Irgendwas ist anders ... - Anja Köhler - E-Book

Irgendwas ist anders ... E-Book

Anja Köhler

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Beschreibung

NLP hat ein großes Veränderungspotenzial, das in den meisten Fällen auch Auswirkungen auf eine Partnerschaft hat. Das kann Gefahr, vor allem aber die Chance für eine Bereicherung im System „Beziehung“ bedeuten. Damit derart „betroffene“ Partner nicht allein mit einem „Hilfe, mein Partner macht NLP“ zurückbleiben, bietet ihnen dieses Buch einen Überblick über die wichtigsten Themen und Formate und somit ein grundlegendes Verständnis dessen, womit sich der Partner momentan ganz intensiv beschäftigt. Wer Lust auf mehr bekommen hat, findet in diesem Buch Anregungen und weiterführende Informationen. Aber auch wer weiter skeptisch bleibt, muss seine Haltung nicht ändern. Schließlich hat nicht er/sie sich für eine NLP-Ausbildung entschieden, sondern der Partner. Mit welcher Haltung dem NLP gegenüber Sie dieses Buch lesen mögen: Es bietet in jedem Fall anregende Impulse für die Partnerschaft.

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Seitenzahl: 307

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Anja Köhler & Christian KerstenIrgendwas ist andersEin Lese- und Handbuch für alle, deren Partner NLP lernen

Copyright: © Junfermannsche Verlagsbuchhandlung, Paderborn 2012

Coverbild: © Andrea Haase – iStockphoto.com Covergestaltung / Reihenentwurf: Christian Tschepp Illustrationen: Christian Gralingen – www.gralingen.de

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2012

Satz & Digitalisierung: JUNFERMANN Druck & Service, Paderborn

ISBN der Printausgabe 978-3-87387-862-4 ISBN dieses eBooks: 978-3-87387-876-1

Einstimmung „mal vier“

1. Vorwort für Schnell-Leser

Vielleicht fragen Sie sich: „Warum soll ich ein Buch zu einem Thema lesen, das mich bisher eigentlich gar nicht interessiert hat und das vor allem meinen Partner beziehungsweise meine Partnerin etwas angeht?“ Unsere Antwort: Sie müssen das Buch natürlich nicht lesen. Wenn Sie es aber schon mal in Ihren Händen halten, könnte sich ein Blick in das eine oder andere Kapitel vielleicht trotzdem lohnen. Denn NLP hat ein großes Veränderungspotenzial, das in den meisten Fällen auch Auswirkungen auf unsere Partnerschaften hat. Das kann Gefahr, vor allem aber auch eine Bereicherung für die Beziehung bedeuten. Sie wissen selbst am besten, ob Sie bereit sind, sich dem Thema „Veränderung“ zu öffnen, und ob Sie neugierig genug sind, einen Perspektivwechsel zuzulassen.

„In der Mitte der Schwierigkeit liegt die Möglichkeit.“ – Albert Einstein

Sie erhalten beim Durchblättern oder Querlesen des Buches die Möglichkeit, in alle wichtigen NLP-Themen so tief einzusteigen, wie Sie wollen. Alle Kapitel haben die gleiche Gliederung.

Wer nur einen groben Überblick über die wichtigsten NLP-Inhalte bekommen möchte, kann mit dem jeweils ersten Abschnitt „Alles klar! Ich weiß, wovon du redest“ anfangen. Leser, die gleich wissen wollen, was alles passieren kann, wenn ihr Partner voller Erzähl- und Ausprobier-Laune nach Hause kommt, können zuerst den zweiten Abschnitt „Komisch, irgendwas ist anders ...“ lesen.

Wer so eigenartig klingende Dinge wie die Walt-Disney-Strategie oder Ankern gleich mal selber ausprobieren möchte, kann direkt unter der Überschrift „Wie geht das denn?“ einsteigen.

Und alle, die dann richtig Lust auf „Mehr“ bekommen haben, erfahren in den Abschnitten „Feuer gefangen, Blut geleckt“, wo uns NLP in Politik, Wirtschaft und im Alltag überall begegnet.

Noch ein Tipp: Wenn Sie interessante Ideen finden, markieren Sie diese am besten, damit Sie sie schnell wiederfinden.

Wir wünschen Ihnen einen humorvollen, spielerischen und kritischen Umgang mit NLP und vor allem eine erfüllte Partnerschaft!

2. Vorwort für alle, die sich darauf freuen, dieses Buch von Anfang bis Ende zu lesen

Familien, Ehen und Partnerschaften sind wie Mobiles. Sie sind miteinander verbunden und hängen aneinander. Das Gleichgewicht ist fragil. Bewegt sich ein Teil, gerät der Rest auch in Bewegung. Jeder muss immer wieder eine neue, eine andere Position in dem Gefüge für sich finden.

Manche lieben diese Beweglichkeit in sozialen Systemen. Sie spielen gerne damit und testen, wie elastisch der Zusammenhalt ist. Andere empfinden diese Beweglichkeit als instabil und als potenzielle Bedrohung und Unsicherheit. Wie stehen Sie zu Bewegungen, Veränderungen und Entwicklungen?

Je nachdem wie Ihre Antwort ausfällt, wird es Sie erschrecken, erfreuen oder kaltlassen, dass Ihr Partner eine NLP-Ausbildung macht. NLP wird vermutlich Bewegung in Ihre Partnerschaft, vielleicht auch in die ganze Familie und in Freundschaften bringen. Sie können das ignorieren, bedauern, bereuen oder als Anregung für Ihr Leben und Ihre Beziehung sehen.

„Wer ständig glücklich sein will, muss sich oft verändern.“ – Konfuzius

Vermutlich nehmen Sie dieses Buch erst in die Hände, wenn Ihr Partner die Ausbildung begonnen hat und die ersten Veränderungen sichtbar werden – genau zum richtigen Zeitpunkt also. Wir haben es für alle Menschen geschrieben, die ohne ihr Zutun oder vielleicht auch gegen ihren Willen durch ihre Partner mit NLP in Kontakt gekommen sind und die nicht so recht wissen, was plötzlich vor sich geht und was noch alles kommen kann.

