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Jens Schröter

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Beschreibung

Was wissen wir über Jesus? Obwohl die Evangelien k eine historisch zuverlässigen Berichte sind, ist unser Wissen gar nicht so gering. Jens Schröter zeigt, was wir aus jüdischen, römischen und frühchristlichen Quellen über den Juden aus Galiläa erfahren, der die anbrechende Herrschaft Gottes verkündete, Kranke heilte, in Gleichnissen sprach und um das Jahr 30 gekreuzigt wurde. Er erklärt den historischen Kontext, geht den unterschiedlichen Deutungen von Jesu Wirken und Tod nach und beschreibt, wie daraus allmählich eine neue Religion entstand.

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Jens Schröter

JESUS

Leben und Wirkung

C.H.Beck

Zum Buch

Was können wir historisch gesichert über Jesus wissen? Diese Frage treibt die historisch-kritische Jesusforschung seit ihren Anfängen um. Das Buch zeigt einleitend, wie diese Frage im Zeitalter der Aufklärung aufkam und welche Antworten darauf seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert gefunden wurden. Daran anschließend schildert Jens Schröter Weg und Wirken des galiläischen Juden Jesus von Nazareth auf dem heutigen historischen und archäologischen Forschungsstand. Er beschreibt die zentralen Aspekte des Auftretens Jesu in ihren politischen, sozialen und religiösen Kontexten und geht den Ursachen und Umständen nach, die zu seiner Hinrichtung in Jerusalem geführt haben. Abschließend geht es um die Frage, wie aus dem Wirken Jesu das Christentum als eine neue Religionsgemeinschaft hervorging.

Über den Autor

Jens Schröter ist Professor für Neues Testament und antike christliche Apokryphen an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er hat u.a. in Oslo, Rom und Jerusalem gelehrt und ist Mitherausgeber international einschlägiger Buchreihen und Zeitschriften. Bei C.H.Beck erschienen von ihm «Die Entstehung der Bibel» (mit Konrad Schmid, 3. Auflage 2020) sowie «Die apokryphen Evangelien» (2020).

Inhalt

Karte: Palästina zur Zeit Jesu

Karte: Jerusalem und die Schauplätze der letzten Tage Jesu

Einleitung

1. Auf der Suche nach dem historischen Jesus

2. Biblische und außerbiblische Quellen

Christliche Quellen

Die Paulusbriefe

Die synoptischen Evangelien

Das Johannesevangelium

Außerkanonische Quellen

Jüdische Quellen: Flavius Josephus

Griechisch-römische Texte

Indirekte Zeugnisse

3. Der geschichtliche Kontext

Das Judentum zur Zeit Jesu

Jüdische Schriften und die Jesusüberlieferung

Jüdische Gruppierungen

Galiläa, eine jüdisch geprägte Region

Herrschaftsverhältnisse

Orte

Wirtschaft und Gesellschaft

4. Grundzüge des Wirkens Jesu

Jesus und Johannes der Täufer

Die Aufrichtung der Gottesherrschaft

Königsherrschaft Gottes

Die Gegenwart als Zeit des Heils

Vollendung in der Zukunft

Die Gleichnisse

Machtvolles Wirken in der Autorität Gottes

Krankenheilungen

Exorzismen und weitere Machttaten

Jesu Auslegung der Tora

Reinheitsgebote

Das Sabbatgebot

Die Antithesen der Bergpredigt

5. Die Erneuerung Israels

Der Zwölferkreis, Nachfolger und Gegner

Das Ethos der Nachfolgegemeinschaft Jesu

Das Ethos der Gottesherrschaft

Radikale Alternative: Akzeptanz oder Ablehnung

Das Selbstverständnis Jesu und die Deutung seiner Person

«Der Sohn des Menschen»

Christus

Sohn Gottes

6. Die Passionsereignisse und der Tod in Jerusalem

Jerusalem und der Tempel

Das letzte Mahl

Verhaftung und Hinrichtung

7. Jesus und die Entstehung des christlichen Glaubens

Zeittafel

Literatur

Übersetzungen

Forschungsgeschichtlich wichtige Darstellungen und Überblicke

Neuere Darstellungen und Sammelbände

Studien zum politischen, sozialen und literarischen Kontext Jesu und der frühen Jesusüberlieferung

Bildnachweis

Personen- und Sachregister

Karte: Palästina zur Zeit Jesu

Karte: Jerusalem und die Schauplätze der letzten Tage Jesu

Einleitung

Jesus von Nazareth hat wie keine andere Person der Geschichte die Menschen durch die Jahrhunderte hindurch fasziniert, inspiriert, mitunter auch irritiert. Das trifft auf jeden Fall für den christlich geprägten Kulturraum zu, für den Jesus von einzigartiger Bedeutung ist, es gilt aber auch darüber hinaus. Auch Judentum und Islam haben Jesus in je eigener Weise gedeutet: als Propheten oder als Verbreiter falscher Lehren und Verführer des Volkes. Letzteres ist eine Reaktion auf die Trennungsgeschichte von Judentum und Christentum, die sich in unterschiedlicher Weise auf die gemeinsamen Schriften und Traditionen berufen und Jesus eine je eigene Rolle in ihrer Geschichte zuweisen.

