Islamic Banking und Islamic Finance - Dietmar Ernst - E-Book

Islamic Banking und Islamic Finance E-Book

Dietmar Ernst

0,0

Beschreibung

Islamic Banking gilt als einer der am schnellsten wachsenden Märkte der Welt. Angesichts der immer mehr an Bedeutung gewinnenden islamischen Finanzstrukturen, insbesondere unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise in 2008, entwickelten sich weitere Märkte zu den aktiven Teilnehmern dieser Finanzindustrie. Aber nicht nur islamische Länder und deren Banken bewegen diesen Wachstumsmarkt. Mittlerweile gehören auch einige asiatische und europäische Staaten vor allem mit ihren global tätigen Großbanken zu den federführenden Institutionen.Das Buch zeigt auf, wie die aktuelle Marktsituation des Islamic Banking in Deutschland im Vergleich zu anderen internationalen Finanzmärkten zu beurteilen ist. Ebenfalls konzentriert es sich auf die Art und Weise der Vertriebsmöglichkeiten dieser Produkte in Deutschland und stellt mit Vergleichen auf der internationalen Ebene, aber auch mit praktischen Beispielen aus dem deutschen Bankenmarkt, eine verständliche Auffächerung des Islamic Banking dar.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2017

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Prof. Dr. Dr. Dietmar Ernst ist Professor für Corporate Finance an der European School of Finance der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen.

Bilgehan Akbiyik, MBA, ist CFO der INAIA GmbH, ein Anbieter für Islam-konforme Finanzlösungen. Als Bankfachwirt besitzt er mehrjährige Erfahrung im Bereich Private Banking und Islamic Finance. Er ist Mitglied der „Accounting and Auditing Organisation for Islamic Financial Institutions“ (AAOIFI) und geprüfter „Certified Sharia Auditor and Advisor“ (CSAA).

Ali Srour, MBA, ist als Business Development Manager für die Live Trackway GmbH tätig. Er ist gelernter Finanzassistent und graduierte 2012 erfolgreich in dem Studiengang Internationales Finanzmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. 2014 absolvierte er sein MBA-Studium an der California University of Management and Sciences.

Vorwort zur 2. Auflage

Das islamische Finanzwesen entwickelt sich rasant zu einem bedeutungsvollen Finanzsystem, welches international immer mehr an Bedeutung gewinnt. So reagieren auch einzelne Märkte auf diese Entwicklung. Das überarbeitete Buch soll zum einen aktuelle Marktinhalte wiedergeben und zum anderen, mit dieser Entwicklung begleitete Standardisierungsmaßnahmen internationaler Einrichtungen aufzeigen. Die internationale Organisation für islamkonforme Accounting- und Auditstandards AAOIFI veröffentlichte im Dezember 2015 sowohl die Aktualisierung der „Shari’a Standards“ für Finanzinstitutionen als auch die Überarbeitung der „Accounting, Auditing and Governance Standards“. Die 2. Auflage wird relevante Änderungen und Erweiterungen dieses Regelwerks berücksichtigen und im Weiteren grundlegende Bestimmungen detaillierter darstellen.

Die Leser werden durch die 2. Auflage die Tendenzen des islamischen Finanzmarktes erkennen und ggf. auf einen möglichen Trend reagieren können. Mit Erteilung einer Vollbanklizenz an eine islamisch orientierte Bank durch die BaFin reagiert auch der deutsche Finanzmarkt auf die zunehmende Bedeutung des Islamic Banking. Die überarbeitete Version wird wieder im Schwerpunkt die aktuellen Entwicklungen in Deutschland darstellen.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 2. Auflage

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Warum ein Buch zum Islamic Finance und Islamic Banking?

