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Der ehemalige Polizeiermittler Ion Kaiser wird mit einem Fall aus seiner Vergangenheit konfrontiert. Zahlungen auf sein Konto deuten auf seine Mitwisserschaft in kriminellen Sachen hin. Nun muss Ion Kaiser doch noch einmal ermitteln, in seinem eigenen Fall und Umständen, die ihn an der Menschheit zweifeln lassen.
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Seitenzahl: 290
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Für Rainer, Mandy und Jo im ewigen Gedenken.
Matthias Liebkopf
Ion Kaiser und der Bathorykult
© 2023 Matthias Liebkopf
Umschlag, Illustration: Matthias Liebkopf
Lektorat, Korrektorat: Michaela Szemendera
Verlag & Druck: tredition GmbH,
Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Softcover
978-3-347-82646-5
e-Book
978-3-347-82649-6
Cover
Widmung
Titelblatt
Urheberrechte
Kapitel 1
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Widmung
Titelblatt
Urheberrechte
Kapitel 1
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Schön war das Leben! Einerseits mit meiner jungen, hübschen Verlobten, andererseits bei meinem so gar nicht aufregenden Job beim Ordnungsamt in Dresden.
Der Winter schien vorbei, im großzügigen Garten meiner verstorbenen Tante Renate in Loschwitz kämpften sich erste Frühblüher durch das liegengebliebene Laub des vergangenen Jahres hindurch.
Mein Elan für Gartenarbeit kam im Herbst bei der Größe des Grundstücks bald zum Erliegen.
Mein Kind war mir auch keine Hilfe. Uncool das Gartenzeugs! Meine Mutter schaffte es laut ihrer Aussage gesundheitlich nicht mehr, im Garten zu helfen, obwohl sie mit den Nachbarrentnern die Elbufer kilometerweit auf und ab wanderte.
Tja und da war mein Schatz Sonja, die mir einfach sagte: „Bärchen, in dem Dreck kannst Du alleine wühlen!“
Danke an euch, eine nette Familie hab ich da. Immer hilfsbereit und arbeitswütig.
Ah, ich vergaß mich vorzustellen.
Ion Kaiser ist mein Name. Früher war ich mal Kriminalbeamter und für Auslandseinsätze als Zielfahnder eingesetzt. Nach sehr merkwürdigen und aufreibenden Fällen in meiner Karriere wurde ich nach meinem letzten Fall, in dem meine damalige Frau Hannah den Tod fand, aus dem aktiven Dienst entfernt. Ich wurde als Kriminalbeamter untragbar für die Behörden. Tja, zu tief in der Geschichte gewühlt und zu viel ans Tageslicht geholt.
Nein, Dank erntet man dafür nicht! Beschweren möchte ich mich trotzdem nicht. Der Job beim Ordnungsamt als Fuhrparkleiter war ruhig, sehr ruhig.
Er war Scheiße!
Meine hübsche Partnerin hatte ihren Job in Bulgarien beim Innenministerium an den Nagel gehängt. Gott sei Dank! War zu mir nach Loschwitz gezogen und hatte ihren Dienst beim sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz angetreten. Da hatte der Herr Papa als bulgarischer General bestimmt für gesorgt. Sie meinte, es war nur ihre Qualifizierung. Wie auch immer, sie war bei mir und wir waren glücklich. Ich war auf jeden Fall glücklich, nach Hannahs Tod endlich zur Ruhe gekommen zu sein.
Der nahe Frühling ließ mich den Weg zur Arbeit mit meinem graublauen Dienstwagen nicht mehr als Ärgernis empfinden. Die Sonne lachte jetzt schon öfter auf meinem Weg ins Büro. Ich hasse es, bei Dunkelheit hin und wieder zurück vom Job zu fahren.
Dienstantritt an einem der ersten Märztage wie immer. Büro aufschließen, Kaffee machen, Kollegen begrüßen und dann in der Teambesprechung die Besonderheiten des Tages analysieren. Besonderheiten gab es nicht, es sei denn, ein Staatsgast kam nach Dresden und die Parkverbotsschilder müssen in Massen verteilt werden. Also ich muss dann mehr Fahrzeuge auf Dresdens Straßen schicken.
Spannend, oder? Ich will nicht meckern. In meinem Alter ist so ein Sesselpupserjob wahrscheinlich genau richtig.
Dieser Tag schien anders ablaufen zu wollen.
Mein Kaffee war noch nicht einmal durch die Kaffeemaschine gelaufen, als mein Telefon schon auf dem Schreibtisch klingelte und mir der Einlass von unten an der Schranke mitteilte, es seien zwei Herrschaften auf dem Weg zu mir. Hm, zu früh für irgendwelche Besucher mit Beschwerden über Ordnungsamtsfahrzeuge, die parkten, wo sie wollten. Neugierig war ich nicht. Das Klopfen an der Tür klang energisch und es wurde unhöflicher Weise nicht gewartet bis ich >Hinein bitte< sagen konnte.
