Intuitiv kochen - Niki Segnit - E-Book

Intuitiv kochen E-Book

Niki Segnit

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Beschreibung

»Was dieses Buch genauso besonders macht wie den Geschmacksthesaurus, ist neben der beeindruckenden Expertise der unvergleichliche Humor und die Persönlichkeit der Autorin.« Yotam Ottolenghi»Intuitiv kochen« ist ein praktisches Handbuch, das experimentierfreudigen Köchen helfen soll, ihre eigenen Rezepte zu entwickeln. Es basiert auf einer Reihe von Grundrezepten, die sich nahezu unendlich variabel erweisen, je nachdem, was im Kühlschrank, in der Saison oder auf dem Markt zu haben ist. Segnit weckt Lust an der Improvisation und vermittelt nützliches Wissen über Geschmackskombinationen. Eine originelle und brillant erzählte Anleitung zum kreativen Kochen und ein fesselnder Schmöker, der den Leser zwischen Herd und Sofa hin- und herreißt.

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Übersetzung aus dem Englischen von Stephan Pauli

 

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel

Lateral Cooking bei Bloomsbury Publishing Plc., London

Text: © Niki Segnit, 2018

Vorwort: © Yotam Ottolenghi, 2018

Deutschsprachige Ausgabe

© Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2019

Illustrationen: © A Practice for Everyday Life

Covergestaltung: zero-media.net, München nach einem Entwurf von A Practice for Everyday Life

Datenkonvertierung und E-Book-Erstellung: abavo GmbH, Buchloe

 

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

 

»Die Zeitschrift The New Yorker führte ein Interview mit einem Kerl namens Lemuel Benedict – das ist doch mal ein richtiger New Yorker Name. Mit einem monstermäßigen Kater machte er sich auf ins Waldorf und bestellte Toast mit Butter, knusprigen Speck, zwei pochierte Eier und eine Schiffsladung Hollandaise. Der Koch war fasziniert, ersetzte den Toast durch englischen Muffin, den knusprigen Speck durch Canadian bacon (back bacon), und so kam’s: Eine Legende war geboren. Das ist die Art und Weise, wie Köche Essen machen: Sie sehen etwas, schmecken etwas und basteln dann herum.«

A. A. GILL, FRÜHSTÜCK IM WOLSELEY über die Erfindung von Eggs Benedict

»Wenn wir versuchen, etwas nur für sich zu betrachten, entdecken wir, dass es mit allem anderen im Universum verbunden ist.«

