Irren ist menschlich Kapitel 6 - Peter Brieger - E-Book

Irren ist menschlich Kapitel 6 E-Book

Peter Brieger

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Beschreibung

Handliche Häppchen für kluge Köpfe! Kapitel 6: »Der sich und Andere aufbrechende Mensch (Manie)« aus dem sozialpsychiatrischen Standardwerk »Irren ist menschlich« jetzt als preiswerter Einzelband! Das Lehrbuch »Irren ist menschlich« hat mit klaren Positionen die Versorgung psychisch erkrankter Menschen erneuert und geprägt. Die in ihm vertretene Position, dass es für das volle Verständnis von psychischen Beeinträchtigungen und Krankheiten auf die Haltung ankommt, mit der wir uns den Betroffenen und den Phänomenen nähern, hat die nachfolgenden Generationen geprägt.

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Seitenzahl: 62

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Die Herausgeber

Klaus Dörner, em. Prof.Dr. med. Dr. phil., Jahrgang 1933, von 1980 bis 1996 Ärztlicher Leiter der Westfälischen Klinik für Psychiatrie Gütersloh, lehrte Psychiatrie an der Universität Witten-Herdecke. Arbeits- und Interessenschwerpunkte: Psychiatrie, Medizinethik, Geschichte der Moderne.

Ursula Plog, Dr. phil., Dipl.-Psych., Jahrgang 1940. Bis Ende 2000 Leiterin dreier Tageskliniken in Berlin. Vielfältige Lehrtätigkeit, seit 1976 prägende Mitarbeit im Ausschuss Fort- und Weiterbildung der DGSP. Ursula Plog starb am 4. Juli 2002.

Thomas Bock, Prof.Dr., Jahrgang 1954, hat als Psychologischer Psychotherapeut leitende Funktionen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und hat mit Dorothea Buck Psychoseseminare und andere trialogische Projekte initiiert.

Peter Brieger, Prof.Dr. med., Jahrgang 1964, ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Seine beruflichen Stationen waren: Fulda, Frankfurt/Main, Universität Halle/Wittenberg und SpDi Stadt Halle/Saale (Leiter). Von 2006 bis 2016 Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses Kempten, seit November 2016 des Isar-Amper-Klinikums München-Ost.

Andreas Heinz, Prof.Dr. med. Dr. phil., Jahrgang 1960, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum der Charité, Berlin; stellvertretender Vorsitzender Aktion Psychisch Kranke e.V.

Frank Wendt, Dr. med., Jahrgang 1966, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie mit DGPPN-Zertifikat Forensische Psychiatrie, arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Forensische Psychiatrie der Charité, ist als Dozent und in eigener Praxis tätig. An »Irren ist menschlich« ist er bereits seit der Bearbeitung von 2002 beteiligt.

Unter Mitarbeit von

Eva-Maria Franck

Uwe Gonther

Susanne Heim

Matthias Heißler

Ulrike Kluge

Susanne Menzel

Christiane Montag

Peter Mrozynski

Sabine Müller

Mechthild Niemann-Mirmehdi

Jens Plag

Sibylle Prins

Ewald Rahn

Michael Rapp

Christian Schanze

Gabriele Schleuning

Andreas Ströhle

Christian Zechert

Klaus Dörner, Ursula Plog, Thomas Bock, Peter Brieger,

Andreas Heinz, Frank Wendt (Hg.)

Irren ist menschlich

Lehrbuch für Psychiatrie und Psychotherapie

Kapitel 6 Der sich und Andere aufbrechende Mensch (Manie)

Peter Brieger

25. Auflage 2019

ISBN-Print: 978-3-88414-983-6

ISBN-PDF: 978-3-88414-984-3

ISBN-EPUB: 978-3-88414-985-0

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Psychiatrie Verlag, Köln 1978, 1984, 2002, 2017, 2019

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werks darf ohne Zustimmung des Verlags vervielfältigt, digitalisiert oder verbreitet werden.

Bei den in diesem Buch angegebenen therapeutischen Verfahren sowie Hinweisen zur medikamentösen Behandlung haben die Autorinnen und Autoren den aktuellen wissenschaftlichen Stand berücksichtigt und sich um äußerste Sorgfalt bemüht. Autorinnen, Autoren und Verlag können aber keine Garantie für die Vollständigkeit und Wirksamkeit der Inhalte geben. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Bitte lesen Sie dazu den Beipackzettel und konsultieren Sie im Zweifelsfall einen Spezialisten.

Lektorat: Sandra Kieser, Köln

Umschlagkonzeption und -gestaltung: GRAFIKSCHMITZ, Köln, unter Verwendung eines Bildes auf der Grundlage: Topografische Karte 1:25000 – © Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg (www.lgl-bw.de), 08.2016, Az.: 2851.3-A/943.

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2019

Einige Kapitel dieses Buchs sind Überarbeitungen der entsprechenden Kapitel dervorigen Auflage. Von dort übernommene Textstellen werden nicht gesondert zitiert.

Für ihre wertvollen Hinweise und Anregungen bedanken wir uns insbesondere bei: Manfred Becker, Stefan Gutwinski, Lieselotte Mahler, Benno Schimmelmann.

