Islam? - Alfred Hackensberger - E-Book

Islam? E-Book

Alfred Hackensberger

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Beschreibung

In seinem Artikel zum Kursbuch 176 beschreibt der in Marokko lebende Journalist den Wandel der islamischen Welt. Bei seiner ersten Erkundung in den Siebziger Jahren schien sie noch weltoffen und tolerant. Doch der Islam? hat sich verändert. Was ist passiert? Welche Ereignisse haben zu diesem Wandel geführt?

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Seitenzahl: 26

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Alfred Hackensberger

Islam?

Irrweg einer Weltreligion

Eins: Früher

Ein palästinensischer Restaurantbesitzer trank einen Schnaps nach dem anderen auf den »guten Adolf«, wie er sagte, dessen einziger Fehler es gewesen sei, »mit den Juden nicht ganz aufgeräumt zu haben«. Ein junger Israeli versicherte, er würde allen Palästinensern die Hälse abschneiden und damit das Nahost-Problem ein für alle Mal beheben. Er strich dabei mit der Hand quer über seinen Hals und grinste zuversichtlich. In der Nähe der Grabeskirche prügelten sich Mönche um einige alte Kerzenleuchter. Einen dieser Priester, den man leicht an seiner mit Essensresten besudelten Kutte wiedererkennen konnte, stand später neben dem Salbungsstein Jesu. Er versuchte Intimes unter den Röcken der sich niederknienden weiblichen Pilger zu erhaschen.

Es sind Eindrücke, die über 30 Jahre zurückliegen. Einiges davon dürfte an Aktualität nichts eingebüßt haben, aber darum geht es hier nicht. Jerusalem war einer der Höhepunkte einer mehrmonatigen Reise im Jahr 1979, die uns durch Ägypten, Syrien, Jordanien und die Türkei führte. Länder, in denen der Islam heute eine wichtige, entscheidende Rolle in Politik und Gesellschaft spielt.

Damals fand der Islam dort eher am Rande statt. Natürlich gingen die Menschen auch zum Freitagsgebet in die Moschee, und ein Teil der Frauen war verschleiert. Die Moral schien, was angesichts der Offenherzigkeit des Westens in den 1970er-Jahren nicht schwierig war, etwas zugeknöpfter. Aber im Ramadan waren Restaurants geöffnet, nahmen Studenten an der Universität tagsüber Mahlzeiten ein und feierten abends mit Bier. Heute ist das im heiligen Fastenmonat undenkbar. Damals fragte uns niemand, was wir vom Islam hielten, geschweige denn von der Möglichkeit zu konvertieren. Niemand trug seine Pietät uns gegenüber missionierend zur Schau, niemand wollte überzeugen, niemand eine Stellungnahme zur Rolle des Islams und zu den Muslimen in der Welt generell. Nicht einmal während des Eid al-Adha, dem Opferfest und einem der höchsten muslimischen Feiertage, versuchte uns jemand von den Vorzügen dieser Religion zu überzeugen.

Knöcheltief rann das Blut durch die Altstadt von Aleppo, überall wurden geschächtete Schafe gehäutet. Ich weiß nicht mehr, wie oft in meinem Leben, vor allem in den letzten Jahren, mir Eid al-Adha erklärt wurde. Immer wieder die Geschichte von Abraham, die mit großen leuchtenden Augen vorgetragen wurde, als müsste ich gleich vom göttlichen Licht getroffen werden. Abraham wollte seinen erstgeborenen Sohn opfern, aber Gott verzichtete darauf, und ein Lamm wurde stattdessen geschlachtet.

Die erste Begegnung mit der muslimischen Gesellschaft auf unserer Reise war angenehm und verlief reibungslos (ausgenommen die Offerten der Männer, die nicht aufdringlicher hätten sein können). Für unsere Ohren klang der Ruf des Muezzins exotisch, wie wir auch alles andere Neu- und Fremdartige durch diese für Touristen so typische Brille wahrnahmen. Wir fanden es cool, in der Umayyaden-Moschee in Damaskus unbehelligt ein Nachmittagsschläfchen halten zu können, bis sich die Sommerhitze draußen etwas gelegt hatte. Cool fanden wir auch die Rostlöcher in den Karosserien der Linienbusse in Kairo oder die zusammengeschusterten alten Autos, die bei uns nie durch den TÜV gekommen wären. Die Leute kamen uns freundlicher vor, nichts schien nach Zeitplan zu funktionieren, und überhaupt war alles ganz anders als zu Hause.