Unter den christlichen Konfessionen besteht, ungeachtet anderer Differenzen, Einigkeit darüber, dass das Bekenntnis zu Jesus Christus die gemeinsame Grundlage des christlichen Glaubens ist. Der Glaube an den Gott Israels, den die Christen mit den Juden teilen, wird durch dieses Bekenntnis entscheidend erweitert und verändert. Auf eben dieses Bekenntnis gründet sich das Christentum als die Weltreligion mit den weltweit meisten Mitgliedern.

Keine andere Person der Geschichte ist so häufig in bildender Kunst und Malerei, in Literatur und Musik dargestellt und gedeutet worden wie Jesus von Nazareth. Seine immense Wirkungsgeschichte hat sich auch in zahlreichen philosophischen und religiösen, kulturellen und sozialen Interpretationen Ausdruck verschafft, die in der rund zweitausendjährigen Geschichte des Christentums entstanden sind. Der christliche Glaube hat eigene Deutungen der Geschichte hervorgebracht, er hat die spätantike und mittelalterliche Philosophie nachhaltig beeinflusst, er hat zu eigenen Ritualen und Frömmigkeitspraktiken geführt, er hat ganze Kulturen und Epochen entscheidend geprägt – vor allem diejenigen des christlichen Abendlandes und der orthodoxen Kirchen Osteuropas, später dann auch diejenigen anderer geographischer und kultureller Regionen.

Kann man angesichts einer derart umfassenden Kultur- und Frömmigkeitsgeschichte überhaupt zu gesichertem Wissen über Jesus gelangen? Lässt sich also die Frage nach dem «historischen Jesus» überhaupt beantworten – oder trifft man stets nur auf Deutungen seiner Person, denen im Lauf der Christentumsgeschichte immer wieder neue hinzugefügt werden? Diese Frage beschäftigt die christliche Theologie, seitdem sich die Einsicht durchgesetzt hat, dass die Jesusdarstellungen des Neuen Testaments nicht deckungsgleich sind mit der historischen Wirklichkeit, auf die sie sich beziehen. Maßstab für diese Unterscheidung wurde die kritische Vernunft, die zwischen Jesus einerseits und den Deutungen seiner Person andererseits zu unterscheiden gelehrt hat.

Ein kritischer Umgang mit den biblischen (und auch mit nichtbiblischen) Texten erscheint heute in unserem Kulturkreis selbstverständlich. Das war er aber nicht immer, und das ist er auch heute keineswegs überall. Die biblischen Texte wurden lange Zeit als göttliche Offenbarungen betrachtet, aus denen die menschliche Vernunft Erbauung und Inspiration beziehen, die sie aber nicht kritisieren könne. Es war vor allem die protestantische Theologie des 18. und 19. Jahrhunderts, die ein anderes Verständnis des Verhältnisses von menschlicher Vernunft und biblischen Texten entwickelt hat. Nunmehr wurden diese Texte als von Menschen geschriebene Zeugnisse betrachtet, die deren Sicht auf Gott, den Menschen und dessen Erlösung zu erkennen geben, aber nicht unmittelbar als göttliches Wort oder als göttlich inspiriert gelten und deshalb auch nicht frei von Irrtümern sind. Es handelt sich vielmehr um antike Dokumente, die die Geschichte Israels, des Judentums und des frühen Christentums festhalten und deuten. Sie sind deshalb mit denselben Methoden zu interpretieren wie alle anderen historischen Texte.

Deutungen der biblischen Texte in der Kultur- und Frömmigkeitsgeschichte des Christentums holen diese in ihre jeweilige Gegenwart hinein. Das gilt für bildliche und literarische Darstellungen, aber auch für historisch-kritische Beschreibungen des Lebens und Wirkens Jesu. Sie interpretieren die Zeugnisse über Jesus aus der Perspektive der Gegenwart – im vorliegenden Buch also: aus einer (west)europäischen Sicht vom Anfang des 21. Jahrhunderts. Die Erforschung und Darstellung der Vergangenheit erfolgt immer in spezifischen geistes- und sozialgeschichtlichen Konstellationen und ist von kulturellen und sozialen Werturteilen geprägt. Sie ist zudem abhängig von den jeweils verfügbaren Kenntnissen über die betreffende Person und ihre Zeit. Neue Textfunde oder archäologische Entdeckungen können Bilder der Vergangenheit erweitern und verändern, ebenso wie veränderte Sichtweisen zu neuen Interpretationen historischer Zeugnisse führen können. So haben etwa archäologische Entdeckungen in Galiläa seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts das Bild dieser Region des Wirkens Jesu nachhaltig verändert. Zudem ist in der neueren Forschung deutlich zutage getreten, dass Lehre und Wirken Jesu in den Kontext des Judentums seiner Zeit eingezeichnet werden müssen, um angemessen dargestellt zu werden.