JOHN MUIR, MEIN ERSTER SOMMER IN DER SIERRA

Inhalt

Cover & Impressum

Vorwort

Die Kunst des intuitiven Kochens

Allgemeine Hinweise für intuitives Kochen

Einige Gedanken zur Benutzung dieses Buches

EINIGE HINWEISE ZU MASSEINHEITEN UND ZUTATEN

FRITTIEREN OHNE FRITTEUSE

Brot

FLADENBROTE

CRACKER

SODABROT

SCONES

COBBLER

HEFEBROTE

Milch-BRÖTCHEN

BRIOCHE

BABAS & SAVARINS

Fladenbrote & Cracker

FÜR FLADENBROTE

FÜR CRACKER

Fladenbrote & Cracker Aromen & Abwandlungen

FLADENBROTE & CRACKER → ANDERE RICHTUNGEN

Sodabrot, Scones & Früchtebrot

FÜR SODABROT

FÜR SCONES

FÜR COBBLER

Sodabrot, Scones & Cobbler Aromen & Abwandlungen

Sodabrot, Scones & Cobbler Andere Richtungen

Hefebrot

Hefebrote Aromen & Abwandlungen

Hefebrote → Andere Richtungen

Milchbrötchen

Milchbrötchen Aromen & Abwandlungen

Brioche

Brioche Aromen & Abwandlungen

Brioche → Andere Richtungen

Babas & Savarins

Babas und Savarins Aromen & Abwandlungen

Maisbrot, Polenta & Gnocchi

MAISBROT

DHOKLA

HALVA

POLENTA

GNOCCHI ALLA ROMANA

BRANDMASSE

KARTOFFEL-GNOCCHI

RICOTTA-GNOCCHI

Maisbrot

Maisbrot Aromen & Abwandlungen

Dhokla: Khaman Dhokla

Dhokla Aromen & Abwandlungen

Halva: Irmik Halva

Halva Aromen & Abwandlungen

Polenta

FÜR FLÜSSIGE POLENTA

FÜR FESTE POLENTA

Polenta Aromen & Abwandlungen

Gnocchi alla romana

Gnocchi parisienne / Brandteig

FÜR GNOCCHI PARISIENNE

FÜR BEIGNETS

FÜR ECLAIRS, PROFITEROLES, BRANDTEIGBRÖTCHEN ODER GOUGÈRES

Gnocchi parisienne / Brandteig Aromen & Abwandlungen

Gnocchi parisienne / Brandteig → Andere Richtungen

Kartoffelgnocchi

Kartoffelgnocchi Aromen & Abwandlungen

Ricotta-Gnocchi

Ricotta-Gnocchi Aromen & Abwandlungen

Rührteig

CRÊPES

YORKSHIRE-PUDDING

POPOVERS

BLINI

PANCAKES

TEMPURA

FRITTIERTES

CHURROS

Crêpes, Yorkshire-Pudding & Popovers

CRÊPES

YORKSHIRE-PUDDING UND POPOVERS

Crêpes, Yorkshire-Pudding & Popovers Aromen & Abwandlungen

Crêpes, Yorkshire-Pudding & Popovers → Andere Richtungen

Blini & Hefepfannkuchen

Blini und Hefepfannkuchen Aromen & Abwandlungen

Pancakes

Pancakes Aromen & Abwandlungen

Tempura

Frittiertes

Frittiertes Aromen & Abwandlungen

Frittiertes → Andere Richtungen

Churros

Roux

GUMBO

ESPAGNOLE

VELOUTÉ

BÉCHAMEL

SOUFFLÉ

KROKETTEN

Gumbo

Gumbo Aromen & Abwandlungen

Espagnole

Espagnole → Aromen & Abwandlungen

Velouté

Velouté Aromen & Abwandlungen

Béchamel & weiße Soße

Béchamel und weiße Soße Aromen & Abwandlungen

Soufflé: Käsesoufflé

Soufflé Aromen & Abwandlungen

Kroketten: Hühnchenkroketten

Kroketten Aromen & Abwandlungen

Fond, Suppe & Eintopf

FOND

BRÜHE

PÜRIERTE SUPPE

CHOWDER

EINTOPF

BOHNENeintopf

Dal

Ungerührter REIS

RISOTTO

Fond: brauner Hühnerfond

Fond Aromen & Abwandlungen

Fond → Andere Richtungen

Brühe: pot au feu

Brühe Aromen & Abwandlungen

Pürierte Suppen: Gemüsesuppe

Pürierte Suppe Aromen & Abwandlungen

Chowder

Chowder Aromen & Abwandlungen

Eintopf: Lamm- und Gemüseeintopf

Eintopf Aromen & Abwandlungen

Bohneneintopf: Fabada

Bohneneintopf → Aromen & Abwandlungen

Dal: Tarka Chana Dal

Dal Aromen & Abwandlungen

Ungerührter Reis: Kedgeree

Ungerührter Reis Aromen & Abwandlungen

Risotto: risotto bianco

Risotto Aromen & Abwandlungen

Nüsse

Marzipan

Macarons

Nussmehlkuchen

Frangipane-creme

NUSSSOSSE

NUSSEINTOPF

Marzipan

Marzipan Aromen & Abwandlungen

Marzipan → Andere Richtungen

Macarons

Macarons Aromen & Abwandlungen

Nussmehlkuchen: tarta de Santiago

Santiagokuchen Aromen & Abwandlungen

Frangipane

Frangipanecreme Aromen & Abwandlungen

Frangipane → Andere Richtungen

Nusssoße: Tarator

Nusssoße Aromen & Abwandlungen

Nusssoße → Andere Richtungen

Nusseintopf: fesendschān

Nusseintopf Aromen & Abwandlungen

Kuchen & Plätzchen

Angel Cake

GENUESER Biskuit

Rührkuchen

Ingwerbrot

Plätzchen

Shortbread

Flapjacks

Angel Cake

Angel Cake Aromen & Abwandlungen

Génoise

Génoise Aromen & Abwandlungen

Génoise → Andere Richtungen

Rührkuchen

Rührkuchen Aromen & Abwandlungen

Rührkuchen → Andere Richtungen

Ingwerbrot

Ingwerbrot Aromen und Abwandlungen

Plätzchen

Plätzchen Aromen & Abwandlungen

Shortbread

Shortbread Aromen & Abwandlungen

Flapjacks

Flapjacks Aromen & Abwandlungen

Schokolade

Sosse

Trüffel & Tarte

Mousse

Kekskuchen

Mehlfreier Kuchen

Schokoladensoße

Schokoladensoße Aromen & Abwandlungen

Schokoladensoße → Andere Richtungen

Schokoladentrüffeln, -tarte & -glasur

Schokaldentrüffeln, -tarte & -glasur Aromen & Abwandlungen

Schokoladentrüffeln → Andere Richtungen

Schokoladenmousse

Mousse Aromen & Abwandlungen

Schokoladenkekskuchen

Schokoladenkekskuchen Aromen & Abwandlungen

Mehlfreier Schokoladenkuchen

Mehlfreier Schokoladenkuchen Aromen & Abwandlungen

Zucker

Karamell

Fudge

Meringue

Sirup

Sorbet

Granita

Gelee

Panacotta

Karamell

Karamell Aromen & Abwandlungen

Fudge

Fudge Aromen & Abwandlungen

Meringue

Meringues Aromen & Abwandlungen

Meringue → Andere Richtungen

Sirup & Likör: einfacher Sirup

Sirup Aromen & Abwandlungen

Sirups & Cordials → andere Richtungen

Sorbet & Granita: Erdbeersorbet

Sorbet & Granita Aromen & Abwandlungen

Sorbet & Granita → Andere Richtungen

Gelee: Orangengelee

Gelee Aromen & Abwandlungen

Gelee → Andere Richtungen

Pannacotta: Grappa-Pannacotta

Pannacotta Aromen & Abwandlungen

Custard

Custard Tart

CRÈME CARAMEL

Crème Brûlée

CRÈME ANGLAISE

Eiscreme

Gebäckcreme

Crema fritta

Custard tart

Custard tart Aromen & Abwandlungen

Custard tart → Andere Richtungen

Crème Caramel

Crème Caramel Aromen & Abwandlungen

Crème brûlée

Crème brûlée Aromen & Abwandlungen

Crème anglaise

Crème anglaise Aromen & Abwandlungen

Eiscreme

Eiscreme Aromen & Abwandlungen

Eiscreme → Andere Richtungen

Gebäckcreme

Gebäckcreme Aromen & Abwandlungen

Gebäckcreme → Andere Richtungen

Crema fritta

Soße

SABAYON

HOLLANDAISE

MAYONNAISE

BEURRE BLANC

VINAIGRETTE

Sabayon

Sabayon Aromen & Abwandlungen

Sabayon → Andere Richtungen

Hollandaise

Hollandaise Aromen & Abwandlungen

Mayonnaise

Mayonnaise Aromen & Abwandlungen

Beurre blanc

Beurre blanc Aromen & Abwandlungen

Vinaigrette

Vinaigrette Aromen & Abwandlungen

Teig

TEIG AUS HEISSEM

WASSER

STRUDEL

PASTA

MÜRBETEIG

TALGGEBÄCK

SANDTEIG

GROBER BLÄTTERTEIG

Heißwasserteig

Strudel

Pasta

Pasta Aromen & Abwandlungen

Pasta → Andere Richtungen

Mürbe-, Sand- & Talgteig

Mürbe-, Sand- & Talgteig Aromen & Abwandlungen

Mürbe-, Sand- & Talgteig → Andere Richtungen

Grober Blätterteig

Anmerkungen

Über die Autorin

Vorwort

Es gibt nur wenige Bücher, die mir im eigentlichen Wortsinn als Handbücher dienen: gebundene Begleiter, die ich immer zur Hand habe, die immer zum Gebrauch bereitstehen; als verlässliche Autoritäten auf Fachgebieten, die mir am Herzen liegen. Der Geschmacksthesaurus, Niki Segnits erstes Buch, ist mein Handbuch, wenn es darum geht, verschiedene Aromen miteinander zu kombinieren.

Ich erhielt mein Exemplar im Jahr 2010 von einem Freund. Schon beim Durchblättern erwachte meine Ehrfurcht vor der Chuzpe, die dieses Unterfangen erst möglich gemacht hatte. Dann setzte ich mich und begann zu lesen. Ich las den Geschmacksthesaurus von vorn bis hinten und konnte mein Glück kaum begreifen. Man hatte mir gerade das Gegenstück zum Lösungsheft für den Rubik-Würfel geschenkt, das ich als Kind besessen hatte – nur dass dieses neue Buch die Lösung für alle nur vorstellbaren Küchenrätsel bereithielt!

Als Küchenchef und Kochbuchautor gehört es zu meinen Aufgaben, ohne Unterlass Geschmackskombinationen auszuprobieren. Das mache ich im Kopf, aber auch in Kochtöpfen und Brätern, ich mache es in Suppenschüsseln und Gläsern, ich mache es auf meiner Zungenspitze. Doch der Geschmacksthesaurus ist wirklich das einzige Werkzeug, das es mir erlaubt, einige meiner Annahmen zu überprüfen, ohne mich selbst an den Herd stellen zu müssen. Harmoniert Anis mit Ananas? Ich frag mal Niki. Sollte ich meinem Fischeintopf Pastinake zugeben? Ich schlage kurz in meinem treuen Handbuch nach.

Doch was mich daran wirklich ohnegleichen befriedigt, hat wenig damit zu tun, ob ich mir ein paar Minuten ziellosen Herumschlenkerns auf dem Weg zu einem neuen Gericht erspare. Es geht vielmehr um das Gefühl der Ermutigung und der Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein, dass meine Gedanken vernünftig und wohlbegründet sind. In ihren Schriften errichtet Niki Segnit mithilfe von Köchen, Kochbuchautoren und Experten ein turmhohes Gebäude, das einem allergrößtes Vertrauen einflößt. Selbst wenn sie uns deren schwierigste Konzepte nahebringt, stellt sie sicher, dass dabei niemand einschläft. Es passiert mir nicht oft, dass ich beim Lesen eines Buches über Essen die ganze Zeit kichern muss; doch mit einem der Bücher Niki Segnits im Schoß kommt das ständig vor.

Hier eine herrliche Stelle aus Intuitiv kochen:

»Brühe ist ein Fond mit gewissen Vorzügen – die Zutaten, aus denen sie gemacht wird, werden nicht entsorgt, sondern gegessen. Der pot au feu ist hierfür ein schönes einfaches Beispiel. Nach Daniel Boulud ist er ein ›Gedicht der französischen Seele‹, und zwar eines, dessen Komposition seine Zeit benötigt. Marlene Dietrich liebte es, in den Drehpausen Brühe zu kochen. Ihre Zubereitung verlangt keine allzu große Aufmerksamkeit, es blieb ihr also die nötige Zeit, ihren Text auswendig zu lernen und sich die Augenbrauen zu zupfen.« Wer ließe sich nicht von diesem Trio Boulud – Dietrich – Segnit verführen?

Doch was ich damit sagen will, meine ich ernst. Was Niki Segnits Universum so anziehend macht, ist die Art, wie sie in ihr Œuvre – ohne Zweifel basierend auf langen Tagen, die sie mit Stapeln von Fachbüchern in Lesesälen verbracht hat – persönliche Geschichten und Anekdoten einflicht. Humor ist für sie ein wesentliches Element, ganz wie die Sinnlichkeit des Essens – damit niemand einen falschen Eindruck von diesem ganz besonderen Thesaurus bekommt.

Ihr unnachahmlich lässiger Stil, im Zusammenspiel mit einer klugen, systematischen Methode, mit der sie ein riesiges Themengebiet auf verdauliche – wenngleich nicht immer mundgerechte – Stücke herunterbricht, ist in Intuitiv kochen voller Elan umgesetzt. Mit kristalliner Klarheit und unzählige Aha-Erlebnisse bescherend, dekonstruierte sie in ihrem ersten Buch unsere Essenserfahrungen. Auf genau die gleiche Weise untersucht ihr zweites Buch, was wir in der Küche so treiben, und zeigt, wie verschiedenste Kochpraktiken auf magische Weise in Verbindung miteinander stehen. Indem sie die Verwandtschaftsverhältnisse verschiedener Kochtechniken oder des einen Gerichts mit dem nächsten aufdeckt, offenbart sich uns die ganze Syntax der Kochkunst.

Ich muss freilich zugeben, als Autor von Kochbüchern bin ich auf diese Leistung ganz schön neidisch. Aus ihr spricht eine Tiefe des Verständnisses und ein Grad an Einblick, die ich wohl beide nie erreichen werde. Doch was ich ihr noch weit mehr nachtrage, ist die Tatsache, dass es Segnit gelungen ist, eine meiner tiefsten und schrägsten Fantasien zu erfüllen. Beim Schreiben von Rezepten ist es mir nahezu unmöglich, den Augenblick anzuerkennen, an dem es genug ist. Ich könnte jedes Mal ausrasten, wenn ich gezwungen bin, all die Variationen von Gerichten, die ich nie ausprobiert habe, all die potenziellen Meisterwerke, die ich mir entgehen lasse, wenn ich nicht doch noch diesen letzten Versuch wage, ad acta zu legen. Ich leide unter dem kulinarischen Äquivalent zu FOMO (fear of missing out), also der Angst, etwas zu verpassen, von der unser Zeitalter so geprägt wird.

Intuitiv kochen kennt solche Ängste nicht, das ganze Buch wimmelt nur so vor Rezepten mit offenem Ausgang. Über die offizielle Version hinaus bietet Segnit eine Reihe von »Spielräumen«, so ihre Bezeichnung. Sie erhalten die Rezepte am Leben; sie garantieren uns die Freiheit zum Experiment, auf Basis einer prall gefüllten Werkzeugkiste, die Segnit uns großzügig zur Verfügung stellt. So kann etwa bei einem einfachen Brotlaib ein Drittel des Mehls mit derselben Menge warmen Apfelpürees ersetzt werden – das, gebacken, den Raum »mit dem Duft von frittierten Äpfeln« erfüllt. Wer in aller Welt würde sich noch mit langweiligen herkömmlichen Brotrezepten zufriedengeben, wenn er das liest? Und wenn das mit Äpfeln funktioniert, warum nicht mit Quitten? Oder Aprikosen? Oder selbst mit Zucchini?

Es braucht jemanden mit einer besonderen Form des Wissens, um all jenen unter uns, die noch nach Abenteuern dürsten, diese geheimen Pfade zugänglich zu machen: Man muss neckisch, klug, selbstbewusst und doch bescheiden schreiben können; man muss kochen können; man muss wissen, wie man informiert, ohne zu langweilen; wie man unterhält und gleichzeitig den Verstand herausfordert; wie man die Vorstellungskraft entzückt und verzaubert. Das sind Eigenschaften, die ein neues Handbuch hervorgebracht haben – ein Handbuch der kreativen Küche.

YOTAM OTTOLENGHI

Die Kunst des intuitiven Kochens

Meine Großmutter mütterlicherseits hat immer alles von Grund auf und aus dem Gedächtnis gekocht – sie hat mit Augenmaß und erfahrenen Handgriffen gekocht, doch nie hat sie sich auf Geschriebenes, welcher Art auch immer, verlassen. Was hätte sie nur zu diesem Regal in meiner Küche gesagt? Darin stehen Anna, Claudia, Delia, Fuchsia, Madhur, Marcella, Nigel, Nigella und Yotam. Man findet dort Das Früchtebuch. Das Gemüsebuch. Das Puddingbuch. Das Joghurtbuch und Das River Cottage Fleischbuch. Es reiht sich Wie man kocht an Wie man isst, Was man isst und Was man jetzt isst. Und doch stand die Anzahl meiner Kochbücher über viele Jahre im umgekehrten Verhältnis zu meinem Zutrauen, aus ihnen selbstständig zu kochen. Ich konnte ein Rezept zehnmal nachkochen, beim elften Mal wäre ich ohne das Kochbuch immer noch aufgeschmissen gewesen.

