Julia Extra Band 283 - Nicola Marsh - E-Book

Julia Extra Band 283 E-Book

NICOLA MARSH

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Beschreibung

SULTAN MEINES HERZENS von KENDRICK, SHARON
Schon seit Jahren ist Sonya rettungslos in Malik Ak Atyn, den feurigen Herrscher von Kharastan, verliebt. Und als er sie bittet, ihn auf einer Europareise zu begleiten, sagt sie sofort Ja. Sonya weiß: Das ist ihre Chance, den Sultan ihres Herzens zu erobern ...

BLITZHOCHZEIT IN ITALIEN von LAWRENCE, KIM
Traumferien in Italien! Erin und der charmante Francesco verlieben sich auf den ersten Blick! Blitzhochzeit nach fünf Tagen - doch schon kurz darauf das bittere Erwachen. Warum hat Francesco sie belogen, als er ihr erzählte, er sei nur ein einfacher Pferdezüchter?

MIT DIR IM SIEBTEN HIMMEL von MARSH, NICOLA
Seit Darcy Howard die flippige Fleur eingestellt hat, steht sein Leben Kopf. Nightclubs, romantische Picknicks und verrückte Dates - der Workaholic sieht die Welt mit neuen Augen. Fleur muss bei ihm bleiben! Aber wie wird sie auf sein Liebesgeständnis reagieren?

ÜBER DEN DÄCHERN VON LAS VEGAS von LUCAS, JENNIE
In dem weißen Penthouse über den Dächern von Las Vegas könnte Anna so glücklich sein, denn an ihrer Seite ist Nikos Stavrakis, Multimillionär und ihr absoluter Traummann. Doch Anna befürchtet, dass Nikos sie nicht liebt. Hat er sie nur zu sich geholt, weil sie ein gemeinsames Kind haben?

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Seitenzahl: 697

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Jennie Lucas, Sharon Kendrick, Kim Lawrence, Nicola Marsh

Die schönsten Liebesromane der Welt, Band 283

IMPRESSUM

JULIA EXTRA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20350 Hamburg Telefon: 040/347-25852 Fax: 040/347-25991
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Cheflektorat:Ilse BröhlProduktion:Christel Borges, Bettina SchultGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)Vertrieb:asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-27013

© 2007 by Jennie Lucas Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Dorothea Ghasemi

© 2007 by Sharon Kendrick Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Irmgard Sander

© 2007 by Kim Lawrence Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Alexa Christ

© 2005 by Nicola Marsh Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Henriette Banz

Fotos: RJB Photo Library / mauritius images

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 283 - 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Veröffentlicht im ePub Format im 05/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86349-503-9.

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

JENNIE LUCAS

Über den Dächern von Las Vegas

Nikos will sich an Anna rächen. Doch seit sie und sein kleiner Sohn bei ihm leben, erwachen ganz neue Gefühle in ihm. Noch kann er ihr nicht gestehen, was er fühlt – ein folgenschwerer Fehler ...

SHARON KENDRICK

Sultan meines Herzens

Als Scheich Malik in England sein Mündel Sonya wiedersieht, hat er nur den einen Wunsch: Niemand außer ihm soll die schöne junge Frau lieben. Doch wird sie ihm in seinen Palast nach Kharastan folgen?

KIM LAWRENCE

Blitzhochzeit in Italien

Erin sieht nur einen Ausweg: Flucht aus Italien! Tränenüberströmt packt sie ihre Koffer, um nach England zurückzukehren. Aber hat ihr frisch gebackener Ehemann Francesco sie wirklich betrogen?

NICOLA MARSH

Mit dir im siebten Himmel

Darcy Howard trägt schwer an der Verantwortung für seine Familie. Erst als er die lebenslustige Fleur kennenlernt, sieht er, wie schön das Leben sein kann. Doch sie glaubt, dass Welten sie trennen ...

Jennie Lucas

Über den Dächern von Las Vegas

1. KAPITEL

Der dicht fallende Schnee nahm ihr fast die Sicht, als Anna Rostoff ihren klapprigen Wagen in der Dunkelheit vor dem alten russischen Palast parkte. Unterwegs wäre sie zweimal fast von der Straße abgekommen, doch sie hatte die Stadt erreicht und die Lebensmittel und vor allem die fiebersenkenden Zäpfchen für ihr Baby besorgen können.

Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, nahm sie die Tüte vom Beifahrersitz und stieg aus.

Vorsichtig ging sie durch den Schnee und die geschwungene Treppe zu dem zweihundert Jahre alten Gebäude hinauf. Hinter den Fenstern brannte kein Licht, sie mussten Strom sparen, um ihren Lebensunterhalt besser finanzieren zu können. Nur das schwache Mondlicht erhellte den angrenzenden Wald.

Wir werden es schaffen, dachte Anna. Es war April und der Frühling noch in weiter Ferne, aber im Schuppen lag stapelweise Brennholz. Sobald sie Arbeit als Übersetzerin gefunden hätte, würde sie mit ihrer jüngeren Schwester und ihrem vier Monate alten Baby ein ganz neues Leben beginnen können. Nach einigen sehr schweren Monaten schien sich jetzt endlich alles zum Guten zu wenden.

Als sie den Schlüssel ins Schloss stecken wollte, lief ihr ein eisiger Schauer über den Rücken.

Die Haustür stand offen.

Mit angehaltenem Atem betrat Anna die große Eingangshalle, in die der eisige Nordwind die Schneeflocken trieb.

„Natalie?“ Ihre Stimme hallte in dem großen Raum.

Dann hörte Anna einen unterdrückten Schrei.

Sofort ließ sie die Tüte fallen und rannte den Flur entlang zu der Wohnung im hinteren Teil des Gebäudes.

Eine dunkle, breitschultrige Gestalt, die in der Nähe des Kamins stand, hob sich gegen den Kerzenschein ab.

Nikos!

Trotz allem, was passiert war, verspürte Anna für einige Sekunden ein Glücksgefühl. Im nächsten Moment fiel ihr Blick auf die leere Wiege.

„Sie haben das Baby mitgenommen, Anna!“, brachte Natalie schluchzend hervor. Ihre Augen hinter den Brillengläsern waren vor Angst geweitet. Zwei Bodyguards, die im Feuerschein noch bedrohlicher wirkten, standen links und rechts von dem Sessel, in dem Annas Schwester saß, und hinderten sie daran aufzustehen. „Sie sind hier eingedrungen, während ich eingenickt war, und haben ihn einfach aus der Wiege genommen. Ich habe ihn schreien hören und versucht, sie davon abzuhalten …“

Panik überkam Anna. Wo war Mischa? Hatte man ihn womöglich schon außer Landes geschafft? Sie begann am ganzen Körper zu zittern. Ihr Baby. Ihr süßes Baby. Ängstlich und verzweifelt zugleich wandte sie sich an den Unmenschen, den sie einmal geliebt hatte.

Sein Ausdruck war finster. Der Mann, der mit ihr in New York und Las Vegas gefeiert und gelacht, der Ouzo getrunken und griechische Lieder gesungen hatte, wirkte nun eiskalt. Mit dem schwarzen Haar und dem dunklen Teint war Nikos zwar so attraktiv wie früher, dennoch hatte er sich verändert.

Seine Nase, die er sich als Kind bei einer Prügelei gebrochen hatte und seitdem ein wenig schief war, war die einzige Unvollkommenheit in seinem makellosen Gesicht gewesen. Nun erschienen Anna seine Züge sehr hart. Seine Schultern wirkten breiter, seine Arme muskulöser, als hätte er die letzten vier Monate im Boxring verbracht. Selbst im Feuerschein fiel ihr auf, wie kalt seine blauen Augen funkelten.

