Praktische Ausbildung für Pferd und Hund - Katharina Möller - E-Book

Praktische Ausbildung für Pferd und Hund E-Book

Katharina Möller

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Beschreibung

Sehr viele Reiter/innen wünschen sich, dass ihr Hund sie beim täglichen Gang in den Stall und erst recht beim Ausritt im Gelände begleitet. Mit einer zielgerichteten Ausbildung von Hund, Pferd und Reiter/in kann man dafür sorgen, dass dieses Zusammensein problemlos und entspannt abläuft. Dazu ist es zum Beispiel unerlässlich, dass der Hund ein hohes Maß an Impulskontrolle in Bezug auf Bewegungsreize lernt, dass er jederzeit sicher abrufbar ist, sich ablegen oder vorausschicken lässt. Das Pferd muss im Umgang brav und zuverlässig sein, sich mit minimalem Zügeleinsatz "auf Linie" reiten lassen und selbstverständlich sollten beide Vierbeiner auf alle Umweltsituationen möglichst gelassen reagieren. Die nötigen reiterlichen Fähigkeiten für das Führen eines Hundes vom Pferd aus, lassen sich mit einfachen Kontrollübungen testen und durch das richtige Training verbessern. Viele praktische Übungsansätze, sowie das nötige Hintergrundwissen und Anregungen zu Training und sinnvoller Organisation, helfen Zwei- und Vierbeinern dabei, ihre Freizeit gemeinsam zu genießen.

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Seitenzahl: 155

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(Foto: Madeleine Franck)

Haftungsausschluss

Die Autorinnen, der Verlag und alle anderen an diesem Buch direkt oder indirekt beteiligten Personen lehnen für Unfälle oder Schäden jeder Art, die aus den in diesem Buch dargestellten Übungen entstehen können, jegliche Haftung ab.

Achten Sie immer auf die entsprechende Sicherheitsausrüstung für sich selbst. Tragen Sie bei der Bodenarbeit Handschuhe und feste Schuhe.

IMPRESSUM

Copyright © 2017 Cadmos Verlag GmbH, Schwarzenbek

Titelgestaltung und Layout: www.ravenstein2.de

Satz: Pinkhouse Design, Wien

Coverfoto: Maresa Mader

Fotos im Innenteil: Katharina Möller, Maresa Mader, Madeleine Franck, shutterstock.com, Anja Stelling,

Julia Gossen, Ralph Fischlhammer

Lektorat der Originalausgabe: Maren Müller

Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese

Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN: 978-3-8404-6439-3

INHALT

Einleitung

Grundsätzliches zum Hund

Training und Organisation

Es ist nie zu spät für …

Entspannungstraining

Grundausbildung des Reitbegleithundes

Alter, Fitness, Ausrüstung

Grundsätzliches zu Pferd und Reiter

Grunderziehung des Pferdes

Reitkenntnisse

Organisation im Reitstall

Märchenstunde: „Die sozialisieren sich selbst“

Sicherer Rückzugsort

Individualdistanz und Aktionsradius von Pferd und Hund

Vorbeugen ist besser als hinterher Ärgern

Individuelle Eigenheiten berücksichtigen

Pferd und Hund gemeinsam trainieren

Gelassenheit im Umgang mit dem anderen Tier

Signalkontrolle: immer und überall

Vom Boden aus

In den Sattel!

Geländeritt mit Hund

Spaß zu dritt

Hopp, hopp, hopp

Beschäftigungsspiele für den Hund

Horse & Dog Trail

Wanderritte

Anhang

Danksagung

Über die Autorinnen

Literaturempfehlungen

(Foto: Maresa Mader)

EINLEITUNG

Taranis und Panda bei ihrer ersten Begegnung. (Foto: Maresa Mader)

Wir beginnen direkt mit einem Geständnis: Panda, die Border-Collie-Hündin auf unserem Cover, ist im wahren Leben gar kein Reitbegleithund. Sie hat Madeleine exakt einmal auf einen Ausritt begleitet, bevor wir uns zum Fotoshooting für dieses Buch getroffen haben. Und genau deshalb ist sie das perfekte Model für unsere Inhalte. Denn wir sind überzeugt davon, dass der letzte Schritt zum Reiten mit Hund nur ein Klacks ist, wenn die Vorbereitung stimmt.

