zu verstehen:

IQ 100 normaler Durchschnitt der Bevölkerung (entspricht 50 Prozent)

IQ 107 momentaner gymnasialer Durchschnitt (siehe Prof. Dr. Schneider, 2005/2008)

IQ 115 aufwärts, überdurchschnittliche Begabung, (entspricht ca. 15 Prozent)

IQ 130 aufwärts, Hochbegabung (entspricht ca. 2 Prozent)

Wieder andere wissenschaftliche Sichtweisen gehen von einer anderen Konstellation aus. Bereits im HAWIK IV - Intelligenztest sehen Petermann & Petermann Intelligenz noch differenzierter, hier beginnt die überdurchschnittliche Intelligenz bereits ab einem IQ von 110. Diese Aufstellung wurde entnommen aus dem Manual des HAWIK IV (Petermann & Petermann, 2007, S. 103).

unter IQ 69 sehr niedrige Intelligenz, 2,2 Prozent der Normalverteilung

IQ 70-79 niedrige Intelligenz, 6,7 Prozent der Normalverteilung

IQ 80-89 unterdurchschnittliche Intelligenz, 16,1 Prozent der Normalverteilung

IQ 90-109 durchschnittliche Intelligenz, 50 Prozent der Normalverteilung

IQ 110-119 überdurchschnittliche Intelligenz, 16,1 Prozent der Normalverteilung

IQ 120-129 hohe Intelligenz, 6,7 Prozent der Normalverteilung

ab IQ 130 sehr hohe Intelligenz, 2,2 Prozent der Normalverteilung

Vielfach werden die Begriffe Begabung und Intelligenz mit Leistung und guten Noten gleichgesetzt. Anscheinend eine einfache Gleichung, die aber leider nicht immer aufgeht. Schlechte Noten, Flüchtigkeitsfehler, Legasthenie, LRS, Dyskalkulie bzw. Rechenschwäche, ADS, AD(H)S, psychosomatische Erkrankungen u.v.a.m. können Begleiterscheinungen einer besonderen, überdurchschnittlichen Begabung oder einer Hochbegabung sein.

Bitte machen Sie es sich bewusst: diese o.g. Begleiterscheinungen beginnen bereits im Stadium der überdurchschnittlichen Begabung, nicht erst bei der Hochbegabung.

Was ist nun eine überdurchschnittliche Begabung, auch besondere Begabung genannt? Die besondere oder überdurchschnittliche Begabung zeichnet sich durch eine besondere Ausprägung, höher als normal, von Intelligenz aus. Man spricht von einer sehr hohen Denk- und Problemlösefähigkeit.

Begabte Menschen verfügen über eine schnelle Lernfähigkeit und ein sehr gutes Gedächtnis. Die Kapazität in der in Bezug auf die Aufnahmekapazität von Informationen sowie der Informationsverarbeitung liegt im Vergleich zu durchschnittlich begabten Menschen weit über dem Durchschnitt.

Der durchschnittliche IQ eines Menschen liegt nach der Gaußschen Verteilungskurve bei 100. Ab einem IQ von 115 wird von einer besonderen Begabung gesprochen. Den Wert 115 und mehr erreichen ca. 15-16 Prozent der Bevölkerung. Von einer Hochbegabung hingegen spricht man ab einem IQ von 130. Diesen Wert erreichen ca. 2 Prozent der Bevölkerung.

Die genannten Werte sind nicht statisch, sondern fließend, da die Höhe des IQ-Wertes nicht unwesentlich von der physischen und psychischen Verfassung des Probanden während der Messung abhängt.

Rein statistisch gesehen bedeutet das, dass von 100 Personen rund sechzehn Personen als besonders oder überdurchschnittlich begabt gelten und zwei bis drei als hochbegabt einzustufen sind. In jeder Schulklasse sitzen daher mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit besonders begabte und hochbegabte Kinder.