Früher einmal hatte sie ihn über alles geliebt. Jetzt hasste sie ihn, diesen Mann, der sie hintergangen und dazu gebracht hatte, sich selbst zu verleugnen.

„Hallo, Anna.“ Seine Stimme klang gefährlich.

Anna stürzte auf ihn zu und trommelte mit den Fäusten auf ihn ein. „Was hast du mit meinem Baby gemacht? Wo ist es?“

Energisch packte er ihre Handgelenke. „Das geht dich nichts an.“

„Gib mir mein Kind zurück!“

„Nein.“

Völlig außer sich versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien. Nun, da Anna wusste, was für ein Mensch er war, ließen seine Berührungen sie kalt.

„Mischa!“, schrie sie hilflos.

Nikos verstärkte seinen Griff, während er sie näher an sich zog. „Mein Sohn gehört zu mir.“

Obwohl sie genau diese Antwort erwartet hatte, taumelte Anna, als hätte er sie geschlagen. Als er sie endlich losließ, musste sie sich an dem langen Holztisch festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ihrem Baby zuliebe musste sie stark sein. Irgendeine Möglichkeit würde sie finden, um Mischa zu retten.

Hasserfüllt blitzte sie Nikos an. „Das kannst du nicht machen!“

„Oh doch. Du hast jedes Recht verwirkt, seine Mutter zu sein, als du ihn entführt hast.“

Entsetzt hob sie die Hand an den Mund. Sie wusste, dass er das Geld und die Macht hatte, ihr ihren Sohn für immer zu entziehen. Es war dumm von ihr gewesen, einfach wegzulaufen, und nun war ihr schlimmster Albtraum wahr geworden. Ihr Kind würde ohne sie in Las Vegas aufwachsen, bei einem herzlosen, untreuen Millionär und seiner neuen Geliebten …

„Es tut mir so leid, Anna“, brachte ihre Schwester schluchzend hervor. „Ich habe wirklich versucht, sie aufzuhalten.“

„Schon gut, Natalie“, flüsterte sie. Aber das war es nicht. Nichts würde je wieder gut werden.

Anna zuckte zusammen, als die Tür gegen die Wand knallte und ein dritter Leibwächter aus der Küche hereinkam und ein Tablett auf den Tisch stellte. Nikos ging darauf zu und goss Tee aus dem Samowar in eine blaue Porzellantasse.

„Ich bin schon seit zwei Wochen hier“, sagte sie bitter, während sie beobachtete, wie er trank. „Warum hast du so lange gebraucht?“

Unbeeindruckt blickte er sie an. „Ich habe meine Männer angewiesen, so lange zu warten, bis du und das Kind getrennt seid, damit du keine Dummheiten machst.“

Wie hatte sie nur so gutgläubig sein können? Sie hätte Mischa niemals allein in Natalies Obhut lassen dürfen, um nach St. Petersburg zu fahren. Schließlich hatte er nur erhöhte Temperatur, weil er zahnte.

Nach vier Monaten auf der Flucht war sie davon überzeugt gewesen, dass Nikos den alten Palast ihrer Urgroßmutter nicht überwachen lassen würde. Das immer stärker verfallende und hoch verschuldete Gebäude war der letzte Vermögenswert ihrer Familie. Natalie hatte angefangen, die Wandgemälde zu restaurieren, in der Hoffnung, sie würden so einen Käufer finden. Anna hielt das allerdings für sehr unwahrscheinlich.

Und genauso wenig Sinn hatte es, vor Nikos Stavrakis zu fliehen. Er überragte sie um fünfzehn Zentimeter und war sehr kräftig. Außerdem warteten sicher irgendwo hinter dem Palast noch mehr Leibwächter.

Die Polizei, ging es ihr durch den Kopf, doch sie verwarf den Gedanken gleich wieder. Entweder wäre Nikos längst über alle Berge, wenn ein Beamter eintraf, oder er würde ihn bestechen.

Sie hatte also keine andere Wahl.

„Bitte“, flüsterte sie und fuhr dann lauter fort: „Nimm mir mein Kind nicht weg, Nikos. Es würde mich umbringen.“

Nikos lachte humorlos. „Das nenne ich Glück!“

„Du … du herzloser Mistkerl!“

„Wie bitte?“ Er warf die Tasse ins Feuer. „Herzlos!“, brüllte er.

Anna wich einen Schritt zurück, weil sie plötzlich Angst bekam. „Nikos …!“

„Du hast mich glauben gemacht, dass mein Sohn tot ist! Ich dachte, ihr wärt beide nicht mehr am Leben. Ich bin aus New York zurückgekehrt, und ihr wart verschwunden. Hast du eine Ahnung, wie lange ich auf eine Lösegeldforderung gewartet habe, Anna? Darauf, dass man euch irgendwo ermordet findet? Eine ganze Woche! Erst nach sieben Tagen hast du es für nötig befunden, dich zu melden!“

Nun atmete sie stoßweise und schoss zurück. „Du hast mich hintergangen! Du hast den Tod meines Vaters verschuldet. Hast du etwa geglaubt, ich würde das nicht herausfinden?“

Erstaunt sah er sie an, bevor er die Augen zusammenkniff. „Dein Vater hat für sich entschieden, genau wie du. Ich bringe meinen Sohn dorthin, wo er hingehört.“

„Nein. Bitte.“ Unter Tränen packte sie ihn am Ärmel. „Du kannst ihn nicht mitnehmen. Ich … ich stille ihn noch. Denk daran, was du Mischa antust, wenn du ihn mir wegnimmst. Er hatte immer nur mich …“

Selbst im Schein des Feuers sah sie, wie seine Augen dunkler wurden, und sie bereute ihre Worte sofort. Warum hatte sie ihn daran erinnern müssen, dass sie ihm seinen Sohn entzogen und außerdem ihr Versprechen gebrochen hatte, was den Namen des Kindes betraf?

Nikos lächelte grausam. „Du irrst dich, zoe mou. Ich habe nicht die Absicht, ihn dir wegzunehmen.“

Vor Freude hätte Anna ihn beinah umarmt. „Danke … danke. Ich dachte wirklich …“ Sie verstummte, als er einen Schritt auf sie zumachte.

„Denn dich nehme ich auch mit.“

Eigentlich hätte er triumphieren müssen.

Doch stattdessen war Nikos nur wütend. Vier Monate lang hatte er sich ausgemalt, wie er sich an Anna rächen würde. Nein, wie er Gerechtigkeit walten lassen würde.

Er hatte seinen Sohn mitnehmen und gleich wieder abreisen wollen. Doch seit dem Moment, in dem er sein Kind zum ersten Mal gesehen hatte, empfand er eine nie gekannte Liebe. Niemals würde er zulassen, dass man ihm wehtat.

Vier Monate lang hatte er Anna gehasst. Nun allerdings …

Wenn er ihr schadete, würde er auch seinem Sohn Leid zufügen, er konnte ihn unmöglich von seiner Mutter trennen.

Nikos fluchte leise und fuhr sich mit der Hand nervös durch seine dunklen Locken.

Anna hatte alle Schwangerschaftspfunde verloren und war schlanker als je zuvor. Da sie den abgetragenen Mantel aufgeknöpft hatte, sah er die Rundungen ihrer Brüste unter dem engen Pullover und ihre schmalen Hüften in den Jeans. Ihr Gesicht war sehr schmal, und in den Winkeln ihrer blaugrünen Augen hatten sich feine Sorgenfältchen gebildet. Nichts an ihr erinnerte mehr an die etwas streng wirkende Sekretärin von damals. Das lange schwarze Haar war jetzt nicht hochgesteckt, sondern fiel ihr locker über die Schultern. Sie sah einfach sexy aus.