Panda ist zum einen absolut entspannt, gut sozialisiert und erzogen, zum anderen haben wir die Situation entsprechend organisiert. Wenn Ihr Hund diese Eigenschaften ebenfalls mitbringt, umso besser! Falls nicht, finden Sie nachfolgend ein wenig Hintergrundwissen, das Ihnen helfen wird, sein Verhalten nicht nur besser einzuschätzen, sondern auch erfolgreich in die gewünschte Richtung zu verändern. Aber auch allen anderen Lesern möchten wir empfehlen, das Buch von Anfang bis Ende zu lesen. Wissen schafft die Basis für Verständnis und ermöglicht so, vorausschauend zu handeln und Risiken im Umgang mit Hund und Pferd zu minimieren.

Für Taranis, den Cover-Knabstrupper, gilt das Gleiche wie für Panda. Gelassenheit, Sicherheit in allen Umweltsituationen und eine gute Erziehung spiegeln sich in seiner entspannten Ausstrahlung wider. Eine fundierte reiterliche Grundausbildung für Mensch und Pferd gehört zur weiteren Vorbereitung, die das Reiten mit Hund stressfrei und selbstverständlich werden lässt. Die vielen Praxisübungen in diesem Buch sollen Ihnen dabei helfen, eine gute Einschätzung für Ihr eigenes Können und für das Ihres Pferdes zu entwickeln und mögliche Schwächen auszugleichen.

Wir hoffen, dass Sie beim Umsetzen unserer Anregungen viel Freude gemeinsam mit Ihrem Hund und Ihrem Pferd haben!

(Foto: Maresa Mader)

GRUNDSÄTZLICHES ZUM HUND

(Foto: Maresa Mader)

Über Hunde geistern noch immer Vorstellungen in unseren Köpfen herum, die aus wissenschaftlicher Sicht längst der Vergangenheit angehören. Es fällt jedoch schwer, sich dem Mainstream der Ratgeber und TV-Trainer zu entziehen. Und so glauben leider viele Hundebesitzer nach wie vor, sie müssten für ihren Vierbeiner den Rudelchef spielen und ihm demonstrieren, dass sie in der Rangordnung über ihm stehen. Gibt es Probleme im Zusammenleben, werden diese oft mit mangelnder Führung erklärt – dazu kommt die Ansicht, dass immer der Mensch schuld am „Fehlverhalten“ des Hundes ist. Im Umkehrschluss soll dann die Erziehung wie von Zauberhand funktionieren, wenn der Hund nur seine Grenzen kennt.

Glücklicherweise wissen wir inzwischen, dass Hunde ganz anders ticken. Während vordergründig „Fehlverhalten“ gezeigt wird und die Anweisungen des Menschen „missachtet“ werden, spielen sich innere Vorgänge ab, die oft völlig anders motiviert sind, als Menschen glauben. Das Verhalten der Hunde wird nicht vom Streben nach der Spitze der Rangordnung bestimmt, sondern vor allem von ihren Emotionen. Dominanz ist keine überdauernde, sondern eine situative Eigenschaft und noch dazu keine sehr passende, um Hunde zu charakterisieren. Und doch wirkt die sogenannte Dominanztheorie wie eine Brille, die unsere Sicht auf das Verhalten von Hunden einfärbt. Legen Sie diese Brille einmal beiseite und wagen Sie einen unvoreingenommenen Blick.

Training und Organisation

Verhalten lässt sich durch positives Training beeinflussen, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Oft konkurrieren unsere Belohnungen von außen (Lob, Futter, Spiel …) mit dem Belohnungseffekt, den ein bestimmtes Verhalten im Inneren des Hundes erzeugt. Daher sollten wir beim Training immer die Emotionen des Hundes berücksichtigen und positive Verstärkung in Kombination mit geschickter Organisation einsetzen.

Der Anblick von Pferden kann leicht unerwünschte Erregungszustände auslösen. Click und Futterbelohnung wirken dem entgegen. (Foto: Madeleine Franck)

EMOTIONALES LERNEN VERSTEHEN

Obwohl wir davon sprechen, etwas „von Herzen“ zu fühlen, entstehen unsere Emotionen eigentlich im Gehirn. Es gibt eine Reihe von Basisemotionen, die wir mit vielen anderen Lebewesen teilen. So empfinden Hunde genau wie wir Freude, Angst, Überraschung, Trauer, Wut und Ekel. Während diese Feststellung für den Laien nicht sehr spektakulär klingt, ist sie es doch für die Wissenschaft. Denn bis heute gibt es Wissenschaftler, die Tieren die Fähigkeit zu fühlen absprechen. Glücklicherweise zeigen uns neurowissenschaftliche Erkenntnisse jedoch, dass die Wurzel des Fühlens tief in dem „alten“ Teil des Gehirns verankert ist, der sich bei allen Säugetieren findet. So führen Verletzungen bestimmter Hirnregionen zu den gleichen emotionalen Ausfällen bei Tier und Mensch. Inzwischen lassen sich außerdem Gehirnfunktionen nicht nur durch Elektrostimulation, sondern auch mithilfe moderner bildgebender Verfahren wie der Kernspintomografie lokalisieren. Auch welche Botenstoffe an der Entstehung von Gefühlen beteiligt sind, ist messbar.

