Internationales Steuerrecht – leicht gemacht. - Stephan Kudert - E-Book

Internationales Steuerrecht – leicht gemacht. E-Book

Stephan Kudert

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Beschreibung

Die Steuerwirkung grenzüberschreitender Aktivitäten. Eine verständliche und fallorientierte Erläuterung eines erfahrenen Universitätsprofessors. Aus dem Inhalt:

– Doppelbesteuerungsabkommen
– Steuerinländer mit Auslandsaktivitäten
– Steuerausländer mit Inlandsaktivitäten
– Unternehmensgewinne
– Arbeitnehmerbesteuerung

Das Grundwerk zum Internationalen Steuerrecht. Eine unerlässliche Hilfe für Studium und Beruf. Zudem ein Lernfundament für Steuerberaterexamen und Fachberaterlehrgang.

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leicht gemacht® – Fachwissen aus Taschenbüchern

Die Gelbe Serie: Recht

Die Blaue Serie: Steuer und Rechnungswesen

[1]

BLAUE SERIE leicht gemacht®

Herausgeber: Dr. jur. Dr. jur. h.c. Helwig Hassenpflug Richter Dr. Peter-Helge Hauptmann

Internationales Steuerrecht

leicht gemacht

Eine Einführung für Studium und Berufspraxis

4. überarbeitete Auflage

von

Professor Dr. Stephan Kudert

Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

  Ewald v. Kleist Verlag, Berlin

[2]

Besuchen Sie uns im Internet:www.leicht-gemacht.de

Autoren und Verlag freuen sich über Ihre Anregungen

Umwelthinweis: Dieses Buchwurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedrucktGestaltung: Michael Haas, Joachim Ramminger, BerlinDruck & Verarbeitung: Druckerei Siepmann GmbH, Hamburgleicht gemacht® ist ein eingetragenes Warenzeichen

© 2021 Ewald v. Kleist Verlag Berlin

[3]

Inhalt

I.Inboundfälle ohne Abkommensrecht

Lektion 1: Wer, ob und wie?

Lektion 2: Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen

Lektion 3: Gewerbliche Einkünfte

Lektion 4: Besteuerung der Impats

II.Outboundfälle ohne Abkommensrecht

Lektion 5: Verminderung oder Vermeidung der Doppelbesteuerung

Lektion 6: Sonderregeln für Dividenden und Zinsen

Lektion 7: Gewerbliche Einkünfte

Lektion 8: Besteuerung der Expats

III.Abkommensrecht

Lektion 9: Inhalt und Aufbau eines Doppelbesteuerungsabkommens

Lektion 10: Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen

Lektion 11: Unternehmensgewinne

Lektion 12: Arbeitnehmerbesteuerung

Lektion 13: Veräußerungsgewinne

Lektion 14: Austritt aus der Steuerpflicht

Lektion 15: Treaty-Overrides

IV.Europarecht

Lektion 16: Bedeutung des Europarechts für das Steuerrecht

V.Grundzüge der Hinzurechnungsbesteuerung

Lektion 17: Hinzurechnungsbesteuerung

Prolog

Epilog

Abkürzungen

Sachregister

[4]

Leitsätze * Übersichten

Übersicht 1 Zentrale Fragen für den Inboundfall

Leitsatz 1 Besteuerung der inländischen Einkünfte durch Veranlagung oder Steuerabzug

Leitsatz 2 Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen im Inboundfall

Leitsatz 3 Inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Leitsatz 4 Besteuerung von Impats

Übersicht 2 Unilaterale Normen zur Vermeidung oder Verminderung der Doppelbesteuerung

Leitsatz 5 Die Anrechnung ausländischer Steuern

Leitsatz 6 Die Anrechnung bei Kapitaleinkünften

Leitsatz 7 Betriebsstättenverluste ohne DBA und intransparente PersGes

Leitsatz 8 Der Auslandstätigkeitserlass (ATE)

Leitsatz 9 Prüfungsaufbau bei Sachverhalten mit Abkommensrecht

Leitsatz 10 Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen im Abkommensrecht

Leitsatz 11 Unternehmensgewinne und Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen

