Jette oder nie! - Fee Krämer - E-Book

Jette oder nie! E-Book

Fee Krämer

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Beschreibung

Jette ist Hobby-Reporterin und Hausratten-Besitzerin in einem. Außerdem liebt sie Kuchen jeder Art. Ziemlich praktisch, dass ihrem Vater gleich ein ganzes Café gehört. Prima findet Jette auch, dass Papa sich endlich wieder verliebt hat. In Bara nämlich, die wohl netteste Kuchenesserin des Cafés. Alles könnte so schön sein, würde nicht auf einmal auch Baras Tochter auf der Bildfläche auftauchen. Auf die nervige gezopfte Maja hat Jette überhaupt keine Lust – schließlich ist die jetzt sozusagen ihre Schwester. Wer braucht schon sowas? Doch als Jettes Hausratte Herr Mann plötzlich spurlos verschwindet, merkt Jette, dass es auch Vorteile hat, die eigene Familie mit jemandem zu teilen. Denn es ist ausgerechnet Maja, die Jette zur Seite steht, als diese einen geheimen Plan schmiedet … Fee Krämer beweist Feingefühl im Umgang mit den Sorgen und Nöten ihrer Protagonisten und einen treffsicheren Humor. Mit zahlreichen Illustrationen von Judith Drews. Die Presse über über ›Jette erst recht!‹: »Wortwitz, Sinn für Situationskomik und das Talent, auf wenigen Seiten Atmosphäre zu schaffen« (Eselsohr) »Eine witzige Wohlfühlgeschichte« (Westfalen-Blatt)

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Seitenzahl: 105

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Fee Krämer

Jette oder nie!

Mit Bildern von Judith Drews

FISCHER E-Books

Inhalt

Hier schnuppert nur einer… KLICK KLACK KLICK KLACK …Alle lieben PimDas Dinge-DingsDenkschokoladeTrauriger Mut und glückliche AngstDer Herr-Mann-FundtischKlar Schiff!Gelbwangenkakadu KirkDer gefundene FinderlohnDas Gute im schlechten GewissenJette oder nie!Ein Keller voller Licht

»Das solltest du nicht tun«, sage ich.

Der Mann mit dem beeindruckend schwarzen Schnurrbart schaut auf mich herunter und mustert mich über den Rand seiner goldenen Brille.

»Sagt wer?«, fragt er. Dabei schiebt er mit seinem fettigen Zeigefinger die Brille zurück vor seine Augen. Ein bisschen Fettfingerabdruck bleibt auf dem linken Brillenglas zurück.

»Sage ich!«, sage ich. Dann klettere ich auf den leeren Barhocker neben ihm.

»Du bist also Expertin, ja?«, fragt er, während er den Käsekuchen tatsächlich in seine Cola tunkt.

Im Colaglas schimmert das Käsekuchenstück.

»Das kann man so sagen. Meinem Papa gehört das Café hier, er backt sogar die ganzen Kuchen selbst. Deshalb weiß ich, dass der Käsekuchen ohne Cola viel besser schmeckt.«

»Aha.« Der Schnurrbärtige taucht das Kuchenstück ein zweites Mal ein. Ganz langsam. »Gut, dass ich Kuchen und Cola schon bezahlt habe. Ich kann also damit machen, was ich will.«

Da hat er recht.

»Aber warum machst du das?«, frage ich und sehe zu, wie ein triefendes Stück Kuchen in seinem Mund verschwindet.

»Weil es mir schmeckt«, antwortet er mehr schlürfend als kauend.

Das kann ich mir kaum vorstellen, aber als Reporterin muss ich solche Aussagen natürlich überprüfen.

»Darf ich mal probieren?«, frage ich deshalb.

Der Schnurrbärtige lacht: »Na klar.« Er bricht mir ein Stück von seinem Käsekuchen ab.

Ich tunke es vorsichtig in seine Cola und stecke es danach langsam in meinen Mund. Wässrig zerfällt das Kuchenstück, ich muss gar nicht kauen.

»Pah! Das schmeckt scheußlich!«

»Ansichtssache«, sagt er und mampft weiter. »Aber man sollte immer wieder mal Dinge miteinander kombinieren, von denen man glaubt, dass sie nicht zusammenpassen.«

Der Schnurrbärtige sieht nicht aus, als würde er kluge Sachen sagen. Aber das, was er da gesagt hat, ist nicht unklug. Ganz und gar nicht.

