Karl Foerster - Eine Biografie - Antje Peters-Reimann - E-Book

Karl Foerster - Eine Biografie E-Book

Antje Peters-Reimann

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Beschreibung

Als einer der bekanntesten deutschen Staudenzüchter hat Karl Foerster die Gartenwelt revolutioniert. Mit großem Enthusiasmus gab er sein umfassendes Wissen an Generationen von Gärtnern und Gartenfreunden weiter. Die vorliegende Biografie beleuchtet Karl Foerster in seiner ganzen Vielschichtigkeit als Pflanzenzüchter, Staudenverwender, Schriftsteller, Fotograf und Mensch. Detaillierte Einblicke in sein Leben, seine Arbeitsfelder und sein familiäres Umfeld laden dazu ein, die Gartenikone in all ihren Facetten kennenzulernen und lassen erahnen, wie wertvoll das Erbe Karl Foersters auch für die heutige Gartenkultur noch ist.

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Seitenzahl: 149

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Antje Peters-Reimann

KARL FOERSTER

EINE BIOGRAFIE

Inhalt

Karl Foerster – ein Leben für die Stauden

Einleitung

Ein Leben für die Stauden

Sein eigener Herr

Das Motto lautet: Wachsen

Der Gärtner und die Liebe

Deutschland ist nicht genug

Nicht immer rosige Zeiten

Es fehlt an allem

Ehre, wem Ehre gebührt

Für ein Leben ist dieser Beruf zu groß

Ein Lehrling lauscht der Natur – Foersters Geisteshaltung und Weltsicht

„Blumen, wie von Engelshänden geformt“ – Karl Foerster als Züchter

Vom Schöpfen aus der Pflanzenfülle – Foerster als Staudenverwender

Bilder als Lehrmittel – Foerster als Fotograf

„Natur redet eine wunderbare Sprache“ – Foerster als Schriftsteller

Einfluss und Inspiration

Vom Sternenforscher und den starken Frauen – die Familie Karl Foersters

Vorbilder und Weggefährten Karl Foersters – eine spannende Zeit für Staudenverwender

Ansporn und Inspiration – der Bornimer „Kulturzierkürbiskreis“

Gärten, Pflanzen und Menschen – das Erbe Karl Foersters

Das „kleine Elysium“ – Haus und Garten Foersters in Bornim

Ein Staudengarten für alle – die Freundschaftsinsel in Potsdam

Wohnraum im Grünen – ein wiederentdeckter Foerster-Garten

Den Sommer ans Herz nehmen – die Lieblingspflanzen Karl Foersters

Gräser und Farne im Garten – Gruß aus „unbekanntem Land“

Eine Gärtnerei im Tosen der Geschichte – ein Platz für ganz besondere Menschen

„Es war eine große Gartenzeit!“

Service

Die Bücher Karl Foersters

Dank

Literatur

Empfehlenswerte Gärtnereien

Register

Bildquellen

Über die Autorin

Impressum

Die Blütenbälle des Zierlauchs wetteifern kontrastreich mit dem leuchtenden Mohn um die Blicke der Besucher des Bornimer Foerster-Gartens.

Karl Foerster – ein Leben für die Stauden

Ein Vorwort von Prof. Dr. Swantje Duthweiler

„Blumengärten für intelligente Faule“ – die gartenphilosophischen Ideale von Karl Foerster scheinen zeitlos zu sein. Wer möchte nicht gerne zu den Klugen gehören, die in der Hängematte auf fruchtbare Garteneinfälle warten, anstelle den ganzen Tag ohne Einfall im Garten herumzurasen? (So Foerster 1925 in „Unendliche Heimat“.) Das Geheimnis zur Reduzierung von Pflegearbeiten und -kosten liegt bei Foerster in einer Verwendung dichter Bodendecker. Mit seinen prägnanten Formulierungen erreicht Foerster auch noch 50 Jahre nach seinem Tod große Publikumsmassen und kann immer wieder für Stauden begeistern. Doch sind Stauden Elemente der Gartengestaltung, die sich nicht leicht vorhersehbar in planerische Konzepte einbinden lassen. Je nach Standort reagieren sie mitunter sehr unterschiedlich, überraschen mit ihrer Ausbreitungsstärke oder einem unerwarteten Verschwinden. Nachdem man im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert die Staude für Garten und Parkanlagen wiederentdeckt hatte, war man auf der Suche nach Planungshilfen und vegetationskundlicher Orientierung. Und hier hatte Foerster ein großes Angebot: von herausragenden Fachbüchern, seiner gemeinsam mit Oskar Kühl und Camillo Schneider seit 1920 herausgegebenen Zeitschrift „Gartenschönheit“, real erlebbaren Vergleichssortimenten auf der Freundschaftsinsel beziehungsweise in seinem Versuchsgarten in Bornim bis hin zu Kurzfilmen, wie „Verliebt in Stauden“ mit Foerster als 91-Jährigem in der Hauptrolle. Doch spielen diese Entwicklungen heute überhaupt noch eine Rolle?