Leitsatz 12 Aktivitätsklauseln im Abkommensrecht

Leitsatz 13 Betriebsstättenverluste aus DBA-Staaten

Leitsatz 14 Arbeitnehmerbesteuerung im Abkommensrecht

Übersicht 3 Zuteilung des Besteuerungsrechts nach Art. 13 DBA D/PL bei Veräußerungen

Leitsatz 15 Sachverhalte, die eine Steuerentstrickung auslösen können

Leitsatz 16 Steuerliche Grundsätze bei internationalen Umstrukturierungen

Übersicht 4 Anwendungsbereiche der Treaty-Overrides in § 50d EStG

Übersicht 5 Die Grundfreiheiten des Vertrags von Lissabon

Leitsatz 17 Stellenwert der EU-Richtlinien

Leitsatz 18 Zentraler Inhalt der Mutter-Tochter-Richtlinie und seine Transformation

Leitsatz 19 Zentraler Inhalt der Zins- und Lizenz-Richtlinie und seine Transformation

Leitsatz 20 Zentraler Inhalt der Anti-Tax-Avoidance-Directive

Leitsatz 21 Hinzurechnungsbesteuerung

[5]

Vorwort

Das Internationale Steuerrecht gehört zweifellos zu den spannendsten Gebieten des Steuerrechts. Zugleich ist es heutzutage für eine qualifizierte Steuerberatung in einer globalisierten Welt unerlässlich. Ob Oma Christa ein paar Aktien eines ausländischen Handyanbieters erwirbt, Norbert seinen Lebensabend auf Mallorca verbringen will, Martina aus Polen in Deutschland arbeitet oder ein deutscher Konzern eine Cashpoolinggesellschaft auf Zypern gegründet hat; immer sind die steuerlichen Konsequenzen und Gestaltungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Zugleich zeigt sich aber auch, dass das Internationale Steuerrecht in der Ausbildung oft noch immer nicht die Bedeutung erfährt, die ihm gebührt; sei es in der Hochschulausbildung oder im Steuerberaterexamen.

Mich begeistert dieses Fachgebiet. Meine Professur an der Europa-Universität Viadrina bietet mir die Möglichkeit, mich in Forschung und Lehre auf Gestaltungen im Internationalen Steuerrecht zu spezialisieren. Meine Tätigkeiten als Wissenschaftlicher Leiter der Bundessteuerberaterkammer für die Ausbildung im Internationalen Steuerrecht zeigen mir, wie wichtig dieses Themengebiet in der Steuerberatungspraxis ist.

Das Zusammenspiel verschiedener nationaler Normen mit Abkommensund Europarecht zu verstehen, stellt gewiss eine beachtliche Herausforderung dar. Es lohnt sich aber, sich dieser Herausforderung zu stellen. Ich hoffe, dass es mir gelingt, Ihnen mit diesem Buch nicht nur den Einstieg in die Materie zu erleichtern, sondern bei dem einen oder anderen Leser die Begeisterung zu wecken, die ich für das Internationale Steuerrecht empfinde. Das Buch ist didaktisch so aufgebaut, dass es Einsteigern im Studium oder Beruf, aber ebenso Fachleuten, die sich auf das Steuerberaterexamen oder einen Lehrgang zum Fachberater für Internationales Steuerrecht vorbereiten, eine Hilfestellung geben soll. Ob dies gelingt, müssen Sie selbst entscheiden. Für Lob, Kritik, Hinweise auf Fehler oder Verbesserungsvorschläge bin ich dankbar.

Meinem Kollegen Adrian Cloer danke ich für manche Anregung und fruchtbare Diskussion, meinen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die technischen Hilfestellungen, dem Verlag, namentlich Helwig Hassenpflug, für die – wie immer – reibungslose und harmonische Zusammenarbeit.

Univ.-Prof. Dr. Stephan Kudert

[7]

