Is It Wrong to Try to Pick Up Girls in a Dungeon? – Light Novel, Band 05 - Fujino Omori - E-Book

Is It Wrong to Try to Pick Up Girls in a Dungeon? – Light Novel, Band 05 E-Book

Fujino Omori

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Beschreibung

Bell und seine Freunde, der Schwertschmied Welf und die Supporterin Lili, haben es endlich in die mittleren Etagen des Dungeons geschafft. Doch sie wurden als Köder missbraucht! Sie sind nun hilflos zahlreichen Monstern ausgeliefert. Um Bell zu retten, versucht Hestia zusammen mit dem Gott Hermes in den Dungeon zu gelangen. Es beginnt eine verzweifelte Mission …

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Prolog: Vorzeichen eines Omens

Die Sonne strahlte am Himmel. Sie war im Osten aufgetaucht und hatte schon die Stadtmauer überwunden, um nun ganz Orario hell zu erleuchten. Der schneeweiße Turm in der Mitte, das Pantheon, bei dem sich die Abenteurer versammelten, und das Amphitheater wurden in ein warmes Morgenlicht getaucht. Selbst zu Beginn des Tages waren die Stadtbewohner schon aktiv. Viele Menschen und Halbmenschen gingen auf den Straßen einher und sorgten für eine belebte Stimmung.

»Tut mir leid, dass ich so früh am Morgen da bin, Phai. Ich wollte mich wirklich nicht aufdrängen.«

»Ach, das stört mich nicht. Ich esse sonst immer alleine. Da ist deine Gesellschaft mal eine nette Abwechslung.«

Das laute Treiben der Bürger musste sich wie eine brausende Welle anhören, aber in einem Bereich zwischen der nordwestlichen und nördlichen Hauptstraße nahmen zwei Göttinnen unbekümmert ihr Frühstück zu sich. Eine hatte zinnoberrote Haare und zu Schlitzen zusammengekniffene Augen. Es war Loki. Die andere hatte scharlachrote Haare und eine Binde über einem Auge. Es war Hephaistos und sie trug ein Lächeln auf den Lippen.

»Ich muss mich erneut bedanken«, meinte Loki, »dass du uns für unsere Expedition einige Schmiede ausgeliehen hast. Das ist uns eine große Hilfe.«

»Ach, mach dir darum keine Gedanken. Dafür erhalten wir doch ein Vorrecht auf seltene Beute-Items in den tieferen Ebenen. Also ist es auch zu unserem Nutzen. Aber wie sieht es denn aus? Gibt es irgendwelche Nachrichten von der Expedition?«, entgegnete Hephaistos.

Bei dem Restaurant, in dessen oberstem Stock die beiden Gottheiten an einem Tisch mit einer reinweißen Tischdecke saßen, handelte es sich um ein vierstöckiges Holzgebäude. Außer ihnen und einer Tiermenschenkellnerin war niemand zu sehen, weder ein anderer Gast noch sonst irgendjemand. Loki und Hephaistos hatten den Laden somit ganz für sich und bewegten gemütlich ihre Messer und Gabeln.

»Letztes Mal gab es allerlei Probleme, aber diesmal wird es ihnen sicher gelingen, weiter vorzudringen als je zuvor. Ich konnte meinen Kindern ansehen, wie motiviert sie sind, es diesmal wirklich zu schaffen. Aiz ist auch auf Level 6 aufgestiegen. Es scheint also gut zu laufen.«

Loki stach ungestüm die Gabel ins Fleisch und stopfte es sich in den Mund, bevor sie grob zum Wasserglas griff und sich dessen Inhalt in den Rachen kippte. Hephaistos hingegen aß vornehm weiter.

»Aber sag mal, Phai. Hast du irgendwas vom Kind des Winzlings gehört?«

»Hm? Hi hi. Was ist denn mit dir los? Machst du dir etwa Gedanken wegen Hestia?«

»Natürlich nicht … Aber in letzter Zeit scheint sich der Zwerg echt zu überschätzen. Übertrieben stolz streckt die Kleine ihre viel zu große Brust raus. Das geht mir echt voll gegen den Strich …«

Weil Loki so genervt grummelte, konnte Hephaistos sich ein Lächeln nicht verkneifen und sagte:

»Ein Kind von mir hat eine Gruppe mit ihrem gebildet. Sie gehen heute wohl in die mittleren Ebenen.«

»Hä? Dann leihst du nicht nur uns, sondern auch der Familia vom Winzling deine Schmiede?«

»Einer meiner Schützlinge hat einen Direktvertrag mit Little Rookie geschlossen. Mein Kind hat anscheinend großes Gefallen an ihm gefunden.« Hephaistos klang irgendwie erfreut darüber, während sie langsam ihr Essen zum Mund führte.

Loki ihr gegenüber blickte im Gegensatz dazu wenig amüsiert drein. »Du bist echt fies, Phai. Ich dachte, du hilfst nur mir, dabei gehst du mir mit dem Winzling fremd.«

»Moment mal. Das ist jetzt aber übertrieben.«

Die beiden Göttinnen unterhielten sich locker weiter, als sie plötzlich ein leichtes Beben bemerkten. Sie hielten inne.

»Schon wieder … ein Erdbeben?«

»Nur ein kleines … Aber das kommt in letzter Zeit öfter vor.«

Auf der Oberfläche des Wassers in ihren Gläsern bildeten sich leichte Wellen. Die Erschütterung war so winzig, dass man sie kaum spürte. Die beiden hatten innegehalten, aber sonst fiel es sicher kaum jemandem auf. Es bebte stoßweise weiter und Loki und Hephaistos schwiegen eine Weile.

»Normalerweise könnte man so was als simples Erdbeben abtun … aber unter uns befindet sich der Dungeon mit bösartigen Monstern. Phai, was denkst du?«

»In der Gilde wird sicher gebetet. Hoffentlich ist es nur Zufall … aber vielleicht passiert bald irgendwas.«

Die beiden Göttinnen schauten aus dem Fenster, um die Umgebung zu begutachten. Bei den Passanten schien sich überhaupt nichts geändert zu haben. Sie wirkten nur noch geschäftiger als zuvor.

Während sie die friedliche Stimmung betrachtete, gab Loki plötzlich ein »Hm?« von sich und ihr Blick wanderte zu einem bestimmten Punkt. Dort hatte sich an einer Straßenecke eine Gruppe einer gewissen Familia versammelt.

Takemikazuchi sah zu seinen Füßen hinab. Er spürte das Beben unter sich und runzelte leicht die Stirn.

»Dann werden wir jetzt mal gehen, Takemikazuchi!«, verkündete ihm eine hohe Stimme, woraufhin er wieder aufschaute.

Vor ihm stand eine hübsche Frau. Sie hatte langes, glänzendes schwarzes Haar, dunkelviolette Augen und eine anmutige Haltung. Aus ihrer hellvioletten Kampfkleidung schauten ihre schlanken Arme und Beine hervor und ihr Gesicht war so fein, dass es selbst Göttern den Atem rauben konnte.

Takemikazuchi lächelte seine Anhängerin freundlich an. »Okay. Überanstreng dich aber nicht, Mikoto. Vergiss nicht, dass du noch Anfängerin bist.«

»Jawohl!«

Nachdem die junge Frau namens Mikoto genickt hatte, sprach der Gott auch die anderen Umstehenden an: »Das gilt für euch auch.«

Die Gruppe war klein und bestand allein aus Menschen. Einschließlich Mikoto hatten sich ganze sechs Abenteurer hier versammelt und somit alle festen Mitglieder der Takemikazuchi-Familia. Diese war eine der vielen Familias in Orario, die sich auf den Dungeon spezialisiert hatte. Sie verdiente ihr Geld also damit, ihn zu erkunden und Magiesteine und Beute-Items daraus mitzubringen, um diese zu verkaufen.

