Is was, Dog? - Dunja Hayali - E-Book

Is was, Dog? E-Book

Dunja Hayali

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Beschreibung

Seit Jahren bildet Dunja Hayali mit Emma ein unzertrennliches Team. Warmherzig und mit einem Happen Ironie schildert sie in ihrem Buch die kuriose Welt der Vierbeiner und Hundehalter - und ihre Erlebnisse mit ihrer eigensinnigen Retriever-Hündin. Eine so witzige wie ehrliche Liebeserklärung an den besten Freund des Menschen.

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Das Buch

Dunja Hayali ist seit vielen Jahren stolze Besitzerin der Golden-Retriever-Hündin Emma. In ihrem Buch erzählt die ZDF-­Moderatorin aus dem Alltag eines Hundehalters ‒ einem Alltag, der ganz besondere Fragen aufwirft: Wer ist schuld, wenn Jogger über eine meterlange Leine fallen? Warum lassen sich intelligente Menschen von Dackeln erziehen? Ist es normal, dass die Frisur des Hundes mehr kostet als die eigene? Wieso kann man einem Hund sein Herz ­ausschütten und fühlt sich danach viel besser? Immerhin: Wer sich einen Hund anschafft, bereichert sein Leben auf ungeahnte ­Weise. Zu den Neuerungen zählen nächtliche Parkbesuche, der Duft von Pansenkeksen in der Wohnung und Unmengen von Haaren überall. Mit wildfremden Menschen marschiert man durch Schnee- und Hagelstürme und bespricht die Verdauungsprobleme von Dogge, Spitz & Co. Man ist Teil einer sehr aktiven Parallelgesellschaft, in der intelligente Leute mit Babystimme auf Pudel einreden, zeckenabweisende Bernsteinketten kaufen, »Dog Dancing« für eine ernstzunehmende Sportart halten … und glücklich damit sind.

Auf sympathische Weise beschreibt Dunja Hayali die besonderen Merkmale der diversen Herrchen und Frauchen und ihrer vierbeinigen Partner ‒ und zeigt, wie schön ein Leben mit Hund ist.

Die Autorin

Dunja Hayali, geboren 1974 in Datteln, ist Tochter irakischer Eltern. Sie studierte an der Deutschen Sporthochschule mit dem Schwerpunkt Medien- und Kommuni­ka­tionswissenschaften und arbeitete nach dem Studium unter anderem als Sportmode­ratorin beim Radio der Deutschen Welle. Im April 2007 übernahm Hayali die ­Moderation der ZDF-heute-Nachrichten ­sowie die Ko-Moderation des heute-­journals. Seit Oktober 2007 moderiert sie außerdem das ZDF-Morgenmagazin.

Dunja Hayali

mit Elena Senft

IS’ WAS, DOG?

Mein Leben mit Hund und Haaren

ullstein extra

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein-buchverlage.de

Abbildungen:© Hans Scherhaufer: Kapitel: Gesunde Hunde; Epilog© privat: Kapitel: Wollen Sie das wirklich?; Hilfe, ich habe einen Hund; Wie Hundehalter ticken;Und alles ist Dressur …; Alltag mit Hund; Epilog© i-Presse: Kapitel: Der Hund als Partner

ISBN 978-3-8437-0703-9

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2014Umschlaggestaltung: ZERO WerbeagenturUmschlagmotiv: Hans Scherhaufer

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

E-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

Inhalt

Vorwort: Ein Hund und sein Frauchen – Emma und ich

»Wollen Sie das wirklich?« Der lange Weg zum Hund

Warum ein Hund, wenn mit einem Zierfisch alles viel einfacher wäre?

Die Rechtfertigungsorgie

Das typische Herrchen – oder: Wer schafft sich eigentlich einen Hund an?

Was für einer soll es denn nun sein?

Assessmentcenter beim Rassezüchter und Tierheimbesuche – und wie ich Emma doch noch bekam

Hilfe, ich habe einen Hund!

»Luna« hui, »Wolfgang« pfui? Der passende Name

Allgemeingut Welpe – oder: »Darf ich mal anfassen?«

Plötzlich neue Freunde: der Hund als Kontaktmagnet

Heulen, Jaulen, Schuhekauen: die ersten Tage im neuen Heim

Wie lange es dauert, bis man seinen Lieblingssessel aufgibt

Wie Hundehalter ticken

»Du siehst aber interessant aus …« Der Konkurrenzkampf um den besten Hund

»Ist mein Hund nicht niedlich?« Der Jahrmarkt der Eitelkeiten

Der eigene Hund, die Ausnahme von allem …

Die Hundewiese – ein ausgewiesener Expertenzirkel

»Er hat heute schon dreimal groß gemacht.« Die Intimität der Hundewiese

»Bello hat’s in Tirol besser gefallen als in der Toskana.« Was Herrchen ins Tier hineinpsychologisieren

»Und alles ist Dressur …«Wer erzieht hier eigentlich wen?

»Hiiiiierheeer!« Kommt der Hund, wenn ich ihn rufe?

Darf der Hund ins Bett?

Die Leinenfrage: Mit oder ohne?