Prolog: Ein paar wirklich wichtige Hinweise

Gegenstand des Internationalen Steuerrechts ist nicht die Darstellung der Steuersysteme anderer Staaten. In diesem Fall würde man eher von ausländischem Steuerrecht oder vergleichendem Steuerrecht sprechen. Es geht vielmehr um die Steuerwirkungen in Deutschland bei grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Aktivitäten aufgrund des deutschen Internationalen Steuerrechts. Deutsches Steuerrecht, weil es sich zunächst um innerstaatliche, d.h. deutsche (unilaterale) Rechtsvorschriften handelt, die dann mit bilateralen (Abkommensrecht) und supranationalen (EU-Recht) Normen zusammenspielen. International, weil es sich um grenzüberschreitende Sachverhalte handelt. Dabei gibt es zwei Zielrichtungen: Zum einen werden Steuerinländer (unbeschränkt Steuerpflichtige) mit Auslandsaktivitäten (Outboundfälle), zum anderen Steuerausländer (beschränkt Steuerpflichtige) mit Inlandsaktivitäten (Inboundfälle) betrachtet. Wie Ihnen bekannt ist, unterliegen Steuerinländer der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 EStG bzw. § 1 Abs. 1 KStG) mit der Folge, dass ihr Welteinkommen in Deutschland besteuert wird (Welteinkommensprinzip). Beschränkt Steuerpflichtige (§ 1 Abs. 4 EStG bzw. § 2 Nr. 1 KStG) werden in Deutschland nur mit ihren inländischen Einkünften i.S.d. § 49 EStG besteuert (Territorialprinzip).

Die Protagonisten der folgenden Fälle sind Dieter und Doris, Laila und Lahbib, Paula und Pawel sowie Anton und Annemarie.

▶Dieter und Doris leben in Berlin (Deutschland) und sind hier unbeschränkt steuerpflichtig.

▶Laila und Lahbib leben in Tripolis (Libyen); sie wurden ausgewählt, weil zwischen Deutschland und Libyen kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) existiert.

▶Paula und Pawel leben in Posen (Polen); mit Polen hat Deutschland ein DBA abgeschlossen, das sich sehr stark am OECD-Musterabkommen (OECD-MA) orientiert und daher didaktisch sehr gut für den Einstieg geeignet ist.

▶Und, Sie können es sich fast denken, Annemarie und Anton leben in Strobl, kommen also aus Österreich; einem Land mit dem [8] Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, das ein paar Spezialitäten aufweist.

Dieses Buch ist nicht als Lehrbuch, sondern als Lernbuch konzipiert. Es ist vielleicht nett, das Buch nur mit leichter Hand und flinkem Auge durchzulesen. Besser wäre es, sich die Themen zu erarbeiten, indem Sie die Rechtsnormen und Meinungsäußerungen der Finanzverwaltung, auf die Bezug genommen wird, nachlesen. Diese Materialien sind für die Arbeit mit diesem Buch unerlässlich und erhöhen den Lernerfolg erheblich. Um Ihnen den beschwerlichen Einstieg etwas zu erleichtern, steht Ihnen unter

http://www.wiwi.europa-uni.de/de/lehrstuhl/fact/steuern/forschung/Int_-StR-leicht-gemacht---Materialsammlung/idex.html <Google: wiwi Europa uni Material>

eine Materialsammlung mit den notwendigen Verwaltungserlassen, DBA und EU-Richtlinien kostenlos als Download zur Verfügung. Dort finden Sie auch eine Ergänzung, die Material zum Internationalen Steuerrecht enthält, auf das in diesem Buch zwar Bezug genommen wird, das man dafür aber nicht genauer studieren muss.

Zudem enthält das Lernbuch einige Merk- und Leitsätze. Sie sind besonders hervorgehoben.

Merksatz:

Gelegentlich werden wichtige Informationen schlicht überlesen. Textstellen, bei denen dies keinesfalls geschehen sollte, sind mit dieser Kennung markiert. Diese Hinweise sollten also sehr

bewusst zur Kenntnis

genommen werden.

Leitsatz:

Leitsatz

Die Leitsätze sind durch Ausrufezeichen markiert.

Sie sind der Extrakt einer Lektion und sollten daher besonders intensiv zur Kenntnis genommen und verstanden werden. Gleiches gilt für die Übersichten.

[9]

I.Inboundfälle ohne Abkommensrecht

Lektion 1: Wer, ob und wie?

Ziel der Lektion 1 ist, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie die Lösung eines Inboundfalls systematisch zu strukturieren ist, welche Fragen dabei zu beantworten und welche Rechtsnormen von zentraler Bedeutung sind. Wie bei jeder der folgenden Lektionen werden Sie durch Leitsätze oder zusammenfassende Übersichten durch die Fälle geführt.