Vielleicht haben Sie schon etwas über NLP gelesen oder gehört, das Sie abgeschreckt hat. Viele finden den Namen „Neurolinguistisches Programmieren“ sehr unsympathisch. Er weckt bei ihnen ungute Assoziationen von Manipulation bis hin zu Gehirnwäsche. Mit einigen Vorurteilen und Vorbehalten gegenüber NLP beschäftigen wir uns deshalb gleich in den ersten Kapiteln, ebenso wie mit der Entwicklung des NLP, den philosophischen Traditionen, auf denen NLP aufbaut, und mit dem Menschenbild, das allen Methoden zugrunde liegt.

Die weiteren Kapitel behandeln Themen, die in den meisten seriösen NLP-Ausbildungen vorkommen. Das Besondere dabei ist, dass jedes Kapitel die gleiche Struktur hat: Im ersten Teil erläutern wir – so kurz wie möglich und so faktenreich wie nötig – worum es bei dem Thema geht. Sie bekommen einen Überblick, wissen, wovon Ihr Partner spricht, und können mitreden. Im zweiten Abschnitt beschreiben wir, was Ihnen passieren kann, wenn Ihr Partner sich gerade mit dem jeweiligen Thema beschäftigt und Sie damit „beglücken“ möchte. Dafür haben wir mit vielen Teilnehmern während unserer Ausbildungen gesprochen und zahlreiche NLPler und deren Partner interviewt. Diese Interviews finden Sie am Ende eines jeden Kapitels. Unsere Interviewpartner haben uns erzählt, was sie genervt, belastet oder gefreut hat und wie sie damit umgegangen sind. Und so finden Sie auch Vorschläge, wie Sie reagieren können, wenn Ihr Partner NLP in die Beziehung bringt. Einige Vorschläge sind frech, humorvoll und überraschend, andere sind nützlich, wenn Sie Ihre Grenzen klarmachen möchten. Dann haben wir noch ein paar ganz raffinierte Ideen für Sie, die darauf basieren, wie Sie Ihren Partner mit den NLP-Methoden, die er gerade lernt, wieder auf den Boden holen können.

Im dritten Abschnitt jeden Kapitels zeigen wir Ihnen, wie Sie die Methoden einfach und effektiv ausprobieren können. Bei der Auswahl der Übungen war uns die praktische Anwendbarkeit im Privaten und im Beruf besonders wichtig. Die Übungen sind Schritt für Schritt beschrieben und durch viele Beispiele werden sie anschaulich und leicht nachvollziehbar.

Der letzte Abschnitt richtet sich an alle, die noch mehr erfahren möchten, die Blut geleckt oder Feuer gefangen haben. Die Informationen in diesem Teil sind unterschiedlicher Natur. Mal zeigen wir an Beispielen, wo im Alltag, in der Wirtschaft und in der Politik NLP bewusst oder unbewusst eingesetzt wird. Mal finden Sie Informationen über Personen, die NLP maßgeblich beeinflusst und geprägt haben. Und dann wieder gibt es noch weitere Übungen und einige Literaturhinweise.

Wir hoffen, dass Sie viele gute Anregungen in diesem Buch finden und dass Ihre Partnerschaft dadurch neue und wertvolle Impulse bekommt.

3. Vorwort für überzeugte NLP-Skeptiker

Es ist vollkommen in Ordnung, dass Sie NLP gegenüber skeptisch sind. Schließlich haben nicht Sie, sondern Ihr Partner sich entschieden, eine NLP-Weiterbildung zu machen. Wir finden es sogar gut, wenn Sie alles, was Sie in diesem Buch erfahren, dahingehend überprüfen, ob es für Sie auch gilt oder gelten könnte. Deshalb die folgenden Hinweise für Sie:

Sie müssen kein Wort von dem glauben, was in diesem Buch steht.

Es ist Ihr gutes Recht, auch nach der Lektüre dieses Buches NLP nicht für eine Methode zu halten, die Ihre Kommunikation verbessert und Veränderungen leichter macht.

Wenn Sie von anderen gehört haben sollten, dass dieses Buch wertvolle Tipps enthält, muss das noch lange nicht für Sie gelten.

Auch wenn Sie an der einen oder anderen Stelle denken sollten: „Das könnte was für mich sein“, müssen Sie es trotzdem nicht gleich ausprobieren.

Warum könnte es sich für Sie trotzdem lohnen, dieses Buch zu lesen oder durchzublättern?

Sie können mitreden, wenn es um NLP geht.

Sie verstehen besser, mit welchen Themen sich Ihr Partner beschäftigt.

Sie erkennen sofort, wenn jemand bei Ihnen NLP anwendet.

Sie bekommen Ideen, wie Sie mit der NLP-Entwicklung Ihres Partners umgehen können.

Sie können entscheiden, welche Themen auch für Sie gewinnbringend sein könnten.

„Man weiß nie, was daraus wird, wenn die Dinge verändert werden. Aber weiß man denn, was daraus wird, wenn sie nicht verändert werden?“ – Elias Canetti

4. Vorwort für NLPler

Dieses Buch richtet sich nicht in erster Linie an Sie, sondern an Ihren Partner. Deshalb sollten Sie ihn mit diesem Buch überraschen und es ihm einfach schenken. Aber es schadet nicht, wenn Sie es auch selber lesen. Sie können Inhalte wiederholen und vielleicht sogar neue Übungen finden. Interessant könnten für Sie auch die Beispiele sein, mit denen wir im vierten Abschnitt jeden Kapitels zeigen, wo und wie NLP im „richtigen“ Leben eine Rolle spielt.

Besonders möchten wir Ihnen aber in jedem Kapitel den zweiten Abschnitt und die Interviews ans Herz legen. Das könnte Ihnen helfen, besser zu verstehen, wie es Ihrem Partner geht, wenn Sie voll mit neuen Erfahrungen von der NLP-Ausbildung nach Hause kommen und davon erzählen wollen.

NLP-Ausbildungen, insbesondere wenn Sie blockweise und fernab der Heimat stattfinden, sind intensive, erlebensreiche und inspirierende Zeiten. Aber sie sind nicht der Alltag. Deshalb kommt es auf einen guten Transfer des Gelernten in das ganz normale Leben an. Und das beginnt oft beim Partner. Damit das gelingt, können Sie viele NLP-Methoden nutzen:

Achten Sie auf einen guten Rapport mit Ihrem Partner.