Zwei Männer in normaler Beamtenkluft aus einem Ministerium schienen in mein Büro drängen zu wollen.
„Herr Kaiser? Ion Kaiser?“
Die Stimme klang schroff und etwas gehetzt. Ich nickte, wer sonst sollte in dem Büro mit meinem Namensschild wohl sitzen. Meine rechte Hand deutete auf zwei Stühle vor meinem Schreibtisch. Etwas umständlich wurde wohl überlegt, wer von Beiden wo sitzt.
„Was kann ich für Sie tun, meine Herren?“
Die Blicke der Beiden wanderten durch den Raum.
„Entschuldigung Herr Kaiser, Bundeskriminalamt Wiesbaden. Wir hätten da mal ein paar Fragen.“
War mir klar, die sahen schon so aus, wie Beamte mit wenig Durchblick, aber mit Wissensdurst.
„Fragen Sie doch einfach, keine Ahnung ob ich Ihnen helfen kann.“
Ein schweres Atmen war kurz zu hören. Na das kann ja heiter werden. Die Sorte Ermittler kenne ich gut. Typisch trockene Bürohengste ohne den Spürsinn für Feinheiten und ausgeklügelte Ermittlungstechniken.
„Herr Kaiser, glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?“
Diesmal hüstelte ich etwas. Mit so einer Frage habe ich nun so gar nicht gerechnet.
„Natürlich glaube ich an so etwas, sogar noch an vieles mehr. Falls Sie meine abgeschlossenen Fälle kennen, sollte Ihnen so etwas bewusst sein. Was wollen Sie denn nun?“
Eine Akte landete unsanft auf meinem Schreibtisch und schlitterte mir entgegen, mit dem Vermerk auf dem Pappdeckel: >Nur für BKA intern<
Ich griff trotzdem zu und schlug den Deckel auf. Gleich auf der ersten Seite ließen mir zwei Fotos das Blut in den Adern gefrieren.
Eine verstümmelte Leiche mit reichlich Blut drum herum. Ein Gesicht war nicht mehr zu erkennen. Auch Bauch und Brustkorb schienen von etwas Großkalibrigen durchlöchert worden zu seinen. Einfach nur ein ekelhafter Anblick.
Foto zwei war schon etwas für ganz harte Nerven. Ein scheinbar zerrissener Körper. Verwesungsspuren deuteten auf, ich würde sagen, eine Woche alten Leichnam hin, der ungekühlt irgendwo herum lag. Knochensplitter ragten aus den Extremitäten.
Es gab nur noch eine zweite Seite in der Akte:
Fundort Leiche 1, Uganda-Kampala.
Fundort Leiche 2, Rumänien-Brasov
Das war alles? Was sollte das?
„Äh, ich möchte mal so sagen. Was ich mit absoluter Sicherheit sagen kann, beide Individuen sind tot!“
Das Schnaufen eines der Herren wurde lauter.
„Herr Kaiser, ich war dagegen, Sie mit einzubeziehen, aber es geht nun mal nicht anders. In unseren Akten tauchen Sie als leitender Ermittler zweier Fälle auf, die schon längst abgeschlossen schienen. Wie wir nun feststellen mussten, ist es leider nicht so. Was können Sie uns über einen Waffenhändler Manfred Zeuter aus Kampala in Uganda sagen? Und etwas über den Fall der verschwundenen Touristen in Rumänien, den Sie mit Ihrer damaligen Partnerin untersuchten?“
Ich musste kurz schlucken. Was sollten diese Fragen?
Der Waffenhändler wurde damals nicht überführt, da er das halbe Land Uganda mit Schmiergeld versorgte. Wir schafften es gerade noch lebendig über die Grenze nach Tansania. Entwischt war er halt. So etwas passiert, wenn man zu wenig Rückendeckung der eigenen Behörde hatte.
Tja und die verschwundenen Touristen in Rumänien war ein merkwürdiger, wenn nicht sogar übernatürlicher Fall. Für uns Deutsche kaum zu erklären oder zu fassen, für einen Rumänen in Siebenbürgen in den Karpaten spirituelle Normalität.
Mehr konnte ich nicht erzählen. Die Berichte dazu waren im Archiv. Konnten also von jeder deutschen Behörde eingesehen werden. Was waren die Beweggründe der Männer vor mir? Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren, wie seit langem nicht mehr.
„Gut Herr Kaiser. Wir möchten Sie bitten, unser Gespräch vertraulich zu behandeln. Es bleibt bitte hier im Raum, wenn Sie verstehen!“
Ich nickte mal wieder, meine Anspannung stieg etwas. Die hatten doch wirklich meine Neugier zu meinen alten Fällen in mir geweckt.
Ich bot Kaffee an, es redete sich so einfacher oder entspannter meiner Meinung nach. Einer der Herren fing an zu erzählen.
