John Sinclair 2459 - Marlene Klein - E-Book

John Sinclair 2459 E-Book

Marlene Klein

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Beschreibung

Drei uralte Vampir-Artefakte! Den Legenden nach machten sie aus einem Blutsauger einen Super-Vampir! Und Corvin Hades wollte dieser Super-Vampir werden! Suko und ich mussten das unter allen Umständen verhindern, denn Hades war schon jetzt ein mörderisches Monstrum. Darum folgten wir seiner Spur aus Blut und Gewalt nach Rumänien, ins Land der Vampire. Doch auch Justine Cavallo, die blonde Bestie, wollte die mysteriösen Artefakte in ihren Besitz bringen! Bei Schloss Bran, in dem angeblich einst Graf Dracula residierte, kam es zum unerbittlichen Kampf zwischen Corvin Hades, Justine und mir!

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Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Der Super-Vampir

Grüße aus der Gruft

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Impressum

Cover

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Der Super-Vampir

(Teil 2 von 2)

von Marlene Klein

Suko und ich hatten einen neuen Feind – Corvin Hades, den Justine Cavallo, die blonde Bestie, zum Vampir gemacht hatte. Denn sie wollte durch ihn an drei Vampir-Artefakte gelangen, von denen sie sich neue Fähigkeiten und noch mehr Macht versprach!

Doch genau diesen Plan verfolgte Corvin als Blutsauger nun auch! Er wollte durch diese magischen Artefakte zum Super-Vampir wer‍den!

Suko und ich mussten das verhindern. Weder Justine noch Corvin Hades sollten zu einer übermächtigen Kreatur werden!

Dafür mussten wir nach Rumänien, Draculas Heimat, dem Land der Vampire. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit – ein Wettlauf gegen Tod und Teufel!

10. Oktober 1850

Rad, Walachei

unweit von Bukarest

Fröhliche Klänge drangen durch die geöffneten Tore der großen, alten Scheune in die herbstliche Luft. Akkordeon, Kontrabass, Klarinette und Geige spielten zum Tanz, denn heute war Erntedankfest in Rad. Es wurde gelacht und getrunken. Die Krüge schienen sich von ganz allein wieder zu füllen. Der Alkohol ließ die jungen Frauen lauter lachen als gewöhnlich und die jungen Herren den Mut finden, die Damen, die sie schon lange heimlich begehrten, zum Tanz aufzufordern.

Die Schritte der Tänze waren allgemein bekannt. Die einfache Kleidung der jungen Leute, die sich zumeist in der Landwirtschaft verdingten, war edleren weißen Baumwollstoffen gewichen. Weite weiße Röcke bauschten sich unter bunten Schürzen, und die weißen Blusen in engen Miedern waren in verschiedenen Farben bestickt.

Manch junge Frau trug ein züchtiges Kopftuch, andere wiederum hatten ihre langen Haare kunstvoll hochgesteckt und sogar Blumen hineingeflochten.

Gerade wurde ein altes Volkslied gespielt und gesungen, dessen Text jeder der Anwesenden kannte. Vorgetragen wurde es von dem Geiger, dessen große braune Augen ein wenig zu weit aus dem Schädel hervortraten. Doch trotz des irren Blicks unterhielt er alle Gäste mit seinem melodiösen Gesang und impulsiven Spiel.

Sein Publikum dankte es ihm, indem das »Hey« aus dem immer wiederkehrenden Refrain vom ganzen Saal mitgerufen wurde.

Das Lied handelte von der großen Liebe eines Schäfers zu einem Mädchen, das ihren Liebsten zutiefst vermisste, wenn dieser tagelang seine Tiere über die weiten Ebenen der Walachei trieb.

Auch im Saal bahnte sich die ein oder andere Liebesbeziehung an, wurde die Grundlage zu mancher Ehe gelegt. Die Blicke, die die jungen, hübschen Frauen, der Stolz des jungen Rumäniens, kokett den von ihnen auserwählten Burschen zuwarfen, sprachen Bände, und nicht wenige Pärchen zogen sich in die Dunkelheit der jungen Nacht zurück. Angeblich, um erhitzte Gemüter und Körper nach dem ausgiebigen Tanz zu kühlen. Der wahre Grund war natürlich der Wunsch nach ungestörter Zweisamkeit.

Die Scheunentore standen weit offen. Licht und Musik drangen nach draußen und zogen den schwankenden, ausgemergelten Körper an. Wer immer Dimitru auf die Scheune zustolpern sah, schob die mangelnde Körperbeherrschung auf das genossene Bier zurück. Nur wer genauer hinsah, erschrak.

