Katharer - Thomas Ritter - E-Book

Katharer E-Book

Thomas Ritter

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Beschreibung

Wer waren sie wirklich, die Katharer - eine ketzerische Sekte oder wahre Christen, die ihren festen Glauben bewahrten, bis sie in einem gewaltigen Kreuzzug vernichtet wurden? Thomas Ritter ist auf vielen Reisen ihren Spuren vom Aufstieg der Glaubensgemeinschaft bis zu ihrem tragischen Untergang gefolgt. Folgen Sie ihm und entdecken auch Sie den Schatz der Katharer, von dem die Inquisitoren sagten, er sei von nicht mit Geld aufzuwiegendem Wert. Waren es materielle Dinge oder waren es einfach nur die Geheimnisse ihres Glaubens, die bis heute nicht vollständig ergründet sind?

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Thomas RitterKatharer

Heiden, Ketzer oder wahre Christen?

„Katharer”Printausgabe Juni 2011

Ancient Mail Verlag Werner Betz

Europaring 57, D-64521 Groß-Gerau

Tel.: 00 49 (0) 61 52/5 43 75, Fax: 00 49 (0) 61 52/94 91 82

www.ancientmail.de

Email: [email protected]

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Coverfotos: Thomas Ritter

Umschlaggestaltung: Sandra Schmidt

Inhalt:

Die letzte Ketzerin

Religion und Geschichte der Katharer

Kreuzzug gegen Okzitanien

Montsègur und der Katharerschatz

Widerstand und Niedergang

Das Vermächtnis der Katharer und seine Erben

Die Schauplätze der katharischen Tragödie

Reisen im Land der Katharer

Danksagungen

Literaturverzeichnis

Bildquellennachweis

Anhang

Die letzte Ketzerin

Es war im kalten Herbst des Jahres 1807, als Jäger auf den einsamen Höhen des Pic de Montcalm, eines der höchsten Pyrenäengipfel, eine nackte Frau entdeckten. Sie brachen daraufhin ihre Bärenjagd ab, und verfolgten die Fremde, die sich in dieser lebensfeindlichen Umgebung offenbar bestens auskannte. Sie kletterte über Gletschereis, das jahrein jahraus die Flanken des Pic de Montcalm bedeckt, übersprang klaffende Felsspalten und eilte an furchtbaren Abgründen vorbei, ohne vom Schwindel gepackt in die Tiefe zu stürzen. Schon bald mussten die Jäger ihre Verfolgung aufgeben. Die nackte Frau verschwand in den eisigen Einöden.

Doch die Jäger und Bauern aus dieser Gegend, welche das Sabarthès genannt wird, sind ein zähes Volk. Bereits am nächsten Tag nahmen sie die Verfolgung der Unbekannten wieder auf. Nun wurden die Jäger bei ihrer Suche von wegekundigen Hirten aus dem Montcalm-Massiv unterstützt. Nach einer langen Verfolgungsjagd gelang es ihnen schließlich doch, die fremde Frau zu stellen, und ihrer habhaft zu werden. Die Männer reichten ihr Kleidung, wie sie von den Bauersfrauen in den Bergen getragen wurde. Doch die Fremde zerfetzte den Stoff und schleuderte die Kleider mit sichtbarem Widerwillen von sich. Erst als es gelang, der sich heftig Sträubenden die Handgelenke zu fesseln, vermochten die Männer, sie gewaltsam anzukleiden. Die Gefangene wurde von ihnen in das Pfarrhaus der Ortschaft Suc gebracht. Erst dort beruhigte sie sich etwas. Als die Frau sich jedoch in den ungewohnten Kleidern im Spiegel erblickte, brach sie in bitterliche Tränen aus.

Ihr asketisches, bleiches Gesicht, ihr hoher Wuchs und die würdigen Bewegungen ließen die Bewacher auf eine adlige Herkunft der Unbekannten schließen. Der Pfarrer bot ihr ein Zimmer an, in dem sein unfreiwilliger Gast die Nacht verbringen sollte. Am anderen Morgen war die Frau verschwunden. Die Kleider hatte sie zurückgelassen.

Einige Tage später entdeckten Reisende sie auf einem der tief verschneiten Gipfel der Pics de Bassiès, dann wieder wurde sie im Montcalm-Massiv gesehen. So verging der Winter.

Inzwischen zog die mysteriöse Begebenheit weite Kreise. So kam es, dass im Frühling des Jahres 1808 der Friedensrichter von Vicdessos die Angelegenheit in seine eigenen Hände nahm. In Begleitung mehrerer Gendarmen begab er sich auf die eisigen Höhen des Pic de Montcalm. Nach großen Schwierigkeiten gelang es ihm, die nackte Frau einzufangen. Von neuem wurde sie durch ihre Wächter zwangsweise bekleidet und erhielt die ihr ungewohnte bäuerlich grobe Nahrung dieser Täler zu essen.

