Italienische Nächte mit dem Boss - Dani Collins - E-Book

Italienische Nächte mit dem Boss E-Book

Dani Collins

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Beschreibung

Als ein Skandal um seine sexy Angestellte Gwyn den Ruf seines Bankhauses gefährdet, versteckt Vittorio Donatelli sie auf seinem Anwesen am Comer See. Aber so sehr Gwyn sein Verlangen weckt, muss er sich zügeln! Was, wenn die pikanten Vorwürfe gegen sie wahr sind?

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Seitenzahl: 205

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IMPRESSUM

Italienische Nächte mit dem Boss erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Dani Collins Originaltitel: „Bought by Her Italian Boss“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA SOMMERLIEBEBand 29 - 2018 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Elisabeth Hartmann

Umschlagsmotive: GettyImages_Alessandro Biascioli

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733719630

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Entgeistert ließ Gwyn Ellis den Blick vom Bildschirm zu Nadine Billaud wandern, der PR-Managerin von Donatelli International, und dann wieder zurück auf den Monitor.

„Das sind Sie, oui?“, bohrte Nadine.

Gwyn hatte es die Sprache verschlagen. In dem Moment, als sie sich selbst erkannte, begann ihr Herz gegen ihre Rippen zu hämmern. Ihr brach kalter Schweiß aus. Ein Kloß im Hals ließ sie kaum atmen, geschweige denn sprechen.

Das war sie. Nackt. Ihr blanker Po mit dem pinkfarbenen String war auf dem Computermonitor in aller Deutlichkeit zu sehen. Die meisten Hinterteile sahen sich mehr oder weniger ähnlich, doch Gwyn war sehr wählerisch, wem sie ihres zeigte. Und ganz sicher versandte sie derartige Fotos nicht per E-Mail an Männer, die sie kaum kannte. Oder stellte sie gar ins Internet.

Ihr war, als stände ihr gesamter Körper unter elektrischem Strom.

Das nächste Foto zeigte sie mit nacktem Oberkörper, das zerwühlte Laken über den Schenkeln. Die Art, wie sie den Rücken durchbog, sodass ihre Brüste sich hoben, während sie sich mit gespreizten Fingern durchs Haar fuhr, ließ eine bewusst erotische Pose vermuten. Hinzu kam dieser glückselige Ausdruck auf ihrem nach oben gewandten Gesicht. Sie sah aus, als hätte sie den ganzen Tag lang Sex gehabt. Als ob sie wüsste, wie das war!

Dann erschien das letzte Foto auf dem Bildschirm, auf dem sie die Hüfte vorstreckte, an ihrem pinkfarbenen String zupfte und wirkte, als überlegte sie neckisch, ob sie ihn anbehalten oder ausziehen sollte. Die Augen waren träge halb geschlossen, ihre Lippen umspielte ein weicher, befriedigter Zug.

Das Licht war golden, ihre Haut glänzte – von Öl, wie sie erkannte, als ihr Verstand über den Schock hinweg wieder zu funktionieren begann. Diese Fotos waren in dem Wellness-Center aufgenommen worden, wo sie sich hatte massieren lassen, um die Schmerzen zwischen den Schulterblättern loszuwerden, die sie seit Wochen quälten. Nach der Behandlung hatte sie sich wieder aufgerichtet und in, wie sie meinte, völlig ungestörter Privatsphäre entspannt und völlig locker angezogen.

Die Massageliege war aus den Fotos herausmontiert worden. Zurück blieben Wände in gedecktem Grün und unscharfe, verschwommene Blumen im Hintergrund. Es hätte sich um ein Hotelzimmer, ein Schlafzimmer handeln können oder was immer der Betrachter darin sehen wollte.

„Mademoiselle?“, drängte Nadine.

„Ja, das bin ich“, stammelte Gwyn und fügte, als ihr schlagartig das Demütigende dieser Situation bewusst wurde, scharf hinzu: „Würden Sie das bitte ausschalten?“

Sie warf einen Blick auf Signor Fabrizio, ihren Vorgesetzten. Mit arroganter Miene saß der Mann mittleren Alters neben ihr.