„Also ich fange mal so an. Der behördenbekannte deutsche Waffenhändler Manfred Zeuter steht schon seit vielen Jahren im Verdacht, den ganzen afrikanischen Kontinent mit illegalen Waffenlieferungen zu versorgen. Soweit so gut. Weder wir, noch andere ausländische Behörden hatten die Chance, diesen Mann zu fassen. Sie, Herr Kaiser, waren ihm am nächsten gekommen und es fehlte damals nur ein kleines Quäntchen Glück oder Taktik zur Festnahme in Kampala. Oder hatten Sie gar nicht vor, ihn zu verhaften?“
Da blieb mir glatt der Mund offenstehen, was sollten diese Anschuldigungen? Zu meiner Verteidigung kam ich gar nicht mehr. Der Typ redete einfach weiter.
„Dieser Herr Zeuter konnte also untertauchen. Jahrelang war er wie vom Erdboden verschluckt. Selbst die Amerikaner hielten ihn für tot. Bis vor sieben Tagen, da tauchte diese Herr Zeuter wieder auf. Unter falschem Namen versteht sich, die Gesichtserkennung am Flughafen Kairo hatte ihn aber erkannt. Flugziel war Kampala in Uganda, Abreiseort Bukarest mit Zwischenlandung in Kairo. In Kampala traf er auch ein, wurde dort von belgischen Kollegen observiert, bis er in einer recht wohlhabenden Gegend Kampalas auf ein Grundstück mit bewachter Villa fuhr, mit einer Tasche. Die Belgier nahmen auf dem Anwesen etwas 30 Minuten später zwei Gewehrschüsse wahr und verschafften sich mit der angeforderten Polizei Zugang zum Grundstück.
Unser Waffenhändler Herr Zeuter hatte sich mit einer Schrotflinte den Kopf halb weggeschossen. Ein zweiter Schuss traf ihn im Bereich des Bauches. Davon gibt es einen Videomitschnitt. Sie verstehen? Zwei Schüsse! Einen hat er selbst ausgeführt. Den zweiten Jemand anderes.“
Was hatte das mit mir zu tun? Ich saß ja hier beim Ordnungsamt herum und langweilte mich gewaltig. Mir kann man es nicht in die Schuhe schieben.
Ich war mir nicht sicher, was die von mir wollten.
Ein toter Waffenhändler ist gut, ein Verkäufer von Mordwerkzeug weniger auf diese Welt.
Es ging weiter mit seinem Vortrag.
„Dann wären wir bei Leiche Nummer zwei. Mehr ein unappetitlicher Torso eines Menschen. Eines Menschen, den Sie damals bei Ihrem Fall in Rumänien gefunden hatten. Erinnern Sie sich? Der Leichentorso wurde von einem Leichenwagen Richtung Bukarest verbracht, verunfallte dann im Faragas Gebirge und stürzte in ein Flüsschen. Der Sarg mit dem Torso galt als verschwunden. Tauchte auch nicht mehr an den Ufern des Flüsschens auf. Bis vor ein paar Tagen. Da lag er einfach in einem Ort im Gebirge vor einer Kirchentür herum. Erst ein DNA–Abgleich verschaffte den Behörden vor Ort die Gewissheit. Es waren die Reste der Leiche von einem verschwunden geglaubten Deutschen, den Sie damals so entstellt irgendwo im Gebirge gefunden hatten. Das war aber Jahre her! Der Restleichnam schien aber nicht jahrelang rumgelegen zu haben. Es war nur die normale Verwesung nach etwa einer Woche vom gerichtsmedizinischen Institut in Bukarest festgestellt worden.
Nun kommt aber die eigentliche Misere. Der nette Waffenhändler war ja zuvor in Bukarest. Hatte dort einen Mietwagen geordert und fuhr laut Kameraauswertungen mit zwei Taschen in einen kleinen Ort mitten im Nichts. Mitten im Faragas Gebirge in den Ort Boisoara.
Ah, ich sehe, Sie kennen den Ort! Da haben Sie doch ein Ferienobjekt!“
Na ein Ferienobjekt will ich es mal nicht nennen. Die alte, aber renovierte Hütte meiner Oma. Soweit stimmt es. Mir wurde soeben schmerzlich bewusst, es wird hier gerade eine Geschichte konstruiert, die mich diskreditieren will. Warum denn so etwas?
Ist schon merkwürdig, was der Waffenhändler in dem kleinen Ort in Rumänien machte oder legte er ein Falle aus, in die ich ungeahnt schon getappt bin?
Dieses Jahr wollte ich mit Kind und Sonja da nach Boisoara mal hin und etwas ausspannen.
Mir wurde eine Kopie zugeschoben. Eine Kopie meines Girokontos bei der Sparkasse Dresden. Ganz normale Bankvorgänge bis ich eine Überweisung an mich vor vier Tagen erblickte.
ATB Bank Tunis 250.000,- Euro im Haben!
