Jenseits der Todesschwelle - Hubertus Mynarek - E-Book

Jenseits der Todesschwelle E-Book

Hubertus Mynarek

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Beschreibung

In diesem Buch wird der Mensch, dieses Zwischenwesen zwischen Tier und Halbgott, in der ganzen Weite seiner Erscheinungsweisen von der Geburt bis zum Tod, vom Diesseits zum Jenseits dargestellt. Metaphysische Erlebnisse, Nahtod-Erfahrungen, Berichte Verstorbener und die großen Themen Wiedergeburt und Reinkarnation werden einer kritischen, aber wohlwollenden Analyse unterzogen. Rätselhafte Phänomene und paranormale Fähigkeiten von Menschen und Tieren werden vor dem Leser ausgebreitet. Ausführlich wird die Frage nach dem Verhältnis von Materie und Bewusstsein, Gehirn und Unsterblichkeit untersucht. Aphorismen tiefster menschlicher Weisheit in der Einleitung und am Ende des Buches kreisen das Thema Unsterblichkeit ein und stimmen darauf ein. Hubertus Mynarek studierte Philosophie, Psychologie und Theologie; Dr. Theol; Mag. Phil; Habilitation an der Universität Würzburg; lehrte als Professor an den Universitäten Bamberg und Wien; schuf das Konzept einer ökologischen Religionsphilosophie und eines ökologischen Humanismus; Autor zahlreicher Bücher zu wichtigen weltanschaulichen Fragen.

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Seitenzahl: 613

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Jenseits der Todesschwelle

Impressum

© NIBE Verlag © Hubertus Mynarek

Mai 2018

Deutsche Erstausgabe

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere

Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind

im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Created by NIBE Verlag

Printed in Germany

ISBN:  978-3-947002-66-5

NIBE Verlag

Brassertstraße 22

52477 Alsdorf

Telefon: 02404/5969857

www.nibe-verlag.de

Email: [email protected]

Hubertus Mynarek

Jenseits der Todesschwelle

Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel

Worte herausragender Persönlichkeiten

zurThematik des Buches

Zweites Kapitel

Unsterblichkeit und Transzendenz

Drittes Kapitel

Unsterblichkeit und Atheismus

Viertes Kapitel

Kein Gottesgericht und keine Hölle nach dem Tod?

Fünftes Kapitel

Wissen die Jenseitigen von einem Gott?

Sechstes Kapitel

Rätselhafte Phänomene und überdimensionale Fähigkeiten in Menschen und Tieren

a) Das Verdopplungsphänomen

b) Das Phänomen der Feuerüberlegenheit

c) Das Phänomen der Materialisation

d) Das Phänomen der Levitation

e) Das Phänomen der Psychokinese

f) Das Seelisch-Geistige im Tier oder Die übersinnlichen Fähigkeiten von Tieren

Siebentes Kapitel

Beweise für Unsterblichkeit?

a)Nahtoderfahrungen - Wirklichkeit oder Halluzination?

b) Kontakte mit Verstorbenen - Wahrheit oder Projektion?

c) Materie und Geist - Gehirn und Unsterblichkeit

Anhang

Zum Thema Reinkarnation - Wiedergeburt - Auferstehung

Anmerkungen

Buchveröffentlichungen von Hubertus Mynarek

Urteile prominenter Zeitgenossen und Zeitschriften über Prof. Mynareks Wirken und Werke

Erstes Kapitel

Worte herausragender Persönlichkeiten

zur

Thematik des Buches

„Glaubt man, wie ich es tue, dass der Mensch in weit entfernter Zukunft ein weit vollkommeneres Geschöpf als heute sein wird, so ist es ein unerträglicher Gedanke, dass er und alle empfindsamen Wesen nach einem so lange fortdauernden langsamen Fortschritt zu vollständiger Vernichtung verurteilt werden sollten.“

Charles Darwin

„lch glaube, dass in meiner Existenz ein fundamentales Geheimnis liegt, das jede biologische Erklärung über die Entstehung meines Körpers (einschließlich meines Gehirns) mit seiner genetischen Vererbung und seinem entwicklungsgeschichtlichen Ursprung übertrifft … ich erwachte sozusagen zum Leben und fand mich existierend als ein verkörpertes Selbst mit diesem Körper und Gehirn – so kann ich nicht glauben, dass dieses wunderbare göttliche Geschenk einer bewussten Existenz keine weitere Zukunft hat, keine Möglichkeit einer anderen Existenz unter anderen nicht vorstellbaren Bedingungen.“

Nobelpreisträger John C. Eccles

„Man muss von der aktiven Rolle des selbstbewussten Geistes in seinem Einfluss auf die neuronale Maschinerie des Liaison-Hirns sprechen.“

Karl R. Popper

„Wir sind nicht menschliche Wesen, die eine spirituelle Erfahrung machen, sondern spirituelle Wesen, die eine menschliche Erfahrung machen.“

Wayne W. Dyer

„Alle Materie ist Geist.“

Sir Arthur Eddington

(Mitbegründer der modernen Physik)

„Es gibt keine Materie. Ich habe als Physiker fünfzig Jahre lang – mein ganzes Forscherleben – damit verbracht zu fragen, was eigentlich hinter der Materie steckt. Das Ergebnis ist ganz einfach: Es gibt keine Materie. ich habe somit fünfzig Jahre an etwas gearbeitet, was es gar nicht gibt … Das Universum im großen und im kleinsten Bereich stellt sich dar als Ausdruck einer einzigen Urkraft.“

Hans-Peter Dürr

„Der Gedanke, dass der Kosmos aus kleinsten, unteilbaren (atomoi) Teilchen bestünde, stammt von dem griechischen Philosophen Demokrit (um 450 - ca. 380 vor der Zeitenwende). Die Bewegung dieser von ihm angenommenen kleinsten Teilchen geschieht mechanisch: „Die Natur besteht aus Atomen, die im leeren Raum umhergeschleudert werden. Diese Vorstellung, dieses Bild, wurde über zweitausend Jahre niemals angezweifelt. ln neuerer Zeit haben die Physiker in intensiver Forschung nach diesen kleinsten, unteilbaren Teilchen gesucht. Sie fanden immer kleinere Einheiten, die im althergebrachten Sinne keinen materiellen Charakter mehr tragen, sondern nur Energiestrukturen darstellen.“

Christian-Ulrich Baugatz

„Die Form verdankt ihren Bestand dem Geist, dadurch, dass die Bewegung der Energiepartikel nicht zufällig und willkürlich verläuft, sondern nach geistigen Prinzipien, also vom Geist gesteuert ist. Geist ist bereits jedem Elektron immanent … Die Energiepartikel verweben sich zu einem Muster wie in einem Gobelin, welcher aus unzähligen Farbfäden besteht … er entsteht in jedem Augenblick neu, ohne dadurch seine Kontinuität zu verlieren … Die Natur (der Kosmos, das Universum) ist ein geistiger Organismus, das heißt wir haben es hier mit einem geistig-seelischen Kraftfeld zu tun. Die Natur ist durch und durch lebendig.“

Rupert Sheldrake

„Religion, die ich meine, die sogar über den Hinduismus hinausgeht, verändert den Menschen bis in die Tiefen der Seele, verknüpft ihn unlöslich mit der ewigen Wahrheit und läutert ihn darum unablässig. Religion ist das unverrückbare Etwas im Menschen, das keine Anstrengung zu groß findet, um zur vollen Entfaltung zu gelangen, und das die Seele nicht ruhen lässt, bis sie sich selbst gefunden und sich selbst erkannt hat.“

Mahatma Gandhi

„Alles ist trivial, wenn das Universum nicht in ein metaphysisches Abenteuer verfangen ist.“

Nicolas Gomez Davida

„Das seelische Leben schwingt über den Leib hinaus. Es gibt ein seelisches Keimplasma, und die transphysiologische Unsterblichkeit wird vom Verlust des Leibes nicht betroffen.“

Der Neo-Marxist Ernst Block

„Der Mensch hat nur zwei Möglichkeiten, entweder er widmet sich nur den äußeren Dingen - Sport, Religion, Ritualen und Vergnügungen - oder er wendet sich nach innen. Das Gehirn hat unendlich viele Kapazitäten, die heute nur technologisch genutzt werden. Unser Gehirn ist fast ausschließlich mit der Materie beschäftigt. Wenn diese Funktionen von Maschinen übernommen werden, wird es schrumpfen. Einzig Religiosität kann eine neue Kultur hervorbringen, eine Religiosität, die völlig unabhängig von Aberglauben und Ritualen ist … Das Ausbilden des Gehirns und die Verfeinerung seiner Strukturen, das Training durch Aktion, Verhaltensweisen und Beziehungen und darüber hinaus ein Suchen und Forschen ist das, was in eine vom Denken unberührte Dimension führt.“

J. Krishnamurti

„Niemand hat bemerkt, dass es ohne reflektierende Psyche so gut wie keine Welt gibt und dass das Bewusstsein mithin einen zweiten Weltschöpfer darstellt … Für jedes Wesen ist es von vitaler Notwendigkeit, zu seiner eigenen Entelechie zu werden und sich zu dem zu entwickeln, was es von Anfang an war … Es erscheint danach, dass die lndividuation eine unerbittlich wichtige Aufgabe ist, hinter der alles andere zurücktreten sollte … Göttliche Kräfte zwingen den Menschen, weiterzuschreiten zu wachsender Bewusstheit und Erkenntnis … Was man einst den ,Heiligen Geist' nannte, ist eine treibende Kraft, die zu vertieftem Bewusstsein und größerer Verantwortung führt und somit zu reicherer Erkenntnis. Die wahre Geschichte der Welt erscheint als fortschreitende Inkarnation der Gottheit.“

C. G. Jung

„Es gab nicht nur heute, sondern zu jeder Zeit zwei Hauptthemen für die Menschen: Natur und Seele. Die Probleme der Menschheit beruhen immer auf einer Natur- und Seelenvergessenheit. Zwischen dem heutigen Menschen und der Natur stehen unzählige Apparate und technische Geräte, zwischen dem Menschen und seiner Seele stehen seine überkommenen unhinterfragten Angewohnheiten, die zahlreichen Medien sowie seine Glaubenssätze. Alles, was wir erleben, erleben wir seelisch – nicht rational. Rational kann man nichts erleben – Wirtschaftskrisen sowie andere Krisen sind nichts anderes als seelische Krisen. Alles, was Menschen ins Werk setzen, ist das Ergebnis ihrer reifen oder unreifen Seelen – Kultur ist das Spiegelbild menschlicher Entwicklung. Unkultur ist das Erscheinungsbild innerer Verwahrlosung.“

Ch.-U. Baugatz

„Freund, so du etwas bist, so bleib doch ja nicht steh'n! Man muss von einem Licht fort in das andre geh'n.“

Angelus Silesius

„Kein Wesen kann zu nichts verfallen!