TEIL 1: INSTRUMENTE DES ISLAMIC FINANCE

1 Einführung zu Teil 1

2 Grundbausteine des Islamic Finance

2.1

Scharia

– Die Rechtsquelle des Islams

2.2 Profit-and-Loss-Sharing Transaktionen

2.3 Elementare Verbote im Islamic Finance

2.3.1

Riba

– Zins

2.3.2

Gharar

– Spekulation

2.3.3

Maysir/Qimar

– Glücksspiel

2.3.4 Unethische Geschäfte

2.4 Wichtige Organisationen und Regulatoren im islamischen Finanzwesen

2.4.1 IIFM

2.4.2 AAOIFI

2.4.3 IFSB

2.4.4 IIRA

2.4.5 Scharia Board

3 Islam-konforme Finanzinstrumente als Grundlage

3.1

Qard Hassan

3.1.1 Eigenschaften des

Qard Hassan

3.1.2

Qard Hassan

: Zusammenfassende Beurteilung....

3.2

Murabaha

3.2.1 Eigenschaften der

Murabaha

3.2.2

Murabaha

: Zusammenfassende Beurteilung

3.3

Mudaraba

3.3.1 Eigenschaften einer

Mudaraba

3.3.2

Mudaraba

: Zusammenfassende Beurteilung

3.4

Musharaka

3.4.1 Eigenschaften der

Musharaka

3.4.2

Musharaka

: Zusammenfassende Beurteilung

3.5

Ijara

3.5.1 Eigenschaften der

Ijara

3.5.2

Ijara

: Zusammenfassende Beurteilung

3.6

Salam

3.6.1 Eigenschaften eines

Salam

3.6.2

Salam

: Zusammenfassende Beurteilung

3.7

Istisna‘a

3.7.1 Eigenschaften einer

Istisna‘a

3.7.2

Istisna‘a

: Zusammenfassende Beurteilung

3.8

Bai al-Ina

und

Tawarruq

3.8.1 Eigenschaften von

Bai al-Ina

und

Tawarruq

3.8.2

Bai al-Ina

und

Tawarruq

: Zusammenfassende Beurteilung

3.9

Arbun

3.10 Grösse des Islamic Finance weltweit

TEIL 2: ISLAMIC PRIVATE BANKING

4 Einführung zu Teil 2

5 Einführung in Islamic Private Banking

5.1 Zusammenfassende Merkmale des islamischen Finanzverständnisses

5.2 Entwicklung und Bedeutung des Islamic Banking

6 Voraussetzungen zur Implementierung Islam-konformer Instrumente als Geschäftsfeld

6.1 Grundlagen und Regularien zur Implementierung Islam-konformer Bankinstrumente als Geschäftsfeld

6.1.1 Einrichtung Islam-gerechter Strukturformen

6.2 Merkmale Islam-konformer Bankinstrumente im Retail-Banking und Voraussetzungen zur Implementierung als Geschäftsfeld

6.2.1 Kontokorrentkonto (Girokonto) und Kreditkarte

6.2.2 Sparanlage (Sparkonto)

6.2.3 Termineinlage (Investmentkonto)

6.3 Merkmale Islam-konformer Wertpapiere im Retail-Banking und Voraussetzungen zur Implementierung als Geschäftsfeld

6.3.1 Islam-konforme Anleihe

(Sukuk)

