Kaspar Hauser. Beobachtet und dargestellt in der letzten Zeit seines Lebens von seinem Religionslehrer und Beichtvater - Heinrich Fuhrmann - E-Book

Kaspar Hauser. Beobachtet und dargestellt in der letzten Zeit seines Lebens von seinem Religionslehrer und Beichtvater E-Book

Heinrich Fuhrmann

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Beschreibung

Zwei wertvolle Augenzeugenberichte aus der letzten Lebenszeit des mysteriösen Findlings Kaspar Hauser: Pfarrer Heinrich Fuhrmann begleitete Kaspar Hauser durch seine religiöse Erziehung; Dr. Heidenreich leistete Kaspar Hauser nach dem Attentat im Ansbacher Hofgarten erste ärztliche Hilfe und war kurze Zeit später Zeuge der Obduktion des Leichnams.

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Seitenzahl: 128

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Beobachtet und dargestellt in der letzten Zeit seines Lebens von seinem Religionslehrer und Beichtvater.

Kaſpar Hauſers Verwundung, Krankheit und Leichenöffnung.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Anhang: Trauerrede bei der am 20. Dezember 1833 erfolgten Beerdigung

Vorwort.

Ich übergebe hiermit zur Steuer der Wahrheit dem größeren Publikum meine bis zu Kaspar Hausers letztem Lebensaugenblick seit dem Oktober 1832 über ihn angestellten und fortgesetzten Beobachtungen. Nur Fakta, die ich selbst gesehen habe, gebe ich, jedes weitere Raisonnement bleibt ausgeschlossen, das Urteil wird sich von selbst geben.

Nehmt, gutmütige Menschen, denen das Unglück des Gemordeten in jeder Beziehung nahegeht, diese kleine Gabe. Vielleicht werden größere euch von anderen und Tüchtigeren gereicht.

Die Zukunft wird wohl den Schleier der bis jetzt so dunklen Ereignisse lüften. Wir wollen es ruhig abwarten und ihr mit unseren Urteilen nicht vorgreifen. Was lange zum Hohn der Menschheit verborgen blieb, hat ja gar oft schon eine unbedeutende, mit der Sache selbst scheinbar in gar keinem Zusammenhang stehende Begebenheit schrecklich oder freudig an das Tageslicht gebracht. Die Vorsehung hat ihre Pläne und Wege, die, wenn auch verborgen, dennoch liebevoll und weise sind. Glücklich, wer diesen Glauben in treuer Brust bewahrt, ihm wird und ist er die schönste und zuverlässigste Leuchte in den dunklen Labyrinthen des Erdenlebens.

I.

Seltsame Menschen werden in der Regel in entgegengesetzten Richtungen beurteilt. Dieser Grundsatz hat sich in diesen Tagen wieder auf eine merkwürdige Weise bewährt. Kaspar Hauser, dessen Geschichte bis zu seinem tragischen Ende aus einem trefflich geschriebenen Buch, das den Titel führt: Kaspar Hauser, Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen von Anselm Ritter von Feuerbach, so wie aus den Daumerschen und Merkerschen Heften, aus Zeitungen und Korrespondenzen wohl den meisten bekannt ist, liefert den Beleg dazu. Er setzt gegenwärtig viele Gemüter in Bewegung und die Teilnahme an seinem Schicksal hat sich bereits auf eine so lebendige Weise ausgesprochen, ist noch immer so rege, daß einige Bemerkungen über sein inneres Leben, über die Art und Weise, wie er den Religionsunterricht, der ihm zur Vorbereitung auf seine Konfirmation, welche er am 20. Mai 1833 feierte, erhalten und aufgefaßt hat, über sein gewaltsam herbeigeführtes Ende und seine letzten Lebensaugenblicke, teils nicht unerwartet, teils nicht uninteressant sein werden.