Der Friedensrichter bemühte sich intensiv, der Unbekannten das Geheimnis ihrer sonderbaren Existenz zu entreißen. Vergeblich. Eines Tages fragte sie der Friedensrichter, wie es denn möglich gewesen sei, dass die wilden Tiere sie nicht zerfleischt hätten. Da plötzlich antwortete die Frau im alten Dialekt des Landes, der Langue de Oc:

„Meint Ihr die Bären? Sie sind doch meine Freunde. Sie wärmten mich.“

Einige Wochen später erkrankte die Frau. Sie wurde daraufhin in das Hospital der Stadt Foix überstellt. Von dort entfloh sie am 20. Juli. Doch bereits am zweiten August wurde sie nahe des Städtchens Tarascon erneut aufgegriffen, bevor ihr die Flucht in die Einöden des Pic de Montcalm gelang.

Nunmehr entschlossen sich die Behörden zu drastischen Maßnahmen. Die Unbekannte wurde wieder nach Foix verlegt, diesmal jedoch im Schlossgefängnis eingekerkert. Hier starb sie am 29. Oktober des Jahres 1808, um ein Uhr morgens. Die Sehnsucht nach den fernen Bergen hatte ihr das Herz gebrochen. Kurz vor ihrem Tod sprach die Frau zum zweiten und letzten Male:

«Al cap des set cens ans verdego le laurel.»

waren ihre letzten Worte.

Dies bedeutet: „Am Kap der siebenhundert Jahre wird der Lorbeer wieder ergrünen.“

Dieser Satz von hohem Symbolwert wird der Legende nach Belibaste zugeschrieben, einem der letzten Katharer und Troubadoure. Er soll diese Worte im Jahr 1321 auf seinem Weg zum Scheiterhaufen ausgesprochen haben. Sie werden so gedeutet, dass nach dem Glauben der Katharer die Seele aller siebenhundert Jahre wiedergeboren wird, um in einem neuen Gewand und in einer neuen menschlichen Hülle der Zyklus der Reinkarnationen von Prüfung zu Prüfung fortzusetzen, der die Seele des Menschen schließlich zurück in ihre wahre Heimat des Geistes, des Lichtes und der Liebe führt.

Niemandem ist es je gelungen, das Geheimnis der „Folle de Mont-calm“ zu lüften. Die Bauern aus den Tälern des Sabarthès behaupten jedoch bis heute, die geheimnisvolle Frau sei die letzte Enkelin der Katharer gewesen.

Wer waren diese Katharer?

Sie sollen den Parakleten gehütet haben - das Symbol des Wunsches nach jenem Paradies, in dem der Mensch der Gottheit Ebenbild, nicht Zerrbild ist, und das ein jeder schauen darf, der seinen Nächsten liebt wie sich selbst. Ritterliche Recken, betende Dichter, dichtende Priester und reine Frauen hüteten einst dieses Symbol. Sie waren Ketzer, so heiß es, waren die Katharer.

Wer waren sie?

Religion und Geschichte der Katharer

Wie kaum eine andere religiöse Bewegung des Mittelalters stehen die Katharer als Symbol für mittelalterliche Häresie, nicht nur deshalb, weil sich vom griechischen Begriff „catharoi“ (die Reinen) das deutsche Wort „Ketzer“ ableitet. Insbesondere die südfranzösischen Katharer umgibt bis heute die Aura des Geheimnisvollen. Dies kommt vor allem von den Legenden um ihren sagenumwobenen „Schatz“, den die Katharer des Montsègur im März 1244 vor ihren Belagerern in Sicherheit bringen konnten. Tatsächlich hüteten die Anhänger dieser häretischen Glaubensgemeinschaft auf der Burg Montsègur – ihrem geistigen Zentrum – etwas, das die sie verfolgenden Inquisitoren später als ad pecuniam infinitam – „von nicht mit Geld zu bemessendem Wert“ bezeichnen sollten. Dieser „Schatz“ bietet auch nach mehr als 700 Jahren noch genügend Stoff für Spekulationen. Handelte es sich wirklich um sagenhafte materielle Reichtümer oder eher um geheime Schriften? Hüteten die Katharer auf dem Montsègur gar die Bundeslade, den Heiligen Gral oder eine andere, ebenso geheimnisvolle wie kostbare Reliquie? Was hatte es mit jenen Dingen auf sich, die nicht mit allem Geld der Welt aufzuwiegen waren und vor allem – wer waren die Hüter dieses merkwürdigen Geheimnisses? Um dies zu verstehen, ist es notwendig, Geschichte und Weltsicht der Katharer genauer darzustellen.