im Retail-Banking

6.3.2 Islam-konforme Aktien im Retail-Banking

6.3.3 Islam-konforme Investmentfonds im Retail-Banking

6.4 Merkmale Islam-konformer Finanzierungen im Retail-Banking und Voraussetzungen zur Implementierung als Geschäftsfeld

6.4.1 Islam-konforme Konsumfinanzierung

6.4.2 Islam-konforme Immobilienfinanzierung

6.5 Merkmale weiterer Islam-konformer Finanzinstrumente

6.5.1 Islam-konforme strukturierte Produkte

6.5.2 Islam-konforme Versicherungen – „

Takaful“

7 Internationale Beispiele für Islamic Banking

7.1 Islamic Private Banking in Malaysia

7.2 Islamic Private Banking in Europa

8 Islamic Banking in Deutschland

8.1 Nachfrage nach islamischen Instrumenten in Deutschland

8.2 Vertriebsbeispiele islamischer Finanzprodukte in Deutschland

9 Vertriebsperspektiven für Islamic Banking in Deutschland

9.1 Zielorientierter Vertrieb von Islamic-Banking-Produkten durch Nachfrageorientierung und Kundensegmentierung

9.2 Ethno Banking als Alternativbezeichnung

TEIL 3: Fazit

10 Zusammenfassung und Erkenntnisse

Glossar

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AAOIFI

Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions

ABS

Asset-Backed Securities

Anm.

Anmerkung

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BBA

Bay Bithaman Ajil

bspw.

beispielsweise

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

CEO

Chief Executive Officer

CFO

Chief Financial Officer

CIBAFI

General Council of Islamic Banks and Financial Institutions

d.h.

das heißt

DJ

Dow Jones

DMI

Dar Al-Maal Al-Islami

e.K.

eingetragener Kaufmann

EK

Eigenkapital

etc.

et cetera

EUR

Euro

EURIBOR

European Interbank Offered Rate

FK

Fremdkapital

FTSE

Financial Times Stock Exchange

ggf.

gegebenenfalls

GB

Großbritannien

Hrsg.

Herausgeber

IBB

Islamic Bank of Britain

ICM

Islamic Capital Market

IDB

Islamic Development Bank

i.d.R.

in der Regel

i.H.v.

in Höhe von

IIBI

Institute of Islamic Banking and Insurance

IIFM

International Islamic Financial Market

IFSB

Islamic Financial Services Board

IIRA

Islamic International Rating Agency

IRTI

Islamic Research and Training Institute

ISDA

International Swaps and Derivatives Association

LBB

Landesbank Berlin

LIBOR

London Interbank Offered Rate

LMC

Liquidity Management Centre

Mio.

Millionen

Mrd.

Milliarden

Nr.

Nummer

o.Ä.

oder Ähnliches

o.J.

ohne Jahresangabe

OTC

Over the Counter

QES

Quantitative Equity Selection

QPO

Qualifying Public Offering

o.V.

ohne Verfasser

RIB

Retail-Islamic Banking

S.

Seite

S&P

Standard & Poors

SPV

Special Purpose Vehicle

SRI

Socially Responsible Investment

u.a.

und andere

USA

United States of America

USD

United States Dollar

usw.

und so weiter

vgl.

vergleiche

z.B.

zum Beispiel

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1

Strukturabbildung zu Teil 1 – Instrumente des Islamic Finance

Abb. 2

Struktur einer

Murabaha

Abb. 3

Struktur einer

Mudaraba

Abb. 4

Struktur einer

Musharaka

Abb. 5

Struktur einer

Ijara

Abb. 6

Struktur eines parallelen

Salam

Abb. 7

Strukturabbildung zu Teil 2 – Islamic Private Banking

Abb. 8

Islam-konforme Konten und die zugehörigen islamischen Instrumente

.

Abb. 9

Struktur einer allgemeinen

Sukuk

-Emission

Abb. 10

Arten von Investment Sukuk

Abb. 11

Immobilienfinanzierung auf Basis einer Modified

Murabaha

Abb. 12

Immobilienfinanzierung auf Basis einer

Diminishing Musharaka

Abb. 13

Bedürfnispyramide von islamischen Finanzprodukten nach Maslow

Abb. 14

Produktpräferenzen muslimischer Kunden in Deutschland

Abb. 15

SWOT-Analyse für Retail-Islamic-Banking in Deutschland

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1

Annahmen für die

Ijara-wal-Iqtina

Tabelle 2

Tilgungsplan

Ijara-wal-Iqtina

Tabelle 3

Vergleich eines klassischen Fahrzeugleasings mit einer Fahrzeug-

Ijara

Tabelle 4

Unterschiede zwischen

Istisna'a

und

Salam

Tabelle 5

Übersicht der weltweiten Verteilung der Islamic Finance Volumina

Tabelle 6

Praktische Beispiele für Sukuk-Emissionen

Tabelle 7

Handelbarkeit von Sukuk-Formen auf dem Sekundärmarkt

Warum ein Buch zum Islamic Finance und Islamic Banking?