Das ist ja nett gemeint, gerade nach so einer kostspieligen Renovierung meiner Villa in Loschwitz.
Da zieht wohl Jemand soeben die Schlinge um meinen Hals zu und versucht mich, in eine Geschichte mit reinzuziehen. Schmiergeld habe ich noch nie angenommen, auch wenn in diesem Beruf häufiger die Möglichkeit dazu bestand.
Mein Kopf zerbarst fast, wer wollte mir denn damit schaden? Ich bin raus aus Allem oder doch nicht?
Hatte mein letzter Fall doch mit Geheimdiensten und religiösen Gemeinschaften zu tun. Denen wäre es ein Leichtes, mich im Nachhinein fertig zu machen.
Also ging ich in die Defensive.
„Was wollen Sie von mir? Sieht doch so aus, als legte einer falsche Spuren. Der Waffenhändler war doch schon tot, die Überweisung kam danach. Also was soll’s? Der kann es nicht gewesen sein. Was der Torso vor der Kirchentür damit zu tun hat, ist mir ein Rätsel! Krumme Geschichte allemal, aber ich bin raus aus der Sache! Merkwürdig allemal, wer so lange nach meinem damaligen Fall in Rumänien eine Leiche aufhebt und so lange kühl lagert.“
Die Herren waren von meinen Ausführungen nicht sehr angetan und packten die Akte wieder ein.
„Morgen um 10:00 Uhr würden wir Sie gerne in der Kriminalpolizeiinspektion Dresden Raum 106 sehen, Herr Kaiser.“
Na klar, was sonst noch? Jetzt werden einem schon die alten Fälle von damals gefährlich. Mir reicht es für heute. Mit der Ausrede, ich habe Außeneinsatz, verabschiedete ich mich und fuhr zu Sonja auf die Arbeit.
Ein unruhiger Raum mit viel Stimmengewirr junger Menschen. Das durchschnittliche Alter der Beamten hier schätzte ich auf Mitte Dreißig. Toll, hoffentlich kann Sonja den ganzen Testosteronkollegen widerstehen.
Sie freute sich, mich zu sehen und gab mir vor versammelter Mannschaft einen dicken Kuss auf den Mund. Ja, seht nur neidisch rüber, ihr aalglatten Yuppietypen, dieses Prachtmädel steht auf Kuschelbär mit Waschmaschinenbauch!
„Ich habe Ärger Sonja, da rollt was auf mich zu, was ich so nicht einordnen kann!“
Sie zog mich in einen ruhigen Nachbarraum und ließ sich die ganze Geschichte erklären, soweit ich es überhaupt konnte. Immer wieder schüttelte sie ihren Kopf und nahm mich danach in den Arm.
„Wir bekommen das zusammen geregelt. Ich lasse nicht zu, dass Dir einer was tut.“
Sie grinste natürlich dabei.
Damit ging es zurück ins rege Treiben des Büros des sächsischen Verfassungsschutzes. Sonja winkte einem jungen Mann zu.
„Tobias, komm doch bitte mal zu uns!“
Da kam der Tobias, groß, breit und grinsend.
„Na, was kann ich tun für Euch Hübschen? Das ist Dein Mann Sonja? Ich bin Tobi, der Außendienstler der Abteilung.“
Was meint der mit: >Das ist Dein Mann Sonja?<
Was denn sonst? Bin halt wie ein guter Wein, der wird im Alter besser!
Sonja besprach mit Tobi etwas und der klimperte auf der Tastatur seines Computers herum.
„Eh, Alter! Du warst ja mal ne große Nummer! Cool, geile Fälle! Das hätte ich echt nicht gedacht von Dir, Bro.“
Wie, was?
Ich bin echt schon zu lange raus aus dem aktiven Dienst. Holt mir einen Rollator und dann ab auf die Rentnerbank.
Wenigstens meine Partnerin verstand etwas und lachte mich an. Sie schubste Tobi vom Bürostuhl und durchsuchte den Dienstcomputer nach etwas. Immer wieder spuckte der Drucker neben ihr, neue Seiten aus. Tobi sah verwundert auf den Bildschirm.
„Eh, hackst Du Dich ins BKA? Krass! Woher kannst Du so was denn? Ist doch bestimmt nicht legal? Kriege ich Ärger? Ich weiß von Nichts! Bin dann mal weg!“ Damit verschwand der Muskelprotz.
Wir schnappten uns die Ausdrucke und machten uns auf den frühen Heimweg nach Loschwitz. Muttern war etwas verwirrt, uns um diese Zeit schon zu sehen. Hatte aber sowieso keine Zeit. Das Kieser-Training war wichtiger.
Bis mein Kind aus der Schule kam war noch etwas Zeit.
Sonja schaltete unseren Computer an und checkte meinen Kontostand. Hatte sich noch nicht viel geändert. Ein hohes Plus dank großzügiger Überweisung aus Tunis.
