Jungpferdeausbildung mit System - Katharina Möller - E-Book

Jungpferdeausbildung mit System E-Book

Katharina Möller

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Beschreibung

In diesem Buch erfährt der Freizeitreiter, wie er ein noch junges, rohes Pferd optimal hält, was bei der Grunderziehung, der Gewöhnung an Ausrüstungsgegenstände, dem Anlongieren und weiteren wichtigen Ausbildungsschritten zu beachten ist und ob und wie er sein Jungpferd selbst anreiten kann bzw. wann professionelle Unterstützung ratsam ist. Die erfahrene Jungpferdeausbilderin Katharina Möller stützt sich dabei sowohl auf Erkenntnisse der die Jahrhunderten von großen Reitmeistern geprägten klassischen Reitweise als auch auf die modere Lernpsychologie. Am Beispiel zweier junger Pferde und ihrer Besitzer werden all diese Ausbildungsschritte praxisnah erläutert, wobei immer im Vordergrund steht, dass die Persönlichkeit der Pferdes erhalten bleibt. Die systematische Schulung erlaubt die möglichst stressfreie Arbeit mit dem jungen Pferd, denn das Konzept der Autorin basiert auf "Lernen am Erfolg" und führt zur freiwilligen und freudigen Mitarbeit des Pferdes.

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Seitenzahl: 164

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(Foto: Mader)

Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

IMPRESSUM

Copyright © 2015 by Cadmos Verlag, Schwarzenbek

Titelgestaltung und Layout: ravenstein2.de

Gestaltung und Satz: Pinkhouse Design, 1140 Wien

Titelbild: Maresa Mader

Fotos: Ilona Kirsch, Maresa Mader, Katharina Möller, Rebecca Schnelle

Grafikerstellung: Pinkhouse Design, 1140 Wien

Lektorat der Originalausgabe: Maren Müller

Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN: 978-3-8404-6372-3

INHALT

(Foto: Mader)

Danke!

Das rohe Pferd: ein unbeschriebenes Blatt

Überlegungen zum Kauf: Jungpferd oder Reitpferd?

Die Faktoren Zeit, Kosten und Mühe

Das Aufwachsen begleiten, gemeinsam bei Null beginnen?

Welcher Stall für mein Jungpferd?

Einzug ins neue Zuhause

In Kontakt kommen: gegenseitiges Kennenlernen, alltäglicher Umgang

Gemeinsam Zeit verbringen, Anfassen

Was „müssen“ wir „arbeiten“?

Aufhalftern, Führen, Stall und Weide verlassen

Hufe heben, Hufe bearbeiten

Besuch vom Tierarzt, Umgang mit Notfällen

Fehler passieren – Plan entwickeln, Stress vermeiden

Putzen und Anbinden

Kennenlernen der Reithalle, des Reitplatzes oder des Roundpens

Vorbereitungen zum Anreiten

Anlongieren

Raus ins echte Leben!

Von Routine, Abwechslung und neuen Gewohnheiten

Das Arbeitspensum junger und alter Remonten

Gewöhnung an den Sattel

Aufsitzen und Gewöhnung an das Reitergewicht

Anreiten

Gemeinsam ausbalancieren

Erste Hilfengebung: Vorwärtstreiben und Verlangsamen

Erstes freies Reiten: So funktioniert die Lenkung

Wie geht es weiter?

Über die Autorin und die im Buch gezeigten Pferde und Menschen

Literaturverzeichnis

DANKE!

(Foto: Mader)

Bei der Arbeit an diesem Buch wurde ich von vielen Menschen und Pferden unterstützt. Besonders herzlich möchte ich mich bei Nora Missmahl und Joshi bedanken, die genau in dem Zeitraum die Ausbildung durchlaufen haben, in dem ich das Buch geschrieben habe. Durch euch beide blieb ich immer ganz dicht an den Alltagsfragen eines echten Freizeitreiters, der das Abenteuer Jungpferd wagt und sein Pferd selbst ausbildet. Vielen Dank für euer Vertrauen und auch dafür, dass ihr euch als Fotomodelle zur Verfügung gestellt habt und die Leser dieses Buches so an eurem Weg teilhaben lasst!