„Warum führen Sie die Fotos einfach so vor? In seiner Anwesenheit?“, wollte Gwyn wissen. „Wäre das nicht unter vier Augen möglich gewesen?“

„Sie sind für jeden zu sehen, der über einen Internetzugang verfügt. Ich habe sie entdeckt“, sagte Fabrizio kernig, „und Nadine darauf aufmerksam gemacht.“

Er hatte die Fotos bereits angeschaut? Widerlich.

Wie unter einem heftigen, schneidenden Windstoß schossen ihr Tränen in die Augen. Ein ähnlich brutaler Stoß schien ihren Bauch zu treffen, und Übelkeit stieg in ihr hoch.

„Sie werden doch sicher gewusst haben, dass dies hier passieren könnte, als Sie diese Fotos aufgenommen und an Mr. Jensen geschickt haben?“, fragte Nadine.

Seit Gwyn im Gefolge von Fabrizio das Büro betreten hatte, trug Nadine ihre versnobte Nase noch höher als sonst. Fabrizio schoss immer wieder düstere, blasierte Blicke auf Gwyn ab, so, als könnte er problemlos durch ihren absolut seriösen blauen Bleistiftrock mit passender Jacke hindurchsehen.

Er trieb ihr eine Gänsehaut über den Rücken und weckte Angst um ihre Stelle. Ihre Handflächen waren feucht.

„Ich habe diese Fotos nicht aufgenommen“, betonte sie so nachdrücklich, wie der Kloß in ihrem Hals es zuließ. „Und glauben Sie wirklich, ich würde etwas Derartiges an einen Kunden schicken? Die Fotos sind … Ach, um Himmels willen.“ Sie hörte, wie hinter ihr die Tür geöffnet wurde, sprang auf, klappte eigenhändig Nadines Laptop zu und wünschte sich, die Fotos könnten auf diese Weise einfach gelöscht werden.

Tief im Innern wusste sie, dass sie anfangen würde zu weinen. Bald schon. Doch momentan befand sie sich noch in einer Art Schockzustand.

„Signor Donatelli.“ Nadine erhob sich. „Danke, dass Sie gekommen sind.“

„Sie haben ihn verständigt?“ Signor Fabrizio stand mit einem Ruck auf. Er wirkte bestürzt.

Was von Gwyns Beherrschung noch geblieben war, verflüchtigte sich. Der Eigentümer der Bank war gekommen? Sie kämpfte um Fassung, um sich weiteren Verunglimpfungen stellen zu können.

„Das sehen die Leitlinien bei derartigen Gefahren für den Ruf der Bank vor“, erklärte Nadine steif, und Gwyn wurde das Herz noch schwerer.

„Sie wird entlassen“, beeilte sich Fabrizio, Signor Donatelli zu versichern. „Ich war im Begriff, ihr zu sagen, dass sie ihre Sachen packen soll.“

Die Zeit stand still, als Gwyn begriff, dass sie gefeuert war. Wie dumm, sie hatte gedacht, zu einer Unterredung über mögliche Veruntreuungen von Mitteln eines Klienten in das Büro bestellt worden zu sein, aber doch nicht, um vor der ganzen Welt blamiert zu werden.

Buchstäblich vor der ganzen Welt. So fühlte sich Cyber-Mobbing an. Es war Verfolgung. Hexenjagd. Steinigung. Sie konnte das ungeheuerliche Ausmaß dieser Ungerechtigkeit nicht fassen.

Sehr langsam wandte sie sich dem Mann zu, der gerade eingetreten war, doch es war nicht Paolo Donatelli, der gut aussehende Präsident und das Oberhaupt jener Familie, der Donatelli International gehörte. Nein, es war viel schlimmer.