Der junge Mann stolperte in die Scheune, taumelte vorwärts, hielt sich hier an der Schulter eines anderen Mannes fest und dort am ausladenden Puffärmel einer Dame, und doch konnte er den Sturz nicht vermeiden. Mitten auf der Tanzfläche fiel er zu Boden.

Ein erschrockenes Flüstern und Geraune ging durch die Menge. Der talentierte Geiger würgte sein Spiel mit einem quietschenden Ton ab.

Die Tanzpaare stoben auseinander. Schreie erklangen. Schützend zogen die Burschen die Damen näher an sich. Um Dimitru bildete sich ein Kreis.

Der wollte sich auf die Beine kämpfen, kam halb hoch, stürzte wieder und fiel auf den Rücken.

»Was ist mit ihm?«

»Das ist doch Dimitru, der Sohn von Radomir!«

Der junge Mann war nicht nur blass, sein Gesicht war so bleich, dass es sich kaum von seinem weißen Hemd unterschied, das von Blutspritzern übersät war. Besonders am Kragen, wo der Hals auf einer Seite zwei tiefe Einstiche aufwies.

Man hätte meinen können, dass ihm der Weg zur Scheune mit einer solchen Verletzung so sehr mitgenommen hätte, dass sich der Brustkorb heben und senken müsste. Doch da war nichts. War Dimitru tot?

Die Vermutung der abergläubischen Rumänen war eine andere. Eine ältere Frau bekreuzigte sich. Der Schuster des Orts begann zu beten, und immer häufiger kristallisierte sich aus dem Gemurmel und Geflüster die Worte »Vampir«, »untot« und »Blutsauger« heraus.

Dimitru hingegen regte sich nicht mehr.

Während Entsetzen und Panik unter den Einwohnern von Rad um sich griff, betraten, zunächst im Trubel unbemerkt, zwei Männer das Fest. Ihre Kleidung unterschied sich von den weiß-bunten Gewändern der Festgesellschaft. Beide trugen dunkle Anzüge, darüber ebenso dunkle Mäntel.

Der ältere der beiden, dessen graue Haare unter einem immens großen Hut hervor bis auf die Schultern fielen, schritt zielstrebig voran. Der jüngere, in dessen rechtem Auge ein Monokel klemmte, folgte ihm.

Das Geraune verebbte. Niemand kannte diese beiden Männer, und ihrer Kleidung nach kamen sie nicht aus Rad, nicht aus der Walachei, vielleicht noch nicht einmal aus Rumänien.

Die Menge um Dimitru teilte sich und machte ihnen den Weg zu dem reglos daliegenden Körper frei.

Beide begutachteten ihn oberflächlich, dann blickte der Grauhaarige mit dem großen Hut in die Runde. Wieder wurde geflüstert, gemurmelt und geraunt. Der Graue wartete. Erst als er sich sicher war, die ungeteilte Aufmerksamkeit aller zu besitzen, begann er zu sprechen.

»Werte Leute aus Rad! Gestattet mir, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Dr. Vladimir Grigoric, und ich habe den Lehrstuhl in der neu gegründeten Fakultät für Medizin in Bukarest inne. Dies ist mein persönlicher Assistent Hans Haberer aus unserem schönen Nachbarland, dem Kaisertum Österreich-Ungarn. Seit meiner Ankunft in Bukarest verfolge ich Bojan Srisrok, einen Vampir, der von Transsilvanien ausgehend eine Spur des Grauens bis hierher in die Walachei und nach Rad hinterlassen hat. Aberdutzende Tote sind seinetwegen zu beklagen. Sein letztes Opfer ...«

Der Mann, der sich Grigoric nannte, bückte sich, verkrallte die Hand im Haar des am Boden liegenden Dimitru und hob dessen Kopf.

Dimitru reagierte nicht. Wie tot hing er im Griff des Doktors. Durch die durchscheinende Haut, dünn wie Pergament, hätten man die Adern im Gesicht und am Hals sehen müssen. Doch seine Haut war und blieb bleich, und in Kombination mit dem weißen Hemd schien es, als würde man einen Geist ansehen.

Schreckenslaute gingen durch die Reihen der Zuhörer.

Der Doktor beendete seinen Satz. »Sein letztes Opfer ist der bedauernswerte Dimitru hier.«

Er griff der toten Gestalt mit der freien, linken Hand an die Oberlippe und zog diese nach oben.