Zum einen ist fraglich, ob sich eine aktive Staudenverwendung ohne Karl Foersters unermüdlichen und jahrzehntelangen Einsatz überhaupt so flächendeckend in Deutschland durchgesetzt und eine solche Wirksamkeit entfaltet hätte, die bis heute anhält. Zum anderen prägte Foerster nicht nur eine Staudenverwendung, sondern vor allem ein Lebensgefühl, das zeitlos ist. Wenn er 1939 eine „großflächige Farbenmonotonie“ als kalte Pracht kritisierte und die „allgemein phantasielose Pflasterung“ von Beeten mit einer Sorte mit dem „Liebeslied eines Mädchens gesungen von einem Männergesangverein“ verglich („Blumenzwiebelbuch“), schwingt hier ein sehr ökologisch-romantisches Ideal mit, das auch heute verstanden und gesucht wird. Nach Zeiten wirtschaftsorientierter Artenreduzierung in öffentlichen Grünflächen fördern wir derzeit wieder Insektenfutterpflanzen und naturnahe Bilder als Ausgleich für fehlende Naturerfahrungen in der Bevölkerung. Das, was man früher „Naturgartenbewegung“ nannte, heißt heute „New German Style“, und die Staudenverwendung Karl Foersters und die pflanzensoziologischen Einflüsse seines Schülers Richard Hansen werden derzeit international diskutiert und weiterentwickelt.

Ein wichtiger Eckpunkt war Karl Foersters Theorie der „Wildnisgartenkunst“, die der Verwendung von Wildstauden den Weg bereitete. Hier war es wichtig, die artspezifische, vom Naturstandort geprägte Erscheinungsform zu berücksichtigen. Mit dem Einbeziehen von Gräser- und Farnsortimenten schuf Foerster eine praxisorientierte Grundlage für naturnahe Pflanzungen in Garten und Park. Foerster arbeitete hierbei in der Tradition der Naturgartenbewegung. Eine Grundlage dazu haben Hermann Jäger und William Robinson geschaffen. Vor allem Letzterer hatte in seinem Werk „The Wild Garden“ (1870) im Sinne des künstlerisch kulturellen Aufbruchs eine Pflanzenverwendung nach physiognomischen Merkmalen idealtypischer Landschaften entwickelt. Im frühen 20. Jahrhundert war unter dem Einfluss der Lebensreform- und Wandervogelbewegung auch in Deutschland eine intensivere Naturbeobachtung und -beachtung zu verzeichnen – vergleichbar mit der aktuellen Entwicklung in Deutschland. Für Gartengestaltung und Pflanzenverwendung standen früher wie heute zunehmend Verzicht auf Repräsentation, Beschränkung auf einfache Gestaltungsmittel und Berücksichtigung der bestehenden Vegetation im Vordergrund. Allem liegt die Übertragung einer größeren Landschaftseinheit in Gärten und Parkanlagen zugrunde, die in ihrem Ansatz weit über eine einzelne Beetgestaltung hinausgeht. Im Sinne einer „Steigerung des Alltäglichen“ wurden damals Landschaften – meist vorindustrielle Natur- und Kulturlandschaften – im Sinne von Robinson und Lange auf einen Ausschnitt reduziert und durch Hinzufügen eindrucksvoller Pflanzenarten gestalterisch überhöht. Foersters „Einzug der Gräser und Farne in die Gärten“ (1. Auflage 1957) ist aktuell in Deutschland und international überall zu erleben. So schaffen Foersters „bronzefarbene, bläuliche, blaugrüne, stahlblaue und weißgelben“ Gräser ausdauernd naturnah wirkende Pflanzungen und bringen „in die Gartenbilder das Wunder des Natürlichen“.