Kinder verfügen zwar bei ihrer Geburt über die Veranlagung zu besonderen intellektuellen Leistungen, aber zu beachten ist, dass bei unzureichender Förderung der Kinder dieses Potenzial ungenutzt bleibt. Selbstverständlich spielen hierbei die Umgebungsfaktoren wie z.B. Elternhaus und Schule eine nicht unerhebliche Rolle.

Es gibt unterschiedliche Ausprägungen von Begabungen, u.a.:

Allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit

Musisch-künstlerische Begabungen

Soziale Begabungen

Psychomotorische Begabungen

Künstlerische und sportliche Begabungen sind gesellschaftlich anerkannt und werden gefördert. Eine allgemeine intellektuelle Begabung wird vielfach weder erkannt, noch als förderungswürdig eingestuft. Häufig hört man folgende Aussagen:

Begabte oder hochbegabte Kinder sind nur das Opfer ihrer ehrgeizigen Eltern!

Eine förderungswürdige Begabung liegt nur ab einem IQ von 130 vor - also bei einer sog. Hochbegabung

Was ist denn nun eine Hochbegabung? Wie bereits erwähnt, spricht man ab einem IQ von 130 in der Regel von einer Hochbegabung. Es gibt jedoch auch wissenschaftliche Definitionen, die bereits ab einem IQ von 115, 120 oder 125 einen Menschen als hochbegabt ansehen.

Wir haben in der Praxis aber auch schon erlebt, dass erst ein IQ von über 140 als Hochbegabung wahrgenommen wird, während andere Forscher dann schon von einer Höchstbegabung sprechen.

Hochbegabung konkret zu definieren ist deshalb eigentlich unmöglich. Die in der Regel in der Praxis angewendete Sichtweise bedeutet eigentlich nur, dass ein Mensch mit einem IQ von 115 eine Standardabweichung, ein Mensch mit einem IQ von 130 zwei Standardabweichungen über der Norm liegt.

Um es nochmals zu verdeutlichen: ein IQ ist niemals statisch, ein IQ-Test niemals 100-prozentig. Viele Kriterien beeinflussen sowohl die Messung, als auch den Wert selbst.

Und bitte beachten Sie auch, dass ein Mensch in einem Intelligenztest zwar seine Höchstleistung zeigen, sich aber niemals schlauer machen kann als er ist. Durch ungünstige Umstände kann z.B. ein sehr intelligenter Mensch schlechter abschneiden als es seinen Fähigkeiten entspricht.

„Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Begriffe Intelligenz, Begabung und Talent divers diskutiert werden, eine einheitliche Definition jedoch nicht gegeben werden kann, da die Sichtweisen zu unterschiedlich sind. Plausibel erscheint die Ansicht, dass Intelligenz die Voraussetzung für den Wissenserwerb und die Entwicklung von Handlungskompetenz ist, so dass die Entfaltung einer (kognitiven) Begabung abhängig vom Vorhandensein einer gewissen Höhe der Intelligenz zu sein scheint.“ (Gerstenberger-Ratzeburg, S. 24, 2007)

Merkmale zur Erkennung von Begabungen

Wie kann man denn nun erkennen, ob man ein begabtes oder hochbegabtes Kind zur Welt gebracht hat oder ob man vielleicht selbst eine Begabung oder gar Hochbegabung besitzt? Ein wichtiges Indiz sind herausragende Schulleistungen? Ein außerordentlicher Erfolg im Beruf? Die sehr gute Studienleistung? Das mag in einigen Fällen wirklich stimmen, ist aber meist eher unrealistisch.

Oftmals sind Schulkinder mit einer hohen Begabung gut in der Schule, aber nicht sehr gut. Aber es gibt auch solche mit extrem schlechten Leistungen, die trotzdem im Test eine hohe oder sehr hohe Begabung zeigen. Doch wie kann man frühzeitig Hinweise erhalten? Eine hohe Begabung macht sich in der Regel schon in den ersten Lebenstagen des Kindes bemerkbar, aber kaum einem ist dies bewusst.

