Jigoku Odori - Ellen A. Korei - E-Book

Jigoku Odori E-Book

Ellen A. Korei

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Beschreibung

Der Duft von Sandelholz, ein sanfter blauer Schimmer und weißes Haar, das ihre Wange kitzelt. Das ist alles, was sich Keiko noch erinnert. Seither kann sie dieses Fragment eines Momentes jedoch nicht mehr vergessen. Immer wieder wird sie ruhelos, wenn das Gefühl von damals in ihrem Gedächtnis aufsteigt wie eine fragile Seifenblase: der weiche Stoff, die sanfte Umarmung ihres Retters. Allerdings bietet ihre Realität nichts, was dieser Erfahrung nahekommen kann. Stattdessen leidet sie unter einem überfürsorglichen Cousin, der ihr offensichtlich jeden Spaß im Leben nehmen will. Dann jedoch passiert etwas Unvorhergesehenes, was ihre Welt aus den Fugen hebt. Im "forbidden door", einer angesagten Diskothek öffnen sich ihr ungeahnte Wege. Allerdings ahnt sie nicht, wohin diese bisher unbeschrittenen Pfade sie führen. Ob Albtraum oder Wunschtraum, Keiko dringt weiter in eine Welt vor, die sie zu verschlingen droht.

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EPUB
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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ellen A. Korei

Jigoku Odori

Tanz und Teufel

Über das Buch:

Der Duft von Sandelholz, ein sanfter blauer Schimmer und weißes Haar, das ihre Wange kitzelt. Das ist alles, was sich Keiko noch erinnert. Seither kann sie dieses Fragment eines Momentes jedoch nicht mehr vergessen. Immer wieder wird sie ruhelos, wenn das Gefühl von damals in ihrem Gedächtnis aufsteigt wie eine fragile Seifenblase: der weiche Stoff, die sanfte Umarmung ihres Retters. Allerdings bietet ihre Realität nichts, was dieser Erfahrung nahekommen kann. Stattdessen leidet sie unter einem überfürsorglichen Cousin, der ihr offensichtlich jeden Spaß im Leben nehmen will. Dann jedoch passiert etwas Unvorhergesehenes, was ihre Welt aus den Fugen hebt. Im „forbidden door“, einer angesagten Diskothek öffnen sich ihr ungeahnte Wege. Allerdings ahnt sie nicht, wohin diese bisher unbeschrittenen Pfade sie führen. Ob Albtraum oder Wunschtraum, Keiko dringt weiter in eine Welt vor, die sie zu verschlingen droht.

Über den Autor:

1982, weit im Süden Deutschlands wurde Ellen A. Korei quasi mit dem Stift in der Hand geboren – oder vielleicht zumindest mit der Ahnung, dass Worte Türen zu Welten öffnen können.

Während des Studiums der Germanistik und Geschichtswissenschaften an der Uni Tübingen lernte sie, dass jede Geschichte ein Echo hat. Selbst was wir Erinnerungen nennen, ist oftmals nur eine der vielen Formen des Erzählens. Seitdem folgte sie den Spuren von Legenden und Mythen, sowie den flüchtigen Momenten, in denen das Unheimliche sich zeigt, ohne gesehen werden zu wollen.

Auf diesem Weg erkundete sie vor allem auch Japan. Ob stille Schreine, Yokai oder andere geisterhafte Gestalten der Folklore – die feine Linie zwischen dem Abgründigen, aber Anziehenden, sowie der Eleganz asiatischer Erzählkunst wurde bald zu einer weiteren erzählerischen Heimat.

Ihr heutiges Schaffen befasst sich daher häufig mit den Schwellenwelten. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart, wie auch zwischen der Sehnsucht nach dem Unbekannten und der Schönheit des Bekannten. Ihre Texte suchen die Risse der Wirklichkeit und jene Stellen, an denen das Unsichtbare hindurch schimmert.