Dimensionen der Sturheit: Wenn der Hund etwas will – oder auch nicht

Hundemanipulation – Fiffis perfides System, sich am Ende immer durchzusetzen

Streber oder Rabauke? Die Hundeschule

Wenn der perfekte Hund nicht mitspielt

Alltag mit Hund

Die Schlafstätte: paradiesische Zustände – für den Hund

Wie im Kindergarten: die Spielzeugkiste

Erfinden Sie Ihre Hobbys neu

Hunde und ihre Tierkollegen

Hygiene ist Ansichtssache: Loten Sie Ihre Grenzen völlig neu aus

Überleben zwischen Nicht-Hundebesitzern

Herrchen sind Lügner – Vom Schönreden der Hundemacken

Gesunde Hunde – Von Medizin und Tierarztbesuchen

Wenn das Wohlbefinden des Hundes über alles geht – notfalls über das eigene

Der Tierarztbesuch

Die ersten Zipperlein

Grünlippmuschelextrakt und Knoblauchgranulat: die Zusatzapotheke in der Küche

Man hat nicht nur ein Haustier … Von Zecken, Flöhen und Herbstgrasmilben

Der Hund als Partner

Wenn man plötzlich ein Team ist

Konversation mit dem Hund: Normalität oder schleichender Wahnsinn?

Man kennt sich halt … Die ganz eigene Kommunikation zwischen Herr und Hund

Erholung vs. Trennungsschmerz: Urlaub ohne Hund

Der Hund als Beziehungskiller – oder Beziehungsretter …

Wie der Hund einen verändert – auch wenn man irgendwann wieder ohne ihn durchs Leben zieht

Epilog

Feedback an den Verlag

Empfehlungen

Für Emma, Rudi und den Rest der Familien-Bande.Danke!

Vorwort: Ein Hund und sein Frauchen – Emma und ich

Eigentlich habe ich mich immer dagegen gewehrt, ein »Frauchen« zu werden. Es ist mir in großen Teilen meines Lebens gelungen. Bis Emma kam.

Emma ist mein Hund. Eine für ihre Rasse etwas zu hell und etwas zu klein geratene, versponnene, liebe, verrückte, sanftmütige, wilde Golden-Retriever-Hündin. All das gleichzeitig. Und ich bin – nun ja, ich bin ihr Frauchen. Wie man es dreht und wendet, es ist so. Und das seit fast zehn Jahren.

Emma trat in mein Leben, als ich 30 Jahre alt war und mir endlich einen langgehegten Traum erfüllen wollte: nämlich den vom eigenen Hund. Schließlich wollte ich schon ewig einen haben. Ich hatte die Realisierung dieses Vorhabens immer wieder verschoben, vorübergehend vergessen, erneut ins Auge gefasst und gleich wieder verworfen. Dazu die üblichen Einwände: falsche Lebenssituation, ganz falscher Job – und diesen langen Urlaub wollte ich doch eigentlich noch in diesem Jahr machen, oder? Und überhaupt, diese Verantwortung!

So richtig aus dem Kopf gegangen war sie mir trotzdem nie, die Vorstellung davon, mit einem treuen Gefährten an meiner Seite durchs Leben zu spazieren (denn so einfach stellte ich mir damals das Frauchendasein vor). Und als Emma schließlich da war, vergaß ich all diese komischen präventiven Überlegungen und hatte nur noch einen Gedanken: »Warum, zum Teufel, habe ich das denn bitte nicht schon viel früher gemacht?«

Nun ja, die Antwort liegt eigentlich auf der Hand: Hätte ich nicht so lange gewartet, dann hätte ich heute nicht Emma, sondern einen anderen Hund. Und das wiederum wäre für mich unvorstellbar. Wie übrigens für jeden Hundebesitzer, den man vor solch eine Wahl stellen würde.

Seit fast zehn Jahren nun erzähle ich Emma alles, was mich bewegt und beschäftigt. Emma kennt meine intimsten Geheimnisse, tiefsten Abgründe, größten Triumphe und verheerendsten Niederlagen. Sie weiß, wen ich insgeheim so richtig doof finde und wen nicht. Emma liegt während meiner Monologe meist in ihrem Korb – Verzeihung: Sie liegt natürlich in einem ihrer diversen in der Wohnung drapierten Hundebetten, die irgendwie viel bequemer aussehen als mein eigenes Bett – und brummt, guckt doof, gähnt oder legt den Kopf schief. Sie antwortet nie. Trotzdem habe ich das Gefühl, sie versteht es. Sie versteht alles.