Ich war gehorsam bis zur Zwangsneurose. Schrieb ein Rezept einen Teelöffel Wasser vor, stand ich am Wasserhahn und füllte meinen Teelöffel exakt bis an den Rand. Lief der Löffel über, kippte ich seinen gesamten Inhalt in die Spüle und versuchte es von Neuem.

Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass der kulinarische Horizont meiner Großmutter weniger weit als mein eigener war. Zu ihrem Repertoire gehörte vielleicht ein Dutzend klassische britische Gerichte, die sie je nach Saison abwandelte. Was unter der Kruste ihres Streuselkuchens hervorlugte, hing davon ab, was gerade zur Verfügung stand: Rhabarberstangen oder eine der sechs Apfelsorten, die sie in ihrem winzigen Garten erntete. Im Laufe meiner Kindheit und Jugend hielten indisches, thailändisches und chinesisches Essen Einzug in den Schmelztiegel britischer Kochkunst, oder wenigstens britischer Kochkenntnisse, dazu kommen noch die französischen, italienischen und spanischen Klassiker, die von der Generation meiner Mutter erlernt wurden. Heute können ambitionierte Hobbyköche japanische Noriblätter und Rollmatten für Sushi im Supermarkt um die Ecke kaufen. Dieses Jahr sprechen irgendwie alle von hawaiianischem Poke. Verglichen mit Omas immer wiederkehrenden Würstchen im Teigmantel, Shepherd’s Pie und Marmeladenstrudel ist es nahezu unmöglich, sich auch nur einen Teil dieses internationalen Repertoires an Kochtechniken wirklich anzueignen. Aber würde sich das überhaupt lohnen, wenn man sowieso alles online nachschlagen kann?

Meine kurze Antwort lautet Ja. Meine lange Antwort ist dieses Buch.

Intuitiv kochen erwuchs aus den Experimenten mit Geschmackskombinationen, aus denen sich mein erstes Buch Der Geschmacksthesaurus speiste. Einfach gesagt, erforderte das Ausprobieren, ob eine Zutat gut zur anderen passte, oftmals die Adaption eines klassischen Gerichts oder die Kreation eines neuen. Indem ich geborgte und eigene Rezepte in den Dienst einer Geschmackskombination stellte, bekam ich langsam das Gefühl für die Grundformel, auf der sie alle gründeten. Im Wesentlichen unterzog ich sie einem umgekehrten Entwicklungsprozess – erst passte ich ein Gericht meinen Bedürfnissen an oder entwickelte es selbst, dann reduzierte ich es so lange, bis ich das Grundrezept für alle anderen Geschmackskombinationen gefunden hatte, die ich ausprobieren wollte.

 

Als mein Ordner mit den verschiedenen Grundrezepten immer weiter anschwoll, begann ich, die Mengenangaben für unterschiedliche Gerichte und Portionsgrößen sowie mögliche »Spielräume« festzuhalten – also mögliche Alternativen, wenn bestimmte Zutaten nicht zur Verfügung standen, oder interessante Variationen, auf die ich entweder beim Lesen gestoßen war oder die ich mir selbst ausgedacht hatte. Irgendwann bemerkte ich nicht nur, dass ich öfter auf meinen Aktenordner zurückgriff als auf irgendeines der Kochbücher in meinem Regal, sondern dass ich nicht einmal mehr auf diesen Ordner angewiesen war. Ich lernte, mit einer Mischung aus Gedächtnis und Instinkt zu kochen, ganz wie meine Großmutter.

Brot zum Beispiel. Früher hätte ich einfach ein Buch aus dem Regal gezogen, je nachdem, welche Art von Rezept gerade zu meiner Stimmung passte. Schlicht und gleichzeitig erfrischend präzise? Traditionell? Modern? Territorium-fixiert und ethisch-sensualistisch? Kein Wunder, dass ich lange Zeit überhaupt nicht auf ihren gemeinsamen Nenner stieß. Ich war zu sehr damit beschäftigt, über die Herkunft meines Sorghummehls zu grübeln oder darüber nachzudenken, ob eine Gruyère-Walnuss-Fougasse in einem ummauerten Garten in Wales tatsächlich genauso schmecken konnte wie dasselbe provenzalische Brot, wenn man es in einem alten Ofen jenseits der Euston Road buk. Doch sobald ich ein eindeutiges Grundrezept für Brot gefunden hatte – und Brot hat ein sehr eindeutiges Grundrezept –, entwöhnte ich mich innerhalb weniger Laibe von Vorgaben und stürzte mich in die Methode. Nach ein paar weiteren Broten hatte ich die Proportionen von Mehl, Wasser, Hefe, Salz und Zucker fest in meinem Gedächtnis verankert. Gleichzeitig gewöhnte ich mich an das Gefühl von Teig an den Fingern, ich erkannte sein Verlangen nach mehr Mehl oder Wasser und den Punkt, an dem das Gluten sich streckt und man fühlt, wie sich die Konsistenz des Teigs verändert, subtil, aber unverkennbar wie der Tag, an dem der Sommer sich in den Herbst neigt.

 

Die Grundlage von Intuitiv kochen ist also eine Anzahl von Grundrezepten oder Ausgangspunkten, die sich, sobald man sie gut genug kennt, als nahezu unendlich variabel erweisen, je nachdem, was sich gerade in Ihrem Kühlschrank befindet, welche Jahreszeit ist, was der Wochenmarkt zu bieten hat, oder einfach, worauf Sie Lust haben. Mit etwas Glück helfen Ihnen diese Grundrezepte, genau so ein Koch oder eine Köchin zu werden, wie ich immer eine sein wollte – eine, die sich eine Schüssel schnappt und, ohne zu zögern, ein Gericht zaubert, dessen genaue Zutaten und Mengenverhältnisse von Mal zu Mal variieren. Kurz, eine intuitive Köchin.

Um diese Erinnerbarkeit sicherzustellen, tendiere ich bei den Grundrezepten zur Einfachheit. Es gibt sicher elegantere Möglichkeiten, einen Laib Brot zu backen, einen Fond oder Mayonnaise herzustellen, und ich will nicht behaupten, dass meine Rezepte irgendeine Art von Ideal verkörpern. Allerdings hoffe ich, dass sie ein Set grundlegender Zubereitungsarten darstellen, bei denen es ganz bei Ihnen liegt, wie Sie sie weiterentwickeln, sie einzigartig machen, zu Ihrem Eigenen machen. Jedes einzelne Rezept habe ich auf das Genaueste getestet. Doch der Clou von Intuitiv kochen besteht auch darin, Sie zum Experimentieren zu ermutigen, und Experimente, das gibt die postneurotische Köchin in mir gerne zu, können und werden schiefgehen; ich kann nur sagen, die Offenheit für Fehler ist die Grundvoraussetzung für einen freieren Zugang zum Kochen, den dieses Buch Ihnen hoffentlich eröffnet.

Meine Arbeit am Geschmacksthesaurus hat mich mit einer ständig geschmacksorientierten Gesinnung ausgestattet, was zum zweiten wichtigen Element von Intuitiv kochen führt – einer Reihe von Geschmacksoptionen für jedes einzelne Grundrezept. Im Grunde genommen sind so viele klassische Gerichte Geschmacksvariationen eines gemeinsamen Themas, dass es mir nur natürlich erschien, vom grundlegenden Rezept ausgehend mit Geschmacksanpassungen fortzuschreiten, die etwa aus einer Béchamelsauce eine sauce Mornay oder eine soubise machen. Folgt man zum Beispiel dem Grundrezept des fesendscha-n, ein persischer Eintopf, der typischerweise aus zerstoßenen Walnüssen und Granatapfelsirup hergestellt wird, wird man schnell auf andere nussbasierte Eintöpfe wie das indische Korma, die afrikanische Mafe, das georgische Satsivi oder die peruanische aji de gallina stoßen. Alle diese Gerichte haben gemeinsame Zutaten und werden auf ähnliche Weise zubereitet. Probieren Sie einige dieser wunderbaren Eintöpfe, und schon bald werden Sie Ihre Küchenschränke nach liegen gebliebenen Nüssen durchstöbern, die Ihren Stews eine persönliche Note verleihen.

Und dann gibt es noch die obskureren, nicht traditionellen oder gar der Intuition zuwiderlaufenden Anregungen. Dafür habe ich die Ideen von Küchenchefs und Kochbuchautoren aus Gegenwart und Vergangenheit durchkämmt, einige aber auch selbst entwickelt. Sicher, manchmal tut es auch Vanille, doch kein Eisliebhaber sollte sich damit zufriedengeben, bevor er nicht auch die Variante mit Olivenöl, die ich in Ronda aufgeschnappt habe, oder das von Alain Ducasse entwickelte Eis aus süßer und saurer Sahne probiert hat. Die Japaner würzen ihr Eis mit Sesam. Mein derzeitiger Favorit ist Zitroneneis, das ich mit einer so einfachen Methode zubereite, dass weder die übliche Cremebasis noch regelmäßiges Rühren notwendig sind.