Somit bleibt festzustellen, dass das Gedankengut Karl Foersters aktuell wieder große Aufmerksamkeit erlangt. Zahlreiche seiner Fachbücher sind in aktueller Überarbeitung durch Norbert Kühn im Handel, und Foersters Beobachtungen und Anregungen werden in die moderne Sprache und wissenschaftliche Nomenklatur „übersetzt“. Insofern sind dem Leser viel Freude und wertvolle Anregungen mit diesem Lesebuch zu wünschen.

Prof. Dr. Swantje Duthweiler,

Vorsitzende der Karl-Foerster-Stiftung für angewandte Vegetationskunde

Wenn die Dahlien so prächtig im Bornimer Garten blühen, ist der Herbst nicht mehr weit.

Einleitung

Wer war Karl Foerster? Natürlich ist der Name Gartenprofis und ambitionierten Gartenlaien bestens bekannt, die das mittlere Alter erreicht oder überschritten haben. Aber wie sieht es mit den jungen Menschen aus, die sich die wunderbare Welt des Gartens gerade erst erobern? Hier wird die eingangs gestellte Frage wohl eher mit der Gegenfrage beantwortet werden: „Karl wer?“ Das ist ein trauriger Befund, zumal es in Zeiten wie diesen eigentlich gar nicht genug Gärtner vom Schlage Karl Foersters geben könnte.

In Zeiten, in denen sich immer mehr Häuser hinter grauen Schottergärten verstecken, in denen schnell hochgezüchtete Pflanzen als Massenware in Baumärkten und Lebensmitteldiscountern „verramscht“ werden, in denen Schulkinder nicht eine Baumart von der anderen unterscheiden können und in denen man sich nicht auf den Zauber einlassen mag, der von Gärten ausgehen kann, voll Angst, das grüne Paradies könne nicht „pflegeleicht“ genug sein. In Zeiten, in denen kaum noch jemand lebt, der diesen Ausnahmegärtner aus Bornim bei Potsdam noch persönlich gekannt hat.

Doch was war das Besondere an dem Menschen und Gärtner Karl Foerster, weshalb sollte man noch heute seinen Namen kennen und das, wofür er steht? Er muss ein Mensch mit einer ganz besonderen Ausstrahlung gewesen sein, denn noch Jahrzehnte nach seinem Tod bekommen diejenigen, die ihn noch gekannt haben, eine weiche Stimme und glänzende Augen, wenn sie seinen Namen hören. Allein mit Zitaten aus Foersters Büchern ließe sich schon ein tiefgründiges Buch füllen. Liest man seine Bücher und Zeitschriftenartikel, vermittelt sich der Eindruck einer sehr komplexen Persönlichkeit, deren Vielschichtigkeit sich nur begrenzt erschließen lässt. Und so können wir, die wir Foerster nicht mehr kennenlernen durften, uns ihm nur in kleinen Schritten annähern. Indem wir uns mit den verschiedenen Facetten und Arbeitsfeldern seines Lebens beschäftigen, kann eine solche Annäherung gelingen. Und sie kann gleichzeitig Lust machen, sich auf diesen ungewöhnlichen Menschen einzulassen, der der Welt des Gartens so viele wunderbare Pflanzen geschenkt hat und der so viele Menschen zu besonderen Persönlichkeiten geformt hat, ohne die unsere Gartenkultur so viel ärmer wäre.

Nach einem Überblick über das Leben Karl Foersters nähern wir uns seiner Person und seinem Schaffen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Jedes (Unter-)Kapitel in diesem Buch soll aber für sich gelesen werden können, daher wiederhole ich bewusst einige Aspekte und Zitate an geeigneter Stelle. Und weil mir das Präsens lebendiger erscheint, schildere ich Vergangenes oft in der Gegenwartsform, springe zwischen damals und heute. Der Platz zwischen zwei Buchdeckeln ist natürlich begrenzt – und so müssen viele Geschichten über Karl Foerster leider unerzählt bleiben, doch ich würde mich freuen, wenn das Büchlein den einen oder anderen dazu anregen würde, sich noch tiefer und eingehender mit diesem großen Gärtner zu befassen.