Inhalt

Cover

Titel

Die Herausgeber

Unter Mitarbeit von

Impressum

Vorwort

Gebrauchsanweisung

1 Der sich und Anderen helfende Mensch

Thomas Bock, Ulrike Kluge

2 Der sich und Andere behindernde Mensch mit Lernschwierigkeiten

Christian Schanze

3 Der sich und Andere entwickelnde Mensch (Kinder- und Jugendpsychiatrie)

Eva-Maria Franck

4 Der sich und Andere liebende Mensch (Schwierigkeiten mit der Sexualität)

Frank Wendt

5 Der sich und Anderen fremd werdende Mensch (Schizophrenie)

Uwe Gonther

6 DER SICH UND ANDERE AUFBRECHENDE MENSCH (MANIE)

Peter Brieger

7 Der sich und Andere niederschlagende Mensch (Depression)

Peter Brieger

8 Der sich und Andere versuchende Mensch (Abhängigkeit)

Andreas Heinz

9 Der sich und Andere bemühende Mensch (neurotisches Handeln, Persönlichkeitsstörungen und Psychosomatik)

Jens Plag, Ewald Rahn, Andreas Ströhle

10 Der für sich und Andere ausweglose Mensch (Krisen und Krisenintervention)

Gabriele Schleuning, Susanne Menzel, Peter Brieger

11 Der für sich und Andere gefahrvolle Mensch

Frank Wendt

12 Der sich und Andere körperkränkende Mensch (körperbedingte Psychosyndrome)

Michael Rapp

13 Der für sich und Andere alternde Mensch

Klaus Dörner

14 Wege der Psychiatrie (Psychiatriegeschichte)

Klaus Dörner

15 Recht und Gerechtigkeit

Peter Mrozynski, Sabine Müller

16 Spielräume (Ökologie der Selbst- und Fremdhilfe)

Susanne Heim, Matthias Heißler, Sibylle Prins, Christian Zechert

17 Umwelttherapeutische Techniken

Mechthild Niemann-Mirmehdi, Christiane Montag

18 Körpertherapeutische Techniken

Andreas Heinz

19 Psychotherapeutische Techniken (der systematische Zugang zur Seele)

Thomas Bock

Anhang

Literatur

Register

Autorinnen und Autoren

Gebrauchsanweisung

Klaus Dörner

»Ich bin du, wenn ich ich bin.«Paul Celan, aus dem Gedicht »Lob der Ferne«, 1948

»Das Geschöpf, das gegen seine Umgebung siegt, zerstört sich selbst.«Gregory BATESON 1981, S.632

Beispiel  Geschichte der Frau aus Verl: »Also wissen Sie, wenn es mir schlecht geht, traue ich mich meist nicht, mit jemandem darüber zu sprechen.« – »Warum nicht?« – »Aus Angst, der Andere könnte mir helfen wollen!« – »Was wünschen Sie sich denn stattdessen?« – »Ich wünsche mir einen Anderen, von dem ich sicher sein kann, dass er mir unendlich lange zuhört, damit ich so lange reden kann, bis ich selbst wieder weiß, was los ist und was ich zu tun habe.«

Philosophie und Aufbau des Buches

Da Menschen zunächst immer in Beziehungen leben, noch bevor sie handeln, ist Psychiatrie die Begegnung nicht von zwei, sondern von mindestens drei Menschen: dem psychisch Kranken, dem Angehörigen (Nachbarn) und dem psychiatrisch Tätigen. Wo einer von ihnen real fehlt, muss er hinzufantasiert werden, damit der Trialog zustande kommt.

Ein psychisch Kranker ist ein Mensch, der bei der Lösung einer altersgemäßen Lebensaufgabe in eine Krise und Sackgasse geraten ist, weil seine Verletzbarkeit und damit sein Schutzbedürfnis und sein Bedürfnis, Nichterklärbares zu erklären, für ihn zu groß und zu schmerzhaft geworden sind (BLEULER 1987). Das Ergebnis nennen wir Krankheit, Kränkung, Störung, Leiden, Abweichung, Schicksal; was es genau ist, wissen wir nicht. Weil so etwas jedem von uns jeden Tag widerfahren kann oder, zumindest in Ansätzen, schon passiert ist, ist uns unser Schutzbedürfnis als Selbsthilfeweg innerlich zugänglich, wozu (paradox) die Achtung der Andersheit des Anderen gehört.

Ein Angehöriger ist ein Mensch, der der Störung des psychisch Kranken ausgesetzt, in sie verstrickt ist, sich mit – grundsätzlich unsinnigen – Schuldgefühlen herumschlägt, nicht unterscheiden kann, ob der psychisch Kranke böse oder krank (»bad or mad«) ist, und darunter mindestens so sehr leidet wie der psychisch Kranke, zumal er (gerade auch gegenüber den Vorwürfen Dritter) keinen Schutz durch Symptombildung hat. Er bedarf dringend des kritischen Beistands anderer Angehöriger, um seinen eigenen Standort wiederzufinden. Nur so kann er hilfreich für den psychisch Kranken sein. Das gilt auch für Freunde, Nachbarn; denn: Nachbarschaft ist die Lebendigkeit des Sozialraums.

Ein psychiatrisch Tätiger ist ein Mensch, der dafür bezahlt wird, so auf der Beziehungsebene zu sein und auf der Handlungsebene sich um die Grundbedürfnisse von psychisch Kranken zu sorgen und ihre Störung so zu stören, dass psychisch Kranke ihren Sinn erfassen können und die Störung dadurch überflüssig werden kann. Wir erinnern an die Frau aus Verl vom Anfang dieses Kapitels. Entscheidend ist zunächst die Beziehung, nicht das Handeln. Sie findet – wie alle Beziehungen – immer auf zwei Ebenen statt. Zunächst bin ich dem Anderen gegenüber Objekt, er das Subjekt: Ich setze mich ihm aus, bin empfänglich für ihn. Sein nacktes, ungeschütztes, leidendes Antlitz spricht, noch bevor Worte gefallen sind: »Du sollst mich nicht töten, du sollst mich dir nicht aneignen, mich dir nicht angleichen« (LEVINAS