Übersicht 1: Zentrale Fragen für den Inboundfall

Für den Inboundfall sind folgende Fragen zentral:

Hierbei sind zu prüfen:

Wer

ist der Steuerpflichtige?

Bei Gesellschaften ggf. Tabellen 1 und 2 zum BS-Erlass; ggf. erst danach das LLC-Schreiben.

Könnte er

unbeschränkt steuerpflichtig

sein?

§ 1 Abs. 4 EStG versus §§ 8 und 9 AO oder§ 2 Abs. 1 KStG versus §§ 10 und 11 AO.

Hat er

inländische

Einkünfte erzielt?

Erst Einkunftsart (§§ 13 – 23 EStG) bestimmen; dann § 49 Abs. 1 EStG (ggf. Abs. 2) anwenden.

Wie

wird besteuert?

Grds. Veranlagung nach § 50 Abs. 1 EStG.Ausnahmen in § 50 Abs. 2 S. 1 (LoSt, KESt und § 50a EStG), dann Abgeltung; ggf. Rückausnahmen in § 50 Abs. 2 S. 2 EStG. Für KapGes § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG beachten.

Um Ihnen die richtigen Fragen zu verdeutlichen und einen ersten Eindruck von den zentralen Rechtsnormen für den Inboundfall zu vermitteln, soll Fall 1 dienen.

[10]

1Wer ist eigentlich der beschränkt Steuerpflichtige?

Fall 1 Grundfall zur beschränkten Steuerpflicht

Laila und Lahbib leben in Libyen. Gemeinsam haben sie dort ein Unter-nehmen gegründet. Laut Gesellschaftsvertrag sind beide Gesellschafter vollhaftend und zur gemeinsamen Geschäftsführung befugt. Gewinne werden bei Entstehung den Gesellschaftern zugerechnet. Tritt ein Gesellschafter aus, wird das Unternehmen aufgelöst.

Das Unternehmen betreibt in Libyen (Stammhaus) eine Gartenzwerg-produktion. Um ihren Absatzmarkt auszuweiten, haben sie in Berlin eine Verkaufsstelle aufgebaut. Laila kümmert sich gelegentlich um den dortigen Absatz in Deutschland. Wenn sie „vor Ort‟ ist, wohnt sie bei ihrer Freundin Doris, die sie noch aus gemeinsamen Studienzeiten an der Europa-Universität Viadrina kennt.

Lahbib hat aufgrund eines Justizirrtums drei Monate in der Justizvollzugs-anstalt (JVA) Berlin Moabit in Untersuchungshaft verbracht. Aus Ver-zweiflung hat er dort einen Selbstmordversuch unternommen, der durch glückliche Umstände gescheitert ist. Die anschließenden ärztlichen Behandlungskosten musste er selbst tragen, weil seine libysche Kran-kenversicherung sie nicht übernommen hat.

Wer zahlt wie Steuern in Deutschland?

Dieser scheinbar einfache Fall wirft eine Reihe von Fragen auf, die be-antwortet werden müssen, um ihn klausurmäßig zu lösen. Daher nehmen wir uns für ihn etwas Zeit ...

▶Die erste Frage lautet: Wer sind eigentlich die Steuerpflichtigen?

Wenn Sie nun denken, dass dies selbstverständlich Laila und Lahbib seien, könnten Sie bereits am Anfang falsch abbiegen. Denn wenn das libysche Unternehmen eine Kapitalgesellschaft (KapGes) wäre, ist diese das Steuersubjekt. Ist es hingegen eine Personengesellschaft (PersGes), die von Deutschland transparent (durchsichtig) behandelt wird, sind Laila und Lahbib selbst die Steuersubjekte. Es kommt also darauf an.

[11]

„Das fängt ja super an!‟ werden Sie nun sagen, „Woher soll ich wissen, ob das libysche Unternehmen eine PersGes oder KapGes ist?‟.