Vittorio Donatelli, Paolos Cousin und als Vizepräsident sein Stellvertreter. Ein Mann von womöglich noch fantastischerem Aussehen, zumindest Gwyns Einschätzung nach. Seine Züge waren so schön und edel, wie sein italienisches Erbe es erwarten ließ. Er war glatt rasiert, trug einen ausgesprochen gut geschnittenen Maßanzug und strahlte eine Arroganz aus, die sowohl von seiner schlanken Statur und seiner Größe als auch von der unnahbaren Miene noch verstärkt wurde. Die Art, wie alle schweigend dastanden und darauf warteten, dass er das Wort ergriff, zeugte von seiner Dominanz in jeder Lebenslage.

Er hatte keine Ahnung, wer Gwyn war, das wusste sie. Kurz nach ihrer Ankunft in Mailand hatte sie ihn einmal strahlend angelächelt, dabei aber eines vergessen: Ihr geheimer Schwarm wusste ja nicht, dass er das Objekt ihrer Begierde war. Er hatte einfach durch sie hindurchgesehen, und das tat weh. Unlogischerweise sogar sehr.

„Nadine. Oscar.“ Vittorio ließ den Blick flüchtig über die Anwesenden gleiten, bevor er wieder Gwyn durchdringend ins Auge fasste.

Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Selbst am Rande der Hysterie reagierte sie auf ihn. Ihre Lippen waren so trocken, dass sie sich nicht zu einem Lächeln verziehen ließen. Sie bezweifelte, dass sie je wieder würde lächeln können.

„Miss Ellis.“ Vittorio nickte ihr feindselig zu.

Ihren Namen kannte er vermutlich aus Nadines Bericht. Die wütende Anklage in seinem Blick verriet Gwyn, dass er die Fotos gesehen hatte. Natürlich hatte er sie gesehen. Deswegen hatte er sich aus der schwindelnden Höhe der Chefetage ins Stockwerk der mittleren Angestellten des Donatelli-Hochhauses begeben.

Gwyns ohnehin schon flacher Atem stockte, und ihre Knie zitterten. Es war merkwürdig und erschreckend, wie wehrlos sie sich bei der Vorstellung fühlte, dass er sie nackt gesehen hatte, doch die Wirkung, die dieser völlig fremde Mann von Anfang an auf sie ausgeübt hatte, war beispiellos. Einmal hatte sie ihn durch die Büros in Charleston schreiten gesehen, und es war auf diesen flüchtigen Blick auf einen unglaublich gut aussehenden, dynamischen Mann zurückzuführen, dass sie die Versetzung ausgerechnet an den Hauptsitz in Mailand mit solcher Freude angenommen hatte. Sie hatte vorwärtskommen wollen und deshalb jede Beförderung angenommen, die sie bekommen konnte, aber Mailand war ihr Traumziel.

Weil sie dort die Chance hatte, ihn zu sehen.

Gib gut acht, was du dir wünschst. Sie presste die Lippen zu einem harten, festen Strich zusammen, dann wandte sie das Gesicht ab und rang um Fassung.

Er hatte augenscheinlich nicht das Geringste gemein mit dem Mann, den sie erdichtet hatte. Italienische Männer sind warmherzig und gesellig und verrückt nach Frauen, hatte sie gedacht und erwartet, dass er mit ihr flirten würde, sollten sie einmal ins Gespräch kommen. Sie hatte erwartet, dass er ihr Gelegenheit geben würde, ihn zu faszinieren, obwohl sie seine Angestellte war.

Doch der Mann, der sie geradezu zwanghaft beschäftigte, hatte sie nicht nur nackt gesehen, sondern blieb auch völlig ungerührt von diesem Anblick. Es stieß ihn ab. Er beschuldigte sie. Nannte sie insgeheim eine Hure und Schlimmeres …

Sie bremste sich, um sich nicht in etwas hineinzusteigern. Die Scherben ihrer zusammengestürzten Welt wurden schon genug umhergestoßen. Sie musste sich zusammenreißen.