„Geil, lass uns zu Porsche fahren und endlich den 911er holen!“
Diesen strafenden Blick haben nur Frauen drauf, wenn ein Mann mal etwas Falsches sagt!
Die ausgedruckten Seiten hatten sämtliche Ermittlungsdetails über den Waffenhändler aus Uganda drauf.
Er kam ursprünglich mal aus einem kleinen Nachbarort neben Berlin Köpenick, ich wusste es natürlich.
Wir lebten damals in ein und derselben Straße. Dann kam nach der Wende der Wechsel ins kriminelle Milieu. Drogen, kleinere Gaunereien und dann der Abschied aus Deutschland. Über Umwege ging es über Bulgarien bis nach Uganda. Dort war Bürgerkrieg und Waffen waren Mangelware. Über Mittelsmänner in Osteuropa verschaffte er dem herrschenden Regime den Sieg gegen die Aufständischen mit heimlich eingeführten Waffen aller Art. Das Regime schützte ihn dafür.
Bis es dann Interpol, der übergeordneten Polizeibehörde auch zu viel wurde und er auf eine Liste der internationalen Schwerverbrecher in Verbindung mit Kriegsgreultaten gebracht wurde.
Damit war die Jagd auf ihn eröffnet. Mehrere Länder, unter anderem Deutschland, versuchten ihm habhaft zu werden. Misserfolge auf der ganzen Linie. Wie dann auch bei mir damals. Abgeschlossen wurde mein Fall von mir nicht. Offene Bearbeitung! Stand noch auf dem Blatt.
Der Waffenhändler tauchte immer mal wieder weltweit kurz auf, immer unter falschem Namen. Mal in Dubai, Südafrika und in der Ukraine.
Polizeibehörden vor Ort waren meist nicht schnell genug für eine Festnahme oder so gut mit Schmiergeld versehen worden, dass sie wegschauten.
Auf einer der letzten Seiten auf unseren ausgedruckten Blättern war eine Art Code zu sehen. Gut, es war ein Videolink, was immer das sein soll.
Meine beste Hälfte wusste es mal wieder besser.
Auf dem Monitor des Computers hatte sich ein etwa einminütiger Film angekündigt. Sonja war nicht sicher, ob sie ihn öffnen sollte oder ob uns damit jemand auf die Schliche kommen könnte. Egal, sie drückte schon die Enter-Taste.
Wir starrten etwas gebannt auf den Bildschirm. Eine Art Überwachungskamera zeigte einen Innenhof eines Hauses mit viel Bananen und Palmenbewuchs. Ein Mann in Turnschuhen, kurzen Hosen, T-Shirt und Glatze trat ins Bild. Er nahm von einem Schrank eine kurze Schrotflinte, lud diese durch und hielt sie sich, ohne nur in den Bewegungen langsamer zu werden, unter sein Kinn. Mit der linken Hand suchte er den Auslöser und drückte ab. Ihm zerfetzte es sofort seinen Kopf. Blut und Gewebe spritzen auch auf die Kamera. Sein Körper lag gut sichtbar im Fokus der Kamera. Leichte Bewegungen waren an den Armen und Beinen noch zu erkennen, als ein Arm einer weiteren Person mit dunkler Hautfarbe sichtbar wurde. Diese Person hob die Schrotflinte auf und schoss dem Waffenhändler noch einmal in den Bauch, der darauf komplett zerbarst. Ein ekelhafter Anblick!
Sonja verzog den Mund.
„Na da wollte aber einer, dass der tot bleibt! Ich denke, der erste Schuss hat völlig gereicht.“
Das sah ich auch so.
Der Leichnam wurde nur einen Tag später eingeäschert und eine Trauerzeremonie im engsten Familienkreis durchgeführt. In den Polizeiakten aus Kampala war als Todesursache Selbstmord angegeben. Sehr merkwürdig bei einem zweiten Schuss! Es schien dort niemanden zu interessieren. Mir war auch gar nicht bewusst, dass er dort Familie hatte.
Die zweite Leiche hatte in den Akten noch weniger zu bieten. Mein damals eingereichter Bericht wurde als nicht akzeptabel deklariert. Davon hatte mir nie jemand in unserer Behörde erzählt. Klar waren die Vorkommnisse in Transsilvanien mehr als unglaubwürdig, aber zwei Beamte hatten sie doch am eigenen Leib erlebt!
Nach derzeitigen Erkenntnissen und nach meinen alten Akten war der damals schon zerstörte Leichnam von der Gerichtsmedizin Bukarest abgeholt worden. Auf spiegelglatter Fahrbahn verunglückte der Leichenwagen und stürzte in einen kleinen Fluss. Beide Mitarbeiter konnten sich retten. Die ansässige Feuerwehr konnte zwar den Wagen bergen, der Zinksarg mit Leiche wurde vermutlich fortgespült.
Drei Wochen später wurde der offene Zinksarg etwa zwölf Kilometer weiter westlich an den Ufern des Mieresch Flusses gefunden. Jetzt wurde mir schlecht. Die Mieresch wurde auch Mures in Rumänien genannt. In Ungarn dann Maros.