Zwei Vampirzähne wurden sichtbar.

Noch immer rührte sich der junge Mann nicht.

»Seht her, dies ist das Werk von Bojan Srisrok! Ein Vamyrus, wie ihn Rumänien seit Draculea nicht mehr erlebt hat! Seit ich ihn verfolge, war ich noch nie so dicht an ihm dran! Dieser junge Mann hier«, er schüttelte den Kopf des vermeintlich toten Körpers, »wird in Kürze als Untoter wiedererwachen. Es ist an uns, Bojan Srisrok, dieses Monster, zu finden und ihm seine untote Existenz zu nehmen, bevor es weitere Tote gibt. Dies wird kein einfaches Unterfangen, das gestehe ich ein, doch ich fordere euch auf, Männer von Rad, mir zu helfen! Denkt daran, Srisrok wird nicht aufhören zu töten, und er wird seinen Blutdurst an euren Töchtern, Söhnen und Frauen stillen. Wer also bereit ist, seine Familie mit seinem Leben zu verteidigen, der soll sich mir anschließen. Srisrok hält sich immer noch in der Nähe auf! Heute Nacht kann es gelingen! Heute können wir gemeinsam das Monster stellen und vernichten. Schicken wir den Vampyrus dorthin, wo er hingehört! In die Hölle mit dem Blutsauger!«

Seine Zuhörer wussten nicht, wie sie reagieren sollten, waren hin- und hergerissen zwischen Angst und Respekt vor der Tollkühnheit dieses Mannes.

Nur vereinzelt meldeten sich junge Männer.

»Ich räche den Tod meines Schwagers!«

»Dimitru soll nicht umsonst gestorben sein! Nieder mit der Bestie!«

Den besten Grund, sich Grigoric anzuschließen, lieferte Dimitru selbst, der plötzlich und für alle unerwartet aus seiner Lethargie erwachte.

Der vermeintlich Tote riss plötzlich die Augen auf. Da er am Schopfe noch immer von Grigoric gehalten wurde, zappelte er in dessen Griff und schnappte mit beiden Händen und zu Klauen verkrümmten Fingern immer wieder nach dem Doktor.

Die Gier nach Blut stand in seinen irrblickenden Augen.

Hans Haberer trat aus dem Hintergrund nach vorn, in der Hand ein Kreuz, das er dem Vampir entgegenhielt. Dazu rezitierte er lateinische Verse, die kein Anwesender verstand.

Keiner bis offenbar auf Dimitru, der sich aufbäumte, sich windete und sich wegzudrehen versuchte, doch im Griff Grigorics, der nun mit beiden Händen zupackte, keine Chance hatte, dem sich nähernden Kreuz zu entgehen.

Nun fiel auch Grigoric in die Litanei seines Begleiters ein und bildete mit seinem Assistenten einen melodiösen Sing-Sang, bis sie auf Rumänisch riefen: »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Weiche, Satan, im Angesicht des Kreuzes! In nomine Patris, et Filie, et Spiritus Sancti...«

Gebannt starrte die Menge auf die drei Männer.

Haberer drückte das Kreuz dem unglücklichen Dimitru auf die Stirn. Sein verzweifelter Schrei ging einher mit einem Zischen, das das verschmorte Fleisch abgab.

Die Berührung mit dem Kreuz bedeutete für den jungen Vampir das Ende seiner untoten Existenz. Er verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße in ihnen sichtbar war, hob die Hände, als wolle er den Angriff doch noch abwenden, doch es war zu spät.

Dimitru sackte zuckend in sich zusammen, die Arme fielen nach unten, schwer schoben sich die Lider über die Augen.

Grigoric ließ ihn los, und der Tote fiel auf den Tanzboden.

Der Doktor sah die Menschen um sich herum an, vor allem die jüngeren Männer. Nach und nach wich deren Schrecken einem entschlossenen Blick.

Heute Nacht noch würde der Vampyrus, der es gewagt hatte, sich an einem Mann aus Rad zu vergreifen, vernichtet werden.

Die hastig herbeigesuchten Waffen waren simpel. Dreißig Männer hatte Grigoric motiviert, die ihm nun mit Laternen und Fackeln, Mistgabeln, improvisierten Pfählen aus angespitzten Besenstielen, Weihwasser und Knoblauchzehen folgten.

Neben Grigoric schritt Haberer. Sein Kreuz hing an einer Kette frei vor der Brust.

Der Tross zog querfeldein. Die Tanzstiefel wurden verdreckt mit dem Matsch und dem Schlamm des abgeernteten Ackerbodens.