Die Fotos in diesem Buch hat (mit wenigen Ausnahmen) Maresa Mader gemacht. Vielen lieben Dank für deine tollen Aufnahmen und deinen netten und entspannten Umgang mit den sensiblen jungen Hauptdarstellern.

Ebenso lieben Dank an Anna Schempp und Kalua, die, gerade bei uns angereist, sofort für das erste Fotoshooting zur Verfügung standen.

Für die Zurverfügungstellung eines Fotos und die Beantwortung vieler Fragen zu Pferdezucht und -kauf danke ich der Lipizzanerzüchterin Ilona Kirsch. (Ich habe wie immer viel gelernt, obwohl ich letztendlich ja wenig Informationen hier verwendet habe.)

Weitere Fotos verdanke ich Rebecca Schnelle, die auf dem Triglishof in Arnstadt eine tolle Paddocktrail-Anlage betreibt.

Danke außerdem an Dorit Ewers (www.pferde-gesund-erhalten.de) für Infos zum Thema Erleichterung bei Gurtproblemen sowie Karin Beste (Streckenreiter) für ihre Hilfe beim Besatteln unserer Jungspunde und die ausführliche Beratung zum Thema Sattelanpassung. Den Firmen Sabro und Hidalgo danke ich für die Unterstützung mit ihrem jungpferdefreundlichen Equipment.

Für die immerwährende Frage nach Form und Funktion danke ich meinem lieben Knabstrupper Taranis aus der schützenden Hand, und auch Maren Diehl und Stephanie Philipp danke ich für die vielschichtigen Anregungen in dieser Hinsicht – ihr habt mir im passenden Moment auf die Sprünge geholfen!

Ein herzliches Dankeschön geht an den Cadmos Verlag, der nun schon mein viertes Buch veröffentlicht und dank dem ich immer wieder neue nette Menschen kennenlernen darf. Besten Dank an meine großartige Lektorin Maren Müller und an Claudia Weingand!

Zu größtem Dank bin ich meinen Mann Eric Möller verpflichtet sowie unserer gesamten Familie, die es mir ermöglicht, mich der Reiterei zu widmen.

(Foto: Mader)

DAS ROHE PFERD: EIN UNBESCHRIEBENES BLATT

(Foto: Mader)

Pferdekinder üben, wie alle anderen Tier- und natürlich auch Menschenkinder, einen ganz eigenen Reiz auf uns aus. Viele Pferdefreunde sehen in ihrem Pferd nicht nur ein Reittier, sondern einen Partner fürs Leben und ein echtes Familienmitglied. Daher liegt der Gedanke nahe, diesen Partner von klein auf zu begleiten, nach eigenen Vorstellungen zu erziehen und für den individuellen Bedarf selbst auszubilden. Vielleicht denken auch Sie selbst gerade über den Kauf eines Jungpferdes nach oder haben Ihr kleines Traumpferd schon gefunden?

Wer sich dafür entscheidet, übernimmt auf jeden Fall eine große Verantwortung für den gesamten weiteren Lebensweg des Tieres, und zwar eine noch größere als bei der Anschaffung eines erwachsenen, bereits ausgebildeten Pferdes.

Die grundlegende Sozialisierung und Erziehung des Pferdekindes bietet viele Chancen und Möglichkeiten, eine langfristige Partnerschaft aufzubauen. Im Idealfall reift es zu einem zufriedenen, entspannten und dem Menschen zugewandten Pferd heran. Höhen und Tiefen der Ausbildung gemeinsam zu durchleben kann Mensch und Pferd auf spezielle Weise zusammenwachsen lassen.

Häufen sich in jungen Jahren jedoch schon mehrere Aufzuchts- und Ausbildungsfehler an, kann aus dem niedlichen Fohlen ein echtes Problempferd werden, dem infolgedessen kein zufriedenes Leben in unserer zivilisierten Welt bevorsteht.

Überlegungen zum Kauf: Jungpferd oder Reitpferd?