Anna atmete langsam aus und blickte ihn flehend an. Selbst in diesem Moment war sie die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Ihre perfekten, klassischen Züge, ihre Haltung und ihre Art, sich zu bewegen, verrieten ihre aristokratische Herkunft.

Früher hatte Nikos Stavrakis ihre Kompetenz ebenso wie ihre Anmut und Würde sehr geschätzt, und selbst heute noch vermisste er sie im Büro. Der griechische Multimillionär besaß eine Kette von Luxushotels auf der ganzen Welt, als seine Chefsekretärin hatte Anna für einen reibungslosen Ablauf des Alltagsgeschäfts gesorgt und selbstständig wichtige Entscheidungen für ihn getroffen.

Aus diesem Grund bereute er, überhaupt mit ihr geschlafen zu haben.

Außerdem war er wütend, weil er sich nach wie vor zu ihr hingezogen fühlte.

Mischa. War das eine russische Kurzform für „Michael“? Anna hatte ihm versprochen, ihren Sohn nach seinem Großvater mütterlicherseits zu nennen. Dass sie ihr Wort gebrochen hatte, überraschte ihn allerdings nicht. Sie war unaufrichtig, genauso wie ihr Vater.

„Cooper hat deine Sachen zusammengepackt“, informierte er sie scharf. „Wir fahren.“

„Aber der Schneesturm …“

„Wir haben russische Fahrer und Schneeketten.“

Anna blickte auf die leere Wiege, sah zu Nikos und ließ dann die Schultern sinken. „Du hast gewonnen“, sagte sie leise. „Ich komme mit.“

Natürlich hatte er das. Er erreichte immer sein Ziel, auch wenn er diesmal einen hohen Preis dafür gezahlt hatte. „Gehen wir“, wies er sie an.

Aber als er sich abwandte, fragte sie: „Was ist mit Natalie? Ich kann sie hier nicht allein lassen. Wir müssen sie mitnehmen.“

Nikos wirbelte herum und verzog ungläubig den Mund. „Nein.“

„Auf keinen Fall, Anna!“ Ihre Schwester schob die Brille hoch. „Denk daran, was er unserem Vater angetan hat. Außerdem bin ich zweiundzwanzig und kann für mich selbst sorgen.“

Nun drehte Anna sich zu ihr um. „Du kannst kein Russisch und verstehst nur etwas von Kunst. Mutter hat kein Geld mehr, das sie dir schicken kann, und ich auch nicht. Womit willst du dich über Wasser halten?“

Natalies Augen füllten sich mit Tränen. „Wir könnten zu Vitya fahren. Vielleicht würde er …“

„Nein!“, rief Anna.

Nikos fragte sich, wer dieser Vitya sein mochte. War er womöglich auch ein verarmter Adliger wie ihr Vater? Dieser hatte seine Familie gezwungen, auf Kosten seiner wohlhabenden Freunde zu leben. Später war Alexander Rostoff klar geworden, dass es viel einfacher war, Geld zu unterschlagen.

Aristokraten, dachte Nikos spöttisch. Statt auf seinem luxuriösen Anwesen in Las Vegas, seinem Stadthaus in New York oder seiner Villa auf Santorin zu leben, hatte Anna ihren Sohn gekidnappt und war mit ihm von einer billigen Wohnung in die nächste gezogen.

Befremdet sah Nikos sich in dem kargen Raum um, der hintere Teil des Palastes war umgebaut worden und erinnerte an die für die Sowjetära typischen tristen Behausungen. Der ehemalige Glanz des alten Gebäudes war nur noch zu erahnen.

„Wie konntest du meinen Sohn zwingen, so zu leben?“, erkundigte er sich unvermittelt. „Was für eine Mutter bist du eigentlich?“

Anna zuckte zusammen. „Ich habe mein Bestes gegeben.“

Er stieß einen höhnischen Laut aus. In dem Moment betrat Cooper, sein Sicherheitschef und seine rechte Hand, das Zimmer und nickte ihm zu.

Demonstrativ blickte Nikos auf seine Platinarmbanduhr. „Deine Sachen sind verladen. Kommst du mit, oder sollen wir die Koffer in den Schnee werfen?“

„Natalie muss noch ihre Sachen packen …“

„Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Deine Schwester bleibt hier. Du kannst von Glück reden, dass ich dich mitnehme.“

Daraufhin verschränkte Anna die Arme und hob trotzig das Kinn. Diesen Gesichtsausdruck kannte er nur zu gut. Sie würde sich ihm widersetzen, bis er sie an den Haaren hier herausschleifte.

„Dann lass es.“ Nikos wandte sich zum Gehen und bedeutete seinen Männern, ihm zu folgen. „Du kannst unseren Sohn gern zu Weihnachten besuchen.“

Und genau wie er erwartet hatte, hielt sie ihn am Arm zurück.

„Warte. Ich komme doch mit. Aber ich kann Natalie nicht allein lassen.“

Vergeblich versuchte er, ihre Hand abzuschütteln. Er sah ihr in die Augen, in denen Tränen schimmerten. Doch die Nummer zog bei ihm nicht. Auf diese Weise würde er sich nicht manipulieren lassen.

„Du kannst gehen, Anna. Ich bleibe hier“, bekräftigte Natalie.

Nikos betrachtete sie. Die junge Frau hatte wie eine Furie gekämpft, um ihren Neffen zu schützen. Nun wirkte sie einfach nur verletzlich.

Plötzlich verspürte er einen Anflug von Schuldgefühlen, verdrängte sie allerdings sofort. Wenn die Rostoffs keinen Penny besaßen, war es nicht seine Schuld. Er hatte Anna in den letzten fünf Jahren ein sechsstelliges Gehalt gezahlt, von dem sie ihre Familie ohne Weiteres hätte unterstützen können.

Was hatte sie also mit dem Geld gemacht? Anders als seine neue Sekretärin hatte sie immer bescheiden gelebt und auf Luxusgüter verzichtet.

Annas Schwester sah auch überhaupt nicht wie eine Adelige aus. Sie trug einen ausgebeulten Jogginganzug mit einem Künstlerkittel darüber und stand mit gesenktem Kopf am vereisten Fenster. Traurig betrachtete sie die kaputte Porzellantasse, die er in den Kamin geworfen hatte.

Nikos presste die Lippen zusammen und winkte Cooper zu sich. „Sorgen Sie dafür, dass diese junge Frau mit den nötigen Mitteln unterstützt wird, um entweder hierbleiben oder nach New York zurückkehren zu können.“ Leise fügte er hinzu: „Und beschaffen Sie Ersatz für diese verdammte Tasse.“

Nachdem Cooper genickt hatte, wandte Nikos sich an Anna. „Zufrieden?“

Erneut hob sie das Kinn. „Und woher weiß ich, dass du Wort hältst?“

Diese Frage machte ihn rasend. Er hatte immer sein Wort gehalten. Und trotzdem besaß sie die Frechheit, anzudeuten, dass er nicht vertrauenswürdig war.

In diesem Moment verabscheute er sie so sehr, dass er sie am liebsten zurückgelassen hätte. Doch er riss sich zusammen, er wollte seinem Sohn nicht schaden. Zur Hölle mit ihr!

„Ruf deine Schwester an, wenn wir in Las Vegas sind. Dann kannst du dich vergewissern.“

„Also gut.“ Anna war blass, als sie zu ihrer Schwester ging und sie umarmte. „Du nimmst seine Hilfe doch an, nicht wahr?“

Natalie zögerte kurz, aber dann verhärtete sich ihre Miene. „Na gut. Weil er nur zurückzahlt, was er Vater weggenommen hat.“

Was, zum Teufel, hatte Anna ihr erzählt? Er war immer bemüht, Anna die Wahrheit über ihren Vater zu ersparen. Aber jetzt sollte sie erfahren, was für ein Mensch er gewesen war, und er würde es auskosten, ihr alle Einzelheiten zu offenbaren.

