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Isabell, Lehrerin, geschieden, erwachsene Kinder, lebt mit ihrem Lebengefährten am Stadtrand – das klingt erst mal alles ganz normal. In elf Episoden zeigt sich jedoch, dass sie auf eine ganz besondere Art mit dem Leben und ihrem Alltag umgeht. Sie ist zutiefst erfüllt von dem Glauben an die Kraft des positiven Denkens und siehe da, die kleinen und großen Wunder bleiben nicht aus, oft genug unbemerkt von anderen. Entwickelt hat sie dieses Vertrauen, während sie tiefgreifende Lebenskrisen zu bewältigen hatte und auf diese Weise allmählich ihr eigenes Potential entdecken und entfalten lernte. Aus diesem Potential heraus gelingt es ihr zunehmend, ihr Leben nach ihren Wunschvorstellungen zu gestalten. Hinzu kommen hin und wieder besondere Geschenke des Lebens, zum Beispiel in Form ungewöhnlicher Träume...
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Seitenzahl: 66
Veröffentlichungsjahr: 2015
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1
Der Traum
2
Die Grillparty
3
Emma
4
Isabell und die Blumen
5
Mondschein
6
Wunschdenken
7
Urlaub
8
Vom Glücklich sein
9
Schwierige Zeiten
10
Eine Diskussion mit Hardy
11
Zukunftsperspektiven
Der Traum kam mehrfach wieder – sehr intensiv jedes Mal und immer kurz vorm Aufwachen. Isabell saß in einem Raum, dessen Wände aus dem grauen Naturstein einer Burg bestanden und der ziemlich hoch lag, augenscheinlich in einem höheren Stockwerk dieser Burg. An den Wänden hingen schöne Webteppiche, auf dem Boden lagen Tierfelle. Isabell war nicht allein in dem Raum, und sie war erfüllt von einem unbeschreiblichen Glücksgefühl.
Noch während sie aufwachte, genoss sie dieses Gefühl und bedauerte, dass der Traum zu Ende war.
Kurze Zeit darauf kehrte genau derselbe Traum wieder – und diesmal konnte sie noch weitere Einzelheiten erkennen. Sie sah, dass eine große schöne Holztruhe an der Wand stand und dass außer ihr noch drei Frauen hier im Raum saßen. Alle waren sie mit irgendwelchen Stickarbeiten beschäftigt und plauderten und lachten dabei vergnügt. Wieder war Isabell erfüllt von diesem starken Glücksgefühl.
Und wieder verspürte sie Bedauern, als sie erwachte und dieser schöne Traum zu Ende war. Den ganzen Tag musste sie immer wieder daran denken. Es war doch seltsam, das Gleiche zweimal hintereinander zu träumen und so deutlich und intensiv! So unmittelbar vor dem Aufwachen war das ja beinahe schon wie ein Wachtraum gewesen.
Am Morgen danach kehrte der gleiche Traum wieder.
Genüsslich schwelgte Isabell in ihrem Glücksgefühl und sah sich in dem Raum um, der ihr irgendwie ganz vertraut erschien. Einen großen Kamin gab es hier, der jetzt aber nicht an war. Es war offensichtlich Sommer und durch das unverglaste Fenster leuchtete der blaue Himmel herein; Schwalben segelten durch die Luft. Die Frauen, zwei junge Mädchen und eine im mittleren Alter, trugen ebenso wie sie selbst lange schmalgeschnittene Kleider, wie man sie im 13. Jahrhundert trug. Sie selbst war ebenfalls ein junges Mädchen und sie wurde von den andern Jungfer Babette genannt.
Wieder begleitete dieser Traum Isabell durch den Tag. Was hatte das nur zu bedeuten? So einen Traum hatte sie noch nie gehabt – er war so realistisch, so wenig wirr oder verzerrt, wie es sonst Träume oft sind – und er war so wunderschön!
Sie hoffte schon, sich bald wieder in diesem Raum zu befinden und wieder dieses Gefühl zu erleben – und sie wurde nicht enttäuscht.
Erneut kam etwas dazu. Ihre Gefährtinnen, von denen sie auf einmal wusste, dass es ihre Verwandten waren, bei denen sie seit einiger Zeit lebte, weil sie keine Eltern mehr hatte, liefen immer wieder ans Fenster und sahen hinaus. Alle waren sie irgendwie aufgeregt und schienen auf etwas zu warten, das bald passieren sollte. Und das etwas mit ihr, mit Babette, zu tun hatte. Sie, die arme Waise, war hier zur Zeit die Hauptperson.
Isabell hatte nach dem Aufwachen das Gefühl, dass sie kurz vor der Lösung des Rätsels stehen musste.
Warum war sie in diesem Traum so glücklich? Und warum wirkte das alles so intensiv, woher wusste sie bestimmte Sachen plötzlich, wie zum Beispiel, dass ihre Eltern in dem Traum Katharer gewesen waren in Südfrankreich, dort verfolgt und umgebracht worden waren und dass sie seitdem als arme Waise bei ihren Verwandten in Burgund lebte?
Und vor allem: Warum kehrte dieser Traum immer wieder, vervollständigte sich quasi immer mehr und kam immer kurz vor dem Aufwachen, so dass er sie in den Tag hinein geleitete?
Es war äußerst rätselhaft.
