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Fehlleistung programmiert? Der Flughafen Berlin Brandenburg, die Elbphilharmonie Hamburg oder die Transrapidstrecke in München – angetreten als Projekte der Spitzenklasse, nehmen sie mittlerweile eher Spitzenplätze auf der Liste der Jahrhundertflops ein. Warum werden diese Vorhaben teurer als geplant, mit Verspätung realisiert und nicht selten als Bauruine zurückgelassen? Und warum scheinen sich diese Skandale im "Deutschland der Denker und Ingenieure" immer öfter zu wiederholen? Laut dem Management-Berater Leopold Hüffer sind diese Entwicklungen keine Überraschung. Er sieht die Antworten klar auf der Hand – mehr noch: Dies sind keine unrühmlichen Ausnahmen, sondern der unübersehbare Gipfel eines Desasters, das im Hintergrund schon lange sein Unwesen treibt: katastrophale Stellenbesetzungen auf allen Gesellschaftsebenen. In "Kalte Fische" gestattet Leopold Hüffer einen Blick hinter die Kulissen der Personalentscheidungen und entlarvt dabei die gesellschaftlichen Mechanismen, die zu Vetternwirtschaft, Karrierestreben, Bauchgefühl und Kurzschlussentscheidungen führen. Sie erfahren hier von einem Insider, der in den obersten Führungsetagen zu Hause ist, warum in Top-Positionen viel zu oft "Kalte Fische" an den Hebeln sitzen und somit die gesamtgesellschaftliche Weiterentwicklung nachhaltig gefährden. Lesen Sie, warum wir Top-Jobs mit Top-Flops besetzen. Das Buch fundiert, was der Volksmund in solchen Fällen zu sagen pflegt: "Der Fisch stinkt immer vom Kopf her". Für Führungskräfte, Personalentscheider und für alle, die das Geheimnis einer guten Personalpolitik erfahren wollen.
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Seitenzahl: 338
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Leopold Hüffer
Kalte Fische
Leopold Hüffer
Kalte Fische
Warum wir Top-Jobs mit Top-Flops besetzen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Leopold Hüffer
Kalte Fische
Warum wir Top-Jobs mit Top-Flops besetzen
Frankfurter Societäts-Medien GmbH
Frankenallee 71 – 81
60327 Frankfurt am Main
Geschäftsführung: Hans Homrighausen
Erste Auflage
Frankfurt am Main 2013
ISBN 978-3-95601-037-8
Copyright
Frankfurter Societäts-Medien GmbH
Frankenallee 71 – 81
60327 Frankfurt am Main
Umschlag
Anja Desch, F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH, 60326 Frankfurt am Main
Satz
Wolfgang Barus, Frankfurt am Main
Titelbild
© thinkstock
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, vorbehalten.
eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net
Inhalt
Prolog: Kalte Fische
Im Totenreich
Reformstau, Ideenschredder und Eliteparanoia
Blinde Regisseure
Die fatale Ahnungslosigkeit der Entscheider
Flaschenzüge
Der Mythos von Ausschreibungen, Bewerbungsverfahren & Co.
Kulissenschieber
Wie Titel und Zertifikate die Wirklichkeit zurechtlügen
Dampfplauderer
Die Dummheit der Beratungsresistenz
Kadavergehorsam
Wem wirklich Vertrauen geschenkt wird
Betonfüße
Wie Top-Leute klein gehalten werden
Verbrannte Erde
Der hoffnungslose Umgang mit dem Scheitern
Des Mittelmaßes heiliger Bund
Die wahren Entwicklungsverhinderer
Stunde Null
Warum jede Stellenbesetzung eine Chance ist
Top
Der Weg zu neuer Souveränität
Epilog: Keine Wundertäter
Der Autor
Prolog: Kalte Fische
„Ach, der wird schon in seine Aufgabe reinwachsen. Ich kenne ihn seit Jahren, das ist wirklich ein guter Mann. Wir versuchen es mit ihm.“
Ungläubig schaue ich den Telefonhörer an. Gerade habe ich erklärt, warum ich den Kandidaten für die Vertriebsleitung nicht empfehle: Im Assessment zeigte sich eindeutig, dass er es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Warum will mein Auftraggeber den Mann dann trotzdem einstellen?