Das findet anscheinend auch Herr Mann, denn der bewegt sich plötzlich in meiner Bauchtasche.

Bevor der Schnurrbärtige ihn bemerkt, lasse ich mich vom Barhocker gleiten und gehe zu meinem Lieblingsplatz, dem roten Samtsofa. Nicht jeder mag Ratten, das weiß ich inzwischen. Und Herr Mann ist nun mal eine Ratte. Meine Ratte. Ich öffne die Bauchtasche ein Stück, damit Herr Mann sehen kann, wo wir sind. Vorsichtig schnüffelt er umher, entscheidet sich dann aber doch, noch eine Runde in meiner Bauchtasche zu schlafen. Herr Mann ist eine ziemlich faule Ratte.

Vom roten Samtsofa aus kann man besonders gut die Gäste im Wohnzimmer beobachten. O ja: Gäste im Wohnzimmer. Das Wohnzimmer ist nämlich ein Café. Und zwar nicht irgendeines. Weil es Papa gehört, verbringt er ziemlich viel Zeit dort. Genau wie ich.

Seit ein paar Wochen verbringt Papa aber auch Zeit mit Bara. Bara ist einen Meter einundsechzig groß und damit eigentlich viel zu klein zum Verlieben für meinen einen Meter achtundachtzig großen Papa. Aber irgendwie haben die beiden es trotzdem geschafft.

Der Schnurrbärtige hat also recht. Manchmal passen Dinge, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören, doch richtig gut zusammen.

Bara besucht uns noch nicht so lange, wenn es hell ist. Vorher hat sie es heimlich getan, nachts, damit ich es nicht mitbekomme. Jetzt kommt sie aber auch tagsüber vorbei – zumindest wenn sie nicht arbeiten muss.

Und sie passt wirklich sehr gut zu uns. In meinem Bauch kitzelt es schön, wenn wir zu dritt unterwegs sind.

Außerdem ist Bara eine Zauberin, wenn es um Papa geht. Er hört sehr gut auf sie.

Zum Beispiel, wenn Papa seine zornige Stirnfurche bekommt, weil ich im Wohnzimmer reportert habe, oder Herr Mann etwas ausgefressen hat: Dann ist Bara auf meiner Seite, nicht auf Papas. Dann sind wir beide ein Team, Bara und ich. Deswegen brauchen wir auch kaum Elternzeit. Mein bester Freund Konrad sagt, Elternzeit ist die Zeit, die Eltern ohne ihre Kinder verbringen. Erwachsene und Kinder müssen einander dann in Ruhe lassen. Das ist ziemlich praktisch, weil Eltern sonst ja immer auf ihre Kinder aufpassen. Aber seit er Bara kennt, ist Papa viel entspannter, denn sie achtet darauf, dass er nicht zu viele Regeln für mich aufstellt.

Bara kennt sich wirklich gut mit Kindern aus. Das liegt vielleicht daran, dass sie auch eine Tochter hat. Die kenne ich aber nicht. Bara sagt, dass ihre Tochter sauer auf sie ist, weil sie sich in Papa verliebt hat. Als Bara mir das erzählt hat, hat ihr grünes Auge geflackert. Das blaue war ruhig auf mich gerichtet.

Ich verstehe Baras Tochter. Sie wollte sich bestimmt auch aussuchen, in wen sich ihre Mutter verliebt. So wie ich das bei Papa gemacht habe.

Trotzdem bin ich froh, dass Baras Tochter nicht in unserem Team ist. Papa, Bara und ich, wir sind absolut genug.

Und Herr Mann natürlich, der ja eigentlich immer in meiner Bauchtasche sitzt. So wie jetzt. Vorsichtig öffne ich sie und blicke auf die weiße Fellkugel herab, die sich ausdehnt und wieder kleiner wird und wieder ausdehnt und wieder kleiner wird. Neben den schwatzenden Gästen, dem Röcheln der Kaffeemaschine und dem klappernden Besteck kann ich Herrn Manns leises Rattenschnarchen hören. Es hört sich an wie das Schnarchen von einem dicken, aber winzigen Mann.

Auch wenn Papa mit Bara viel entspannter ist – Herrn Mann soll er trotzdem lieber nicht im Wohnzimmer sehen. Und wahrscheinlich kommt er gleich, denn ich bin hier mit den beiden verabredet.