Kauft man ein erwachsenes Reitpferd, weiß man relativ sicher, was man bekommt. Man kann das Pferd bei einem seriösen Verkäufer vor dem Kauf (mehrfach) Probe reiten und so selbst ausprobieren, wie seine Reiteigenschaften sind, ob es den eigenen reiterlichen Fähigkeiten und Wünschen entspricht und ob man sich auf seinem Rücken wohlfühlt. Dazu zählt auch, wie groß und stabil das Pferd ist, ob man also von den Proportionen her daraufpasst und ob man es sitzen kann. Mithilfe des eigenen Reitlehrers, der im Idealfall ebenfalls Probe reitet, lässt sich abschätzen, ob das infrage kommende Pferd den angestrebten Verwendungszweck erfüllen kann, ob es in der Lage sein wird, seinen zukünftigen Besitzer ein Leben lang zu tragen, ohne frühzeitig zu verschleißen, und wie viel zusätzliche Ausbildung für Reiter und Pferd dazu nötig ist.

Vor zwei Jahren habe ich mein Fohlen Nathan erworben. Wie es reiterlich mit uns beiden klappt, wird die Zukunft zeigen. (Foto: Kirsch)

Außerdem ähnelt die Auswahl eines Pferdes der eines zweibeinigen Partners: Ganz abgesehen von den vernünftigen Gründen für oder gegen ein bestimmtes Individuum muss es psychisch, seelisch, „gefühlsmäßig“ einfach passen. Wo die Liebe hinfällt, kann man nicht vorhersagen – das gilt für ein erwachsenes Pferd genauso wie für ein Jungpferd.

Beim jungen Pferd hat man allerdings keine Gewissheit bezüglich seiner späteren Reiteignung. Kauft man direkt bei einem seriösen Züchter, kann man Eltern und Geschwister begutachten und bekommt, gerade bei „alten Rassen“, die schon lange planmäßig für einen bestimmten Verwendungszweck gezüchtet werden, auch recht zuverlässige Auskunft über die Anlagen des Pferdes. Kauft man Mixe oder Jungtiere unbekannter Rasse irgendwo beim Händler oder gar „billig gerettet“ aus dem Ausland, kann man allenfalls raten, was mal daraus wird. Das muss überhaupt nichts Schlechtes sein, solange einem klar ist, dass man die spätere Nutzung des Pferdes nur ohne spezifische Erwartungen auf sich zukommen lassen kann. Wer sich in ein ganz bestimmtes Individuum verguckt, muss fairerweise die eigenen reiterlichen Ziele an dessen Fähigkeiten anpassen.

Dazu kommt, dass man in die Aufzucht und Ausbildung des Jungpferdes sehr viel Zeit, Geld und Nerven investieren muss, bevor man es reiten kann. Je nach Alter beim Kauf wartet man jahrelang, und auf jedem Fall sind es mehrere Tausend Euro, die auf den Kaufpreis des Jungpferdes noch obendrauf kommen, bis man es großgezogen hat und „normal reiten“ kann.

Theoretisch spricht also einiges dafür, ein erwachsenes, mindestens grundausgebildetes Pferd zu kaufen. Praktisch ist meiner Erfahrung nach genau da der Haken: Meinen Maßstäben gerecht aufgezogene, liebevoll vorbereitete, schonend angerittene und grundsolide ausgebildete Freizeitpferde sind kaum auf dem Markt. Zu Recht überlegen sich also viele Freizeitreiter: Bevor man ein Pferd nimmt, das durch billige Aufzucht beispielsweise bereits Schäden am Verdauungstrakt hat, dann im Schnelldurchlauf angeritten und für den Verkauf „zurechtgezogen“ wurde, wobei es womöglich traumatische Erfahrungen machen musste – nimmt man dann nicht besser ein rohes, unverdorbenes Pferd, macht alles selbst oder kann zumindest bestimmen, wie es aufwächst, auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt es angeritten, in welchem Tempo und nach welchen Kriterien es ausgebildet wird?

Die Faktoren Zeit, Kosten und Mühe

Für einen professionellen Pferdeverkäufer ist Zeit Geld. Aufzucht und Anreiten müssen wirtschaftlich sein, und bei den derzeitigen Marktpreisen, die sich mit angerittenen Pferden erzielen lassen, steht der Verkäufer vor einem echten Problem.