Das Ew'ge regt sich fast in allen,

am Sein erhalte dich beglückt!

Das Sein ist ewig, denn Gesetze

Bewahren die lebend'gen Schätze,

aus welchen sich das All geschmückt ...“

Sofort nun wende dich nach innen,

Das Zentrum findest du da drinnen,

Woran kein Edler zweifeln mag.

Wirst keine Regel da vermissen;

Denn das selbständige Gewissen

lst Sonne deinem Sittentag …

Weltseele, komm, uns zu durchdringen!

Dann mit dem Weltgeist selbst zur ringen,

Wird unsrer Kräfte Hochberuf.

Teilnehmend führen gute Geister,

Gelinde leitend höchste Meister

Zu dem, der alles schafft und schuf.

Und umzuschaffen das Geschaffne,

Damit sich's nicht zum Starren waffne,

Wirkt ewiges, lebendiges Tun.

Und was nicht war, nun will es werden

Zu reinen Sonnen, farbigen Erden;

ln keinem Falle darf es ruhn.

Es soll sich regen, schaffend handeln,

Erst sich gestalten, dann verwandeln;

Nur scheinbar steht's Momente still.

Das Ewige regt sich fort in allen…”

„Und solang du das nicht hast,

dieses Stirb und werde!

Bist du nur ein trüber Gast

auf der dunklen Erde“.

„Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben,

sucht erst den Geist heraus zu treiben.

Dann hat er die Teile in seiner Hand.

Fehlt leider nur das geistige Band.“

„Denn was ein guter Mensch erreichen kann,

ist nicht im engen Raum des Lebens zu erreichen ...“

Johann Wolfgang von Goethe

„Wenn die Erde erst eure Glieder bedeckt, dann werdet in tanzen, in Wahrheit.“

Khalil Gibran

„Weißt du, warum ich nie den Tod geachtet? ich fühl in mir ein Leben, das kein Gott geschaffen und kein Sterblicher gezeugt. ich glaube, dass wir durch uns selber sind und nur aus freier Lust so innig mit dem All verbunden.“

Friedrich Hölderlin

„Wie ein kleiner Vogel, der die Hülle durchbricht und hochfliegt und hochfliegt, verlassen auch wir diese Hülle, die Hülle des Körpers. Wir nennen das Tod, aber genau genommen ist der Tod nichts anderes als ein Wandel der Form.“

Swami Satchidananda

„Die Zeit ist gekommen, die Theologie in der Physik aufgehen, den Himmel ebenso wirklich werden zu lassen wie ein Elektron … zumindest im Prinzip … ist es dem künftigen Leben möglich, eine vollkommen exakte Simulation der jeweils vergangenen Leben zustande zu bringen.“

Der Physiker Frank J. Tipler

„Eines ist Weisheit: Den Geist zu verstehen, der alles durch alles regiert … Der Seele Grenzen findest du nicht, auch wenn du jegliche Straße abschrittest, so tiefen Grund hat sie … Alle Menschen haben teil an der Fähigkeit, sich selbst zu erkennen und zu denken … Bestände das Glück in körperlichen Lustgefühlen, so müsste man die Ochsen glücklich nennen, wenn sie Erbsen zu fressen finden … In einem besteht die Weisheit, die Vernunft zu erkennen, welche alles und jedes zu lenken weiß ...“

Heraklit (535 – 475 v.u.Z.)

„All das ist natürlich kein Beweis für einen Skeptiker. Und um Skeptiker ein bisschen zu beruhigen, haben wir mit blinden Menschen ein Forschungsprojekt durchgeführt, bei welchem wir uns die Bedingung auferlegten, nur Blinde zu berücksichtigen, die seit mindestens zehn Jahren keinerlei Lichtperzeption hatten. Und diese Blinden, die dieses außerkörperliche Erlebnis gehabt hatten und zurückgekommen sind, können Ihnen im Detail sagen, was für Farben und welchen Schmuck Sie zu jener Zeit, wo Sie anwesend waren, trugen, was für ein Muster Ihr Pullover oder Ihre Krawatte hatte und so weiter. Sie verstehen, dass es sich hierbei nicht um etwas handelt, was man phantasieren kann. Sie können diese Sachverhalte ganz gut beweisen, wenn Ihnen die Antwort nicht Angst macht.

Wenn sie Ihnen jedoch Angst macht, dann mögen Sie wie jene Skeptiker zu mir kommen, die mir sagten, dass jene außerkörperlichen Erlebnisse als Resultate von Sauerstoffmangel anzusehen seien.

Ja, wenn es sich hierbei nur um Sauerstoffmangel handelte, verordnete ich allen meinen Blinden Sauerstoffmangel. Verstehen Sie? Wenn jemand eine Tatsache nicht wissen will, dann kommt er mit tausend Gegenargumenten. Und das ist eben wieder sein Problem. Sie müssen nicht versuchen, andere Leute zu bekehren. Wenn jene sterben, wissen sie es ja sowieso … Sterben ist nur ein Übergang in eine andere Form des Lebens. Die irdisch-körperlichen Formen hat man zurückgelassen, weil man sie nicht mehr braucht … Und dann, sobald Sie diesen Durchgang oder Übergang durch- oder überschritten haben, strahlt ihnen an dessen Ende ein Licht entgegen. Und dieses Licht ist weißer als weiß, ganz hell. Und je näher Sie sich auf dieses Licht zubewegen, desto mehr werden Sie total gefüllt mit der größten, unbeschreiblichsten bedingungslosen Liebe, die Sie sich überhaupt nicht vorstellen können. Es gibt gar keine Worte dafür … Der Tod ist ganz einfach das Heraustreten aus dem physischen Körper, und zwar in gleicher Weise, wie der Schmetterling aus seinem Kokon heraustritt. Der Tod ist ein Hinübergehen in einen neuen Bewusstseinszustand, in welchem man fortfährt, zu fühlen, zu sehen, zu hören, zu verstehen, zu lachen und wo man befähigt ist, weiterhin zu wachsen. Und das einzige, was wir bei dieser Umwandlung verlieren, ist nämlich das, was wir nicht mehr brauchen, und das ist unser physischer Körper. Es ist so, als ob wir unseren Wintermantel beim Herannahen des Frühlings weghängten, da wir wissen, dass er schon zu sehr abgetragen ist und wir ihn sowieso nicht mehr anziehen wollen. Um nichts anders handelt es sich eigentlich beim Tod … Sterben ist nur ein Umziehen in ein schöneres Haus … Sterben – das ist, wie wenn man bald in Ferien fährt. Ich freue mich unheimlich … Seit zweieinhalb Jahren wünsche ich mir jeden Abend, dass diese die Nacht meines Todes sein wird. Ich wäre begeistert – … Der Tod ist nur ein Übergang in eine andere Form eines anderen Lebens auf einer anderen Frequenz … Der Moment des Todes ist ein ganz einmaliges, schönes, befreiendes Erlebnis, das man erlebt ohne Angst und Nöte. Leute mit Nahtoderfahrung registrieren alles, und zwar zu einer Zeit, in der sie keinen Blutdruck, keinen Puls und keine Atmung mehr haben, in einigen Fällen sogar bei Abwesenheit messbarer Hirnwellen. Sie wissen genau, was jeder sagt und denkt und wie er sich benimmt. Und Sie werden nachher ganz klar sagen können, dass man zum Beispiel mit drei Schneidbrennern den Körper aus einem Autowrack befreite. Es gab sogar Leute, die uns das Kennzeichen jenes Wagens genannt haben, der sie angefahren hatte, dann aber einfach weitergefahren war. Wissenschaftlich kann man eben nicht erklären, dass jemand, der keine Hirnwellen mehr hat, noch das Autonummernschild lesen kann. Von uns Wissenschaftlern wird Demut verlangt. Wir müssen demütig akzeptieren, dass es viele Millionen Dinge gibt, die wir noch nicht verstehen können. Das heißt aber nicht, dass diese Dinge, nur weil wir sie nicht verstehen, etwa nicht existieren und Realitäten sein dürfen … Somit haben Sie auch die Wahl, Ihre Energien negativ oder positiv zu gebrauchen … Denn ein jeder von uns … ist fähig, ein Nazi-Ungeheuer zu werden. Dass dieser Teil in Ihnen vorhanden ist, müssen Sie zugeben … Schuld tragen wir darin, dass wir jegliche echte Vergeistigung verloren haben …, dass wir uns dem Spirituellen verweigern.“

Elisabeth Kübler-Ross

Zweites Kapitel

Unsterblichkeit und Transzendenz

In Ergänzung des eben beendeten Aphorismen-Kapitels wäre noch das Verhältnis von »Unsterblichkeit« und »Transzendenz« zu klären. Denn bei der Lektüre des vorigen Kapitels wird einigen Lesern schon aufgefallen sein, dass ich diese beiden Begriffe oft eng nebeneinander auftreten lasse. Das hat seinen Sachgrund darin, dass Unsterblichkeit ja Transzendenz ist, eine spezifische Variante von Transzendenz, nämlich ein transcendere, eine Grenzüberschreitung über das Grab, den Tod, das irdische Leben hinaus. Klar wird damit auch, dass ich Transzendenz keineswegs mit der engen Transzendenz der meisten Theologen identifiziere, die Transzendenz sagen, aber damit in den meisten Fällen nur Gott (den personalen Gott des Christentums) meinen. Gott als der Über- und Außerweltliche, also über die Welt Hinausgehende ist zwar eine mögliche Variante der Transzendenz, aber eben bei weitem nicht die einzige, schon gar nicht einzig legitime, und auch nicht die grundlegende. Die grundlegende, für das Menschsein wichtigste Transzendenz besteht darin, dass man den »Durchbruch durch die Fassade« geschafft, d.h. die Transzendierung der Grenzen des Vordergründigen, Vorläufigen, Profan-Alltäglichen, des Scheins, der Rollen und Masken, die wir uns im gesellschaftlichen Leben zu- oder anlegen, des ››Man« (man denkt, handelt, verhält sich so, wie die Masse denkt, handelt, sich verhält) vollzogen hat. Nur der in diesem Sinn Transzendierende darf nach dem Tode hoffen, in eine höhere Schicht oder Dimension der Wirklichkeit einzutreten.