Eine historisch-kritische Jesusdarstellung bewegt sich demnach innerhalb eines Spektrums von Deutungen des Wirkens und Geschicks Jesu. Sie kann unterscheiden zwischen dem, was historischer Prüfung standhält, und dem, was daraus in der Wirkungsgeschichte geworden ist – etwa zwischen dem, was wir über die Geburt Jesu historisch wissen (oder besser: nicht wissen), und der überaus eindrücklichen Wirkungsgeschichte dieser Geburt in der christlichen Frömmigkeitsgeschichte. Eine historisch-kritische Jesusdarstellung kann auch abwegige und problematische Thesen der Forschung (etwa: Jesus sei gar kein «richtiger» Jude gewesen) offenlegen und korrigieren. Eine historisch-kritische Jesusdarstellung kann jedoch nicht den Anspruch erheben, die geschichtliche Wirklichkeit Jesu so zu rekonstruieren, wie sie tatsächlich gewesen ist. Auch wenn dies das Ideal der kritischen Geschichtswissenschaft ist, muss bedacht werden, dass jede historische Darstellung selektiv und aus einer bestimmten Perspektive verfasst ist.

Historisch-kritische Jesusdarstellungen sind der Interpretation der Vergangenheit ebenso verpflichtet wie ihrer eigenen Gegenwart. Jesusbücher des 19. Jahrhunderts sehen deshalb anders aus als solche vom Anfang des 21. Jahrhunderts. In neueren Darstellungen wird wesentlich stärker auf soziale und politische Konstellationen in den Regionen des Wirkens Jesu geachtet, es werden Kenntnisse über das vielfältige Judentum zur Zeit Jesu berücksichtigt und es fließen Einsichten aus der Erzählforschung in die Interpretation der Evangelien ein.

Die folgende Darstellung versteht sich in diesem Kontext. Sie möchte auf der Höhe des aktuellen Forschungsstandes und der Grundlage historisch-kritischer Interpretation biblischer Texte darlegen, was gegenwärtig über Jesus von Nazareth historisch begründet und nachvollziehbar gesagt werden kann. Eine solche Darstellung erhebt weder den Anspruch auf Vollständigkeit noch gar auf «historische Wahrheit». Sie möchte vielmehr eine Grundlage dafür liefern, sich auch in heutiger Zeit mit dem Wirken Jesu auseinanderzusetzen.

1. Auf der Suche nach dem historischen Jesus

Der Beginn der kritischen Jesusforschung wird zumeist mit dem Hamburger Professor für orientalische Sprachen Hermann Samuel Reimarus (1694–​1768) in Verbindung gebracht. Reimarus war ein Vertreter der sich im Europa des 18. Jahrhunderts durchsetzenden Auffassung, dass Wahrheitsansprüche von Religionen mit Hilfe der kritischen Vernunft zu prüfen und zu relativieren seien. So galt für Reimarus in den biblischen Texten nur das als plausibel, was einer solchen Prüfung standhält. Bei den Jesusdarstellungen der Evangelien unterschied er dementsprechend zwischen der Lehre Jesu einerseits, die er als Appell an die jüdischen Zeitgenossen zur Umkehr und zu einem gottgefälligen Leben auffasste, der Lehre der Apostel andererseits, die daraus das System von einem Erlöser, der vom Tode auferstanden und zum Himmel erhöht worden sei, erstellt hätten. Die Behauptung der Auferstehung Jesu und seiner Erhöhung hielt Reimarus dabei ebenso für eine Erfindung wie die Lehre von Jesu Tod zur Erlösung der Menschen. Er hatte dafür eine sehr pragmatische Erklärung parat: Die Apostel hätten sich diese Lehren ausgedacht, weil sie nicht an ihre Wohnorte und ihre Arbeit zurückkehren, sondern die Verkündigung des Gottesreiches auch nach dem Tod Jesu fortsetzen wollten.