Okzitanien und das Langeduoc, die Berge der Corbieren, der Montagne Noir und des Rhazes, die tiefen Schluchten der Aude und der Ariege sind uraltes Kulturland wie die übrigen Pyrenäen auch. Keltische und iberische Einflüsse finden sich hier ebenso wie die Spuren der Phönizier und Phokäer. So stellte zu antiken Zeiten die gewaltige Höhle von Lombrives – Europas größte natürliche Grotte – ein phokäisches Heiligtum dar. Es war dem Ilhomber geweiht, der eine iberische Verkörperung des griechischen Herakles (Herkules) darstellte. Das frühe geistige Leben Okzitaniens wurde vor allem durch hellenistische Einflüsse geprägt, und war dem platonischen Geist verwandt. Das Oppidum (befestigte Siedlung) von Enseroune, unweit der Stadt Beziers gelegen, war in der Antike eine Mysterienstätte der Iberer und später eine griechische Handelsniederlassung. Dies haben umfangreiche archäologische Grabungen auf dem Oppidum bestätigt. Vor allem der Seehandel sorgte immer wieder für neue kulturelle und religiöse Einflüsse. In jener Zeit fand hier auch gnostisches Gedankengut Eingang. Auf diese Weise gelangten die Ideen und Riten der seit dem 3. Jahrhundert im Vorderen Orient verfolgten Manichäer in das heutige Südfrankreich. Eine Religionsform aus Elementen des Manichäismus und des Druidentums bildete sich allmählich.

„Besonders aktiv waren die Schulen der Manichäer (im 4. Jahrh.) in Spanien und Südfrankreich. Zur Zeit der Kreuzzüge bestanden bereits Verbindungen zu anderen manichäischen Sekten in Italien und Bulgarien. Man ist heute weitgehend von der Meinung abgekommen, die Katharer hätten ihr Gedankengut von den bulgarischen Bogomilen übernommen. Neueste Forschungen lassen vielmehr erkennen, dass sich die Katharer aus manichäischen Schulen entwickelten, die schon seit langer Zeit in Gallien bestanden ...“

Um etwa 2.200 v. Chr. nahmen die ursprünglich aus Asien stammenden Iberer Spanien und Aquitanien in Besitz. In einer späteren Wanderungsbewegung drangen keltische Stämme ein. Sie vermischten sich mit den iberischen Einwohnern. Das Volk der Keltiiberer entstand. Im späteren okzitanischen Stammland der Katharer, der Grafschaft Foix mit den Tälern der Ariège und des Vicdessos, wohnte der keltiberischen Stamm der Sotiaten. Sie waren einst von den Küsten des Ägäischen Meeres gekommen. Die Ägäer siedelten auch im Gebiet um Ussat-les-Bains mit seinen zahlreichen Grotten. Hier gründeten sie das Land der Tarusker mit der Hauptstadt Tarascon-sur-Ariège.

Zu Zeiten der Westgotenherrschaft (vom 4. bis zum 7. Jahrhundert. n. Chr.) war das flache Land Okzitaniens bereits christianisiert. In der einsamen und unzugänglichen Bergwelt der Pyrenäen jedoch verehrten noch immer die Druiden - Priester des keltischen Kultes, der eine Verschmelzung von Wissenschaft, Philosophie und Religion war - ihren Lichtgott Abellio. Dieser Gott ist die keltisch-iberische Inkarnation der griechischen Gottheit Apollon. Er gilt als der Lichtbringer, der von Mitternacht kam und dem nachgesagt wurde, dass er einmal im Jahr in seine nordische Heimat zu dem geheimnisvollen Volk der Hyperboräer zurückkehrte. Die Hyperboräer sollen an jenem Ort leben, der in den antiken Legenden als Ultima Thule beschrieben wird, und nach dem Generationen von Forschern und Abenteurern bislang vergeblich suchten.

Schließlich stießen christliche Missionare auch in die Pyrenäen vor. Diese Christen wurden jedoch von ihren eigenen Glaubensbrüdern verfolgt. Es war die Sekte der Priscillianer. Sie galten seit den Konzilen von Saragossa (341 n. Chr.) und Bordeaux (384 n. Chr.) als ketzerisch. Ihr geistiger Führer Priscillian starb im Jahr 385 n. Chr. in Trier auf dem Scheiterhaufen. Die Priscillianer hingen einem dualistischen Glauben an, der sich im Ursprung wohl auf die Lehren der persischen Feueranbeter Ahura-Mazdas zurückführen lässt. Der Mazdaismus besagte, dass sich in diesem Universum von Ewigkeit zu Ewigkeit zwei Prinzipien bekämpfen – das Prinzip des Lebens, der Fruchtbarkeit und das des Todes, der Zerstörung. Symbol des Lebens ist die Sonne, die geistiges Licht, Wärme, Güte und Wahrheit verkörpert. Sie wurde in Ahura-Mazda, dem Gott des Lichtes und des Feuers, verehrt. Das gegnerische Prinzip stellt die nächtliche Finsternis dar, die Irrtum, Lüge, Verrat und allgemeine Übel in sich birgt. Das Symbol dieses Prinzips ist der zerstörerische Gott Ahriman.