Für Sie als Freizeitreiter ist Zeit dagegen Ihr größtes Kapital, denn bei Ihnen handelt es sich ja um „kostenlose“ Freizeit, die Sie gerne Ihrem Pferd widmen möchten. Ihr Pferd muss nicht zu einem bestimmten Datum bestimmte Leistungen erbringen, muss nicht nach einmaligem Üben schon Hufe geben können, muss nicht mit drei Jahren zur Auktion oder Körung, muss nicht mit fünf Jahren Dressurpferdeprüfungen gewonnen haben. „Es ist egal, wie lange etwas dauert, es kommt darauf an, dass das Zusammensein mit dem Pferd angenehm für alle Beteiligten ist. Selbst bei Zeitmangel gibt es keinen Druck, bestimmte Ziele erreichen zu müssen. Der Weg ist das Ziel.“ (Aus Maren Diehls äußerst empfehlenswertem Buch Die Pferde sind nicht das Problem.)

Ein Jungpferd zu kaufen und (mit mehr oder weniger Unterstützung) selbst auszubilden, ist nicht wirtschaftlich – aber schön! Wenn Sie unabhängig vom Reiten Freude am Zusammensein mit dem Pferd haben, wenn Sie nicht nur Ergebnisse sehen wollen, sondern auch das kleinschrittige Üben an sich genießen, dann ist das Abenteuer Jungpferdeausbildung genau richtig für Sie!

Ohne Zeitdruck ausgebildet zu werden, ist für das Pferd ein spannendes Abenteuer, bei dem es neue Dinge mit seinem Menschen erlebt sowie körperlich und geistig gefördert wird. Dieser Weg wird Sie als Besitzer Mühe und Nerven kosten und alles in allem sicherlich für Sie selbst eine genauso große Entwicklung beinhalten wie für das Jungpferd, dessen Sie sich annehmen.

Wenn die eigenständige Jungpferdeausbildung eines ganz sicher nicht ist, dann ist das preiswert! Natürlich ist ein rohes Pferd im Kaufpreis günstiger als ein Reitpferd, aber die Unterbringung im optimalen Aufzuchtstall ist mit allem Drum und Dran auch nicht viel billiger als die im Reitstall, und für den Zeitraum des Anreitens müssen Sie sowieso in einen Stall investieren, der konstante, gute Trainingsbedingungen bietet. Was besonders zu Buche schlägt und schwer zu kalkulieren ist, sind die Kosten für die Ausbildung. Je mehr Wissen, Können und Erfahrung Sie mit der Pferdeausbildung (nicht mit dem Reiten bereits „fertiger“ Pferde!) schon haben, desto mehr können Sie gänzlich allein mit Ihrem Jungspund erarbeiten. Zu ebendiesem Zweck lesen Sie ja gerade dieses Buch, das Ihnen in den folgenden Kapiteln praktische Anleitung geben wird. Dabei wird es aber nicht bleiben: Jedes Jungpferd stellt neue, individuelle Fragen an seinen Besitzer/Ausbilder, und dabei benötigt dieser früher oder später Hilfe von einem Profi. Ob das nun ein Ausbilder bei Ihnen vor Ort ist, der Sie in regelmäßigen Abständen anleitet, wie Sie weiter üben sollen, oder ob Sie Ihr Pferd später für mehrere Monate in Vollberitt zu einem Ausbilder stellen – um die Investition in professionelle Hilfe werden Sie nur in seltenen Fällen herumkommen. Selbst ein Pferd, das sich bei der Grunderziehung noch völlig problemlos gezeigt und unauffällig „nach Lehrbuch“ verhalten hat, kann im Zuge des Anreitens aus den unterschiedlichsten Gründen einen professionellen Ausbilder benötigen. Ich treffe häufig Menschen, die ihre eigenen reiterlichen Fähigkeiten früher überschätzt haben und dann entgegen ihrer ursprünglichen Pläne doch einen Profi um das eigentliche Anreiten oder die Grundausbildung ihres Pferdes bitten. Das ist nichts Ehrenrühriges, sondern im Gegenteil absolut vernünftig und verantwortungsvoll. Fehlt allerdings genau dann die Finanzkraft, wenn ein Problem zutage tritt und gelöst werden möchte, wäre das der Super-GAU. Hat sich eine solche Schwierigkeit nämlich erst einmal gefestigt und verselbstständigt, nimmt die Problempferdekarriere ihren traurigen Lauf.