Stimmt auch wieder. Aber die deutsche Finanzverwaltung hilft Ihnen etwas. Zunächst muss klar sein, dass sich ein deutscher Finanzbeamter nicht einfach vom ausländischen Gesellschaftsrecht vorschreiben lässt, ob er das Unternehmen als PersGes oder KapGes zu behandeln hat. Diese Frage wird allein durch die deutsche Brille, durch einen sog. Rechtstypenvergleich, entschieden. In den Tabellen 1 und 2 zum Betriebsstättenerlass (BMF vom 24.12.1999, BStBl. I, S.1076) hat das BMF zwei Listen mit ausländischen Gesellschaften veröffentlicht, für die die Finanzverwaltung bereits eine Einordnung als PersGes oder KapGes vorgenommen hat. Leider ist unser libysches Unternehmen nicht dabei. Für diesen Fall hat das BMF das sog. LLC-Schreiben (BMF-Schreiben vom 19.03.2004, BStBl. I 2004, S. 411) veröffentlicht. Dieses Schreiben wird auf alle ausländischen Gesellschaften angewendet, die nicht bereits in den Tabellen 1 und 2 zum Betriebsstättenerlass enthalten sind. Dieser Rechtstypenvergleich basiert übrigens auf einer alten Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs vom 12.02.1930, VI A 899/27, RFHE 27, 73–81 (sog. Venezuela-Urteil).

Aber warum heißt das Teil nun LLC-Schreiben?

Die Limited Liability Company (LLC) ist eine US-amerikanische Rechtsform, bei der eine sehr große gesellschaftsrechtliche Gestaltungsfreiheit besteht. Das heißt, sie kann im Einzelfall, je nachdem wie der Gesellschaftsvertrag gestrickt wird, eher wie eine PersGes oder wie eine KapGes gestaltet werden. Die amerikanische Finanzverwaltung macht es sich bei der steuerlichen Einordnung durch das Check-the-Box-Verfahren sehr einfach. Sie lässt die Gesellschafter entscheiden, ob sie eine Besteuerung als PersGes oder als KapGes wünschen!

Daran ist aber die deutsche Finanzverwaltung nicht gebunden. Sie hat im LLC-Schreiben (vgl. dort Tz. IV.) einen Katalog mit acht Kriterien (davon sind aber nur die ersten fünf wirklich wichtig) formuliert, anhand derer die Einordnung vorgenommen wird. Man vergleicht also das Gebilde mit einer typischen deutschen PersGes und KapGes und zählt ab, für welche Einordnung mehr Merkmale sprechen (Rechtstypenvergleich).

[12]

Wenn Sie den Rechtstypenvergleich für Fall 1 vornehmen, stellt sich heraus, dass das Unternehmen eher einer PersGes (hier: OHG) entspricht als einer KapGes. Damit wird das Unternehmen steuerlich intransparent behandelt, Laila und Lahbib sind die Steuersubjekte und wir kommen zu Frage 2:

▶Sind die Steuersubjekte unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig in Deutschland?

Eine unbeschränkte Steuerpflicht läge gem. § 1 Abs. 1 S. 1 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige einen Wohnsitz i.S.v. § 8 AO oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 9 AO in Deutschland hätte.

Der gewöhnliche Aufenthalt ist bei Lahbib eher auszuschließen. Zwar hält er sich in Berlin hinter Schwedischen Gardinen auf; aber eben nur drei Monate. Und dieser private Anlass reicht nicht dafür aus, dass § 9 AO greift. Allerdings hat er im Gefängnis eine Bleibe. Diese hat er aber nicht inne (gemeint ist: Verfügungs- bzw. Schlüsselgewalt). Und es ist auch nicht damit zu rechnen, dass er diese beibehalten will. Daher ist auch § 8 AO nicht einschlägig. Lahbib ist damit nicht unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland.

Laila hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt offensichtlich auch nicht in Deutschland, denn sie ist nur „gelegentlich‟ in Deutschland. Sie könnte jedoch einen Wohnsitz in Deutschland haben, wenn sie die Wohnung in Berlin innehaben und beibehalten würde. Das Innehaben ist auch hier das zentrale Tatbestandsmerkmal. Wenn Laila von ihrer Freundin in deren Wohnung lediglich geduldet wird, Laila also keine echte Verfügungsmacht über die Wohnung hat, liegt auch kein Wohnsitz vor. Wenn Doris sie, z.B. anlässlich eines netten Streits, jederzeit aus der Wohnung entfernen dürfte, liegt ein Innehaben eher nicht vor. Davon ist in Fall 1 auszugehen. Anders wäre es, wenn sie etwa über eigene Räumlichkeiten in der Wohnung (z.B. ein Schlaf- und Arbeitszimmer) verfügen könnte, einen eigenen Wohnungsschlüssel hätte und die Nutzung durch einen mündlichen oder schriftlichen Vertrag geregelt wäre. Das ist hier aber nicht der Fall.