Daraus ergeben sich interessante und wichtige Konsequenzen. Denn nun ist der (religiöse) Glaube keineswegs mehr eine notwendige Vorbedingung für den Eintritt in eine höhere nachtodliche Dimension, sondern eben nur dieser »Durchbruch durch die Fassade«, hinter der sich die meisten Menschen verkriechen, verstecken, verschleiern, sich auch dumpf-stickig geborgen fühlen. Diese »transzendenzlosen Nomaden«, die so an der Oberfläche der Dinge haften, derart in die simple, profane Allerweltsrealität eingebunden bleiben, dass die zum Menschsein gehörende Selbstüberschreitungs- oder Transzendierungsfunktion verkümmelt oder bis zur Unkenntlichkeit verschwunden ist, können noch so viel glauben (im Sinne des konventionellen Kirchen-, Dogmen- oder auch Koranglaubens), sie werden in den untersten, düstersten, dunkelsten, trostlosesten Schichten der jenseitigen Wirklichkeit stecken und kleben bleiben. Denn ihr Glaube an etwas Transzendentes (an Gott, die Engel, die Heiligen, die Verstorbenen) war ja kein eigener, selbsttätiger, eigenständiger, aus ihrer Selbstbestimmung kommender engagierter Akt, sondern die mehr oder weniger konventionelle gedankenlose Nachäffung der Glaubensrituale der Priester, Imame und Mullahs, sozusagen »geborgte Transzendenz«, die nichts wert ist.

Andererseits kann ein nicht-konventioneller Atheist (es gibt ja nicht bloß die gedankenlos-konventionellen Kirchenchristen, sondern ganz analog-parallel dazu die konventionellen Atheisten), eben weil er den »Durchbruch durch die Fassade« geschafft hat, nach dem Tod in eine höhere Dimension der anderen Welt aufgenommen werden, obwohl er doch an keinen Gott, keine Engel etc. glaubte. Aber da ihm das »Problem des Seins« aufgegangen ist, da er sich mit der Frage nach einem Grund allen Seins ehrlich existentiell hemmgeschlagen hat, auch wenn er diesen Grund nach Abwägung alles Für und Wider abgelehnt hat, ist er offen, befähigt und verständnisbereit für die Reise in höhere Dimensionen, zu der der konventionelle Religiöse oder der konventionelle Atheist nicht fähig ist, weil er sich ja hinter seiner Fassade so verschlossen hat, dass er taub gegen höhere Einflüsse ist. Es ist wie mit einem seit Geburt Tauben, dem man die Schönheit einer Beethoven-Sinfonie klarmachen wollte. Der konventionelle Christ oder Atheist könnte sich also in einer höheren Schicht des Jenseits überhaupt nicht zurechtfinden. Er haftet auch nach dem Tod an dem, was er auf Erden gekannt und gemocht hat.

Der konventionell Religiöse kann also in der anderen Welt durchaus schlechter als der unkonventionelle Atheist dastehen oder auch als ein Agnostiker, der ernsthaft um die Lösung der Welträtsel bemüht war, letztendlich aber zu dem Ergebnis »ignoramus, ignorabimus« (= wir wissen nicht, wir werden es nicht wissen) gelangt ist. Denn auch er hat das metaphysische Geheimnis des Seins zumindest berührt.

Die Sache lässt sich auch historisch und philosophisch belegen. Denn nur für den konventionellen, traditionalistischen Atheisten und seinen Gesinnungsbruder, den konventionellen und traditionalistischen Christen, sind Atheismus und Unsterblichkeit ein sich ausschließender, unüberbrückbarer Gegensatz, ein unauflösbarer Widerspruch. Wer Atheist ist, so die gängige, eben konventionelle Meinung, der kann ja an keine Unsterblichkeit der Seele, an kein Fortleben nach dem Tod glauben. Für den ist mit dem Tod alles aus. Und der konventionelle Christ ist überzeugt, dass es ohne Gott keine Unsterblichkeit geben kann, weil nur er ewiges Leben zu schenken vermag.

Die Religions- und Philosophiegeschichte allerdings belehrt uns eines Besseren und Richtigeren. Allerdings wissen nur wenige, dass der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele gar keine christliche Errungenschaft ist, sondern aus der antiken „heidnischen“ Religiosität und Philosophie stammt. Und für die war der Monotheismus, der Glaube an einen einzigen, alles beherrschenden und bewirkenden Gott keineswegs selbstverständlich. Einige Strömungen z. B. der antiken griechischen Philosophie hielten von der Größe des Menschen so viel, dass sie ihm, seiner Vernunftseele, sogar Unsterblichkeit zutrauten, ohne dass ihm diese ein Gott schenken musste.

Die antike hebräische Religion – und aus der kam das Christentum, das ja zunächst eine jüdische Sekte war – kannte ursprünglich gar keine Unsterblichkeit der Seele. Zur Zeit Jesu glaubte ein Teil der Juden, auch Jesus selbst, an die Auferstehung der Leiber. Der Mensch, so dieser Glaube, stirbt ganz und gar und wird am Jüngsten Tag, am Tag des Weltgerichts, wieder auferweckt, sozusagen zu neuem Leben von Gott erschaffen. Eine Unsterblichkeit der Seele, die der Auferweckung durch Gott nicht bedürfe, lag diesem Glauben völlig fern.

Erst Humanismus und Renaissance und dann die aus ihnen erwachsende philosophische Aufklärung des 17. und 18. Jahrhunderts knüpften wieder an die „heidnisch“-antiken Überlegungen zur Unsterblichkeit der Seele an. Zwar hatten christliche Theologen des Mittelalters wie Thomas von Aquin, Bonaventura und viele andere ebenfalls die Unsterblichkeit der Seele zu beweisen versucht, aber auch sie standen dabei übermächtig unter dem Einfluss der antiken griechischen Philosophie, unterschieden sich jedoch von dieser dadurch, dass sie die Garantie für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele durchweg von der Existenz Gottes abhängig machten.

Halten wir also fest: Die Unsterblichkeit der Seele ist eine Idee, die nicht aus dem Christentum oder anderen monotheistischen Religionen stammt. Sie ist wegen ihrer Attraktivität von diesen Religionen übernommen worden. Ursprünglich, da antikem, „heidnischem“ Geist entstammend, ist diese Idee nicht notwendig an die Existenz eines personalen Gottes gekoppelt gewesen. Somit kann einer Atheist sein und trotzdem die Idee der Unsterblichkeit der Seele vertreten, ohne dass man ihm deshalb den kleinsten Widerspruch in seinem Denken nachweisen könnte.

So stellt sich die Sache historisch und logisch dar. Faktisch aber ist es heute doch wohl so, dass die große Mehrheit der Atheisten an keine Unsterblichkeit der Seele, kein persönliches Fortleben nach dem Tode glaubt. Die herrschenden Großkirchen haben die dem Christentum zunächst fremde Idee der Unsterblichkeit der Seele so massiv usurpiert und in Beschlag genommen, dass viele Atheisten schon aus diesem Grunde mit dieser Idee nichts am Hut haben wollen. Sie fürchten, dass die Akzeptanz dieser Idee sie schon wieder zu halben Christen machen würde. Logisch notwendig aber ist diese Befürchtung nicht. Wer vielmehr sehr groß und sehr hoch von den Möglichkeiten des menschlichen Geistes denkt, der darf auch irgendeine Art des persönlichen Fortlebens über den Tod hinaus als möglich annehmen, ohne deshalb mit Gott und Christentum in Verbindung gebracht werden zu müssen.

Es gab ja auch prominente Atheisten, große Aufklärer innerhalb des sogenannten christlichen Abendlandes, die sehr entschieden, sehr logisch-rational das Dasein eines Gottes widerlegten, aber an eine Fortsetzung ihrer eigenen Existenz nach ihrem leiblichen Tod glaubten bzw. eine solche Existenz für möglich hielten. Meist gingen sie von dem Grundgedanken aus, dass all unsere Begabungen, Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, unsere schöpferischen Potenzen im Laufe eines menschlichen Einzellebens unmöglich verwirklicht oder gar voll ausgeschöpft werden können. Aus derartigen Erwägungen heraus haben so unterschiedliche Denker und Charaktere wie die großen Aufklärer Voltaire, Lessing und David Hume, aber auch Goethe, Kant und Schopenhauer ein Fortleben des menschlichen Geistes nach dem Tod als sinnvoll bezeichnet und gefordert (postuliert). Viele Denker, die an keinen persönlichen Gott glaubten, verknüpften ihre Überzeugung von einem Weiterleben mit dem Reinkarnationsgedanken, also der Lehre von der Wiederverkörperung bzw. Seelenwanderung, unter anderem Plato, Pythagoras, Seneca, Paracelsus, Giordano Bruno, Jakob Böhme, Lessing, Voltaire, Herder, Schelling, Hegel, Novalis, Schlegel, Jean Paul, Carus, Brentano, Gustav Theodor Fechner, Leibniz, Goethe, Schiller, Kant, Schopenhauer, Nietzsche, Rudolf Steiner, C. G. Jung. Auch große Schriftsteller des 19. und 20. Jahrhunderts wie Tolstoi, Victor Hugo, Ibsen, Strindberg, Balzac, Flaubert, Rabin Dranat Tagore, Peter Rosegger, Gottfried Keller, Rilke und viele andere bekannten sich zur Idee der Reinkarnation. Der entschiedene Anhänger der reinen Vernunft, der radikale Kritiker kirchlichen Dogmenglaubens, der Aufklärer Voltaire sieht in der Reinkarnation nichts Unvernünftiges, Widersinniges, Widersprüchliches: „Die Lehre von der Wiederverkörperung ist weder widersinnig noch nichtssagend … Zweimal geboren zu werden ist nicht wunderbarer als einmal.“1 Nach Schopenhauer ist die Idee der Wiederverkörperung, „der Mythos von der Seelenwanderung so sehr der gehaltreichste, bedeutendste, der philosophischen Wahrheit am nächsten stehende, dass ich ihn für das Non plus Ultra der mythischen Darstellung halte“2 (also für das, was in dieser Hinsicht nicht mehr überboten werden kann).