Denken Sie bei Zielen im Öko-Check besonders an Ihren Partner.

Versetzen Sie sich ab und zu in die zweite und in die Meta-Position.

Jeder hat seine Landkarte – auch Ihr Partner.

Respektieren Sie, dass Ihr Partner eventuell andere Werte und Glaubenssätze hat als Sie.

Denken Sie daran, dass NLP nicht die Wahrheit ist, sondern ein Modell der menschlichen Kommunikation.

Wir haben dieses Buch geschrieben, damit es ein Gewinn für Sie beide ist. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und einen anregenden Austausch mit Ihrem Partner.

1. Geschichte des NLP: Wie es damals war und heute ist

Die Geschichte des NLP beginnt 1972 in Kalifornien. Es ist die Zeit der Flower-Power-Bewegung, der großen Musikfestivals und des Protests gegen überkommene Moral- und Gesellschaftsvorstellungen. Mit der Emanzipation der jungen Generation rückt die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit in den Mittelpunkt. Man experimentiert mit bewusstseinserweiternden Drogen ebenso wie mit verschiedenen Therapieformen. Einer dieser jungen Menschen ist Richard Bandler. Er studiert an der University of California in Santa Cruz Philosophie, Mathematik und Computerwissenschaften. Von Robert Spitzer, dem Präsidenten des Verlagshauses „Science und Behavior Books“, erhält er den Auftrag, Workshops des Gestalttherapeuten Fritz Perls zu transkribieren. Angeregt durch diese Arbeit entdeckt der 22-Jährige seine Begeisterung für Psychologie und Psychotherapie und sein Talent, die Fähigkeiten von erfolgreichen Menschen zu lernen, indem er ihr Verhalten intensiv studiert und imitiert.

1.1 Erfolgreiche Therapeuten als Vorbilder

Im Frühjahr 1972 bietet Richard Bandler ein Universitätsseminar zur Gestalttherapie an, in dem er mit Techniken experimentiert, die er von Perls übernommen hat. Sein Supervisor ist der Assistenzprofessor für Linguistik John Grinder, der vor seiner akademischen Laufbahn als Agent für die CIA gearbeitet hat. Gemeinsam beschließen sie, die kommunikativen Fähigkeiten und die Vorgehens- und Verhaltensweisen erfolgreicher Psychotherapeuten systematisch zu untersuchen.

Ihr Ziel ist es zu ermitteln, welche der Kommunikationsmuster besonders effektiv sind. Dafür nehmen die beiden an Seminaren und Sitzungen der Familientherapeutin Virginia Satir und des Hypnotherapeuten Milton Erickson teil. Sie machen Ton- und Videoaufzeichnungen, die sie später auf grundlegende Strukturen hin untersuchen. Außerdem fließen in ihre Überlegungen die Transskripte der Workshops von Fritz Perls ein, der 1970 gestorben war. Dabei stellen sie erstaunliche Übereinstimmung fest, beispielsweise in der Art des Kontakt- und Beziehungsaufbaus zum Klienten sowie in den Fragestellungen und in der Konzentration auf das Hier und Jetzt.

Der nächste Schritt besteht für sie darin, die Ergebnisse ihrer Beobachtungen und Analysen didaktisch so aufzubereiten, dass andere Therapeuten die Techniken lernen können. Es geht ihnen nicht um die Entwicklung einer Theorie, sondern um die Darstellung von praktikablen Modellen. Die Resultate ihrer Arbeit veröffentlichen sie 1975 in den Büchern „The Structure of Magic. Volume I“ und „Patterns of Hypnotic Techniques of Milton Erickson, Volume I“. Sie geben dem Ganzen den Namen NLP – Neurolinguistisches Programmieren. Der Name steht für den Zusammenhang zwischen Vorgängen im Gehirn und der Sprache und er deutet an, dass sich diese Verknüpfungen auch beeinflussen lassen.

1.2 NLP kommt in die Welt

Die Bücher von Bandler und Grinder und die Kommunikationsmodelle des NLP verbreiten sich schnell in der therapeutischen Szene der USA. Dort treffen sie auf das Bedürfnis nach schnellen, sicht- und messbaren Veränderungen, bietet NLP doch eine Alternative zu der bis dahin vorherrschenden Psychoanalyse mit ihrer langwierigen Suche in der Vergangenheit nach Ursachen für psychische Störungen. 1976 werden die ersten NLP-Seminare angeboten, die schnell und lange im Voraus ausgebucht sind. Unter den Teilnehmern sind auch Gundl Kutschera und Thies Stahl. Mit ihnen und der Übersetzung des ersten Buchs von Bandler und Grinder ins Deutsche durch Thies Stahl kommt NLP auch nach Europa. Gundl Kutschera und Thies Stahl gehören dem Gründungsvorstand des DVNLP an, der sich seit 1996 unter anderen um die Sicherung der Qualitätsstandards in den assoziierten Ausbildungsinstituten bemüht.

Da Bandler und Grinder offenlegen, wie sie beim Modellieren von erfolgreichen Menschen vorgehen, können auch andere von dieser Technik profitieren. So analysiert Robert Dilts zum Beispiel die Arbeitsweise von Walt Disney und entwickelt daraus die Walt-Disney-Strategie. Außerdem erarbeitet er Rechtsschreibstrategien und das Modell der (neuro-)logischen Ebenen. So wird NLP auch über den therapeutischen Bereich hinweg bekannt und vielfältig eingesetzt, unter anderem im Vertrieb, im Sport und im Coaching.

Für die beiden Gründer führt der fast weltumspannende Erfolg des NLP allerdings zu Konflikten und letztlich zum Zerwürfnis, da es auch um enorme finanzielle Interessen geht. Ab 1980 gehen Bandler und Grinder getrennte Wege. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen enden 2000 mit einer Einigung.