Gefühle haben einen bedeutenden biologischen Nutzen. Man kann sie sich gut als Motor hinter dem Verhalten des Hundes vorstellen, denn sie helfen ihm dabei, angemessen auf die Reize in seiner Umwelt zu reagieren. Vereinfacht lässt sich sagen: Hunde orientieren sich zu positiven Reizen hin und von negativen Reizen weg.

Nimmt der Hund einen Reiz wahr, erfolgt automatisch eine emotionale Bewertung. Er fragt sich zum Beispiel beim Anblick eines rennenden Pferdes nicht bewusst: „Welche Bedeutung hat das für mich?“, sondern es entsteht ein positives, negatives oder neutrales Gefühl in seinem Körper. Durch die bereits angesprochenen Botenstoffe, deren Ausschüttung vom Gehirn gesteuert wird, ist mit jedem Gefühl eine unterschiedlich starke körperliche Erregung verknüpft. In Bezug auf den Hund ist es vor allem die Stärke der Erregung, die über sein zukünftiges Verhalten entscheidet. Je niedriger die Erregung, desto eher ist der Hund in der Lage, eine bewusste Verhaltensreaktion zu zeigen. Je höher die Erregung jedoch steigt, desto unbewusster wird sein Verhalten. Bei eher geringer Erregung befindet sich daher „alles im grünen Bereich“; ist das Gegenteil der Fall, könnten wir sagen, dass der Hund „rotsieht“.

Grundsätzlich ist es egal, ob die Erregung mit einem positiven oder einem negativen Gefühl gekoppelt ist – je höher sie steigt, desto eher wird der Hund instinktiv reagieren. Und nun entsteht ein Kreislauf: Jede Verhaltensreaktion des Hundes hat eine Konsequenz, die über eine Rückkopplung mit dem ursprünglichen Reiz verbunden wird. Und so wird im Lauf der Zeit durch Wiederholungen das positive oder negative Gefühl, das der Hund beim erneuten Wahrnehmen des Reizes empfindet, immer stärker. Konsequenzen sind in diesem Zusammenhang nicht etwa nur Dinge von außen wie Belohnungen oder Strafen, die wir kontrollieren könnten. Die für das Lernen wichtigen Konsequenzen sind vor allem die neurochemischen Vorgänge im Hundekörper, die dessen Gefühlsleben steuern.

Beispiel: Ein junger Hund begleitet sein Frauchen das erste Mal zum Reitstall und erlebt, wie die Pferde auf der Weide zufällig gerade herumtoben und weggaloppieren. Der Reiz „rennende Pferde“ wird eine positive Emotion auslösen, der Grad der Erregung kann dabei sehr unterschiedlich ausfallen. Hunde reagieren grundsätzlich mit positivem Interesse auf Bewegungsreize. Das liegt daran, dass sie an dieser Stelle ihre genetische Verwandtschaft zum Wolf nicht verleugnen können: Ein guter Jäger muss möglichst schnell auf fliehende Tiere reagieren, um sie zu fangen. Hat der Hund nun die Chance, hinter den Pferden herzurennen (Verhaltensreaktion), wird er schnell merken, wie viel Spaß (Konsequenz) das macht. Über die Rückkopplung wird die positive Erregung beim Anblick von rennenden Pferden mit jeder neuen Begegnung ansteigen.

Aber auch wenn der Junghund nicht einmal hinterherrennt, sondern „nur“ angeleint das Schauspiel verfolgt, kommt leicht die Erregung in seinem Körper in Gang. Er wird vielleicht auf die Idee kommen zu kläffen und in die Leine zu springen, was ihm ebenfalls positive Gefühle beschert, weil er seinem ureigenen Drang nachgeht, in Richtung des Bewegungsreizes zu springen. In diesem Buch wollen wir Ihnen zeigen, wie Sie mit Ihrem Hund ein alternatives Verhalten trainieren können, bei dem er sich „gut fühlen“ darf, ohne dass er dem Bewegungsreiz nachsetzt.

