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Jahrzehntelang lag der Fokus darauf, was wir essen. Oder besser gesagt: was wir alles nicht essen dürfen. Vor lauter Regeln und Verboten ist das Projekt Wohlfühlgewicht für viele zur reinsten Qual geworden. Kalorien müssen gezählt und Kohlenhydrate vermieden werden – und Schokolade sollte man am besten ganz streichen.
Doch damit ist jetzt Schluss: In »Kau dich schlank« zeigt Abnehmcoach und Kautrainerin Barbara Plaschka, wie du alles essen darfst und dabei noch abnimmst. Durch ihr genussvolles Kautraining isst du künftig achtsamer und bist nach kleineren Portionen angenehm satt.
Verwöhn deinen Gaumen auf eine ganz neue Art, und freu dich auf deine Lieblingsklamotten, die endlich wieder locker sitzen. Ganz ohne Diät und Jo-Jo-Effekt!
»Barbara Plaschka hat eine Mission: Sie möchte anderen zu einem leichteren Leben verhelfen. Mit weniger Ballast auf der Waage und einer großen Portion an Genuss.«
Süddeutsche Zeitung
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Veröffentlichungsjahr: 2024
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© Piper Verlag GmbH, München 2024
Illustrationen: Martina Frank, München
Covergestaltung: FAVORITBUERO, München
Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt
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Cover & Impressum
Widmung
Vorwort
1 Ein etwas anderer Blick auf unsere Verdauung
Was macht eigentlich unser Darm?
Oberflächenvergrößerung – wie du den Schatz an Nährstoffen heben kannst
Das läuft ja wie am Fließband – welche Stationen der Verdauung du selbst steuern kannst
Ab jetzt ist Teamwork angesagt – gut zerkaut ist halb verdaut
2 Warum das WIE wir essen oft wichtiger ist als das WAS
Vom Wohlfühlgewicht und meinem Weg dorthin
Die vier Säulen des Wohlfühlgewichts
Säule 1: Was wir essen
Säule 2: Wie viel wir essen
Säule 3: Wann wir essen
Säule 4: Wie wir essen
Wie ich zum GENAUEN Kauen kam
Kauen – der alles entscheidende erste Schritt
3 Zurück auf Start – Verdauen beginnt im Mund
Dein Speichel – der Zaubersaft der Verdauung
Dein Speichel hilft dir bei der Verdauung
Dein Speichel tötet Bakterien und Viren ab
Dein Speichel ist ein Geschmacksverstärker
Dein Speichel schützt deine Zähne
Dein Speichel ist eine Sättigungshilfe
Was unterscheidet eine Mahlzeit von der Schlingzeit?
Schluckreflex, Zunge und Geschmack – ein eingespieltes Trio
4 Das Training für deine Kauausdauer – so läuft es ab
In kleinen Schritten zur neuen Gewohnheit
5 Fehler, die du beim Training vermeiden solltest
Du willst es gleich mit einer ganzen Mahlzeit schaffen
Du glaubst, du kannst deine Kaugewohnheiten nicht verändern
Du bist zu ungeduldig mit dir
Du schluckst beim Kauen zwischendurch nicht runter
Du nutzt zu weiche Trainingspartner
6 Bye-bye, Diät-Ich – kauend zum neuen Körpergefühl
Abnehmmythos 1: »Um abzunehmen, muss ich mich mit Kleinstportionen zufriedengeben«
Abnehmmythos 2: »Wenn die Süßigkeiten nicht wären, hätte ich kein Problem«
Abnehmmythos 3: »Ich muss voll und ganz auf Snacks verzichten«
Abnehmmythos 4: »Ich muss hungern, um abzunehmen«
Abnehmmythos 5: »Um abzunehmen, muss ich Sport treiben«
Abnehmmythos 6: »Ich hab einfach nicht genug Disziplin«
Kauen statt Kalorien zählen
7 Das fehlende Puzzlestück zum Wohlfühlgewicht
Unser Nervensystem – da steckt System dahinter
Überleben gesichert – dank dieser beiden Gegenspieler
Das Bauchhirn – unsere zweite Schaltzentrale
»Ich krieg vor Aufregung nix runter«
»Mir bleibt die Spucke weg«
»Das schlägt mir auf den Magen«
Wenn Stress das Abnehmen blockiert
Kauen statt knirschen
8 Dein Geschmackssinn und du – ein Dream-Team
Wie funktioniert eigentlich schmecken?