Doch sie war es nicht gewohnt, kurzerhand abgewiesen zu werden, bei einem Mann überhaupt kein Interesse zu wecken. Üblich war die gegenteilige Reaktion. Ihre Figur hatte schon immer ein gewisses Maß an männlicher Beachtung gefunden. Sie forderte es nicht heraus und fand sich selbst im Hinblick auf ihre Persönlichkeit eher langweilig. Du liebe Zeit, sie arbeitete in der Bankbranche. Ihr Haar war ganz gewöhnlich braun, und ihre gesamte Erscheinung war ziemlich durchschnittlich, fand sie. Dass ihr Gesicht nicht unscheinbar, sondern schön war, verdankte sie dem außergewöhnlich guten Teint, einem Erbteil ihrer Mutter, und ihrer heiteren Disposition. Alles in allem aber hätte es sie nicht so sehr überraschen dürfen, dass ein Mann, der praktisch jede Frau haben konnte, kein Interesse an ihr zeigte.

Es schmerzte sie trotzdem.

Denk nach, befahl sie sich, doch das war schwierig, solange sie in diesem Gefühlssumpf feststeckte, weil ein Mann, der sie bezauberte, sie so deutlich verschmähte.

„Ich verlange einen Anwalt“, brachte sie schließlich hervor.

„Wieso benötigen Sie einen?“ Zornig zog Vittorio die Brauen hoch. Dieser Zorn ließ ihn gottähnlich wirken.

„Meine Entlassung ist nicht rechtens. Sie behandeln mich wie eine Kriminelle, obwohl diese Fotos ungesetzlich sind. Sie sind ohne mein Wissen in einem Wellness-Center aufgenommen worden. Es sind keine Selfies. Wie also hätte ich sie Kevin Jensen schicken sollen? Oder sonst jemandem? Seine Frau war diejenige, die mir empfohlen hat, dort meine Schultern massieren zu lassen.“

Vito blickte auf den Laptop und ließ die Bilder innerlich Revue passieren. Sie hätten äußerst erregend sein können, wären sie privat unter Liebenden ausgetauscht worden. Als er die Fotos betrachtet hatte, war er gegen seinen Willen sekundenlang gefesselt gewesen und hatte sich zwingen müssen, sich von Gwyns sinnlichen Formen nicht ablenken zu lassen, sondern zu bedenken, dass diese Fotos eine Bombe darstellten, die direkt auf die Bank abzielte. Die Bank war seine Lebensgrundlage und versorgte auch seine gesamte weitläufige Familie.

Aber die Fotos waren keine Selfies. Das zumindest entsprach der Wahrheit. Er hatte angenommen, Jensen müsste sie geschossen haben.

Nadine glaubte offenbar, die Verlagerung seiner Aufmerksamkeit sei eine Aufforderung an sie, das Anschauungsmaterial noch einmal vorzuführen. Sie wollte ihren Laptop starten.

„Zeigen Sie diese Fotos gefälligst nicht allen Leuten! Das ist doch krankhaft“, fuhr Gwyn sie an.

„Bleiben wir bitte sachlich“, schnappte Nadine.

„Wie würden Sie wohl an meiner Stelle reagieren?“, schoss Gwyn zurück.

Gwyn Ellis entsprach nicht dem, was Vito erwartet hatte. Sie strahlte eine gewisse amerikanische Frische aus und hatte mit der Femme fatale auf den Fotos nur entfernt Ähnlichkeit. Er hatte beim Betreten des Raums damit gerechnet, dass ihre weiblichen Reize ihre Wirkung auf ihn nicht verfehlen würden, und genauso war es auch gekommen. Das Gleiche hatte er an jenem Tag empfunden, als sie ihn in der Eingangshalle angelächelt hatte.