In Bezug auf traditionelle Geschmackskombinationen hoffe ich, dass der Spaß, den ich bei meinem Ausgang von den Klassikern hatte, zeigt, wie ein Fundament aus überlieferten Prinzipien dazu beiträgt, sich frei zu machen und den eigenen Assoziationsketten zu folgen. Als ich mich etwa intensiv mit Pudding auseinandersetzte, stieß ich auf ein griechisches Gericht, galaktoboureko, das sich, trotz seines nach einer Kaschemme vom Todesstern klingenden Namens, als ein sehr schlichter Hybrid aus Puddingcreme und Baklava herausstellte – genauer ein Grießpudding mit Zitronen-, Vanille- oder Zimtgeschmack, der zwischen Filoteigblättern, die in mit Orangen, Brandy oder Ouzu aromatisiertem Zuckersirup getränkt und mit einer guten Brise Puderzucker bestäubt wurden. Ich hatte Filoteig und etwas Pastis zu Hause, mit dem ich den Ouzo ersetzen konnte. Doch wonach sollte mein Pudding schmecken? Vanille war mir zu gewöhnlich. Zitrone hörte sich schon ganz gut an. Doch dann dachte ich an Kokosnuss. Kokosnuss hatte es mir bereits mit sieben Jahren angetan, als ich zum ersten Mal Clement Freuds Grimpel las (»Die Tarte … war das Beste, was er seit dem Corned-Beef-Aprikosenmarmeladen-Sandwich gegessen hatte«) und meine Mutter bat, mir ebenjene Tarte zuzubereiten. Der Gedanke an knusprige Filoblätter, die auf zitternden Kokospudding treffen, rief dieses frühe Verlangen wieder wach. Wie wäre es, ich würde die cremige Süße durch einen herben Limettensirup akzentuieren? Oder durch Zimt erwärmen? Oder wie wäre es mit gewürztem Rum? In meinen Gedanken hatte ich mich ganz schön weit von Griechenland entfernt, doch nicht so weit vom Wesen des Originals, dass die Ergebnisse es nicht ehren und gleichzeitig etwas Neuem Form geben würden. (Ich habe mich für Kokosnuss und Limetten entschieden. Und es schmeckte wie von einem anderem Stern: galaktisch gut.)

Ich finde es immer frustrierend, wenn ich ein Rezept nachkoche, das sich auf Papier fantastisch anhört, nur um dann feststellen zu müssen, dass sein angeblich vorherrschender Geschmack von etwas Stärkerem erstickt wird. Genauso geht es mir mit aromatisierten Schokoriegeln, von denen ich in meinem Leben bereits viel zu viele gekauft habe. Trotz schicker Verpackung und den dazu passenden Preisen läuft es doch immer nur auf Schokolade mit einem seltsamen Nachgeschmack hinaus. Deshalb wurden alle Geschmacksoptionen von Intuitiv kochen geprüft und erprobt – sowohl im Hinblick auf ihre Köstlichkeit als auch, (etwas) weniger subjektiv, darauf, ob der fragliche Geschmack im fertigen Gericht tatsächlich feststellbar bleibt. Modernen Köchen steht eine stupende Auswahl an günstigen Gewürzen zur Verfügung – verwenden Sie sie gerne, aber verwenden Sie sie, so mein Ratschlag, ausgiebig.

 

Der Gedanke, das einzelne Grundrezept könnte auf einem Kontinuum liegen, das ein Gericht mit dem nächsten verbindet, kam mir, als ich die Inhalte meines Aktenordners sortieren wollte. Ich dachte, wenn ich die Grundrezepte nach diesem Gesichtspunkt ordnen würde, wäre es um ein Vielfaches einfacher, aus dem Gedächtnis heraus zu kochen, vor allem solange ich, wo immer möglich, Mengen und Methoden einheitlich halten würde. Das Nusskontinuum ist hierfür ein gutes Beispiel. Marzipan ist nichts anderes als eine Mischung aus gemahlenen Mandeln und Zucker mit gerade so viel Eiklar, um die Masse zusammenzuhalten. Für Macarons, das nächste Grundrezept und ein Haltepunkt auf dem Kontinuum, braucht man lediglich etwas mehr Eiklar, das mit dem Zucker verquirlt wird, bevor die gemahlenen Mandeln untergehoben werden; wie bei Marzipan wird die gleiche Gewichtsmenge Zucker und Mandelmehl verwendet. Benutzt man nun das ganze Ei statt nur das Eiklar, erhält man den Teig für einen Santiago-Kuchen. (Geben Sie ganze Orangen und Backpulver bei, um Claudia Rodens berühmte Variante auszuprobieren.) Für Frangipane geben Sie zu Zucker und Mandeln dieselbe Menge Butter hinzu – und immer so weiter durch die miteinander verbundene Reihe von Nussgerichten, bis Sie schließlich bei fesendscha-n ankommen, dem persischen Nusseintopf.

Seit meiner Verwandlung von einer rezeptsüchtigen zu einer zutatenorientierten Köchin bin ich weitaus weniger verschwenderisch, weil mir mehr Ideen zur Verfügung stehen, was man mit bereits Vorhandenem kochen könnte. Darüber hinaus weiß ich mir in meiner Küche aufgrund eines wachsenden Verständnisses über die Beziehung zwischen Rezepten besser zu helfen. Wollen Sie etwa einen englischen Sonntagsbraten zubereiten, ist es keine schlechte Idee, zum Frühstück amerikanische Pancakes zu servieren, schließlich muss man nur den Teig mit Wasser verdünnen, um hieraus Yorkshire-Pudding herzustellen. Oder aber mit Milch, um italienische crespelle zu machen. Mit Ricotta und Spinat gefüllt, sind sie das ideale fleischfreie Mittagessen für einen reumütigen Montag. Sollten Sie gerade eine Schokoladentarte für das Abendessen zubereiten und noch etwas Ganache übrig haben, könnten Sie sie in kleine Pakete teilen und eines mit Kardamom, das andere mit Birnenschnaps oder mit was immer Ihnen als Geschmacksnote zusagt würzen und zu Trüffelpralinen verarbeiten. Oder Sie geben noch mehr Sahne bei und stellen eine vielseitig einsetzbare Schokoladensoße her. Es kann nie schaden, einen Krug mit Schokoladensoße im Kühlschrank aufzubewahren.

Haben Sie erst einmal die familiären Beziehungen zwischen Gerichten, sowohl in Bezug auf ihre Zutaten als auch auf ihre Techniken, erkannt, merken Sie, wie gewisse Rezepte, die über Ihren Erfahrungshorizont hinauszugehen schienen, in Wirklichkeit jenen Gerichten beruhigend ähnlich sind, die Sie bereits Dutzende Male zubereitet haben. Warum nur habe ich immer davor zurückgeschreckt, meine eigenen Tortillas zu backen, wo ich doch Chapatis ganz gut hinbekomme? Sobald ich damit angefangen hatte, meine Chapati-Erfahrung zu nutzen, um selbst Tortillas zu machen, wurde ein zusätzlicher Vorteil erweiterter Techniken deutlich – in diesem Fall verbesserte ich meine Fähigkeiten, Teig zu walken. Schon bald konnte ich frische Tagliatelle für zwei Personen schneller mit der Hand ausrollen, als es mich gekostet hätte, meine Nudelmaschine zu finden, abzustauben, aufzustellen, zu benutzen, abzubauen und wieder sauber zu machen. Letztlich ist es eine Frage des Selbstvertrauens. Backen Sie Ihr täglich Brot, und schon bald stellen selbst Brioches keine besondere Herausforderung mehr dar.

Das alles heißt aber nicht, Rezepten eine lange Nase zu machen. Ich verliere mich bis heute in Kochbüchern, seien es alte oder neue. Ich reiße Rezepte aus Magazinen und klebe sie in mein Notizbuch. Nur kann ich heute keine Rezepte mehr lesen, ohne mich zu fragen, inwiefern es auf eines der Grundrezepte reduziert werden könnte, die ich in diesem Buch sammle. Falls das nicht gelingt, notiere ich es mir. Ich habe noch so einiges an Forschungsarbeit vor mir.

Allgemeine Hinweise für intuitives Kochen

Als Erstes möchte ich betonen: Kochen Sie. Die Tiefen des Internets machen es einem nur allzu leicht, sich in Theorien zu verstricken. Doch die Praxis, und zwar jede Menge Praxis, ist durch nichts zu ersetzen. Seine eigene Version eines Gerichtes zu kreieren, ist eine Frage von Trial and Error – Sie werden es mehrmals zubereiten müssen, bis es richtig schmeckt. Machen Sie sich auf dem Weg dahin Notizen. Nur allzu oft habe ich einfach weitergemacht, im Vertrauen darauf, dass ich mich schon an alle Zutaten erinnern werde, die ich benutzt hatte, um auf die eine oder andere Weise an einem Gericht zu feilen. Nur um mir am nächsten Tag genau darüber den Kopf zu zerbrechen. Letztes Jahr hatte ich mir die genaue Zusammensetzung meines viel gelobten Weihnachtskuchens nicht notiert, und in diesem Jahr war er nicht halb so gut. Kein Wunder, wurde er doch vom Kuchen der vergangenen Weihnacht heimgesucht.

Zweitens: Üben Sie sich in Selbstvergebung. Hin und wieder wird bereits Ihr erster Versuch an einem Gericht zu brillanten Ergebnissen führen, doch öfter werden Sie, während Sie alle Kraft zusammennehmen, um Ihre Schokoladen-Génoise aus dem Ofen zu holen, mit der nackten Realität menschlicher Unvollkommenheit konfrontiert. Und genau so soll es auch sein. Dieser erste mutierte Pfannkuchen musste sterben, damit seine Nachfolger das Licht der Welt erblicken konnten. Den Prozess mitzuerleben, wie ein Gericht gekocht wird, ist ein unabdingbarer Teil davon, es zu verstehen. Und natürlich kann man nichts abändern, bevor man nicht verstanden hat, was es eigentlich ist, was man abändern will.

Drittens: Geben Sie Ihren Geräten die Schuld. Abweichungen beim Kochgeschirr, bei den Küchengeräten und -maschinen können ebenso unvorhergesehene Auswirkungen auf Ihre Kochversuche haben wie eine veränderte Raumtemperatur oder die Frage, mit welchem Fuß Sie heute zuerst aufgestanden sind. Vor allem Öfen sind notorisch launisch. Ich empfehle Ihnen auf Slate.com den tollen Artikel »Ignore Your Oven Dial«, also »Ignorieren Sie die Drehknöpfe Ihres Ofens«, zu lesen. Am besten, so scheint es, Sie benutzen ein Ofenthermometer, mit dem Sie überprüfen, wie genau der Temperaturregler Ihres Ofens mit der Realität übereinstimmt. Akzeptieren Sie, dass die Kontrollknöpfe Ihres heimischen Herds nichts anderes als eine Annäherung darstellen, und fangen Sie an, sich mehr auf Ihre Sinne zu verlassen, um festzustellen, ob etwas bereits gar ist.