Vielleicht eben, weil er ihn schon seit Jahren kennt. Der Kandidat stammt offenbar aus seinem persönlichen Netzwerk und würde daher seine Hausmacht in der Firmenhierarchie stärken. Aus unseren Gesprächen weiß ich, dass sich mein Auftraggeber als Bayer in Flensburg und als Leiter eines Medizintechnik-Unternehmens in einer Unternehmensgruppe, die ganz überwiegend der Lebensmittelbranche angehört, isoliert fühlt. Da braucht er wohl Rückendeckung.
Ein halbes Jahr später höre ich betrübliche Neuigkeiten: Der Neue, so hat sich vor Kurzem herausgestellt, hat fiktive Vertriebstouren vorgelegt. Die Kunden auf seiner Liste hat er nie besucht. Nicht einmal angerufen.
Für den CEO der Unternehmensgruppe ist dieser Vorgang der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Der letzte Beweis, dass die Medizintechnik-Sparte hinsichtlich der Unternehmenskultur nicht zur Gesamtgruppe passt. Er verkauft diesen Unternehmensteil an einen Wettbewerber.
Warum erzähle ich Ihnen von dieser Fehlbesetzung? Weil ich überzeugt bin: Sie ist kein Einzelfall. In Unternehmen, in politischen Ämtern, in der Zivilverwaltung sitzen zu viele unfähige oder bestenfalls mittelmäßige Persönlichkeiten auf entscheidenden Positionen.
Im Bereich der Wirtschaft bekomme ich das hautnah mit. Ich bin Unternehmensberater für Führungskräfteassessments – kein Headhunter, der Führungskräfte sucht und vermittelt, sondern lediglich Gutachter für die Fähigkeit und Eignung von Kandidaten für oberste Führungspositionen. Aus meiner täglichen Berufspraxis weiß ich, wie oft die Position eines CFO, Vorstandsvorsitzenden oder Gesamtvertriebsleiters neu besetzt werden muss, weil der vorherige Inhaber grandios gescheitert ist oder vom Alltagsgeschäft schleichend überfordert war.
Ein Wort zu den Beispielen in diesem Buch: Sie gehen auf reale Fälle zurück, die ich entweder selbst miterlebt habe oder von nahen Bekannten kenne. Aber sie sind nicht ganz genauso geschehen, wie ich es hier darstelle. Ich habe Namen, Branchen und Ortsangaben verfremdet, um die beteiligten Personen zu schützen. Manchmal habe ich auch mehrere Vorfälle, die sich so oder ganz ähnlich abgespielt haben, in einer Geschichte zusammengefasst. Denn es geht mir nicht darum, einzelne Personen bloßzustellen, sondern typische Prozesse aufzuzeigen, die dazu führen, dass in Wirtschaft und Gesellschaft immer wieder Führungspositionen mit Personen besetzt werden, die dafür nicht geeignet sind.
Wenn ich die Nachrichten verfolge, gewinne ich den deutlichen Eindruck, dass das Problem der Fehlbesetzung in allen Bereichen unserer Gesellschaft wächst. All die missglückten Projekte, die Skandale, die sinnlos aufflammenden Konflikte, die Konkurse oder Beinahe-Konkurse vormals mächtiger Unternehmen oder die exorbitant verschuldeten Staaten zeigen: Hier trägt jemand eine Verantwortung, der er nicht gewachsen ist. Wir sind Zeitzeugen von Überforderung, aber auch von übermäßig hochgesteckten Erwartungen. Ja, es gibt fähige Leute auf wichtigen Posten, es gibt Fälle von erfolgreichem Krisenmanagement und geschickt in die Wege geleitetem Aufschwung. Aber nicht genug. Unsere Gesellschaft trägt schwer an den Fehlbesetzungen auf Spitzenpositionen.
Das finde ich inakzeptabel. Wie kann man nur so blöd sein, gewisse Leute zu nehmen? Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock, dass diese Person nicht passt!
Das Problem sind nicht die unglücklichen Gestalten, die mit ihrer Aufgabe überbeansprucht sind. In einer anderen Position hätten sie vielleicht Positives bewirkt. Da hätten sie es gar nicht nötig gehabt, ihre Überforderung mit Lügen und Hau-Ruck-Entscheidungen zu übertuschen.