Natürlich gibt es Momente geistiger Klarheit, in denen ich mir bewusstmache, dass das wahrscheinlich alles völlig absurd ist. Emma ist ein durchschnittlicher Hund mit wirklich – wirklich! – überschaubaren Gehirnfunktionen und rafft im Grunde überhaupt nichts, außer mit traumwandlerischer Sicherheit, wo ich in der Wohnung die Leckerlis versteckt habe. Diese Überschätzung des eigenen Hundes, dieses Wichtignehmen und permanente Alles-hinein-Interpretieren ist ein seltsamer Spleen von uns Hundebesitzern. Ich weiß das. Es ist einfach absurd, in infantile Begeisterungsstürme auszubrechen, weil Emma einen Ball von A nach B getragen hat, oder in eine Form von Mutterstolz, wenn ein Passant versichert, Emma sehe auf gar keinen Fall aus wie zehn, sondern allerhöchstens wie sechs! (»Hast du das gehört, Emma?«)

Es ist angesichts der Forschungsergebnisse über die Empathiefähigkeit von Tieren sowieso ziemlich mutig, zu behaupten, der eigene Hund merke genau, wenn es einem nicht gutgehe, und setze sofort alles daran, dass es dem Herrchen schnell wieder bessergehe. Oder dem Hund eine komplexe menschliche Verhaltensweise wie »Beleidigtsein« zu unterstellen, weil man ihn eine Woche bei Freunden abgegeben hat, um mal allein in den Urlaub zu fliegen. Den Satz »Die Lissy hat mich danach eine Woche lang mit dem Arsch nicht angeguckt!« kennt in geringer Abwandlung fast jeder Hundebesitzer aus seinem eigenen Mund. Es gibt zwar keine Beweise dafür, aber man ist sich sicher, dass es stimmt.

Wie soll ich es schließlich auch sonst interpretieren, wenn ich nach einem beschissenen Tag nach Hause komme, mich völlig fertig auf die Couch fallen lasse und heulen könnte – und Emma daraufhin mit der Leine im Maul zu mir kommt und auffordernd brummt? Signalisiert sie damit ein schlichtes »Los jetzt, ich muss aufs Klo!« oder vielleicht doch eher ein »Komm, lass uns erst mal an die frische Luft gehen und den Kopf freikriegen. Danach sieht alles schon viel besser aus«? Fast jeder Hundebesitzer würde sich für die zweite Variante entscheiden.

Das Ganze klingt wenig rational. Das ist aber egal. Denn um Rationalität geht es bei Hundebesitzern prinzipiell schon mal gar nicht. Es geht um ein Gefühl, das alle Herrchen und Frauchen teilen, wenn es sich um ihren Hund handelt: das Gefühl, sich mit einem Hund an der Seite wohler zu fühlen als ohne ihn; das Gefühl, jemanden zu haben, der einen immer wieder runterholt. Es geht darum, sich mehr bei sich selbst zu fühlen, darum, dass man erst durch den eigenen Hund erkennt, wer man wirklich ist oder wer man zumindest sein könnte.

In meinem Fall wird dieses Gefühl von einem bestimmten Geräusch erzeugt: einem dumpfen, matten Klopfen, das ich immer dann höre, wenn Emma in meiner Wohnung auf dem Dielenboden liegt, etwas unmotiviert, aber tiefenentspannt mit dem Schwanz wedelt, der Schwanz dabei auf den Holzboden klopft und ebendieses Geräusch entstehen lässt. Das Geräusch verkörpert für mich mein Zuhause. Ein Metrum der absoluten Gelassenheit und des Einklangs. Denn Emma ist die Inkarnation des Einklangs. Mit sich, mit der Welt, mit allem.

Ich wäre gerne so grundentspannt wie Emma, die sich eigentlich durch gar nichts aus der Ruhe bringen lässt. Na gut, Kaninchen, Bälle, Eichhörnchen oder alles Essbare mal ausgenommen. Ich bin es aber nicht. Ganz im Gegenteil, ich bin ungeduldig, jähzornig und kann mich viel zu doll über winzige Kleinigkeiten aufregen. Wenn ich jedoch dieses Klopf-geräusch höre und in diese gutmütigen Augen schaue, bewege ich mich emotional ein wenig mehr in Emmas Richtung. Und ich glaube, dass Emma das weiß. So wie alle Hunde viel mehr über ihre Besitzer wissen, als man denkt. Emmas Schwanzklopfen bedeutet: »Hey, es ist alles in Ordnung. Entspann dich. Kein Grund zur Sorge« – und sofort lehne ich mich zurück und denke: »Sie hat recht. Es wird alles nicht so schlimm sein, wie es gerade scheint. Und den Rest klären wir, wenn es so weit ist.« So deute ich Emmas Klopfen zumindest. Denn erklären kann sie es mir ja nicht. Sie ist schließlich nur ein Hund und kann überhaupt nicht sprechen. Oder doch … aber dazu später mehr.

Es ist ein bisschen beunruhigend, all das einem Hund zuzutrauen, oder? Vielleicht sogar richtig hirnrissig. Das Beruhigende aber an dieser völlig übersteigerten Erwartung an das Haustier ist: Ich bin damit nicht allein. Denn Millionen anderer Menschen in Deutschland teilen diese Affenliebe – zu ihren Pinschern, ihren Schäferhunden, ihren Pudeln, ihren chinesischen Schopfhunden, ihren Rottweilern, Windhunden und Dobermännern. Und es scheint ihnen gut dabei zu gehen. Trotz Kotbeutel, trotz stinkender Sofagarnituren, trotz des Kopfschüttelns überzeugter Hundegegner und trotz eines Lebens, das großteils in den unwirtlichen Gebüschen von Stadtparks, in düsteren Fuchsbauten oder auf zu Steppen verödeten Hundewiesen stattfindet.