Das Jungpferd und sein Mensch verbringen gemeinsam eine schöne Zeit. (Foto: Mader)

Mein Tipp: Suchen Sie spaßeshalber mal Ihren Wunsch-Jungpferdeausbilder heraus und lassen Sie sich die Preise geben. Haben Sie genug Geld auf der hohen Kante, um Ihr Pferd gegebenenfalls mehrere Monate lang mit allen Nebenkosten dort ausbilden oder notfalls verschleppte Ausbildungsfehler korrigieren zu lassen? Die Antwort ist Ja? Sehr gut. Dann haben Sie jederzeit einen Plan B. Und selbst wenn nachher bei Ihnen alles nach Wunsch und Plan A läuft, sodass Sie dieses „Grundausbildungsbudget“ doch nicht benötigen, findet sich sicher ein anderer Verwendungszweck: Seien es spätere Reitkurse zur weiteren Ausbildung, ein neuer Sattel (Sie glauben nicht, wie schnell Jungpferde aus ihrem ersten wieder herauswachsen) oder ein gemeinsamer Urlaub mit Pferd.

Das Aufwachsen begleiten, gemeinsam bei null beginnen?

Früher hieß es: Ein junger (gemeint ist ein unerfahrener) Reiter gehört auf ein erfahrenes Pferd und auf ein junges Pferd gehört ein erfahrener Reiter. Zu Zeiten der militärisch organisierten Reitausbildung war das machbar und ist theoretisch heute immer noch genauso richtig wie damals.

In der Praxis ist es mittlerweile aber häufig so, dass Reiter ohne umfassende Grundausbildung auf Pferde ohne umfassende Grundausbildung treffen (egal in welchem Alter), woraus die verschiedensten Probleme resultieren können. Es geht schon damit los, dass viele Reiter gar nicht wissen, was ihnen an systematischer, breit gefächerter reiterlicher Ausbildung noch fehlt. Sie haben keine Vorstellung, was man diesbezüglich so alles wissen und können könnte. Es ist Teil eines ganz normalen Lernprozesses, dass man bemerkt, was man sich noch alles aneignen muss, während man schon mittendrin steckt. Deswegen ist der Gedankengang des „gemeinsamen Lernens“ mit dem Pferd gar nicht dumm, aber trotzdem schwierig umzusetzen.

Kann es funktionieren, wenn sich ein unerfahrener Reiter ein Fohlen kauft? Sei es ein erwachsener Einsteiger, jemand, der nur als Kind schon mal geritten ist, oder jemand, der die letzten 20 Jahre sattelfest mit seinem alten Pferd zurechtkam, aber nie systematischen Reitunterricht hatte. Befinden sich Einsteiger und Jungpferd buchstäblich alleine auf weiter Flur, sind massive Probleme vorprogrammiert. Findet die Ausbildung aber von Anfang an mit Unterstützung eines vielseitig versierten Ausbilders statt, ist es möglich. Während das Fohlen fröhlich heranwächst und der wachsame Blick des Ausbilders grobe Fehler hinsichtlich Haltung und Umgang verhindert, hat der Besitzer Zeit, mithilfe von Lehrpferden reiten zu lernen beziehungsweise seine Reitkenntnisse aufzufrischen und fehlende Teile seiner Grundausbildung nachzuholen. Er kann reichlich Fachbücher lesen, sich über verschiedene Ausbildungsmethoden informieren und anderen bei der Pferdeausbildung zusehen. Über drei bis vier Jahre hinweg lernt er sein Jungpferd in aller Ruhe kennen und das gegenseitige Vertrauen wird geduldig über Bodenarbeit aufgebaut. Der spätere Reiterfolg ergibt sich nicht nur aus „Technik“, sondern in weiten Teilen aus „Beziehung“! Das eigentliche Anreiten und die Grundausbildung können bei engmaschiger Betreuung durch den Ausbilder sehr gut gelingen. Ohne professionelle Betreuung ist der Einsteiger oder unerfahrene Reiter hingegen aufgeschmissen – aber das wäre nicht viel anders, wenn er ein bereits gerittenenes Pferd kaufen würde, denn auch erwachsene Pferde kann man buchstäblich zugrunde reiten.