Kaspar Hauser hat im Leben seine Gönner und Gegner gefunden, die schriftlich und mündlich ihr Urteil über ihn ausgesprochen haben, und es wird auch jetzt nach seinem Tode nicht fehlen, daß entgegengesetzte Richtungen des Urteils über ihn sich offenbaren. Mündlich geben sie sich bereits kund, und es steht zu erwarten, daß das auch schriftlich geschehen wird. Wenn dies nun nur von solchen geschieht, die selbst gesehen und beobachtet haben, wenn dies, gleichviel ob für oder gegen Hauser, mit der in solchen Fällen gerade am meisten notwendigen Ruhe, Besonnenheit und Unbefangenheit geschieht, so kann durch die nach geschlossener Untersuchung vielleicht erfolgende Veröffentlichung des Tatbestandes von der kundigen Hand eines tüchtigen Rechtsgelehrten manches für Seelen- und Rechtswissenschaft gewonnen werden, was außerdem noch auf längere Zeit verborgen geblieben wäre. Hätte Hauser uns, die wir mit regem Bedauern einen Unglücklichen in ihm erblickten, der nach langer unverschuldeter Gefangenschaft für seinen Körper liebende Sorgfalt und Pflege, für seinen Geist Bildung, für sein Gemüt Erheiterung und Aussöhnung mit dem Leben und den Menschen, die es ihm verkümmert hatten, bedurfte, getäuscht – was ich indessen, nach meinen Beobachtungen, wenn es mir nicht mit mathematischer Gewißheit dargetan wird, niemals glaube – so müßten wir freilich arge Trugschlüsse gemacht haben und nach ganz anderem Maßstab, als bisher, die Menschen in ihrer Denkweise bemessen. Hätten sich aber diejenigen, die noch immer an ihm irre sind, die sogar die erst am 14. des Monats1 an ihm verübte schaudervolle Tat auf seine Rechnung zu schreiben nicht ungeneigt sind, in ihrem Urteil über ihn geirrt, was ich bis jetzt noch immer mit aller Bestimmtheit annehme, dann wäre eine milde und christlich liebevolle Beurteilung des Nebenmenschen mit stärkerer Sprache gepredigt, als auf allen Kanzeln der Welt.

In diesen Bogen nun soll dargestellt werden, und zwar dargestellt aus längerer genauer Bekanntschaft und eigener Beobachtung. Nicht vorgefaßte Meinung, sondern aus Erfahrung gewonnene Überzeugung wird hier dargelegt. Zunächst richte ich den Blick auf Hausers inneres Leben, wie ich es kennengelernt habe, und ich habe ihn demnach in doppelter Hinsicht zu betrachten, einmal von seiten seines Geistes, fürs andere von seiten seines Herzens.