Wie kann das sein? Spinnen die alle? Oder sind sie in Wirklichkeit diejenigen, die recht haben? Allerhöchste Zeit also für eine genauere Betrachtung der – man nehme es mir bitte nicht übel – verrücktesten Parallelgesellschaft der Welt. Eine Welt, in der Dogdancing als ernstzunehmende Sportart und der Geruch von Pansen in der Küche als völlig normal angesehen wird. In der Menschen mit Tieren sprechen und Tiere eigene Zahnbürsten haben, nebst Zahnpasta in der Geschmacksrichtung »Geflügel«. In der Welt der Hundebesitzer. Eine wahnsinnig bekloppte Welt. Aber eine Welt, in der ich mich total zu Hause fühle.

Wollen Sie das wirklich?Der lange Weg zum Hund

Warum ein Hund, wenn mit einem Zierfisch alles viel einfacher wäre?

Okay, sagen wir es gleich vorneweg: Ein Hund ist eine Schnapsidee. Und zwar eine richtige! Sie werden dank ihm Zecken in der Größe kleiner Weintrauben auf Ihrer Couch finden, die hygienische Oberkategorie Ihrer Kleidung wird nicht mehr »Das ist sauber«, sondern »Och, das geht doch noch« sein, und Sie werden allein und schmutzig im Stadtpark stehen und völlig entnervt einen albernen Namen brüllen, während saubere Menschen entspannt an Ihnen vorbeiflanieren und einen kurzen Moment zu überlegen scheinen, ob Sie psychologische Betreuung brauchen.

Zudem werden Sie in ungeahnte Erklärungsnöte geraten. Etwa dann, wenn der ausgewachsene Cane Corso sich nach einem ausgiebigen Bad im Schlammloch auf dem fremden schneeweißen Langflorteppich trockenwälzt. Wenn der Labrador den Döner so schnell aus der Hand des unbekannten Passanten gerissen und unzerkaut inhaliert hat, dass Sie fast ein wenig beeindruckt sind. Wenn Sie ein romantisches Gespräch über den eventuellen Ausbau einer vorsichtigen, zärtlichen Beziehung führen und der Jack-Russell-Terrier währenddessen beginnt, mit energischem Hecheln Ihr Lieblingszierkissen zu vögeln. Oder wenn der befreundete Beifahrer sich aus dem Autofenster übergibt und man die leise Ahnung nicht loswird, dass seine Übelkeit etwas mit dem direkt hinter ihm auf der Rückbank thronenden Rottweiler zu tun haben könnte, der ihm seit geschlagenen drei Stunden seinen Pansen-Atem in den Nacken bläst. Kürzlich saß ich in einer wichtigen Konferenz mit einem halben Dutzend Anzugträgern und versuchte, hochseriöse Gespräche zu führen, während Emma sich, offenbar wohlgelaunt und sattgefressen, auf dem fremden Teppich wälzte und über Minuten Geräusche von sich gab, die an den Verdauungsapparat eines Dinosauriers erinnerten. Was die anderen wohl von uns dachten? Emma war das sicher egal.

Doch solche Peinlichkeiten sind längst nicht alles, was Ihnen bevorsteht. Nicht nur Ihr guter Ruf, auch Ihr Besitz wird leiden. Ihre teuersten Schuhe sind plötzlich mit den liebevollen Perforierungen spitzer Eckzähne versehen? Sie stöbern getrocknete Ochsenpenisse auf, die nach drei Wochen im vom Hund heimlich ausgewählten Versteck ein Eigenleben entwickelt haben? Sie erleben einen morgendlichen Weckdienst per erschreckend schlechtem Atem zwei Zentimeter vor und einer pelzigen Zunge mitten im Gesicht? Sie finden überall, wirklich überall, Haare – auch da, wo der Hund niemals hinkommen würde? Willkommen in der Welt der Hundebesitzer!

Das müsste eigentlich reichen, um eines klarzumachen: Ein anderes Haustier, egal welches, ist die stressfreiere Variante einer Tier-Mensch-Beziehung. Ein Goldfisch zum Beispiel verursacht all dies nicht. Man kann bei novemberlichem Dauerregen meditativ mit einer Wärmflasche auf der Couch vor dem Aquarium sitzen, von Zeit zu Zeit etwas Futter hineinstreuen und hat ansonsten nicht viel zu tun, um das Tier auszulasten, während man draußen zitternde, in dicke Mäntel gehüllte Trottel sieht, die mit griesgrämigen, mitunter flehenden Blicken ihren Hunden dabei zusehen, wie sie minutenlang interessiert an einem Baum riechen, urinankündigende Drehungen absolvieren und sich dann doch spontan dagegen entscheiden, hier ihr Geschäft zu verrichten.

Oder: Wie schön wäre es, neben einer schnurrenden, vergleichsweise eher wohlriechenden Katze im Bett zu liegen, die im Falle einer Notdurft eigenständig die Toilette aufsucht und den Großteil des Tages auf intensive Körperpflege verwendet. Keine Pfotenabdrücke auf der Couch, höchstens ein paar feine Haare. Kein Kampf ums Pfotenabputzen vor der Haustür. Kein Entscheidungsdruck, wen sie nun lieber haben – den Hund oder den Partner. Kein Schütteln im Wohnzimmer nach dem Spaziergang im Regen. Oder ein Meerschweinchen! Die sehen niedlich aus, werden nicht besonders alt, und es reicht, sie von Zeit zu Zeit aus ihrem Stall zu heben, eine halbe Stunde zu streicheln und wieder im warmen Heubett abzusetzen. Und wenn einem sogar das auf Dauer zu mühsam ist, wird fast jedes Nachbarskind zum dankbaren Abnehmer des Nagers, und man hat damit sogar noch eine gute Tat getan.