Und nicht nur das, überlegte Nikos, während sie den Palast verließen. Sobald sie in Las Vegas landeten, würde er sie für ihre Vergehen büßen lassen.

2. KAPITEL

Die Fahrt in der Limousine vom Flughafen zu Nikos’ Anwesen, das zwanzig Meilen außerhalb von Las Vegas in der Wüste lag, erschien Anna seltsam unwirklich.

In einer einzigen langen Nacht hatte sie den Winter und die Dunkelheit hinter sich gelassen. Es war allerdings nicht nur das helle Tageslicht, das sie verwirrte. Genauso wenig war es der strahlend blaue Himmel oder die heiße Sonne von Nevada, die ihr beim Aussteigen ins Gesicht schien.

Es war die Tatsache, dass sich nichts geändert hatte. Und doch war alles anders.

„Hallo, Miss“, wurde sie von der Haushälterin begrüßt, als sie die große Eingangshalle betraten.

„Herzlich willkommen“, sagte ein Zimmermädchen und lächelte das Baby in Annas Armen schüchtern an.

Kaum erreichten sie das gigantische Anwesen, wurde Nikos auch schon von seinem Verwalter und zahlreichen Mitarbeitern umringt. Während er mit ihnen vorging, unterzeichnete er Papiere und erteilte Anweisungen.

Auch um ihr Gepäck hatte man sich bereits gekümmert. Anna fragte sich nervös, ob es wohl in sein Schlafzimmer gebracht worden war, hielt ein derartiges Vorgehen jedoch für unwahrscheinlich. Nur während ihrer Schwangerschaft hatte sie dort geschlafen, in heißen Sommernächten nackt in seinen Armen gelegen, ihn gestreichelt und hingebungsvoll geküsst. Damals träumte sie davon, seinen Verlobungsring zu tragen, und war überzeugt davon, dass sie sterben würde, sollte er sie jemals verlassen.

Doch dann hatte sie ihn verlassen.

Denn als er erfuhr, dass sie ein Kind von ihm erwartete, hatte Nikos sie sofort entlassen. Und so war sie von einem Moment auf den anderen nicht mehr seine einflussreiche Assistentin, sondern eine Gefangene in einem goldenen Käfig geworden. Denn obwohl ihre Schwangerschaft ganz normal verlief, zwang er sie förmlich, Bettruhe zu halten.

Auf ihre Stelle setzte er eine sehr attraktive junge Blondine, die sich jedoch nicht als besonders kompetent erwies. Außerdem gab er seinen Angestellten die Anweisung, keine Anrufe von ihrer Mutter oder ihrer Schwester durchzustellen. Während des letzten Drittels ihrer Schwangerschaft weigerte er sich dann, sie anzufassen. Und schließlich ließ er sie allein zu Hause und zog in sein gerade fertiggestelltes Penthouse im L’Hermitage Casinohotel, wo seine Sekretärin Lindsey ihm zur Verfügung stand.

Eigentlich hätte sie ihn spätestens zu diesem Zeitpunkt verlassen sollen. Aber sie tat es erst, als sie die Zeitungen fand, in denen stand, dass Nikos Stavrakis die Textilfirma ihres Vaters ganz bewusst in den Ruin getrieben hatte. Anna ballte die Hände zu Fäusten. Die Trennung war für sie die einzige Möglichkeit gewesen, sich und ihr Kind zu retten.

Aber nun waren sie wieder hier. Als Anna die breite Galerie betrat, auf der zahlreiche alte Porträts hingen, stieg ihr der Duft der Wüstenblumen in die Nase. Im Süden von Nevada dauerte der Frühling manchmal nur einige Wochen. Durch die hohen, geöffneten Fenster wehte eine leichte Brise. Schritte hallten im Flur wider, während sie Nikos und seinen Männern folgte.

Unter ihnen befand sich allerdings auch eine Frau – Lindsey, ihre Nachfolgerin im Büro und in seinem Bett, attraktiv und perfekt gestylt. Anna beobachtete, wie die Blondine sich zu ihm hinüberbeugte und seinen Arm berührte. Es überraschte sie, dass der Anblick ihr so wehtat.

Nikos sah wie immer umwerfend aus. Er hatte im Flugzeug geduscht, sich umgezogen und trug nun ein weißes Hemd, das seine gebräunte Haut hervorragend zur Geltung brachte, sowie eine schwarze Designerhose. Es war nicht nur seine Größe, die ihn von den anderen Männern abhob, sondern die Aura der Macht, die ihn umgab.

Für Anna hatte es nie einen anderen Mann gegeben. Selbst jetzt, während sie ihn betrachtete, krampfte sich ihr Herz zusammen. Es fiel ihr nicht schwer, sich an die fünf Jahre zu erinnern, die sie mit ihm zusammengearbeitet hatte. Trotz seiner Arroganz bewunderte sie ihn. Er wirkte so offen und ehrlich, ganz anders als Viktor, ihr ehemaliger Arbeitgeber. Außerdem unternahm er nie irgendwelche Annäherungsversuche.

Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, etwas wert zu sein. Bis er an jenem Abend vor dreizehn Monaten bei ihr vor der Tür gestanden und sich alles zwischen ihnen geändert hatte.

Nikos muss gespürt haben, dass ihr Blick auf ihm ruhte, denn er drehte sich zu ihr und dem Baby um. Anna erschauerte.

„Er hasst dich.“ Anna sah zu Lindsey auf, die jetzt neben ihr ging und die pinkfarbenen Lippen verzog. Zu einem dunklen Nadelstreifenkostüm mit einem Minirock trug sie Pumps mit unbeschreiblich hohen Absätzen, die ihre endlos langen, gebräunten Beine nur noch mehr betonten.

In ihrer Gegenwart fühlte Anna sich wie eine graue Maus. Sie trug noch das T-Shirt und die Jeans vom Vortag und hatte sich ihren Pullover um die Hüfte geknotet. Das Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Aus Angst, ihr Baby allein zu lassen, hatte sie im Flugzeug nicht einmal geduscht.

Neben dieser Frau fühlte sie sich ziemlich alt und ausgezehrt. Kein Wunder, dass Nikos Lindsey bevorzugte! Der Gedanke schmerzte sie, obwohl sie sich dagegen wehrte.

„Das ist mir egal.“ Nervös spielte Anna mit dem Ehering ihrer Urgroßmutter. Lindsey sollte auf keinen Fall merken, wie verletzlich sie war und was für eine Angst sie davor hatte, dass ihre Nachfolgerin ihr auch Mischa wegnehmen könnte.

Lindsey zog eine perfekt gezupfte Augenbraue hoch. „Du glaubst also tatsächlich, Nikos nimmt dich zurück.“

Anna strich Mischa eine Strähne aus dem Gesicht. „Das will ich gar nicht. Ich bin wegen meines Sohnes hier. Von mir aus kann Nikos in der Hölle verrotten.“

Lindseys Lächeln verursachte Anna eine Gänsehaut. „Wem willst du das weismachen?“ Dann kniff sie die geschminkten Augen zusammen. „Aber Nikos hat kein Interesse mehr an dir. Er hat jetzt mich, und er kann sich nicht beklagen. Wir werden ganz sicher bald heiraten.“

Unwillkürlich blickte Anna auf die linke Hand der Blondine. „Ach, hat er dir noch keinen Antrag gemacht?“

„Nein, aber er …“

„Das wird er auch nie. Er ist kein Mann, der sich bindet.“

Abrupt blieb Lindsey stehen und umfasste Annas Handgelenk. Ihre langen künstlichen Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in ihre Haut.