Was die erste Seite betrifft, so halte ich mich hier zuerst an die Fassungskraft und glaube, darin den natürlichen Weg gewählt zu haben. Denn es ist klar, daß die Gegenstände, welcher Art sie auch seien, mögen sie der äußeren Anschauung dargeboten werden, oder bloß im Gebiet des Denkens liegen, um über sie ein Urteil zu fällen und Schlüsse auf sie zu begründen, vorher aufgefaßt werden müssen. Auch wird es kaum jemand bestreiten, daß von der Art und Weise der Auffassung eines Gegenstandes die Anwendung oder Beurteilung desselben und ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit, Mangelhaftigkeit oder Vollständigkeit abhänge. Eben deswegen muß die Fassungsgabe eines Menschen, die Gelegenheit, die er hatte, dieselbe zu üben und zu bereichern, welcherlei Gegenstände ihn umgaben, wie sie sich ihm darboten oder gereicht wurden, sorgfältig ins Auge gefaßt werden, wenn wir über sein Tun und Treiben, wenn wir überhaupt über seine Lebensäußerungen absprechen wollen. Jedes Urteil über den Wert oder Unwert eines Menschen, über den inneren Grund seiner Reden und Handlungen sollte vorher in eine Frage nach seiner Fassungskraft verwandelt werden und es würde manches auch mit mehr Gerechtigkeit und Liebe gefällt werden, als es gewöhnlich geschieht. Doch ich wollte ja von Hauser reden, und habe also die Frage nach seiner Fassungskraft zu beantworten. Und wie war sie? Nach meinem Urteil ein eigentümliches Gemisch von Jünglingsreife und Kindereinfältigkeit. Das sind Widersprüche, wie manche sagen. Und sie haben Recht. Das ist Verschrobenheit, sagen wieder andere, und auch sie mögen, vorausgesetzt, daß sie damit nicht einen dem moralischen Wert widersprechenden Sinn ausdrücken, gewissermaßen Recht haben. Allein, möchte man beiden entgegnen, woher soll denn die Regelmäßigkeit in Hauser kommen, dessen ganze Entwicklung unregelmäßig war? Man tut diesem Unglücklichen so vielfach weh, indem man ungerechte, übermäßige Forderungen an ihn macht. Weil er einem Jüngling gleichsah und eine Jünglingsstimme hatte, weil er auf eine fast wunderbare Weise an das Tageslicht kam, so sollte er ebenso allen Jünglingen gleichstehen, sie wenn es möglich war übertreffen und ein kleiner Wundermann sein. Das geschah denn nicht. Jetzt redete er überraschend gut über einen Gegenstand, und zeigte tüchtige Auffassung der Gegenstände überhaupt, dann aber auf einmal kam der Tölpel, und man war versucht, böse zu werden über den großen Menschen, der ein so gar kleines Maß von Fassungskraft entwickelte. Was war davon zu sagen? Viele halfen sich kurz, waren also gleich mit der Sache fertig, indem sie dieselbe unter die vielfassende Rubrik „Betrügerei, Verstellung“ brachten. Viele wunderten sich, schüttelten den Kopf und konnten die Sache nicht begreifen. Allein bei genauerer Betrachtung wird teils der Verdacht gegen Hauser, teils das Rätselhafte seiner Fassungskraft verschwinden. Man darf durchaus keine Parallele zwischen ihm und unseren, in normalmäßigen Lebensverhältnissen aufgewachsenen Kindern ziehen. Bei diesen wird von der ersten Spur des Bewußtseins, das sie verraten, durch die Mutter, die Amme, die Kindsmagd, durch den Umgang mit anderen Kindern und dergleichen, die Fassungskraft geweckt und geübt. Bei Hauser war das alles anders. Aus den Armen seiner natürlichen Pfleger gerissen, geriet er gleich in den ersten Kindheitsjahren in die Hände unnatürlicher Menschen. Mit der Tür seines Loches, in das er gesteckt wurde, schloß sich für ihn die schöne weite Welt und eine sehr enge, von niedrigen Mauern eingeschlossene, welche ihm nichts zur Betrachtung darbot, als ein Paar hölzerne Rosse, ein Stück Brot und einen Krug mit Wasser, war der Schauplatz seines Wirkens und Lebens. In dieser körperlichen und geistigen Gefangenschaft blieb er bis zu jener Zeit, wo er in Nürnberg zuerst mit Welt und Menschen bekannt wurde. Da stürmte das Leben auf ihn ein. Die unermeßliche Zahl der Gegenstände, die sich ihm, sobald er etwas aufgewacht war, darbot, erdrückte ihn fast. Alles war ihm neu, alles gleich interessant. Aber er verstand nichts, und der Totaleindruck, der hier auf ihn gemacht wurde, konnte keineswegs wohltätig auf seine so ungeübten, zum Teil schlummernden, zum Teil förmlich vergrabenen Geisteskräfte wirken.2 Ich habe das oft an ihm bemerkt, und würde jeden anderen meiner Schüler, bei denen natürlich andere Voraussetzungen, als bei Hauser galten, der Zerstreutheit beschuldigt, oder mir Unfähigkeit mich einem anderen deutlich zu machen, vorgeworfen haben. Aber bei Hauser mußte ich billig sein. Denn wer noch so mühsam, wie er, an konkreten Begriffen sammelte, dem mußten die abstrakten allerdings des Schweren und Rätselhaften genug bieten. Ich durfte, was man doch bei dem Konfirmandenunterricht in der Regel darf, bei ihm fast gar nichts voraussetzen. Denn tat ich’s bei einem Artikel, so fühlte ich bei dem anderen die daraus natürlich abzuleitenden Mängel und Lücken nur allzu merklich. Er hatte zwar in Nürnberg mancherlei gehört, und rühmte auch die Bemühungen der Herren Prof. Daumer und Pfarrer Hering an ihm recht dankbar; aber er hatte gar vieles davon nur äußerst mangelhaft aufgefaßt, und zeigte auch in meinem Unterricht, daß sein Fassungsvermögen für sein Alter sehr ungeübt und mangelhaft war. Ich mußte äußerst vorsichtig im Urteil darüber sein, ob er die ihm vorgetragenen Lehren begriffen habe, und nur zu oft die Wahrnehmung machen, daß, wenn bisweilen der Jüngling aus ihm dem Anschein nach recht verständig sprach, mir das Kind in ihm sagte, er habe mich nicht recht verstanden.