Hat man gerade ein Kind zur Welt gebracht, gibt es andere Dinge, auf die man achtet und nicht sofort auf die Intelligenz. Diese spielt zunächst überhaupt keine Rolle. Und man nimmt zwar irgendwann wahr, dass man ein recht pfiffiges Kind hat, aber hochbegabt ist das doch nicht? Die sind doch ganz anders.

Und dann nimmt das Schicksal meist seinen Lauf. Wird das Kind entsprechend seines Potenzials von Anfang an gefördert und gefordert, dann läuft es rund. Gibt es aber Phasen, in denen das nicht geschieht, dann kann eine hohe Begabung schnell zum Problem werden.

Im Anhang gibt es einige Checklisten, die Anhaltspunkte für eine hohe Begabung liefern.

Merkmale einer Begabung in den ersten Lebensjahren

Beginnen wir mit den ersten Lebenstagen. Begabte und hochbegabte Säuglinge sind dann bereits sehr aufmerksam. Sie schauen die Eltern sehr konkret an, halten Blickkontakt oder lächeln diese schon an. Bereits etwas später sind sie in der Lage auf ihre Umwelt zu reagieren. Oft sind es auch die sog. Schreikinder, die nur auf dem Arm ruhig sind und sobald sie liegen, wieder mit dem Schreien beginnen.

Begabte Kinder sind von Geburt an neugierig und erkunden schon sehr früh ihre Umwelt. Sie bemerken, wenn Dinge plötzlich an einem anderen Platz liegen und beginnen meist schon ab dem 5. oder 6. Monat kleine Wörter zu sprechen. Und bei diesen Wörtern handelt es sich nicht unbedingt um „Mama“ oder „Papa“.

Mit zwei Jahren sind sie dann in der Lage in ganzen Sätzen zu sprechen, meist schon leicht verschachtelt. Oder aber es gibt auch die Variante, dass diese Kinder zunächst gar nicht sprechen und dann, meist um den zweiten Geburtstag, in ganzen Sätzen. Sie haben ein frühes Interesse an Zahlen und/oder Buchstaben und saugen unendliches Wissen auf.

Die Warum-Phase scheint bei diesen Kindern nie zu enden. Zudem besitzen sie einen großen, nicht altersgemäßen Wortschatz. Selbst schwierige Wörter gehen ihnen in der Regel problemlos über die Lippen.

Auch das Thema Schlaf ist oft ein großes Problem. Wie in vielen Dingen leben Begabte auch in Bezug auf das Schlafen in Extremen. Auf der einen Seite gibt es Kinder, die extrem viel Schlaf benötigen, auf der anderen Seite jedoch wieder solche, die mit wenigen Stunden Schlaf auskommen, dem Mittagschlaf schnell ein Ende setzen und den ganzen Tag über unermüdlich, im wahrsten Sinne des Wortes, sind.

Wie man damit umgeht, darauf wird später noch eingegangen. Und auch die berühmte Trotzphase dauert bei begabten Kindern länger als beim Durchschnitt. Dies liegt u.a. auch daran, dass diese Kinder keine Autoritäten akzeptieren, schon früh ihren eigenen Willen haben und versuchen diesen konsequent durchzusetzen.

Auch spielen diese Kinder in der Regel nicht mit altersgemäßem Spielzeug. Sie bevorzugen oftmals auch Gegenstände des Alltags als solches. Begabte Kinder haben häufig ein Problem damit Gesellschaftsspiele zu spielen, bei denen das Glück eine Rolle spielt. Viel lieber spielen sie solche, bei denen sie durch Geschicklichkeit und Strategien gewinnen können. Selbst, wenn sie dabei verlieren, ist die Frustration nicht so groß, wie dann, wenn dies beim „Glücksspiel“ passiert.