1.3 Power-NLP und Egotuning

Seit Mitte der 1980er-Jahre wird eine Richtung im NLP stärker, die sich in erster Linie darauf konzentriert, die eigene Persönlichkeit zu optimieren und auf Erfolgskurs zu bringen. Insbesondere Anthony Robbins sorgt dafür, dass NLP einerseits den Ruf bekommt, Erfolgsstrategien zu vermitteln, aber andererseits eben auch unseriös und marktschreierisch zu sein. Das Misstrauen an Motivationsveranstaltungen in großen Sälen mit aufwendig inszenierter Bühnenshow wächst, ebenso wie die Faszination für einfache Erfolgsrezepte. Es lässt sich nur darüber spekulieren, wie viele der Teilnehmer, die oft hoch motiviert und aufgepeitscht die Veranstaltungen verlassen, dann auch wirklich ihre Vorsätze und Ideen erfolgreich umsetzen. Dagegen gilt als sicher, dass Anthony Robbins mit seinen Büchern, Auftritten und Beratungsaufträgen sehr reich geworden ist.

Auch im deutschsprachigen Raum findet man NLP-Anbieter, bei denen es um die optimale Entwicklung des Egos geht. Sie werben mit Ausdrücken wie „Egotuning“, „Brainpower“ und „Charisma 2.0“. Da NLP kein geschützter Markenname ist, darf jeder behaupten, NLP zu lehren oder anzuwenden.

Die leiseren Ausbildungsinstitute, die sich ethischen Grundsätzen wie Transparenz, Integrität und Respekt vor der Unterschiedlichkeit der Menschen verpflichtet fühlen, müssen stets darum kämpfen, mit der „lauten“ Form von NLP nicht in einen Topf geworfen zu werden.

1.4 NLP steht nicht drauf, ist aber drin

Inzwischen gehören die Kommunikationstechniken des NLP zum Standardrepertoire in vielen Führungs-, Kommunikations- und Verkaufsseminaren, ohne dass NLP explizit genannt wird. So beruhen beispielsweise die sogenannten Feedback-Regeln auf den Erkenntnissen und Annahmen des NLP. Außerdem findet sich NLP in vielen Unternehmenskulturen und in den Methoden der Personal- und Organisationsentwickler. Zeit- und Selbstmanagementseminare bestehen zu großen Teilen aus NLP-Methoden.

Ärzte nutzen die Modelle und Techniken des NLP genauso wie Trainer, Politiker, Sportler, Marketingstrategen, Coachs und Mitarbeiter der Verfassungsschutzämter sowie des Bundesnachrichtendienstes.

Zu den wichtigsten Techniken des NLP gehören:

Formulieren von Zielen

Unternehmenswerte definieren

Visionen und Strategien entwickeln

offene Fragen stellen bzw. mit Fragen führen

alle Sinne ansprechen

Rapport aufbauen und Spiegeln

positive Formulierungen wählen

aus Fehlern für die Zukunft lernen

Reizworte vermeiden

positive Zustände ankern

1.5 Interview

1.5.1 „Begeisterung kann auch missionarisch wirken“

Evelyne Maaß und Karsten Ritschl

Die Soziologin Evelyne Maaß und der Psychologe Karsten Ritschl gehörten zu den ersten NLP-Trainern in Deutschland. Seit über 20 Jahren leiten sie das Weiterbildungsinstitut Spectrum KommunikationsTraining in Berlin. Gemeinsam haben sie 14 Bücher geschrieben und auch privat sind sie ein Paar.

Evelyne Maaß: Viele Menschen, die bei uns eine NLP-Ausbildung machen, sind bereit, etwas in ihrem Leben zu verändern. Sie sind sozusagen „reisefertig“ und wenn sie dann erst mal wissen, wohin die Reise gehen soll, wirkt NLP befreiend, erweiternd und kompetenzsteigernd. Oft haben ihre Partner diesen Veränderungswunsch auch schon vor der NLP-Ausbildung bemerkt und gehofft, dass zu Hause trotzdem alles beim Gewohnten bleibt. In ihrer Wahrnehmung kann NLP dann etwas Bedrohliches bekommen, da es für sie eine nicht mehr kontrollierbare Bewegung in die Beziehung bringt. Das kenne ich auch aus eigener Erfahrung: Es gab immer mal wieder Momente, die mir Angst gemacht haben. Wenn Karsten neue Facetten in sich entdeckt und ausprobiert hat, habe ich mich gefragt, ob ich danach wohl noch interessant für ihn sein werde.

Karsten Ritschl: Manche nutzen die Kompetenzen, die sie im NLP lernen, tatsächlich, um sich von ihrem Partner zu trennen. Die allermeisten allerdings wünschen sich, dass der Partner an ihrer Entwicklung teilhat. Sie sind begeistert von den neuen Erkenntnissen und machen spannende Erfahrungen, die sie ihrem Partner erzählen möchten. Ähnlich war es auch bei Evelyne und mir. Irgendwie hat sich alles, was sie damals von NLP erzählte und was sie dort erlebt hatte, nach viel Spaß angehört. Da wollte ich nicht außen vor bleiben. Ihre Inspiration ist bei mir allerdings auch auf fruchtbaren Boden gefallen. Ich hatte mich damals beruflich gerade neu orientiert und angefangen, Psychologie zu studieren. NLP hat mich in meiner Entwicklung unterstützt.

Evelyne: Die Begeisterung, mit der manche Teilnehmer zu Hause von NLP erzählen, kann aber auch missionarisch wirken und den Partner zurückschrecken lassen. Nachsetzen nützt da auch nichts. Meistens geht es besser, wenn man den Partner neugierig macht und dann abwartet, bis er Fragen stellt. Statt dem Partner zu erklären, wie beispielsweise Rapport funktioniert, ist es klüger, ihn erfahren zu lassen, welche Wirkung Rapport hat. Wir bieten deshalb auch offene Abende an, zu denen die Partner mitgebracht werden können. Dort können sie ihre eigenen Erfahrungen machen. Auch hier ist die Frage: Was könnte meinen Partner locken, mich zu begleiten?

Karsten: Es kommt auch immer mal wieder vor, dass Teilnehmer sich an uns wenden, weil ihre Partner die neuen Ideen aus dem NLP ablehnen oder NLP insgesamt abwerten. Wir fragen dann, wie der Seminar-Teilnehmer das Gelernte seinem Partner vermittelt hat. Anschließend regen wir ihn dazu an, sich in die Perspektive des Partners zu versetzen. Insbesondere nach Blockausbildungen treffen zwei sehr unterschiedliche Erfahrungswelten aufeinander: Während der Partner im Alltag geblieben ist, hat der NLPler eine intensive Ausbildungszeit hinter sich. Da heißt es, wirklich behutsam zu sein und vor allem auf den Rapport zu achten.