Auch wenn der besagte Little Rookie momentan mehr Aufmerksamkeit auf sich zog, war auch Mikoto gerade im Rang aufgestiegen. Dadurch hatte die Takemikazuchi-Familia als eher niedrige Gruppierung vergleichsweise viel Kraft hinzugewonnen.

»Na dann, Takemikazuchi«, sagte ein männlicher Abenteurer, offensichtlich der Anführer der Gruppe, woraufhin der Gott diese mit einem »Ja, viel Erfolg« verabschiedete.

Mikoto verbeugte sich und Takemikazuchi schaute seinen Anhängern hinterher.

»Kommt ja alle wieder heil zurück … okay?« Nachdem sie aus seinem Blickfeld verschwunden waren, sah der Gott erneut zu Boden, kratzte sich am Kopf und seufzte leicht. »Dann sollte ich jetzt auch mal arbeiten gehen, oder?« Er bewegte den Hals knackend hin und her, bevor er sich umwandte. Zur Unterstützung seiner Familia-Mitglieder würde er auch heute wieder Kartoffeln frittieren. Um sich darauf vorzubereiten, machte er sich auf den Weg zurück nach Hause. »Auch was den Verkauf angeht, scheint Hestia mehr Erfolg zu haben«, murmelte er vor sich hin.

»Hey, Takemikazuchi!«

Er wollte gerade die Tür zu seinem Heim öffnen, aber hielt abrupt inne. Als er die fröhliche Stimme hörte, die ihn von hinten rief, zuckten seine Augen ein wenig und auch seine Lippen verzogen sich ungewollt grimmig. Er drehte sich schwungvoll um. »Hermes!«

»Ja, ganz genau. Ich bin’s, Hermes! Etwas über eine Woche ist es her, Takemikazuchi!«

Tatsächlich stand vor ihm ein schlanker, hochgewachsener Gott. Er trug Reisekleidung, aus der lange Arme und Beine herausschauten. Sein Äußeres wirkte edel, sodass er sofort als Gottheit zu erkennen war. Auf dem Kopf trug er einen breitkrempigen Hut mit einer Feder und als er diesen abnahm, kamen orangefarbene Haare zum Vorschein. Seine Erscheinung unterschied sich völlig von Takemikazuchis. Hermes wirkte wie ein graziler, freundlicher Mann.

Er grinste übers ganze Gesicht und ließ seinen Hut um einen Finger herumwirbeln, während er sich langsam näherte.

»Warum bist du hier?«, fragte Takemikazuchi.

»Hey, hey. Jetzt schau doch nicht so böse. Ich bin extra hergekommen, weil ich dich gerne treffen wollte.«

»Sagst du das etwa wirklich, ohne rot zu werden? Du bist doch einer der Trottel, die sich immer über mich lustig machen!«

»Ha ha ha. Großes Sorry! Aber wenn ich dich sehe, dann möchte ich dich nun mal ein wenig ärgern, Takemikazuchi!«

Während Hermes überheblich auftrat, verfinsterte sich die Miene des anderen Gotts nur immer weiter.

Unter den Göttern gab es so einige mit der einen oder anderen Eigenart, aber Hermes war als besonders wild bekannt. Auch wenn seine Familia hier in Orario ansässig war, betrachtete er es fast als selbstverständlich, ständig die Stadt zu verlassen und die weite Welt zu erkunden. Vielleicht war er einfach ein leidenschaftlicher Reisender und wahrscheinlich war das eben seine Art, aber Takemikazuchi hatte noch nie davon gehört, dass Hermes sich länger als ein halbes Jahr an einem einzigen Ort aufgehalten hatte. Selbstredend überließ er die Verwaltung der Hermes-Familia somit auch ganz deren Mitgliedern. Er vernachlässigte sie also wortwörtlich.

»Ich komme nur gerade von einer Reise zurück und wollte kurz Hallo sagen und dir gratulieren … Glückwunsch zum Rangaufstieg der süßen Mikoto, Takemikazuchi. Deine Familia scheint echt stark zu werden. Ich hoffe, wir verstehen uns auch in Zukunft so gut wie jetzt.«

Hermes kam nicht nur im Himmelsreich sondern auch in irdischeren Gefilden ausgesprochen gut durchs Leben. Vielleicht war seine lockere Art das Geheimnis dahinter, dass er sich kaum Feinde machte. Zumindest dachte Takemikazuchi das. Dennoch griff er nicht sofort nach der Hand, die ihm gerade entgegengestreckt wurde.

»Hermes … Warum bist du denn so schnell wieder zurückgekommen?«

Nachdem er vor einigen Tagen am Denatus teilgenommen hatte, war Hermes sofort zu einer neuen Reise aufgebrochen. Eigentlich kehrte er nicht früher als nach einem Monat zurück, wenn er einmal die Stadtmauern verlassen hatte. Aber diesmal hatte seine Reise nur knapp zehn Tage gedauert. Er war wirklich überraschend schnell zurück.

Takemikazuchi konnte seinen Argwohn deshalb nicht verbergen, aber Hermes lachte einfach nur und erklärte: »Hi hi. Was denn? Beim Denatus gab es doch viele interessante Neulinge. Da bin ich eben neugierig geworden, weißt du? Ich habe mich also schnell um meine Anliegen gekümmert und bin heimgekehrt. Insbesondere dieser Little Rookie von Hestia. Er hat den vorherigen Rekord gebrochen und genauso wie andere Götter bin ich äußerst fasziniert von ihm.«

Hermes hatte die wohlgeformten Augen zu leicht geöffneten Schlitzen zusammengekniffen und grinste nun noch breiter. Weil der hübsche Gott so einfach seine Gedanken offenbart hatte, verzog Takemikazuchi erneut das Gesicht.

»Takemikazuchi, du triffst Hestia doch oft, oder? Weißt du irgendwas über diesen Bell Cranel?«

»Keine Ahnung. Und selbst wenn ich was wüsste, würde ich es dir nicht sagen.«

»Ha ha. Du bist aber kaltherzig.« Um dem anderen Gott direkt ins Gesicht zu schauen, war Hermes ganz nah an ihn herangetreten, doch jetzt zog er sich mit einem anmutigen Lächeln langsam wieder zurück.

Plötzlich wehte ihnen ein starker Westwind durchs Haar, bevor er nach oben gen Himmel verschwand.

Während Takemikazuchi ihn scharf von der Seite ansah, folgte Hermes dem Windstoß mit den Augen zum unendlichen Blau hinauf. »Hach, ich würde ihn so gerne bald treffen.«

Kapitel 1: Der mittlere Bereich

So weit das Auge reichte, lagen überall Steine herum. Die Wände, die Decke und der Boden bestanden aus aschgrauem Fels und die Luft war seltsam feucht. In den Bergen waren sicherlich zahlreiche natürliche Höhlen zu finden, die genauso aussahen. Wüsste man es nicht, könnte man wohl nur schwer glauben, dass man sich im Untergrund befand.

Vor mir breitete sich Ebene 13 des Dungeons aus … First Line wurde dieses erste Gebiet der mittleren Ebenen genannt und ich kam nicht umhin, über diesen Namen nachzudenken.