▶Damit sind Laila und Lahbib nicht unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland, sondern gem. § 1 Abs. 4 EStG beschränkt steuerpflichtig, sofern und soweit sie inländische Einkünfte erzielen.

[13]

2Liegen inländische Einkünfte vor?

▶Damit sind wir bei der dritten Frage: Haben Laila und Lahbib überhaupt inländische Einkünfte erzielt?

§ 49 Abs. 1 EStG definiert, bei welchen Einkunftsarten unter welchen Bedingungen inländische Einkünfte i.S.v. § 1 Abs. 4 EStG vorliegen. Aus vorstehendem Satz ergibt sich, dass ein (wichtiger!) Zwischenschritt eingelegt werden muss. Zunächst ist zu klären, welche Einkunftsart überhaupt relevant ist. Diese sind in den §§ 13 bis 23 EStG definiert. Vorliegend sind es Einkünfte aus Gewerbebetrieb (EaGB) i.S.v. § 15 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG (Gartenzwergproduktion). Daraus folgt wiederum, dass in § 49 Abs. 1 EStG die Nr. 2 anzusteuern ist. Die Nr. 2 besteht zwar aus einer Vielzahl von Buchstaben; zentral ist aber der Buchstabe a). Sofern eine Betriebsstätte in Deutschland existiert und die gewerblichen Einkünfte dieser Betriebsstätte zuzurechnen sind, liegen auch inländische Einkünfte vor. Ob die Verkaufsstelle eine Betriebstätte ist, ergibt sich aus § 12 AO. In Satz 1 wird der Begriff zunächst leidlich präzise definiert; in Satz 2 werden Beispiele genannt, die aber die Voraussetzungen des § 12 S. 1 AO nicht zwingend erfüllen müssen. Die Verkaufsstelle ist gem. § 12 S. 2 Nr. 6 AO eine Betriebstätte. Also haben Beide inländische Einkünfte, mit denen sie der beschränkten Steuerpflicht unterliegen.

3Wie wird besteuert?

▶Damit sind das Wer? und das Ob? geklärt. Es verbleibt die Frage nach dem Wie?

Diese Frage beantwortet § 50 EStG. Dabei trifft der Gesetzgeber aus Sorge darum, dass sich der Steuerpflichtige seiner Steuerzahlung entziehen könnte, eine grundsätzliche Unterscheidung: Wenn er zur Not auf Wirtschaftsgüter des Steuerpflichtigen im Inland zugreifen (also vollstrecken) kann, muss er sich um sein Steueraufkommen wenig Sorgen machen. Er kann daher darauf warten, dass der Steuerpflichtige eine Steuererklärung abgibt (Veranlagung). Hat er hingegen Sorge, dass der Steuerausländer seinen Pflichten nicht nachkommen könnte, möchte er, dass die Besteuerung bereits an der Quelle, also beim Schuldner, erfolgt (Steuerabzug).

[14]

Leitsatz 1

Besteuerung der inländischen Einkünfte durch Veranlagung oder Steuerabzug

§ 50 Abs. 2 S. 1 EStG nennt (genau) drei Fälle, in denen die Steuerpflicht durch eine QuSt (Steuerabzug durch den Schuldner) abgegolten ist. Dies sind:

–Arbeitnehmer, für die vom Arbeitgeber LoSt einzubehalten ist

–Kapitaleinkünfte, für die die Zahlstelle (der Schuldner) KESt einbehält und

–die in § 50a EStG genannten Fälle

In allen anderen Fällen kommt es zur Veranlagung nach § 50 Abs. 1 EStG.

Bevor wir mit unserem Fall 1 weitermachen, soll zur Verdeutlichung Fall 2 dienen.

Fall 2 Abgeltung der Steuerpflicht durch Steuerabzug

Lahbib ist auch ein begnadeter Sänger. Anlässlich eines Stadtteilfestes in Kreuzberg gibt er ein Konzert in Deutschland. Mit dem Veranstalter hat er ein Honorar i.H.v. 2.000 € ausgehandelt. Seine Betriebsausgaben (Logistik, Equipment) betragen 1.000 €. Sie sind durch das Honorar mit abgegolten. Prüfen Sie, ob und wie Lahbib in Deutschland ESt zahlt.