„Hör mir zu, du kleines Miststück“, sagte sie leise. „Nikos gehört mir. Glaub ja nicht, du kannst mit deinem kleinen Gör zurückkommen und …“

„Na, tauscht ihr Büroklatsch aus?“, ließ sich plötzlich Nikos neben ihr vernehmen.

Lindsey wirbelte herum und errötete. „Wir … Ich …“

Er deutete auf die Wickeltasche, die über Annas Schulter hing. „Die brauche ich.“

„Was? Wofür?“, fragte Anna stockend. Die Tasche war für sie unentbehrlich, sie hatte sie seit Mischas Geburt immer dabei. Sie enthielt nicht nur Windeln, Feuchttücher und Verpflegung, sondern auch ihre gesamten Dokumente.

„Für meinen Sohn.“ Als er ihr die Tasche abnahm und dabei ihre Schulter berührte, durchzuckte es Anna heiß, und ihr Herz setzte einen Schlag aus.

Dann realisierte sie, dass er ihr Mischa wegnahm und ihn ebenso wie die Tasche Lindsey reichte.

„Nein!“, rief sie. „Nicht sie!“

Durchdringend sah er sie an. „Na los, gib mir einen Grund, dich aus meinem Haus zu werfen.“

Als sie nichts erwiderte, wandte er sich an Lindsey. „Bring meinen Sohn ins Kinderzimmer. Ich komme gleich nach.“

Die Sekretärin warf Anna einen triumphierenden Blick zu. „Aber gern.“

Anna beobachtete, wie die Blondine mit ihrem Sohn in Richtung Kinderzimmer ging, und überlegte, ob Nikos die von ihr mit viel Liebe ausgesuchten antiken Möbel entsorgt hatte und Natalies Wandbilder hat übermalen lassen. Wahrscheinlich war Lindsey von ihm beauftragt worden, das Zimmer neu zu gestalten und Möbel aus dem Katalog zu bestellen, dachte sie traurig.

Auf der Flucht zu sein war schlimm genug gewesen, doch das hier war noch schrecklicher, denn alles erinnerte sie an früher.

Nikos betrachtete sie forschend. „Du magst Lindsey nicht, stimmt’s?“

„Nein.“

„Warum nicht?“

„Das habe ich dir doch gesagt. Nachdem du mich gefeuert hattest, haben mich Geschäftsführer und Lieferanten angerufen und sich über ihre arrogante Art und ihre Unzuverlässigkeit beklagt.“

Nicos presste die Lippen zusammen. „Aber du sagtest, die Beschwerden hätten irgendwann aufgehört.“

„Ja“, konterte Anna. „Als du deine Angestellten angewiesen hast, keine Anrufe mehr zu mir durchzustellen – nicht einmal die meiner Mutter und meiner Schwester.“

„Das war nur zu deinem Besten. Ich wollte jede Art von Stress von dir fernhalten.“

„Die beiden haben mich gebraucht. Mein Vater war gerade gestorben!“

„Sie müssen lernen, ihre Probleme selbst zu lösen, statt immer zu dir zu laufen. Du hattest eine eigene Familie, um die du dich kümmern musstest.“

Anna straffte die Schultern. Sie wollte mit ihm nicht mehr über dieses Thema diskutieren. „Und wie löst Lindsey jetzt deine Probleme? Ist sie inzwischen zuverlässiger?“

„Du scheinst dir ihretwegen ja große Sorgen zu machen.“

Noch immer unter dem Eindruck seiner Berührung und ohne ihren Sohn im Arm, merkte Anna, wie ihre Selbstbeherrschung schwand. Sie war furchtbar müde, während der letzten Monate hatte sie immer schlecht geschlafen.

Wenn sie ehrlich war, hatte sie keine ruhige Nacht mehr verbracht, seit Nikos sie zurückgewiesen hatte.

„Ich halte sie für oberflächlich und boshaft“, erwiderte Anna. „Sie ist die letzte Person, der ich Mischa anvertrauen würde. Dass sie das Bett mit dir teilt, heißt noch lange nicht, dass sie auch ein guter Babysitter ist.“

Ironisch zog Nikos eine Augenbraue hoch. „Ach nein? Aber genau deswegen kümmerst du dich jetzt um meinen Sohn … weil du mit mir das Bett geteilt hast.“

Einen Moment lang sahen sie sich in die Augen. Prompt wurde ihr Körper von Hitzewellen durchflutet, kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Haut. Es schien ihr, als hätte Nikos sie berührt. Als hätte er von ihren Lippen Besitz ergriffen, ihre nackte Haut gestreichelt und sich an sie gepresst.

Nur ein Blick von ihm reichte aus, und das Atmen fiel ihr schwer.

Dann sah er weg. „Und wie immer ziehst du die falschen Schlüsse. Lindsey ist meine Sekretärin, mehr nicht.“

Das war sie auch einmal gewesen. „Ja.“

„Und sie ist wenigstens loyal. Im Gegensatz zu dir.“

„Ich habe nie …“

„Was? Nie einen Leibwächter hereingelegt, indem du die Arztpraxis durch den Hinterausgang verlassen hast? Mir nie versprochen, meinen Sohn nach mir zu nennen? Ich habe alles für dich getan, Anna. Du hättest nie wieder arbeiten oder Sorgen haben müssen. Ich habe nur von dir erwartet, dass du dich mir und unserem Baby gegenüber loyal verhältst. War das etwa zu viel verlangt?“

Anna wurde unbehaglich unter seinem Blick. Sie spürte förmlich die Macht, die er ausstrahlte.

Ihre Wangen brannten. Am Tag von Mischas Geburt, als sie in einem tristen Krankenhaus in Minneapolis von lauter Fremden umgeben war, hatte sie an ihren Urgroßvater Michael Ivanowitsch Rostoff gedacht. Er war als Prinz zur Welt gekommen, hatte Russland aber als Kind verlassen und in einem fremden Land ein neues Leben begonnen.

Nikos hatte recht. Sie hatte ihr Versprechen gebrochen. „Es … tut mir leid.“

Es war offensichtlich, dass er sich nur mühsam beherrschen konnte. „Es tut dir leid?“

„Das … mit dem Namen.“

Bedrohlich näherte er sich ihr. „Nur das?“

Erschrocken wich Anna zurück und stieß dabei gegen die Wand. „Hast du mich je geliebt?“, flüsterte sie.

Nikos umfasste ihre Handgelenke und drückte sie an die Wand. „Das fragst du mich jetzt?“, stieß er hervor, wandte jedoch den Kopf, als ein Geräusch im Flur zu hören war.

Drei Hausmädchen waren mit ihrer Bettwäsche auf den Armen wie versteinert stehen geblieben und betrachteten sie so schockiert, als hätten Anna und Nikos gerade heißen Sex. Tatsächlich hatten sie sich früher oft in der Öffentlichkeit geliebt, aber nie wurden sie dabei erwischt.

Als Nikos eine Augenbraue hochzog, gingen die Angestellten schnell weiter.

Dann schob er Anna ins nächste Zimmer und schloss die schwere Eichentür hinter ihnen. Es handelte sich um die Bibliothek, einen großen, mit hohen Regalen gesäumten Raum, dessen Decke mit Fresken verziert war.

In seinen dunklen Augen brannte ein seltsames Feuer. „Du willst wirklich wissen, ob ich dich geliebt habe?“

Ängstlich schüttelte sie den Kopf und wünschte, sie hätte ihre Frage zurücknehmen können. „Nein, es spielt überhaupt keine Rolle.“

„Doch. Für dich.“

„Vergiss es.“ Verzweifelt überlegte sie, wie sie das Thema wechseln konnte, aber er blieb hartnäckig.