Dieser verfluchte, dreckig braune Fluss, vor dem mich meine Oma damals schon gewarnt hatte und in den Hannah im Winter gestoßen wurde. Ich konnte sie dort gerade noch retten.
Da stimmt etwas nicht!
Laut meinen damaligen Akten war der Leichenwagen in einen anderen Fluss gestürzt. Genau deswegen hatte ich mir bei dem Fall in Rumänien auch keine Sorgen gemacht. Die Leiche war nicht in die Mures gestürzt. Wäre es der Fall gewesen, dann wären wir damals schon anders vorgegangen. Der Fluss Mures, Mieresch, Maros ist verflucht! Verflucht ist er seit dem Tag, an dem sich die Frau von Vlad Tepes, dem Walachenfürst Transsilvaniens, in den Tod stürzte und ertrank. Genau, der Vlad Tepes, der Pfähler, auch bekannt als Dracula.
Sonja schaute mich etwas entgeistert an. „Alles klar, Ion? Bleib ruhig, ist doch bloß ein Fluss.“
Sie verstand mich nicht, verstand nicht meine Sichtweise, wie es nur ein Rumäne, in meinem Fall ein Teilrumäne, haben konnte. Die Einheimischen nennen den Fluss das Tor zur Hölle oder Wolfsfluss. Andere sehen in ihm gar das Böse, was sich durch unser Leben schlängelt. Diese Geschichten kommen aus alter Zeit. Aus der Zeit der Osmanischen Belagerung und aus der Zeit des Vlad Tepes. Ja, genau der. Vlad der Pfähler oder wie ihn jedes Kind kennt.
Das süße Lachen meiner lieben Verlobten war recht laut im Raum zu hören. „Huh, Dracula. Na klar, der beißt sich durch! Ion, was hast Du getrunken? Hauch mich mal an!“
Von diesem Fall, in dem ich Hannah kennen und lieben gelernt hatte, wusste Sonja nur wenig. Nie hatte ich ihr davon erzählt. Nur einmal waren wir zusammen mit Hannah in dem kleinen Häuschen meiner Oma. Aber nur kurz. Auch Hannah hatte Sonja gegenüber nie diesen Fall groß erwähnt. Nur soviel, wir lernten uns dabei halt kennen.
Ich ging an meinen Schriebtisch, zog von ganz unten eine Akte hervor und gab sie Sonja. Eine recht gut gefüllte Akte mit Bildern, Aufzeichnungen und Behördenmitschriften. Auf dem Pappdeckel stand in großen Buchstaben
>ANDREASNACHT<
„Lies es Dir in Ruhe durch und dann sage mir, was Du darüber denkst!“
Sie tat es und war damit auf der Wohnzimmercouch eine Weile beschäftigt. Ich kümmerte mich derweil um das Essen, was Mutter vorgekocht hatte, und um mein Kind, was von der Schule kam.
Mit dem Satz von ihm hatte ich aber nicht gerechnet.
„Sag mal Papa, was sind das für Leute in dem Auto vor unserem Grundstück? Die schauen so komisch!“
Mir fiel der Kochtopf aus der Hand.
Ich rannte nach draußen, über den Kiesweg zum Tor und sah noch einen grauen Opel sich recht schnell vom Grundstück entfernen.
Ah, Kennzeichen DD-AE 231.
Mal sehen, was wir darüber rausbe- kommen.
Sonja kam mir nachgelaufen.
„Was ist los? Da stand ein komischer Wagen, habe ich gehört.“
Ich nickte und nahm mein Handy und wählte mein Ordnungsamt an.
„Ion Kaiser hier, sag mal, ich wurde eben beim Außendienst von Bürgern auf ein Fahrzeug hingewiesen. Opel, wahrscheinlich Vectra, Kennzeichen DD-AE 231.
Könnt Ihr mal bitte nachschauen, vielleicht können wir bürgerfreundlich den Falschparker ermitteln.“
Konnten wir, es war leider die Dienststelle von Sonja. Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz! Na toll, wer traut denn da wem nicht über den Weg?
Diese Antwort vom Ordnungsamt erzielte bei Sonja den Erfolg, dass sie mich am Ärmel ins Haus zog und sich wutschnaubend mit mir auf den Weg in ihre Dienststelle machen wollte. Ich hielt dies für keine gute Idee.
Stimmt genau, ich wurde nicht gefragt! Mit dem Satz. „Oma kommt bald nach Hause, dann gibt es etwas zu Essen. Setz Dich solange vor den Fernseher!“
Mir blieb bloß ein schnelles Nicken und schon zog mich mein kleiner wütender Teufel ins Auto. Da war sie wieder, die typisch bulgarische Fahrweise. Vollgas und wenn nötig dritte Spur. Ich zählte zwei Blitzer auf unserem Weg in ihr Büro.