Gleichermaßen verhielt es sich mit seiner Urteilskraft. Ich kann und will hier gleichfalls nur das geben, was ich zu beobachten und wahrzunehmen Gelegenheit hatte. Schärfe und Stumpfheit wechselten auch hier miteinander ab. Beide erregten in gleichem Grade mein Erstaunen. Ich konnte auch hier durchaus nicht auf den Jüngling rechnen. Er sprach zwar öfters; aber von Konsequenz und Beständigkeit war keine Rede, denn er wurde alsbald durch das Kind verdrängt. Ebensowenig kann ich sagen, daß Hauser eine eigentlich scharfe Beurteilungsgabe besaß. Es gab allerdings Fälle, wo sie vorhanden zu sein schien; allein diese waren Blitzen zu vergleichen, die schnell entstehen, flammend, ja blendend leuchten, aber ebenso schnell vergehen, und die Dunkelheit oder Finsternis, die vor uns liegt, nur noch bestimmter sehen und erkennen lassen. So verhielt es sich bei ihm mit rein geistigen wie mit sinnlichen Gegenständen, mit Personen, wie mit Sachen.

Wenn ich aber hier sage, Hausers Urteilskraft sei keineswegs eine scharfe gewesen, so ist dies natürlich immer im Verhältnis zu seiner körperlichen Entwicklung zu verstehen, vermöge welcher man dem äußeren Anschein nach allerdings stärkere Forderungen an ihn zu machen berechtigt gewesen wäre. Allein es wird sich weiter unter zeigen, daß auch hieran seine frühere Lebensweise Schuld war, für welche neben seiner Erzählung auch die eigentümliche Bildung und Lage eines Teils seiner Eingeweide spricht, und namentlich die geringe Entwicklung einiger Organe seines Gehirns, wie sie sich bei frühzeitig geistig angeregten Menschen nicht findet. Man würde daher mit Unrecht von Hauser mehr gefordert haben, als er bis jetzt wirklich leistete, und man kann eben deswegen auch nicht behaupten, daß, weil man im Verhältnis zu seinem Äußeren nicht genug fand, Hauser das nur zu sein, vorgab, was er war. Nicht unbedeutend erscheint dieser Umstand, aber zur Erläuterung mancher Dunkelheiten und Rätsel, mit denen die letzte Katastrophe seines Lebens umgeben ist. Je reifer in seinem Urteil Kaspar angenommen wird, desto mehr Schwierigkeiten bietet die Untersuchung über sein erstes Erscheinen, wie über seinen Austritt aus dem Leben. Je mehr wir ihm Geübtheit im Urteil zutrauen, desto tiefer in den Hintergrund träten tausende von geistreichen und hellsehenden Menschen, welche bis jetzt in Kaspar den unglücklichen Findling, den bedauernswerten Menschen erblickten. Was helfen aber Annahmen, oder vielmehr, was braucht man sich mit Annahmen zu behelfen, wo Beobachtungen und eigene Überzeugung zu Gebote stehen? Und diese Beobachtungen haben mich eben zu der Überzeugung geführt, welche ich gerade über Hauser ausgesprochen habe. Es ist nicht wissenschaftliche Schärfe und Präzision des Urteils, die ich an ihm vermißte. Ich konnte sie ja gar nicht von ihm erwarten. Aber jene Fertigkeit, die sich bei den meisten Menschen, die im Leben und mit anderen Menschen aufgewachsen sind, zeigt, die die Umgebungen richtig zu würdigen weiß, und über das Gehörte, oder Gesehene, oder Erlernte sich bestimmt und klar zu äußern versteht, meine ich hier. Daran fehlte es dem guten Kaspar. Allein wie hätte er auch jetzt schon dazu kommen sollen? Ich habe die Überzeugung, daß er es schon dahin gebracht hätte, wenn sein Leben länger gedauert hätte. Gerade das Leben muß hier ja helfen, der Katheder tut und kann es nicht, wenn er gleich dabei nicht entbehrt werden kann. Man kann, beispielsweise zu reden, aus dem Unterricht in der Weltgeschichte recht viel lernen, aber weit lehrreicher ist die Geschichte, welche wir selbst leben. Daher Leute, die oft in gar kein Buch gesehen haben, ein weit gediegeneres Urteil über die Erfahrungen des Lebens fällen, als der, welcher eine ganze Bibliothek durchgelesen hat. An Hauser aber bemerkte ich eben diese Übung nicht, es fehlte ihm die Erfahrung, jene treffliche Lehrerin. Ich bin überzeugt, er hätte nachgeholt, was er ohne seine Schuld versäumt hatte. An Anlagen fehlte es nicht, wenn sie auch nicht glänzend waren, aber an Ausbildung derselben; nicht zwar, was seine Lehrer anbelangt, denn da sah man aus vielen Reminiszenzen, die er vorbrachte, daß viel an ihm geschehen war; sondern an jener Ausbildung, die das Leben gewährt.