„Nein, ich habe dich nie geliebt, Anna. Niemals. Wie auch? Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich keiner Frau auf dieser Welt treu sein kann. Auch dir nicht, selbst wenn du es wert gewesen wärst, was du ja offensichtlich nicht bist.“

Schmerz durchzuckte sie, doch sie hob das Kinn und konterte: „Ich war dir gegenüber loyal und habe gelebt wie deine Gefangene. Du hast mich gefeuert, obwohl ich meine Arbeit geliebt habe. Schon als du Lindsey eingestellt hast, hätte ich dich verlassen sollen. Aber erst als ich gesehen habe, was du meinem Vater angetan hast …“

Nikos lachte schroff. „Was haben die Papiere, die du gefunden hast, bewiesen? Dass ich mein Geld aus dem Unternehmen deines Vaters abgezogen habe?“

„Ja. Er war gerade wieder mit seiner Firma auf die Beine gekommen, aber als er zusätzliches Geld brauchte, um eine neue Fabrik in China zu eröffnen …“

„Ich habe es getan, weil ich herausgefunden habe, dass dein Vater meine Investition von mehreren Millionen Dollar unterschlagen hatte. Es gab keine neue Fabrik, Anna. In New York wurden die meisten Arbeiter von ihm entlassen, sodass Rostoff Textiles praktisch nicht mehr existierte. Autos und Häuser hatte er mit meinem Geld gekauft und seine Spielschulden bei Viktor Sinistyn beglichen.“

„Nein, das kann nicht wahr sein.“ Ihr Herz zog sich zusammen. Doch noch während Anna sprach, erinnerte sie sich daran, wie ihr Vater damals plötzlich zu Geld gekommen war. Er hatte sie nicht mehr gedrängt, Viktor zu heiraten, für sich einen Ferrari und für ihre Mutter Diamanten sowie den alten Palast in Russland zurückgekauft – nur um allen zu zeigen, dass die Rostoffs immer noch etwas Besseres waren.

„Ich habe ihn noch nicht einmal angezeigt, und dir habe ich es nicht erzählt“, fuhr Nikos fort, „weil ich dich schützen wollte. Ich habe seine Dispokredite gestrichen und den Banken gesagt, dass ich die Verantwortung abgebe. Wenn er mich um das Geld gebeten hätte, dann hätte ich es ihm dir zuliebe gegeben. Aber er hat es mir gestohlen, und dem musste ich einen Riegel vorschieben.“

Anna wandte sich ab und blickte starr auf den alten Globus. Gedankenverloren drehte sie ihn und ließ den Finger in der Nähe von St. Petersburg ruhen. Sie wünschte von Herzen, sie wäre noch dort, in dem dunklen kalten Palast.

„Deshalb hat er Bankrott gemacht. Und danach ist er gestorben, weil er mit der Schande nicht leben konnte.“ Um die Tränen zurückzuhalten, schloss sie die Augen.

„Er war schwach. Und ein Feigling, weil er seine Familie zurückgelassen hat.“ Nikos legte ihr die Hand auf die Schulter und strich ihr das Haar zurück. „Ich bin es leid, dich zu schonen. Du hast mich auch bestohlen. Genau wie er.“

Bei seiner Berührung hatte sie zu beben begonnen, sie konnte es nicht verhindern. Anna ballte die Hände zu Fäusten, um nicht weinen zu müssen.

„Ich hasse dich“, flüsterte sie.

„Gut. Ich dich auch.“

„Lass mich los.“

Nun drückte er sie gegen ein Regal und ließ dabei die Hand über ihren bloßen Arm gleiten. „Du hast dich entschieden, mit mir zu kommen. Dachtest du etwa, das würde dich nichts kosten?“

Verzweifelt musste Anna sich eingestehen, dass sie sich selbst jetzt noch nach Nikos sehnte. Sie wollte die Hände über seinen Rücken gleiten lassen, seine Muskeln und seine warme Haut spüren. Sie wollte in sein Haar fassen und seinen Kopf zu sich herunterziehen, um ihn zu küssen.

Was war nur in sie gefahren? Nur mit Mühe gelang es ihr, sich zusammenzureißen und sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen. „Du bist kein mittelalterlicher Kriegsherr. Du kannst mich nicht in einen Kerker werfen und foltern.“

Sanft strich er ihr mit dem Handrücken über die Wange. „Wir haben hier kein Verlies. Aber ich könnte dich in meinem Schlafzimmer gefangen halten. Jede Nacht. Und du würdest nicht fliehen“, fügte er hinzu, die Lippen an ihrem Ohr.

Anna erschauerte heftig und atmete tief ein, woraufhin er selbstgefällig lächelte.

„Würdest du gern wieder mit mir in einem Bett schlafen, Anna?“, flüsterte er. „Oder müsste ich dich ans Bett fesseln, damit du dich daran erinnerst, wie es mal zwischen uns war?“

Sie spürte seine Nähe und die Macht, die er auf sie ausübte, und versuchte dagegen anzukämpfen.

„Ich will dich nicht“, stieß sie hervor, schmiegte sich dabei allerdings unwillkürlich an ihn.

„Das werden wir ja sehen.“ Nikos beugte sich vor und neigte den Kopf. Sofort schloss sie die Augen und fuhr sich kurz mit der Zungenspitze über ihre Lippen.

Sein Atem fächelte einen sanften Lufthauch über ihre Haut. Sein maskuliner Duft stieg ihr in die Nase und entfachte in ihr noch größeres Verlangen. Doch Nikos hatte es nicht eilig. Ganz langsam beugte er sich zu ihr herunter, und als er endlich die Lippen auf ihre presste, wurde ihr schwindelig.

Wider Erwarten war sein Kuss sehr zärtlich, genau wie beim ersten Mal, damals an jenem Abend, als Nikos unerwartet bei ihr aufgetaucht war, außer sich vor Kummer und völlig durcheinander …

Nun begann er ein erotisches Spiel mit der Zunge und schob dabei die Hand in ihr Haar. Anna drängte sich ihm entgegen, während sie seine Zärtlichkeiten immer leidenschaftlicher erwiderte.

Dann löste er die Lippen von ihren, um ihren Hals zu küssen und dabei leise Koseworte auf Griechisch zu flüstern. Lustvoll seufzte sie auf. Als er sie daraufhin unvermittelt losließ, blinzelte sie benommen.

„Du hasst mich so sehr, dass du meinen Sohn entführt hast“, erklärte er kühl. „Und dann küsst du mich so.“

Nicos wich einen Schritt zurück, als würde sie ihn anwidern. Wieder einmal ließ er sie abblitzen. Vor Scham wurde ihr ganz heiß, als Anna klar wurde, dass sein Kuss nur dazu gedient hatte, ihren Widerstand zu brechen.

Sie atmete tief durch. „Du hast mich überrascht, das ist alles. Es hat nichts bedeutet.“

„Mir hat es nichts bedeutet. Aber dir …“ Seine dunklen Augen funkelten spöttisch. „Du gehörst mir, Anna, und zwar in jeder Hinsicht. Das solltest du endlich begreifen.“

Erneut ballte sie die Hände zu Fäusten. „Das tue ich nicht. Du kannst niemanden besitzen.“

Nikos wich noch einige Schritte zurück. Da die Sonne, die durch die hohen Fenster fiel, sie blendete, musste Anna die Augen zusammenkneifen. Doch sie konnte noch so viel sehen, um zu erkennen, dass ein grausamer Zug seine Lippen umspielte.

„Du gehörst mir. Und du wirst dafür bezahlen, dass du mich verraten hast.“

Ganz offensichtlich meinte er es ernst. Und sie wusste, wie er sich an ihr rächen würde – indem er ihren Willen und ihr Herz brach. Indem er ihr Verlangen weckte und ihr im Bett ungeahnte Freuden bereitete, bis er ihre Seele zerstörte.

Unwillkürlich schluchzte sie auf.