Die Bremsen rochen recht warm als sich unser armes Auto auf dem Parkplatz quer über drei Plätze ausruhen konnte. Türklinken sind zum Schwung holen da, wie ich gleich lernen musste. Der kleine Wirbelwind vor mir war auf Deutsch so richtig angepisst!
Die Tür mit dem kleinen Schild – BEHÖRDENLEITER Herr Hartung – schien an der nächsten Wand gleich mehrfach anzuschlagen und der adrette, ältere Herr im Bürostuhl zuckte zusammen. „Frau Rutowa! Was verschafft mir die Ehre?“
Die Tür versuchte ich etwas leiser zu schließen, auf dem Flur schaute man schon etwas skeptisch auf unseren Auftritt.
Meine Begleitung torpedierte ihren Chef mit Fragen, wie aus einem Maschinengewehr.
Er hob die Hände und beschwichtigte etwas.
„Nehmen Sie doch erstmal Platz, Frau Rutowa, bitte Herr Kaiser:“ Ah, meinen Namen kannte er schon mal.
„Ganz ruhig erstmal, ich kann Ihre Erregung verstehen! Ich wollte mit Ihnen ja noch reden. Aber Ihre Kollegen meinten, Sie wären schon gegangen.
Eigentlich darf ich mit Ihnen darüber gar nicht sprechen. Unsere Behörde wurde um Amtshilfe gebeten. Es geht um Waffenschiebereien und Morde.
Eigentlich nichts für unser Büro. Leider geht es um Ihren Lebenspartner Frau Rutowa. „
Dabei sah er mich etwas missmutig an.
„Er soll in, wie kann ich es ausdrücken, er soll in internationale Kriminalität verwickelt sein. Da Sie unter einer Adresse gemeldet sind, müssen wir zwangsläufig auch gegen Sie, Frau Rutowa, ermitteln. Das verstehen Sie doch?“
Verstand sie nicht. Eine Tirade von Schimpfworten kam in Deutsch und Bulgarisch auf den armen Chef zugeflogen. Ich genoss den Augenblick. Im letzten Satz kam ein, „Fick Dich Alter! Ich nehme Urlaub“ vor.
Die Türklinke hatte es nun auch hinter sich und ich legte sie vorsichtig draußen im Flur auf einen Tisch.
Beim Verlassen des Büros würdigte sie ihren Kollegen keines Blickes. Ich fuhr jetzt mal lieber nach Hause, bevor noch ein paar Sachsen unter die Räder kommen.
Sonja war sauer, verständlich! Aber auch schon wieder am Grübeln, wie wir aus dieser Misere herauskommen.
„Du wirst beim Ordnungsamt erstmal Urlaub nehmen. Dann sehen wir weiter. Deine Mutter ist ja da. Kann sich um Haus und Dein Kind kümmern. Wir sollten dann überlegen, wo wir am besten Informationen herbekommen.“
Das war mein Mädel, wieder voll in ihrem Metier. Voll im Angriffsmodus! So mag ich das!
Sie hatte auch sofort eine Idee, wie es weiter geht.
„Also Uganda halte ich für ein uninteressantes Gebiet. Der Typ ist tot und verbrannt. Vielleicht kann man den zweiten Schützen irgendwie ermitteln. Halte ich aber erstmal für ausgeschlossen! Also werden wir mal nach Rumänien fahren. Ein Hauptquartier haben wir ja. Etwas Essen mitnehmen und fertig. Du wolltest doch sowieso mal wieder da hin. Dann schauen wir mal, wer da anderen Leuten stinkige Leichen vor die Tür legt.“
Die Idee war gut. Auf meinem Handy hatte sich auch schon das Ordnungsamt per Mail gemeldet. Kurz und knapp:
Sehr geehrter Herr Kaiser, wir beurlauben Sie bis zur endgültigen Klärung eines Sachverhaltes.
Na toll! Ich war mal wieder am Arsch! Wie meistens hatten sich alle gegen mich verschworen.
Es muss ja aber weiter gehen und wie ich meine Sonja kenne, wird sie mich schon bald so lange durch die Weltgeschichte schleppen, bis das Missverständnis aufgeklärt ist.
Ich hoffe bloß, es ist ein Missverständnis!
Ich möchte gern die großzügige Summe Geld auf meinem Konto behalten, jedoch wenn man mit Waffenhändlern in Verbindung gebracht wird, könnte es behördlich doch unangenehm werden.
Wir planten die Fahrt nach Rumänien recht kurzfristig, überließen meiner Mutter mein Kind und die Villa und machten uns auf die Fahrt Richtung Süden.
Winterreifen auf dem Wagen machten sich ab Ungarn bezahlt. Hier hatte der Winter noch seinen kalten Arm nach der Landschaft ausgestreckt.