Sie hatte damals schon unter Verdacht gestanden, und deshalb hatte er vorgegeben, sie nicht zu bemerken. Aber nichts konnte ihren Reiz beeinträchtigen. Dieser Körper mit den festen, wohlgerundeten hohen Brüsten unter der figurbetonten Jacke war unglaublich attraktiv. Ihre Taille schrie förmlich danach, von Männerhänden umfasst zu werden. Er stellte sich vor, wie er über die formvollendet geschwungenen Hüften strich und ihre herrlich prallen Pobacken umfasste, die er liebend gern kneten würde. Knie stachen ihm gewöhnlich nicht ins Auge, aber selbst sie waren bei Gwyn hübsch.

Ein Bild, wie er diese Knie umfasste, um ihre Schenkel zu öffnen, schoss ihm durch den Kopf.

Sie war eine Frau mit einem äußerst wirkungsvollen Auftreten. Die Schultern hielt sie straff, ihre Haltung war angespannt und angriffsbereit, doch ihre zierliche Gestalt und die gefälligen Rundungen verkündeten, dass sie unbestreitbar ein weibliches Exemplar ihrer Spezies war, im fruchtbaren Alter und unwiderstehlich pflückreif.

Sie sprach den Mann in ihm an, brachte sein Blut in Wallung, auch wenn er diese animalische Regung um jeden Preis unterdrücken wollte.

Instinktive Reaktionen wie Lust gönnte er sich nur in äußerst streng dosierten Mengen. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, und seiner Reaktion auf Gwyn nach zu urteilen, war sie nicht die richtige Frau. Überhöhte Risikobereitschaft gehörte in den Zuständigkeitsbereich seines Cousins. Vito hielt seine Lust gnadenlos unter Kontrolle, selbst wenn ein Teil von ihm vor Erregung vibrierte und die Herausforderung liebend gern angenommen hätte. Es drängte ihn, sich in diesen perfekten Strudel der Anziehung zu stürzen, nur um zu sehen, ob er ihn überlebte.

Was sie miteinander würden anstellen können …

Er löste sich von seinen Spekulationen und hörte, wie Nadine eine gemeine Spitze auf Gwyn abschoss. „Ich würde nicht mit einem verheirateten Mann schlafen. Deshalb käme ich nie in Ihre Situation.“

„Wer sagt, dass ich mit Kevin Jensen geschlafen habe?“, wollte Gwyn hitzig wissen. „Wer? Ich will den Namen.“

Wie empört sie war. Das war nicht die Reaktion einer Frau, die für einen Liebhaber posiert hatte und das Risiko eingegangen war, bloßgestellt zu werden. Sie hätte wütend auf Jensen oder seine Frau sein müssen, hätte trotzig das Haar zurückwerfen und der Verurteilung ihrer Entscheidung, nackt für ihren Liebhaber zu posieren, die Stirn bieten müssen. Stattdessen war sie eine Frau am Rande ihrer Beherrschung, die mit kaum gezügelter Hysterie auf eine Katastrophe reagierte.

„Seine Frau sagt, Sie hätten mit ihm geschlafen. Oder hätten es geplant. Was auf der Hand liegt“, mischte Oscar Fabrizio sich ein. „Immerhin war sie es, die diese schmutzigen Fotos ins Netz gestellt hat, nachdem sie die Aufnahmen auf seinem Handy entdeckt hatte. Sie sind mehr als einmal mit ihm essen gegangen.“

Diesen Angriff fand Vito interessant. Er hatte Paolo vor ein paar Wochen auf gewisse Verdachtsmomente gegen den Leiter der Rechnungsstelle ihres Non-Profit-Sektors aufmerksam gemacht. Schnell war man dann zu dem Schluss gekommen, dass die Neue an dem Handel beteiligt war und den Verdächtigten unterstützte.

„Kevin wollte unsere Verabredungen … unsere Besprechungen, meine ich“, stellte Gwyn hastig klar, „außerhalb des Büros.“ Sie war sichtlich bestürzt und blickte Vito flehend an. „Er ist ein Klient. Ich hatte keine andere Wahl, als auf ihn einzugehen, wenn er es verlangte.“

Das musste Vito akzeptieren. Exzellente Kundenbetreuung war ein Grundstein von Donatelli International. Wenn ein Klient vom Kaliber eines Jensen einen Hausbesuch wünschte, wurde von den Angestellten erwartet, dass sie diesem Wunsch nachkamen.