Drittes Kapitel

Unsterblichkeit und Atheismus

Einer der bedeutendsten Atheisten des 20. Jahrhunderts, der Neo-Marxist Ernst Bloch, sieht ebenfalls zwischen Atheismus und Unsterblichkeit keinen Widerspruch. Jedenfalls gehört seiner Überzeugung nach zu einem vollentfalteten, alle Perspektiven einbeziehenden Atheismus auch die Inanspruchnahme der Möglichkeit des Fortlebens über den irdischen Tod hinaus: „Es gibt ein Gefühl, das im Menschen lebt: ich kann nicht vergehen. Ich bin wie die Hand, die einen Handschuh regiert. So stecke ich in meinem Leib. Ich verliere einen Finger, ich verliere mein linkes Bein, mein rechtes Bein, und ich bin ungestört immer noch derselbe. Wieso soll ich nicht auch das noch überstehen, dass das Herz nicht mehr schlägt? Äußerlich bin ich dann eine Leiche. Ist aber das, was die stärksten Verletzungen meines Körpers, vielleicht sogar ohne irgendeinen psychischen Effekt, überwindet und die stärksten Schicksalsschläge überwindet, ist das nicht etwas so Starkes und Merkwürdiges und Transzendierendes – nicht Transzendenten, es überschreitet ja selbst Grenzen –, dass man sagen kann: dies Licht müsste zu brennen beginnen, dies Licht müsste angezündet werden, das unreflektiert in jedem Menschen oder doch in den allermeisten Menschen zu brennen bereit steht.“3

Es ist also hochinteressant und klingt zunächst auch paradox: Der Atheist und Materialist Bloch, der jeden Gott- und Geist-Überbau negiert, schließt die Möglichkeit des Fortlebens, der Unsterblichkeit des menschlichen Seelenkerns keineswegs aus, obwohl dies doch bisher praktisch alle Varianten des Atheismus und Materialismus seit der Antike durchgehend getan haben. Bloch will durchaus konsequenter Materialist sein, bekennt sich zur höchsten Entwicklungsstufe des Materialismus, dem dialektischen, obwohl er den Materiebegriff viel weiter fasst als alle orthodoxen Anhänger des »Dialektischen Materialismus« im Rahmen des Leninismus-Stalinismus und obwohl diesen sein Diktum, man könne beim Idealisten erfahren, was Materie ist, geradezu wie eine Blasphemie erscheinen muss.4

Es ist nach Bloch noch gar nicht heraus, was der Mensch eigentlich ist, sein soll, sein wird. Daher kann auch Unsterblichkeit sein Attribut sein oder werden.

„Wichtig, dass gar nicht gesagt werden kann, was der Mensch ist, weil er eben am stärksten drängend von allem, was es gibt, sich nicht hat, sondern wird … indem gerade sein Anfang noch nicht heraus ist, deshalb auch nicht dasjenige, worauf er zielt.“ Das in uns „Steckende keimt oder möchte keimen, wenn es könnte und die Umstände bereits danach wären … Hier also ist etwas derart unabgeschlossen, dass wir nicht einmal wissen, ob wir Menschen sind“, jedoch wissen können, dass das Humane einen „noch ungelungenen, unvereitelten Versuch“ darstellt.5

In der Perspektive einer „letztmöglichen Selbstbegegnung“, bei der existentiellen Konfrontation mit „der absoluten Frage“, in der Auseinandersetzung mit dem „Wirproblem“ werden wir auf den „internen Weg“ gebracht. Dann spüren wir: „In uns … brennt noch dieses Feuer, der letzte Traum … in uns … leuchtet noch das absolute Licht … und der phantastische Zug zu ihm beginnt, zur externen Deutung des Wachtraums, zur kosmischen Handhabung des utopisch prinzipiellen Begriffs. Diesen zu finden, das Rechte zu finden, um dessentwillen es sich ziemt zu leben … dazu … bauen wir neu die metaphysisch konstitutiven Wege, rufen, was nicht ist, bauen ins Blaue hinein, wie die Welt es überall am Rand hat, bauen uns ins Blaue hinein und suchen dort das Wahre, Wirkliche, wo das bloß Tatsächliche verschwindet – incipit vita nova.“6

Bloch führt einige Gründe an, die für die Unsterblichkeit des menschlichen Wesens sprechen. „Wir fühlen uns sowieso schon innerhalb unseres Leibes nur wohnen“, sagt er z.B., und „daher können ein Fuß, ein Arm wegfallen, ohne dass unser Ich auch nur das Mindeste an sich dabei verlöre.“ Auch unsere Sprache weist nach Bloch ironisch-verräterisch auf unser nicht umzubringendes Unsterblichkeitsbewusstsein hin: „So eben konnte ein Sterbender seltsam genug von sich sagen, wie dieses Leben freilich nichts gewesen sei, wie sehr er aber nun zu lachen habe, wenn es das andere gar nicht gäbe. Und ein französischer Edelmann erzählte von sich ebenso unbedacht und widersinnig tief: >Ich weiß mir zu genügen, doch ich werde auch ohne mich auszukommen verstehen<.“7

Auch der Lebenswille eines Menschen, seine Schaffenskraft kann auf die Unsterblichkeit bestätigend hinweisen, bei manchen Selbstmördern z. B.: „auf den Tod als Entbindung, der Kraft sicher, ihn zu besiegen und hinter ihm gerade das Dauernde an sich selbst, das Ruhende zu erlangen.“8 „Der Tod ist dann also wie ein Flügelschlag, das Ei springt, und das Küken ~ schon ein großer flatternder Vogel – bricht aus dem zusammenbrechenden Ei, dem Corpus, aus und geht hoch, auch ein Goethisches Gefühl, mit dem Satz berührt, die Natur sei verpflichtet, mir eine Wirkungsstätte, eine höhere, eine breitere, eine freiere Wirkungsstätte anzuweisen.“ Man kann nach Bloch in dieser Hinsicht unser jetziges Leben als „Stufenkrankheit“ bezeichnen: „die engere Stufe, die niedere Stufe wird überwunden, eine neue gibt's und es hängt jetzt … alles an der Schaffenskraft in uns, die … sich … bewähren kann in einem Werk, einem politischen, einem religiösen, einem moralischen, einem philosophischen, einem wissenschaftlichen usw. die Schaffenskraft selbst sucht schließlich eine andere Wirkungsstätte und hat das Gefühl: in dem Tod zeigt sich ein Ausweg merkwürdiger Art. Die Selbstmörder, sagt Bloch (ich würde sagen: manche von ihnen) „haben auch den Verdacht, das Gefühl, der Tod sei keine Flucht und wir schlagen uns seitwärts in die Büsche, wir desertieren, nein, sondern: da bin ich noch mehr, da geht's mir besser, da bin ich echter, identischer als in diesem Scheißleben, das mich an allem hindert und Frustration schafft. Im Tod hört die Frustration auf.“9

Bloch weiß natürlich, dass es auch das Phänomen der Lebenssattheit, des Überdrusses gibt, das sich nach dem Tod gar kein weiteres Leben wünscht. Aber er hält den Satz: „Und Abraham starb alt und lebenssatt“ für überholt und „gefährlich.“ Man könne alt und lebenssatt eigentlich nur „rein biologisch“ sterben. Wer vom Motiv der Lebenssattheit her denke, der übernehme „Vergangenes und uns nicht mehr Nachlebbares aus Zeiten ..., in denen auch das Individuum noch nicht ausgebildet war, sondern nur der Stamm, das Stammesleben … Für Lahmärsche ist dies natürlich eine gute Ausrede, da kommt etwas Weltflüchtiges, auch ohne Jenseits, herein.“ Bei den anderen gehe es jedoch „um eine Fortsetzung und eine Steigerung“ der Schaffenskraft, „weil es zu unserer Entelechie gehört, dass man in die Hand spuckt und was schafft.“10

Also, es hängt diesbezüglich alles von der entscheidenden Frage ab, ob das Individuum, das Ich, das Selbst schon genügend entwickelt und zur Herrschaft gelangt ist. Das Alter vergisst ja „nicht nur, es sammelt. Zeigt auch oft, wirklich erwachsen, was an einem Menschen wirklich dran ist. Derart wird manchem sogar zumute, als könne ihn selbst das Sterben nicht von dem trennen, was er in sich findet“. Das Resultat sei ein Gefühl der Ruhe. „Diese Ruhe beweist noch nichts, macht aber das Selbst im Leibe, das durch Unfalle sich nicht niederschlagen lässt, das den Kopf oben behält, sogar fühlbar. Die Stoiker nannten dies merkwürdige Haltende, Hochhaltende in der Seele das Hegemonikon, zugleich als dasjenige, was am wenigsten verstörbar ist.“ Mit Glauben und Religion habe dies nichts zu tun. „Von religiösen Voraussetzungen ist dies Selbstgefühl völlig unabhängig“, auch „vom Auf und Ab des leiblichen Lebens. Tatsächlich ist dies Markhafte, wenn es im Menschen ausreichend vorhanden ist, jenes Energisch-Zentrale, das ohne alle Anleihen bei Glaubensformen den Satz formulieren oder unterschreiben lässt: Non omnis confundar. Nicht ganz werde ich aufgelöst werden.“11