Süß
Sauer
Salzig
Bitter
Umami
Jede Geschmacksrichtung hat ihren Sinn
Süß
Salzig
Sauer
Bitter
Umami
Der Feinschmecker in uns – die Nase
9 Dank Food-Pairing zur Geschmacksexplosion
Warum es so gut schmeckt – das Tinder der Aromen
Mut wird belohnt – die Schule für deinen Geschmackssinn
10 Küchengeflüster – Meine Tipps und Tricks beim Kochen
Das Grundgerüst für den gesunden Freestyle-Modus
Gemüse/Obst
Proteine/Eiweiß
Stärkebeilage
Alltägliche Lieblingsgerichte geschickt kombiniert
Camembert-Spezial (Camembert – Erdbeere – Sauerkraut)
Cocktailtomaten mit Schoko (Cocktailtomaten – Kakaonibs – Minze)
Gorgonzola im Rucolabett (Rucola – Apfel – Gorgonzola)
Rote-Bete-Wunder (Rote Bete – Orange – Thymian)
Mit Essen spielt man doch!
Das solltest du vorrätig haben – wichtige Komponenten für deinen Teller
Kühlschrank
Obst- und Gemüselager außerhalb des Kühlschranks
Gefrierfach
Vorratsschrank
Fensterbank und Gewürzregal
11 Kein Platz für Ausreden
»Ich habe keine Zeit, um lange zu kauen. Meine Mittagspause ist zu kurz«
»Bei Kerzenschein mag das klappen, aber doch nicht bei einer Brotzeit«
»Ich will nicht immer als Letzte fertig sein«
»Dabei wird ja mein Essen kalt«
»Wenn ich langsam esse, komme ich zu kurz«
»Dann kann ich ja gar nicht mehr reden beim Essen«
12 Kleine Helfer auf deiner Abnehmreise
Die Haken-dran-Liste
Die Trainingspartner-Liste
Dank
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
Für Fini und Quirin –
meine wahren Lehrmeister
Womit haben wir uns in den letzten Jahrzehnten fast ausschließlich beschäftigt, wenn es um Ernährung ging? Genau: mit dem, WAS wir essen sollten – oder besser nicht, um gesund, schlank und fit zu sein. Man kommt an dem Thema kaum vorbei, denn überall liest, hört oder sieht man die entsprechenden Empfehlungen.
Bitte nicht falsch verstehen, ich sage nicht, dass das verkehrt ist. Im Vergleich zu den Neunzigerjahren, als Fertiggerichte aus der Mikrowelle der absolute Hit waren – ich bin selbst damit aufgewachsen –, hat sich in Sachen Ernährungsbewusstsein schon viel verändert, vor allem, was die Qualität unseres Essens angeht. Dem Superfood-Boom sei Dank, dass Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte immer öfter auf dem Teller landen. Und ich feiere es natürlich, dass Verbraucher:innen wahre Energiebomben wie frittierte Weißmehlprodukte auch ohne Nutriscore mittlerweile als ungesund einstufen.
In der Tat ist es so, dass heute keine:r meiner Klient:innen mehr Nachhilfe in Sachen »gesund und ungesund« braucht. Ganz im Gegenteil. In den Köpfen vieler Menschen – vor allem derer, die abnehmen möchten – wimmelt es nur so von Listen und den dazu passenden Verboten. Jede Diät bringt ein anderes Regelwerk mit, und oft blicke ich in verwirrte Gesichter, die vor lauter Verboten und Verzicht nie so recht den Einstieg in eine neue Ernährungsgewohnheit gefunden haben. Kein Wunder, denn es ist ja auch ein recht spaß- und vor allem genussbefreites Umfeld, das sich hier breitgemacht hat.
Und so kommt es, dass trotz des ganzen Wissens über Ernährung die Zahl der Übergewichtigen und die damit verbundenen Krankheiten immer weiter ansteigen. Nach jeder Diät folgt der gefürchtete Jo-Jo-Effekt, der dafür sorgt, dass die Pfunde mit ein paar Kumpels obendrauf ganz schnell wieder zurückkommen. Der Frust und die Enttäuschung sind dann groß, genauso wie die Überzeugung, dass man einfach nicht genug Disziplin hat.
In den über zwanzig Jahren als Ernährungsberaterin habe ich oft erlebt, was Diäten alles anrichten können. Mit dem Stoffwechsel, aber auch mit der Psyche meiner Klient:innen. Immer dann, wenn der Frust über den Jo-Jo-Effekt enorm am eigenen Selbstwert kratzt.
Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe selbst jahrelang Diät gehalten. Kohlsuppe, Blitzdiät und Trennkost – was es in den Neunzigern halt so gab, aber auch FDH (»Friss die Hälfte«), Montignac und Lowcarb habe ich nicht ausgelassen. Dazu kam auch noch extremer Ausgleichssport. Schließlich musste ich mir heiß geliebte Kalorienbomben, wie Burger, Pommes und Eis erst hart verdienen. Das hört sich nicht nur anstrengend an, das war es auch. Genau das sollte sich schleunigst ändern, denn auf Dauer führt dieser anstrengende und frustrierende Weg nicht zum gewünschten Erfolg. Zum Glück durfte ich eines Tages Mama werden und an einem Neugeborenen erkennen, wie das ganze System der Nahrungsaufnahme und Gewichtsentwicklung ganz unverfälscht funktioniert. Dass es natürliche Hunger- und Sättigungssignale gibt, die uns leiten sollen. Wenn wir auf diese Signale hören, dann arbeiten wir wieder MIT statt GEGEN den Körper und können dabei zuschauen, wie er überflüssige Pfunde loslässt, selbst wenn wir uns Schokolade nicht länger verbieten.
Wer allerdings in der klassischen Diätspirale festhängt, hat oft genau das Gegenteil verinnerlicht. Anstatt dem Ruf nach Schokolade nachzugehen, wird erst einmal versucht, mit einem Joghurt, einem Cracker und dann noch einem Stück Obst die »gefährliche« Situation zu umschiffen. Denn Schokolade ist ja tabu. Bis der Moment kommt, in dem das Alternativprogramm einfach nicht mehr wirkt und doch die nächste Tafel Schokolade geschlachtet wird. Meist wenig achtsam, dafür aber mit viel Frust und dem schlechten Gewissen hinterher. Wenn Regeln und Kalorienzählerei den Alltag bestimmen, dann ist es besonders schwer, auf das eigene Bauchgefühl und die Signale des Körpers zu achten.
Ich sage nicht, dass man ständig nur Schokolade essen soll, schließlich stecken darin viel weniger wertvolle Nährstoffe als in Brokkoli. Aber ein Leben nur mit Brokkoli ist einfach nicht realistisch. Letztendlich gilt die alte Weisheit: Die Menge macht das Gift. Übrigens bei der Schokolade genauso wie beim Brokkoli.
Zu lernen, wann was seine Zeit hat und in welcher Menge es einem guttut – das ist der Schlüssel zum Wohlfühlgewicht, das sich dann automatisch einstellt und auch bleibt. Denn der Körper hat ja gar kein Interesse daran, übermäßig Pfunde mit sich rumzuschleppen.
Und nun die berechtigte Frage: Wie schafft man es, die richtige Menge für sich zu finden und die Tafel Schokolade nach einer Rippe wieder zur Seite zu legen?
Anscheinend nicht, indem wir den Kaloriengehalt und die Nährstoffdichte von Lebensmitteln bestimmen und von einer Diät in die andere huschen. Durch den ständigen Fokus auf das, WAS wir essen, haben wir leider eine Sache ziemlich vernachlässigt: nämlich WIE wir essen.
Wenn ich vom WIE wir essen spreche, meine ich nicht den Umgang mit Messer und Gabel, sondern die simple Frage: Wie oft kauen wir, bevor wir etwas herunterschlucken?
Die Antwort ist einfach: meist viel zu wenig. Schnell, schnell wird der Bissen geschluckt und die Gabel mit der nächsten Portion beladen. Durch das schnelle Schlucken kriegen wir vom Geschmack aber meist nur einen Bruchteil mit. Verglichen mit einem Kinofilm ist unser Essverhalten oft so, als würden wir uns nur den Trailer anschauen. Ein paar Highlights bekommen wir mit, aber die Details fehlen total.
Die gute Nachricht lautet: Unser Essverhalten lässt sich ändern. Sehr genussvoll sogar und ganz ohne Verbote und Verzicht. Indem wir dem WIE wir essen endlich die nötige Beachtung schenken, lernen wir wieder, MIT statt GEGEN den Körper zu arbeiten, sodass sich das Wohlfühlgewicht auf ganz genussvolle Art und Weise einstellt.
»Kau dich schlank« zeigt dir den Weg raus aus der Diätspirale und hinein in ein achtsames Leben mit deinen Mahlzeiten und deinem Körper. Ich freue mich darauf, deine Reisebegleitung sein zu dürfen und auf unterhaltsame Art und Weise zu beschreiben, wie dein Wohlfühlgewicht mit deinem Essverhalten zusammenhängt und warum die ersten zehn Zentimeter des Verdauungsapparates so entscheidend sind.