Ich danke allen, die mir ihre kostbare Zeit für meine vielen Fragen rund um Karl Foerster geschenkt und meine Recherchen so engagiert unterstützt haben: Dr. Konrad Näser, Andreas Gaedt, Wolfgang Kautz, Prof. Swantje Duthweiler, Prof. Norbert Kühn, Prof. Cassian Schmidt, Dr. Clemens Alexander Wimmer, Ines Hübner, Wolfgang Härtel, Jörg Näthe, Thoralf Goetsch, Kristina Scheller, Jonas Reif, Alexandra Musiolek, Petra Pelz, Dieter Gaißmayer und Felix Merk. Mit ihnen allen gesprochen zu haben, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit und hat in mir tiefe Hochachtung vor dem Vermächtnis von Karl Foerster wachsen lassen!

Die Familie Foerster um 1880: die Eltern Wilhelm und Ina Foerster mit den Kindern Friedrich Wilhelm (rechts), Hulda (links), Karl (auf dem Schemel sitzend) und Ernst (auf dem Schoß der Mutter).

Dieses Gemälde vom jungen Karl Foerster stammt von seiner Mutter Ina, die selbst eine talentierte Malerin war. In jungen Jahren schwankte Karl nach eigenen Angaben „zwischen drei Berufen: Seefahrer, Maler, Gärtner“. Im Kreise seiner Familie wuchs er behütet in der Berliner Sternwarte auf.

Das Foto aus dem Jahr 1893 zeigt den jungen Karl Foerster in seiner Zeit als Gärtnergehilfe. Seine Gärtnerlehre absolvierte er in der Schlossgärtnerei zu Schwerin, danach zog es ihn zum weiteren Lernen unter anderem ins Schloss Altenstein, nach Geisenheim, ins italienische Bordighera und nach Ahrensburg bei Hamburg.

Ein Leben für die Stauden

Am 9. März 1874 erblickt Karl Foerster als Carl August Foerster in der Königlichen Sternwarte zu Berlin das Licht der Welt. Er ist das dritte Kind des Direktors der Sternwarte, des Astronomen und Physikers Wilhelm Julius (1832–1921), und der Malerin Ina Foerster, geborene Paschen (1848–1908). Er wächst behütet in einem großbürgerlichen Haushalt auf, erlebt mit den Geschwistern Friedrich Wilhelm (1869–1966), Hulda (1872–1958), Ernst (1876–1955) und Martha (1886–1972) eine glückliche Kindheit, die von Kunst, Musik und der Lektüre der Werke der großen Dichter und Denker geprägt ist. Die Kinder werden weniger im Geist der Unterweisungen aus Bibel und Katechismus erzogen, stattdessen liest man ihnen eher die Heldensagen des klassischen Altertums vor. In dem Essay „Elternhaus in der Sternwarte“ beschreibt Foerster diese prägende Zeit: „Der früheste und stärkste geistige Strom, der in unseren Kindheitsjahren von Vater und Mutter auf uns ausging, hatte die Gestalt einer wahrhaft seligen Fröhlichkeit, die wir schon vom fünften Jahr ab deutlich empfanden.“

Die Gartenleidenschaft versucht die Mutter in den Kindern zu wecken, indem sie jedem von ihnen die Verantwortung für ein eigenes Gärtchen auf dem Grundstück der Sternwarte gibt. Ob hier wohl schon Karls spätere Gartenleidenschaft geweckt wurde? Es ist zu vermuten. Denn unmittelbar nach dem Besuch des Berliner Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums schlägt er einen Weg ein, der damals in großbürgerlichen Kreisen als äußerst unpassend, zumindest aber als sehr ungewöhnlich angesehen worden sein muss: In der Schlossgärtnerei zu Schwerin – seine Großmutter mütterlicherseits stammt von dort – macht er von 1889 bis 1891 eine Gärtnerlehre. „Lange schwankte ich zwischen drei Berufen: Seefahrer, Maler, Gärtner“, schreibt er später über seine jugendlichen Überlegungen zur Berufswahl – seine früh erwachte Liebe zu den Pflanzen trägt schließlich den Sieg davon. Seiner Mutter, die sich Sorgen macht wegen der schweren körperlichen Arbeiten, die ihr Sohn während der Gärtnerlehre zu leisten hat – er muss unter anderem Torf für das Heizen der Gewächshäuser tragen –, antwortet er in einem Brief: „Was traust Du mir eigentlich in Betreff auf das Torfkarren alles zu, liebe Mama? … Solche Arbeiten muß ich nun mal in Kauf nehmen. Als Gärtner werde ich viele solcher Dinge thun müssen. Und schließlich ist diese Arbeit nicht einmal so ganz außer Zusammenhang mit Gärtnerarbeit, denn sieh mal, wenn ich einmal Leute unter mir habe, werden dieselben wahrscheinlich auch diese Arbeit thun müssen, und dann kann ich doch Zeit und Mühe beurteilen!“ Doch die Sorge der Mutter ist nicht unbegründet: In der Schweriner Zeit zieht sich ihr groß gewachsener Sohn ein Rückenleiden zu – es wird ihm Zeit seines Lebens starke Schmerzen einbringen.