Deutsche Ausgabe, August 2016

Copyright © Ellen A. Korei 2016

Publikation erfolgt im Auftrag des Autors, zu erreichen unter:

Anita Goltzsch

c/o IP-Management #7386

Ludwig-Erhard-Str. 18

20459 Hamburg

Covergestaltung: Megumi M. Loy

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung des Werkes oder Teilen daraus, sind nur mit Zustimmung des Autors zulässig. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm, Einspeicherung, Einsprechen oder ein anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Ausführliche Informationen über den Autor:

https://www.patreon.com/c/bernsteinfuchs

https://www.instagram.com/bernsteinfuchs_elli/

Mit einem wundervollen Dankeschön an meine Mutter, die mich immer unterstützt hat und in dunkelsten Moment stets ein Licht bereithält.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

I.

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

X.

Prolog

Es war kalt und dunkel. Lediglich der hüpfende Schein ihrer Laterne spendete die Illusion von Helligkeit, die jedoch nicht ausreichte die schwarze Nebelwand zu durchdringen. Wo war sie? Eben war sie noch in ihrem neuen Kimono durch die Straßen von China Town gewandert. Auf Grund ihrer westlichen Erscheinung und den rotblonden Haaren, sowie der Tatsache, dass sie trotzdem in traditionell asiatischen Klamotten steckte, war ihr die Aufmerksamkeit der anderen Besucher sicher gewesen, und sie hatte es genossen. In dem bunten Treiben untertauchend hatte sie sich gar nicht sattsehen können an den vielen Lichtern, die die Nacht wieder zum Tag werden ließen. Obwohl sie gerade mal sechs Jahre alt war, hatte sie heute doch ausnahmsweise nach Einbruch der Dämmerung zu einem Straßenfest mitgedurft. Vor wenigen Augenblicken erst hatte sie an einem Stand angehalten und sich eine der chinesischen Papierlaternen ausgesucht. Alles war voller Menschen gewesen, die Luft vom Duft von Gebratenem und Räucherwerk geschwängert und erfüllt vom Lachen und den schrillen, asiatischen Stimmen, die ihre Waren anboten und handelten.

Jetzt war sie allein. Allein mit diesem rot-gold-farbenen Lampion, in dessen Innerem die kleine Flamme tanzte. Wann hatte man sie überhaupt entzündet? Sie erinnerte sich nur noch, wie der Verkäufer sie ihr über den Tresen gereicht und sie sie lachend angenommen hatte. Und dann?

Sie wusste es nicht mehr. Sie wusste so vieles nicht mehr. Wer war eigentlich mit ihr dort gewesen? Ihre Eltern? Tanten? Onkel? Nein, jemand anderes. Aber wer?

Ihrer Kehle entrang sich ein Schluchzen, und das Licht ihrer Laterne zuckte nervös umher, als ihr Körper von einer Welle aus Angst überspült wurde. Wo kam sie her? Wie kam sie zurück? Panisch drehte sich Keiko einmal um die eigene Achse. Überall um sie herum erkannte sie jedoch nur die wogende, undurchdringliche Masse, die wie ein gewaltiges Wesen um sie herumschlich, dabei einen eiskalten Atem aushauchend, der über ihre Haut strich. Fröstelnd krampfte sie die kleinen Hände um die dünne hölzerne Stange in dem vergeblichen Versuch sie ruhiger zu halten.

»Ich will nach Hause«, flüsterte sie leise und zerdrückte eine Träne, die sich eine brennende Spur über ihre Wange bahnte. Ganz vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, in ihren Ohren dauerhaft das Dröhnen ihres eigenen Herzschlags und das Keuchen ihrer Schnappatmung.

Die dünnen Sohlen ihrer sommerlichen Schuhe schleiften über den rauen Boden, der so dunkel war, dass er das Licht regelrecht aufzusaugen schien. Zu erkennen war er nur als eine finstere Masse, wo sie die Unebenheiten erst bemerkte, wenn sie darüber stolperte. Dann jedoch veränderte sich der Grund. Er wurde weicher, leicht nachgiebig, als würde sie plötzlich einen Waldpfad entlanglaufen.

Wo bin ich? Hilfe, Mama, Papa.

Mit einem Mal erklang ein Knarren, wie sie es in den alten Balken auf dem Dachboden oft gehört hatte. Laut und grollend nahm es zu und schien von allen Seiten gleichzeitig auf sie einzudringen. Von der Angst angetrieben beschleunigte Keiko ihre Schritte. Die Geräusche folgten ihr – berstend und krachend, gleich einem gewaltigen Tier, das neben ihr in den Schatten durchs Unterholz mitlief. Immer wieder hatte sie den Eindruck von glühenden Augen, die sie aus der Finsternis heraus fixierten. Der eiskalte Wind stimmte ein Geheul mit an und ließ in ihrer Fantasie die grässlichsten Monster aus den Tiefen der Hölle zu ihr heraufkrabbeln.

