Kapitalismus, was tun? - Wagenknecht Sahra - E-Book

Kapitalismus, was tun? E-Book

Wagenknecht Sahra

4,2

Beschreibung

Betroffen sind alle, aber nur wenige sehen, was tatsächlich geschieht. Wer die inzwischen von den Medien ausgeblendeten Hintergründe und die absehbaren Konsequenzen verstehen will, tut gut daran, sich die komplizierten Sachverhalte von der ausgewiesenen Wirtschaftsexpertin Sahra Wagenknecht erklären zu lassen. Selten hat jemand die Finanzwelt derart klarsichtig erläutert. Die Autorin schließt mit einer deutlichen Ansage: "Es gab selten ein System, das so wenige Profiteure und so viele Verlierer hatte wie der heutige Kapitalismus. Es gibt keinen Grund, sich mit ihm und in ihm einzurichten."

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Impressum

Kapitalismus im Koma

Erstausgabe 2003, edition ost

Wahnsinn mit Methode

Erstausgabe 2008, Das Neue Berlin

ISBN eBook 978-3-360-50039-7

ISBN Print 978-3-360-02159-5

© 2013 Verlag Das Neue Berlin, Berlin

Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin,

unter Verwendung eines Fotos von Bernd Kuhnert

Das Neue Berlin Verlagsgesellschaft mbH

Neue Grünstraße 18, 10179 Berlin

Die Bücher des Verlags Das Neue Berlin

erscheinen in der Eulenspiegel Verlagsgruppe.

www.eulenspiegel-verlagsgruppe.de

Sahra Wagenknecht

Kapitalismus, was tun?

Schriften zur Krise

Das Neue Berlin

Buch I

Kapitalismus im Koma

Eine sozialistische Diagnose

Wirtschaftskolumnen

Auf Schrumpfkurs

Schrumpft sie oder schrumpft sie nicht – diese in der Ökonomenzunft rege diskutierte Frage ist seit einer Woche amtlich entschieden: Sie schrumpft. Nach einer sogenannten »Roten Null« im zweiten Quartal 2001 ist die deutsche Wirtschaftsleistung im dritten Quartal um 0,1 Prozent zurückgegangen. Otto Normalverbraucher wird diese Nachricht weniger intensiv bewegen. Seine Bezüge schrumpfen zumeist schon länger und um weit erheblichere Beträge. Wer beispielsweise unter die noch in Zeiten sonniger Konjunktur im produktiven Arbeitsbündnis zwischen Hundt und Schröder (Gewerkschafter waren als Unterhaltungseinlage zugelassen) ausgekungelten Metall- und Chemietarifverträge fiel, verlor in diesem Frühjahr mindestens ein Prozent seines Einkommens. Um etwa diese Quote nämlich überstieg die Inflation das festgelegte Plus bei den Löhnen. Von der Gehaltskurve all jener, deren Einkommen längst kein Tarifvertrag mehr regelt, nicht zu reden. Auch die Zahl der Firmenpleiten ist in den zurückliegenden Jahren ohne nennenswerte konjunkturelle Schwankungen von einem Rekord zum nächsten geklettert.

Freilich: Was sind einige zehntausend insolvente Klitschenbesitzer gegen die aktuellen Nöte von Deutsche Bank Vorstand Breuer, der seinen Aktionären erklären muss, weshalb das noble Haus in den ersten drei Quartalen 2001 einen mickrigen Gewinn von gerade 5,3 Milliarden Mark eingefahren hat. Im gleichen Vorjahreszeitraum waren es immerhin noch 8,7 Milliarden. Ähnliche Sorgen, wenngleich weniger drastischen Ausmaßes, plagen das Topmanagement von Daimler und BMW mit Quartalsgewinnen von etwas über fünf- beziehungsweise sechshundert Millionen Märkern. Ein Jahr zuvor lag die Bilanz um ein- bis zweihundert Millionen darüber. Ja, es gibt jetzt sogar handfeste Verluste außerhalb des notorisch schwindsüchtigen Mittelstands: bei Siemens etwa oder der Deutschen Telekom. (Die unter Linken heftig umstrittene Frage, ob Enteignungen von Aktionären zulässig seien, wurde von Herrn Sommer übrigens inzwischen praxisorientiert beantwortet. Zu bedauern ist nur, dass es irgendwie doch wieder nicht die richtigen Aktionäre traf.)