Das eigentliche Problem sind die Stellenbesetzer. Diejenigen, die solche ungeeigneten Kandidaten in die höchsten Ämter heben. Und zwar oft kaltblütig und sehenden Auges: um ihren eigenen Einfluss zu festigen. Um ihre Macht zu erhalten. Das Wohlergehen der Gemeinschaft ist für sie nicht vorrangig, solange es ihnen selbst gut genug geht. In der eigentlichen Gewissensfrage versagen sie: Im Zweifelsfall entscheiden sie sich kaltblütig für das Eigeninteresse. Das sind kalte Fische.
Also ein Grund, um die Zeitung abzubestellen, den Fernseher immer vor den Nachrichten auszuschalten und sich im eigenen Haus einzuschließen? Ein Grund, hinsichtlich der Zukunftschancen unserer Gesellschaft zu resignieren? Nein. Ich hätte dieses Buch nicht geschrieben, wenn ich nicht der Überzeugung wäre: Die kalten Fische haben nicht das letzte Wort. Es ist möglich, für die meisten Spitzenpositionen in Wirtschaft und Gesellschaft fähige, charakterstarke, engagierte und gewinnende Persönlichkeiten zu berufen. Wenn wir es richtig angehen.
Wie das gelingen kann, will ich in diesem Buch aufzeigen.
Im Totenreich
Reformstau, Ideenschredder und Eliteparanoia
Chaos. In langen Schlangen stehen die Menschen vor den Check-in-Schaltern. Trolleys hochbeladen mit Gepäck verhaken sich ineinander. Man könnte fast meinen, es wäre Anfang der „Großen Ferien“ an einem ganz normalen Flughafen. Doch es ist nicht Sommer, sondern bitterkalt in dem ungeheizten Terminal. Die vermeintlichen Fluggäste tragen grüne Helme und Sicherheitswesten, um sie herum wird noch gebaut, gebohrt und gehämmert. Dieser Tag ist einer von vielen Testläufen, bevor in ein paar Monaten der neue Flughafen in Betrieb genommen werden soll.
Insgesamt 10.000 Berliner und Brandenburger haben sich als Komparsen freiwillig gemeldet. Sie helfen den Planern dabei, die Abläufe im neu gebauten Berliner Flughafen möglichst realitätsnah zu überprüfen und Schwachstellen aufzudecken. Heute suchen sich etwa dreihundert Testpersonen ihren Weg durch den siebenhundert Meter langen Hauptflügel des Flughafengebäudes. Am Ende des Tages werden sie berichten, wie lange sie am Check-in warten mussten, ob sie genügend Platz hatten, um sich nach der Sicherheitskontrolle ihre Schuhe, Gürtel und Jacken auch wieder anzuziehen, und ob sie ihr Gate problemlos finden konnten. Viele Probleme, die an diesem Tag sichtbar werden, werden sich mit überschaubarem Aufwand lösen lassen. Einige jedoch nicht.
Das niederschmetterndste der Ergebnisse: Die Anzahl der Check-in-Schalter wird nicht ausreichen. Statt der berechneten 60 Passagiere waren im Testlauf bloß 30 Fluggäste pro Schalter und Stunde abgefertigt worden. Das heißt: In Spitzenzeiten werden die Fluggäste nicht rechtzeitig zu ihren Gates gelangen und ihren Flug verpassen. Für einen Flughafen ist das der Gau. Doch der Eröffnungstermin am 3. Juni 2012 soll gehalten werden. Eine erneute Verschiebung – schon der ursprünglich geplante Termin am 30. Oktober 2011 war geplatzt – würde die Kosten nur noch weiter in schwindelerregende Höhen treiben. Hastig wird im Frühjahr 2012 eine Leichtbauhalle als Sicherheitsreserve gebaut. Bei großem Andrang soll hier das Bodenpersonal an zwanzig weiteren Check-in-Schaltern seine Arbeit aufnehmen. 2,5 Millionen Euro kostet die Halle. Dumm nur, dass sie wie ein Fremdkörper mitten im Zuliefererbereich steht – nur eines der vielen Beispiele dafür, wie frühere Planungsfehler ausgebügelt werden und was alles in Kauf genommen wird, um den Termin zu halten; koste es, was es wolle.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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