»Das ist also der mittlere Bereich …«

»Ich hatte schon davon gehört, aber die Lichtquellen scheinen ab hier wirklich schwächer zu werden«, meinte Welf. Er hatte längst sein Breitschwert gezückt und schaute sich rasch in der Umgebung um.

Von Ebene 12 des oberen Bereichs hatte uns ein lang gestreckter Abhang heruntergeführt, auf den nun bis tief in Ebene 13 hinein ein gerader, steiniger Weg folgte. Vielleicht bildete er auch eher einen Durchgang, der die Räume des Dungeons miteinander verband. Aber ich hatte noch nie einen Gang gesehen, der so lang war, dass man sein Ende nicht erkennen konnte, obwohl es keinerlei Abbiegungen gab. Vor den Wänden befanden sich außerdem Löcher, die an Brunnenöffnungen erinnerten. Vielleicht handelte es sich um Fallgruben, die tiefer in den mittleren Bereich führten. Hinzu kam das wenig verlässliche phosphoreszierende Licht. All diese Dinge sah man in den oberen Ebenen nirgends.

»Das Besondere an Ebene 13 sollen die langen Gänge zwischen den einzelnen Räumen sein. Damit wir sicher kämpfen können, müssen wir erst mal den ersten Raum erreichen«, erklärte uns Lili, worauf Welf und ich einfach nur zustimmend nickten.

Zwar wirkten die Gänge hier breiter als im oberen Bereich, aber im Grunde war es immer eine schlechte Idee, in solchen Durchgängen zu kämpfen. Auf engem Raum konnte man sich nur eingeschränkt bewegen und lediglich schlecht kombinierte Gruppenaktionen durchführen. So ein Unterfangen wäre von einer Horde Monstern umzingelt noch um einiges schwieriger. Bei einem Kampf in einem Gang würde man von seinen Gegnern also nur aufgerieben. Sobald einem der Weg abgeschnitten wurde, saß man in der Patsche. Allein bei der Vorstellung fing ich an zu zittern.

In einem Raum hingegen hatte man genügend Bewegungsfreiheit und konnte die Gegner als Gruppe gezielt nacheinander besiegen. Sowieso bildete man doch Gruppen, um zusammenzuarbeiten und die Siegeschancen somit zu erhöhen.

»Bevor wir hier auf Monster treffen, sollten wir lieber schnell weitergehen. Meister Welf, das hier scheint ein gerader Gang zu sein, also geh einfach voran.«

»Verstanden.«

Hatte Lili sich mithilfe der von der Gilde veröffentlichten Informationen schlaugemacht? Jedenfalls schien sie sich längst eine Karte von Ebene 13 eingeprägt zu haben. Sie war nicht einfach nur eine Lastenträgerin, sondern wortwörtlich die Supporterin der Gruppe. Mit dem Gefühl, mich in allen Belangen auf sie verlassen zu können, folgte ich Welf.

Wir nutzten die Breite des Ganges aus und drangen so in einer Reihe weiter in den mittleren Bereich vor.

»Das ist wirklich beeindruckend.«

»Die Salamanderwolle?«

»Ja. Sie fühlt sich echt nicht übel an.«

Während die Stille und die ungemütliche Atmosphäre des Dungeons mich beunruhigten, sprach Welf locker ein ganz anderes Thema an, auf das Lili sofort einging. Ihre belanglose Unterhaltung vertrieb mein Unbehagen ein wenig. Vielleicht war auch das ein Vorteil einer Gruppe. Wenn man den Dungeon als Solokämpfer erkundete, konnte man nichts gegen die quälende Anspannung tun.

»Ich hätte mir nie vorgestellt, dass ich so was Feines mal tragen würde«, meinte Lili. »Vielen Dank, Meister Bell. Ich werde gut darauf aufpassen, versprochen.«

»Ah ha ha ha … Ich habe die doch nur zu einem guten Preis bekommen.«

Meine Kameradin lächelte mich fröhlich an, woraufhin ich nur verlegen lachen konnte und noch einmal unsere Kleidung musterte. Der rote Stoff leuchtete beinahe. Er musste sehr fein gewoben sein, denn trotz seines robusten Aussehens schien er überhaupt kein Gewicht zu haben. Ich trug unter meiner Rüstung ein Hemd und eine Hose daraus, während Welf in einen Arbeitskimono und Lili in eine Robe gehüllt war. Die jeweilige Ausführung war also unterschiedlich, doch unsere Kleider bestanden aus demselben Stoff. Die Naturgeister hatten ihre Schutzmagie hineingewoben. Somit war unsere besondere Ausrüstung von ihnen gesegnet.

»Aber selbst mit Rabatt sind Naturgeistersachen doch sicherlich extrem teuer, oder? Wie viel haben sie denn insgesamt gekostet?«

»Ähm … Einfach ausgedrückt hatte die Summe fünf Nullen …«

»Meister Welf, du wirst Meister Bell alles zurückzahlen, nicht wahr?«

»Es ist fast beeindruckend, wie besessen diese kleine Pallum von Geld ist, oder?«

Eina hatte vor unserem Vordringen in den mittleren Bereich darauf bestanden, also hatte ich für uns drei Gewänder aus dem schützenden Stoff der Naturgeister gekauft. Ich hatte mich vor den beiden verbeugt und sie überzeugt, die Sachen anzuziehen, bevor wir wieder in den Dungeon gezogen waren. Während Welf den Kimono und ich das Hemd und die Hose unter unseren Rüstungen trugen, umhüllte Lilis Robe ihren ganzen Körper. Das Material glänzte und hatte eine frische Farbe, weswegen man unser Auftreten durchaus als auffällig beschreiben konnte.

»Und dieser lockere Stoff schützt besser vor Hitze als das Werk eines Hochschmieds? Da fühle ich mich irgendwie minderwertig. Diese verdammten Naturgeister«, schimpfte Welf, während er am Ärmel seines Kimonos zog.

Ähnlich wie Tiermenschen konnte man Naturgeister je nach ihren Eigenschaften und ihren Lebensräumen in unterschiedliche Gruppen einteilen: Salamander, Sylphe, Undine, Gnom und so weiter … Auch ihr Segen schien sich je nach Art unterschiedlich auszuwirken. Salamanderwolle wurde von Feuernaturgeistern erschaffen und besaß eine große Abwehrkraft gegen Flammen und Hitze. Sie hatte sogenannte Feuerresistenz. Anscheinend konnte sie aber genauso vor Kälte schützen. Ich hatte auch vom Undinekleid gehört, dass neben einer Wasser- eine gewaltige Hitzeresistenz aufweisen sollte.

Naturgeister wurden manchmal als Abkömmlinge der Götter bezeichnet und selbst wenn von ihnen gesegnete Stoffe nicht auf einen Schlag allmächtig wurden, konnten dadurch doch die Attribute enorm gesteigert werden. Und wie Welf eben gesagt hatte, reichten in diesem Bereich selbst die Hochschmiede kein bisschen an die Geisterwesen heran.

»Aber ich bin wirklich dankbar. Dadurch wird es viel unwahrscheinlicher, dass wir aufgerieben werden«, meinte Lili.

»Du meinst von einem Hell Hound, oder?«, fragte ich.