Islamic Finance zählt mittlerweile zu den aussichtsreichsten Finanzmärkten der Welt. Nicht nur die Sensibilisierung bestimmter Kundengruppen mit religiösem Hintergrund scheint die Nachfrage zu erhöhen, sondern auch die aktuellen wirtschaftlichen Ereignisse und ihre Auswirkungen auf die globalen Märkte fördern die Ausweitung der „islamischen Finanzindustrie“ als Alternative zum konventionellen Bankwesen.

Angesichts der immer mehr an Bedeutung gewinnenden islamischen Finanzstrukturen entwickelten sich islamische Finanzmärkte zu aktiven Teilnehmern dieser Finanzindustrie. An diesem Wachstumsmarkt partizipieren aber nicht nur islamische Länder und deren Banken, sondern auch einige asiatische und europäische Staaten mit ihren global tätigen Großbanken. Aber auch in Ländern mit einem muslimischen Bevölkerungsanteil bieten islamische Finanzprodukte für alle Finanzinstitute (von Sparkassen und Volksbanken bis hin zu den Großbanken) die Möglichkeit, neue Kundenpotenziale zu erschließen.

Trotz der zunehmenden Bedeutung von Islamic Finance und Islamic Banking besteht in nicht-muslimischen Kreisen (aber vielleicht auch bei den Muslimen selbst) noch wenig Kenntnis über die Instrumente und die Einsatzmöglichkeiten islamischer Finanzprodukte. Ferner gibt es wenig Literatur darüber, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen islamischen und konventionellen Finanzprodukten bestehen. Da im Islamic Finance und Islamic Banking keine Trennung zwischen religiösem und weltlichem Bereich besteht, erfordert die Anwendung islamischer Finanzprodukte auch Kenntnisse der durch den Islam gesetzten Gestaltungsmöglichkeiten.

Ziel dieses Buches ist es, einen wissenschaftlich fundierten und praxisgerechten Beitrag zum besseren Verständnis von Islamic Finance und Islamic Banking zu leisten und der Finanzindustrie in Deutschland die Chancen und Möglichkeiten, aber auch Grenzen islamischer Finanzinstrumente für deren nationalen und internationalen Einsatz aufzuzeigen.

Das Autorenteam verfügt über langjährige Erfahrung in der Bank- und Finanzwirtschaft sowie in den islamischen und westlich geprägten Finanzmärkten.

Wir danken dem Verlag UVK Lucius für seinen Mut, dieses spannende Thema gemeinsam mit uns anzugehen. Herr Dr. Schechler von UVK Lucius hat uns in allen Schritten der Bucherstellung professionell unterstützt, wofür wir ihm herzlich danken wollen.

Für Fragen, Anregungen, Kritik (und vielleicht auch Lob) stehen wir den Lesern unter [email protected] gerne zur Verfügung.

Wir wünschen allen Lesern eine interessante und erkenntnisreiche Lektüre.

Prof. Dr. Dr. Dietmar Ernst, Bilgehan Akbiyik und Ali Srour

TEIL 1: INSTRUMENTE DES ISLAMIC FINANCE

1 Einführung zu Teil 1

Zu Beginn des Buches erfolgt in Teil 1 eine Einführung zum Thema Islamic Finance mit ihren Grundlagen und den elementaren Merkmalen. Dadurch wird es dem Leser ermöglicht, die im Inhalt dargestellten Themen kontinuierlich nachzuvollziehen.