Einige Gedanken zur Benutzung dieses Buches

Das Buch besteht aus zwölf Kapiteln oder Kontinuen. Jedes beginnt mit einem kurzen Essay über die Gerichte, die das Kontinuum umfasst, und was diese Gerichte verbindet. Das restliche Kapitel teilt sich in das Grundrezept für jedes Gericht sowie die beiden Abschnitte »Spielräume«, in dem mögliche Adaptionen und das Ersetzen von Zutaten durch andere beschrieben werden, und »Aromen & Abwandlungen«, der den vielen Richtungen nachgeht, die ein Gericht nehmen kann, und der sie hoffentlich zu eigenen Experimenten inspiriert. Wo es nützlich erscheint, folgt zur weiteren Anregung eine illustrierte Seite.

Ich habe versucht, klar zwischen »authentischen« Rezepten und verschiedenen »Im Stil von«-Variationen zu unterscheiden, doch ist mir klar, dass einige Beispiele diesbezüglich durchaus diskutabel sind. Selbst bei den einfachsten Gerichten kann es zum Streit, wenn nicht zu handfesten Auseinandersetzungen darüber kommen, was die Sache im Wesentlichen ausmacht. Beachten Sie außerdem, dass die Grundrezepte nicht wie üblich angeordnet sind. So werden die Ofentemperaturen und Zubereitungshinweise nicht zu Beginn genannt – es ist also wichtig, sich die Rezepte wenigstens ein Mal durchzulesen, bevor man zu kochen anfängt.

Sobald Ihnen die Grundrezepte vertraut sind – oder Ihre eigene individuelle Version davon –, können Sie sie als Folie benutzen, um Rezepte in anderen Kochbüchern und Magazinen zu »lesen«. Zum Beispiel können Sie, mit dem Grundrezept für custard im Hinterkopf, ziemlich genau abschätzen, ob andere Varianten nach Ihrem Geschmack eher zu süß oder zu fett sind.

Genauso können Sie die Tipps unter »Spielräume« dazu verwenden, vergleichbare Rezepte, die Sie anderswo gefunden haben, anzupassen. Ich verspreche nicht, dass das immer funktioniert; auch sollten die Ergebnisse nicht dem Urheber des fraglichen Rezepts angelastet werden. Doch wenn Sie das vorgeschriebene Ei oder die Buttermilch gerade nicht zur Hand haben, könnten sich die in »Spielräume« aufgezeigten Ideen als hilfreich erweisen, und wenn sie Sie nur vor der Hölle der Online-Kochforen retten, in denen die unschuldigsten und praktischsten Fragen nur allzu schnell zu einem bösartigen und dogmatischen Streit führen können.

Einige Rezepte unter »Aromen & Abwandlungen« stimmen mit den Grundrezepten völlig überein. Andere weichen in ihren Zutaten, Proportionen und Methoden bis zu einem gewissen Grad von ihnen ab. Sie wurden vor allem deshalb berücksichtigt, um zu zeigen, dass auch Abweichungen vom Grundrezept zu ähnlichen Ergebnissen führen. Wo ein Grundrezept sich in zwei oder mehr Zubereitungsarten teilt, wie etwa bei Fladenbrot und Cracker, geht auch »Aromen & Abwandlungen« auf die einzelnen Zubereitungsarten ein: Über den Kontext wird klar, worauf sie sich beziehen. Gleichwohl wird die große Mehrheit der Aromatisierungen auf alle Zubereitungsarten anwendbar sein. Weiterhin können in vielen Kontinuen Aromatisierungen, die unter einem Grundrezept aufgelistet werden, ziemlich frei auf andere angewendet werden.

Wo ich um der Klarheit willen ein Beispielaroma für ein Grundrezept ausgewählt habe – etwa Erdbeere im Fall von Sorbet –, ist zu beachten, dass sich »Aromen & Abwandlungen« dennoch auf Sorbets im Allgemeinen und nicht auf Erdbeersorbets im Speziellen bezieht. In den meisten Fällen werden sich auch die »Spielräume« dem allgemeinen Prinzip und nicht einem bestimmten Geschmack verpflichtet fühlen.

Bitte lassen Sie gesunden Menschenverstand walten, wenn es um Hygiene und das Risiko einer Lebensmittelvergiftung geht. Stellen Sie sicher, dass Ihre Hände und Ihre Ausrüstung jederzeit sauber sind. Machen Sie sich vor allem mit jenen Lebensmitteln vertraut, die nur gar serviert werden dürfen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, was »gar« im Einzelfall bedeutet, erweisen sich ein Digitalthermometer und der zugehörige Temperaturleitfaden als durchaus nützlich. Lernen Sie, welche Zutaten im Kühlschrank aufbewahrt werden müssen, und kühlen Sie Gekochtes so schnell als möglich, vor allem wenn es sich um Reis, Fleisch, Meeresfrüchte, Eier und Milchprodukte handelt.

EINIGE HINWEISE ZU MASSEINHEITEN UND ZUTATEN

Volumen versus Gewicht Wo immer sie den Arbeitsprozess erleichtert, benutze ich die Einheit Tasse – nenne aber zusätzlich das metrische Äquivalent. Sie werden sich ohne Zweifel entweder an dem einen oder dem anderen System orientieren, dennoch möchte ich Sie darauf hinweisen, dass sie gerade in den Grundrezepten ohne Probleme austauschbar verwendet werden können. In unserer verordnenden und pedantischen Zeit ist es sehr in Mode, alles bis auf das letzte Milligramm auszutarieren – vor allem, wenn es um Backen geht –, doch ich sehe das eher skeptisch. Leicht skizzenhafte Volumenmaßeinheiten haben sich gerade im angelsächsischen Raum über viele Jahre bewährt, und nach meiner Erfahrung gibt es sehr viele verlässliche, um nicht zu sagen großartige Backbücher, die der Tasse, ihrer fröhlichen Ungenauigkeit zum Trotz, vertrauen.

Flüssigkeiten wiegen Es ist mittlerweile auch üblich, Wassermengen in Gramm anzugeben. Beachten Sie, dass 1 ml Wasser genau 1 g wiegt. Sie können also selbst entscheiden, ob Sie Ihr Wasser wiegen wollen oder in einem Messbecher messen. Auch Milch und Sahne kommen der Regel 1 g entspricht 1 ml ziemlich nahe.

Glutenfrei Wo immer möglich, habe ich versucht, glutenfreie Alternativen einzubeziehen, wenngleich ich zugeben muss, dass ich auf diesem Gebiet, vor allem in Hinblick auf den Nährstoffbedarf, eher unerfahren bin.

Natron Nicht zu verwechseln mit Backpulver. Natron benötigt saure Zutaten (Buttermilch, brauner Zucker, gelber Sirup), um aktiv zu werden. Verwenden Sie zu viel Natron in Kuchen oder Brot, wird es einen seifigen oder metallischen Geschmack annehmen. Backpulver wiederum ist eine Mischung aus Natron und Säureaktivatoren.

Butter Benutzen Sie ungesalzene Butter und fügen Sie Salz nach eigenem Geschmack bei. Gesalzene Butter ist in Ordnung, wenn Sie davon nur wenige Esslöffel in Brot- oder Backteig verwenden.

Speiseöl Ich benutze oft geschmacksneutrale Öle, womit ich Erdnuss-, Mais-, Trauben- oder Pflanzenöl meine. Und auch Sonnenblumenöl, wobei ich weiß, dass viele Menschen es aus gesundheitlichen Gründen lieber nicht erhitzen.

Eier Wenn nicht anders vermerkt, gehen Sie von mittelgroßen bis großen Eiern aus. Ein mittleres Ei wiegt zwischen 53 und 63 g, große Eier zwischen 63 und 73 g.

Mirepoix Ein hochtrabender Name für eine Mischung aus gewürfelten Zwiebeln, Karotten und Sellerie, die vielen Rezepten als Grundlage dient.

Gewürze Meistens schreibe ich nicht, wann und ob ich Pfeffer benutze: Das überlasse ich Ihnen. Bei Salz entsprechen die Empfehlungen meiner persönlichen Vorliebe, die eher zu salzarmen Varianten tendiert. Hätte mein Mann dieses Buch geschrieben, wäre es ungleich gesalzener ausgefallen.

Zucker Verlangt ein Rezept einfach Zucker statt Feinkristallzucker, können Sie entweder Feinkristallzucker oder den üblichen Kristallzucker verwenden. Bei Letzterem wird es mehr Zeit beanspruchen, ihn in einer Mischung schaumig zu rühren, zu verquirlen oder auflösen zu lassen.

FRITTIEREN OHNE FRITTEUSE

Verwenden Sie einen hohen Topf mit mehr als einem Drittel voll Öl. Öle mit einem hohen Rauchpunkt wie Erdnuss-, Mais- oder Pflanzenöl sind besonders gut zum Frittieren geeignet. Auch Schmalz eignet sich hervorragend. Einige Köche benutzen bevorzugt einen Wok, machen Sie das jedoch nur, wenn Ihrer stabil auf der Herdplatte steht. Falls Ihr Topf einen Stiel hat, sollte er auf die Mitte des Kochfelds zeigen, damit man sich nicht so leicht daran stößt. Halten Sie Kinder oder Tiere fern und lassen Sie heißes Öl nie unbeaufsichtigt. Halten Sie den Topfdeckel bereit und bedecken Sie den Topf sofort, falls er Feuer fangen sollte. Sollten Sie keinen Deckel zur Hand haben, verwenden Sie ein Backblech, eine Feuerdecke oder einen Feuerlöscher. Löschen Sie einen Fettbrand niemals mit Wasser.

Erhitzen Sie das Öl in einem Topf ohne Deckel bei mittlerer Flamme. Überprüfen Sie die Temperatur mithilfe eines Frittierthermometers: Sie soll 180–190 °C betragen. Falls Sie kein Thermometer besitzen, verwenden Sie einen Würfel trockenen Brots, der sich innerhalb von 10–15 Sekunden goldbraun färben sollte. Wenn Sie etwas in Backteig frittieren, können Sie alternativ einen Tropfen des Teiges in das heiße Öl geben. Bei richtiger Temperatur wird er kurz untertauchen, sofort wieder an die Oberfläche kommen und zu brutzeln beginnen. Feuchte Lebensmittel bringen das heiße Öl zum Spritzen, trocknen Sie sie deshalb so gut wie möglich ab. Achten Sie darauf, die Zutaten nicht ins Öl zu werfen, es wird hochspritzen; tauchen Sie sie stattdessen mit Zangen oder einem Küchensieb ein. Frittieren Sie kleine Mengen, um den Topf nicht zu überfüllen und die Temperatur des Öls nicht zu sehr zu senken. Bringen Sie zwischen zwei Durchgängen das Öl zurück auf Idealtemperatur und entfernen Sie alle Rückstände. Wann immer das Öl zu rauchen beginnt, nehmen Sie den Topf vom Herd und lassen es abkühlen.