Kurz: Es könnte alles so schön sein ohne Hund. Denn es ist ein wahrer Akt der Selbstkasteiung, sich solch einen zermürbenden Alltag anzutun. Diesen Zeitaufwand. Diese Rücksichtnahme auf ein Tier! Diesen Gegenwind, der einem bei manchen Mitmenschen zuweilen begegnet! Diese Organisationstortur, um dem haarigen Zeitgenossen ein einigermaßen artgerechtes Leben zu bieten!

Wären da nicht ein paar Einwände, die stutzig machen: Warum betreiben die Herrchen und Frauchen der circa 5,4 Millionen in Deutschland lebenden Hunde tagtäglich dieses ganze Brimborium? Warum lebt in jedem zehnten deutschen Haushalt ein Hund? Und vor allem: Warum wirken die meisten Hundehalter dabei außerordentlich zufrieden, anstatt sich den ganzen Tag darüber zu ärgern?

Rationale Gründe für den Hund gibt es zweifellos. Die gigantische Industrie rund um den Hund (vom Hundefutter über Hunde-Frozen-Yoghurt und Diamant-Halsbänder bis zum Hunde-Osteopathen) schafft eine Menge Arbeitsplätze. Hundebesitzer sind nachweislich weniger krank und bewegen sich außerdem genug, und das auch noch draußen an der frischen Luft. Hunde werden erfolgreich in diversen Therapien eingesetzt. Die Einnahmen durch die Hundesteuer liegen im dreistelligen Millionenbereich. Und Hundebesitzer verschmutzen die Umwelt weniger, weil sie weniger Flugreisen machen als Menschen ohne Hund.

Gesellschaftlich betrachtet sind Menschen, die sich als Herrchen und Frauchen definieren, also ein absoluter Glücksfall. Selbstkritisch muss hier allerdings angemerkt werden, dass die gesellschaftliche Bedeutung dem gemeinen Herrchen und Frauchen meist völlig egal ist. Nein, der wesentliche Grund dafür, sich einen Hund anzuschaffen, ist für die meisten Menschen sehr viel individueller: Der Hund ist das einzige Haustier, das den Zusatz »Freund« verdient. Weil er feine Antennen hat. Weil er merkt, wenn etwas nicht stimmt. Weil er lachen kann, wenn man mit ihm spielt. Weil er ein Familienmitglied sein will, ein Partner, ein Kumpel. Weil er im Türrahmen sitzt, wenn man sich die Schuhe anzieht, und erst dann hysterisch mit dem Schwanz zu wedeln beginnt, wenn er das Klimpern der Leine hört und weiß, dass er mitdarf. Weil er überall dabei sein will! Oder hat eine Katze schon mal in stundenlanger minutiöser Kleinstarbeit versucht, ein Loch in eine Massivholztür zu beißen, nur weil Sie mal ohne sie das Haus verlassen haben? Eben. Oder stürzt vielleicht ein Hamster in eine depressive Phase, wenn Sie den Koffer rausholen – und krönt diese Phase, indem er Sie erst ignoriert, um Ihnen dann, als letztes Aufbäumen, den Weg zur Tür zu versperren? Nein? Emma ist darin ein Vollprofi …

Die Rechtfertigungsorgie

Die Entscheidung für einen Hund ist eine große Sache. Immerhin handelt es sich um ein recht anspruchsvolles Lebewesen, für das man bereit ist, die volle Verantwortung zu übernehmen – finanziell, emotional und organisatorisch. Und das auch noch verpflichtend für viele Jahre. Denn Hunde werden wirklich alt! (Na ja, wenn der eigene Hund bereits fast zehn ist, wird der Begriff »alt« eher relativ. Aber dazu später.) Kein Wunder jedenfalls, dass die Entscheidung bei den meisten Menschen nicht plötzlich über Nacht getroffen und dann ohne Wenn und Aber durchgezogen wird, sondern dass sie reifen muss. Manchmal Wochen, manchmal Monate, manchmal sogar Jahre. Wie bei mir.

Wenn man sich dann schließlich dazu durchgerungen hat, wenn man alle Pros in die Waagschale und alle Kontras über Bord geworfen hat und die frohe Botschaft nun endlich seinem Umfeld verkünden möchte, stellt man sich die Reaktion dieses Umfelds in etwa folgendermaßen vor: Man eröffnet einem ausgewählten Personenkreis die frohe Kunde mit vor Pathos zitternder Stimme und dem Anflug eines vielsagenden Lächelns. Die anderen Personen werden sofort still, unterbrechen ihre Gespräche und schauen erwartungsfreudig. Die Szenerie wird von einem leichten Musikbett untermalt, das sich bis zum Stichwort »Hund« zu einem Crescendo auswächst. Sobald das Stichwort fällt, brechen die Freunde und Bekannten in Jubel aus, und der Rest des Satzes geht akustisch in Euphorie und Taumel unter. Es hagelt sofortige Umarmungen und Glückwunschbekundungen. »Ein Hund! Warum hast du das denn nicht viel früher getan?«, rufen die Leute. Und: »Endlich! Zum Glück! Du tust es!«

So oder so ähnlich habe ich mir das vorgestellt. Ja, ein bisschen übertrieben vielleicht. Aber für mich war das mit dem Hund eine Riesensache, und ich fühlte mich so, als hätte ich meiner Familie und meinen Freunden die eigene Schwangerschaft verkündet.