Das emotionale Lernmodell zeigt, wie Reize, Emotionen und Verhalten des Hundes miteinander in einem Kreislauf verbunden sind. (Abbildung: Rolf und Madeleine Franck)

Katharina:

Seit ich beim Training dank Madeleine auch darauf achte, wie der Hund sich im jeweiligen Moment fühlt, anstatt nur zu beeinflussen, was er macht, verzeichne ich große Fortschritte. Gerade in Bezug auf das Hetzen von rennenden Pferden wünschte ich, ich hätte das Wissen um innere Beweggründe und entsprechendes Vorgehen beim Training schon bei meinem ersten Hund gehabt.

VERHALTENSENTWICKLUNG BEEINFLUSSEN

Das Beispiel zeigt, wie der Kreislauf des emotionalen Lernens abläuft, wenn der Mensch keinen Einfluss nimmt. Oft können wir nur erahnen, welche Konsequenzen ein Verhalten für den Hund hat, da sie sich in seinem Körper abspielen. Jeder informierte Hundebesitzer kennt den Begriff „selbstbelohnend“ in Zusammenhang mit Jagen und Hetzen. Hatte ein Hund ein paarmal die Gelegenheit, flüchtenden Kaninchen hinterherzuhetzen, wird er sich irgendwann bei deren Anblick kaum mehr kontrollieren können. Dabei geht es ihm nicht um die vermeintliche Beute, also um das Fangen und Fressen des Kaninchens. Nein, die Ausschüttung der entsprechenden Botenstoffe während des Hinterherrennens lässt ihn bereits ein so großes Glücksgefühl erleben, dass keine weitere Belohnung nötig ist, um das Hetzen zu lernen.

Elemente aus dem Jagdverhalten sind für den Hund selbstbelohnend und daher schwer wieder in den Griff zu bekommen, wenn er sie einmal praktizieren durfte. (Foto: Nicole Ciscato/shutterstock.com)

Sich die Bedeutung des internen Belohnungssystems bewusst zu machen, ist bei der Vorbeugung von Problemverhalten ungemein wichtig. Ein Hund mit einem Kaninchenjagdproblem kann schlecht beim Geländeritt frei am Pferd mitlaufen. Ein Hund, der beim Anblick eines rennenden Pferdes ins Hetzen fällt, wäre noch in vielen anderen Situationen eine echte Gefahr. Umso wichtiger ist es, dafür zu sorgen, dass der Hund mit diesem Reiz eine gänzlich andere Verknüpfung herstellt, nämlich braves und ruhiges Verhalten. Um dies zu erreichen, sind drei Faktoren zu berücksichtigen: Durch die entsprechende Organisation sollte der Mensch verhindern, dass der Hund überhaupt die Gelegenheit hat, Spaß an unerwünschten Verhaltensweisen zu finden. Mittels positiver Verstärkung bringt man ihm bei, dass es sich lohnt, brav zu sein. Und mit einem Blick auf das gesamte Wohlfühlbudget des Hundes sollte der Besitzer sicherstellen, dass der Hund mit erwünschten Verhaltensweisen die Möglichkeit hat, alle seine Bedürfnisse ausreichend zu befriedigen. Er sollte es also nicht nötig haben, sich seinen Spaß beispielsweise beim Jagen zu suchen.