Sobald die Zutaten frittiert sind, geben Sie sie auf ein Tablett oder einen Teller mit Küchenpapier, um überschüssiges Fett abzusaugen. Wenn nötig, halten Sie sie so lange im Ofen warm, bis alles tischfertig ist. Wenn Sie das Öl nicht mehr benötigen, lassen Sie es abkühlen, gießen es in einen Krug und trichtern es zurück in die Flasche. Sobald Ihr Frittieröl anfängt, ranzig zu riechen oder ungewollte Gerüche anzunehmen, entsorgen Sie es.

Brot

FLADENBROTE & CRACKER →

 

BABAS & SAVARINS →

 

BRIOCHE →

 

SODABROT, SCONES & FRÜCHTEBROT →

 

HEFEBROTE →

 

MILCHBRÖTCHEN →

 

Gegen Ende eines einmonatigen Roadtrips von Louisiana nach Nevada begann ich, meine Küche zu vermissen. Immer öfter fand ich mich in einem dieser riesigen amerikanischen Lebensmittelläden wieder, schreckte aber vor dem Kauf von Steak oder Fisch oder Gemüse zurück, ganz einfach weil ich keinen Ort hatte, an dem ich sie hätte kochen können. Also stromerte ich ziellos mit so wenigen Produkten in meinem Korb dahin, dass ich fest davon überzeugt war, der Ladendetektiv sei mir schon längst auf den Fersen. Meist kaufte ich schließlich Döschen mit getrockneten Kräutern oder interessanten Würzmischungen. Daraus erwuchs am Ende meiner Reise natürlich ein neues Problem. Auf Flughäfen vereinfachen runde, transparente Behälter mit grünlich braunem Pflanzenzeug nicht gerade den Gang durch die Sicherheitskontrolle.

Meine Notizbücher waren mindestens genauso vollgepackt wie mein Koffer. Hingekritzelte Skizzen und Beschreibungen, einige davon sogar leserlich, von Ideen, die ich unterwegs aufgegriffen hatte: Lasagne mit zwanzig Schichten, im Barrique fermentierte Cocktails, Kimchi-croque-monsieur, ein Tres-Leches-Kuchen, den ich in der Sonora-Wüste gegessen hatte und unbedingt adaptieren wollte. Doch was tat ich mit all meinem kulinarischen Abenteuergeist, als ich endlich wieder zu Hause in London war? Ich buk Brot. Keine Dampfnudeln mit grünen Oliven und Amaranthsamen. Nur normales braunes Brot, einfach, gut und wohlvertraut.

Als ich nämlich die Tür zu meiner Wohnung öffnete, kam mir ein seltsamer Geruch entgegen. Mein Geist durchkämmte meine olfaktorischen Karteikarten und machte erst in Essaouira, einer windumtosten, salzverkrusteten Stadt an der marokkanischen Atlantikküste, halt, wo man Backgammon-Sets, Federhalter und verschiedenartigen Touristenramsch aus Thuja herstellt, einer örtlichen Holzsorte, die für ihren beißenden Geruch bekannt ist. Etwas stimmte nicht mit meiner Wohnung. Bin ich sonst längere Zeit unterwegs, verströmt sie bei meiner Rückkehr ein kaltes, farbloses Aroma, etwa wie Gebäck aus dem Kühlschrank. Auf keinen Fall aber roch sie wie ein Straßenbasar in Nordafrika. Doch aus der Wohnung darüber war Wasser durchgesickert, und der Geruch stammte von meinen aufgeweichten Dielen. Ich krempelte die Ärmel hoch, nahm eine Schüssel aus dem Schrank – und buk Brot. Zumindest in dieser Hinsicht haben Wohnungsmakler recht. Es gibt nichts, was so sehr an Wärme, Schutz und Komfort erinnert wie der Duft von bräunendem Mehl und Hefe. Dieser Duft tat so viel mehr, als den Mief der verrottenden Dielen zu übertünchen; er stellte unser Zuhause wieder her.

Bis die Versicherungsverhältnisse Monate später endgültig geklärt waren, hatte ich bereits sehr viel Brot gebacken. Diese neue Gewohnheit habe ich mittlerweile so sehr verinnerlicht, dass ich seither kaum einen Laib gekauft habe. Als direkte Folge eines unvorhersehbaren Wasserschadens könnte man meine Gewohnheit, Brot zu backen, als göttlichen Akt interpretieren. Es gibt kaum Rezepte, die man einfacher auswendig lernen kann, als das für Hefebrot – vier Grundzutaten, die in mehr oder weniger gleichbleibenden Mengenverhältnissen und auf einfache Art und Weise miteinander kombiniert werden. Dazu lädt es geradezu zu Experimenten ein. Schon nach wenigen Laiben entwickelt man ein Gefühl dafür, wann die Textur stimmt und der Teig lange genug geknetet worden ist. Das heißt aber nicht, dass ich das Brotbacken perfektioniert hätte. Meinen Händen fehlt die Kraft, die ein Meisterbäcker benötigt, um den Teig zu ziehen, zu drehen und wirklich zu beherrschen. Bei mir bleibt der Kampf mit dem Teig unentschieden. Ob perfekt oder nicht, meine hausgemachten Bemühungen sind gleichbleibend gut und viel billiger als die Brote aus der angesagten Kiezbäckerei. Von den Hunderten, die ich bisher gebacken habe, schmeckte ein einziges wirklich schrecklich (weil ich Trüffelöl benutzt habe – ich weiß, ich weiß). Und ein paar sind nicht ganz so schön aufgegangen. Für einmal kann ich die Schuld auf das sechs Jahre alte Hefepäckchen schieben, das mir mein Schwiegervater zugesteckt hatte, doch bei den übrigen lag es vor allem daran, dass das benutzte Wasser für die Hefe zu warm war. Nichtsdestotrotz, getoastet und mit geräucherter Lachspastete sehen selbst die armseligsten Scheiben recht elegant aus, und Ihren Gästen können Sie immer noch sagen, dass Sie Ihr Brot nur für diese Schnittchen extra so gebacken haben.

Ist Ihnen Brotbacken erst einmal zur Gewohnheit geworden, wird bald schon die Experimentierphase beginnen. Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten, das Grundrezept abzuwandeln: Wasser durch Bier, Milch, Cidre, Wein oder Fruchtsaft ersetzen; unterschiedliche Mehlmischungen verwenden; Nüsse, Samen oder getrocknete Früchte hinzufügen. Ich würde Ihnen empfehlen, Ihre ausgefalleneren Ideen zunächst mit weniger Teig zu testen. Die Mengenverhältnisse bei Brotteig sind leicht anzupassen, und es kann Spaß machen, geringere Mengen mit nur einer Hand zu kneten – so viel Spaß, dass ich mich einmal gründlich gehen ließ und vierzehn kleine Teighügel formte, die ich an allen freien Flächen in meiner Küche aufgehen ließ. Als ich eine Stunde später wieder in Küche kam, dachte ich, ich sei in einem Verkaufsraum für Brustimplantate gelandet.

Für einen einfachen Laib Brot benötigen Sie 500 g Weizenmehl (Type 812), 300 ml warmes Wasser, 2 TL Trockenhefe und 1 TL Salz. Sie können etwas Öl oder Butter und ein oder zwei Esslöffel Zucker beigeben, um den Geschmack zu verstärken oder zu entwickeln. Das ist ganz und gar nicht mein Rezept. Es handelt sich um ein echtes Grundrezept, und deshalb lohnt es sich, es sich zu merken. Dieses Mengenverhältnis zwischen Mehl und Flüssigkeit gilt mit einer einzigen Ausnahme für alle Grundrezepte des Brotkontinuums. Das macht es einfacher, die praktischen Unterschiede einzuschätzen, die das Austauschen und Variieren von Zutaten so mit sich bringen, und ein Verständnis dafür zu entwickeln, was passieren dürfte, wenn man etwas verändert. Schon bald werden Sie eine ganze Reihe unterschiedlicher Brote aus dem Effeff backen.

FLADENBROTE

Und los geht’s mit dem ersten Ausgangspunkt auf dem Brotkontinuum: ungesäuerte Fladenbrote und Cracker. Bei der Zubereitung dieses Teigs geht es einfach darum, genügend warmes Wasser mit Mehl zu vermengen, bis eine einheitliche Masse entsteht, die sich gut kneten lässt. Man braucht eigentlich überhaupt kein Rezept, doch es kann nicht schaden, sich an die obigen Grundproportionen für Brot zu halten, wobei die Hefe wegzulassen ist. Eventuell benötigen Sie etwas mehr Flüssigkeit, um das gesamte Mehl in den Teig einzuarbeiten, vor allem wenn Sie, etwa für Chapatis, Vollkornmehl benutzen. Braunes Mehl ist durstiger als weißes. Beginnen Sie mit unserem Grundrezept und geben Sie in kleinen Mengen Flüssigkeit bei, bis der Teig den idealen Moment elastischer Festigkeit erreicht hat, weder zu trocken noch zu klebrig. Ein paar Spritzer Wasser wirken oft Wunder. Haben Sie es mit der Flüssigkeit übertrieben, geben Sie einfach noch etwas Mehl bei. Sobald sich alles gut anfühlt, kneten Sie den Teig einige Minuten und lassen ihn vor dem Ausrollen bei Raumtemperatur eine halbe Stunde (bedeckt oder eingewickelt) ruhen. Erfahrene Chapati-Bäcker können einen Ball aus Teig auch ohne Nudelholz in eine dünne Scheibe verwandeln, flüchtig die Hände gegeneinanderschlagend, wie wenn wir Übrigen uns überschüssiges Mehl von den Händen klopfen wollen.