Die Realität weicht leider empfindlich von diesem Szenario ab. Zumindest bei mir war das damals so. Ich war 30 Jahre alt, wohnte in Köln, arbeitete bei einer Agentur, hatte die Entscheidung für den Hund endlich getroffen und war nun bereit, es durchzuziehen. Die Formalitäten waren ebenfalls geklärt: Ich hatte mir das Okay meines Chefs abgeholt, einen Hund zur Arbeit mitzubringen (eine Erlaubnis, die er freundlicherweise schon am ersten gemeinsamen Arbeitstag wieder zurückzog …), und auch das Okay meiner damaligen besseren Hälfte – das ist nicht ganz unwichtig, wenn man vorhat, einen »dritten Partner« in die Beziehung einzuschleusen. Es konnte also losgehen. Wie aufregend!

Nun also verkündete ich die frohe Botschaft strahlend im Bekanntenkreis – und ergatterte ein paar nichtssagende Blicke sowie ein knappes, gelangweiltes und eigentlich unsinniges »Ja klar …« aus dem Mund von jemandem in der Runde, der sich erbarmte, meine Nachricht überhaupt irgendwie zu kommentieren.

Diese Ignoranz war der Gruppe nicht unbedingt zu verübeln. Immerhin hatte ich im Laufe der gemeinsamen Freundschaftsjahre bereits 34-mal – wahlweise bei Liebeskummer oder im Zuge einer allgemeinen Sinnkrise – trotzig die sofortige Anschaffung eines Hundes angekündigt, und nichts war passiert. Nach meiner Offenbarung wandten sich die anderen jedenfalls wieder den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zu, und die Hunde-Neuigkeit verschwand ungewürdigt im Themenorbit. Zurück blieb ich: ein frustriertes Beinahe-Frauchen, das sich ein wenig so fühlte, wie wenn man als Fünfjährige seinen Eltern erklärt, man habe seine Sachen gepackt und werde jetzt von zu Hause ausziehen, und die Eltern diese Bemerkung einfach übergehen und sich weiter über den Einkaufszettel unterhalten, obwohl man selber es in diesem Moment bitterernst gemeint hat.

Vermutlich ist es wie mit dem neuen Partner: Die Leute glauben erst an ihn, wenn sie ihn live vor sich sehen. So auch bei mir: Als ich plötzlich einige Wochen später wirklich mit Emma um die Ecke kam, fragten manche Freunde allen Ernstes, warum ich denn vorher nichts gesagt hätte!

Immerhin: Ich ging als erfolgreiches Beispiel dafür voran, dass sich ein Hund hervorragend in den eigenen Alltag integrieren lässt. Auch wenn der Alltag nicht der solideste der Welt ist; auch wenn man weiterhin viel arbeitet, viel verreist und kein Häuschen im Grünen hat. Nein, Emma hat mich keineswegs zur Sesshaftigkeit verdammt. Mittlerweile bin ich schon lange nicht mehr die Einzige mit Hund im Freundeskreis. Ganz im Gegenteil.

Von meinen Eltern hingegen hätte ich mir etwas mehr Offenheit gewünscht, als ich erzählte, dass ich mir einen Hund zulegen würde (wohl wissend, dass Eltern so nicht funktionieren und nie gleichgültig auf das reagieren können, was ihre Kinder machen …). Stattdessen packten sie sofort eine Reihe von Horrorszenarien aus. Denn diese komische Hunde-Idee, so viel war in ihren Augen sonnenklar, war eine absolute Dummheit.

Besonders meine Mutter warnte mich eindringlich vor der fatalen Fehlentscheidung. Und sie sah sich diesbezüglich eindeutig als Expertin, denn wir hatten eine Zeitlang einen Schäferhund namens »Telli«, der auf Drängen meiner älteren Geschwister angeschafft, einige Monate von mir als Klettergerüst missbraucht und dann ganz schnell wieder abgeschafft wurde. Seitdem war eigentlich für alle Familienmitglieder klar, dass Haustiere nichts für uns sind. Bis ich meiner Mutter nun mit der Hunde-Idee kam.