Nun erhalten Wirtschaftsinstitute ihr Geld bekanntlich nicht nur dafür, falsche Konjunkturprognosen abzugeben, sondern auch dafür, ihre Fehler rückwirkend zu erklären. Also wird inzwischen emsig über die Ursachen des Dilemmas debattiert. Da die gutdotierten Ökonomen lange begriffen haben, was die PDS auf Geheiß vermeintlicher Vordenker gerade lernen soll: dass nämlich Unternehmertum und Gewinninteresse Effizienz und Innovation bewirken und jedenfalls nicht Verfall und Vergeudung, bleibt der Kapitalismus als Krisenursache außer Betracht. Es werden andere Gründe gesucht und Schröder hat seine inzwischen in den Ring geworfen: Die dümpelnde US-Wirtschaft, teilte er mit, schmälere den deutschen Export. Auch das Handelsblatt empört sich und titelt: »US-Verbraucher enttäuschen Erwartungen der Märkte.« Womit der gerügte US-Verbraucher, der im Schnitt heute mehr Schulden als Jahreseinkommen hat und, sofern von der laufenden Entlassungswelle betroffen, schon nach kurzer Zeit keine Aussicht auf einen müden Dollar staatliche Unterstützung mehr, – womit er seine Verbrauchslust bezahlen soll, wird nicht erläutert. (Gleiche Kritik an den bundesdeutschen Verbraucher zu richten, unterlässt man wohlweislich; es könnte immerhin den ein oder anderen Gewerkschafter auf die Idee bringen, den für verlangte Konsumfreude nötigen Zuschlag beim Einkommen zu fordern.) Die Verweisung nach Übersee hat für Schröder zudem den Vorteil, dass die Wurzel der Misere damit jenseits des Handlungsradius’ der Bundesregierung liegt und keine Schlüsse für die eigene politischen Linie sich aufdrängen.

Doch so einfach lässt man den Kanzler nicht entkommen. Prompt meldet sich diese Woche einer jener Konzernlobbyisten, die ihre Ratschläge unter dem Pseudonym »Wirtschaftsweise« zu veröffentlichen pflegen, mit der These zu Wort, die Krise sei gar nicht nachfrage-, sondern angebotsseitig verursacht. Es folgt der bekannte Maßnahmenkatalog renditeträchtiger Umverteilung – von der Amerikanisierung des Arbeitsmarktes bis zum Einschmelzen sämtlicher Sozialleistungen auf Mindeststandards –, der der SPD-Regierung, sofern noch nicht erledigt, nachdrücklich aufgetragen wird. Der Mann wird sich vielleicht noch bis nächsten Herbst gedulden müssen, aber die Chancen stehen gut, dass er dann bekommt, was er verlangt. Schröder hat Hinweise aus dieser Richtung schon immer verstanden. Und dies wird so bleiben, solange jene, denen solches Verständnis aus gutem Grund fehlt, nicht endlich unüberhörbar auf sich aufmerksam machen. Dieses gilt in der Krise eher mehr denn weniger. Sonst wird auch der nächste Aufschwung, falls er kommt, sich wieder nur in den Gewinnbilanzen der Konzerne bemerkbar machen.

8. Dezember 2001

Pharma bei bester Gesundheit

Ulla Schmidt hat es schwer. Während die Kollegen Riester und Eichel ihre Hausaufgaben in Sachen Förderung der Profitrate längst erledigt haben, avanciert das Gesundheitswesen zum Sinnbild von Reformstau und Mutlosigkeit. Die Kassen schreiben rote Zahlen, die Beiträge steigen und steigen, die Wirtschaft plärrt, die Parmakonzerne mauern sowieso. Da der vielgeforderte Mut freilich immer der ist, der SPD-Wählerklientel möglichst rücksichtslos ins Gesicht zu schlagen, wird uns wohl zumindest im Wahljahr eine mutlose Ministerin erhalten bleiben.

Immerhin wird Vorfeldarbeit geleistet. Diese besteht erstens in der Verbreitung des Irrglaubens, dass das Dilemma nichts mit Interessen zu tun habe, sondern Folge objektiver Entwicklungen sei, und zweitens in der Popularisierung der Lüge, dass es ohne Leistungskürzungen nicht überwunden werden könne. Funktioniert hat das Muster schon bei der Rentenreform. Irgendwann waren sogar die Gewerkschaftsspitzen überzeugt, dass man der hartnäckig steigenden Lebenserwartung nachhaltig nur durch drastische Absenkung der Alterssicherung begegnen kann. Wer in Zukunft noch alt werden will, soll es sich gefälligst leisten können. Das edle Reformwerk, inzwischen Gesetz, hat freilich den Nachteil, dass es nur sehr langsam wirkt. Denn es ist vor allem die Generation der heute unter Fünfzigjährigen, der das Riester-Projekt eine Perspektive als Sozialhilferentner eröffnet. Also altert die Bevölkerung vorerst friedlich weiter, was wiederum – neben angeblich ausufernden Leistungskatalogen und mangelnder Effizienz – gute Vorwände hergibt, die »Kostenexplosion« im Gesundheitswesen zu erklären.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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