Größtenteils hatte Eina mir zum Kauf der Salamanderwolle geraten, weil ebendieses gefährliche Monster ab Ebene 13 auftauchen konnte. Hell Hounds wurden manchmal auch Baskervilles genannt. Sie waren hundeartige Monster, deren Fähigkeiten unter denen aller Bestien der mittleren Ebenen hervorstachen, vor allem weil sie in der Lage waren, Feuer zu speien. Die Flammen waren mächtig genug, um normale Ausrüstungsgegenstände spielend leicht zu verbrennen. Würde man von einem Rudel Hell Hounds umzingelt und von ihrer Feuersbrunst überrollt, bliebe kaum mehr als ein Haufen Asche übrig. Die meisten Gruppen, die in den Ebenen 13 und 14 ausgelöscht wurden, fielen Hell Hounds zum Opfer. Selbst Abenteurer, die schon einen Rangaufstieg geschafft hatten, konnten nichts gegen diese Bestien ausrichten und wurden einfach verbrannt.

»Meister Welf, ich weiß, dass du dir darüber im Klaren bist, aber …«, sagte Lili.

»Ja, das brauchst du mir nicht zu sagen. Sollte ein Hell Hound auftauchen, müssen wir ihn auf der Stelle erledigen, nicht wahr? Ich möchte auch ungern zu Grillfleisch werden.«

Vielleicht war das nur meine eigene Meinung, aber mir kam der Übergang zu den mittleren Ebenen des Dungeons wie ein Scheidepunkt vor. Während die Monster in den oberen einfach nur heranstürmten, um anzugreifen, beherrschten hier viele Bestien Fernangriffe. Vielleicht konnte man es am einfachsten damit beschreiben, dass die Monster hier zu magiegleichen Attacken fähig waren.

»Der mittlere Bereich unterscheidet sich entscheidend von den oberen Ebenen.« Ich hatte Ryus Worte tief verinnerlicht. Auf jeden Fall waren Hell Hounds in den mittleren Ebenen Gegner, vor denen man sich außerordentlich in Acht nehmen musste.

Wir folgten dem höhlenartigen Gang mehrere Minuten lang, bevor wir schlagartig stehen blieben und verstummten.

Unser Gehör war dank des Segens der Götter verstärkt und das Geräusch heraneilender patschender Schritte drang an unsere Ohren. Während sie aus der schwachen Dunkelheit immer näher kamen, konzentrierten wir uns und machten uns still auf den Kampf gefasst.

»Etwa jetzt gleich?«, hallten Welfs Worte von den Wänden wider.

Im Dämmerlicht erkannte ich zwei Schatten. Die Monster näherten sich weiter und zeigten sich uns komplett. Ihre starken Körper waren pechschwarz und ihre Augen leuchteten wild und rot, als hätten wir diese Bestien irgendwie verärgert. Für normale Hunde waren die Vierbeiner etwas zu kräftig gebaut und ihre aufgerissenen Mäuler waren noch deutlich beeindruckender als die von Wölfen. Es waren Hell Hounds und nun heulten sie laut auf.

»Sag mal. Wie sieht es mit der Entfernung aus?«, fragte mich Welf. »Sollten wir einfach schnell näher ran?«

»Die Reichweite eines Hell Hounds ist nicht zu unterschätzen, hat mir meine Beraterin zwar gesagt, aber …«

»Dann … machen wir sie platt!«

Welf gab selbst das Kommando zum Angriff, riss sein Breitschwert hoch und rannte los. Ich folgte ihm auf dem Fuße.

Auch die beiden Hell Hounds stürmten wieder mit atemberaubender Geschwindigkeit auf uns zu. Fünfzig Medol hatten uns getrennt, doch dank unserer jeweiligen körperlichen Stärke waren diese im Nu überwunden.

»Groooooooh!« Ein Hell Hound machte einen Satz auf Welf zu. Obwohl er so groß war wie ein kleines Kalb schoss er blitzschnell durch die Luft.

Ich ließ aber nicht zu, dass er meinen Kameraden erreichte, und stellte mich zwischen die beiden, um den Angriff abzufangen. In der linken Hand hielt ich einen kleinen Schild und in der rechten ein knapp fünfzig Celti langes Kurzschwert. Als wir in der letzten Woche die Ebenen 11 und 12 gemeistert hatten, hatte Welf mir diese Ausrüstung hergestellt, die zu meiner defensiven Position in der Mitte passte. Einen Schild zur Verteidigung und ein Schwert, um die Gegner zurückzudrängen.

Weil das auf mich zufliegende Monster das Maul weit aufriss, stieß ich meinen Schild tief in seinen Rachen hinein. »Hrghs!« Es war schwer, aber ich hielt ihm stand. Seine scharfen Zähne verbissen sich in dem kleinen Schild, als ich den Sprungangriff abfing, aber ich konnte ihn irgendwie an Ort und Stelle stoppen.

Als ich seinen Schwung abfing, zappelte der Hell Hound kurz in der Luft. Und als hätte er auf diesen Moment gewartet, tauchte Welf plötzlich an meiner Seite auf, um dem schutzlosen Monster einen heftigen Treffer zu versetzen.

»Agargh?!« Ein großer Schnitt durchzog seinen Körper. Das seitwärts herabgerissene Breitschwert hatte den Hell Hound zweigeteilt.

Parade und Gegenangriff des vorderen und des mittleren Angreifers hatten sich zu einer effektiven Kombinationsaktion verbunden.

Aus dem Maul, das weiterhin im Schild verbissen war, schoss dunkelrotes Blut, bevor der vordere und der hintere Teil des Monsters einzeln auf den Boden fielen.

»Grrrrr!« Der andere Hell Hound lauerte in einiger Entfernung zu uns. Er hob das Hinterteil und senkte die Vorderbeine. Ich bemerkte sofort, dass er in dieser Stellung Flammen ansammelte. Zwischen seinen Zähnen stießen längst zahlreiche Funken hervor.

»Dafür ist es etwas zu spät!«

»Wrautz?!«

Doch bevor das Monster Feuer spucken konnte, hatte sich schon ein Metallbolzen in sein rechtes Auge gebohrt.

Lilis Armbrust hatte zwar aufgrund ihrer geringen Größe nur wenig Durchschlagskraft, aber meine Kameradin hatte dafür geschickt auf eine Schwachstelle gezielt, um den Gegner aufzuhalten.

Sein roter Kimono wehte, als Welf an den Feind heransprang und im selben Zug nach seinem Kopf schlug. Die Stirn des Hell Hounds färbte sich blutrot, bevor er ohne auch nur ein Stöhnen kraftlos zusammensackte.

»Sehr gut … Das sieht doch vielversprechend aus, oder?«

»Es wäre auch zu ärgerlich, wenn ihr in euren Kombinationen nicht langsam geübt wärt«, neckte Lili uns. »Das war doch selbstverständlich.«

»Es lief aber wirklich gut.«

Mit dem Ende dieses kurzen Kampfes lockerte sich die Stimmung in der Gruppe wieder. Nach meiner anfänglichen Aufregung war ich nun beruhigt, dass wir diese Hell Hounds so einfach hatten besiegen können. Diese Monster waren das größte Hindernis auf Ebene 13 und wir waren offensichtlich stark genug, sie zu bezwingen. Allein diese Erkenntnis war schon mehr als genug Belohnung für diesen Kampf. Außerdem hatte ich erfahren, dass der Feuerangriff dieser Scheusale anscheinend einen Moment Vorbereitung benötigte … Das sollte uns noch nützen.

Während Lili die Magiesteine einsammelte, konnte ich mich so ein wenig entspannen.