In den Glaubenslehren der Priscillianer war Jesus Christus an die Stelle Ahura-Mazdas getreten. Sein Gegenspieler Luzifer ersetzte den Ahriman des Mazdaismus. Dieser dualistische Glaube wies viele Berührungspunkte zur keltisch-iberischen Götterwelt auf, in der ebenfalls zwei gegensätzliche Gottheiten wirkten. Abellio, der Lichtgott verkörperte die guten Kräfte, während Dispater als der Herr des finsteren Totenreiches galt. Den Priscillianern gelang es, die Druiden, von denen sie freundlich aufgenommen worden waren, zum Christentum zu bekehren. So hüteten fortan die christianisierten Nachfahren der Kelten jene dualistische Lehre, die ursprünglich in den Weiten Persiens begründet worden war. Aus dieser Tradition entwickelte sich im Mittelalter eine religiöse Erneuerungsbewegung, die von der katholischen Kirche als häretisch verurteilt wurde. Eine immer gleiche Weisheit war in jener Zeit unter den Menschen verbreitet, die ihnen stets dieselben Dinge sagte. Die Seele ist unsterblich. Sie muss durch zahllose Leben hindurchgehen, wenn sie den Zustand des Göttlichen wiederfinden will. In den Lehren von Buddha und Mani heißt es ebenso wie in den Evangelien, dass man ein einfaches Leben führen, Reichtum geringschätzen, Begierden zurückweisen und sich um spirituelles Wachstum bemühen solle.

„Gebirge sind von jeher Bewachungsstätten des Vergangenen gewesen“, schrieb Jaques Madaule dazu, „und es hat den Anschein, dass der Mitras-Kult und selbst der druidische Gottesdienst hier mehr oder weniger überzeugte ‚Gläubige’ bis tief ins Mittelalter hatte.“

Die Bergbewohner der Pyrenäen, insbesondere im Ariège, hatten eine hartnäckige Erinnerung an frühere Kulte bewahrt. Das ‚Wissen um die Dinge’ wurde von Generation zu Generation weitergegeben und vor den Verfolgern in der Stille und Einsamkeit der pyrenäischen Bergwelt beschützt. Als die äußeren Umstände günstiger erschienen, kamen diese Lehren wieder zum Vorschein, mit den Katharern traten sie wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Seit 507 n. Chr., so belegen schriftliche Zeugnisse, bildeten das niedere Languedoc und das Rouissillon die westgotische Provinz Septiminia mit Rhedae, dem heutigen Rennes-les-Chateau, als Hauptstadt. Septimanien gehörte später nach einer kurzen Periode als arabisches Protektorat zum Königreich von Aragonien. Das westgotische Reich mit Toulouse als Hauptstadt, 419 von Alarich dem Großen gegründet, ging 507 zum überwiegenden Teil in der Schlacht bei Vouillé unter. Die siegreichen Burgunder und Franken unter Chlodwig trennten das Land in zwei Reiche. Das südliche Reich behielt neben anderen Kulten und Religionsformen auch das arianische Christentum der Westgoten bei, während der französische Norden dem Papstchristentum die Treue hielt. Hierin ist der der Grundstein für die spätere gnadenlose Ausrottung des südlichen Glaubens zu sehen.

Nach einer neuerlichen Teilung unter Karl dem Großen mit dem Vertrag von Verdun, ging es dann unter Ludwig dem Frommen mit der französischen Königsgewalt bergab. Das 9. und l0. Jahrhundert sah im Süden eine Reihe autonom regierter Territorien: Katalonien, Aquitanien, die Grafschaft Toulouse, Gothien und Arelat. Die gemeinsame Sprache der Einheimischen war die Langue d’Oc, die Sprache Okzitaniens, im Gegensatz zur Langue d’oil, der Sprache des französischen Nordens. Der Ausdruck Languedoc war im Mittelalter noch nicht bekannt. Die damalige Bezeichnung „provenzalisch“ bezieht sich nicht nur auf die heute bekannte Landschaft der Provence, sondern auch auf die „Provincia“ Okzitanien, welche das Gebiet westlich der Rhone bis hin zu den Pyrenäen umschloss. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte dieses Landes würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit zweifellos sprengen, doch es soll an dieser Stelle hervorgehoben werden, was Henry Charles Lea bereits 1905 schrieb:

„Im zwölften Jahrhundert war Südfrankreich das zivilisierteste Land Europas gewesen. Handel und Gewerbe, Kunst und Wissenschaft waren dort ihrer Zeit weit voraus. Die Städte verwalteten sich tatsächlich selbst, waren stolz auf ihren Reichtum und ihre Kraft, eifersüchtig auf ihre Freiheiten bedacht und opferwillig in ihrer Vaterlandsliebe. Die Adligen waren zum größten Teil gebildete Männer, selbst Dichter oder wenigstens Beschützer der Dichtkunst, die wussten, dass ihr Wohl abhing von dem Wohle ihrer Untertanen, und dass die städtischen Freiheiten eher eine Schutzwehr als eine Gefahr für einen weisen Herrscher bildeten. Da kamen die Kreuzfahrer ins Land, und was sie noch unvollendet ließen, das wurde von der Inquisition aufgegriffen und grausam zu Ende geführt. Sie ließ ein zugrunde gerichtetes, verarmtes Land zurück, dessen Industrie vernichtet und dessen Handel zerstört war. Die Konfiskation hatte die eingeborenen Adligen an den Bettelstab gebracht. An ihre Stelle traten Fremde, die den Grund und Boden in Besitz nahmen und die dazu Sitten des nördlichen Lehnswesens oder die despotischen Grundsätze des römischen Rechtes in den weiten von der Krone erworbenen Besitzungen einführten. Ein Volk von reichen natürlichen Gaben war mehr als ein Jahrhundert lang gefoltert, dezimiert, gedemütigt und beraubt worden. Die frühzeitige Zivilisation, welche versprach, der Kultur Europas den Weg zu weisen, war dahin. ... Dafürwar die Einheit des Glaubens und einer Kirche hergestellt, welche in dem Kampf verhärtet, verkommen und verweltlicht war ...“

Etwa 300 Jahre dauerte den historischen Quellen zufolge die öffentliche, aktive Phase der katharischen Idee, ehe sich die wenigen Überlebenden mit dem Schatz ihrer Lehre wieder in die Abgeschiedenheit der hohen Pyrenäen zurückziehen mussten.

Die Katharer behaupteten, nur sie seien die wahre Kirche Christi. Diesen Anspruch leiteten sie von den Aposteln selbst ab:

„Diese Heilige Taufe durch welche der Heilige Geist gegeben wird, hat die Kirche Gottes erhalten von den Aposteln bis hierher. Und sie ist gekommen von Bonshome zu Bonshome (sinngemäß übersetzt: von Würdigem zu Würdigem) bis hierher, und wird es tun bis zum Ende der Welt“.

Das Christuswort, von dem die Papstkirche so gern ihre eigene Legitimation ableitet, ist als Beweis hingegen völlig ungeeignet. Es ist der bekannte Ausspruch Jesu an Simon den Fischer:

„Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwinden.“

Im Aramäischen, das zur Zeit Jesu in Galiläa gesprochen wurde, bedeuten „Petrus“ und „Fels“ das Gleiche, nämlich Kepha. Ein Ketzer würde meinen, dieses Wortspiel von Petrus dem Fels hätte nur dem Fischer selbst gegolten, jedoch nicht seinen sogenannten Nachfolgern, den Päpsten. Jene zitieren es aber gern zur Unterstreichung ihrer Autorität, und ließen es vorsichtshalber in eineinhalb Meter großen Buchstaben über dem Altar des Petersdomes einmeißeln. Doch nicht nur Häretiker bestreiten den Exklusivanspruch dieses Christuswortes für die Papstkirche, auch kein einziger der großen Kirchenväter sieht einen Zusammenhang zwischen dem Text und dem, was der Vatikan bis heute darin hinein interpretiert. Ist die katholische Kirche also nur ein illegitimer Koloss auf tönernen Füßen und ohne Wurzeln, der seit zweitausend Jahren mittels des zitierten Wortes versucht, jeden zu vernichten, der Fragen nach der Legitimation zu stellen wagte?