Zuerst schimpfte sie, als habe sie es mit einer Fünfjährigen zu tun. Dann holte sie irgendwann zum finalen Schlag aus mit dem absoluten Totschlag-Argumentationstrio: 1. »Du hast doch überhaupt keine Zeit!«, 2. »Du wohnst doch in einer Großstadt!« und 3. »Du wohnst doch in einem Mietshaus!« Meine Mutter zeichnete ziemlich überzeugend das Bild einer überforderten Hundemutti, die, gefesselt an Hundenapf, Zeckenzange und Daunenkörbchen, zu nichts mehr in der Lage sein würde, was nicht mit diesem Tier zu tun hätte. Karriere: nicht mehr existent. Freundeskreis: irreversibel ausgelöscht. Hobbys: vorbei. Hätte man nicht gewusst, dass lediglich von einem Hund die Rede war – man hätte gedacht, meine Mutter diskutiere mit ihrer schwangeren 15-jährigen Tochter, die sich gegen eine Abtreibung entschieden hatte. Als all das nicht half, mich von meinem Vorhaben abzubringen, griff meine Mutter zu härteren Mitteln: Sie verkündete, der Hund dürfe niemals und unter keinen Umständen jemals ihr Haus betreten.

Als ich Emma schließlich nach langen Wochen des Wartens von der Züchterin in Hamburg abholen durfte und im Auto auf dem Weg zurück nach Köln war, machte ich aufgeregt und stolz wie Bolle einen kurzen Zwischenstopp an der Autobahnausfahrt meiner Eltern, um ihnen meinen nagelneuen Welpen zu zeigen. Meine Emma! Ein neues Familienmitglied! Meine ganze Familie kam, um Emma zu sehen. Sogar meine Nichten waren da. Nur eine fehlte: meine Mutter! Denn die machte Ernst. Sie weigerte sich, Emma auch nur anzusehen. Sollte ihre Tochter doch allein in ihr Unglück rennen …

Selbstverständlich war ich in meinem neuentdeckten eigenen Mutterstolz zutiefst gekränkt. Und doch bereitete mich die harsche Reaktion meiner Mutter perfekt darauf vor, dass Hundebesitzer zwar oft, aber keineswegs immer mit Lobgesängen und Neidbekundungen über den entzückenden haarigen Freund bedacht werden. Nein, nicht immer und überall fallen Menschen jauchzend auf die Knie und kuscheln erst mal mit dem Hund, bevor sie einem guten Tag sagen, geschweige denn einen überhaupt wahrnehmen. Ziemlich viele Menschen verstehen diese Sache mit den Hunden nämlich einfach nicht.

Hundehasser sind ähnlich missionarisch wie Hundebesitzer. Deswegen geht es zwischen diesen Gruppierungen auch vergleichsweise unharmonisch zu. Und interessanterweise halten Kritiker beim Thema »Hund« mit ihrer Meinung kein bisschen hinterm Berg. Offenbar verursacht es eine Empörung, die sofort rausmuss. Ich bin zum Beispiel kein Fan von breiten Sportwagen mit viel PS. Schön finde ich einige davon, klar, aber sie schlucken einfach viel zu viel Benzin, beanspruchen Platz für zwei, sind unpraktisch, unnötig und in Sachen Nachhaltigkeit eine Katastrophe. Ich halte außerdem übermäßigen Fleischkonsum für falsch und finde es äußerst fragwürdig, sich ein Hähnchenbrustfilet für 1,99 € beim Discounter zu kaufen. Ich stelle allerdings nicht jeden Porsche-Fahrer an der Tankstelle zur Rede und verwickle auch nicht jeden Kunden am Fleischregal in eine Diskussion.

Hundegegnern merkt man hingegen ihre Gesinnung sofort an. Am genervten Stöhnen, wenn der Hund dem Fahrrad im Wald ein wenig zu langsam ausweicht – was vor allem dann geschieht, wenn manche Mountainbiker den Waldweg als private Rennstrecke nutzen. An Menschen, die stehen bleiben und sehr aufmerksam kontrollieren, ob der soeben abgesonderte Hundehaufen auch wirklich säuberlich aufgesammelt wird. Am lautstarken Erinnern an den innerstädtischen Leinenzwang, sobald ein Hund ohne Leine gesichtet wird, selbst wenn er einen Plüschball im Maul trägt oder sich kaum noch bewegen kann – »Nehmen Sie Ihren Köter ran!«, schallt es einem hysterisch aus einem halben Kilometer Entfernung entgegen, obwohl der »Köter« sich für nichts weniger interessiert als für den krakeelenden Hundegegner, der gerade so tut, als käme man ihm mit einer Horde aufgeputschter Säbelzahntiger entgegen.

Natürlich gibt es auch das ebenso nervige Gegenteil: Hundebesitzer, die sich weigern, ihren Rottweiler herbeizurufen, obwohl jemand offensichtlich Angst vor ihm hat. Oder Hundebesitzer, die ihre Vierbeiner absolut nicht unter Kontrolle haben und ein machtloses »Das regeln die Tiere schon untereinander« flöten, während der entfesselte Mischling gerade das Damwildgehege samt Insassen auseinandernimmt oder sich auf den wehrlosen Pekinesen der gehbehinderten Rentnerin stürzt.