Nach der Grenzüberfahrt Richtung Arad in Rumänien kam mir der Andreasnacht-Fall wieder in den Sinn. Auch im Winter, auch mit viel Schnee und Eis verbunden. Wie ich aber die Landschaft hier kannte, änderte sich kurz vor dem Faragas-Gebirge das Wetter wieder etwas. Erste grüne Wiesen kamen in Sicht, schneebedeckte Berge sah man nur in der Ferne. Erste warme Luftströmungen aus dem Süden waren die hier lang ersehnten, seltenen Frühlingsboten. Doch der Winter konnte bis in den Mai immer wieder zurückschlagen.
Ein heimisches Gefühl stellte sich langsam bei mir ein. Mein Schatz schlummerte auf dem Beifahrersitz und es wurde Zeit, sie sanft zu wecken. Sanft war dann doch gerade nicht machbar.
Eine Vollbremsung war notwendig. Die nicht mehr vorhandene Straße nach Boisoara zwang mich zum abrupten Handeln. Vom Beifahrersitz kam nur ein Husten.
„Sorry, früher war hier noch eine Straße! Was machen die denn hier? Wenigstens ein Schild hätte man aufstellen können!“
Hatte man auch, es lag neben der wohl schon älteren Straßenbaustelle in das Dorf meiner Oma.
Ein Weg durch den Wald schien die momentane Ausweichstrecke zu sein.
Im Gebirge wird es sehr schnell dunkel, wir sollten uns beeilen, durch den Wald zu kommen. Mir war auch wieder bewusst geworden, wie mir als Kind auch nie so richtig wohl im Dunklen des Waldes war.
Der Waldweg wurde schon ein wenig benutzt. Ausgefahren und nichts für einen normalen Mittelklassewagen aus Deutschland. Mit merkwürdigen Geräuschen vom Unterboden fanden wir zurück auf etwas Asphalt.
Die Kirche auf der rechten Seite kam mir bekannt vor, meine Oma lag auf dem Friedhof daneben. Es hatte sich wenig verändert hier im Dorf. Außer natürlich die neu aufgebaute Kirche. Hatte sie doch damals arg gelitten nach unserem kleinen Besuch.
Ansonsten konnte die Zeit dem Dorf nichts anhaben. Nur noch eine Kurve und mein kleines Ferienhaus kam in Sicht. Die mangelnde Pflege tat mir leid. Hier musste ich mal wieder aktiv werden. Zu selten hatte ich mich hier blicken lassen. Die Hütte hatte meine Abwesenheit gut überstanden. Kein Einbruch, nichts kaputt gegangen. Eine Sorge weniger. Mit dem letzten Licht des Tages schloss ich die Tür der Hütte auf.
Kennen Sie das, wenn man das Gefühl hat, man wird beobachtet? Ich hatte es!
Ich drehte mich um und sah wie damals vor Jahren Richtung Waldgrenze, die sich mit den Nebelbänken zu einem dunklen Etwas vereinigte.
Sonja schien meine Anspannung zu spüren.
„Was ist los?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Weißt Du, damals bei dem Fall mit Hannah hatte ich von hier aus etwas an der Waldgrenze gesehen. Ich erkannte meine verstorbene Oma. Es war definitiv keine Einbildung. Glaub mir bitte! Eben war mir so, als würden wir beobachtet werden. Dafür habe ich einen ausgeprägten siebenten Sinn!“
Neben mir war ein metallisches Geräusch zu hören. Meine Kampfmaus hatte doch wirklich ihre Dienstwaffe mitgenommen und lud diese durch.
„Nur zur Vorsicht, ich steh nicht so auf dunkle Mummels, die uns nachts unter die Decke kriechen!“
Dabei grinste sie mich irgendwie an als glaubte sie mir nicht.
Der Innenraum der Hütte empfing uns muffig kalt. Brennholz lag neben dem Ofen und schien trocken auf ein Feuerchen zu warten. Diese wohlige Wärme eines Holzfeuers ließ Omas Hütte bald urgemütlich werden. Dosenessen und Bier sollte für das Abendessen heute reichen.
Die Bettwäsche hatte schon bessere Zeiten gesehen. Mottenfraß in alten Schränken. Also holte ich aus unserem Wagen zwei Schlafsäcke und schaute noch einmal ins Dunkel der Nacht. Auf mein Gefühl in der Magengrube konnte ich mein ganzes Leben zählen. Da war es wieder. Es sagte mir, sei vorsichtig Ion, bleib wachsam!
Der Schlaf war tief und fest. Die lange Fahrt von Dresden hatte uns mehr als müde gemacht.
Dafür war das Erwachen an Sonjas Seite auch in zwei getrennten Schlafsäcken schön. Sie sah neben mir so friedlich schlafend aus. Wir hoffen mal, es bleibt so friedlich!
Die Sonne ging wie immer über dem östlichen Massiv des Faragas-Gebirge Ausläufers auf, erhellte die Täler und tauchte die gegenüberliegende Szenerie in eine fast verwunschene, märchenhafte Landschaft.