„Sie haben diese Fotos nicht geschossen?“, bohrte er weiter nach.

„Nein!“

„Dann sind sie auch nicht auf Ihrem Handy gespeichert?“ Mit einer Kopfbewegung wies er auf das Gerät, das sie fest umklammert hielt.

Gwyn hatte vergessen, dass sie es in der Hand hielt, doch sie griff stets gewohnheitsmäßig danach, wenn sie ihren Schreibtisch verließ, und hatte es auf stumm geschaltet, als sie zu dieser Besprechung ging. Jetzt starrte sie es an, überrascht, es in ihrer Hand zu sehen. Endlich konnte sie fest und sicher antworten: „Nein. Sie sind nicht darauf.“

„Darf ich mich selbst davon überzeugen??“ Er streckte die Hand aus.

Oberflächlich betrachtet war es eine plausible Forderung, aber, oh Gott, nein. Sie hatte etwas gespeichert, das mehr als peinlich war. Es würde die Situation um so vieles schlimmer machen … so viel schlimmer.

Sie wusste, dass sich Panik und schlechtes Gewissen in ihrem Gesicht abzeichneten, konnte es jedoch nicht ändern.

Vito blähte die Nasenflügel und biss die Zähne zusammen. Seine Augen schossen Blitze, und Gwyn wusste, dass sie froh sein konnte, nicht mehr als ihren Job zu verlieren.

„Dieses Handy gehört mir“, stammelte sie, bemüht, sich nicht einschüchtern zu lassen. Wäre sie nicht bereits verletzt worden, hätte sie vielleicht nicht so heftig reagiert. Aber er würde sie schon niederschlagen müssen, um ihr das Ding gewaltsam aus der Hand zu reißen, wenn er unbedingt Zugang haben wollte. „Ich habe ein festes Budget für die geschäftliche Nutzung, aber es gehört mir. Sie haben kein Recht, es zu inspizieren.“

„Kann es Sie nun entlasten oder nicht?“ Forschend sah er sie an.

Gwyn konnte den inneren Aufruhr und ihre Verbitterung darüber, in Zugzwang geraten zu sein, nicht verbergen. „Meine Privatsphäre ist längst schlimm genug verletzt worden.“

Am liebsten hätte sie geweint.

Sie konnte nur daran denken, wie hart sie gearbeitet hatte, um nicht wie ihre Mutter vom Leben herumgestoßen zu werden. In jeder Phase hatte sie sich bemüht, selbstständig und unabhängig zu sein und ihre Zukunft im Griff zu haben.

Atme, befahl sie sich. Denk nicht darüber nach. Sonst würde sie noch zusammenbrechen.

„Ich schätze, da haben wir die Antwort“, sagte Fabrizio mitleidlos.

Sie fing an, den Mann zu hassen. Dabei war das gar nicht ihre Art. Gwen tat ihr Bestes, um mit allen gut auszukommen. Eigentlich war sie ein fröhlicher Mensch, überzeugt, dass das Leben zu kurz für Dramen und Konflikte sei. Es sei ein Zeichen von Größe, als Erste um Entschuldigung zu bitten, glaubte sie. Doch sie bezweifelte, dass sie diesen Menschen je verzeihen würde, wie sie jetzt von ihnen behandelt wurde.

Ein leises Summen ertönte, und Nadine blickte auf ihr eigenes Handy. „Die Presse findet sich ein. Wir müssen eine Erklärung abgeben.“

Die Presse? Gwyn ging an Fabrizio vorbei zum Fenster und blickte hinunter.

Nadines Büro befand sich auf halber Höhe des Hauses, und die Ansammlung von Menschen mit Kameras vor dem Eingang erinnerte an einen wimmelnden Ameisenhaufen. Dort unten ging es zu wie bei der Geburt eines Thronerben.