Von diesem grundlegendsten aller Rezepte – Mehl, Salz und Wasser – gibt es eine erstaunliche Anzahl an Variationen. Chapati-Teig wird mit Atta gemacht, einem weichen Vollkorn-Weizenmehl, das auch für flockige Parathas und fluffige Puris verwendet wird. Sie können diese drei Brotsorten – die sich lediglich in ihrer Verfeinerung unterscheiden – aus einer einzigen Teigmasse herstellen (siehe hier und hier). Macht man ihn aus Maida, ein weiches weißes Mehl, ergibt der ansonsten gleiche Teig ein Brot namens Luchi, das auch gesüßt sehr gut schmeckt; man kann es extradünn zu Pfannkuchen ausrollen und zu knuspriger chinesischer Ente servieren. Tortillas werden genauso hergestellt, entweder mit Weizenmehl oder einem eigens behandelten Maismehl, masa harina, und manchmal etwas Schmalz. Beachten Sie, dass Maismehl einen weitaus klebrigeren Teig ergibt.

CRACKER

Eine ganze Anzahl Cracker gehen vom selben Grundrezept wie Fladenbrote aus, allerdings wird ihr Teig ausgewalzt, geschnitten und dann im Backofen statt auf dem Herd gebacken. Jüdische Matzen werden aus Weizenmehl hergestellt. Dabei wird so viel Olivenöl verwendet, dass man mit dem Wasser etwas sparsamer umgehen sollte. Wie Wassercracker werden Matzen gleichmäßig mit einer Gabel eingestochen, damit sie in der trockenen Hitze des Ofens keine Blasen werfen. Unter »Aromen & Abwandlungen« finden Sie neben Haferplätzchen und Holzkohlecrackern auch die japanischen Buchweizennudeln Ni-Hachi-Soba. Auch Pastateig ohne Ei wird aus der identischen Mischung aus Mehl, Öl und warmem Wasser hergestellt. Der Unterschied besteht darin, dass man ihn länger knetet – etwa 10 Minuten –, bevor man ihn, ebenfalls bei Raumtemperatur, 30 Minuten ruhen lässt.

Der Zusatz einer kleinen Menge chemischer Backtriebmittel – etwa Natron oder Backpulver – kann einen gewaltigen Unterschied ausmachen. Dieses extrem vielseitige Grundrezept stellt den nächsten Haltepunkt auf unserem Kontinuum dar. Das fertige Brot besitzt eine wabenförmigere, luftigere Textur und erinnert an ein etwas fluffigeres Fladenbrot oder das Brot für das klassische Käsesandwich.

SODABROT

Wenn Sie auf der Suche nach einem Brot sind, das sich schneiden lässt, Ihre Zeit jedoch knapp bemessen ist, kommen Sie an Sodabrot kaum vorbei. Wie Elizabeth David bemerkt, benötigt man für Sodabrot eine flinke Hand und größte Ungeduld – also das Gegenteil dessen, was bei Hefebroten entscheidend ist. »Jeder, der selbst kocht, wie begrenzt auch immer, sollte wissen, wie man Sodabrot herstellt«, sagt sie. Bleiben Sie der allgemeinen Mehl-Flüssigkeit-Ratio treu und verwenden Sie 250 g Mehl mit 150 g Buttermilch (oder einer der anderen säurehaltigen Flüssigkeiten, die unter »Spielräume« vermerkt sind), ½ TL Salz und ½ TL Natron. Wie bei ungesäuerten und Hefebroten kann auch hier etwas Fett oder Zucker beigegeben werden. Wenn ich ganz schnell einen Laib Brot brauche, mache ich Sodabrot mit Atta, dem extrafeinen Vollkorn-Weizenmehl, das auch für Chapatis verwendet wird, und gebe ein Ei dazu. Das ist sicher nicht exakt das Brot, das Sie auf einem Bauernhof erwarten würden, doch unter den vielen Sodabrotvarianten, die ich bislang ausprobiert habe, ist es mein Favorit. Das süße irische Sodabrot namens »Spotted Dog« wird mit Trockenfrüchten gebacken. Engländer könnten sich durchaus veranlasst sehen, darin einen verdammt großen Scone zu sehen.

SCONES

Scones haben denselben Ausgangspunkt wie Sodabrot, außer dass die Butter in ihrem Fall verbindlich ist. Geben Sie etwa 25 g pro 250 g Mehl dazu. Normalerweise fügt man ein oder zwei Teelöffel Zucker wie auch sparsam eingesprengte Sultaninen bei. In den USA enthalten Scones üblicherweise keine Früchte und heißen biscuits. Wie in Großbritannien die Scones, isst man sie gerne mit Butter und Marmelade, weitaus öfter tunkt man sie jedoch in Bratensoße und serviert sie mit Würstchen zum Frühstück. Als junges und naives Mädchen in Atlanta sah ich am Straßenrand ständig Werbung für dieses biscuits and gravy genannte Frühstück, was in mir Bilder von in Fleischbrühe treibenden Schokoladenkeksen heraufbeschwor. Jeder, wie es ihm gefällt, dachte ich, bis ein Einheimischer für mich einen Teller biscuits bestellte, die in dicke, gepfefferte Soße getaucht waren. Danach war auch mir alles klar.

Meine Mutter stellt ihre Scones mit Backpulver her. Als ich zum ersten Mal welche mit Natron probierte, war ich nicht sehr überzeugt. Natron hat zuweilen einen höchst unappetitlichen alkalischen, seifig-metallischen Charakter. Wenn man zu viel davon verwendet, weht über dem Teevergnügen schnell ein Hauch Großmarkthalle, die kurz vor Ladenschluss mit Bleichmitteln geschrubbt wird. Mit Bedacht verwendet, verleiht es Ihren Scones jedoch eine frische Klarheit im Geschmack, die ganz wunderbar mit der fettigen Zügellosigkeit von Streichrahm oder Butter kontrastiert. Eine Spur Natron ist auch eindeutig vereinbar mit Geräuchertem, wie etwa im den Südstaaten eigenen Zusammenspiel von biscuits und Rohschinken oder der unschlagbaren irischen Kombination aus Sodabrot und geräuchertem Lachs.

COBBLER

Aus demselben Teig werden auch Cobblers gemacht – so nennt man in Großbritannien vom Fleischeintopf bis zum Fruchtkompott alles, was mit einer Art flachen Scones »gepflastert« und anschließend im Ofen gebacken wird. Schneller ist die tiefe Befriedigung, die eine Pastete zu bieten hat, nicht zu erreichen. Dieses Grundrezept liefert nicht nur schnell gebackenes Brot, sondern auch sehr einfach herzustellendes Gebäck; während Mürbeteig vor dem Backen im Kühlschrank ruhen muss, sollte man einen Scone-Teig sofort nach seiner Fertigstellung backen. Man muss ihn nicht einmal ausrollen. Geben Sie einfach löffelweise Teig auf das, was gepflastert werden soll, und backen Sie das Ganze.

HEFEBROTE

Bei Hefebroten handelt es sich dagegen zwangsläufig um ein langsames Geschäft. Selbst bei Verwendung von Trockenhefe, die an einem schönen warmen Ort nur einmal gehen muss, sollte man etwa eineinhalb Stunden einrechnen, bis das Brot im Ofen landet. Und die meisten Menschen stimmen sicher zu, dass es nach dem Backen noch einige Stunden ruhen sollte. Wer regelmäßig Brot bäckt – seit meine Zimmerdecke fast heruntergekommen wäre, mache ich genau das –, findet recht schnell heraus, wie man seinen Tag optimal danach ausrichtet. Die Herstellung von Hefebroten wird wohl nie schnell gehen. Doch man kann es so einrichten, dass sie sich in den Alltag einfügt. Denn in den gesamten Prozess muss man nur selten aktiv eingreifen. Nach etwa 12–15 Minuten Arbeit hat man erst einmal etwa eine Stunde Ruhe (während derer man seine Taschenbücher auswringen und die Wand mit Schimmelentferner abwaschen könnte). Es folgen ein paar weitere Minuten Arbeit, bevor man das Brot ein zweites Mal gehen lässt und anschließend für etwa eine halbe Stunde in den Ofen schiebt.

Wenn es Ihnen entgegenkommt, können Sie den Prozess auch verzögern, indem Sie den Teig im Kühlschrank gehen lassen. Die erfahrensten Brotbäcker behaupten, dass ein langsames Aufgehen von Hefeteigen den Geschmack verbessert. Einmal habe ich an einem Freitagabend zwischen mehreren Schichten Eyeliner einen Grundteig hergestellt, den ich aufgehen ließ, während ich im Pub nebenan saß. Als ich am nächsten Morgen den Kühlschrank öffnete, um mir Bacon und Butter für mein Frühstück herauszuholen, lagen dort zwei wunderbare Laibe in ihren Kastenformen, bereit für den Backofen. Sie sahen aus, als wären sie von zauberhaften Küchenelfen zubereitet worden. Mein Mann hat die Magie ein klein wenig zerstört, als er mich daran erinnerte, dass ich vor dem Schlafengehen den Teig noch einmal geknetet und selbst in die Backformen gelegt hatte.

Ich muss wohl ein Glas Wein zu viel getrunken haben, schließlich lautete mein ursprünglicher Plan, ein Brot zu backen und aus dem restlichen Teig Pizza und ein Blech mit fatayer herzustellen, dreieckige arabische Teigtaschen mit Lamm, Spinat oder Käse, die samosas ähneln. So ein einfacher Brotteig ist erstaunlich vielseitig. Man könnte etwa Kringel daraus formen, sie gehen lassen, in Wasser kochen und Bagels backen. Kneten Sie einfach etwas mehr Öl hinein und machen Sie Focaccia: den Teig zu einem Rechteck ausrollen, gehen lassen, nach Art eines Chesterfield-Sofas mit Vertiefungen versehen, Lieblingszutaten draufgeben und backen. Brotstangen (Grissini), Brotsuppe und sogar Pasteten können alle aus ein und demselben Teig hergestellt werden. Haben Sie genügend Platz zur Verfügung, lohnt es sich eigentlich immer, gleich größere Mengen herzustellen. Fangen Sie mit einem Kilo Mehl an und arbeiten Sie sich langsam hoch.