Die Katharer hatten ein Mandat, ebenfalls von den Aposteln. Mit dem gleichen Recht, das die orthodoxe Kirche von Rom für sich in Anspruch nahm, begründeten sie ihre „Kirche der Liebe“ und des Parakleten. Von dieser urchristlichen Liebe beseelt, versuchten sie sich Rom zu nähern, um mit den katholischen Brüdern und Schwestern zu sprechen. Dabei kam es im Jahr 1165 zum Eklat beim sogenannten Streitgespräch von Lombers. Die Dogmenverwalter Roms ließen nicht mit sich diskutieren. In ihren Augen hatte niemand hatte das Recht, am Primat der einen, heiligen apostolischen Kirche zu zweifeln oder gar die Authentizität des päpstlichen Stammbaumes zu hinterfragen. Den Katharern erwuchs jedoch aus der uralten Erfahrung der Menschheit die Erkenntnis, dass die Wahrheit zur Gefolgschaft des Guten gehört. Zum Recht des Wahrheitssuchenden gehört es, zweifeln, forschen und abwägen zu dürfen. Wo immer auch dieses Ringen um die Wahrheit verboten wird, wo eine Institution verlangt, dass blind an sie geglaubt werden muss, weil sie sich für unfehlbar hält, wird ein blasphemischer Hochmut sichtbar, der sich mit urchristlichen Glaubenswahrheiten keinesfalls vereinbaren lässt. Für die Katharer war nicht Petrus, sondern Christus der Fels, auf dem ihre Kirche stand; er war das einzige Fundament ihres Glaubens - unabhängig von den selbstherrlichen „Stellvertretern Christi“, vom nie ernannten „Nachfolger“ des Petrus in Rom, denn der Fischer-Apostel ist nie Bischof von Rom gewesen. Der erste Bischof der Tiberstadt war Linus, sagt der Bischof von Lyon, Irenäus, der dort sein Amt von 178 bis 200 ausübte.

„Mit Einführung des Papsttums, besonders seit Erhebung der katholischen Orthodoxie zur Staatskirche im 4. Jahrhundert, wurde die katholische Kirche eine nach innen gekehrte und angstvolle Sekte unter der Fuchtel des Papstes.“ Dies schrieb treffend Peter de Rosa.

Begonnen hatte alles damit, dass im Jahre 382 n. Chr. Papst Damasus (366 – 384), der zuvor 137 Anhänger seines bischöflichen Gegenkandidaten Ursinus in einer christlichen Basilika hatte niedermetzeln lassen, sein „rechtmäßiges“ Pontifikat erstmals mit dem Petrinischen Text: „Du bist Petrus ...“ begründete. Noch immer wird dieser Text als biblische und theologische Begründung für den Primatanspruch der Päpste missbraucht. Die ersten dreieinhalb Jahrhunderte nach Christus waren geprägt von Auseinandersetzungen der verschiedenen christlichen Gruppierungen um die Vorherrschaft der „rechtmäßigen“ Lehre im Römischen Reich, als dann unter Damasus die zur Staatsreligion mutierte Orthodoxie obsiegte. Nicht Kaiser Konstantin hat, wie so oft behauptet, das Christentum zur Staatsreligion gemacht. Er hat es nur begünstigt und dessen Anhänger nicht mehr verfolgt, denn für seine Pläne waren sie nützlich. Die Christen konnten sich nach 300 Jahren Verfolgung unter der Protektion des Cäsaren sicher fühlen. Ein gewaltiger Sieg, so mag es heute scheinen, doch das orthodoxe Christentum siegte auf Kosten des Ur-Christentums. Der sich formierende weltliche Machtfaktor ‚Römische Papstkirche’ verdrängte die ursprüngliche christliche Liebe und brüderliche Gemeinschaft. Diese Bilanz zog kein Geringerer als der römische Großinquisitor, Jesuit und Kardinal, Roberto Bellarmin, ansonsten ein Verfechter des Papsttums, als er um 1610 resümierte: „Das Papsttum hat das Christentum fast ausgemerzt!“ Auch die meisten Historiker urteilen über die Mehrzahl der Päpste seit Damasus Zeiten: „Das alte Rom hatte nichts aufzuweisen, das ihnen an Verkommenheit gleich kam.“

So kann es nicht verwundern, dass sich Innozenz IV. (1243 – 1254) selbst als „Praesentia Corporalis Christi“, als „die leibliche Gegenwart Christi“ bezeichnete. Doch derartige Anmaßung war nicht auf das Mittelalter beschränkt. Papst Pius IX. teilte beim Vatikanischen Konzil von 1870 der staunenden katholischen Christenheit mit, dass ein Papst unfehlbar sei, wenn er „ex Cathedra“ spräche, denn das Dogma oder der neue Glaubenssatz, der meist bei solcher Gelegenheit vom Pontifex verkündet wird, ist vollkommen vom Heiligen Geist inspiriert. Es sei demnach so, als ob Gott selbst zur Christenheit sprechen würde. Das Volk nahm die Botschaft dieses reaktionärsten aller Päpste, der noch kurz vor dem Zusammenbruch seiner weltlichen Macht 366 Menschen hinrichten ließ, an und schwieg. Der da so gesprochen hatte, war schließlich das Haupt dieser Kirche, der Pontifex Maximus und Stellvertreter Christi auf Erden.