Bestimmt wollen sie was Besonderes mit mir unternehmen. Sie haben nämlich ein schlechtes Gewissen, weil sie ein Geheimnis daraus gemacht haben, dass sie verliebt sind. Und wenn Papas oder Freundinnen von Papas ein schlechtes Gewissen haben, dann bedeutet das für die Kinder: ganz viel Spaß.

Während ich auf dem Sofa sitze und über Käsekuchen mit Cola und die Vorteile von schlechtem Gewissen nachdenke, kommt ein Mädchen auf mich zu. Es hat ein weißes Plastikeinhorn im Arm, und als es sich auf den roten Samt fallen lässt, höre ich ein »Hmpf«. Ich weiß nicht, ob das Geräusch von einer Sprungfeder im Sofa oder von dem Mädchen kommt.

Das Einhorn, das das Mädchen jetzt auf das Sofa legt, hat kleine geflochtene Zöpfchen in der pinkfarbenen Mähne.

Das Mädchen sagt nichts, aber es schnauft und hat die Augenbrauen dicht über die Augen gezogen. Mit verschränkten Armen sitzt es neben mir auf dem Sofa, starrt auf den Tresen und stummt vor sich hin.

Von Konrad habe ich gelernt, dass man immer höflich sein soll.

»Hallo«, sage ich also.

Schwarz schimmernde Locken wippen neben dem hübschen Gesicht des Mädchens. Es sieht ein bisschen aus, wie ich mir Schneewittchen vorstelle. Dann schaut mich das Schneewittchen an: Es hat ein blaues und ein grünes Auge.

»Das ist ja witzig. Ich kenne auch jemanden –«, fange ich an, aber das Mädchen unterbricht mich.

»Da hat sich was bewegt. In deiner Tasche«, sagt es und zeigt auf meine Bauchtasche, in der Herr Mann wach geworden ist. Er rebelliert, weil er rauswill. Mein Blick wandert zum Plastikeinhorn, und ich habe irgendwie keine große Lust mehr, mich mit dem Mädchen zu unterhalten. Auch Reporterfragen habe ich keine. Das kommt selten vor.

Also öffne ich wortlos meine Bauchtasche noch ein Stück, damit das Mädchen hinein- und Herr Mann heraussehen kann. Es beugt sich vor und reißt die Augen auf. Genauso wie Herr Mann, der gerade seinen Kopf herausstreckt und unsere Sitznachbarin anstarrt.

»Bähhhhhh«, ruft das Mädchen. »Das ist ja eine Ratte!« Es hält schützend sein Einhorn vor sich. Das Plastikpferd mit Horn blickt mich aus einem glitzernden hellblauen Auge an. Das zweite fehlt.

»Was heißt denn hier Bähhhh«, sage ich und spüre ein heißes Stechen hinter meiner Stirn. »Das ist Herr Mann, und der ist gar nicht Bähhhh, sondern ein toller Rattenmann, der auf jeden Fall viel weniger gruselig ist als dein seltsames Plastikpony da.«

Das Mädchen pustet sich eine Locke aus der Stirn und tätschelt ihr Einhorn. »Ich wette, du wusstest nicht, dass Ratten ganz viele Keime haben. Und du trägst die Ratte mit den Keimen sogar am Körper mit dir herum. Das ist widerlich!«

Dunkle Wut wabert in mir hoch. Herr Mann ist eine saubere Ratte. Und meistens auch eine höfliche. Herr Mann ist die beste Ratte, die man sich vorstellen kann!

»Ach ja?«, sage ich. »Und du spielst mit einem Einhorn! Bist du noch im Kindergarten, oder was?« Das Mädchen ist sicher nicht mehr im Kindergarten. Es ist ungefähr so alt wie ich. Und es ist wirklich gut im Starren.

»Super, ihr habt euch schon kennengelernt.« Bara steht plötzlich vor uns, Papa kommt auch gerade aus der Küche. Er zwinkert mir zu, und Bara setzt sich neben das Mädchen. Sie legt ihm einen Arm um die Schulter. So sitzen und stehen wir einen Moment und schauen uns an. Papa merkt als Erster, dass dieser Moment zu lange dauert.

»Jette, das ist Maja. Baras Tochter.« Während er das sagt, geht er vor mir in die Hocke und klopft mir mit der flachen Hand auf das Knie.

»Maja war die letzten Wochen …«, beginnt Bara.

»… weg«, sagt Maja laut und hält ihr Einhorn im Schwitzkasten.

Bara schaut Maja von der Seite an und nickt langsam.