„Genieß die Zeit mit deinem Sohn“, sagte er und ging zur Tür. Bevor er den Raum verließ, fügte er grimmig hinzu: „Weil du in den restlichen Stunden mir gehörst.“

Rache.

Als Nikos zum Ostflügel des Hauses ging, lächelte er grimmig, während er sich daran erinnerte, wie Anna in seinen Armen dahingeschmolzen war. Sie war wie Wachs in seinen Händen. Der Kuss hatte ihm alles gesagt, was er wissen musste.

Sie begehrte ihn immer noch.

Er bedeutete ihr noch etwas.

Das war ihr wunder Punkt.

Anna leiden zu lassen, würde nun viel leichter sein, als er es sich je erträumt hätte. Einen ersten Schritt war er bereits gegangen, indem er ihr endlich die Wahrheit über ihren Vater offenbart hatte. Sie wollte nicht, dass er sie beschützte? Das war ihm nur recht, weil er es ohnehin satthatte.

Er würde zusehen, wie sie sich hilflos unter ihm wand und keuchte. Jeden Tag würde er den Schmerz in ihren Augen registrieren, wenn er ihre Gefühle mit Füßen trat. Vielleicht würde sie dann irgendwann verstehen, was sie ihm angetan hatte, als sie ihm seinen Sohn wegnahm.

Nur sein Kind war ihm jetzt wichtig. Er war der Einzige, der seinen Schutz brauchte … und seine Liebe.

„Ich habe im Kinderzimmer auf dich gewartet“, hörte er Lindsey am anderen Ende des Flurs sagen. „Als du nicht gekommen bist, habe ich ihn dem Kindermädchen gegeben.“

Nikos drehte sich um und sah seine Sekretärin in lasziver Pose an der Wand lehnen. „Ich wurde aufgehalten“, erklärte er kurz angebunden.

„Ist schon gut.“ Sie ließ die Hand unterhalb ihres Minirocks über den gebräunten Schenkel gleiten und lächelte dabei. „Es ist besser, wenn du allein bist.“

Er stöhnte innerlich, denn er war nicht in Stimmung für einen weiteren ihrer plumpen Annäherungsversuche.

„Ich gebe dir den restlichen Vormittag frei“, sagte er. „Die Verhandlungen über dieses Angebot für Singapur können warten.“

„Nicht deswegen wollte ich zu dir.“

Nein, natürlich nicht. Anders als Anna, die ihren Job sehr ernst genommen hatte, wäre Lindsey an einem freien Tag nie geblieben. Eigentlich hätte er sie längst feuern müssen, doch damit hätte er praktisch zugegeben, dass es ein Fehler gewesen war, sie einzustellen.

„Was willst du, Lindsey?“, erkundigte Nikos sich entnervt.

Mit den langen, perfekt manikürten Fingernägeln spielte sie aufreizend an ihrem Rocksaum. „Die Frage ist, was du willst, Nikos.“

So deutlich war sie noch nie geworden.

Früher wäre er vielleicht darauf eingegangen und hätte seinen Schmerz mit Sex betäubt. Die Geschichte mit Anna hatte ihm allerdings gezeigt, welche Folgen das haben konnte.

„Fahr einfach zum Casino, und warte im Büro auf meinen Anruf“, sagte er knapp, während er an Lindsey vorbeiging.

Nikos fand seinen Sohn im Kinderzimmer auf dem Arm des neuen Kindermädchens. Er hatte die grauhaarige Schottin, die vorher im Dienst eines Earls gestanden und dessen Sohn großgezogen hatte, für ein fürstliches Gehalt eingestellt. Für Mischa wollte er nur das Beste. „Guten Morgen, Mrs. Burbridge.“

„Guten Morgen, Sir.“ Lächelnd hielt sie ihm das Baby entgegen. „Möchten Sie Ihren Sohn nehmen?“

„Natürlich.“ Doch während er sein Kind betrachtete, war Nikos plötzlich verunsichert, noch nie hatte er ein Baby in seinen Armen gehalten.

Nervös nahm er Mischa dem Kindermädchen ab und hielt ihn etwas ungeschickt auf dem Arm.

„Nein, Mr. Stavrakis. Sie müssen ihn so halten.“ Geduldig machte sie es ihm vor.

Nikos bemühte sich, aber es gelang ihm nicht. Prompt verzog Mischa das Gesicht und fing an zu weinen, woraufhin Nikos der kalte Schweiß ausbrach.

„Anscheinend mache ich etwas falsch.“

„Nehmen Sie es nicht persönlich, Sir“, tröstete Mrs. Burbridge ihn mit ihrem typischen schottischen Tonfall. „Der Kleine ist nur müde und hungrig. Ist seine Mum in der Nähe? Oder soll ich ihm ein Fläschchen machen?“

Doch Nikos konnte sie kaum verstehen, weil sein Sohn so laut schrie. Er fühlte sich hilflos. Nutzlos. Wie ein schlechter Vater.

„Er … Ich komme wieder, wenn er ausgeschlafen hat.“ Schnell drückte er ihr den Kleinen in die Arme und wandte sich zum Gehen.

In dem Moment sah er Anna auf der Schwelle stehen. Sie wirkte erstaunt.

„Du hast hier gar nichts verändert“, sagte sie verblüfft. Dann nahm sie Mischa Mrs. Burbridge ab, drückte ihn an sich, und sofort hörte er auf zu weinen. „Ich war mir sicher, dass Lindsey alles neu einrichten würde.“

„Warum hätte ich das zulassen sollen?“, meinte Nikos unbehaglich. „Es wäre die reinste Zeitverschwendung.“

Tatsächlich hatte er dieses Zimmer, das mit den Wandbildern und den blauen Kissen auf der Fensterbank so liebevoll dekoriert war, einmal geliebt. Es hatte Anna so viel Spaß gemacht, es einzurichten.

Seit jenem schrecklichen Tag, an dem Cooper ihm mitteilte, dass Anna verschwunden wäre, hatte er es nicht mehr betreten. Als einer der Polizisten ihn fragte, ob es möglich sei, dass sie ihn verlassen habe, hätte er ihm beinah einen Kinnhaken verpasst. Er wusste, dass er ihr trotz der Auseinandersetzungen wegen ihres Jobs und ihrer Familie vertrauen konnte. Nie zuvor hatte er einem Menschen mehr vertraut.

Und sie hatte ihn der Lächerlichkeit preisgegeben.

„Dann sind Sie also Mischas Mum. Ich bin Mrs. Burbridge, das neue Kindermädchen. Freut mich, Sie kennenzulernen, Mrs. Stavrakis.“

„Ich bin nicht Mrs. Stav… Ein Kindermädchen?“ Überrascht blickte Anna Nikos an. „Ist das wirklich nötig? Ich kümmere mich doch um Mischa.“

Starr betrachtete er das Baby. Noch immer konnte er sich nicht an den Namen gewöhnen. Aber er konnte ihn auch nicht mehr ändern. Dafür war es zu spät. Wie für viele andere Dinge auch.

Sein eigener Sohn kannte ihn nicht. Nikos ballte die Hände zu Fäusten.

„Es tut mir sehr leid, Mrs. Burbridge, aber wir brauchen Sie nicht …“

„Mrs. Burbridge bleibt“, unterbrach er Anna und funkelte sie wütend an. „Schließlich weiß ich nicht, wie lange du hier sein wirst.“

„Was soll das heißen?“, fragte sie. „Ich bleibe hier, bis Mischa groß ist. Es sei denn, ich würde das gemeinsame Sorgerecht mit dir teilen.“

Nikos ließ sich seine Wut über diesen Vorschlag nicht anmerken und rang sich ein Lächeln ab. „Du bist hier, solange ich es wünsche und dein Sohn dich braucht. Sobald das nicht mehr der Fall ist, verlässt du dieses Anwesen. Vielleicht in einigen Monaten, wenn du ihn nicht mehr stillst?“

Zufrieden beobachtete er, wie sie aschfahl wurde.