»Oh, da kommt wieder was.«

Ich reagierte sofort auf Welfs Zuruf.

Tiefer aus dem Gang kamen diesmal drei Monster auf uns zu, die äußerlich an Hasen erinnerten. Sie wackelten mit den langen Lauschern und hatten weiß-gelbliches Fell und flauschige Stummelschwänze. Auf der Stirn trugen sie jeweils ein spitzes Horn. Wenn sie sich auf die Hinterbeine stellten, waren sie vielleicht so groß wie Lili. Es wirkte fast so als hätten ein paar Hornhasen gelernt, auf zwei Beinen zu gehen.

»Meister Bell! Sind das etwa?!«

»Nein!«

Lili hatte die Augen weit aufgerissen und ich hätte sie am liebsten angeschrien, was sie für einen Unsinn fragte.

Dies waren Hasenmonster namens Almiraj. Im Gegensatz zu ihrem eher friedlich wirkenden Aussehen waren diese Bestien wirklich kampflustig und gehörten nicht ohne Grund zu den Monstern, die erst ab Ebene 13 auftauchten.

»Bell, sollen wir wirklich gegen sie kämpfen? Das ist ja wohl ein schlechter Scherz.« Selbst Welf schaute nun äußerst ernst. Er schien kurz davor zu sein, in Tränen auszubrechen.

»Ja, das ist ein ganz, ganz schlechter Scherz!«

Während wir noch witzelten, zerschlugen die Almirajs einen großen Felsen und schnappten sich so ganz natürlich entstandene Waffen. In einer Pfote trug jetzt jede Bestie eine kleine Steinaxt. Dann waren viele der großen Steine hier also Landformwaffen?

Die drei gehörnten Hasen waren nun komplett ausgerüstet und ihre roten Augen direkt auf uns gerichtet.

»Drei gegen drei«, meinte Welf.

»Ich sage dir gleich«, widersprach Lili, »dass wir hier dreimal drei gegen einen kämpfen müssen, klar? Wenn wir uns aufteilen, machen die uns fertig. Sollten wir nur einen kleinen Fehler machen, liegen wir hier gleich tot auf dem Boden.«

Almirajs befanden sich hinsichtlich der Kampfkraft der Monster des mittleren Bereichs eher am unteren Ende der Skala. Hütete er sich vor ihrer Beweglichkeit, die sogar der eines Silberrückens überlegen war, wäre ein Abenteurer auf Level 1 mit Müh und Not imstande, sie zu bezwingen. Dennoch wurden diese Hasenmonster als Level 2 kategorisiert, weil sie in Gruppen kämpften und dadurch enorm stark und zu einer echten Bedrohung wurden.

Schließlich gaben die Almirajs ein schrilles Quieken von sich und stürmten auf uns zu.

»Zuerst der rechte!«

»O… Okay!«

»Normalerweise soll man ja beim ersten Kontakt mit einem Monster lernen, wie man dagegen kämpft … aber die sind echt süß.«

»Kwautz!«

»Qui… Quiek!«

Eine Gruppe aus drei Abenteurern und ein Wollknäuel aus drei blutrünstigen Langohren. Nun stießen diese insgesamt sechs Schatten frontal aufeinander.

»Hermes ist wieder da?« Hestia drehte sich zu Takemikazuchi um, nachdem sie einem Kunden seine frittierten Kartoffeln gegeben hatte. »Diesmal ist er aber früh zurück, oder? Er war doch schon wegen der Teilnahme am letzten Denatus in Orario.«

»Ich verstehe das auch nicht. Es ist eigentlich undenkbar, dass er ohne triftigen Grund wieder hier ist.«

»Vielen Dank«, sagte Hestia und verbeugte sich vor dem Kunden, während Takemikazuchi einen Ellenbogen auf dem Tresen abstützte und das Gesicht grimmig verzog.

Eigentlich hatte der Laden auf der nördlichen Straße längst geöffnet, aber ihr guter Freund war vorbeigekommen, weil er Redebedarf hatte. Also unterhielt sich Hestia mit ihm, während sie ihren Job machte.

»Übrigens … das Geschäft scheint hier ja gut zu laufen.«

»Hi hi. Ist doch klar. Schließlich bin ich ja hier, nicht wahr?«

»Verdammt. Ein Maskottchen ist also echt gut für den Umsatz …«

Anscheinend war der Gott auch ein wenig verärgert darüber, dass pausenlos Kunden kamen und sich sogar eine Schlange gebildet hatte. Hestia stemmte unterdessen beide Hände in die Hüften und streckte den Busen weit heraus. Da beide Gottheiten Schürzen ihres Arbeitgebers trugen, passten sie irgendwie perfekt zusammen.

»Und was ist nun mit Hermes? Ist er wirklich direkt zu dir gekommen, Take?«

»Ja … Hast du ihn etwa noch nicht getroffen, Hestia?«

»Hm. Nein. Ich wusste nicht, dass er zurück ist, bis du mir davon erzählt hast.«

Die Tiermenschenangestellte des Standes frittierte fleißig die Kartoffeln, die Hestia dann mit geübten Bewegungen in Tüten steckte und an die Kunden weitergab. Fast so, als wäre es ein Bonus für den Kauf, streichelten diese Hestia lächelnd über den Kopf, bevor sie weggingen.

»Er scheint Interesse an deinem Bell Cranel zu haben. Zumindest hat er das gesagt … Ganz sicher plant er irgendwelchen Unsinn.«

»Hm … Bestimmt machst du dir einfach zu viele Gedanken. Selbst Hermes wird nichts machen, was zu große Wellen schlägt, oder?«

Schließlich war er kein Gott, der unnötig Streit heraufbeschwören würde. Mehr als die meisten anderen konnte man ihn als äußerst gewandt oder auch pfiffig bezeichnen. Er hatte viele Bekannte und agierte eher als Schlichter zwischen zwei Gottheiten, die sich in die Haare gekriegt hatten. Leben und leben lassen. Das war viel eher der Hermes, den Hestia kannte.

»Er wäre allerdings auch nicht der Einzige, der ein Auge auf Bell geworfen hat … Hast du eine Ahnung, wie viele Gottheiten uns in der letzten Woche besucht oder belästigt haben?«

»Ich bin überrascht, dass du Partei für ihn ergreifst, Hestia. Ich komme mit Hermes überhaupt nicht klar. Ich glaube kein einziges Wort, das aus seinem Mund kommt.«

»Ha ha ha. Er hat nun mal auch oft seine Spielchen mit dir getrieben, was, Take?«

Im Himmelsreich hatten Hestia und Hermes ähnliche Bereiche verwaltet … Sie waren somit in gewisser Weise ehemalige Nachbarn und schienen sich gut zu verstehen.

Ein Halbelfenmädchen, das kleiner als Hestia war, kreischte fröhlich, als es sie umklammerte und kurz darauf strahlend zu seiner Mutter zurücklief.

»Und welche Gründe hast du für dein Misstrauen?«

»Es ist bloß mein Instinkt.«

Während Takemikazuchis violette Augen auf sie gerichtet waren, hob Hestia leicht das Kinn und dachte nach. Der Instinkt einer Gottheit besaß eine gewisse Überzeugungskraft.