Sollten Sie noch nie Ihre eigenen Croissants gebacken haben, nehmen Sie etwas von dem übrig gebliebenen Teig und tourieren Sie ihn. Tourieren nennt man den Vorgang, bei dem man aus einem einfachen Teig mehrere Schichten Blätterteig herstellt. Dazu muss man einfach ein Rechteck kalte Butter über dem Teig auslegen und das Ganze mehrmals ausrollen und falten. Nach dem Tourieren wird der Teig ein weiteres Mal ausgerollt und entweder in Dreiecke geschnitten, die zu klassischen mondförmigen Croissants aufgerollt werden, oder in Quadrate, die zu pains au chocolat gefaltet werden; für pains aux raisins (Rosinenschnecken) wird der Teig schneckenförmig gerollt.

Bevor wir uns auf diesem Kontinuum weiter fortbewegen, sei bemerkt, dass es zwei alternative Wege zum Hefebrot gibt. Zunächst die indirekte Teigführung. Hierfür stellt man einen dünnen Teig aus der Hefe, warmem Wasser und etwas Mehl her, den man möglichst über Nacht stehen lässt, bis er zu einer schmackhaften, blasigen Masse geworden ist. Erst jetzt fügt man die restlichen Zutaten bei, lässt den Teig wie gewöhnlich gehen und bäckt ihn. Eine ausführliche Beschreibung der indirekten Teigführung finden Sie hier. Spielt Zeit keine Rolle, ist dies sicherlich die beste Methode, da die langsamere Gärung eine größere Geschmackstiefe garantiert.

Wenn Zeit wirklich keine Rolle spielt – falls Sie auch Tage warten können, bis Ihre natürliche Hefe endlich so weit ist –, sollten Sie darüber nachdenken, Ihren eigenen Starter oder Ihre eigene »Mutter« für Sauerteigbrot herzustellen. Sauerteigstarter entstehen, wenn man Mehl und Wasser vermischt. »Füttert« man die Mischung regelmäßig mit frischem Mehl und Wasser, erzeugt man mit etwas Glück einen natürlich gegorenen, hoch aromatischen Teig, der stark genug ist, um einen Laib Brot aufzurichten. Brot auf diese Weise zu backen, ist ein Abenteuer, doch macht es Spaß, und sobald Sie erst einmal das Brotbackfieber erfasst hat, ist es nahezu unvermeidlich, dass Sie in Versuchung geraten, Sauerteig herzustellen. Ich habe über die Jahre unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Mehr als einmal war meine »Mutter« zu schwach, um den Teig aufgehen zu lassen; und selbst wenn es klappt, kommt es vor, dass mir das Brot zu sauer ist, als hätte ich es mit zu viel Vitamin-C-Pulver verdorben. Der Surfer-Bäcker Chad Robertson breitet in Tartine Bread (deutscher Titel: »Das Brot«) auf 26 Seiten seine Technik für Sauerteigbrote aus, die zugleich hochgradig aromatisch und nicht allzu sauer sind. Und so sollte es meiner Meinung nach auch sein. Oft ist der Sauerteig, dem man beim Hipster-Bäcker begegnet, unangenehm sauer, wie dieser bedauernswerte Freund, der glaubt, es sei besonders witzig, alles negativ zu sehen.

Milch-BRÖTCHEN

Eine minimale Veränderung, und schon bewegen wir uns vom Hefebrot zum Milchbrötchen – Rosinen-, Hotdog- und Burgerbrötchen. Für diese weichen, fluffigen Brötchen braucht es einen leicht verfeinerten Teig, bei dem man das gesamte Wasser durch Milch ersetzt und ein Ei, etwas Butter sowie Zucker beigibt. Wollen Sie Teegebäck backen, rühren Sie einfach eine Handvoll getrocknete Früchte und Mischgewürz in den Teig. Zu den wenig überraschenden Folgen der erhöhten Flüssigkeitszufuhr (durch das Ei) gehört, dass der Teig recht klebrig geraten kann. Es wäre von Vorteil, wenn Ihr Mixer mit Knethaken ausgestattet wäre oder Sie, falls Sie den Teig mit den Händen kneten, über Plastikhandschuhe verfügen.

BRIOCHE

In The Art of French Baking stellt Ginette Mathiot das Rezept »Arme-Leute-Brioche« vor, das sich bei näherer Betrachtung nur wenig von unserem Grundrezept für Brötchen unterscheidet. Der echte Brioche-Teig ist nichts anderes als unser Milchbrötchenteig mit vielen Eiern und noch mehr Butter. Wie Sie sich vorstellen können, machen die Mengen an Eiern und Butter die üblichen Bindemittel, also Milch und Wasser, nahezu überflüssig. Dennoch gehen die Mengenverhältnisse mit dem Grundrezept für Hefebrote konform. Unsere Brioche hat 5 Eier. Ein großes Ei entspricht einer Menge von 50 ml, 5 Eier ergeben somit 250 ml. Nimmt man noch die 50 ml Wasser oder Milch hinzu, mit denen die Hefe aktiviert wird, sind wir wieder bei den üblichen 300 ml Flüssigkeit auf 500 g Mehl. Das Ergebnis ist ein knetbarer Teig. Allerdings muss man jetzt noch die Butter einarbeiten. Die Standardmenge entspricht wie bei Mürbeteig dem halben Gewicht des Mehls. (Ihr Teig kann tatsächlich anderweitig weiterverarbeitet werden – rollen Sie ihn zu einem Tarteboden aus oder wickeln Sie ihn um ein Würstchen für saucisson brioche.) Für Teig mit 500 g Mehl benötigen Sie also ein gesamtes Paket Butter zu 250 g. Deshalb empfehlen die meisten Rezepte, Brioches mit einem Standmixer herzustellen oder, falls Sie keinen zur Hand haben, mit einem Mixer mit Knethaken oder einer Küchenmaschine. Fehlt auch dies, bleibt Ihnen wohl nichts anderes übrig, als zum Marlon Brando Ihres Maria-Schneider-Teigs zu mutieren. Krempeln Sie die Ärmel hoch, legen Sie stimmungsvolle Musik auf und beginnen Sie zu arbeiten, so lange, bis die Butter komplett mit dem Teig verschmolzen ist. Wenn Ihnen dieses Gefühl unangenehm ist, können Sie sich damit trösten, dass Ihre Hände mehrere Tage babyweich sein werden.

Wie jeder Feinbäcker weiß, verhindert Butter, dass sich die Glutenproteine im Mehl zu Strängen verknüpfen, was erwünscht ist, wenn man Mürbeteig herstellt, beim Brotbacken aber alles andere als gern gesehen wird. Zudem ist Butter kein Freund von Hefe, genauso wenig wie Eier. Deshalb ist die Herstellung von Brioches die schwierigste im Brotkontinuum. Oft geht der Teig nicht so richtig auf, zumindest nicht so, wie man sich das erwartet hatte (wenngleich sich durch die vielen Eier die Treibeigenschaften des Teigs durchaus verbessern). Das Wichtigste ist Geduld. Brioches zu backen, kann leicht dreimal so lange dauern wie ursprünglich angenommen.

Der hohe Anteil an Eiklar in Brioches birgt zudem die Gefahr, dass sie während des Backvorgangs austrocknen. Einige Briochiers vermeiden dies, indem sie ein oder zwei Eiklar durch Eigelb ersetzen. Doch auch so sollte angemerkt werden, dass hausgemachte Brioches nicht so lange halten wie die im Supermarkt gekauften. Alle Brioches, die nicht innerhalb von 48 Stunden verzehrt werden, sollten eingefroren werden. Sie können die Reste aber auch als pain perdu (Armer Ritter) oder in Brot- und Butterpudding verwenden. Oder Sie schneiden sie in Scheiben, toasten und tränken sie in Sirup und servieren sie mit Sahne. Verwenden Sie Rumsirup, kommen Sie einer abgeschwächten Version des baba au rhum schon recht nahe.

BABAS & SAVARINS

Babas und Savarins sind der nächste Halt auf dem Kontinuum. Wenn Sie diese einmal probieren, bevor Sie sie mit Sirup übergießen, merken Sie schnell, dass das Teilchen doch recht trocken geraten ist. Doch besteht ihre Bestimmung nun einmal darin, in Rum eingelegt zu werden. Im Grunde genommen sind sie nichts anderes als ein mit Pudding gefüllter Digestiv. Nach Elena Molokhovets ließ man Babas traditionell dreimal gehen, die meisten modernen Rezepte begnügen sich jedoch mit zwei-, einige, wie auch dieses Buch, mit einmal. Es gibt sogar Varianten, die auf Hefe zugunsten von Backpulver verzichten, etwa den Baba in The Art of French Baking. Die Zusammensetzung unseres Grundrezepts verortet es eher am feuchten Ende des Spektrums – statt den Großteil des Wassers oder der Milch durch Eier zu ersetzen, gebe ich sie zusätzlich bei: 150 ml Milch und 3 Eier bei 250 g Mehl. Das Ergebnis ähnelt eher einem dickeren Pfannkuchenteig als einem festen Brotteig.

Der Küchenhistoriker Richard Foss gibt an, dass die Franzosen ihre Babas bis 1835 in Brandy getaucht hätten, als eine Pariser Patisserie Rum die Treue schwor und diese Idee die Aufmerksamkeit von Küchenchefs erregte. Es war aber vor allem die 1844 erfundene Ringform, die dem baba au rhum zu europaweitem Ruhm verhalf. Alain Ducasse serviert seinen Baba in der alternativen klassischen Form, die einem gedrungenen Steinpilz mit kleiner Kappe gleicht und in einem glänzenden Silbergeschirr präsentiert wird. Der Kellner schneidet sie am Tisch von Kappe bis Fuß auf und bietet eine Auswahl von sechs erstklassigen Rumsorten, inklusive Verkostungsnotizen für alle, bevor er sie mit Schlagsahne krönt.

Im Unterschied zum feinen Rum, den Ducasse verwendet, schreiben die meisten Rezepte einen mit (günstigerem) Zuckersirup gestreckten Rum vor. Elena Molokhovets spricht von einer »süßen, aber wässrigen« Mischung. Ich bin darauf allerdings nicht wirklich erpicht. Der klassische Rum-Baba kommt dem sprichwörtlich im Regen stehenden Kuchen doch zu nahe. Ich bevorzuge die dichtere Süße von gulab jamun