Nach den ebenso lehrreichen wie anstrengenden Jahren in Schwerin besucht Foerster für ein Jahr die renommierte Gärtnerlehranstalt in Potsdam-Wildpark, die er jedoch ohne Abschluss verlässt. Grund für seinen Weggang ist möglicherweise die dort noch bis über die Jahrhundertwende hinaus gelehrte Lenné-Meiersche Schule, mit der er wenig anzufangen weiß: „Die Gärten gefielen mir nicht“, denn dort „kämpfte deutscher Jugendstil mit Massen von Hecken und Lattengerüsten gegen den mißverstandenen Landschaftsstil falscher Maßstabsverjüngung, der von monströsen Teppichbeeten“ (Glückliches durchbrochenes Schweigen, S. 100).

Nach dieser Enttäuschung folgt eine zehnjährige Lehr- und Wanderzeit: Es zieht Foerster unter anderem als Gehilfen ins Schloss Altenstein bei Bad Liebenstein, in die Gärtnerische Lehranstalt nach Geisenheim und zum Gartenarchitekten Ludwig Winter ins italienische Bordighera sowie in die renommierte Staudengärtnerei Nonne & Hoepker nach Ahrensburg bei Hamburg. Immer wieder muss er diese Phasen durch Kur- und Heilaufenthalte unterbrechen: „Körperlich geht’s mir wieder ganz schlecht, eigentlich ununterbrochen Beschwerden. Das Gestalten eines Briefes ist mir eine ganz außerordentliche Anstrengung“, schreibt er in einem Brief. Dies wird übrigens einer der wenigen Sätze sein, in denen sich Karl Foerster während seines langen Lebens über seine Krankheit äußert – den Kopf hängen zu lassen ist nicht seine Sache, ein unbeugsamer Optimismus wird ihn sein Leben lang begleiten und alle faszinieren, die ihn kennenlernen.

Wenn es die nun einmal nicht abwendbaren Schmerzen zulassen, erschließt sich Foerster die faszinierende Welt der Alpen, aber auch die Küstenlandschaften der Ostsee, wandernd und über die Schönheit der Natur staunend, und fasst dort neuen Mut: „Und hier in dem gewaltigen und doch so lieblichen Glarner Tal bin ich zum zweiten Mal geboren worden“, heißt es in einem in späten Jahren von ihm selbst verfassten Lebenslauf. Die Begeisterung über das Gesehene lässt ihn immer wieder zur Kamera greifen, eine Leidenschaft, die ihn sein ganzes Leben nicht mehr loslassen wird. Doch seine größte Leidenschaft – und diese entwickelt und verfestigt sich in diesen Jahren des Reisens und Dazulernens – gilt der Welt der Stauden. „Meine Hinneigung zur Staudenwelt war durch das Landschaftserlebnis entstanden. Sie kam eigentlich aus einer Waldwiesenstunde zwischen Herbstzeitlosen, die im wundervoll fahlen Oktobersonnenschein standen. Die Stauden schienen mir in Landschaftsvordergründen Zünder für die feinsten Jahreszeit- und Landschaftserlebnisse und boten die augenscheinliche Möglichkeit, in die kahlen Böden der Gärten Teppiche zu rollen. Allmählich war das alles, verstärkt durch Beobachtungen in Gärtnereien, so deutliches Lebensprogramm geworden, daß nun auch praktisch mit einer kleinen Gärtnerei angefangen werden mußte.“

Seine erste eigene Gärtnerei baute Karl Foerster in den Jahren 1903 bis 1907 im elterlichen Garten in Berlin-Westend auf. Tatkräftig wurde er dabei insbesondere von seiner Mutter Ina und seiner Schwester Martha unterstützt. Im Bild begutachtet Foerster gerade die Jungpflanzen im Frühbeet.