»Takemikazuchi! Hast du nichts Besseres zu tun, als dich hier so locker zu unterhalten?«

»Ach, tut mir leid, Chefin. Es war eine wichtige Angelegenheit … Nein, ich werde die Verkäufe gleich antreiben. Ich gebe mein Bestes, ja?«

»Du kannst vieles behaupten! Warum nimmst du dir nicht mal ein Beispiel an Hestia?«

»Ja, es tut mir leid. Ich werde mich jetzt wirklich anstrengen und auch morgen richtig Gas geben.«

Während Hestia noch in Gedanken versunken gewesen war, war die Chefin der Stände mit den frittierten Kartoffeln aufgetaucht, woraufhin Takemikazuchi sich mehrfach entschuldigend verbeugte. Die kleine Göttin dachte, dass ein Gott, der sich immer wieder vor einem Kind verneigte, ein wirklich seltsamer Anblick war. Dabei ignorierte sie natürlich komplett, dass sie genauso nur eine einfache Angestellte war.

»Bis dann, Hestia. Pass gut auf. Vielleicht ergeben meine Worte überhaupt keinen Sinn, aber dennoch solltest du dich besser davor hüten, was Hermes treibt.«

»Ja, danke, Take.«

Der Gott lief an ihrer beider Chefin vorbei und winkte kurz, bevor er zu seinem Arbeitsplatz zurückkehrte. Hestia war dankbar, dass sich ihr guter Freund um sie sorgte, und schaute ihm hinterher. »Hermes also?«

Sie streckte den Kopf unter dem Stand hervor und blickte hoch zum strahlend blauen Himmel. Vor ihren Augen sah sie ihren Bekannten Hermes mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Aber kurz fühlte sie sich bei dem Gedanken auch an eine ganz andere Gottheit erinnert.

»Ganz sicher nicht … oder?«, murmelte sie, aber ihre Worte wurden von einem launischen Windstoß davongetragen.

Eine schöne Schäfchenwolke zog über den Himmel, von dem die Sonne herabschien. Die westliche Hauptstraße, auf der Wellen von Menschen an zahlreichen Pferdewagen vorbeigingen, wurde in ihr warmes Licht getaucht. Unter ihnen war auch ein gewisser Gott.

»Und wie sieht es derzeit bei ihm aus, Asfi?«

»Die offiziellen Informationen der Gilde besagen, dass er längst Ebene 11 erreicht hat. In den letzten zehn Tagen wird er sicherlich auch über Ebene 12 hinausgekommen sein.«

Es handelte sich um Hermes, der sich hier im Getümmel mit jemandem unterhielt. Seine Gesprächspartnerin Asfi – zumindest hatte er sie so genannt – folgte ihm die Straße entlang. Sie trug einen schneeweißen Umhang und etwas seltsame Schuhe. Es waren fast bis zu den Knien reichende Sandalen, die mit goldenen Flügeln verziert waren.

»Das ist zwar nur eine Zeugenaussage von jemanden in Babel … aber heute hat anscheinend ein Abenteurer für seine ganze Gruppe Salamanderwolle gekauft.«

»Huch? Ist er etwa in den mittleren Bereich vorgestoßen?«

»Wahrscheinlich schon«, antwortete Asfi, woraufhin Hermes auflachte.

»Es sind doch seit dem Rangaufstieg erst zehn Tage vergangen. Dieser Rekordhalter ist echt schnell.«

»Außerdem scheint er eine mächtige Magie zu beherrschen. Es gibt zahlreiche Zeugen dafür, dass er auf Ebene 11 mit einem gewaltigen Angriffszauber mit einen Schlag einen Infant Dragon besiegt hat.«

Auch wenn Asfi Hermes als Dienerin begleitete, stand ihr Äußeres dem einer Gottheit in nichts nach. Sie hatte klare Gesichtszüge und ihr Blick strahlte Intelligenz aus. Ihre silberfarbene Brille unterstrich ihre Klugheit zusätzlich. Zudem war eine einzelne Strähne ihres aquamarinblauen Haars weiß gefärbt, was sie irgendwie außergewöhnlich machte.

Während sie die Aufmerksamkeit zahlreicher Tiermenschen und Zwerge erregte, erstattete Hermes’ Anhängerin weiter Bericht: »Das ist aber nicht der einzige Grund.«

»Hm?«

»Beim Kampf gegen den Minotaurus scheint er diese Magie auch effektiv eingesetzt zu haben. Das haben einige andere Abenteurer genau beobachtet. Eine meiner Quellen aus der Loki-Familia hat ihn deswegen auch mit einem spöttischen Spitznamen belegt. Sie nannte ihn Schummel-Rookie.«

»Ha ha ha ha! Schummel-Rookie! Das ist echt ein guter Scherz!« Hermes lachte mit weit aufgerissenem Mund. Er war dabei so laut, dass er die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zog, aber schien sich daran nicht zu stören. Seine Schultern bebten. »Aber nur indem er mit seinem Zauber einen Zufallstreffer landet und einem halb toten Monster damit den Rest gibt … kann er nicht genug Excelia sammeln … So einfach läuft das mit dem Segen von uns Göttern nun mal nicht … Tja, aber ich verstehe schon, was die Person sagen wollte.« Nachdem er sein Lachen wieder unter Kontrolle hatte, kniff er seine schmalen Augen leicht zusammen.

»Wahrscheinlich ist damit auch eher gemeint, dass er mit der Anzahl der Tage bis zum Rangaufstieg irgendwie geflunkert hätte …«, meinte Asfi.

»Ach, das ergibt Sinn. Abenteurer sind bei so was ziemlich streng.«

»Auf jeden Fall ist klar, dass andere Abenteurer diesen ganzen Trubel um Bell Cranel überhaupt nicht lustig finden.«

Das laute Treiben auf der Straße hüllte die Unterhaltung von Hermes und seinem Kind wieder komplett ein. Vor einem gewissen Laden hatten sich Barden unterschiedlicher Völker versammelt, die Orario besuchten, um seinen Bewohnern eine Vorführung zu geben. Die meisten von ihnen waren Reisende, die ihre Erfahrungen in Liedform teilten und passend dazu auf einem Instrument spielten. Manche Stimmen klangen heiter, andere wiederum wehklagend. Um sie herum hatten sich Kreise aus Zuhörern gebildet. In den oberen Stockwerken der Gebäude an der großen Straße hatten sich Leute auf die Fensterrahmen gesetzt oder lehnten sich weit heraus.

Hermes war ebenfalls stehen geblieben und applaudierte nach dem Abschluss eines Liedes, bevor er eine Goldmünze warf. Die Reisenden waren höchsterfreut, dass ein Gott ihnen somit lächelnd seinen Segen schenkte. Und auch durch die Menge ging ein Raunen, als sie das sah.

»Habt Ihr vor, etwas wegen Little Rookie zu unternehmen?«, fragte Asfi, nachdem beide wieder losgegangen waren. Hermes musste ihren Blick im Rücken spüren, aber da er nichts antwortete, fuhr sie fort: »Ihr habt mir nicht gesagt, weswegen ich Informationen sammeln soll, aber scheint wirklich großes Interesse an ihm zu haben …«

»Was denn, Asfi? Bist du etwa eifersüchtig, weil ich mich in letzter Zeit nicht um dich gekümmert habe?«

»Ich?!« Kurz wurde sie wütend und ihre Stimme überschlug sich leicht, doch sie legte sofort einen Finger an die Schläfe und rieb sie sanft, um sich wieder zu entspannen. Eigentlich wusste sie genau, dass sie sich von den Neckereien ihres Schutzgotts nicht so aus der Fassung bringen lassen sollte, aber ihr war anzusehen, wie schwer ihr dies nach mehreren Jahren mit ihm fiel. Man erkannte, wie sehr sie darunter litt, ständig von ihm an der Nase herumgeführt zu werden. »Ich habe doch gesagt, dass ich keine Lust auf so nervigen Kram habe. Stellt Euch doch mal vor, Ihr wärt an meiner Stelle und müsstet meine ganzen eigenartigen Wünsche erfüllen!«

»Die anderen sind dir aber echt dankbar dafür. Schließlich haben sie dank dir ein ruhiges Leben, Asfi. Und auch ich kann mich immer auf dich verlassen. Du hast das Vertrauen deiner Kameraden und deines Gottes. Ha ha. Damit schlagen wir also zwei Fliegen mit einer Klappe!«

»Ich will nicht mehr …«

Seine Anhängerin war kurz davor, sich weinend auf den Boden zu werfen, aber Hermes lachte nur und tätschelte ihr den Kopf. Weil sie das Haupt leicht gesenkt hatte, rutschte ihr die silberne Brille ein wenig von der Nase.