Um Islamic Finance und Islamic Banking verstehen und anwenden zu können, müssen wir uns zunächst mit den dafür relevanten religiösen Grundlagen des Islams beschäftigen. Dazu zählen die Scharia, welche die Rechtsquelle des Islams darstellt, profit-and-loss-sharing Transaktionen in der islamischen Finanzwelt sowie elementare Verbote im Islamic Finance. Diese bilden die Rahmenbedingungen für Islamic Finance und Islamic Banking. Wichtig für das islamische Finanzwesen sind auch die Organisationen und Institutionen, die das Regelwerk für die islamische Finanzindustrie erstellen und überwachen.

Zu den Islam-konformen Finanzinstrumenten, die im Folgenden ausführlich besprochen werden sollen, zählen:

Qard Hassan

Murabaha

Mudaraba

Musharaka

Ijara

Salam

Istisna’a

Bai al-Ina und Tawarruq

Arbun

Die folgende Abbildung zeigt den Aufbau von Teil 1.

Abb. 1: Strukturabbildung zu Teil 1 – Instrumente des Islamic Finance

2 Grundbausteine des Islamic Finance

2.1 Scharia – Die Rechtsquelle des Islams

Der Begriff Scharia wird in der Regel, wenn auch etwas ungenau, als islamisches Recht übersetzt. Mit der Regulierung der kreuzenden Sphären der profanen und sakralen Handlungen ist die Scharia viel breiter gefasst als ein säkulares Rechtssystem im Sinne allgemeiner Gesetze. Mittelalterliche arabische Lexikographen haben die Scharia dem semantischen Bereich, basierend auf dem Verb dehnen oder gedehnt werden, zugeschrieben. Hier handelt es sich wahrscheinlich um die Entstehung seiner Verwendung als Pfad oder Weg. Als Substantiv kommt es nur einmal im Koran vor, in dem es den von Gott bestimmten Weg bezeichnet. Um den modernen akademischen Übereinkommen zu entsprechen, werden die Begriffe islamisches Recht und Scharia in diesem Buch synonym verwendet.1

2.2 Profit-and-Loss-Sharing Transaktionen

Die Scharia beinhaltet den Leitgedanken der Risikoteilung. Darunter wird verstanden, dass ein Geldgeber nicht nur an den Gewinnen eines Geschäfts partizipieren soll, sondern auch die Verluste mittragen muss. Dabei ist es unerheblich, ob der Investor als Eigenkapital- oder Fremdkapitalgeber auftritt.2

Das Islamic Finance wird durch die Regeln und Vorschriften der Scharia bestimmt, die festlegen, dass das Einkommen ein Ergebnis aus produktiven wirtschaftlichen Aktivitäten, basierend auf einem Handel und den Grundsätzen der Profit-and-Loss-Sharing-Verträge, sein muss.3

2.3 Elementare Verbote im Islamic Finance

2.3.1 Ribah– Zins

„(...) Denn das Geld ist um des Tausches willen erfunden worden, durch den Zins vermehrt es sich dagegen durch sich selbst. (…) Diese Art des Gelderwerbs ist also am meisten gegen die Natur.“4

Der griechische Philosoph Aristoteles unterstützt mit seinen Worten die Auffassung der islamischen Rechtslehre. Denn der vielleicht weitreichendste und umstrittenste Aspekt der islamischen Wirtschaft im Hinblick auf ihre Implikationen ist aus westlicher Perspektive das Zinsverbot. Die Zahlung von Riba und die Einnahme von Zinsen, wie sie bei einem herkömmlichen Bankensystem vorkommen, sind explizit durch den Koran verboten. Denn der Zins schafft keinen tatsächlichen Mehrwert, sondern ist eine Kompensation, die alleinig für die Zurverfügungstellung von Kapital erhoben wird. Diese Art von Kapitalertrag ist im islamischen Finanzverständnis strengstens untersagt. Daher müssen die Anleger auf andere Weise kompensiert werden. An dieser Stelle sei gesagt, dass nicht der Kapitalertrag selbst verboten ist, sondern die charakteristische Besonderheit der Zinszahlung und die konventionelle Eigenschaft des Fremdkapitals.