Sein eigener Herr

Fast 30-jährig beginnt Karl Foerster 1903 seine Selbstständigkeit – und zwar im Garten des neuen elterlichen Domizils in Berlin-Westend. Professor Wilhelm Foerster hat im Frühjahr die Leitung der Berliner Sternwarte aus Altersgründen niedergelegt und ist mit seiner Familie in ein Haus in der Ahornallee gezogen; das große Gartengrundstück hinter dem Haus bietet Platz für eine kleine Staudengärtnerei. Die Kinder der Nachbarsfamilie Lepsius sind anfangs empört, dass für das neue Unternehmen Bäume fallen müssen: „Was musste das für ein gräßlicher neuer Nachbar sein, der unseren Kiefernwald, unsere schönen Wiesen zerstörte“, erinnert sich Monika Lepsius-Berenberg. Doch bald schon sind die Kinder von dem großen Mann wie verzaubert: „Eine neue Welt von Farben und Formen tat sich mir auf. Karl Foerster forderte glühende Farben, wetterfesten Wuchs, malerische Wirkung im Raum … Das Wunder geschah: Es wuchsen Blumen, die sonst nur in Märchengärten gediehen …, Rispen wie Türme, ein Rausch von Blau“ (Foerster 2009, S. 99).

Ja, es ist kein reiner Blumenverkauf beim Sohn des berühmten Astronomen – von Anfang an stürzt sich der junge Mann auf die Züchtung neuer, bislang so nicht gekannter Stauden. Und auf die Vermittlung von Pflanzenwissen: Für die ersten Werbeanzeigen von Foersters Gärtnerei werden die Nachbarskinder direkt neben Riesenstauden fotografiert, quasi zum Größenvergleich. Der große Mann lehrt die Kleinen jetzt schon (wie später seine begeisterten Leser), die Bedeutung der einzelnen Farben der Blumen für den Garten zu erkennen und wertzuschätzen, und begeistert sie für alle Tätigkeiten im Garten. Die Gärtnerei ist dabei keine rein nüchterne Zucht- und Verkaufsgärtnerei – alles muss auch den strengen ästhetischen Ansprüchen des Gärtners genügen: Es ist ein Rausch von Farben, Formen und Düften, sogar einen Steingarten legt Foerster hier bereits an, und auch ein kleines Treibhaus wird errichtet. Der junge Gärtner liefert die Pflanzen persönlich mit seinem „Drahtesel“ an die Kunden.

Neben seinen unmittelbar gärtnerischen Aufgaben beschäftigt sich Karl bereits zu diesem frühen Zeitpunkt intensiv mit der Pflanzenfotografie, was sein ohnehin nicht sehr großes finanzielles Polster arg strapaziert. Die kleine Gärtnerei ist eine Mammutaufgabe, Mutter und Schwester packen kräftig mit an, sie erledigen die Buchführung, sammeln Samen und sortieren Pflanzen, außerdem werden die qualitätsvollen Zeichnungen der Mutter zur Illustration der Gärtnereikataloge verwendet. Ein Arbeiter hilft Foerster bei den schwersten Tätigkeiten – und bildet sein ganzes Personal. „Wenn er betrunken war, was nicht gerade selten vorkam, so war eben ‚das ganze Personal‘ besoffen“, berichtet Foersters Schwester Martha. Der junge Gärtner macht sich bald einen Namen und wird immer häufiger zu Gartenberatungen hinzugezogen, der Start in die Selbstständigkeit ist unter dem großen Einsatz der gesamten Familie Foerster geglückt.

Das Motto lautet: Wachsen

Da Berlin zu Beginn des neuen Jahrhunderts aus allen Nähten platzt und neue U-Bahn-Anschlüsse gebaut werden, muss Familie Foerster dem Berliner Westend den Rücken kehren: Es gilt, ein neues Gelände für die aufstrebende Gärtnerei zu finden. Auf seinen Erkundungszügen durch die Region stößt Karl Foerster auf ein geeignetes Ackergelände in Bornim bei Potsdam. Schnell wird er sich mit dem Besitzer einig und der Umzug von Gärtnerei und Familie ist zu bewerkstelligen, doch ohne die geliebte Mutter, denn die begabte Malerin ist bereits 1908 gestorben. Viele Hindernisse sind aus dem Weg zu räumen, um auf dem Kartoffel- und Getreideacker eine Gärtnerei erstehen zu lassen.