»Habt Ihr die Hestia-Familia schon kontaktiert?«, fragte Asfi schließlich seufzend, nachdem sie sich wieder gefangen hatte. Sie wusste, dass ihr wankelmütiger Gott den Grund für die Informationssammlung sicherlich für sich behalten wollte, also lenkte sie das Gespräch in eine andere Richtung.

Auf ihre Frage meinte Hermes nur: »Nein, noch nicht.« Er lächelte verschmitzt. »Vorher muss ich unbedingt mit einer gewissen Person reden.«

Bevor Asfi mit verwunderter Miene irgendetwas darauf antworten konnte, blieb der Gott vor einem Geschäft stehen. Es handelte sich um eine ziemlich große Schenke auf der westlichen Hauptstraße. Hoch oben hing ein Schild auf dem in der Göttersprache Koine Hostess of Fertility stand.

Obwohl die Gäste auf der Terrasse sie schief anblickten, betraten Hermes und Asfi den Laden.

»Herzlich willkommen, miau! Wie? Miwas? Ist das etwa Meister Hermes?«

»Mann, ist das lange her, Chloe! Tut mir leid, aber könntest du bitte mal Mia herrufen?«, brachte Hermes sofort sein Anliegen vor, nachdem er von der Katzenfrau begrüßt worden war.

Chloe schaute zwischen dem Gott und Asfi hinter ihm hin und her, bevor sie mit einem »Aye-Aye, Sir!« zustimmte. »Einen kleinen Moment bitte, miau!«

Sie verschwand in den hinteren Teil des Geschäfts und kurze Zeit später kam eine große Zwergin mit schweren Schritten an.

»Meine Güte. Was ist denn? Was will ein Gott mitten am Tag hier?«

»Jetzt schau doch nicht so böse, Mia. Dein Gesicht ist viel zu schön, um es so zu verziehen.«

»Deine blöden Sprüche kannst du dir sparen. Sonst reiß ich dir den Kopf ab. Ich hab hier echt viel zu tun. Wenn du was willst, dann sag’s schnell.«

Weil die Schenkeninhaberin keinerlei Respekt vor einer Gottheit walten ließ und diese darüber hinaus noch beschimpfte, zuckte Asfis Wange ein wenig. Hermes schien sich an Mias ruppiger Art jedoch keineswegs zu stören. Mit einem Lächeln trat er näher an den Tresen heran und stützte den Ellenbogen darauf.

»Na gut. Dann komme ich gleich zum Punkt. Könntest du vielleicht bei Freya einen Termin für mich machen?«, flüsterte Hermes, nachdem er sich über den Tresen weit zu der Zwergin vorgebeugt hatte.

Mia verzog keine Miene. Sie hob nur eine Braue und schaute ihn direkt an. Seine orangefarbenen Augen erwiderten ihren Blick.

Schließlich stieß sie durch die Nase einen langen Seufzer aus. »Hach. Ich will mich nicht von Göttern rumkommandieren lassen. Wenn du mit ihr reden willst, dann geh direkt zu ihr«, sagte die große Zwergenfrau unverblümt und wies Hermes’ Bitte somit beherzt zurück. Sie schnaufte noch einmal durch die Nase und verschwand dann wieder tiefer im Geschäft.

Hermes sah ihr eine Weile hinterher, bevor er Asfi verlegen anlächelte, weil sein Plan fehlgeschlagen war. Diese rollte allerdings nur genervt mit den Augen, als wäre ihr das egal.

»Meister Hermes?«

»Hm? Oh, Syr! Lange nicht gesehen! Ist es dir gut ergangen?« Als sein Name gerufen wurde, drehte sich der Gott schnell und mit einem Lächeln auf den Lippen um.

Vielleicht hatte sie gerade eine Pause eingelegt, denn nun betrat Syr in Kellnerinnenuniform den Laden. Ihre dunkelgrauen Haare wehten im Luftzug, als sie die Tür schloss. »Es ist eine Weile her, Meister Hermes. Es scheint Euch aber gut zu gehen.«

»Hach, wohlerzogene Mädchen sind echt toll! Wie wäre es, Syr? Wollen wir vielleicht gleich auf ein Date gehen?! Mia hat meine Bitte einfach so abgelehnt und das hat mir ein wenig das Herz gebrochen. Tröste mich doch ein bisschen! Hrmpf?! Auauauauauauau?! Hey, aufhören, Asfi! Zieh mir nicht an den Ohren, ja?!«

Syr lachte etwas verlegen über den plumpen Annäherungsversuch des Gotts. Er wurde dafür auch prompt von seiner Anhängerin bestraft, weswegen die Kellnerin höflich ablehnte: »Ich verzichte lieber.« Während die andere weiterhin an Hermes’ Ohren zerrte, führte Syr ihn zu einem Tisch in der Schenke. »Setzt Euch doch bitte hierhin …«

Er aber ignorierte den Platz, der ihm gezeigt wurde, und kehrte stattdessen direkt zum Tresen zurück, um sich dort hinzusetzen. Doch genau der Hocker, auf dem der Gott sich gerade plumpsend niedergelassen hatte, war eigentlich der Sonderplatz, den Syr sonst für Bell frei hielt.

Sie sagte nichts, aber Hermes, hinter dem sich erneut Asfi aufgestellt hatte, lächelte sie an und fragte: »Syr, würdest du mir ein wenig zuhören?«

»Ja … Um was geht es denn?«

»Könntest du mir bitte alles verraten, was du über Bell Cranel weißt?«

Syrs Schultern zuckten kurz.

Im Getümmel der Gäste und unter den Blicken der arbeitenden Kellnerinnen begann somit eine heimliche Unterhaltung. Hermes lächelte sein Gegenüber unverändert an und nach einer Weile setzte auch Syr ein Lächeln auf, um ihre wahren Gefühle zu verbergen.

»Warum fragt Ihr mich so was?«

»Nun ja. Ich habe gehört, dass er oft hier zu Gast ist.« Der Gott warf seiner Anhängerin hinter sich einen Blick zu, bevor er sich erneut seiner Gesprächspartnerin zuwandte. »Und dass ich großes Interesse an diesem Little Rookie habe, versteht sich doch von selbst. Was denn? Du musst keine Angst haben. Wir werden nichts Komisches mit ihm anstellen. Also, was ist nun?«

Hermes bedrängte sie, doch Syr lächelte einfach weiter. »Ich kann Euch leider nichts dazu sagen, Meister Hermes«, verweigerte sie die Antwort, ohne den Blick abzuwenden. Sie versuchte damit, den Jungen zu beschützen.