»Hilfe!« Ihre Stimme überschlug sich, während ihre Füße in wildem Galopp weiter stolperten.

Allmählich veränderte sich der Nebel um sie herum, verwandelte sich von undurchdringlichem Schwarz in schemenhafte Umrisse – fast als würde es dämmern. Sie konnte die Silhouetten von Bäumen ausmachen sowie …

Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie zwischen den Stämmen eine geduckte Gestalt sah mit viel zu langen Armen, die in viel zu großen Händen endeten. Sie hörte ein Kratzen, wie von Krallen auf Holz, durchbrochen von einem Schnaufen, das immer näher kam und vom Knacken von Ästen und dem Knarzen der Bäume begleitet wurde. Tränen der Angst schossen ihr in die Augen und ließen ihre Sicht verschwimmen. Ihr eigenes Wimmern klang in ihren Ohren und mehr Zweige streckten sich ihr in den Weg und peitschten ihr ins Gesicht, brennende Striemen hinterlassend.

Gerade als die Kraft sie zu verlassen drohte, spürte sie wie sich ihr Fuß zwischen dicken Wurzeln verfing. Ein Ruck ging durch ihr Gelenk und ein reißender Schmerz fuhr durch ihr Bein. Kreischend schlug sie der Länge nach auf den Boden. Vor Panik strampelte sie wie wild und rollte sich angsterfüllt herum. Durch das Unterholz hallte ein gewaltiges Krachen, gefolgt von einem Brüllen, das die Erde erzittern ließ. Ein Wesen brach durch die Büsche hindurch, von Kopf bis Fuß mit dunklem, struppigen Fell bedeckt. In der schwarzen Wolle wirkten die gefletschten Zähne, noch heller und blitzten nebst zwei gelb glühenden Augen auf sie herab. In ihrer Brust hämmerte ihr Herz so schnell, dass sie glaubte, es müsse jeden Augenblick zerspringen. Das Biest hob eine seiner mächtigen Pfoten und im nächsten Moment war ihr Sichtfeld von Pelz und Krallen dominiert. Schreiend kniff sie die Lider zu und krallte die Finger in den weichen Erdboden.

Doch kein Hieb zerschmetterte sie, keine Klaue zerriss ihren schlanken Körper und keine Fangzähne bohrten sich in ihre Eingeweide. Stattdessen erklang ein Zischen und die Luft war erfüllt vom Gestank verbrannten Haares. Ein dumpfer Schlag folgte und als Keiko die Augen wieder öffnete, stand vor ihr eine große, männliche Gestalt. Um seine rechte Hand, an denen die Fingernägel viel zu lang erschienen, flackerte eine Flamme aus blauem Feuer, die seine Haut jedoch nicht zu verbrennen schien.

Mit einem Fingerschnippen erlosch die Feuererscheinung. Staunend starrte Keiko zu ihm auf. Ihr Blick wanderte über die Zôri – den japanischen Sandalen – hinauf über den Hakama – einen traditionellen Hosenrock – bis zu dem typisch japanischen, gewickelten Oberteil. Schließlich zu seinem Kopf, auf dem irgendetwas nicht ganz passte. Scheinbar trug er etwas, was sie nicht so recht ausmachen konnte. Ebenso war sie sein Gesicht nicht genau zu erkennen, auch dann nicht, als er sich vorbeugte und ihr die Hand reichte. Automatisch griff sie danach und ließ sich auf die Füße helfen. Seine Berührung war so schön warm und sanft; sie hatte den Eindruck die Dunkelheit um sie herum verlor an Substanz und verwandelte sich zurück in harmlose Schatten.

»Danke«, schniefte sie und rieb sich mit dem Ärmel ihres Kimonos über die Augen, ließ ihn dabei nicht einen Augenblick lang los.