Auch Mrs. Burbridge wurde es sehr unbehaglich zumute. „Ich … Sie beide haben offenbar einiges zu besprechen. Ich mache jetzt meine Teepause, wenn Sie nichts dagegen haben.“

Nikos nahm kaum wahr, wie sie das Zimmer verließ.

„Du kannst von Glück reden, dass du nicht im Gefängnis sitzt. Am liebsten würde ich dich meinen Anwälten übergeben.“

Trotzig hob Anna das Kinn. „Und warum tust du es nicht?“

„Weil mein Sohn dich braucht. Noch.“ Er ging auf sie zu.

„Du kannst uns beide nicht trennen!“

„Ach nein?“ Nikos stieß einen ungläubigen Laut aus. „Du und deine adlige Familie denkt offenbar, alles würde sich nur um euch drehen. Die anderen sind euch völlig egal.“

„Das stimmt nicht!“

„Du übst einen schlechten Einfluss auf meinen Sohn aus, denn du bist eine Diebin und die Tochter eines Diebs. Deine Familie hat immer auf Kosten anderer gelebt. Dein Vater war ein egoistischer, unreifer Mistkerl, der immer nur an sich gedacht hat …“

Er verstummte, als ihm klar wurde, dass es nicht mehr Annas Vater war, von dem er sprach.

Anna warf ihm einen wissenden Blick zu, der ihn veranlasste, die Lippen zusammenzupressen. Sie wusste einfach zu viel. Seit jener Nacht, in der sie Michael gezeugt hatten und er so dumm gewesen war, sich ihr anzuvertrauen, kannte sie seine Geheimnisse. Und dafür hasste er sie.

Als er im Vorjahr die Wahrheit über seinen Vater erfuhr, war er zu seiner Sekretärin gefahren, in der Hoffnung, dass sie auch diesmal eine Lösung fand – wie für so viele Dinge in seinem Leben. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, in ihrem Bett zu landen. Anna war ihm sowohl als seine Mitarbeiterin wie auch als Mensch viel zu kostbar, um ihre Verbindung durch eine Affäre zu gefährden. Aber er sehnte sich nach Trost und verlor die Kontrolle über sich. Und seit dieser gemeinsam verbrachten Nacht fand er keine Ruhe mehr.

Sein Sohn begann wieder zu weinen.

Anna drückte ihn an sich. „Du hast Hunger, nicht wahr?“ Zögernd blickte sie zu Nikos auf und biss sich auf die Lippe. „Ich muss ihn stillen. Stört es dich?“

Nikos setzte sich auf das blaue Sofa und tat so, als würde er es sich bequem machen. „Nein, überhaupt nicht.“ Er deutete auf den Schaukelstuhl, der in der Nähe stand.

Erstaunt sah sie ihn an. „Du hast offenbar den Verstand verloren, wenn du glaubst, ich würde Mischa in deinem Beisein stillen.“

„Hast du etwa Angst?“, fragte er mit hochgezogenen Brauen. „Dazu hast du keinen Grund. Ich kenne jeden Zentimeter deines Körpers.“

Das stimmte nicht ganz. Mit dem locker gebundenen Pferdeschwanz und den herausgerutschten Strähnen, die ihr helles Gesicht umrahmten, erinnerte sie ihn kaum noch an die strenge, zugeknöpfte Sekretärin von damals. Obwohl sie ein weites T-Shirt trug, sah er, dass ihre Brüste jetzt größer waren. Schon vorher waren sie perfekt gewesen. Er wusste noch, wie er sie liebkost und die Knospen mit der Zunge gereizt hatte, bis Anna stöhnte und sich unter ihm wand …

Plötzlich merkte Nikos, dass er sehr erregt war.

Eigentlich wollte er Anna quälen und nicht sich selbst. Er riss sich zusammen. Natürlich begehrte er sie nicht.

„Okay, bleib hier. Mir ist es egal“, sagte sie, aber ihr angespannter Gesichtsausdruck strafte ihre Worte Lügen. Mit der freien Hand hob sie die Wickeltasche hoch und stellte sie neben den Schaukelstuhl. Dann nahm sie einige Sachen heraus, bevor sie eine Babydecke fand. Eine kleine Schachtel fiel heraus. Er hob sie auf. Die Schrift darauf war Kyrillisch.

„Was ist das?“

„Ein Schmerzmittel für Babys“, erwiderte Anna. „Er zahnt gerade.“

„In seinem Alter?“

„Es ist noch etwas früh, aber nicht ungewöhnlich.“ Nachdem sie die Decke ein wenig unbeholfen über den Kleinen und ihre Brüste gelegt hatte, zog sie das T-Shirt hoch. Sofort hörte das Baby auf zu schreien und begann zu trinken.

Zu seinem Leidwesen stellte Nikos fest, dass sie selbst stillend sehr erotisch wirkte. Er schluckte, während er sich daran erinnerte, wie sie gebebt hatte, als er sie in der Bibliothek küsste. Und wie sie in seinen Armen dahingeschmolzen war, als er sie an sich presste.

Und davor. Nachdem er erfahren hatte, dass Anna schwanger war, war er ihr kaum von der Seite gewichen. Sie hatten sich an allen möglichen Orten leidenschaftlich geliebt – in der Küche, im Besprechungsraum, an einem regnerischen Tag an der Wand im Hof. Und in seinem Hubschrauber, als er ihr den Grand Canyon zeigen wollte. Sie waren überhaupt nicht gestartet. Bei der Erinnerung an ihre ungestümen Begegnungen überlief ihn selbst jetzt noch ein heißes Prickeln.

Als Anna ihn nun anblickte, wirkten ihre blauen Augen kühl und distanziert. Ich bin zu gut für dich, schienen sie zu sagen. Ihr adliger Stammbaum reichte bis ins erste Jahrtausend zurück. Als Urenkelin einer russischen Prinzessin vereinte sie Heißblütigkeit und Kälte in sich. Noch nie war er einer Frau wie ihr begegnet.

Während Nikos sie betrachtete, traf er eine Entscheidung.

Sie hatte es verdient zu leiden.

Aber es gab keinen Grund, warum auch er es schwer haben sollte.

Noch an diesem Abend würde er mit ihr schlafen.

3. KAPITEL

Anna spürte, wie sie errötete, als Nikos sie beim Stillen beobachtete. Sie zog die Babydecke ein wenig höher, um sicherzugehen, dass ihre Brust bedeckt war, fühlte sich aber trotzdem nackt.

Seltsam, dass sie früher einmal von einem solchen Moment geträumt hatte – wie sie ihr gemeinsames Baby in der wunderschönen Kindersuite in Nikos’ Beisein stillte. Sie hatte davon geträumt, dass Nikos sie lieben, ihr treu sein und ihr eines Tages einen Heiratsantrag machen würde.

Nun war es nur noch ein schales Gefühl.

Vielleicht war es nicht Nikos’ Absicht gewesen, ihren Vater zu ruinieren, doch er hatte ihr nie erzählt, inwieweit er an dessen Unternehmen beteiligt war. Wäre sie über alles informiert gewesen, hätte sie vielleicht einen Weg gefunden, ihren Vater vor sich selbst zu schützen und ihm zu helfen, nachdem er Bankrott anmelden musste. Aber Nikos hatte sie vor allem abgeschirmt, als wäre sie ein unmündiges Kind. Es schien ihr, als wäre ihm von dem Moment an, als sie schwanger geworden war, jegliches Vertrauen in sie und seine Mitmenschen verloren gegangen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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