Bis in Gesundheit und Krankheit mache sich das bemerkbar. Dem »Hegemonikon« in uns „entspricht bereits die Kraft, Krankheiten zu bestehen, ja sie überhaupt nicht an eine ihnen fremde >Konstitution< herankommen zu lassen. Es ist eine alte ärztliche Erfahrung, dass Hypochonder den Eingriff schwer überstehen, den sie befürchtet haben: Paracelsus, das Hegemonikon der Stoiker magnetisierend, sprach dieser Art von einem stärkeren oder schwächeren Gesundheits- und Lebensgeist, von jenem >Archeus< im Menschen, der die Arznei unterstützt. Sofern er physisch wirkt, ist der Archeus, bei Paracelsus, der Alchimist des Leibes, der die Nahrungsstoffe in ihr Gutes und ihr Böses, in ihre Essenz und ihr Gift zerlegt; sofern er aber im Kopf wirkt, ist er der >Signator< der Konstitution, der Schwäche oder Stärke, eben der Gesundheit, die mehr ist und substantiell ein anderes ist als Abwesenheit von Krankheit.“12

Das Hegemonieprinzip in uns „weist aber erst recht auf ein schwer Zerstörbares in der Menschennatur hin; wobei nicht zuletzt ein gehaltvoll verbrachtes Leben den Zusammenhalt des Menschen stärkt und bindet. Und um mythologisch Lebensgeist oder, auf höherer Stufe, Menschengeist genannt worden ist, diese wie Engels sagt, >feinste Blüte der organischen Materie<, kann im Alter desto gediegener, gleichsam desto geretteter erscheinen, je sichtbarer die rein organische Blüte nachlässt. Je mehr ein gehaltvoll vollbrachtes leben dem Alter seinen stufenweisen Herausschritt aus den Erscheinungen positiv ermöglicht, das ist, nicht als Verhärtung und Verödung, sondern als Kraft einer Dauer und zu Dauerndem hin. >Jede Entelechie<, so … Goethe …, >ist nämlich ein Stück Ewigkeit. Und die paar Jahre, die sie mit dem irdischen Körper verbunden ist, machen sie nicht alt<.“ 13

Eine Eigenschaft des zur Herrschaft in uns gelangten Selbst ist „das Vermögen der Freiheit, auch im Sterben den Kopf hochzuhalten … selbst in den äußersten Unfall, den Tod, nicht ganz einzutauchen und schon bereits nicht in das Sterben, das über die Hälfte noch zum Leben gehört.“ Das „subjektive Gefühl“ des Nichtvergehenkönnens „wird am Freiheits-Inhalt solcher Selbstbegegnung ein substantielles, d.h. eines, das in den Kern eindringt. Dadurch hört es schließlich auf, ein bloßes Gefühl zu sein, es wird zum Akt einer Betroffenheit, worin sich des Menschen bester Teil präsent macht. Und dieser beste Teil beginnt schließlich aufzuhören, bloß Mark oder Substanz einer individuellen Person zu sein. Er umgreift – sehr weit vorgeschoben, eschatologisch – das Existenzhafte schlechthin, das Problem eines werthaften Dauerkerns in und nach den überall noch hinfälligen Erscheinungen der Welt.“14

Der Tod ist allerdings nach Bloch auch die eigentliche und härteste Bewährungsprobe für die Unzerstörbarkeit und Freiheit unseres Persönlichkeítskerns. „... gerade der Tod fordert die metapsychisch-metaphysische Bewährung der Seele in Welt und den Schrecken der Überwelt heraus … dergestalt, dass der Tod die an ihm geschehende Herausforderung der Metapsychik, zugleich auch die volle Sphärenbreite des Metapsychischen erzwingt … der Tod leistet … sofern sein feindlicher Stachel, der Schlag des Untergangs die allerzentralste Anwendung und Wiedergeburt der Inwendigkeit involviert, – der Tod leistet derart den erlangten Wanderjahre-Test unserer selbst. Er prüft die erlangte Höhe an uns, die Kostbarkeit der inneren Metapsychik, er untersucht ihre Kraft, ihren Nutzen, ihren Bestand, ihre Tauglichkeit in der Mobilmachung und der furchtbarsten Realität; er bringt subjektfremden Faktor herein und sollizitiert derart unmittelbar aus der subjektiv idealen Sphäre, aus dem freischwebenden Reich idealer Selbstdefinitionen zum >Kosmischen< der Gefahr, der Streuung und schließlich doch sich bewährenden Sammlung des Selbst aus dem Getriebe dieser Todeswelt – kurz, der Tod erzwingt die Geburt der Metempsychose aus der Kraft der Metapsychik.“ Es sei Pflicht und Problem“ des Menschen, „das eingesehen Dauernde an uns über das empirisch Widrige, Unzulängliche an uns triumphieren zu lassen.“15

Der Atheist Bloch weiß selbstverständlich um die vielen Gründe und Argumente gegen die Unsterblichkeit. Er hat andererseits auch eine starke Abneigung gegen die (kirchliche) Dogmatisierung des Fortlebens nach dem Tode: „Eine Pfaffenapologie oder eine Pfaffenideologie darf aus unseren Überlegungen nicht entspringen. Das verneint aber noch nicht die Intention auf Unsterblichkeit, die unausrottbar ist.“ Im Kampf gegen das Jenseitsdogma der Kirchen weiß sich Bloch in Übereinstimmung mit Kant: „>Das Schattenreich< – beginnt Kant >die Träume eines Geistersehers< – >ist das Paradies der Phantasten< und >das heilige Rom hat dort einträgliche Provinzen<; hier ist gleich schon das Motiv von links angegeben in der Aufklärung gegen alle Jenseiterei und gegen die sympathetische Beziehung, nach der, wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt. Um etwas Ablasshandel zu betreiben, muss man ja die feste dogmatische Antwort durchsetzen, dass es Jenseits gibt, und sie wird von der Aufklärung bekämpft.“16

Bloch wendet sich aber in diesem Punkt gegen jene Aufklärer, insbesondere gegen Feuerbach, die eine persönliche Fortexistenz als „kompletten Wunschgedanken eines sublimierten Egoismus abgelehnt“ haben. Seine Erwiderung. „Der Wunschgedanke ist nicht schlecht, aber der sublimierte Egoismus ist schlecht … Dass ich weiterlebe, ist ja wirklich nicht so ungeheuer wichtig, so wichtig nehme ich mich gar nicht. Aber was mit mir zusammenhängt, ist wichtig, meine Wirksamkeit, in der ich doch vorhanden bin – und nicht als mein genießendes Ich. Und Wirksamkeit ist doch noch mehr und breiter als der egoistisch sublimierte Wunschgedanke eines persönlichen Fortlebens, als bloße Ideologie eines Kapitalistensprösslings, dem es unverdient gut geht und der das Sichgutgehenlassen verlängert sehen möchte. Nur gegen Letzteres ergeht der Angriff von links. Nur das ist Ideologie der Seelenwanderungslehre. Über die Ideologie hinaus könnte Seelenwanderung die … Nutznießung unserer möglichen Wiederkehr auf reicherer Stufe bedeuten, also Wiederkehr mit Fortbildung, nicht nur, wie Nietzsche sagt, Wiederkehr des Gleichen“, denn diese sei nun „wirklich kruzifizierte Langeweile und nichts kommt raus als immer wieder dasselbe“.17

Weist Bloch einerseits die Wunschtheorie Feuerbachs und seiner Anhänger in Bezug auf die Unsterblichkeit zurück, so hält er andererseits doch nicht viel von parapsychischer Erfahrbarkeit des Jenseits als Beweis für persönliches Fortleben nach dem Tod. „Noch ganz abgesehen von der beständigen Möglichkeit, auch in der okkult realen Sphäre getäuscht zu werden, sofern sich ...>niedere Elementels<, die >Kobolde< und >Klopfgeister< der alten deutschen Haussage, als die Seelen der Verstorbenen auszugeben pflegen … so ist es doch ein übler Anblick, gruselig zu machen, was tief sein sollte, oder alte bestäubte Grillen zu fangen und jenes obere Reich vernünftiger Wesen, mit dessen Anerkennung Kant die Metaphysik der Sitten geschlossen hat und methodisch schließen musste, zu einer Sphäre transzendentaler Physiologie herabgewürdigt zu sehen. Mag man ahnen, soviel man will, mögen auch manche Träume noch so überraschend eintreffen, es ist sicher nicht das wirklich verborgene Wesen in uns, das Lotterienummern vorher hellsieht. Ja, man kann sogar eine beständige Traumstadt haben, in der man sich aufs genaueste auskennt … und die – Denver heißt: so ist dieses doch alles höchst unwichtig im transzendierenden Gebrauch, weil es hier nicht darauf ankommt, das Untere zu verdoppeln, und weil uns vom Jenseits anderes als ein bloßer Pharusplan für Stadtreisende höherer Ordnung zu verlangen bleibt.“ Eine „sogenannte experimentelle Metaphysik“ – nein, „der transzendente Samen kann im Laboratoriumsstaub nicht Wurzel schlagen.“18

Aber aus diesem negativen Befund Kapital zu schlagen und das Fortleben des Seelenkerns in uns einfach zu leugnen, wäre kein logischer Schluss. „Dass es mit dem Tod schlechtweg zu Ende sei, ist ein kleiner Augenschein, und gesagt ist mit ihm noch sehr wenig“. Wenn sich eine solche Aussage „wirklich als Behauptung oder auch nur als behauptete Wahrscheinlichkeit eines völligen Untergangs der Person gibt, so ist dieses nicht etwa ein vorsichtiges Begrenzen, ein Kapitelschluss aus Mangel an Material, sondern bereits selber eine Theorie über Unbekanntes, der sich zunächst die Theorien der persönlichen Unzerstörbarkeit mit dem völlig gleichen hypothetischen Gewicht entgegenstellen können“. Dabei könne man auch nicht mit dem Mangel bzw. völligen Ausbleiben jeglicher Jenseitserfahrung im Diesseits argumentieren: „Denn das nichts Erfahrenhaben ist gar kein Beweis, weder Für das Nein noch für das Ja, während selbst das geringste, das zu erfahren wäre, eo ipso auf die Rechnung des Ja geschrieben werden müsste. Diesem zufolge stellen also die zahlreichen, wenngleich unbeglaubigten Erfahrungsberichte und vor allem der völlig übereinstimmende Lehrbegriff des persönlichen Fortlebens in allen Religionen immerhin ein gewisses, obzwar nur regulatives Plus dar.“19