2.3.2 Gharar– Spekulation

Das zweite Verbot im Islamic Finance sind diejenigen geschäftlichen Transaktionen, die Elemente der Spekulation in sich bergen, Gharar. In der Wirtschaftsterminologie bedeutet Gharar, ein Wagnis blind zu übernehmen, ohne über ausreichende Kenntnisse darüber zu verfügen, oder eine zu riskante Transaktion einzugehen. Allerdings können kleinere Unsicherheiten zulässig sein, wenn eine Notwendigkeit besteht. Im allgemeinen Kontext lauten die übereinstimmenden Ansichten der Juristen, dass alle Transaktionen, welche die wesentlichen Säulen der Vertragsbedingungen hinsichtlich der Prüfung auf Gharar nicht oder vernachlässigt definieren, für die Parteien ein Risiko enthalten, das für sie unnötig ist. Diese Art von Risiko wird als inakzeptabel erachtet, da es mit der Spekulation aufgrund seiner inhärenten Unsicherheit gleichzusetzen ist. Spekulationsgeschäfte mit diesen Eigenschaften sind daher verboten.5

2.3.3 Maysir/Qimar– Glücksspiel

Ein weiteres Verbot im Islamic Capital Market (ICM) betrifft das Glücksspiel. Es wird hauptsächlich dann angewendet, wenn es bspw. um den Bann derivativer Produkte im Finanzwesen geht. D.h. es betrifft Produkte mit einem Hebel zum Underlying und ohne tatsächliche Eigentumsverhältnisse der gehandelten Waren oder Währungen. Das leicht erzielte Vermögen, welches zufällig bedingt und ungeachtet der Einhaltung der Rechte anderer Menschen angehäuft wird, beschreibt Maysir.

Qimar wird dagegen als die Gegebenheit bei Glücksspielen betrachtet, bei der das Eigentum an einer Sache an das Zustandekommen eines unsicheren Ereignisses gebunden ist. Eine solche Situation inkludiert, dass der Gewinn der einen Partei einen Verlust der anderen herbeiführt. Dabei ist es ungewiss, wer welche Position einnehmen wird.6

2.3.4 Unethische Geschäfte

Im Islam sind dessen Anhängern der Verzehr von Schweinefleisch oder das Trinken von Alkohol untersagt. Diese Verbote beziehen sich nicht nur auf das Privatleben der Gläubigen, sondern gelten auch für die Wirtschaft und somit das Islamic Finance. Grundsätzlich sind der Handel, die Beförderung oder Veräußerung solcher Güter in einem ICM verboten. Die Restriktion beschränkt sich nicht nur auf Alkohol und Schweinefleisch, sondern auch auf Pornografie, Tabak, Prostitution und den Handel mit Waffen. Ebenso ist es unter den Vorschriften der Scharia nicht erlaubt, sich an Unternehmen, welche die eben genannten verbotenen Geschäfte betreiben, zu beteiligen.

Die Ausnahme beschreibt das Regelwerk des AAOIFI (Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions), Sharia Standards No. (21): welches besagt, dass in konventionelle Unternehmen investiert werden darf, wenn ihre Hauptgeschäftsfelder islamisch erlaubt sind und nur zum Teil unerlaubte Transaktionen wie beispielsweise Zinsgeschäfte ausgeübt werden. Die im Folgenden aufgeführten Kennzahlen dürfen nicht höher als 30 % sein, damit ein Unternehmen als Scharia-konform zertifiziert werden kann:

Die Gesamtverschuldung im Verhältnis zur Marktkapitalisierung.