Auch mit dem Trockenwerden ist das solch eine Sache. Viele Kinder sind mit drei oder vier Jahren noch nicht trocken. Oder aber, sie können keine Schleife binden. Das hat nichts damit zu tun, dass diese Kinder das nicht können. Windeln tragen ist doch viel praktischer. Und es gibt doch Kletten. Warum soll man seine Zeit mit solchen Dingen verschwenden, wenn es doch viel Interessanteres zu entdecken und zu erforschen gibt?

In der Regel zeigen begabte und hochbegabte Kinder auch eine hohe Konzentrationsfähigkeit. Haben sie eine Aufgabe entdeckt, die sie fordert und an der sie Spaß haben, so können sie sich oft stundenlang damit beschäftigen. Sind sie jedoch gelangweilt, ist die Aufgabe uninteressant, so wird diese ständig gewechselt und es entsteht der Eindruck, das Kind könne sich nicht konzentrieren. Das ist aber nicht der Fall. Es ist nicht interessant genug.

Hierzu einige Beispiele.

Jonas, 12 Monate alt, wird von der Mutter im Kinderwagen durch den Park gefahren. Interessiert schaut er sich die Gegend an. Plötzlich trifft die Mutter eine ehemalige Schulfreundin, die ebenfalls mit einem Kinderwagen unterwegs ist. Man unterhält sich, stellt fest, dass beide Kinder fast gleichaltrig sind. Jonas schaut während des Gesprächs intensiv auf den anderen Jungen, der aber tief und fest schläft.

„Meiner kann schon krabbeln“, sagt die Freundin,

„Meiner nicht“, antwortet die Mutter.

„Aber das müsste er doch schon so langsam“, meint die Freundin wieder.

„Lass das mal untersuchen, er scheint nicht altersgemäß entwickelt zu sein.“ In diesem Moment läuft ein Hund an den beiden Kinderwagen vorbei. Jonas schaut seine Mutter an und meint:

„Mama, Hund da!“ Die Freundin schaut verwirrt auf Jonas.

„Der kann ja schon sprechen, das ist aber auch nicht altersgemäß.“ Sagt es und verabschiedet sich schnell.

Dies ist eine häufig beobachtete Situation. Gerade hochbegabte oder begabte Kinder sind in der Regel ihren Altersgenossen um einiges voraus. Und dass Jonas zwar sprechen, aber noch nicht krabbeln kann, ist auch nicht tragisch, denn diese Kinder überspringen oftmals bestimmte Entwicklungsphasen. So war es auch bei Jonas.

Mit 14 Monaten, während er auf seiner Krabbeldecke spielte, drehte er sich plötzlich um, robbte zum Tisch, zog sich am Tischbein hoch und stand ohne vorher gekrabbelt zu sein. Es kann aber genauso gut passieren, dass das Kind eine kurze Krabbelphase hat und danach plötzlich läuft. Vieles ist bei diesen Kindern oft völlig normal (hoch)begabt.

Ein weiteres Beispiel berichtet von Sarah, 22 Monate alt und noch völlig „sprachlos“.

Allerdings läuft sie schon sehr sicher und schnell, doch sprachlich gibt sie nur undefinierbare Laute von sich. Die Eltern machen sich große Sorgen, denn alle anderen Kinder im Bekanntenkreis sprechen schon munter vor sich hin, nur Sarah nicht.

Eines Tages befinden sich die Eltern auf dem Weg zu Freunden. Sarah sitzt hinten im Wagen und ist wie immer sehr ruhig. Irgendwann stehen sie im Stau und es verzögert sich alles. Als es dann endlich weitergeht, vernehmen die Eltern aus dem hinteren Bereich plötzlich eine Stimme.

„Wann sind wir da?“

Der Vater tritt vor Schreck auf die Bremse. Sarah kann doch sprechen und das gleich in ganzen Sätzen! Aber auch dies ist für begabte Kinder eine ganz „normale“ Entwicklung.