Mit Hardy konnte sie schlecht darüber reden, er konnte sich an keinen einzigen Traum erinnern, träumte also sozusagen gar nicht bewusst. Außerdem würde er mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Träume nichts zu bedeuten haben.
Isabell hatte andere Erfahrungen gemacht.
Ihr Leben lang war sie von blutrünstigen Albträumen gequält worden, in denen Menschen geschlachtet wurden. Als sie aufhörte, Fleisch zu essen, hatten auch diese Träume schlagartig aufgehört. Sie hatte sich hinterher erinnert, dass sie schon als kleines Kind kein Fleisch essen wollte, ihre Eltern sie aber dazu genötigt hatten, weil sie dachten, das müsste so sein. Dieser Albtraum hatte also durchaus seinen Sinn, denn gesundheitlich ging es ihr als Vegetarierin viel besser.
Am nächsten Morgen vor dem Aufwachen durfte Isabell sich wieder in ihrem Traumzimmer einfinden, und diesmal kam der entscheidende Moment. Das Unglaubliche an diesem Traum war, dass sie schon fast wach war und ihr Wachbewusstsein mit anwesend sein konnte und somit das Geschehen begleiten und kommentieren konnte. Als Jungfer Babette wurde sie von den andern an das Fenster gerufen, sie solle hinaussehen, „da käme er grade“. Mit Herzklopfen, voll ungläubiger Freude, beugte sie sich hinaus und sah auf den Burghof hinunter.
Sie wusste jetzt, wer da kam und warum. Er, Junker Guillaume, wie sie ihn nannte (eigentlich hieß er Willehalm), kam, um ihre Hand anzuhalten, obwohl sie über keinerlei Mitgift verfügte und ihr Leben normalerweise als arme Verwandte hätte beschließen müssen. Es war etwas ganz und gar ungewöhnliches und außerordentliches, dass sich für ein Mädchen wie sie ein Ehemann fand. Ein Ehemann dazu, der nett aussah, jung und freundlich war und ein, wenn auch relativ kleines, Anwesen besaß. Sie würde einen eigenen Haushalt haben und Kinder, ein Glück, mit dem sie niemals gerechnet hatte. Und alle freuten sich mit ihr.
Er ritt auf seinem hellbraunen Pferd auf den Burghof und er hatte sich herausgeputzt für diese besondere Gelegenheit. Er trug ein nagelneues rotes Samtwams nach der letzten Mode, dazu ein passendes Barrett auf dem Kopf mit einer langen Feder. Er hob den Kopf und blickte zu ihr herauf, sie sah sein schelmisches Lächeln, als er sie grüßte.
Und Isabell, das Wachbewußtsein von Isabell, nicht von Babette, erlitt fast einen Schock, als sie in dieses Gesicht sah.
Es war das Gesicht von – Hardy.
Haargenau sein Gesicht, nur jünger und mit längeren Haaren. Die ganze Gestalt, die sie sich jetzt genau ansah, war eindeutig seine. Etwas gedrungen, kräftig, und unter dem schicken roten Wams zeichnete sich schon ein kleiner Bauchansatz ab. Eine ganz und gar vertraute Gestalt.
Diesmal wachte Isabell auf und war völlig verblüfft. Was war das denn nun??! Was hatte das denn nur zu bedeuten? Abgesehen von dieser völlig rätselhaften Erscheinung wusste sie nun auch noch, dass das Ganze sich im Jahr 1248 abspielte und dass Babette diesen Junker Guillaume, wie sie ihn nannte, heiraten und zu ihm auf sein kleines Gut ziehen würde. Auch das Bild des Gutes stand ihr vor Augen und die Jahre des großen Glücks, die Babette mit ihm erlebte, bevor sie bei der Geburt ihres zweiten Kindes starb.
Isabell überlegte, wem sie von dieser rätselhaften Geschichte erzählen konnte.
Ihr fiel ihre Freundin Maren ein, mit ihr konnte man auch über ungewöhnliche Sachen sprechen. Sobald sie konnte, machte sie sich auf den Weg zu ihr.
Maren lachte. „Was hast Du denn nun wieder Tolles auf Lager?“ fragte sie. „Toll, ja, das kann man wohl sagen,“ ächzte Isabell.
Sie begann zu erzählen.
Marens Gesicht wurde ernst. „Hmm,“ sagte sie, „das ist ja wirklich mehr als außergewöhnlich. Du bist also schon mal in einem früheren Leben mit Hardy verheiratet gewesen.“ „Meinst du, dass man das so deuten kann?“ überlegte Isabell. Das Ganze hatte sich tatsächlich eher wie eine Erinnerung angefühlt als wie ein normaler Traum.
„Aber wieso sieht er denn heute wieder genauso aus? Gibt es das denn?“
„Tja, weißt du, so langsam glaube ich, dass so ziemlich alles möglich ist,“ meinte Maren, „vielleicht wollte er wieder mit dir zusammen sein, und so fühltest du dich trotz eurer großen Charakterunterschiede stärker zu ihm hingezogen.“
Isabell dachte daran, wie seltsam vertraut Hardy ihr vorkam, als sie ihn kennenlernte, und dass sie aus dem gleichen Grund regelrecht verblüfft gewesen war, als sie das erste Mal zusammen waren.