Lahbib ist nach den §§ 1 Abs. 4 i.V.m. 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. d) EStG oder i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG (je nach künstlerischem Niveau gewerblich gem. § 15 EStG oder freiberuflich i.S.v. § 18 EStG) in Deutschland beschränkt einkommensteuerpflichtig. Die Steuerpflicht ist wegen § 50 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 50a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 S. 1 Hs. 1 EStG durch einen Quellenabzug i.H.v. 15 % der Einnahmen (!) abgegolten. Er zahlt also 300 € ESt. Diese QuSt muss der Konzertveranstalter einbehalten und an das Finanzamt abführen. Unterlässt er den Einbehalt, haftet er für die Steuer.

[15]

Noch immer Fall 2

Lahbib schäumt. „Das sind ja effektiv 30 % ESt; für das bisschen Honorar. Und was ist mit dem Grundfreibetrag?‟

Lahbib sollte sich entspannen. Andere Künstler haben schon erheblich mehr, z.T. über 100 %, ESt in Deutschland bezahlen dürfen. Betrügen etwa seine Betriebsausgaben 1.700 €, würde die Bruttobesteuerung zu einem effektiven Einkommensteuersatz von 100 % führen! Lediglich EWR-Bürger, die auch im EWR wohnen (doppelter EWR-Bezug), können ihre Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehen. Dafür müssen sie dann aber auch einen Steuersatz i.H.v. 30 % anwenden (vgl. § 50a Abs. 3 S. 4 Nr. 1 EStG). Und den Grundfreibetrag kann er knicken, weil er nicht in die Veranlagung kommt und selbst dann § 50 Abs. 1 S. 2 EStG greifen würde.

Der Europäische Wirtschaftsraum

(EWR)

umfasst zurzeit die EU- Staaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen.

Zurück zu Fall 1

Da die gewerblichen Einkünfte von Laila und Lahbib nicht unter den Abzug nach § 50 Abs. 2 S. 1 EStG fallen, werden sie nach § 50 Abs. 1 EStG veranlagt. § 50 Abs. 1 S. 2 EStG würde ihnen jedoch den Grundfreibetrag nicht gewähren. Während unbeschränkt Steuerpflichtige neben Betriebsausgaben und Werbungskosten z.B. auch Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, ggf. auch den Splittingtarif in Anspruch nehmen können, hält § 50 EStG selbst für beschränkt Steuerpflichtige, die in die Veranlagung kommen, eine Reihe von Sondervorschriften parat. So bestimmt § 50 Abs. 1 S. 4 EStG, dass diese Vorteile für beschränkt Steuerpflichtige nicht bzw. nur sehr begrenzt gelten. Darüber hinaus verlangt § 50 Abs. 1 S. 2 EStG, dass der Grundfreibetrag der ESt nicht in Anspruch genommen werden darf, soweit keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (EanA) i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG vorliegen.

Damit ist auch die Frage geklärt, ob Lahbib seine außergewöhnlichen Belastungen aus Fall 1 in Deutschland geltend machen kann. Lahbib wird zwar wegen § 50 Abs. 1 EStG veranlagt, darf aber als beschränkt Steuerpflichtiger dennoch keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.v. § 33 EStG geltend machen.

[16]

Lektion 2: Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen

Ziel der Lektion 2 ist, Ihnen zu vermitteln, unter welchen Voraussetzungen Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen an einen Steuerausländer inländische Einkünfte darstellen und welche Bedeutung dabei die isolierende Betrachtungsweise hat.

Leitsatz 2

Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen im Inboundfall

Erzielt ein Steuerausländer Dividenden i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, Zinsen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder Lizenzeinnahmen i.S.v. § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG, unterliegt er damit in den engen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 6 EStG der beschränkten Steuerpflicht. Insbesondere ist zu beachten:

▶Dividenden sind nur inländische Einkünfte, sofern die auszahlende KapGes Sitz und/oder Geschäftsleitung in Deutschland hat.

▶Zi nsen sind i.d.R. nur bei inländischer dinglicher Sicherung inländische Einkünfte. Ein inländischer Schuldner ist nicht erforderlich.