»Ja.« Sie lächelt etwas. »Bei ihrem Vater, stimmt’s?«

Ich beobachte Bara. Ihr grünes Auge flackert wieder. Ich habe Bara noch nie so gesehen, wie sie jetzt gerade ist: unsicher.

»Wir wollten mit euch beiden was Schönes unternehmen«, sagt Papa, »damit ihr euch ein bisschen beschnuppern könnt.«

Er lächelt in die Runde. Aber der Einzige, der schnuppert, ist Herr Mann.

Wir sitzen im Auto. Papa und Bara vorn, Maja und ich auf der Rückbank. Für Maja gut sichtbar halte ich Herrn Mann auf meinem Schoß und streichele auf ihn ein. Keimige Ratte. Pah!

Herr Mann genießt das Dauerkraulen und gluckst fröhlich. Maja ist mit ihrem Einhorn ganz auf ihre Seite der Rückbank gerutscht. Bei jedem Glücksgluckser von Herrn Mann rümpft sie die Nase.

Es ist sehr still im Auto, wir hören nur das regelmäßige Klick-klackern des Blinkers, der seit Wochen kaputt ist und wegen dem wir inzwischen schon zweimal von der Polizei angehalten wurden. Papa hat keine Zeit, den Blinker reparieren zu lassen, sagt er. Außerdem sind Blinker sowieso überbewertet, sagt er auch.

»Maja, wusstest du, dass Jette Reporterin ist?«, fragt Bara. Dabei sieht sie aber Papa an, nicht Maja oder mich.

»Warum hat sie dann nicht herausgefunden, dass Ratten eklige Keime mit sich rumtragen?«, fragt Maja und zieht ein Glas aus ihrem Rucksack. In dem Glas sind lauter kleine Dinge. Sie öffnet es und holt ein paar Gegenstände heraus. Ich kann ein paar blau schimmernde Perlen und noch andere Kleinigkeiten erkennen. Kronkorken, ein Bonbonpapier, eine Pfauenfeder und ein kleines, weißes Stäbchen – vielleicht ein Knochen?

»Maja!«, sagt Bara.

Zum ersten Mal höre ich an ihrer Stimme, dass auch Bara streng sein kann.

»Herr Mann ist eine Hausratte, keine Kanalratte«, sagt sie. »Das ist ein Riesenunterschied. Die Ratten, die wir damals im Keller hatten, das war eine ganz andere Art. Herr Mann ist keimfrei!«

Papa murmelt: »Na ja …«, Bara und ich werfen ihm böse Blicke zu. Als Papa in den Rückspiegel guckt, trifft ihn ein Funkeln von mir. Er zwinkert mir zu.

»Und Jette, wusstest du, dass Maja Schauspielerin ist?«, fragt er mich. »Sie spielt im Schultheater.«

»Aha«, sage ich. »Und da nimmt sie auch immer ihr Baby-Einhorn mit auf die Bühne?«

»Jette!« Papas Stimme schneidet die Luft im Auto, und dann ist es wieder still.

Fast:

Bara dreht sich zu mir um. »Maja hat Junikorn vor langer Zeit geschenkt bekommen, und so wie Herr Mann zu dir gehört, gehört Junikorn zu Maja, weißt du?«

Ich betrachte Junikorn heimlich. Das Plastikpferd mit Horn sieht tatsächlich schon recht alt aus. Nur noch einzelne Wimpern stehen um das eine wässrig blaue Glitzerauge, und die pinkfarbene Mähne ist auch eher großmutter-lila-grau.

»Also Junikorn hat sicher mehr Keime als Herr Mann«, sage ich.

»Jaaaa, genau!« Maja prustet laut. »Da kann ich nur lachen: Haha!«

Aber Maja lacht gar nicht, sie äfft nur nach, wie ich Herrn Mann streichele.

Deswegen tue ich jetzt so, als würde ich Herrn Manns unsichtbare lange Rattenlocken kämmen. Dabei klimpere ich mit den Wimpern und mache nach, wie Maja guckt, wenn sie Junikorn Zöpfchen flicht.

Vorne seufzt Bara. »Wir müssen hier links.«

Papa fährt an Baras links geradeaus vorbei.

»Links hab ich gesagt«, ruft Bara.

»Bara! Ich kenne den Weg zum Zoo!«, sagt Papa und schneidet dabei wieder ein Stückchen Luft.

Und in das Klick-klackern des Blinkers sagt Papa plötzlich: »Hundekacke!«