Wohlfühlbudget

Versuchen Sie einmal einzuschätzen, wie sich Ihr Hund im Alltag fühlt: Ist er emotional ausgeglichen? Bekommt er alles, was er braucht? Damit es ihm wirklich gut geht, müssen zuallererst seine Grundbedürfnisse, aber zusätzlich auch seine speziellen Vorlieben erfüllt sein. Er braucht gutes Futter, am besten verteilt auf zwei Mahlzeiten am Tag, selbstverständlich immer genügend Wasser und ausreichend Schlaf. Er braucht soziale Kontakte, Aufmerksamkeit und Zuwendung von Ihnen, Bewegung, Beschäftigung und die Möglichkeit zu kauen. Weitere Bedürfnisse ergeben sich meist aus rassetypischen Eigenschaften, denn Hunde brauchen die Gelegenheit, etwas zu tun, was der Aufgabe nahekommt, für die sie gezüchtet wurden. Aber auch individuelle Eigenarten und Gewohnheiten wirken sich aufs Wohlfühlbudget aus. Ist der Hund es gewohnt, im Bett zu schlafen, wird ihm etwas fehlen, wenn er das plötzlich nicht mehr darf. Liebt er es ganz besonders, in jedes Wasser zu hüpfen und schwimmen zu gehen, wird er wahrscheinlich im Sommer viel mehr Highlights erleben als im Winter. Neben der Erfüllung seiner Grundbedürfnisse sind es diese Highlights, die das Leben schön und befriedigend machen. Aber genau wie wir nicht jeden Tag in den Vergnügungspark fahren müssen, um ausgeglichen zu sein, braucht auch ein Hund nicht jeden Tag den Schwimmausflug zum See. Als Maß hat sich der Blick auf eine gesamte Woche bewährt – über diesen Zeitraum sollten sich langweilige, vielleicht auch mal stressige und besonders positive Erlebnisse die Waage halten.Damit Ihr Hund in der Lage ist, im Reitstall gutes Benehmen und Selbstkontrolle an den Tag zu legen, muss es ihm gut gehen. Treten Probleme auf, sollten Sie daher sein Wohlfühlbudget kritisch unter die Lupe nehmen und prüfen, ob Sie es aufstocken können.

An dieser Stelle sei ausdrücklich erwähnt, dass es in der Regel nicht funktioniert, unerwünschtes Verhalten des Hundes durch Ignorieren wegzutrainieren. Diese Empfehlung wird von positiv arbeitenden Trainern gern als Alternative zum Strafen empfohlen. Lerntheoretisch macht das vielleicht Sinn, denn ein Verhalten, das nicht belohnt wird, stirbt irgendwann aus. In der Praxis nimmt jedoch Ignorieren dem Verhalten höchst selten die Belohnung, denn das würde voraussetzen, dass unsere Aufmerksamkeit der einzige Verstärker dafür ist. Wie inzwischen klar sein dürfte, wirken die Gefühle im Hundekörper auch für sich allein belohnend. Ein klassisches Beispiel für dieses Prinzip ist das sogenannte „aufmerksamkeitsfordernde Bellen“, das der Mensch nach der Lerntheorie selbstverständlich ignorieren muss, damit der Hund keinen Erfolg damit hat. Aber wie sinnvoll ist das wirklich? Die Praxis zeigt: Lässt man den Hund bellen, wird er mit der Zeit immer mehr Spaß daran finden. Für manche Hunderassen gilt nämlich, ähnlich wie beim Hetzen, dass es bereits eine genetisch verankerte Reiz-Emotions-Reaktionsverknüpfung gibt: Sie werden seit Jahrhunderten darauf selektiert, dass sie gern laut und ausdauernd bellen. In diesem Fall wird der Kreislauf des emotionalen Lernens noch beschleunigt. Australian Shepherds zum Beispiel sollen beim Arbeiten kläffen – kein Wunder, dass es sich für sie gut anfühlt. Wer deren Bellen ignoriert, schafft also die idealen Bedingungen dafür, dass dieses Verhalten erst recht gelernt wird. Im Idealfall sorgen Sie deshalb vorbeugend dafür, dass der Hund keinen Grund zum Kläffen hat. Tut er es doch, unterbrechen Sie es sofort, etwa indem Sie ein paar Leckerchen ins Gras werfen. Keine Angst, Sie belohnen nun nicht das Kläffen, sondern Sie verhindern, dass Ihr Hund sich dieses Verhalten angewöhnt.

WANN, WIE, WARUM MANAGEN?

Mit „managen“ meinen wir, Situationen im Umgang mit dem Hund (und dem Pferd) bewusst zu organisieren, statt dem Schicksal seinen Lauf zu lassen. Die Frage nach dem „Warum“ ist bereits geklärt: Die Gefahr, dass der Hund ohne entsprechendes Management etwas Unerwünschtes lernt, ist einfach zu groß. Dies gilt, wenn es darum geht, Problemen vorzubeugen, und noch mehr, wenn wir bereits bestehendes Problemverhalten in den Griff bekommen wollen. Hat der Hund schon irgendeinen Mist gelernt, ist es wichtig, den Verstärker zu finden, der dieses Verhalten aufrechterhält. Um diesen Verstärker zu entfernen, ist es sehr oft nötig, das Verhalten komplett zu verhindern. Denn in der Regel ist der wichtigste Verstärker der gerade beschriebene Selbstbelohnungseffekt, also das Wohlgefühl, das der Hund während des Verhaltens erlebt.