Sie schluckte. Ihr wurde wieder flau im Magen.

Kevin Jensen war eine Ikone, ein moderner internationaler Superheld, der in Katastrophengebiete flog und „bodenständige“ Hilfe bot. Jeder mit einem Funken Verstand erkannte, dass er herzzerreißende Situationen per Kamera ausschlachtete, um die Spendenbereitschaft zu steigern und sich zu profilieren. Doch unterm Strich blieb es eine Tatsache, dass er bei schrecklichen Tragödien zur Stelle war und Hilfe brachte. Er leistete gute, notwendige Arbeit für die Betroffenen.

In letzter Zeit allerdings hatte Gwyn angefangen nachzuhaken, wie er einen Teil dieser üppigen Spenden ausgab.

War das hier seine Antwort? Sie massiv zu diskreditieren, damit sie gefeuert wurde?

Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. So etwas passierte nicht im wahren Leben. Oder?

Fieberhaft dachte sie über einen Fluchtweg nach. Sie konnte nicht einmal das Gebäude verlassen, um in ihre Mietwohnung hier in Mailand zu gelangen. Wie sollte sie zurück nach Amerika kommen? Und falls sie denn so weit kam, was dann? Sollte sie Unterschlupf bei ihrem Stiefvater suchen? Wer würde eine so traurige Berühmtheit aufnehmen?

Sie würde genau das sein, was sie um jeden Preis hatte vermeiden wollen: eine Belastung. Ein Schmarotzer.

Oh Gott … Oh Gott. Die Mauern ihrer Beherrschung begannen zu bröckeln und einzustürzen. Der Druck hinter ihren Augen nahm im gleichen Maße zu wie die Last auf ihren Schultern.

Nadine redete, während sie gleichzeitig tippte. „… sagen, dass der Bank diese persönliche Beziehung nicht bekannt war und die Angestellte entlassen wurde …“

„Unser Klient hat angegeben, dass die Fotos nicht erbeten waren“, mischte Fabrizio sich ein.

Gwyn fuhr herum. „Und Ihre Angestellte gibt an, dass sie Opfer eines Spanners und Online-Pornohändlers und einer rachsüchtigen Ehefrau ist.“

Nadine hielt lange genug inne, um sie mit einem strengen Blick zu bedenken. „Ich rate Ihnen dringend, nicht mit den Presseleuten zu reden.“

„Ich werde vielmehr mit einem Anwalt reden.“ Es war eine leere Drohung. Sie verfügte nur über bescheidene Ersparnisse. So gern sie auch glauben wollte, dass ihr Stiefbruder ihr helfen würde, konnte sie doch nicht darauf zählen. Er musste den Ruf seines eigenen Unternehmens schützen. Die Feindseligkeit, die Vittorio Donatelli nach wie vor ausstrahlte, weckte den Wunsch in ihr, in ein Loch zu kriechen und zu sterben.

„Wie lange sind Sie in unserem Unternehmen?“, wollte Nadine wissen.

„Zwei Jahre in Charleston, vier Monate hier.“ Gwyn überlegte, wie viel Spielraum für ein Flugticket und eine Wohnung in Charleston ihr die Kreditkarte ließ. Es würde nicht reichen.

„Zwei Jahre“, schnaubte Nadine und hakte misstrauisch nach: „Wie haben Sie es innerhalb so kurzer Zeit zu einer Beförderung gebracht?“ Sie ließ den Blick über Gwyns Figur wandern, zweifellos um anzudeuten, dass Gwyn sich nach oben geschlafen haben musste. Vittorios Gesicht war eine undurchdringliche Maske. Dachte er das Gleiche? Abendschule, Sprachkurse und Überstunden zählten offenbar nicht.

Fabrizio nahm sie nicht in Schutz, obwohl er ihre Versetzung abgesegnet und ihr nach den ersten drei Monaten ein glänzendes Zeugnis ausgestellt hatte.