In einer übertriebenen Geste ließ Hermes die Schultern hängen. »Vertraust du mir etwa nicht?«

Die Kellnerin strahlte übers ganze Gesicht. »Richtig, ich vertraue Euch kein Stück.«

»Chigusaaa!«, brüllte ein Mann den Namen seiner Kameradin.

Sein Schrei hallte laut von den Wänden wider, als das Menschenmädchen mit einer Axt in der Schulter kraftlos mit dem Rücken zuerst zu Boden fiel. Botschamms, schlug es dumpf auf dem Schotterboden auf.

Unter dem fackelartigen phosphoreszierenden Licht schoss eine Blutfontäne durch die Luft.

Die Monster quiekten grell. Ihnen war die freudige Erregung anzuhören, gerade ein Opfer niedergestreckt zu haben.

»Aus der Mitte muss jemand nachrücken! Füllt Chigusas Lücke!«

»Sch… Schnell die Heilung! Die Wunde ist tief!«

Auf Ebene 13 des Dungeons kämpfte eine Abenteurergruppe gegen eine Horde Monster. Auf die Ausrüstung der Abenteurer war ein im Boden steckendes Schwert gestickt. Es handelte sich um das Emblem der Takemikazuchi-Familia. Die sechs – oder wegen Chigusas Ausfall inzwischen nur noch fünf – Mitglieder der Gruppe versuchten verzweifelt, die unaufhörlichen Angriffe einer Ansammlung von insgesamt sieben Almirajs abzuwehren.

Nur ein winziger Moment der Unachtsamkeit hatte zu dieser Lage geführt. Mit schnellen Bewegungen waren die Hasenmonster um die Gruppe herumgesprungen und hatten mit ihnen ihr Spiel getrieben, als plötzlich eine Steinaxt durch die Luft geflogen war und eine Kameradin in der vorderen Reihe getroffen hatte. Ein Almiraj, der sich bis dahin zurückgehalten hatte, hatte sie geworfen. Die Monster waren im Umgang mit diesen natürlichen Waffen erprobt und ein Treffer drohte schnell tödlich zu enden.

»Quiaaack!«

»Urgh?!«

Die Almirajs änderten sofort ihr Vorgehen. Dass die Takemikazuchi-Familia sich nach dem überraschenden Angriff noch nicht wieder gesammelt hatte, schienen sie als Chance zu sehen, denn sie attackierten die Gruppe immer heftiger.

Im oberen Bereich war es undenkbar, dass Gegner die eigenen Bewegungen so gut vorhersehen konnten. Nicht nur die Fähigkeiten an sich, sondern auch die Intelligenz der Monster hatte mit dem Eindringen in den mittleren Bereich einen gewaltigen Sprung gemacht. Sie waren viel stärker als alle, auf die man auf Ebene 12 traf, und somit überhaupt nicht mit ihnen zu vergleichen.

Unaufhörlich krachten die Waffen der Abenteurer mit den Steinäxten der hasenartigen Bestien zusammen und die Gruppe wurde zunehmend in die Enge getrieben. Sie konnte nur dabei zusehen, wie die Umzingelung durch die Almiraj immer enger wurde, und spürte mehr und mehr, in welcher Gefahr sie sich befand.

»Hejah!«

»Quieks?!«

Durch die wilden Angriffe der Monsterhorde gelang es den Abenteurern zusehends weniger, effektiv zusammenzuarbeiten. Doch eine junge Frau mit langen, zu einem Zopf gebundenen Haaren und hellvioletter Ausrüstung machte einen Schritt vorwärts, trat zwischen den Frontkämpfern hindurch nach vorne und hieb blitzschnell mit ihrer langen Klinge nach einem der Almirajs. »Meister Oka, Rückzug! Ich werde die Nachhut bilden!«, rief die junge Abenteurerin namens Mikoto mit klarer Stimme einem ihrer Kameraden zu.

»Danke! Ich verlass mich auf dich!« Der männliche Abenteurer, der die Gruppe anführte, schielte noch einmal kurz zu ihr herüber, doch leitete dann den Rückzug ein.

Mikoto hielt ihr Kata, dessen Klinge ganze neunzig Celti maß, fest im Griff und schwang es mit beiden Händen, um die Angriffe der Monster abzuwehren.

»Haaaaaah!« Mit einem gellenden Kampfschrei stürmte sie vor und schlug rücksichtslos die Almirajs entzwei. Welche Gegenangriffe folgen würden, konnte sie leicht durchschauen, sodass es ihr gelang, rechtzeitig auszuweichen. Obwohl die Monster eigentlich in der Überzahl waren, prallten deren Attacken einfach an ihr ab.

Mit ihren gleichermaßen geschickten wie wunderschönen Bewegungen stellte sie all ihre Kameraden und auch die Monster in den Schatten. Sie hatte kurz zuvor Level 2 erreicht und war Ebene 13 mehr als gewachsen. Obwohl die Almirajs wegen ihrer Agilität unter allen Monstern des mittleren Bereichs herausragten, waren sie außerstande, mit der jungen Abenteurerin mitzuhalten. Sollte sich ihr ein Gegner unachtsam nähern, würde sie ihn auf der Stelle entzweischlagen.

»Grooooor!«

»Hngh!«

Auf einmal bebte der ganze Durchgang und ein Donnern ging durch den Schotterboden. Es kam von weiter hinten im Gang.

Mikoto und die Almirajs wandten sich verblüfft um.

Aus der Ferne rasten zwei kugelförmige Wesen, die an große Felsen erinnerten, mit atemberaubender Geschwindigkeit auf sie zu.

Hard Armored! Diese Gürteltiermonster hatten eine so große Verteidigungskraft, dass sie in den oberen Ebenen oft als eisenhart bezeichnet wurden. Der Schild, den Mikoto an der Hüfte trug, war aus den Panzerplatten dieser Bestien hergestellt.

Angesichts der enormen Schnelligkeit der auf sie zustürmenden Kugeln stockte Mikoto der Atem. Sie warf einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass ihre Kameraden, die die schwerverletzte Chigusa beschützten, noch nicht in sicherem Abstand waren.

Wenn sich ein Hard Armored eingerollt hatte, war er mit physischen Angriffen fast nicht zu besiegen. Mit seiner schnellen Rotation und seinem harten Panzer konnte er so gut wie alle Angriffe abwehren, sofern man es überhaupt schaffte, sich ihm zu nähern. Ließe Mikoto die beiden Monster vorbei, würden ihre unvorbereiteten Kameraden von ihnen aufgerieben.

Ich muss sie aufhalten! Passend zum Rückzug ihrer Gruppe war auch sie schon etwas zurückgewichen, aber blieb jetzt fest stehen.

Die zahlenmäßig verringerten Almirajs flüchteten schnell an den Rand des Ganges, als die beiden Hard Armored weiter beschleunigten. Jeder normale Abenteurer hätte jetzt die Beine in die Hand genommen und sich schleunigst davongemacht, aber die junge Frau befestigte den Schild an ihrer Hüfte nun an ihrem rechten Arm und hob ihre wohlgeformten Augenbrauen, während sie sich auf den Aufprall gefasst machte.

Sie ging leicht in die Knie, beugte sich nach vorne und knallte dann bewusst mit einem der zwei Monster zusammen. »Ur… Urghs?!« Mit einem Schulterstoß und dem Schild rammte sie den vorderen Gegner. Die Kollision erschütterte ihren gesamten Körper.