Die Summe des Barvermögens und der verzinslichen Wertpapiere in Relation zur Marktkapitalisierung.

Die Forderungen im Verhältnis zur Marktkapitalisierung.

7

Nach AAOIFI ist es verpflichtend Erträge, aus unerlaubten Transaktionen zu eliminieren.

2.4 Wichtige Organisationen und Regulatoren im islamischen Finanzwesen

Internationale Gremien wurden für die Bildung und Entwicklung von regulatorischen Scharia-Standards für Islamic Finance Institutionen konstituiert. Sie haben grundsätzlich einen empfehlenden Charakter. Die drei wichtigsten Einrichtungen, sofern gewisse nationale Regulierungsbehörden die Standards für IFIs regulieren, sind die International Islamic Financial Market (IIFM), die „Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions“ (AAOIFI) und der „Islamic Financial Services Board“ (IFSB), auf welche im Folgenden detailliert eingegangen wird.8

Weitere relevante Institutionen sind:

die Islamic Development Bank (IDB),

die International Swaps and Derivatives Association (ISDA),

das Liquidity Management Centre (LMC),

der General Council of Islamic Banks and Financial Institutions (CIBAFI),

das Islamic Research and Training Institute (IRTI),

das Institute of Islamic Banking and Insurance (IIBI)

9

und

die Islamic International Rating Agency (IIRA).

10

Darüber hinaus verfügt jedes konstituierte islamische Finanzinstitut über einen sogenannten Scharia Board, welcher zur Sicherstellung der Islam-gerechten Geschäftsauslegung eingerichtet wird (darauf wird im letzten Punkt dieses Kapitels detailliert eingegangen).11

2.4.1 IIFM

Der IIFM (International Islamic Financial Market) konzentriert sich in erster Linie auf islamische Finanzinstrumente, Produktentwicklungen, Verträge und die Formulierung von Richtlinien. Hauptsächlich erteilt diese Non-Profit-Organisation Empfehlungen zur Standardisierung und Weiterentwicklung dieser Bereiche.

2.4.2 AAOIFI

Zu den wichtigsten und bekanntesten Institutionen gehört die Non-Profit Organisation AAOIFI (Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions). Sie richtet ihren Fokus hauptsächlich auf Themen wie Buchführung, Bilanzierung und Corporate Governance. Auch sie hat die primäre Aufgabe, gewisse Standards in den Bereichen Rechnungslegung und Scharia, Corporate Governance, Rechnungsprüfung zu entwickeln oder auch allgemeine Stellungnahmen zu ethischen Themen zu formulieren.12

2.4.3 IFSB

Eine weitere Organisation, welche Standards und Richtlinien formuliert und entwickelt, ist das IFSB (Islamic Financial Services Board). Die vom IFSB entwickelten Standards werden von Regulierungsbehörden und Aufsichtsorganen ausgeführt. Internationale Standards, wie die Baseler Richtlinien, werden ebenfalls durch das IFSB an die islamischen Einrichtungen und Instrumente angepasst.13

2.4.4 IIRA

Als Pendant zu den bekannten Rating-Agenturen S&P, Fitch und Moody’s gilt im islamischen Finanzwesen die Islamic International Rating Agency (IIRA). Sie bietet zusätzlich zu den Leistungen der anderen Agenturen noch folgende wichtige Leistungen an:

Ausführung eines Sharia quality rating,

ein Corporate-Governance-Rating, bei dem die Unternehmen mit internationalen „Best-Practice“-Methoden und mit lokalen regulatorischen Anforderungen einander gegenübergestellt werden,

ein Kreditrating für islamische Banken und für islamische Produkte dieser Finanzinstitute,

Ausführung eines Staaten-Ratings.

14

2.4.5 Scharia Board

Die Aufgabe des Scharia Boards kann als quasi intern regulierendes Organ in einem Finanzinstitut beschrieben werden. Obwohl ein Scharia Board