Keine Antwort, doch als sie aufschaute, glaubte sie ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen, obwohl das Gesicht im Ganzen immer noch unkenntlich blieb, als legte sich eine Maske darüber, die seine Züge verwischte. Noch während sie ihn betrachtete, kniete er sich vor sie und umschloss ihre Hand mit seinen beiden.

»Keine Sorge«, sagte er mit volltönender und dunkler Stimme, die trotzdem weich und freundlich blieb. »Damit bin ich stets bei dir und beschütze dich.« Sie spürte etwas Kühles in ihrer Hand und merkte zugleich, wie er mit einer Strähne ihres rotblonden Haares spielte. Noch bevor sie allerdings nachsehen konnte, beugte er sich zu ihr, schlang die Arme um sie und hob sie kurzerhand hoch. Eingehüllt von dem Duft von Sandelholz und seiner Wärme wurde Keiko plötzlich furchtbar müde. Kraftlos sank sie gegen ihn, krallte die Finger in den weichen Stoff seiner Kleidung und lehnte den Kopf an seine Schulter. Sein kinnlanges Haar bewegte sich sanft, als er sich in Bewegung setzte und kitzelte an ihrer Wange. Es war wie ein grauer, seidener Schleier, der sich ihr stetig über die Augen legte. Doch noch einmal riss sie sich zusammen und zwang sich, einen Blick auf den Gegenstand zu werfen, den er ihr gegeben hatte. Ein silberner, runder Klappspiegel, verziert mit einer Einlegearbeit aus Jade in Form eines Ginkgo-Blattes.

Wer ist er?, fragte sie sich und schmiegte sich enger an ihn. »Geh … nie wieder … weg«, nuschelte sie mit einer Zunge, die vor Müdigkeit schwer war. Doch dann fielen ihr die Lider zu. Von dem ruhigen Gang ihres Retters in den Schlaf gewogen, dämmerte sie dahin.

I.

Keiko trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Der Ballsaal war hell erleuchtet, auf der Tanzfläche wirbelten die Paare in ihren schicken Kleidern umher und wohin sie auch sah glänzte goldenes Licht auf edlem Geschirr und gewaltigen Kronleuchtern, spiegelte sich in den riesigen Fenstern, die zum Garten hinaus führten. Im Hintergrund spielte das Streichquartett die gefühlt hundertste Variante des Walzertaktes.

Wie oft wiederholen die das eigentlich noch?

Genervt seufzend ließ sie den Kopf in den Nacken kippen. Wie sehr sie diese Veranstaltungen hasste. Alles war voller feiner Pinkel, ständig musste man darauf achten, was man sagte, tat oder auch wie man sich bewegte. Kein einziger hier benahm sich so, wie er wirklich war. Als würden sie alle eine Maske aus überzogener Eitelkeit und Höflichkeit tragen. Unerträglich für eine frisch gewordene Einundzwanzigjährige. Den heutigen Geburtstag hatte sie sich eindeutig anders vorgestellt.

Mürrisch verschränkte Keiko die Arme vor der Brust. Eigentlich sollte sie diese Events gewohnt sein. Das kam davon, wenn man Tochter eines angesehenen und erfolgreichen Dirigenten war, dessen Frau auch noch eine begnadete Geigen- und Koto-Spielerin war. Nun ja, Adoptivtochter. Was zudem ziemlich offensichtlich war, denn Keiko hatte mit ihren blauen, kaukasisch geformten Augen und den langen, rotblonden Haaren nicht das geringste Asiatische an sich. Ein völliger Kontrast zu ihren japanischen Eltern.

Ich weiß, ich sollte ja dankbar sein, kam ihr der Gedanke in den Kopf und ein kurzer Stich von Schuld marterte ihr Herz. Natürlich liebte sie ihre Eltern, war froh eine Familie gefunden zu haben und wusste die Fürsorge und Erziehung sehr zu schätzen. Auch wenn ihr Vater ihrer Ansicht nach deutlich zu streng war – aber das lag bestimmt an seiner verklemmten, traditionellen Haltung. Diese Veranstaltungen jedoch hatten ihr schon immer auf den Magen geschlagen.

»Warum hab ich mich von Yoru überhaupt überreden lassen?« Einen unwirschen Laut von sich gebend drehte sie sich um und stieß direkt gegen besagten Yoruhiko, der sich ihr unbemerkt genähert hatte.

»Au!«, nuschelte sie und rieb sich die Nase, während sie ihren Cousin von unten herauf anschaute. Trotz seiner offensichtlich japanischen Abstammung überragte er sie mit ihren schlanken 175 Zentimeter Modelmaßen. In seinen dunklen Augen glitzerte der Schalk, der sich in seinem Lächeln widerspiegelte.

»Hattest du was vor?«, fragte er und kämmte sich gelassen die kinnlangen, schwarzen Haare hinters Ohr.

»Ich will nach Hause«, grummelte Keiko.

»Wir sind nicht mal eine Stunde hier und du hast kein einziges Mal getanzt.« Lässig lehnte er sich neben sie an die Wand. »Und du wolltest doch tanzen gehn.«

»Ja! Tanzen! Club! Disco! Modern! Nicht …« Sie wedelte mit der Hand. »… das hier!«

»Typisch, Prinzessin, hat immer was zu meckern.« Kurz musterte er sie, trat in einer flinken Bewegung vor sie und deutete einen Diener an. »Darf ich um diesen Tanz bitten?«

»Äh? Wie? Was?«

Noch ehe sie reagieren konnte, hatte er bereits ihre Hand ergriffen und zog sie schwungvoll mit sich Richtung Tanzfläche.

»Jetzt warte mal!« Fast wäre sie über den Saum ihres Kleides gestolpert. Gerade noch gelang es ihr, sich zu fangen. Allerdings hing sie nun erst recht an seinem Arm und schaute direkt in sein breites Grinsen, als sie den Blick wieder hob.

»Kannst du etwa nicht tanzen?«

»Ich … also … das …« Nervös brach sie ab, strich sich eine Falte im Ballkleid zurecht und straffte sich. Fast augenblicklich hielt er erneut ihre Hand und schlang den anderen Arm um ihre Taille.

»Sei nicht so. Immerhin war das der Hauptgrund, warum ich dich mitgenommen hab.«

»Um mit mir zu tanzen? Ernsthaft?«

»Ja klar. Weißt du, wie anstrengend es ist, als alleinstehender Mann auf einen Ball zu gehen? Man ist Tanzpartner für alle Weiber, die keinen Kerl mitgebracht haben. Und das sind mehr, als man erwarten würde!«

Pass lieber mal auf deine Ausdrucksweise auf, Herr Manager!

»Aha.« Herausfordernd reckte sie ihm das Kinn entgegen – die einzige Bewegung, zu der sie imstande war, denn losreißen war bei seinem Schraubstockgriff einfach nicht drin. »Das kommt davon, wenn man keine Freundin hat. Such dir doch mal eine.«

Als würden um sie herum plötzlich die Lichter ausgehen, überschattete ein Schleier aus Trauer seinen Blick und stahl seinen Augen den Glanz.

Hab ich einen wunden Punkt getroffen?

Doch sie kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken oder gar zu fragen, denn er zog sie mit einem neuerlichen Ruck an sich.

»Nun tanz mit mir«, meinte er und brachte sie beide in Position.

»Wa-? Nein!«

»Was ist los? Dein Vater hat dir einen Tanzkurs bezahlt, du solltest das doch können.« Seine Augen wurden schmal und wieder erschien dieses lauernde Grinsen auf seinem Gesicht. »Oder kannst du’s etwa nicht?«

Aas!, hallte es in ihrem Kopf und sie funkelte ihn zwei Sekunden wütend an. Doch, anstatt ihn anzufahren, wandte sie den Blick ab und nuschelte vor sich hin.

»Hab den Unterricht damals geschwänzt.« Und das Geheimnis, das sie ein viertel Jahrzehnt gehütet hatte, brach zusammen wie ein Kartenhaus. Sie schnaufte mürrisch. Wenigstens merkte sie, wie sein Druck nachließ. Trotzdem riss sie sich nicht los – noch nicht.

»Entspann dich einfach. Ich mach das schon«, sagte er mit liebevollem Unterton, aus dem jeglicher Spott gewichen war.

Verwirrt blinzelnd sah sie auf.

»Du willst mich doch nur …«

»Ich mein’s ernst«, unterbrach er sie sanft. »Lass dich führen. Wird keiner merken, dass du’s nicht kannst.«

Ob er mich auf den Arm nimmt?