Von seiten des Herzens, habe ich an Hauser manchen Vorzug bemerkt, und es ist mir nicht leicht ein Mensch von mehr Sanftmut, Weichheit, Freundlichkeit, Gefälligkeit, Güte und Liebenswürdigkeit vorgekommen, als er. Ich hatte vielfache Gelegenheit, dieses alles zu beobachten. Auch gegen keinen Menschen fand ich ihn feindselig gestimmt, gerne redete er von jedem das beste, dabei war er aber weit entfernt, die Fehler oder Laster, die er an anderen bemerkte, nicht als solche zu erklären. Sie beleidigten sein sittliches Gefühl, aber er urteilte immer mit äußerster Schonung über den Fehlenden. Besonders wohl gefiel er mir bei einer Gelegenheit, wo ihm Unrecht getan wurde, indem man einen Wunsch, den er hegte, und wozu ich ihm selbst die Anregung gab, aus unlauteren Motiven ableitete. Er fühlte das schmerzlich, und weinte heimlich; allein nicht ein bitteres Wort kam über seine Lippen. Er fügte sich, und hätte eher alles getragen, als sich rauh und unfreundlich ausgesprochen, ja er redete sogar mir beruhigend zu, als ich mit tadelnder Verwunderung mich über die Sache äußerte.

Ein besonders schöner Zug in seinem moralischen Charakter war seine Mildtätigkeit gegen Arme. Sah er einen, oder hörte er von der Not desselben, so bedurfte es keiner weiteren Aufmunterung, um ihn zur tätigen Unterstützung zu bewegen. Er teilte verschwenderisch seine Gaben aus, und hatte nur immer die Sorge dabei, ob es denn auch genug sei, was er gegeben habe. Noch eine Stunde vor seiner Verwundung legte er davon eine Probe in meinem Haus ab, auf die ich später unten kommen werde. Doch eine andere Tatsache will ich hier erwähnen, welche charakteristisch ist. Hauser war in der Familie des Herrn von * * * einheimisch, er war, wie man zu sagen pflegt, wie das Kind im Haus. Täglich beinahe, wenigstens, wann es ihm möglich war, kam er in diesen ehrenwerten Kreis, und unterhielt sich da oft mit Schachspiel, worin er in der letzten Zeit einige Fertigkeit erlangt haben soll. Es wurde eine Kleinigkeit bestimmt, welche der Verlierende in eine gemeinschaftliche Kasse zahlen mußte, woraus dann die Ausgaben für kleine Partien und dergleichen, bestritten wurden. Bereits waren wieder einige Gulden angefallen. Als nun, während Hauser das Geld zählte, Fr. v. * * * fragte: „Was werden wir denn