Freizeitreiter benötigen bei der Arbeit mit dem jungen Pferd die Hilfe eines kompetenten Ausbilders. (Foto: Mader)

Anders verhält es sich, wenn es sich bei dem Mensch-Pferd-Gespann um zwei Kinder handelt: Einem Menschenkind die Verantwortung für die Ausbildung eines Pferdekindes aufzubürden, ist in keinem Fall in Ordnung. Sicherlich können Kinder viel dabei lernen und eine tolle Zeit verbringen, wenn sie die Ausbildung eines Pferdes miterleben, aber der eigentliche Besitzer und Ausbilder muss eine erwachsene Person sein.

Welcher Stall für mein Jungpferd?

Artgerechte Pferdehaltung ist in dicht Besiedelten oder landwirtschaftlich intensiv genutzten Gegenden ein schwieriges Thema. Wirklich natürlich wird man sein Fernwanderwildtier Pferd in Deutschland nicht aufwachsen lassen können. Es gibt jedoch gewisse Rahmenbedingungen, die das Jungpferd aufgrund seiner natürlichen Bedürfnisse auf jeden Fall braucht, um sich gesund zu entwickeln. Werden in der Aufzucht zu viele Abstriche bezüglich Fütterung und Haltung gemacht, sind spätere Erkrankungen die Folge oder mangelnde Sozialisation erschwert das Ausbilden.

Wenn Sie sich auf die Suche nach einem Stall für Ihr zukünftiges Jungpferd machen, ist zunächst entscheidend, wie alt es ist und welchem Geschlecht es angehört. Gehen wir hier erst mal von einem Absetzerfohlen vom Züchter aus, wobei die grundsätzlichen Überlegungen auch für ältere Jungtiere gelten.

HERDENZUSAMMENSETZUNG

Prinzipiell sind Pferde Herdentiere und das Fohlen benötigt daher eine konstante Gruppe, in der es aufwachsen kann. Ein einzelnes anderes Pferd genügt genauso wenig wie ständig willkürlich wechselnde Weidegenossen. Stuten lässt man in der Regel in gemischtaltrigen Stutengruppen aufwachsen, wodurch eine schöne „Familie“ entsteht, in der die Jungtiere optimal sozialisiert werden. Kleine Hengste werden in großen Warm- und Vollblutgestüten traditionell nach Jahrgang getrennt. Hier bilden dann alle Hengstfohlen eines Jahres eine Gruppe, bevor im Alter von zweieinhalb Jahren die sogenannten Hengstanwärter (also körfähige Kandidaten) herausgenommen und die zukünftigen Reitpferde kastriert werden. Die Verletzungsgefahr für die jungen Hengste, die nun mal mehr raufen als Stuten und bei denen mit fortschreitendem Alter die Testosteronproduktion zunimmt, soll dadurch kleingehalten werden, dass man keine frischen, kleinen Absetzerfohlen zu vor Kraft strotzenden Junghengsten stellt. Was eine strikte Jahrgangstrennung für die Sozialisation bedeutet, ist aber kritisch zu sehen: Meines Erachtens sollten unbedingt erwachsene Pferde mit in der Gruppe sein, die die Herde vernünftig führen und Grenzen setzen. Ich selbst habe meine beiden eigenen Junghengste bei meinen erwachsenen Wallachen stehen. Sie haben sich völlig unauffällig in die Gruppe eingefügt, spielen viel, zeigen aber auch einen unaufgeregten Respekt vor den ranghöheren Älteren. Ich kenne außerdem Aufzüchter, die gerade die Junghengste, die später decken sollen, von einer erfahrenen älteren Zuchtstute mit entsprechendem Selbstbewusstsein dahingehend erziehen lassen, dass nicht prinzipiell alle anderen Gruppenmitglieder angepöbelt werden dürfen.