Dabei hatte sich die orthodoxe katholische Kirche aus unscheinbaren Anfängen heraus entwickelt, endgültig erst toleriert durch Kaiser Konstantin. Gemeinsam mit seinem im Oströmischen Reich residierenden Statthalter Lucinius und dem Papst Silvester verkündete der Heide Konstantin im Jahre 313 das Edikt von Mailand, ein beispielloses Dokument der Toleranz gegenüber allen Religionen und Kulten:

„Wir sind seit langem der Ansicht, dass Freiheit des Glaubens nicht verweigert werden sollte. Vielmehr sollten jedermann seine Gedanken und Wünsche gewährt werden, so dass er in der Lage ist, geistliche Dinge so anzusehen, wie er selbst es will. Darum haben wir befohlen, dass es jedermann erlaubt ist, seinen eigenen Glauben zu haben und zu praktizieren, wie er will.“

Die nahezu gleichlautende Erklärung zur Religionsfreiheit im westfälischen Frieden von 1648 wurde von Papst Innozenz X. ausdrücklich verdammt. In seiner berüchtigten Bulle: „Zelus Domini Die“ erklärte er die Religionsfreiheit für „null und nichtig, für verdammt, ohne allen Einfluss und Erfolg für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“

Noch im Jahre 325, beim Konzil zu Nicäa in Bitynien, an dem 300 Bischöfe teilnahmen, galt das Toleranzedikt von Mailand. Doch hier wurden erstmals Anstrengungen unternommen, den Glauben zu vereinheitlichen. Obwohl sich die Mehrheit der Bischöfe dort für das arianische Christentum aussprach, wurde das athanasianische Christentum, welches die Wesensgleichheit von Vater und Sohn später zum Dogma erheben sollte, zur siegreichen Staatskirche. Nicht einmal 20 Jahre nach den letzten Christenverfolgungen drehten die Christen den Spieß um und erließen schon im Jahre 326 mit Konstantins Duldung erste Erlasse gegen Ketzer. Bis zum Jahre 175 hatte es keinen einzigen christlichen Soldaten im Römischen Reich gegeben, denn Christ sein hieß auch Pazifist sein, getreu dem Gebot der Nächstenliebe. Ab 416, nach einem Edikt Theodosius des Großen von 380, durften nur noch kirchentreue Gläubige Soldat werden. Aus ehemals überzeugten Pazifisten wurden Militaristen. Die katholische Sekte, kaum 60 Jahre nicht mehr mit dem Schwert verfolgt, erklärte:

„Nur diejenigen, die diesem Gesetz folgen, sollen, so gebieten wir, katholische Christen heißen dürfen; die übrigen aber, die wir für toll und wahnsinnig halten, haben den Schimpf ketzerischer Lehre zu tragen. ... Endlich soll sie vorab die göttliche Vergeltung, dann aber auch unsere Strafgerechtigkeit ereilen, die uns durch himmlisches Urteil übertragen worden ist ...“

Innerhalb eines Zeitraumes von nur drei Generationen war aus dem urchristlichen Lamm ein katholischer Wolf geworden. Dieser Wolf mutierte im Hochmittelalter dann zur alles vernichtenden Bestie. Seine Inquisition wurde zur am besten funktionierenden Mordmaschinerie aller Zeiten. Vergessen waren die Worte des heiligen Johannes Chrysostomos:

„Darum ist es auch nicht erlaubt den Häretiker zu töten, weil man sonst einen unversöhnlichen Krieg über die Welt brächte.“

Das Endziel aller irdischen Mühe waren nicht mehr Demut und Nächstenliebe als Tugenden, sondern die Verwirklichung einer römischen Theokratie mit dem Papst an der Spitze. Dabei konnte die Kenntnis der heiligen Texte nur stören. Im Jahr 1198 wurde den Laien durch Innozenz III. das Lesen der Heiligen Schrift komplett verboten. Noch 1713 unter der Regentschaft Clemens XI. war es den Katholiken bei Androhung der Exkommunikation nicht erlaubt. Auch die sogenannte „gregorianische Reform“ erreichte ihre Zielsetzung nicht. Entgegen ihrer Absicht, die Gläubigen an sich zu binden, stieß sie diese ab. Durch den Ausschluss von Laien bei Entscheidungen der Kirche wurde sie mitschuldig an der Unterdrückung der Massen. Es verwundert nicht, dass sich in jener Zeit immer neue Häresien ausbreiteten. So hatte Gregor VII. durch seinen Allmachtsanspruch und seine verfehlte Politik der Verbreitung von Katharern, Waldensern und anderen Häresien unfreiwillig Vorschub geleistet, und deren Verankerung in weiten Teilen der Bevölkerung wider Willen günstig beeinflusst.