Evelyne: Das kann auch bedeuten zu akzeptieren, dass der andere von NLP nichts hören will. Ich kenne Paare, die seit vielen Jahren zusammen sind, bei denen einer NLP-Trainer ist und der andere sich dafür überhaupt nicht interessiert. Aber Paare, die sehr neugierig aufeinander sind und sich generell für das Erleben und für die Gedanken ihres Partners interessieren, finden auch die Impulse aus einer NLP-Ausbildung sehr bereichernd.

Karsten: Hin und wieder haben wir auch Paare, die die Ausbildung gemeinsam machen. Das kann bereichernd sein für die Beziehung, wenn beide sich genug Raum geben und den anderen seine eigenen Erfahrungen machen lassen. Das sollten beide vorher miteinander besprechen. Eine gemeinsame NLP-Ausbildung kann jedoch kein Ersatz für eine Paartherapie sein.

2. Vorannahmen: Woran NLPler glauben

NLP basiert auf philosophischen Grundsätzen und humanistischen Werten. Sie werden deutlich in den sogenannten Axiomen oder Vorannahmen. Diese Vorannahmen sind Glaubenssätze, die für alle, die NLP anwenden, handlungsleitend sein sollen. Sie bilden das gemeinsame geistige Fundament und sind Grundlage eines positiven Menschenbildes.

Die Axiome erheben nicht den Anspruch wahr zu sein, sie sind lediglich Annahmen über Kommunikation und Wahrnehmung sowie über die Entwicklungsmöglichkeiten jedes Einzelnen. Diesen Punkt übersehen jedoch manche NLPler. Für sie sind die Axiome so etwas wie „Naturgesetze“ oder „Wahrheiten“. Auf der Suche nach eindeutigen Aussagen über die Natur des Menschen bekommen die Axiome für sie etwas Unumstößliches. Doch der Geist des NLP vermittelt etwas anderes, nämlich: Annahmen von Erfahrungen zu unterscheiden und geistig flexibel zu bleiben.

Es könnte Ihnen also passieren, dass Ihr Partner die neu gelernten Vorannahmen häufiger in Gespräche einwirft. Wenn er sie als „Wahrheiten“ präsentiert, können Sie widersprechen und darauf verweisen, dass gerade im NLP der Grundsatz gilt, dass es keine Wahrheit und kein „Falsch und Richtig“ gibt. Deshalb hier die wichtigsten Axiome.

2.1 Die Landkarte ist nicht das Gebiet

Einer der wichtigsten Grundsätze des NLP lautet: „Die Landkarte ist nicht das Gebiet.“ Das bedeutet: Jeder Mensch nimmt die Welt – das Gebiet – mit seinen fünf Sinnen wahr und konstruiert daraus sein Modell der Welt – die Landkarte. Was wir nicht sehen, nicht hören, nicht ertasten, nicht riechen und nicht schmecken können, kommt in unserem Modell der Welt nicht vor.

„Mich hat die Idee des Konstruktivismus anfangs verwirrt. Es fiel mir nicht leicht, zu akzeptieren, dass die Welt nicht so ist, wie ich sie sehe, sondern dass ich mir meine eigene Welt konstruiere. Das war für mich eine radikale Erkenntnis.“ – Karsten R., NLP-Trainer und Lehrcoach

Der Gedanke, dass das, was wir wahrnehmen, nicht die Realität ist, kann Menschen zutiefst verunsichern. Denn es bedeutet, die eigene Konstruktion der Wirklichkeit infrage zu stellen und zuzulassen, dass andere die Welt nicht falsch, sondern nur anders sehen. Auch die Frage, wie die Welt denn nun wirklich ist, wird sich nie beantworten lassen.

Wir werden nie das Gebiet oder die Welt an sich wahrnehmen können, sondern immer nur unsere Landkarte. Da unser Weltmodell – also unsere Landkarte – geprägt ist von den kollektiven Gedankenformen in unserer unmittelbaren Umwelt, entsteht schnell der Eindruck, dass unser Weltbild die Wahrheit ist, denn die anderen scheinen es auch so zu sehen. Erlebnisse, die nicht in dieses Modell passen, blenden wir aus. Dagegen nehmen wir Eindrücke und Geschehnisse, die es stützen, verstärkt wahr. Wir konstruieren unsere Weltmodelle also nicht nur nach den Informationen, die unsere Sinne uns liefern, sondern auch danach, was unser Bewusstsein uns an Einsichten erlaubt.

Ein Beispiel:

Vor einigen Jahren gastierte in Berlin eine Gruppe von afrikanischen Pygmäen, die gemeinsam Musik machten. Sie waren zum ersten Mal in die westliche Welt geholt worden. In einem Interview erzählten sie, dass ihnen das Haus, in dem sie geschlafen hatten, gut gefallen hätte. Nur sei es etwas eng gewesen, weshalb sie die „Kisten mit den weichen Auflagen“ erst zur Seite schieben mussten. Betten existieren in ihrem Modell der Welt einfach nicht.

NLPler gehen davon aus, dass sich etliche Probleme lösen lassen, indem die Landkarte hinterfragt wird und dadurch andere Blicke auf die Welt möglich werden. Das kann mit bestimmten Fragen – den sogenannten Metamodell-Fragen – geschehen (siehe Kapitel 7). Eine andere Technik, die anregen kann, das eigene Welt-Modell zu hinterfragen, ist das Reframing (siehe Kapitel 12).

2.1.1 Neugier und Offenheit sind gefragt

Wenn Menschen ihr Modell von der Welt für die Realität halten und dabei verkennen, dass andere Menschen andere Modelle haben, führt das oft zu Konflikten, Missverständnissen und Rechthaberei. Wer hingegen neugierig ist, die Modelle der anderen kennenzulernen, und die Unterschiede zum eigenen Weltbild erklären kann, gilt in der Regel als offen und reflektiert.