Das Fohlen im Vordergrund zollt dem erwachsenen Herdenkollegen seinen Respekt. (Foto: Schnelle)

Sehen Sie sich die infrage kommenden Aufzuchtställe genau an und lassen Sie sich erklären, wie die Herden zusammengesetzt werden, wie viele Gruppenmitglieder welchen Alters zusammenkommen und wieso das so gehandhabt wird. Gerade erfahrene Pferde(auf)züchter haben ihre Gründe, weshalb sie unter den individuellen Rahmenbedingungen vor Ort die Gruppen so und nicht anders zusammensetzen.

Vielleicht kann Ihr Fohlen zur Aufzucht in seinem Heimatgestüt bleiben oder sein Züchter vermittelt Ihnen einen Aufzüchter, mit dem er gute Erfahrungen gemacht hat.

FÜTTERUNG

Die Grundfütterung ist für alle Pferde gleich: Als Steppentier benötigt ein Pferd unbedingt permanenten Zugang zu faserreichem Raufutter, sprich Heu und Stroh. Dabei ist nicht nur die Menge wichtig, die gefüttert wird, sondern auch das Management: Wie häufig wird Raufutter vorgelegt, wie stressig ist das Prozedere für rangniedrige Herdenmitglieder? Kann jedes Tier in Ruhe fressen und entstehen im gesamten Tagesverlauf keine Fresspausen von mehr als vier Stunden? Die Anzahl der Jungpferde, die aufgrund von falscher Fütterungspraxis bereits unter Magengeschwüren leiden, ist erschreckend hoch! Ein solches Problem bemerken Sie vielleicht anfangs noch gar nicht, es äußert sich aber später in Sattelzwang, Koliken und allgemein schlechter Rittigkeit – ohne dass Sie in der Ausbildung Fehler gemacht hätten.

Die Bereitstellung von gutem Raufutter ist sehr aufwendig und gleicht einer Wissenschaft, bei der Gräsersorten, Düngung oder auch nicht, der Erntezeitpunkt, das Wetter, die Trocknung, die Lagerung und vieles mehr eine Rolle spielen. Am Raufutter darf auf keinen Fall gespart werden, und deswegen kann Jungpferdehaltung auch nicht billig betrieben werden. Ist das Raufutter schimmlig und staubig, drohen ernst zu nehmende Atemwegserkrankungen, die das Pferd für sein gesamtes Leben schädigen und in seiner späteren Leistungsfähigkeit erheblich einschränken!

Zusätzlich zum Raufutter benötigt das aufwachsende Pferdekind individuelles Kraft- und Mineralfutter. Hier gehen die Meinungen weit auseinander, was und in welcher Menge gefüttert werden soll. Der Bedarf richtet sich nach dem Alter, der Rasse, der Gras- und Heuqualität und der gewählten Haltungsform.

Eine individuelle, markenunabhängige Fütterungsberatung, die alle Rahmenbedingungen mitberücksichtigt, unter denen das Pferd aufwächst, ist sehr zu empfehlen. Um eine Über- oder Unterversorgung feststellen zu können, werden gegebenenfalls Blutbilder oder auch Haaranalysen angeraten. Wir selbst füttern reinen Hafer sowie bei Bedarf Luzerne und speziell abgestimmtes Mineralfutter, aber keine vormineralisierten Jungpferdemischfutter oder sogenannten Müslis.

Bei der Auswahl des Stalles können an der Kraftfutterfütterung eher Abstriche gemacht werden (denn weniger ist für viele freizeitreitertypische Robustrassen ohnehin häufig mehr, oder Sie füttern eigenverantwortlich zu) als an der permanenten Grundversorgung mit qualitativ gutem Heu.

Durch die Verwendung von engmaschigen Heunetzen wird die Fresszeit verlängert. (Foto: Mader)