Gwyn entschlüpfte ein Schluchzer der Fassungslosigkeit, und sie schlang die Arme noch fester um ihren Oberkörper, um nicht den Verstand zu verlieren.

Inzwischen hatte Vittorio sein Handy aus der Hosentasche gezogen und stellte mit einem Wischen und einem Tastendruck eine Verbindung her. „Bruno? Vito. Ich brauche dich in Nadine Billauds Büro. Bring ein paar von deinen Leuten mit.“

„Um mich hier hinauszukomplimentieren?“, vermutete Gwyn. Jetzt kamen die Tränen mit der Gewalt eines Tsunamis. Ihre Stimme brach. „Keine Sorge. Ich habe vor, rasch und lautlos zu verschwinden. Schließlich kann ich es kaum erwarten, hier nicht mehr arbeiten zu müssen.“

„Sie bleiben, wo Sie sind, bis ich Sie auffordere zu gehen.“ Vittorios Ton war unerbittlich, und ihr wurde das Herz noch schwerer, während sich gleichzeitig etwas in ihr trotzig erhob, kämpfen und fluchen und ihn körperlich angreifen wollte, um aus dem Büro zu gelangen. Sie war der Inbegriff des verwundeten Tieres, das es aus der Gefahrenzone hinaus und in seine Höhle drängte.

An Nadine gewandt fügte er hinzu: „Bestätigen Sie, dass die Fotos einer unserer Angestellten gehören. Aus Diskretion und juristischen Gründen enthalten wir uns weiterer Kommentare. Fordern Sie die Reporter auf, sich zurückzuziehen, und nehmen Sie die Sicherheitskräfte im Eingangsbereich zu Hilfe. Geben Sie eine ähnliche Erklärung an alle Angestellten heraus. Fügen Sie eine Warnung hinzu, dass jeder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses riskiert, der versucht, mit den Presseleuten zu sprechen oder die Fotos auf firmeneigenen Geräten oder auf dem Firmengelände anschaut. Oscar, ich benötige einen ausführlichen Bericht dazu, wie Sie auf diese Fotos aufmerksam geworden sind.“

„Signor Jensen hat mich heute Morgen kontaktiert …“

„Nicht hier.“ Es klopfte, und Vittorio ging zur Tür. „In Ihrem Büro. Warten Sie hier“, sagte er über die Schulter hinweg zu Gwyn, als wäre sie ein Hund, der zu Hause bleiben musste, während er zur Arbeit ging. Er scheuchte die anderen zwei aus dem Büro, ging selbst hinterher und schloss die Tür.

„Na toll“, krächzte Gwyn in die Stille in Nadines leerem Büro und umschlang ihren Oberkörper so fest, dass sie glaubte zu ersticken.

Wie eine Schlage, die sich wand und krümmte, spürte sie den Schmerz in ihrem Inneren. Er drückte ihr Herz und Lunge ab. Ihr Magen verkrampfte sich, die Kehle wurde ihr eng. Sie schlug die Hände vors Gesicht, als wollte sie sich vor der schrecklichen Wirklichkeit verstecken, dass alle – die ganze Welt – nicht nur ihren nackten Körper betrachteten, sondern auch glaubten, sie hätte mit einem verheirateten Mann geschlafen.

Einigermaßen gut konnte damit leben, dass man ihren Körper anschaute. Das ließ sich ja ohnehin nicht ändern. Aber sie war ein aufrechter Mensch. Sie log nicht, stahl nicht, machte sich nicht an Männer heran, schon gar nicht an verheiratete! Insgesamt führte sie ein konservatives Leben. Ihre Energie nutzte sie für ihre Karriere, indem sie ehrgeizige Projekte aufgriff, zum Beispiel Kurse in Tabellenkalkulation belegte, in der Hoffnung, dass es sie auf der Karriereleiter weiter brachte.

Der Druck hinter ihren Augen wurde unerträglich. Sie versuchte, mit den Handflächen Gegendruck zu erzeugen, doch ein verzweifeltes Stöhnen stieg aus ihrer Brust auf. Ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle.