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Ich war umzingelt von den Engeln der Unzucht und Hurerei! Die Beretta ließ ich stecken. Das wäre Munitionsverschwendung gewesen. Also das Kreuz. Doch als ich es hervorholte, waren die Zeichen der vier Erzengel darauf verschwunden! Stattdessen sah ich die Anfangsbuchstaben der vier finsteren Engel. Ein Schatten legte sich über das Kreuz und verschlang auch die übrigen Symbole: das allsehende Auge, die heilige Silbe AUM, das Auge des Horus, das Ankh! Und wo der Davidstern, das Hexagramm, gewesen war, zeigte sich das Antlitz von Lilith. "Du bist nicht mehr der Sohn des Lichts!", kreischte sie. "Ab jetzt bist du der Sohn der Finsternis! Das Werkzeug meiner Rache - Luzifers Henker!"
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Seitenzahl: 137
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Ich – Luzifers Henker
Grüße aus der Gruft
Vorschau
Impressum
Ich – Luzifers Henker
(Teil 2 von 3)
von Ian Rolf Hill
Der Tod ritt auf Chris Ainsworth zu!
Wie gebannt stand der Geologe auf der Straße des Dorfes Caversheen, inmitten einer anderen Dimension, umgeben von Hexen, die der Großen Mutter Lilith dienten.
Lilith, die sich offen gegen Luzifer gestellt hatte, dessen hochmütiges Engelsgesicht hoch über ihnen am Himmel schwebte, während aus seinem Schlund die Heerscharen der Hölle strömten, um diese Welt und ihre Bewohner dem Erdboden gleichzumachen.
Angeführt wurden sie von einem der schrecklichen Horror-Reiter.
Ein lebendes Skelett in Ritterrüstung, das auf dem Rücken eines schwarzen, feuerspeienden Rappens saß. Auf dem Brustpanzer des Gerippes leuchtete ein großes A.
Genau so ein Reiter preschte auf Chris Ainsworth zu, um ihn mit einer Lanze aufzuspießen.
Ein Ausweichen war unmöglich. Der Geologe war vor Angst wie gelähmt.
Die Hufe schepperten über das Kopfsteinpflaster.
Wie hypnotisiert starrte Chris in die rot leuchtenden Augen des Gauls, aus dessen Nüstern Feuer loderte.
Noch fünf Yards.
Vier ... drei ... zwei ...
Ein heftiger Stoß schleuderte Chris zur Seite. Hart krachte er auf die linke Schulter. Der Schmerz war höllisch. Aber er lebte. Und das hatte er einer jungen Frau zu verdanken, die fast noch ein Mädchen war.
Lulu!
Im allerletzten Moment hatte sie ihn zur Seite gerissen, nachdem er keine Anstalten gemacht hatte, seinem Schicksal zu entgehen. Wozu auch? Gegen die erdrückende Übermacht hatten sie ohnehin keine Chance.
»Bist du wahnsinnig?«, brüllte sie ihn an.
Chris beachtete sie nicht. An ihrer Schulter vorbei beobachtete er den Horror-Reiter, der hinter Lulu über die Straße preschte, ohne innezuhalten und das Pferd herumzureißen.
Auf der anderen Straßenseite stand Giselle. Die unscheinbare Frau, die sich zusammen mit Lulu um ihn gekümmert hatte. Sie duckte sich im Schatten eines windschiefen, mittelalterlich erscheinenden Hauses. Und nicht nur sie, sämtliche Frauen und Hexen von Caversheen, einschließlich ihrer Anführerin Eleonore, hatten sich vor dem Horror-Reiter in Sicherheit gebracht oder waren ihm zumindest ausgewichen, der auf seinen Kameraden zu galoppierte.
Die beiden Dämonen glichen sich wie ein Ei dem anderen. Auf beiden Brustpanzern prangte ein großes A. Es stand für die Anfangsbuchstaben ihrer Herren, den Erzdämonen Astaroth und Amducias, ohne dass Chris hätte sagen können, wer zu wem gehörte. Er wusste nur, dass hier etwas ganz anders ablief als erwartet.
Anscheinend war der Horror-Reiter, der ihn fast über den Haufen geritten hätte, nicht erschienen, um die Bewohner des Hexendorfs an der Flucht zu hindern. Er war gekommen, um sie zu beschützen.
Fast hätte Chris gelacht.
Ein einziger Horror-Reiter gegen Luzifers Armee? Das war lächerlich.
Hinter dem zweiten Reiter jedoch strömten die Heerscharen der Hölle auf das Dorf zu. Sie quollen zwischen den Stämmen des Waldes hervor, der Caversheen wie ein Wall umgab.
Nie zuvor hatte Chris Ainsworth eine größere Ansammlung von Albtraumkreaturen gesehen. Mit Schleim überzogene Skelette, riesige muskelbepackte Kolosse mit überlangen Armen und krallenbewehrten Pranken von der Größe eines Gullydeckels.
Chimären, halb Mensch, halb Tier, krochen an den Stämmen entlang. Riesenspinnen mit Menschenköpfen, die sich statt auf borstigen dünnen Beinen auf acht menschlichen Armen bewegten, die aber mehr Gelenke hatten als die eines Menschen. Dazwischen schwangen sich kugelförmige Dämonen mit ihren Tentakeln von Ast zu Ast.
Sein Gehirn weigerte sich, die Gesamtheit dieses Sammelsuriums an Abscheulichkeiten zu erfassen. Auch weil seine Aufmerksamkeit von den Horror-Reitern in Anspruch genommen wurde, die innerhalb der nächsten Sekunden aufeinandertreffen würden.
Der Anführer des Höllenheers hatte ebenfalls seine Lanze gesenkt. Er hatte einen erheblichen Vorsprung vor seiner Armee, der er vermutlich den Weg ebnen sollte.
Mehrere Häuser waren während des Angriffs untoter Hexen in Brand gesteckt worden. Der Schein des Feuers tauchte die beinernen Schädel in rötlichgelbes Licht.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Feuer auf die anderen Häuser übergreifen würde. Aber das würde ohnehin niemand von ihnen erleben, dessen war sich Chris absolut sicher.
Noch drei Yards trennten die beiden Horror-Reiter voneinander, die zu unversöhnlichen Gegnern geworden waren.
Ein eindeutigeres Zeichen für die Spaltung der Hölle konnte es gar nicht geben.
Und dann geschah es!
Die Fassade eines brennenden Hauses zersplitterte, explodierte regelrecht.
Ein weiteres Höllenpferd brach daraus hervor. Auf der Brust leuchtete ein großes E.
E wie Eurynome.
Der Reiter der Erzdämonin war ebenfalls mit einer Lanze bewaffnet, deren Spitze er dem Anführer des Höllenheers gegen den Brustharnisch rammte.
Die Spitze glühte in einem düsteren Rot und drang wie eine heiße Stricknadel durch einen Block Butter durch die Rüstung, während der Rappen von Eurynomes Reiter den Gaul des aufgespießten Skeletts mit der Wucht eines heranrasenden Schnellzugs rammte.
Der Aufprall fegte das Dämonenpferd von den Beinen. Doch auch Eurynomes Reiter hob es aus dem Sattel. Die beiden Gerippe flogen über die Straße und krachten in ein Haus, dessen Fassade einstürzte.
Der Reiter mit dem A, der Chris beinahe zum Verhängnis geworden war, galoppierte weiter, an seinen Artgenossen vorbei und mitten hinein in die anrückenden Heerscharen.
Die Luft hinter dem Reiter begann zu flimmern. Wind kam auf, fachte die Flammen an und zerrte an der Kleidung und den Haaren der Einwohner von Caversheen, die das Geschehen mit offenen Mündern verfolgten.
Sie alle waren zu Statisten degradiert, die den Angriff des Horror-Reiters atemlos verfolgten.
Wie eine Rakete jagte er in die vorderste Reihe der Dämonenschar!
Im nächsten Moment rollte das Flimmern über den Reiter hinweg und raste wie eine Druckwelle in die Phalanx der Albtraumkreaturen, die zurückgeschleudert wurden.
Chris sah Skelette durch die Luft wirbeln und mit im wahrsten Sinne des Wortes knochenbrechender Wucht gegen Baumstämme krachen, die nur eine Sekunde später unter dem Druck der magischen Eruption abknickten wie Streichhölzer.
Vögel mit menschlichen Totenschädeln wurden ebenso hinweggefegt wie Kugeldämonen. Spinnenmenschen versuchten, sich an den Stämmen festzuklammern, und wurden unter ihnen begraben, und den Dämonentrollen erging es nicht viel besser.
Luzifer brüllte vor Wut.
Wie Nadelstiche fuhren seine Schreie in die Ohren der Menschen von Caversheen. Chris presste die Hände auf die Ohren und krümmte sich. Neben ihm zuckte Lulu, als würde sie einen epileptischen Anfall erleiden.
Chris zwang sich, die Augen offen zu halten.
Die Frauen, die noch auf der Straße gestanden hatten, brachen zusammen. Giselle sank auf die Knie und beugte den Oberkörper vor, bis ihre Stirn das Kopfsteinpflaster berührte. Selbst Eleonore ging spastisch zuckend zu Boden.
Der Angriff der Teufelsbrut aber war ins Stocken geraten. Doch wie lange würde es dauern, bis sich Luzifers Armee wieder neu formierte?
Aus dem Wald erhob sich eine mächtige, riesenhafte Gestalt. Ihr muskelbepackter nackter Leib glänzte feuerrot. Allein der Schädel war so groß wie eines der windschiefen Hexenhäuser. Dort, wo sich das Gesicht hätte befinden müssen, wucherte eine fleischige, blasenwerfende Masse, als wäre der Kreatur das Gesicht geschmolzen.
Chris konnte keine Sinnesorgane ausmachen, dafür sah er, wie die dicken, wulstigen Haarsträhnen zuckten, als wären sie lebende Dreadlocks.
Dreadlocks mit verdickten Enden, die aufklafften und sich zuckend emporreckten wie Schlangen.
Auch diese Gestalt war Chris nicht unbekannt. Er kannte sie aus den Beschreibungen von John Sinclair. Als Freund einer ehemaligen Hexe, die von der Hölle gejagt wurde, war er über die wichtigsten Dämonen informiert. Und diese Gestalt gehörte zu den mächtigsten unter ihnen.
Es war der Erzdämon Astaroth.
Harry Stahl traute seinen Augen nicht.
Vor ihm stand die Privatdetektivin und ehemalige Hexe Jane Collins. Hier im Harz, in einer Höhle am Brocken, wo laut seiner Information in einer der kommenden Nächte der Teufel Asmodis beschworen werden sollte, angeblich von Anhängerinnen der Urdämonin Lilith, damit der Geisterjäger John Sinclair ihn mit dem Engelstöter vernichtete. Dabei handelte es sich um jenes Schwert, mit dem der Erzengel Michael den abtrünnigen Luzifer in die Verdammnis gestoßen hatte.
Äonenlang hatten sie die Hölle gemeinsam regiert: Luzifer, das absolut Böse, der aus den drei Teufeln Asmodis, Baphomet und Beelzebub bestand, und seine Geliebte, die Große Mutter, die Hure Babylon.
Doch das war jetzt vorbei. Jetzt wollte Lilith die gesamte Macht an sich reißen.
Aber selbst sie wusste, dass Luzifer nicht so leicht zu besiegen war. Also hatte sie beschlossen, ihn zu schwächen, indem seine drei Inkarnationen unabhängig voneinander an drei verschiedenen Orten beschworen werden sollten. Unter anderem hier am Brocken, dem sagenumwobenen Blocksberg.
Während Suko und Bill der Spur ihrer Informantin, der ehemaligen Vollstreckerin Fiona Garrett, nach Schottland gefolgt waren, sollte Harry hier in Deutschland die Augen offen halten. Allein, denn seine Partnerin Dagmar Hansen ermittelte in einem anderen Fall.
Es ging lediglich darum, die Augen offen zu halten und nach einer Spur von John Sinclair Ausschau zu halten, der von Liliths Engeln der Unzucht und Hurerei entführt worden war.
Aber nicht nur der Geisterjäger war verschwunden, auch Jane Collins und ihr Freund Chris Ainsworth. Und jetzt stand Jane vor ihm und bedrohte ihn mit einer Waffe.
Das wollte ihm nicht in den Kopf.
Für Harry Stahl gab es nur eine logische Schlussfolgerung: Jane hatte erneut die Seiten gewechselt und sich der Großen Mutter Lilith angeschlossen.
Zwar hätte er ihr das nie zugetraut, doch wie gut kannte er Jane? Wie gut konnte man überhaupt einen Menschen kennen?
Harry wusste von John Sinclair, dass Lilith schon immer großes Interesse an der Detektivin gezeigt hatte. Allein schon deshalb, weil sie selbst einmal eine Hexe gewesen war und Asmodis gedient hatte, unter Wikka, die längst zu Asche zerfallen war.
»Wird's bald!«, zischte Jane.
»W-was?«, stammelte Harry, der von den Ereignissen völlig überrumpelt worden war.
»Du sollst die Waffe fallen lassen!«
»Jane, was ... was geht hier vor?«
»Waffe fallen lassen!«, schrie Jane. »Harry, bitte ...«
Die letzten Worte klangen ganz anders, weniger bedrohlich, vielmehr flehend.
Jane musste unter einem ungeheuren Druck stehen. Ihre Stimme zitterte. Und er brauchte wahrlich kein Hellseher zu sein, um zu erahnen, warum das so war.
Vermutlich hing es mit dem Verschwinden von John Sinclair zusammen, möglicherweise auch dem von Chris Ainsworth.
»Okay«, flüsterte der Sonderermittler des BKA. »Okay, Jane. Ich ... lege die Waffe weg.« Er legte die Beretta auf dem felsigen Untergrund. »Darf ... darf ich aufstehen?«
Jane antwortete nicht sofort. Stattdessen hörte er, wie sie die Nase hochzog, als würde sie gegen Tränen ankämpfen. »Ja«, würgte sie schließlich erstickt hervor. »Aber bitte, mach keine Dummheiten.«
Harry hatte sich beim Sturz den Hinterkopf angeschlagen. Als er ihn behutsam betastete, fühlte er eine klebrige Flüssigkeit.
Blut!
»Es ... tut mir leid«, murmelte Jane. »Ich wusste nicht, dass du es bist. Erst als du am Boden gelegen hast, habe ich dich erkannt. Ich ... hatte Angst, du könntest schießen.«
»Schon gut«, knurrte Harry und rappelte sich auf, wobei er sich an der Felswand abstützte. »Kö-können wir vielleicht nach draußen gehen?«
»Sicher«, sagte Jane.
Er sah, wie sie die Pistole holsterte, und überlegte, ob er seine Beretta aufheben sollte, doch Jane kam ihm zuvor. »Ich nehme deine Waffe mit.«
Harry nickte nur und ging dann über den unebenen Boden auf den Eingang der Höhle zu, der nicht mehr als ein schmaler Einschnitt im Felsen war. Das Gestein stieg steil an.
Schließlich kroch der BKA-Ermittler auf allen vieren aus dem Schoß des Berges. Das Plateau davor war mit allerlei Gestrüpp bewachsen. Auf einem umgestürzten Baumstamm ließ sich Harry nieder, holte ein Taschentuch hervor und betupfte die Wunde.
Jane Collins trat aus dem Höhleneingang. Sie hatte nicht nur seine Beretta mitgebracht, sondern auch die Taschenlampe, die sie Harry aus der Hand geschlagen hatte. Beides überreichte sie ihm, der sie wegsteckte.
Dann beobachtete er die ehemalige Hexe, wie sie einen Rucksack aus dem Gebüsch zog und öffnete. Sie holte eine Flasche Wasser hervor, die sie Harry reichte. »Soll ... soll ich mir die Wunde mal ansehen?«
Zuerst wollte er ablehnen, dann willigte er doch ein. Jane säuberte die Verletzung mit einem feuchten Tuch.
»Ist nur eine kleine Platzwunde. Ich glaube nicht, dass sie genäht werden muss.«
»Wenigstens etwas«, grummelte Harry und trank einen Schluck Wasser. »Dann kannst du mir ja jetzt sagen, was das Ganze zu bedeuten hat? Hängt es mit Chris und John zusammen?«
»Was ... was ist mit John?«
Harry hob die Brauen. »Du weißt es nicht?«
»Was weiß ich nicht?«, rief Jane. »Verflucht, Harry, was ... Warum bist du eigentlich hier?«
»Ich habe einen Anruf von Suko erhalten. John wurde von den Engeln der Unzucht und Hurerei entführt!«
Dann erzählte er Jane alles, was er wusste.
Die Detektivin zeigte sich nicht nur überrascht, sie war regelrecht geschockt. Erschöpft ließ sie sich neben ihm auf dem Baumstamm nieder.
»Deshalb also«, flüsterte sie. »Deshalb hat sie mich hierhergebracht.«
»Wer?«, fragte Harry.
»Assunga!«
Jetzt war es an ihm, dumm aus der Wäsche zu schauen. »Die ... diese Schattenhexe?«
»Ja. Sie und Justine Cavallo haben Chris und mir aufgelauert. Wir kamen gerade aus dem Theater. Ich habe nur noch gesehen, wie Chris von Justine in den Würgegriff genommen wurde, dann habe ich das Bewusstsein verloren. Ich bin erst hier wieder aufgewacht.«
»So wie damals?«
Jane nickte. »So wie damals.«
Mit dieser Bemerkung spielte Harry auf einen zurückliegenden Fall an, der sie schon einmal hierher nach Schierke, bei Wernigerode in Sachsen-Anhalt, geführt hatte. Auch damals war Jane von Lilith in diese Höhle gelockt worden.*
»Aber warum? Was bezweckt Assunga damit?«
»Das weiß ich nicht. Sie war verschwunden, als ich erwacht bin. Aber nachdem, was du mir erzählt hast, kann es nur mit der Beschwörung von Asmodis zu tun haben. Vielleicht ... vielleicht soll ich ihm geopfert werden. Du weißt, dass er es nie verwunden hat, dass ich ihm den Rücken gekehrt habe.«
»Vielleicht sollst du ihn ja auch bloß ködern.«
»Kommt das nicht auf dasselbe raus?«
Darauf konnte Harry nur mit den Achseln zucken. »Auf jeden Fall sollten wir erst einmal Sir James und Suko informieren.«
»Nein!« Jane umklammerte seinen Unterarm, als er das Handy hervorholen wollte.
»Warum nicht?«
»Was ist mit Chris?«
»Ich glaube kaum, dass Assunga oder Justine ihm etwas antun werden. Warum hätten sie ihn entführen sollen, wenn sie ihn töten wollten?«
»Und wenn ... wenn sie versuchen, die Beschwörung zu verhindern?«
»Dafür müssten sie erst einmal hier sein. Außerdem ... warum sollten sie das tun? Asmodis ist auch ihr Feind. Soll Lilith ihn doch vernichten. Wo liegt das Problem?«
»Das Problem ist, dass Luzifer sich nicht so einfach vernichten lässt. Wer weiß, was dann geschieht? Welche Opfer dieser Sieg erfordert? Ich habe Angst, Harry! Ich ... ich halte das ... nicht mehr ... aus.«
Die Stimme der Detektivin geriet ins Stocken.
Harry wurde hellhörig. Er sah, wie Jane sich aufrichtete und mit langsamen, leicht abgehackten Bewegungen die Beretta aus dem Holster zog.
Die Eingeweide des BKA-Ermittlers verkrampften sich, sein Herz übersprang vor Schreck einen Schlag. »Jane, was soll das werden? Lass die Waffe stecken!«
»Ich ... kann nicht ... Harry. Ich ...«
Tränen schimmerten in den Augen der ehemaligen Hexe, während sie die Mündung der Waffe von unten gegen ihr Kinn presste.
Der Finger lag bereits am Abzug. Bereit, jeden Augenblick abzudrücken.
Sie standen in den Ruinen des Klosters St. Patrick.
Liliths Vollstreckerinnen, die Töchter des Kain. Die Elitekämpferinnen der Kinder der Großen Mutter, wie sich die Anhänger der Urdämonin nannten.
Es waren mindestens drei Dutzend von ihnen, die sich zwischen den Trümmern und im ehemaligen Klosterhof verteilten.
Suko, Bill Conolly und ihre Gefangene, die ehemalige Polizistin Fiona Garrett, waren umzingelt.
Letztere lachte leise und triumphierend.
Suko war alles andere als zum Lachen zumute. Er überlegte, ob er mit dem Stab des Buddha die Zeit anhalten sollte. Doch was hätte er damit gewonnen? Fünf Sekunden reichten nicht, um den Hubschrauber zu erreichen und ihn zu starten. Abgesehen davon hätte er Bill Conolly zurücklassen müssen, und das kam überhaupt nicht infrage.
Aber diese Gedanken waren ohnehin müßig. Bevor seine Finger auch nur in die Nähe des Stabs gelangt wären, hätten ihn mindestens zehn Macheten durchbohrt.
Stocksteif blieb er stehen, ebenso wie Bill Conolly, dem der Schweiß auf der Stirn stand.
Schritte erklangen hinter ihm. Fiona Garrett trat vor Suko hin und hob ihre mit Handschellen gefesselten Hände. »Wenn Sie mir jetzt bitte diese Dinger abnehmen würden?«
Sie war sich ihrer Sache sehr sicher.
Suko atmete tief durch und griff in die Tasche, wo der Schlüssel für die Handschellen steckte.
»Ts, ts, ts«, machte Fiona. »Hübsch langsam, ja? Ich weiß genau, wo dein kleiner Zauberstab steckt.« Sie lächelte schmallippig. »Und damit meine ich nicht den in deiner Hose.«
»Sie sind verachtenswert«, zischte Bill Conolly. »Und ordinär.«
»Das hat mich jetzt wirklich tief getroffen«, erwiderte Fiona gelangweilt, während sie zuschaute, wie Suko den Schlüssel für die Handschellen hervorholte. »Sobald dies hier vorbei ist, werde ich in mich gehen und mein Leben überdenken.« Sie hob den Blick und fixierte Suko. »Was meinen Sie, ist in Ihrer Abteilung noch ein Platz frei?«
»Tut mir leid, nein!«