„Die Landkarte ist nicht das Gebiet, war für mich wie eine Erleuchtung. Vorher hätte ich es immer gerne gehabt, dass die Leute alles so sehen wie ich. Jetzt kann ich einfacher akzeptieren, dass andere anders ‚ticken‘ – auch mein Mann. Mir sind seine guten Eigenschaften sogar noch mal bewusster geworden und ich kann sie anders wertschätzen.“ – Tina T., Coach

„Die Vorannahme ,Die Landkarte ist nicht das Gebiet‘ hat meine Sicht auf die Welt und die anderen Menschen enorm verändert. Ich kann Leute so lassen, wie sie sind, und habe nicht mehr das Gefühl, alle retten zu müssen.“ – Rita B., Trainerin

Dieses erste Axiom basiert ebenso auf „der Kritik der reinen Vernunft“ von Kant wie auf den philosophischen Überlegungen zum Konstruktivismus. Bekannt geworden ist damit beispielsweise Paul Watzlawick mit dem Buch: „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ Geprägt wurde die Metapher jedoch von dem Mathematiker, Philosophen und Sprachwissenschaftler Alfred Korzybski.

2.2 Körper und Geist sind Teile eines Systems und beeinflussen sich gegenseitig

Die körperliche Verfassung, die Körperhaltung, die Gestik und Mimik – all das beeinflusst auch die Stimmung und die Gedanken. Das behaupten nicht nur NLPler, sondern Neurobiologen und Hirnforscher ebenso wie Philosophen:

„Geist und Körper lassen sich nicht trennen! Denn wer im Gehirn das eine vom anderen zu unterscheiden versucht, kommt auf keinen grünen Zweig. Das Gehirn ist nicht eine Hardware, die mit dem Geist als Software ausgerüstet ist, sondern beides spielt auf eine untrennbare und sehr komplizierte Weise zusammen.“[1]

2.2.1 Lächeln und sich besser fühlen

Wer beispielsweise sehr müde ist, verspürt wenig Lust, Abenteuer zu planen. Wer die Schulter hängen lässt, verspürt Niedergeschlagenheit. Forscher konnten nachweisen, dass Menschen sich besser fühlen, wenn sie lächeln: Die durch das Lächeln aktivierten Muskeln scheinen sich auf das Wohlbefinden auszuwirken. Gegen depressive Verstimmung, Lustlosigkeit und Schlafstörungen empfehlen Mediziner regelmäßige Bewegung. Langstreckenläufer berichten von Glücksgefühlen nach einigen Kilometern. Wer den Körper in Schwung bringt, setzt auch geistige Energien frei. Schon ein aufwärtsgerichteter Blick kann die Stimmung heben. So wird suizidgefährdeten Anrufern bei Notrufhotlines als Erstes gesagt, dass sie ihren Kopf heben und an die Decke schauen sollen.

2.2.2 Gedanken beeinflussen den Körper

In gleicher Weise haben die Gedanken Einfluss auf Prozesse im Körper. Sie kennen vermutlich die körperlichen Reaktionen, wenn Sie vor etwas Angst haben: feuchte Hände, schnelle Atmung, Schwitzen, Herzrasen. Oder wenn Ihnen etwas peinlich ist: Die Röte steigt automatisch ins Gesicht.

Diese physiologischen Reaktionen können nicht willentlich unterdrückt werden und weisen auf den emotionalen Zustand einer Person hin. Geschulte Beobachter nehmen diese Signale wahr, auch wenn die Person versucht, ihre Emotion zu kaschieren. Für Geheimdienstmitarbeiter kann es essenziell sein herauszufinden, ob beispielsweise ein V-Mann lügt oder die Wahrheit sagt. So findet sich in den Schulungsunterlagen „Nachrichtendienstpsychologie“ für künftige Verfassungsschützer folgender Hinweis: „Gute Lügenentdecker berichten, dass sie neben den verbalen Aussagen auch auf nonverbale Signale achten, beispielsweise auf eine angespannte Stimme oder ein falsches Lächeln. Die schlechten Lügenentdecker konzentrieren sich hingegen auf den sprachlichen Inhalt“[2]

Ein unverfängliches Beispiel von dem Entertainer und „Gedankenleser“ Thorsten Havener:

„Stellen Sie sich vor, Sie halten in Ihrer linken Hand eine aufgeschnittene Zitrone. Strecken Sie Ihren Arm tatsächlich vor Ihrem Körper aus und formen Sie Ihre Finger um die imaginäre Frucht. Erspüren Sie die Beschaffenheit der kühlen und frischen Zitronenschale, Sehen Sie vor sich das frische und kräftige Gelb der Frucht. Atmen Sie ein und riechen Sie den frischen Zitrusduft. Jetzt führen Sie Ihre linke Hand zu Ihrem Mund und stellen Sie sich vor, Sie bissen in die Zitrone. Spüren Sie, wie Ihre Zähne auf die Schale treffen und wie das Fruchtfleisch seinen sauren Geschmack auf Ihrer Zunge entfaltet? Jetzt zerkauen Sie den Bissen in Ihrem Mund – er schmeckt sehr frisch und sauer. Oder?“[3]

Und, hat sich bei Ihnen Speichel im Mund gebildet, während Sie die Zeilen gelesen haben? Nur durch Ihre Gedanken und durch Ihre Vorstellungskraft haben Sie den Speichelfluss angeregt.

2.2.3 Nebenwirkungen auch bei Placebos

Die in der Zeit der Aufklärung entstandene Vorstellung, dass das Gehirn und damit das Denken weitgehend unabhängig und losgelöst vom Körper funktionieren, wird inzwischen auch von der modernen Hirnforschung widerlegt. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Forschungen zu den Placebo-Effekten. So haben Wissenschaftler beobachtet, dass blaue Tabletten bei Schlafstörungen besser helfen als weiße, auch wenn in beiden kein einziger chemischer Wirkstoff ist. Andererseits leiden viele Probanden unter den Nebenwirkungen eines Medikaments – auch wenn sie nur ein Placebo eingenommen haben.

In einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) von 2. März 2011 heißt es zu dem Thema: „,Placebos wirken stärker und sehr viel komplexer als bisher angenommen. Ihr Einsatz ist von enormer Bedeutung für die ärztliche Praxis‘, sagte Professor Christoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer ... Zwar sei bis heute nicht erschöpfend geklärt, wie ein Placebo genau funktioniert. Aber der günstige Effekt sei hirnphysiologisch und -anatomisch lokalisierbar, heißt es.“[4]

2.2.4 NLP für gutes Selbstmanagement

NLPler machen sich diese Zusammenhänge zunutze, indem Sie sich selber oder andere Menschen gedanklich in einen energievollen Zustand führen. Oft gelingt es auf diesem Wege, den aktuellen Zustand deutlich zu verbessern und Zugang zu den gewünschten inneren Ressourcen zu erleichtern. Im Selbstmanagement spielt diese Technik eine wichtige Rolle. Im NLP ist sie unter dem Begriff Ankern bekannt.

Das enge Zusammenspiel von Körper und Geist hat noch eine weitere Folge: Die Auswirkung der Gedanken sind für andere sichtbar, sie zeigen sich körperlich. Manches davon ist für jeden schnell zu erkennen, wie zittrige Hände bei Nervosität. Im NLP ist die Sinnesschärfung ein wichtiges Thema: Die Teilnehmer werden geschult, genau auf den Gesichtsausdruck, die Gestik und die Körperhaltung zu achten, wenn sie jemand anderen durch eine Übung führen. Kalibrieren – so der NLP-Begriff dafür – bedeutet, dass wir versuchen zu erkennen, in welchem Zustand ein anderer Mensch sich befindet. Die Signale des Körpers geben Ihnen Feedback, wie passend die vorgeschlagenen Schritte für den anderen sind und ob er sich in einem ressourcenvollen oder -armen Zustand befindet.

2.3 Jedes Verhalten hat eine positive Absicht

Zur Vorannahme des NLP, dass alles, was ein Mensch tut, eine positive Absicht hat, fallen Ihnen vermutlich sofort Beispiele ein, die diese Annahme widerlegen. Denn was bitte soll die positive Absicht sein, wenn Jugendliche in U-Bahnhöfen willkürlich Passanten zusammenschlagen? Oder welche positive Absicht könnten Männer haben, die Frauen umgarnen und sie dann nach der ersten gemeinsamen Nacht eiskalt fallen lassen? Und wo versteckt sich die positive Absicht, wenn ältere Damen ihr Geld in der Spielbank verzocken?

2.3.1 Es geht um das eigene Ich

Wir haben diese drastischen Beispiele gewählt, um deutlich zu machen, dass die positive Absicht, die das NLP meint, sich nicht immer auf andere Menschen oder die Umwelt bezieht, sondern auf das eigene Ich. Aber, werden Sie nun vielleicht fragen, schaden die jugendlichen Schläger, die „galanten“ Männer und die zockenden Damen nicht am Ende auch sich selbst? Wäre es nicht vernünftiger und besser für sie, wenn sie sich anders verhielten?

Aus Sicht der meisten Menschen wäre es tatsächlich angebrachter, friedlich miteinander umzugehen, Sexualpartner achtsam zu behandeln und das Geld für wichtige Anschaffungen zu sparen. Und nicht selten fragen Menschen sich im Nachhinein: „Warum habe ich das bloß getan?“ oder „Warum tue ich das immer wieder?“

2.3.2 Etwas bekommen oder etwas vermeiden?

Um zu verstehen, warum NLPler trotzdem glauben, dass diesem Verhalten eine verdeckte positive Absicht zugrunde liegt, müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, welche diese sein könnte.

Für die Familientherapeutin Virginia Satir geht es dabei um früh erlernte Verhaltens- und Kommunikationsformen, die das „physische und gefühlsmäßige Überleben“ sichern sollen.

„Ich glaube, dass Menschen, die diese Kommunikationsformen benutzen, sie im Laufe ihrer Kindheit gelernt haben. Sie waren die beste Überlebenschance, die sie hatten, und deshalb verdienen sie meinen Respekt ... Auch wenn diese Formen wenig erfolgreich sein mögen, sind sie doch Versuche, uns Selbstachtung zu verschaffen.“[5]

Bei „positiven Absichten“ geht es also entweder darum, etwas zu bekommen oder etwas zu vermeiden. Menschen wünschen sich beispielsweise:

Anerkennung, Bestätigung

sexuelle Befriedigung

Spannung

Kontakt mit Menschen

Und Menschen versuchen, die folgenden Gefühle zu vermeiden:

Ohnmacht

Demütigung

Schmerz

Einsamkeit

Langeweile

Wenn Sie diese Absichten betrachten, werden Sie die meisten vermutlich nachvollziehen können. Aber dennoch werden Sie sagen: „Das Verhalten ist trotzdem nicht in Ordnung.“ Und genau darum geht es im NLP: andere Verhaltensmöglichkeiten zu finden, mit denen die positive Absicht auch zu erfüllen ist.

2.3.3 „Die Absichten halten dich am Leben, aber nicht wirklich lebendig“

Dass es nicht in jedem Fall gelingen kann, andere Verhaltensweisen zum Erfüllen positiver Absichten zu finden, liegt auf der Hand. Zumal die Voraussetzung dafür ist, dass die betreffende Person überhaupt in der Lage ist, ihre Absichten zu erkennen und zu benennen. Viele der Absichten sind einem peinlich oder man schämt sich ihrer, andere erscheinen auf den ersten Blick absurd. Oder wie Virginia Satir schreibt: „Sie halten dich am Leben, aber nicht wirklich lebendig.“[6]

So wie im Fall einer Klientin, die etwa 20 Kilogramm zu viel auf den Rippen hatte und gerne abnehmen wollte. Auf der Suche nach der positiven Absicht ihres Essverhaltens kam sie langsam darauf, dass ihr Gewicht sie davor schützte, Männer zurückweisen zu müssen – und das, obwohl sie sich sehnsüchtig eine gute Partnerschaft wünschte.

Wer eine größere Veränderung in seinem Leben anstrebt, tut gut, danach zu fragen, was das Gute am jetzigen Zustand bzw. was die positive Absicht hinter dem bisherigen Verhalten ist. Wenn nämlich in dem angesteuerten Ziel die positive Absicht keinen Platz mehr hat, ist die Chance groß, dass das Ziel schnell wieder aufgegeben wird. Aus diesem Grund wird im NLP bei der Zielarbeit immer der sogenannte Ökologie-Check gemacht.