Wir gestalten also im Idealfall alle Situationen so, dass der Hund sich nur erwünscht verhalten kann. Wie das funktioniert? Oft ist Management einfacher als gedacht. Eine Leine am Hund verhindert, dass er der Stallkatze hinterherrennt, sich im Mist wälzt, unter die Hufe gerät, Pferdeäpfel frisst und so weiter. Hat man keine Zeit, das andere Ende der Leine selbst festzuhalten, verhindert ein mit Leckereien gefüllter Kong® oder ein beliebter Kauartikel, dass der angebundene Hund sich langweilt und unruhig wird und sich dabei unerwünschtes Verhalten wie Kläffen manifestiert. Alternativ ist eine Hundebox eine große Hilfe, um den Hund sicher zu „parken“ – wobei sowohl das angebundene Warten als auch das Bleiben in der Box selbstverständlich vorab geübt werden sollten. Viele Hunde fühlen sich auch im Auto ausgesprochen wohl und sind dort viel besser aufgehoben, als wenn sie unbeaufsichtigt auf einem Hof herumlaufen. Halten Sie Abstand zu Reizen, die Ihren Hund aufregen, verhindern Sie unschöne Begegnungen, schaffen Sie wenn nötig Sichtbarrieren. Wie das in der Praxis ablaufen kann, erläutern wir später im Kapitel „Organisation im Reitstall“.

Organisatorische Mittel kommen also einerseits immer dann zum Einsatz, wenn wir gerade nicht die Möglichkeit haben, auf den Hund aufzupassen und zu beeinflussen, was er lernt. Sie schaffen damit die Voraussetzung, um zu einem anderen Zeitpunkt am erwünschten Verhalten trainieren zu können. Auf der anderen Seite hilft die Organisation dem Hund in einer Situation, die verschiedene Verhaltensoptionen bieten würde, sich für das „richtige“ Verhalten zu entscheiden. Management ist unaufwendig, schont Ihre Nerven und kann in manchen Fällen sogar das Training komplett ersetzen: Überlegen Sie doch mal, welche Situationen sich dauerhaft managen statt trainieren lassen. Der Alltag mit Hund ist voller größerer und kleinerer Baustellen, die Sie niemals alle gleichzeitig bearbeiten können. Wählen Sie gezielt aus, worauf Sie Ihre Zeit und Energie verwenden.

ARBEIT MIT BELOHNUNGEN UND MARKERN

Die zweite Säule, auf die sich der Trainingserfolg neben der Organisation stützt, ist die positive Verstärkung. Verhalten, das sich für den Hund lohnt, wird schnell gelernt und gern wiederholt. Die Belohnungen, die zum Einsatz kommen, können vielfältig sein und haben unterschiedliche Wirkung.

Ihre Freude, wenn Sie den Hund mit hoher Stimme begeistert loben, wird ihn anstecken und aufdrehen lassen. Ebenso gut können Sie ihn jedoch mit in tieferer Stimmlage gesprochenen Lobworten beruhigen. Ihre Anerkennung wird Ihrem Hund in jedem Fall wichtig sein – loben Sie daher immer großzügig und versuchen Sie, Ihren Fokus stets auf all die vielen Dinge zu richten, die er toll macht. Viele Hundebesitzer tendieren dazu, nur zu sehen, was alles noch nicht klappt, und ärgern sich über die Fehler, die ihr Hund vielleicht macht. Verhindern Sie die Fehler wie schon beschrieben durch gezieltes Management und belohnen Sie erwünschtes Verhalten mit voller Wertschätzung und dem Einsatz zusätzlicher Verstärker.

Futterbelohnungen sind relativ einfach zu handhaben, denn jeder Hund muss fressen und der Mensch muss ihn sowieso füttern. Daher kann man problemlos einen Teil seiner täglichen Futterration als Belohnung abzweigen und aus der Hand statt aus dem Napf verfüttern. Je schwieriger eine Situation für den Hund ist, desto hochwertiger sollten jedoch die Leckerchen werden. Statt einfachem Trockenfutter können dann beispielsweise kleine Fleisch- oder Käsestückchen, Hundeleberwurst oder eine selbst angerührte, besonders leckere Mischung aus der Futtertube zum Einsatz kommen. Fressen hat grundsätzlich eine beruhigende Wirkung auf den Hund. Speziell Kauen und Lecken helfen dabei, Erregung abzubauen.

Ein kontrolliertes Zerrspiel ist eine tolle Belohnung, dient dem Selbstkontrolltraining und füllt das Wohlfühlbudget des Hundes auf. (Foto: Madeleine Franck)