Haberer hielt an und hob kurz die Hand. Er schien etwas gehört zu haben. Sofort verhielten auch die tapferen Männer von Rad hinter den beiden Führenden.

Ein dunkler Vogel flog wie aus dem Nichts über die Häupter der Männer und rasierte beinahe den dunklen Hut Grigorics. Die Männer zogen erschrocken die Köpfe ein. Der krächzende Schrei eines Rabens hallte durch die Nacht. Dann war es wieder still.

Die Laternen und Fackeln wurden hin und her bewegt und suchten die Umgebung nach dem plötzlich aufgetauchten Vogel ab, doch der schien wie vom Erdboden verschluckt.

»Srisrok«, flüsterte Vladimir Grigoric.

Er und Haberer wussten, dass der Vampir in der Lage war, sich in einen Raben zu verwandeln. In dieser Gestalt war er seinen Verfolgern schon öfter entkommen.

Ein Schatten, in Form und Größe einem Menschen ähnlich, umkreiste die Gruppe, der Luftstrom ließ drei Fackeln verlöschen.

Die Männer wurden unruhig und begannen ängstlich zu murmeln. Grigoric brachte sie mit einer beruhigenden Geste zum Schweigen.

»Zeige dich, Bojan Srisrok!«, rief er dann. »Oder fürchtest du dich vor uns, verfluchte Bestie?«

Im Bruchteil einer Sekunde materialisierte sich der Schatten vor dem Doktor zu einer menschlichen Gestalt. Das weite weiße Hemd ähnelte dem der ländlichen Festbesucher. Dazu trug er eine schwarze Hose. Das dunkle Haar war streng zurückgekämmt.

Ein Lächeln lag auf dem noch jungen Gesicht. Doch auf sein wahres Alter war daraus nicht zu schließen, Srisrok konnte fünfundzwanzig oder zweihundertfünfzig Jahre alt sein. In seiner vampirischen Existenz spielten die Anzahl der Jahre keine Rolle mehr.

»Euch fürchten? Niemals, Grigoric!«

Haberer begann wie schon in der Scheune die alten Verse zu rezitieren, wobei er das Kreuz ausgestreckt vor sich hielt.

Bojan Srisrok jedoch war ein anderes Kaliber als der junge Vampir Dimitru. Binnen eines Lidschlags veränderte der Vampir sein Antlitz zu einer grünlich schimmernden Fratze, fauchte den jungen Österreicher an, packte ihn am Schopf und riss ihn mit sich in eine absolute Dunkelheit, die keine der Fackeln und Laternen zu erhellen vermochte.

Die Männer stürmten mutig hinterher, doch die Mistgabeln und Pfähle stießen ins Leere.

Die undurchdringliche Dunkelheit machte der normalen nächtlichen Finsternis Platz.

Der Herzschlag des Doktors beschleunigte sich. Haberer war nicht nur sein persönlicher Assistent, sondern längst auch sein Freund und engster Vertrauter. Wenn Bojan nicht einmal mehr Respekt vor dem Kreuz in Haberers Hand zeigte, wie war dem Vampir dann noch beizukommen?

Es wurde höchste Zeit, dass der Blutsauger vernichtet wurde, bevor er noch mächtiger wurde.

Grigoric konnte nur hoffen, dass es für Hans Haberer noch nicht zu spät war. Denn sein Assistent war weder zu hören noch zu sehen. Mit Srisrok verschwunden, von einer Sekunde auf die andere, als hätte er nie existiert.

Die Gruppe lief auseinander, doch wohin sie sich auch wendete, der Vampir war nirgends zu entdecken.

Plötzlich stand er wieder direkt vor Grigoric.

Die mutigsten der Männer aus Rad preschten vor und wollten an dem Doktor vorbei, doch dieser hielt sie mit ausgestreckten Armen zurück. Er wollte nicht noch mehr Menschenleben auf sein Gewissen laden.

Drohend reckte die aufgebrachte Horde hinter dem Doktor ihre Waffen in die Höhe und schwenkte die Fackeln in Richtung des Blutsaugers. Dieser blieb unbeeindruckt.

Grigoric und Srisrok starrten sich für endlose Sekunden in die Augen.

Als Vladimir Grigoric sich schon si‍cher war, in dieser Nacht erneut als ge‍demütigter Verlierer vom Platz zu ge‍hen, begann Srisrok plötzlich aufzuheulen. Abgelenkt vom Duell der Blicke mit seinem Widersacher und darauf vertrauend, dass die Horde der Rader Männer sich Grigorics Anweisung nicht widersetzen würde, hatte er nicht auf die Umgebung hinter sich geachtet.