2.4 Es gibt keine Fehler und kein Scheitern, nur Feedback und Resultate

Bei dieser Idee werden die Lehrer unter Ihnen aufschreien: Natürlich machen Schüler Fehler und sie scheitern beim Lösen von Aufgaben. Diese Vorannahme bezieht sich aber nicht auf Klassenarbeiten und Klausuren, sondern auf das Leben. Und wer wollte entscheiden, welches Verhalten „richtig“ oder „falsch“ ist? Beurteilen lässt sich aber, ob mit einem Verhalten das gewünschte Resultat erzielt worden ist oder nicht.

Wenn beispielsweise ein Redner erlebt, dass die Zuhörer scharenweise den Raum während seines Vortrags verlassen, kann er zu sich selbst sagen: „Ich habe auf der ganzen Linie versagt. Ich habe das falsche Thema gewählt. Es war ein Fehler, überhaupt hierher zu kommen. Das mache ich nie wieder.“ Oder er kann sich sagen: „Offensichtlich habe ich ein Thema gewählt, das die Zuhörer nicht interessiert“ und daraus die Schlussfolgerung ziehen, sich beim nächsten Mal besser über die Interessen des Publikums zu informieren oder an seiner Rhetorik zu arbeiten.

(Wir wollen hier nicht über den Redner sprechen, der sich denkt: „Was für ein ungebildetes Publikum. Wie unverschämt, einfach den Saal zu verlassen.“)

2.4.1 Richtig oder Falsch ist eine Frage der Sichtweise

Jetzt kommen wir noch einmal auf die Lehrer zurück: Können sie denn wirklich sagen, was richtig und was falsch ist? Ob „dass“ oder „daß“ die richtige Schreibweise ist, hängt davon ab, ob wir die Zeit vor oder nach der letzten großen Rechtsschreibreform betrachten. Was sich feststellen lässt, ist, ob ein Wort so geschrieben wurde, wie es der Duden momentan vorsieht. Und ob die Behauptung, die Mauer zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland sei ein antikapitalistischer Schutzwall gewesen, richtig ist oder nicht, hängt von der politischen Bewertung ab – sie wurde vor 1990 an den Schulen in den beiden deutschen Staaten ganz unterschiedlich vermittelt.

Diese Annahme, dass es keine Fehler und kein Scheitern gibt, ist aber vor allem wichtig für alle, die mit Menschen arbeiten.

Es ist der Hinweis,

1. jede Art von Feedback ernst zu nehmen, also auch körperliche Signale;

2. auf die Resultate zu fokussieren, statt auf vertane Chancen;

3. die Strategie anzupassen, falls mit einem Verhalten das angestrebte Ziel nicht erreicht wird, und dabei Fehler als Lernchancen zu betrachten.

2.4.2 Flexibles Denken und Handeln

Der letzte Punkt hängt eng zusammen mit einer der grundlegenden Säulen im NLP: Flexibilität im Denken und Verhalten. Wer immer das Gleiche macht, wird immer das Gleiche bekommen. Wenn das aber nicht das ist, was man sich wünscht, sollte man irgendetwas anderes ausprobieren. Wenn Ihr Partner Ihnen beispielsweise vorwirft, dass Sie nicht genug Zeit mit der Familie verbringen, können Sie so reagieren, wie Sie es meistens tun: Ausreden finden, Schuldbewusstsein zeigen oder zum Gegenangriff übergehen. Sie könnten aber auch fragen, was Ihr Partner sich genau wünscht, oder in Ihrem Terminkalender feste Familienzeiten eintragen. Das hängt natürlich auch davon ab, was Sie sich wünschen: mehr oder weniger Zeit mit der Familie, freundliche Atmosphäre oder krachende Konflikte, nach denen Sie sich aus „gutem“ Grund zurückziehen können. Auch hier gibt es kein Verhalten, das grundsätzlich falsch oder richtig ist.

2.5 Jeder hat alle Ressourcen in sich, die er braucht, um sein Ziel zu erreichen

In dieser Annahme zeigt sich der ressourcenorientierte Ansatz des NLP. Ressourcen sind dabei innere Zustände, die es erlauben, alle notwendigen Fähigkeiten zur Verfügung zu haben oder entwickeln zu können. Das können sein: Selbstvertrauen, Gelassenheit, Mut, Zuversicht und Lebendigkeit. NLPler gehen davon aus, dass jeder diese Zustände irgendwann in seinem Leben schon mal in sich erfahren hat. Sie müssen nur reaktiviert und bewusst gemacht werden, um sie dann in der gewünschten Situation spüren zu können. Das bedeutet aber nicht, dass es jedem gleich leichtfällt, die nötigen Ressourcen zu aktivieren. Für den einen reichen nach einer Niederlage zwei Stunden Coaching, um das verlorene Selbstvertrauen zurückzugewinnen, ein anderer braucht Monate, wenn nicht sogar Jahre, um einen ähnlich guten Zustand zu erleben.

„Alles ist in uns selbst vorhanden.“ – Meng Dse, konfuzianischer Philosoph

In der Arbeit mit Menschen ist die Idee, dass jeder alle Ressourcen hat, die er braucht, sehr nützlich, denn sie stärkt das Vertrauen in die Fähigkeiten des anderen. In diesem Vertrauen können sich verschüttete Ressourcen zeigen und genutzt werden. Um einen schnellen Zugang zu den Ressourcen zu bekommen und sie im gewünschten Moment erleben zu können, wenden NLPler die Technik des „Ankerns“ (siehe Kapitel 10) an.

2.6 Interviews

2.6.1 „NLP hat meine Sicht auf die Welt verändert“

Tina T., Coach

Für mich ist oder war NLP fast wie eine Droge. Vor gut vier Jahren bin ich völlig unbedarft ins erste Seminar gegangen und war total beeindruckt: Rapport, Pacen und Leaden – so ging es los. Das alles war so spannend, dass ich abends das Bedürfnis hatte, alles brühwarm und stundenlang zu erzählen. Mein Mann musste es aushalten und das hat ihn ganz schön gefordert. Vieles kannte er aus Kommunikations- und Verkaufsseminaren, auch wenn es dort nicht NLP hieß. Ich war ganz froh, dass meine Erzählungen bei ihm auf fruchtbaren Boden fielen.

„Ich habe mir mehr Kommunikation gewünscht“