Und nun ein Beispiel in Sachen Windeln. Auch diese ist eine von vielen Geschichten aus dem Institut.

Marlene, 3 Jahre alt, soll in den Kindergarten kommen. Bei der Anmeldung müssen viele Dinge beantwortet werden. Als sich die Leiterin der Kita dann am Ende erkundigt, ob die Mutter noch Fragen habe, erklärt sie dieser, dass Marlene tagsüber noch nicht trocken sei.

Die Leiterin zeigt sich darüber wenig erfreut und beauftragt die Mutter, bis zum Eintritt in den Kindergarten dafür zu sorgen, dass Marlene keine Windeln mehr benötige. Da das noch zwei Monate dauert, sieht die Mutter darin kein Problem.

Doch hat sie die Rechnung ohne Marlene gemacht. Diese will absolut nicht trocken werden. Organisch ist sie völlig gesund. Das hat die Mutter schon prüfen lassen. Positive Verstärkungen durch Belohnungssysteme werden installiert, sind aber völlig zwecklos. Als die Mutter nicht mehr weiterweiß, fragt sie Marlene, warum sie nicht trocken werden möchte. Die Antwort:

„Windeln sind doch toll, so muss ich nicht auf die Toilette. Also kann ich mehr spielen.“

Da diese Kinder gern denken und experimentieren, ganz gleich, wie alt sie sind, ist es eben in ihren Augen vergeudete Zeit die Toilette aufzusuchen. Das mit den Windeln ist eben praktischer. Und wenn Sie etwas ändern wollen, müssen Sie gut argumentieren können, schon bei dreijährigen Kindern. Aber dazu später.

Merkmale einer Begabung im Kindergarten

Kommen die Kinder in den Kindergarten, so suchen sie sich in der Regel ältere Freunde. Die zukünftigen Schulkinder faszinieren sie. Auch hier spielen sie nicht mit altersgerechtem Spielzeug, sondern auch mit dem für ältere Kinder. Sehr oft suchen sie auch die Nähe der Erzieherinnen und Erzieher. Sie besitzen eine hohe Sozialkompetenz und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.

Auch im Kindergarten sind diese Kinder den Altersgenossen weit voraus. Vielfach können sie bereits lesen, schreiben und/oder im 10-er bis 100-er Bereich rechnen. Motorisch haben gerade kognitiv begabte Kinder oft Probleme.

Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Zum einen kann es einfach daran liegen, dass Denken mehr Spaß macht als Basteln und Malen, zum anderen können aber nicht erkannte Wahrnehmungsstörungen vorliegen. Hierüber wird später noch ausführlich berichtet.

Spätestens im Kindergarten machen sich dann auch die hohen Gedächtnisleistungen der Kinder bemerkbar. Jedes Lied, jedes Gedicht erlernen die Kinder in Windeseile. Auch längere Geschichten sind kein Thema für sie.

Bereits nach einmaligen Vorlesen kennen sie den gesamten Inhalt, nach zwei-bis dreimaligem Vorlesen diesen dann sogar auswendig. Ist der Kindergarten nicht in der Lage eine gewisse Forderung für das Kind bereitzustellen, so kann es bereits hier zu Verweigerungen des Kindes innerhalb des Kindergartens oder zu Hause kommen.

Häufig zeigt sich die Lustlosigkeit in Form von Bauchschmerzen. Auch sind diese Kinder oft krank, sei es in Form von Nasennebenhöhlen-Erkrankungen (die Kinder haben dann wirklich die Nase voll) oder aber auch in Form von Kopfschmerzen u. v. m..

Ein Beispiel hierzu:

Linus, 4 Jahre alt, besucht seit einigen Wochen die Kita. Am Anfang ging er immer gern dort hin, er hatte keinerlei Trennungsängste und fand auch sofort einen Spielkameraden. Alle freuten sich, dass der Einstieg so gut geglückt war. Linus sang seinen Eltern oft ein neu erlerntes Lied vor, erzählte Geschichten, die ihm dort vorgelesen wurden und konnte schon einige Reime auswendig. Alles schien in bester Ordnung zu sein.