Doch genau von dort hatte sich ein mutiger junger Mann, der Schwager des toten Dimitru, angeschlichen.

Bojans Hände fuhren zu seiner Brust, aus der plötzlich die Spitze eines der improvisierten Pfähle herausragte. Mit einem Schrei auf den Lippen trieb der junge Mann hinter ihm den Holzstiel noch tiefer hinein, sodass der Brustkorb des Vampirs vollständig durchbohrt wurde.

Der Doktor beobachtete erleichtert, wie der Vampir in die Knie brach. Das Antlitz alterte rasant, die dünne Haut eines Greises trocknete aus und bildete Risse, während über seine Lippen eine dünnflüssige rötliche Flüssigkeit rann, die auf seinem Kinn ein spinnennetzartiges Muster bildete.

Die Finger, die noch immer den hölzernen Stiel umschlossen, zogen sich zusammen, das Fleisch bildete sich zurück, und unter der dünnen Haut traten die Fingerknochen deutlich zu Tage.

Bojan Srisrok verging. Gepfählt von einem tapferen Bauern aus Rad.

Binnen einer Minute lag ein vertrockneter Körper vor den Männern. Von dem mächtigen Vampir blieb nichts weiter als eine Mumie zurück.

Einer der Fackelträger wollte den Körper schon in Flammen setzen, doch Grigoric hielt ihn zurück.

»Halt! Der Vampir soll und wird brennen, meine lieben Freunde! Doch zunächst möchte ich sein Gehirn extrahieren und mit in die Universität zu Bukarest nehmen. Vielleicht kann ich erforschen, wie sich der Vampirkeim in seinem Gehirn eingenistet hat und dort den Blutdurst auslöst. Betet, ihr tapferen Männer von Rad, dass diese Forschungen verhindern mögen, dass jemals wieder ein Blutsauger in der Walachei sein Unwesen treibt!«

Dr. Vladimir Grigoric ging in die Knie und zog ein großes Messer aus einer Lederscheide. Fachmännisch löste er mit einem Schnitt die Kopfhaut vom Schädel. Der harte Knochen darunter war schwieriger zu überwinden, doch eine eilends herbeigeholte Säge löste dieses Problem.

Mit beiden Händen und unter dem Gemurmel der Anwesenden zog Grigoric vorsichtig seinen Schatz aus dem geöffneten Schädel.

Wie er richtig vermutet hatte, war das Gehirn des vernichteten Vampirs völlig intakt. In dem toten, vertrockneten Körper schien es das einzige Organ zu sein, das nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war. Weiß und frisch lag es in seinen Händen. Und das völlig ohne einen Blutkreislauf oder Herzschlag!

Die Faszination, die dieses Forschungsobjekt auf ihn hatte, ließ ihn sogar für Sekunden seinen verschwundenen Assistenten vergessen. Doch als die Flammen schließlich über den ausgetrockneten Körper leckten und das Ende von Bojan Srisrok besiegelten, waren seine Gedanken wieder bei seinem treuesten Mitstreiter.

12. Oktober 1850

Bukarest, Universitätsgelände

Medizinische Fakultät

Dr. Vladimir Grigoric hatte das Gehirn von Bojan Srisrok in einem Glasgefäß in Alkohol eingelegt. Für dessen Aufbewahrung hatte er bei einem Schreiner ein passgenaues Kästchen in Auftrag gegeben, das er nun, auf seinem Weg in die unterirdischen Katakomben der Universität, unter dem Arm geklemmt hatte. Noch war es leer.

Grigoric wollte verhindern, dass sein kostbares Forschungsobjekt auch nur einen Funken Sonnenlicht abbekam. Srisrok war zu Zeiten seiner untoten Existenz vor der Sonne gefeit gewesen, doch Grigoric wollte nicht ausprobieren, ob das auch auf ein Relikt seines vernichteten Körpers zutraf.

Das braune Kästchen war kunstvoll gearbeitet und mit einem Vampirgebiss bemalt. Innen war es mit einem Futteral aus schwarzem Samt ausgeschlagen. Es schloss völlig lichtdicht und war mit einem kleinen Haken verriegelt.

Grigoric stieg die ausladenden marmornen Stufen der Treppe hinab und hielt auf die Tür seines spartanisch eingerichteten und behelfsmäßigen Arbeitszimmers zu.