Beim Thema Hund gibt es erstaunlicherweise kaum entspannte Gleichgültigkeit. Es ist ein bisschen wie mit Koriander: Entweder man liebt oder man hasst ihn, egal ist Koriander aber niemandem. Hunde polarisieren: Entweder man ist bedingungslos dafür oder konsequent dagegen. Entweder mein neuer Bekannter klingelt an der Tür, linst argwöhnisch durch den Türspalt und weigert sich dann, die Wohnung zu betreten, bis man die stinkende, bissige Töle ins Hinterzimmer gesperrt und das Sofa großflächig desinfiziert hat. Oder aber er rennt mit einem infantilen »Ja, wer ist denn da …?« in meine Wohnung und rollt nach einer Zehntelsekunde in intimer Umarmung mit Emma auf dem Boden, wobei er Knurrgeräusche von sich gibt – den Rest seines Besuchs verbringt er auf allen vieren und ist kaum ansprechbar.

Und dennoch: Man muss Verständnis für die Menschen haben, die Hunde nicht mögen. Denn zugegebenermaßen haben sie eine Menge handfester Argumente auf ihrer Seite: Hunde stinken. Sie waschen sich nie. Sie haben Mundgeruch (Ja, alle! Auch Ihrer!). Hunde verlieren haufenweise Haare, selbst auf Möbelstücken, die sie nach hygienischen Gesichtspunkten nicht einmal betreten dürften. Hunde kacken hemmungslos die Gehwege voll, pinkeln gegen Blumenkübel und Fahrräder, übertragen Krankheiten. Hunde riechen sich bei Erstkontakt gegenseitig am Hinterteil, wälzen sich in Aas, in Misthaufen, in toten Fischen und noch viel schlimmeren Dingen, und sie reiben sich anschließend mit Vorliebe am Hosenbein ihres Besitzers oder – noch ärger – von fremden Spaziergängern. Hunde sind aus all diesen Gründen wirklich eklig. Und sie sind zeitaufwendig. Und lästig. Und unselbständig. Das bleiben sie auch – im Gegensatz zum Kind.

Trotzdem ist das beliebte Argument, Hunde seien quasi ein Pflegefall, grundfalsch. Klar, nicht nur die Menschen, sondern auch die Hunde werden inzwischen immer älter. Längst werden sie mit künstlichen Hüften, Bypässen und Gehhilfen versorgt, und ich kenne Hunde, die im biblischen Alter von 18 Jahren zahnlos, struppig und auf beiden Augen blind den Weg von der Couch zum Fressnapf und zurück humpeln. Aber: Anders als die meisten hilflosen Senioren in ihren Pflegeheimen wirken diese Hunde quietschfidel und haben überhaupt nicht vor, demnächst mal abzutreten.

Im Übrigen könnte man den Pflegefall-Querulanten in Sekundenschnelle mit seinen eigenen Waffen und seinem eigenen Vokabular schlagen und ihm sagen, dass ein Hund eher dafür sorgt, dass der Mensch selbst nicht zum Pflegefall wird. Denn Hundebesitzer springen meist agil wie junge Rehe mit Rumpfbeugen über Baumstämme, um ihren hasenjagenden Hund zu verfolgen. Sie durchqueren ganze Seen im Delphinstil, um dem enthusiastisch einer Ente nachsetzenden Westhighland-Terrier beizubringen, dass das so nicht geht. Und sie kriechen flach auf allen vieren unter Maschendrahtzäunen hindurch wie Mitglieder einer Bundeswehrelitetruppe, um den Boxer aus dem Kaninchenstall des Nachbarn zu zerren, bevor ebendieser ihn dort erwischt und seine Schrotflinte zückt. Seit ich Emma habe, werfe ich Bälle über 30 Meter weit und jogge mehr denn je – und das bei Wind und Wetter. Kein Fitnesstrainer hätte das bewirkt. Und mal ganz nebenbei: Spazieren gehen ohne Hund – wo liegt da bitte schön der Sinn?

Aber es stimmt natürlich: Hunde sind Stressfaktoren. Das vergisst man zwar zwischendurch, wenn man verliebt auf das in Embryo-Pose zusammengerollte, friedlich schlafende Bündel schaut. Man kann nach einer durchzechten Nacht nicht mehr verkatert den ganzen Tag im Bett liegen, wenn man einen Hund hat. Oder zumindest nur noch einen Teil des Tages, wenn man – wie ich – seinen Hund zu einem absoluten Langschläfer erzogen hat. Man kann auch nicht mehr in den Urlaub fahren, ohne sich vorher darum zu kümmern, wer den Hund in der Zeit nimmt – und tauscht eventuell mit einem weinenden Auge den Strandurlaub in Sri Lanka gegen den Wanderurlaub in der Eifel ein.

Aber ist das nicht bei fast allen Entscheidungen so, dass man eine Sache aufgibt oder vernachlässigt, wenn man sich für eine andere Sache entschieden hat? Wenn man einen sauteuren Vertrag mit einem Yoga-Studio abgeschlossen hat, kündigt man halt dafür seine Mitgliedschaft im Fitness-Studio. Wenn man sich einen eigenen Golfplatz baut, geht man nun mal nicht mehr so oft Tennis spielen. Wenn man für das Abendessen schon Pizza eingekauft hat, macht man keine Pasta mehr. Und wenn man sich für einen Hund entschieden hat, liegt man anstatt im Bett halt morgens verkatert unter einem Rhododendron im Wald und sucht einen Ball. So ist das eben mit den Vorlieben und Entscheidungen.