Selbst das neue naturwissenschaftliche Weltbild des 20. Jahrhunderts weise im Gegensatz zur klassischen Physik auf die Möglichkeit einer höheren Welt hin: „Das alte Weltbild ist gesprengt. Und ein anderes Weltbild dämmen. Gänzlich unanschaulich … Dieser Raum, jeder Raum, ist durchtönt von Radiowellen, die wir nicht unmittelbar hören. Es ist die Luft auch von bedeutenderen Dingen voll; wir haben unsere Organrezeptibilität durch die Verwendung von Radiowellen ungeheuer gesteigert. Das war vorher nicht da. Was ist sonst da, für das wir keine Ohren haben; keine Augen und keine instrumentelle Empfänglichkeit? Das gehört aber alles durchaus zu dieser Welt, ist allerdings der Welt, unserer unmittelbaren Erlebniswirklichkeit transzendent … Nun kommen die Quanten- und die Relativitätstheorie theoretisch noch zu solcher Wahrnehmungspraxis hinzu. Unser Weltbild ist nicht mehr so determiniert, nicht mehr so abgeschlossen, wie es das bis 1900 war.“ Innerhalb der Naturwissenschaften selbst tritt also „eine Hebung auf, rechnerisch ausgedrückt eine neue Stufe, so dass wir weitere, höhere Sphären wahrnehmen, >höher< nicht im Sinne des Jenseits, aber im Sinn von weiteren Reichen, als sie bisher dem Organismus zugänglich waren. Und die Tiere haben schon andere Zugänge, die Hunde hören ja zweifellos nicht nur besser, sondern auch was anderes als wir. Nun kommt jene andere Welt. Aber ermächtigt eben nur zu einem grand peut-être. Man kann in der Naturwissenschaft dieses grand peut-être“, diese Möglichkeit, dieses große »Es kann sein«, „nach allen Seiten öffnen, nicht aber Erscheinungen von Abgeschiedenen hervorrufen. Dazu hätten wir eine andere Technik … nötig.“20

Doch die Kategorie ››Möglichkeit« ist in der Philosophie des Atheisten Bloch stets viel mehr als etwas lediglich Irreales. So auch hier. Die »Tendenz«, die »Intention« auf Unsterblichkeit ist ja im Menschen real vorfindlich. „Die Intention ist einwandfrei vorhanden, ist so empirisch da wie diese Pfeife – in einer anderen Gegend ist sie da. Ihre Inhalte sind derart auch da. Utopisches ist nicht nichts, und Inhalte schweben vor … Die Toten kehren wieder«.21

Doch Bloch handelt nicht nur mit Möglichkeiten. Der Atheist Bloch wartet mit einer Menge Aussagen auf, die ganz fest, ganz sicher die Realität des individuellen Fortlebens nach dem Tod, die bereits bestehende Unzerstörbarkeit unseres individuellen Selbst, mit voller Gewissheit behaupten: „Keinen mag Furcht überkommen, der des Unverweslichen in sich gewiss ist“, der sich „über aller Leib- und hinabreißenden Welt-Empirie mit sich selbst zusammenschließt. Kräftig exaltiert sich daran das Innerste der Seele, ein Wesen voll geheimer Gewalt, voll tiefer unentwickelter Bedeutung: >Weißt du<, ruft dieses Sinus, dieses tiefsten Selbstgefühls, Hölderlins Alabanda im Hyperion, >warum ich nie den Tod geachtet? Ich fühle in mir ein Leben, das kein Gott geschaffen und kein Sterblicher gezeugt. Ich glaube, dass wir durch uns selber sind und nur aus freier Lust so innig mit dem All verbunden<, aber aus freier Lust auch ist der natürliche Kontrakt, wo er verdirbt, wieder kündbar.“ Bloch meint sogar, es sei „fraglich … ob wir das Sterben in uns vorfinden könnten, wenn wir nicht schon ringsum vorher den Tod gesehen und uns demgemäß empirisch in ihn eingeordnet hätten. Aber es ist völlig gewiss, dass jeder einzelne beziehende Akt von der Beziehung des >ich fühle, ich will, ich denke<, nicht nur begleitet, sondern letzthin gehalten wird, so dass das Ich, der synthetische Blickpunkt, fast stets als seiner selbst gewisses Sosein in das verwesliche, vergessliche Getriebe regierend hereinscheint. Hier ruht ein Keim, der unzerstörbar ist, eben das verhüllte Ich, das Dunkel, die Frage, der Gehalt, der Grund, das Zentrum all unserer Selbstbegegnung, schattenhaft nicht minder noch als Bewusstseinsakt wie als sich selbst ojektivierenwollender Bewusstseinsgegenstand, und doch der allerrealste Halt unserer Persönlichkeit.“ Von der Analyse dieses psychischen Phänomens her steht für Bloch fest: Dieser Halt, „dieses Dauernde ist uns durchaus gegeben und eben jederzeit phänomenologisch auffindbar, um sich evident gegenwärtig zu machen. Dass wir jedoch sterben müssen, ist lediglich empirisch auffindbar, und dass gar in jedem Fall psychophysischer Parallelismus bestehen müsse, dass also mit dem Tod des Leibes auch das Seelenwesen selbst vernichtet sei, dass es kein psychisches Leben ohne korrespondierende physiologische Akte geben könne, ist eine bloße, seit Bergson auch schon einzelwissenschaftlich durchlöcherte Arbeitshypothese physiologischer Psychologie, die der phänomenologischen Evidenz des Insichseins, der Seelensubstanz rein regional bereits unterlegen ist“. Es lässt sich „phänomenologisch das Anderssein“, die „Überlegenheit“ über den Körper, die „Unvergleichlichkeit, letzthinnige Unbetroffenheit des Seelenwesens, d.h. eben: das diesseits und jenseits des Einschnitts identisch Bleibende des Kerns adäquat eruieren.“ Die Seele ist „ihrem eidetisch realen Wesen nach als unzerstörbar gesetzt, der Leib wie sein Tod wirken dem Durchtönenden, Personanten, Personhaften gegenüber schlechthin als ein leeres Schauspiel wie das meiste andere auch in den Pfuschwerken vorhandener Empirie.“ So unterliegt es für Bloch keinerlei Zweifel: „Das seelische Leben schwingt … über den Leib hinaus, es gibt ein seelisches Keimplasma, und die transphysiologische Unsterblichkeit wird vom Verlust des Leibes nicht betroffen.“22

Aber freilich ist gerade für den vom »Reich« als der zukünftigen Fülle aller verwirklichten positiven Möglichkeiten der Gesamtmenschheit her denkenden Philosophen Bloch mit der Unsterblichkeit des Persönlichkeitskerns des einzelnen menschlichen Individuums noch keineswegs alles gesagt, ausgemacht, erledigt, erreicht. Deshalb betont er nachdrücklichst: „Jedoch damit das seelische Leben auch über die Vernichtung der Welt hinausschwinge, dazu muss es im tiefsten Sinn >fertig< geworden sein …, soll nicht auch das seelische Keimplasma in den Abgrund des ewigen Todes gerissen und das Ziel verfehlt werden, auf das es bei der Organisierung des Erdenlebens vor allem ankommt: unser Haupt, das ewige Leben, … die auch transkosmologische Unsterblichkeit, die alleinige Realität des Seelenreichs, das Pleroma des Heiligen Geistes, die Stiftung in integrum aus dem Labyrinth der Welt“.23

Mit Unabgeschlossenem, nicht Realisiertem, nicht Erledigtem, nicht Abgegoltenem kann man in das endgültige Reich der wahren Freiheit und Gleichheit aller Menschen nicht eintreten. Man muss schon „selbst ein Angesicht haben. Es muss … ein Subjekt da sein“.24 Zur Konkretisierung des Gemeinten bezieht sich Bloch auf Schellings Prognose: „Denn freilich werden die Seelen derer, die ganz von zeitlichen Dingen erfüllt sind, gar sehr zusammengehen und sich dem Zustand der Vernichtung nähern; diejenigen aber, welche schon in diesem Leben von dem Bleibendem, dem Ewigen und Göttlichen erfüllt gewesen, werden mit dem größten Teil ihres Wesens ewig sein.“25 „Die Reife der Seelen … erst determiniert … das Ende“, 26 d.h. die Fülle und den Reichtum des Reichs der Menschen.

Der Atheist Bloch sympathisiert in diesem Zusammenhang stark mit der Seelenwanderungslehre, weil es ja niemanden gibt, der im Laufe eines individuellen Lebens schon fertig, schon ganz ausgereift sein kann. Dass die Seele durch verschiedene Existenzen wandern, dass sie in einem neuen Leib wiederkehren kann, „davon wird jüdisch wie christlich nur verdeckt gesprochen, ja wie gar nicht.“ Aber Bloch hält die christliche Unsterblichkeitslehre für eine „abgekürzte … Form der Seelenwanderungslehre.“ „Überall“ sonst aber, „in allen Geheimlehren der Welt, nicht nur in der buddhistischen, sondern genauso gut im innersten Sudan, im druidischen Irland, bei den Sufis, in der Kabbala, bei den Katharern, im ganzen alten christlichen Rosenkreuzertum, bildet die Seelenwanderung, diese auftgeteiltere, kompliziertere Form der Unsterblichkeit, sowohl das letzte Lehrstück der Neophyten als auch das regelmäßige, vergleichend feststellbare Arkanum in den Mysterien.“27

Unsere Geburt, so Bloch bei seiner Argumentation für die Seelenwanderung, sei ja schon eine Inkarnation der Seele. „Weshalb soll diese Verkörperung, wenn sie schon ein einziges Mal zugegeben wird, in ihrer Einmaligkeit festgehalten werden?“ Was sich einmal verkörpere, könne das auch mehrmals tun. Ähnlich wie mit der Geburt sei es mit dem Tod. „... wenn es uns erlaubt ist, die Erde zu verlassen, … so bedeutet es ein tieferes Recht, wieder auf diese Erde kommen zu dürfen. Dann nehmen wir uns mit, wie wir uns geworden und zu eigen sind, als Innerliche, je nachdem, und noch Unfertige, ohne uns selbst zu kennen.“28

Das Argument gegen die Reinkarnation, nämlich dass wir uns an vergangene Existenzen im Leibe nicht erinnern, lässt Bloch nicht gelten: „Wüssten die Menschen nur, wer sie sind, so wäre erst recht den Wiederverkörperten ein Leichtes, sich ihres vorigen Daseins zu entsinnen; aber gewiss auch, wir kennen uns nicht in Existenz, kennen den Schlafenden nicht in der dunklen Kammer des gelebten Augenblicks, und so besitzen wir kein Maß, unsere Seele auch in Anderem, Früherem wieder zu erkennen, uns ihrer Dieselbigkeit … zu versichern … Aber noch überall waren die letzten Bilder dunkel und unverständlich, ob die Seele auch einige Gestalten ihres Traums mit innigem Entzücken übeıraschten.“29

Eine plausible, reelle Brücke zwischen den Wiederverkörperungen eines Menschen ist aber nach Bloch die Tat, das ethische oder unethische Handeln. „Deshalb also rasen uns in Lebensgefahr alle vergangenen Bilder vorbei, deshalb rühmte sich Perikles in der Todesstunde, dass durch ihn keinem Bürger Unrecht geschehen sei, deshalb trifft nach der tiefen kabbalistischen Überlieferung derselbe Engel, der zuerst als Flämmchen auf dem Haupt der Frucht brannte und die Seele während der mütterlichen Schwangerschaft in den oberen Reichen umhergeleitete, dann, wenn es zum Letzten geht, als der Engel des Todes wieder ans Sterbelager, und nun erkennt der Mensch seinen doppelten Hüter, er erkennt an ihm, an diesem furchtbaren Pegel und Standindex von Anfang und Ende, um wieviel er zurückgeworfen, um wieviel er nähergekommen und wie groß die Schuld ist, die ihm sein Leben gegen sein Urbild offen gelassen oder auch getilgt hat. Meine Tat ist mein Besitz, sagt Buddha, meine Tat ist mein Erbteil, meine Tat der Mutterleib, der mich gebiert; meine Tat ist das Geschlecht, dem ich allein verwandt bin, meine Tat ist meine Zuflucht.“30

Liebe ist es nach Bloch letztlich, die das Rad der Wiedergeburten am Kreisen hält. „Aber die abgeschiedenen Seelen sollen wieder jung und verkörpert werden, wir werden von ihnen unten gesucht, und die Brüste, der blühende Leib sind ihre Mittel, uns anzuziehen, sich anzukleiden. Die Umarmung der Liebenden ist die Brücke, auf der die Toten wieder ins Leben schreiten, sie sind die Geladenen und auch die Wirte, der Wille der Ungeborenen mischt sich fühlbar, wenngleich nicht erschöpfend, in die Stärke des Mannes, in die Verführung des Weibes. Auch die noch so hell gewordenen Seelen verlassen danach den innerweltlichen Kreislauf nicht, gerade sie wollen ihn nicht verlassen, auch der Heilige kehrt wieder … greift in die Geschicke der Lebendigen ein, der Heilige opfert, sagt … Buddha, indem er isst … ja selbst schon die großen Genies treten … als die Erben ihrer eigenen, in einem einzigen Leben gar nicht zu gewinnenden … Reife auf den geschichtlichen Plan.“31

Die Seelenwanderung ermöglicht demnach ein wichtiges Reife- und Zwischenstadium, „den mitverantwortlichen Kreislauf zwischen Hier und dem Dort, das kein Drüben in Wahrheit ist, wenn das Hier nicht endlich voll in ihn erscheint“. Die menschlichen Seelen fungieren „als Organe“ eines „großen Seelenzugs“, eines „kosmischen Selbsterkenntnisprozesses.“ So bewährt sich diese Lehre als stärkstes Gegengewicht gegen „den zerschleudernden Weltlauf, als kräftigstes Gegenmittel gegen den Widerspruch zwischen unserer kurzen Zeit und der unlebbaren Geschichtszeit.“ Die Seelenwanderung ermöglicht eine „Streuung unseres Ichs über die ganze Geschichte“, macht „verschiedene historische Existenzen der Seele“ möglich, und zwar mit dem Ziel „letzter, ungeschlagener, reifster Präsenz unserer selbst am Ende der Welt“. Wir alle können auf diese Weise „das breite, historische, der >Menschheit< insgesamt zuerteilte Leben“ vollziehen, „unser Dasein kann sich weit über Geschichte ausbreiten, ja, es wäre uns Menschen möglich geworden, als dieselben Menschen in den verschiedenen Jahrhunderten zu figurieren, es wäre uns möglich, eigene – wenn auch, da wir unser tiefstes Subjekt nie erfahren können, von keiner Erinnerung an unsere Identität begleitete – Geschichte zu erleben und insofern … am letzten Ereignis der Geschichte … subjekthaft existent zu sein. Alles könnte vergehen, aber das Haus der Menschheit muss vollzählig erhalten bleiben und erleuchtet stehen, damit dereinst, wenn draußen der Untergang rast, Errungenes darin wohnen und uns helfen kann: – und solches fuhrt gerade aus der Seelenwanderung heraus auf den Sinn der echten sozialen, historischen und kulturellen Ideologie.“

Nur die Seelenwanderung garantiert auf diese Weise, dass „alle Subjekte am Ende der Geschichte präsent, bewährt präsent“ sind, sie „garantiert den Begriff der >Menschheit< in seiner dereinst höchst konkret vollzähligen, absoluten Entität … der Feuerfluss der Erde ist erloschen, auch die großen Mutationen der organischen Welt sind seit langem entkräftet, aber die Menschen sind am Werk geblieben, und diese fuhren nun die breite, historische, subjektive Metaphysik zu Ende, das Leben der alles überholenden, gegen den Himmel donnernden Zeit“. Seelenwanderung ist „ruhelose Mobilmachung“, ist „der Ort des großen Feldzugplans der Zivilisation und Kultur, gewichtet gegen die menschliche Gemeinheit, gegen die alles durcheinanderschleifende Dummheit, Wertfremdheit der Welt“, gegen den „profitwirtschaftlichen Gedanken“, diesen „mageren barbarischen Inhalt“ – „geführt vom Gewissen des Reichs.“ Das Innerste muss den absoluten Primat erlangen, „die Maschine und der Staat sind unten zu halten, im Zustand bloßer Entlastung … Alles menschlich Entfremdete ist wertlos, alles kulturelle Objektive ist lediglich als Erziehungszoll oder Assignate relevant … am jüngsten Tag gilt nur die Ethik und ihre Metaphysik als Goldwert.“ Der endgültige „Akt des Erwachens in Totalität“ stellt „die letzten Tat- und Erkenntnisimpulse“ dar, bildet „das Apriori aller Politik und Kultur“, „das Korn der Selbstbegegnung“ muss „zum furchtbaren Erntefest der Apokalypse“ gebracht werden.32

Trotz der oft religiösen, ja nicht selten spezifisch christlichen Ausdrucksweise Blochs täusche man sich nicht über die gravierenden Unterschiede hinweg. Himmel und Hölle sind in den Religionen, insbesondere im Christentum schon da; längst für die Seelen hergerichtet und existent. Blochs endgültiges Reich der Menschen ist noch nicht, es wird. Und es wird nicht durch die Gnade eines Gottes, sondern durch uns, unsere Tat. Bloch betont mehrfach, „dass uns die Wanderung (der Seelen) ja keineswegs heteronom von den äußeren Umständen und einem Gott dazu gesetzt worden ist.“ Es ist allein „die menschliche Seele“, die „alles umspannt, auch das Drüben, das noch nicht ist.“ Sie umspannt es auch mit ihren besten Wunschinhalten, „weil die guten Wünsche wie die Väter des Gedankens, so auch der Dinge werden können.“ Wir sind nach Bloch auf dem (Seelenwanderungs-) Weg als „Wille zu unserem Gesicht“, und das Paradies der Zukunft, das »Reich« ist „das Gesicht unseres Willens“, nicht irgendeines anderen Willens. „Das Treibende ist in seiner Tiefe zugleich der Inhalt, die einzige Anlangung, Deckung des Treibens … Denn wir sind mächtig; nur die Bösen bestehen durch ihren Gott, aber die Gerechten – da besteht Gott durch sie, und in ihre Hände ist die Heiligung des Namens, ist Gottes Ernennung selber gegeben … der kein Faktum ist, sondern ein Problem, in die Hände unserer gottbeschwörenden Philosophie und der Wahrheit als Gebet“ gelegt.33

Viertes Kapitel

Kein Gottesgericht und keine Hölle nach dem Tod?

Angesichts der im Vorhergehenden demonstrierten Vereinbarkeit von Atheismus und Unsterblichkeit ist es umso unverständlicher, dass einige Atheisten und manche Linksintellektuelle wie verrückt, wie rasende Hysteriker auf jede kleinste Spur, jeden Hauch, jeden Schatten einer eventuellen Unsterblichkeit reagieren, sie sofort in das Reich des Esoterischen und Okkulten verbannen und über den sich zu ihr Bekennenden, ja sie auch nur hypothetisch Behauptenden sofort mit der Faschismus- und Sektenkeule herfallen. Das ist anscheinend nur so zu erklären, dass das Unterbewusste so manches Atheisten fürchterliche Angst vor der kleinsten Möglichkeit von Meta-Physik hegt, vor allem und jedem, was über das grob sinnlich Fass- und Feststellbare hinausgehen und ihre unnatürliche, anti-transzendente Blockierung aufbrechen könnte.