In jener Zeit erfreuten sich Wanderprediger, die bewusst und konsequent eine urchristliche Armut vorlebten, eines ausgesprochen großen Zulaufs. Für die einfachen Gläubigen war es nahezu unmöglich zu unterscheiden, welcher Mönch oder Wanderprediger die orthodoxe kirchliche Lehre vertrat und wer angebliche Irrlehren verbreitete. Fast alle Kritiker der innerkirchlichen Zustände trugen die Mönchskutte – die Zisterzienser und ihre Nachfolger, die Franziskaner ebenso wie die Dominikaner und die zahlreichen Wanderprediger. Die „Orthopraxie“, das wahrhafte, gottgefällige Leben, spielte bei allen eine große Rolle. Gegen die Kirchenoberen, deren eigentliche Aufgabe ja die geistliche Unterweisung der Gläubigen gewesen wäre, zogen sowohl der orthodoxe als auch der vermeintlich ketzerische Wanderprediger auf den Märkten und vor den Portalen der Kirchen und Paläste zu Felde. Überliefert wurden in einem solchen Zusammenhang die Aktivitäten des Mönchs Henry und des Wanderpredigers Pierre de Bruys. Im Jahr 1116 hatte der Bischof von Le Mans dem Mönch Henry erlaubt, während seiner Abwesenheit die Fastenpredigt zu halten. Bei seiner Rückkehr fand der Bischof die Stadt in hellem Aufruhr vor. Henry hatte mit seiner Predigt gegen den Prunk und das weltliche Gehabe der Amtskirche vielen Gläubigen aus der Seele gesprochen. Er predigte danach noch in Lausanne, Poitiers und Bordeaux, bevor er schließlich in die Grafschaft Toulouse wanderte. Dort verliert sich nach 1145 seine Spur. Auch der Wanderprediger Pierre Bruys verlagerte ab 1135 seine Tätigkeit ins Languedoc. Er bereiste dort alle größeren Städte, wirkte in der Diözese von Arles und wurde um 1140 in Saint Gilles ermordet.

Sowohl Henry als auch Pierre de Bruys gelten als Wegbereiter der Katharer im Süden Frankreichs. Ihr geistiger und theologischer Hintergrund jedoch basierte keineswegs auf den Lehren des Dualismus, welche die Weltsicht der Katharer prägten. Doch ihre Forderungen und Konsequenzen waren denen der Katharer teilweise recht ähnlich. So lehnten auch die beiden Bußprediger die Kindertaufe und die Eucharistie als Sakramente ab, ebenso wie die Vorstellung der Erbsünde. Jeder Mensch ist für seine Handlungen verantwortlich, daher fällt auch die Taufe in den Bereich dieser Verantwortlichkeit, und kann deshalb nicht an unmündigen Kindern vollzogen werden. Gegen das Altarsakrament machten sie geltend, dass Jesus Christus nach den Berichten des Neuen Testaments nur ein einziges Mal Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt habe. Dies geschah beim letzten Abendmahl. Das Wunder Christi könne nicht beliebig oft wiederholt werden. Pierre Bruys lehnte auch die Verehrung des Kreuzes Christi und den Prunk der Kirchenbauten ab. Nach seiner Auffassung brauchte Gott keine besonderen Gebäude, um die Gebete der Gläubigen zu hören. Auch das Alte Testament war dem Wanderprediger suspekt.

Mit diesen Lehren stießen die beiden Prediger bei den Gläubigen im Süden Frankreichs auf offene Ohren. Durch das unwürdige Auftreten der Kleriker fragten sich ohnehin bereits zahlreiche Laien, wozu der geistliche Stand denn überhaupt nütze sei. Von einer solchen Position aus bedeutete es nur einen kleinen Schritt, dem Klerus das Recht und die Gewalt „zu lösen und zu binden“, also Sünden zu vergeben und die göttliche Gnade zu spenden, abzusprechen. Damit leugneten Pierre de Bruys und Henry ganz offen die sogenannte „apostolische Sukzession“. Der Klerus hatte sich als nicht würdig erwiesen, die Binde- und Lösegewalt, die Christus an Petrus übertragen hatte, für sich in Anspruch zu nehmen. So war die Grundstimmung, die den katholischen Geistlichen in Okzitanien entgegenschlug, gleich ob sie Mönche oder Prälaten waren, ein mehr oder minder radikaler Antiklerikalismus.