Doch die Freude währte nur kurz. Bereits nach vier Wochen teilte Linus seinen Eltern am Frühstückstisch mit:

„Ich gehe nicht mehr in den Kindergarten, heute bleibe ich zu Hause.“

Aufgrund der Berufstätigkeit beider Elternteile war das aber schier unmöglich. Auf die Frage, warum er nicht mehr gehen wolle, erhielten die Eltern die Antwort:

„Das ist doof und langweilig. Bei Oma und Opa ist es viel schöner.“

Konnten die Eltern Linus an diesem Tag noch zum Kita-Besuch überreden, wurde es am nächsten Tag noch schlimmer. Linus zeterte, weinte und sträubte sich total. Also kam er an diesem Tag zu den Großeltern. Diese berichteten den Eltern am Abend, was Linus ihnen erzählt hatte. So wollte er an einem Tag mit den Schulkindern zusammen in die Vorschulgruppe gehen, doch das durfte er nicht. Dazu sei er noch zu klein, sagte seine Erzieherin.

Linus nahm sich daraufhin ein Buch und las der Erzieherin einige Wörter vor, denn das konnte er schon, was dann wiederum zur Folge hatte, dass diese ihm verbot weiterzulesen, da er ja noch kein Vorschulkind sei. Das konnte Linus überhaupt nicht verstehen und trotzte während des restlichen Tages nur herum. Als die Eltern die Erzieherin zur Rede stellten, antwortete diese ihnen, sie habe nichts gesagt, damit Linus nicht noch mehr von seinen ehrgeizigen Eltern zum Lernen getrieben werde. Die Eltern wechselten daraufhin den Kindergarten.

Ein weiteres Beispiel.

Lilli, 5 Jahre alt, geht seit zwei Jahren in den Kindergarten, zwar nicht gern, aber ohne Murren. Ab und an hat sie Bauchschmerzen, aber alles bleibt im Rahmen. Doch eines Abends liegt Lilli weinend im Bett. Sie hat Fieber und Bauchschmerzen. Die Mutter deutet das Weinen als Reaktion auf die Krankheit und fragt nicht weiter nach.

Am nächsten Morgen geht es Lilli noch nicht besser, es kommen noch Husten und Schnupfen hinzu, und es geht zum Arzt. Der stellt aber nichts fest, vielleicht eine kleine Erkältung? Alles nicht schlimm. Sie solle einfach eine Woche aus der Kita bleiben, meint der Arzt.

Nun geht es zu Hause in großen Schritten besser und der Tag des Kindergartenbesuchs rückt wieder näher. Und am Abend vor der Rückkehr in den Kindergarten ist Lilli wieder krank. Als die Mutter jetzt gezielter nachfragt, erzählt ihr Lilli, dass ein anderes Mädchen sie immer wieder ärgert.

„Du bist doof, du kannst nichts, ich bin viel besser als du,“ bekommt sie zu hören.

Auch hat das Mädchen schon mal geschubst und getreten.

Alles begann damit, dass Lilli einigen Kindern aus der Gruppe ein Bilderbuch vorgelesen hatte. Und auch an der Vorschulgruppe durfte sie schon teilnehmen. Das andere Mädchen, ebenso alt wie Lilli, durfte das nicht. Auch die Bilder, die Lilli malte, wurden von den Erzieherinnen immer gern an die Pinnwand gehängt. Dies konnte das andere Mädchen nicht verstehen und ließ ihre Wut an Lilli aus.

Um dem ganzen Stress aus dem Weg zu gehen, wurde ein IQ-Test durchgeführt. Aufgrund der festgestellten hohen Begabung, den Empfehlungen des Kindergartens und dem Antrag der Eltern wurde Lilli vorzeitig eingeschult.