Dabei scheint es so, dass diese „atheistischen Mimosen“, zu denen, wie wir sahen, die aufgeklärtesten und vitalsten Atheisten ja gerade nicht gehören, nicht einmal Angst vor einem eigentlichen Gericht (Gottes) oder gar einer Hölle nach dem Tod zu haben brauchen. Demi das laut Kirchendogma sofort nach dem Tod eines Menschen stattfindende Gericht Gottes, der ihn aufgrund seines alsbald ergebenden Urteils in den Himmel oder das Fegefeuer oder die Hölle befördert, gibt es offenbar so nicht.

Viele Menschen, solche mit Nahtoderlebnissen, aber auch solche, die mit Hilfe eines Mediums vom Jenseits her zu uns zu sprechen behaupten, konnten jedenfalls weder Gottesgericht noch Hölle bezeugen (oder bestätigen), obwohl sie ansonsten so Manches aufgrund ihres angeblichen Einblicks ins Jenseits zu berichten wussten. Wir werden uns später mit der Frage der Glaubwürdigkeit ihrer Berichte auseinandersetzen. Hier und jetzt aber interessiert uns viel mehr, ob sie etwas zur Frage eines Gerichts nach dem Tod bzw. einer Hölle zu sagen haben. Wir werden sehen: Sie haben etwas zu sagen, aber das Gesagte unterscheidet sich wesentlich von den diesbezüglichen Vorstellungen der Priester und Kirchen, ja des konventionellen Christentums überhaupt. Und auch andere theistische Religionen, wie der Islam, die ein Gericht Gottes über die Ungläubigen bzw. die Sünder direkt nach dem Tod annehmen, liegen hier falsch.

Da ist z. B. Dr. Karl Nowotny, der sich durch ein Medium aus dem Jenseits gemeldet hat. Nowotny, 1895 in Wien geboren, 1965 verstorben, war in Österreich kein Unbekannter, sondern ein prominenter Arzt und Psychiater. Er war Schüler von Alfred Adler, dem Begründer der Individualpsychologie, Mitbegründer der „Internationalen Vereinigung für Individualpsychologie Wien“ und jahrelang im Vorstand der „Österreichischen Gesellschaft für psychische Hygiene“. 1960 erhielt er auf Grund seiner hervorragenden Leistungen das goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Nowotny hatte sich 1946 an der Universität Wien für Neurologie und Psychiatrie habilitiert und fungierte 18 Jahre lang als Leiter der Wiener städtischen Nervenheilanstalt Maria Theresia Schlößl. Neben zahlreichen weiteren wissenschaftlichen Arbeiten hat er auch ein „Handbuch der Individualpsychologie – die Technik der individualpsychologischen Behandlung“ veröffentlicht.

Aus dem Jenseits meldete er sich, um den „irdischen Menschen“ über Dinge aufzuklären, „die bisher … mit irdischer Auffassungsgabe nicht richtig erklärt wurden und über die noch viel gesprochen werden muss, ehe sie in der Lebensauffassung der heute auf der Welt lebenden Generation Eingang finden werden“.34 Der Neurologe und Psychiater Nowotny gibt vom Jenseits her nachträglich zu, dass er im Diesseits die Wahrheiten über das Fortleben und Fortwirken nach dem Tod aus Feigheit verschwiegen habe: „Alle Gedanken, die mir zu diesen ernsten Fragen auftauchen wollten, habe ich zurückgedrängt, weil ich vermeiden wollte, dass man mich für verrückt erklärt, was meine liebe Kollegenschaft dann auch bestimmt nicht versäumt hätte. Ich war niemals weiter mit meiner Erklärung gegangen als: Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen wir keine Ahnung haben. Eine Ahnung haben viele, sie getrauen sich nur nicht ans Licht damit ...“35 Lehne doch die „Wissenschaft alle Theorien ab, die nicht durch exakte Beweise erhärtet werden können. Ich wäre daher in den Verdacht gekommen, oder man hätte ohne Weiteres angenommen, dass ich nicht Wissenschaftler, sondern ein abwegig veranlagter Schöngeist sei. Davor hatte ich Angst und fühlte mich nicht stark genug, gegen die nun einmal herrschenden Vorurteile aufzukommen. Es fehlte mir also der Mut“, eben weil „die Wissenschaftler meiner Zeit noch recht verbohrt und einseitig waren“.36

Umso mehr freue es ihn, jetzt im Jenseits die Möglichkeit erhalten zu haben, „meine Lehre aufzuzeichnen, noch dazu unter der Kontrolle geistiger Seher und Lehrer, das empfinde ich als eine besondere Gnade. Ich will … alles zu Papier bringen, was mir auf diesem Gebiet erlaubt ist und der leidenden Menschheit im irdischen Dasein von Nutzen sein kann“.37 Auch die Wissenschaft selbst werde sich ändern, diktiert Nowotny durch sein Medium: „Es wird bald die Wissenschaft davon eingenommen sein und Forschungen anstellen, Beweise finden, ganz abgesehen davon, dass solche schon vorliegen, aber der Mut fehlt, sich ihrer zu bedienen und sich mit Dingen zu befassen, die anscheinend für das irdische Leben bedeutungslos oder doch unwichtig sind.“38

Der jenseitige Nowotny wird nun nicht müde, in allen möglichen Variationen durch sein Medium darauf hinzuweisen, dass dort drüben einiges ganz anders ist, dass es somit dort auch kein Gericht Gottes und keine Hölle im Sinne der traditionellen Glaubenslehren und des kirchlichen Dogmas gibt. „Allein der Begriff von „Gut“ und „Böse“ ist ein ganz verschiedener hier und dort … Es gibt keinen rächenden und strafenden Gott, der nach dem Abschied des Geistes von der materiellen Welt das Register prüft und verdammt oder lobt. Die allmächtigen Gesetze sind von vornherein da, und jeder bedient sich ihrer in unumstößlicher Folgerichtigkeit. Jede Tat hat ihre entsprechenden Folgen in sich, und ob ein Mensch eine böse Tat, ein Verbrechen, noch zu Lebzeiten büßen muss oder erst nach seinem Abgang von der irdischen Welt, ist ganz gleichgültig. Niemand kann sich den Folgen einer bösen Tat entziehen, ebenso wie gute Taten, die im irdischen Leben unbeachtet und erfolglos scheinen, ihren Lohn im Jenseits finden. Das ist die ausgleichende Gerechtigkeit ...“39

Leitmotiv, alles beherrschende Idee, höchste Zielvorgabe ist das Prinzip des Fortschritts in der Vollkommenheit. Nowotny drückt diesen Gedanken durch sein Medium folgendermaßen aus: „Es ist … auch notwendig, sich immer wieder klar zu machen, dass es nur einen Aufstieg gibt, eine Höherentwicklung, einen Fortschritt, um loszukommen von dem Gedanken, dass nach dem Abschied von der Erde ein Jüngstes Gericht, ein strafender Herrgott oder gar die Hölle zu erwarten ist. Das alles gibt es nicht. Es sind Irrtümer, die durch falsche Auslegung mancher Mitteilungen aus dem Jenseits entstanden sind und an denen mit mehr oder weniger Absicht und Unwissenheit gerne festgehalten wird.“40

Allerdings „das wahrhaft Gute“ ist im Jenseits für den, der aufrichtig will, „klar ersichtlich“, es kann dann nach Nowotny „durch nichts verdunkelt und durch nichts vorgetäuscht werden, während auf der irdischen Welt mancher für gut gehalten wird, der weit davon entfernt ist, weil reine Eitelkeit und Geltungsdrang ihn zu sogenannten guten Taten veranlassen, vielfach oder meistens aus reiner Berechnung. Das gilt aber nach höheren Gesetzen nicht als gut und ist so lange wertlos, bis gute Taten aus reinem Herzen an ihre Stelle treten.41

Dort drüben könne der Mensch jedenfalls, so er will, klar erkennen, dass er „im ganzen unendlichen All und der ebenso unendlichen Zeitrechnung nur ein ‚Zwischenwesen‘ ist und von einem Idealbild weit entfernt“. Es sei „Überheblichkeit ..., wenn jemand annimmt, der Mensch sei in der Form, wie er auf der Erde lebt, das höchstentwickelte Wesen.“42

Es gibt nach Nowotny kein Gericht im Jenseits und keine Hölle, wohl aber eine »Scheidung der Geister«. Manche Menschen wollen sich nach dem Tod gar nicht dem Licht, der tieferen Erkenntnis öffnen, sind nicht bereit, den Weg zu immer höherer Vollkommenheit zu beschreiten, der „schwer und mühsam ist“, den Zielpunkt anzustreben, der „allerhöchste Weisheit, gepaart mit allumfassender Liebe“ heißt. Aber denen, die sehen und sich mühen wollen, erscheint ein Licht, das ihnen klar macht: „Weisheit ist nicht nur Wissen und Gelehrsamkeit, es ist der Inbegriff alles Verstehens, die ewige Verbindung von Seele und Geist zu reiner Vollkommenheit.“ Als weise gilt dort drüben nur ein Wesen, das „mit unendlicher Güte und Liebe imstande ist, alles zu wissen und zu verstehen … Das Verstehen der Zusammenhänge der Naturgesetze im Weltall, ihren Sinn zu erfassen und imstande zu sein, ihnen in allem gerecht zu werden, das ist das Ziel, das uns allen gesteckt ist und das erst erreicht sein muss, wollen wir als Idealwesen gelten“. Wie gesagt, „der Weg dorthin ist schwer ..., aber auch unendlich freudvoll, wenn man bestrebt ist, seine geistige Existenz auf Liebe und Weisheit aufzubauen. Wunderbares birgt das All für uns alle, und das ist das Tröstliche im Kampf um den Aufstieg, um den Fortschritt … Wer nur Gutes leisten will, kann damit niemals fehlgehen oder geschädigt werden. Er wird im Gegenteil ungeahnte Kräfte empfangen und seine Leistungen über das normale Maß steigern kömlen“.43