Der programmatische Titel der Schrift, in der Reimarus diese Sicht darlegte, lautet: «Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes». Reimarus hatte diese Schrift jedoch selbst nicht veröffentlicht, um einen Eklat mit der lutherischen Kirche zu vermeiden. Allerdings gab Gotthold Ephraim Lessing (1729–​1781) posthum in den Jahren 1774 bis 1778 Teile des Werks unter dem Titel «Fragmente eines Ungenannten» heraus. Mit dem dadurch provozierten «Fragmentenstreit» wollte Lessing, der selbst von einer aufklärerischen Position her die biblischen Schriften interpretierte, eine Diskussion über das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung anstoßen. Lessing unterschied, ähnlich wie Reimarus, wenn auch mit anderer Begründung, zwischen der «Religion Christi» und der «christlichen Religion»: Die Religion Christi sei diejenige Überzeugung, die Christus selbst gehabt habe und die jeder Mensch mit ihm teilen könne. Die christliche Religion nehme dagegen als wahr an, dass Christus mehr als ein Mensch gewesen sei und verehre ihn entsprechend. Das von der christlichen Religion entwickelte System von Glaubenssätzen habe sich im Lauf der Geschichte immer wieder verändert und könne nicht als Erweis ihrer Wahrheit dienen. Dieser könne nur dadurch erbracht werden, dass der natürliche, sittliche Gehalt der christlichen Religion zur Geltung gebracht werde. Erst in dieser Entwicklung hin zu einer natürlichen Religion, die sich von mythischen Vorstellungen früherer Phasen der Menschheitsgeschichte befreit, kommt das Christentum Lessing zufolge zu sich selbst.

Reimarus und Lessing sind frühe Vertreter einer aufgeklärten Sicht, die sich von der kirchlichen Dogmatik – insbesondere in Gestalt der lutherischen Orthodoxie – befreien und Jesus als Menschen wiederentdecken möchte. In den Mittelpunkt rückte dabei insbesondere seine ethische Lehre, wogegen die Behauptung seines göttlichen Wesens problematisch erschien. Damit war die Grundlage dafür gelegt, mit Hilfe der kritischen Vernunft nach Jesus und den Anfängen des christlichen Glaubens zu fragen. Die durch Reimarus und Lessing begründete Unterscheidung zwischen dem Wirken Jesu und dessen Deutung aus der Sicht des christlichen Glaubens wird bis heute vorausgesetzt, wenn auch in anderer Weise und mit anderer Begründung.

Die weitere Entwicklung der historisch-kritischen Jesusforschung lässt sich als Ringen um die Frage beschreiben, was über Jesus mit den Mitteln der historischen Kritik herausgefunden werden kann. Das Spektrum reicht dabei von einer radikalen Skepsis auf der einen bis zu einem großen Zutrauen in die Möglichkeiten historischer Rekonstruktion auf der anderen Seite. Problematisiert wird auch, ob die Frage nach dem «historischen Jesus» überhaupt sachgemäß und sinnvoll sei.

Die radikal skeptische Position vertritt die Auffassung, über Jesus lasse sich nichts historisch Belastbares herausfinden. Die zur Verfügung stehenden Quellen seien Glaubenszeugnisse, keine historischen Dokumente. Eine solche Position wurde im 19. Jahrhundert prominent von dem Tübinger Theologen und Philosophen David Friedrich Strauß (1808–​1874) vertreten. In seinem zweibändigen Werk «Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet» von 1835/36 wandte er den Begriff «Mythos» auf die Evangelien und die ihnen zugrundeliegenden Überlieferungen an. Unter «Mythos» verstand Strauß die «absichtslos dichtende Sage», die das Leben Jesu mit mythischen Vorstellungen umgebe und es auf diese Weise religiös deute. Bei den Überlieferungen vom Leben Jesu sei dies vor allem mit Hilfe von Mythen aus dem Alten Testament und dem Judentum geschehen.

Die Position von Strauß taucht in der Jesusforschung überall dort wieder auf, wo die Jesusüberlieferungen als vom christlichen Glauben überformt und deshalb für die historische Rückfrage ungeeignet beurteilt werden. Im 20. Jahrhundert wurde eine solche Sicht prominent von Rudolf Bultmann (1884–​1976) vertreten. Für Bultmann war die historische Frage nach Jesus zudem theologisch unergiebig, weil der christliche Glaube nicht auf dem historischen Jesus gründe, sondern auf den Glaubenszeugnissen des ältesten Christentums. Dieses Argument berührt sich mit der Auffassung von Martin Kähler (1835–​1912), der in seinem einflussreichen Vortrag «Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche biblische Christus» (1892) argumentiert hatte, «diese ganze Leben-Jesu-Bewegung» sei ein «Holzweg», denn sie verkenne, dass «der wirkliche Christus … der gepredigte Christus» sei. Auch Kähler war der Auffassung, dass keine Quellen existieren, die den Maßstäben der kritischen Geschichtswissenschaft genügen und einer historischen Darstellung Jesu zugrunde gelegt werden könnten.