Tauche ein in die Funktionsweise deines Körpers und trainiere mit der Anleitung in diesem Buch deine Kauausdauer. Denn am Ende ist es »nur« eine Gewohnheit, die es zu verändern gilt. Wirf die gängigen Diätmythen ein für alle Mal über Bord und lass dich von meinen Tipps aus der Küche inspirieren. Dein Gaumen darf sich schon mal freuen, denn auf ihn wartet eine spannende Reise. Du wirst dein Sättigungsgefühl ganz neu erleben, und du kannst dich endlich von Diäten mit all den Verboten, Regeln und dem Jo-Jo-Effekt verabschieden.
Nimm stattdessen genussvoll dauerhaft ab und fühl dich in deiner Haut wieder rundum wohl. Hol schon mal die zu eng gewordene Lieblingsjeans aus der hintersten Ecke deines Schrankes hervor – du wirst sie bald wieder brauchen.
Ach ja, und noch was: »Kau dich schlank« ist absichtlich einfach und unterhaltsam geschrieben. Du sollst beim Lesen viele Bilder im Kopf haben und am besten gleich in die Umsetzung kommen. Das hast du meinem früheren Münchner Chemieprofessor und seiner einmaligen Faschingsvorlesung zu verdanken, die ich nie vergessen werde. Er kam mit einem Topf voll Flüssigstickstoff, einer Weißwurst und einem Hammer in die Vorlesung. Die langweilige Theorie über Aggregatzustand, Siedepunkt und Viskosität hat er einfach übersprungen und die Weißwurst in den Topf gepackt. In Millisekunden war sie komplett gefroren. Er griff zum Hammer und machte crushed Weißwurst daraus. Was für ein Event! Mir war sofort klar, dass dieses dampfende Zeug in dem Topf ein geniales Kühlmittel sein muss. Dieses Erlebnis steckt in meiner Art, Dinge zu erklären – egal ob in Einzelcoachings, Vorträgen oder eben diesem Buch.
»Kau dich schlank« möchte es nicht mit den Physiologiebüchern in der Fachabteilung deiner Buchhandlung aufnehmen, es möchte dir Aha-Erlebnisse schenken und dich dazu bringen, die Erkenntnisse schnell in die Tat umzusetzen.
Machen ist wie wollen, nur krasser.
Das wünsche ich mir für alle Menschen, die mit ihrem Gewicht unzufrieden sind. Im besten Fall kaufst du dir »Kau dich schlank« an deinem Heimatbahnhof. Während deiner dreistündigen Zugfahrt liest du es in einem Happs durch. Am Ziel angekommen, eilst du zur nächsten Bäckerei oder in den Supermarkt – schließlich brauchst du jetzt einen guten Trainingspartner, um sofort mit dem Training deiner Kauausdauer zu beginnen.
In diesem Sinne wünsche ich dir eine unterhaltsame Lektüre und dass du das, was du hier erfahren hast, schnell in die Tat umsetzt.
Genussvolle Grüße
Deine Barbara Plaschka
Wenn es um die Verdauung geht, sind wir in unserem westlichen Kulturkreis eher unangenehm berührt, und wir vermeiden es gern, ernsthaft darüber zu reden. Ganz anders übrigens in der traditionellen chinesischen Ernährungslehre. Da wird mit größtem Interesse verfolgt, in welcher Farbe, Form und Konsistenz alles Unverdauliche unseren Körper wieder verlässt. Schließlich bekommen Ärzt:innen dadurch wichtige Hinweise zum Gesundheits- oder Krankenzustand ihrer Patient:innen und können ihre Therapie entsprechend anpassen.
Und bei uns? Wir haben gelernt, nicht darüber zu reden – schon gar nicht beim Essen. Dabei hängt das eine unweigerlich mit dem anderen zusammen. Okay, ich gebe zu, es gibt natürlich schönere Themen, über die man sich beim Essen austauschen kann. Aber gemeinsame Mahlzeiten sind ja nicht die einzigen Gelegenheiten, um sich darüber zu unterhalten. Wie viel Toilettenpapier verbrauchst du im Vergleich zu deinen Freunden? Wie häufig ist die Klobürste im Einsatz? Wie oft suchst du überhaupt das stille Örtchen auf? Das sind alles Fragen, mit denen man sich ruhig immer mal beschäftigen sollte.
Aber allein die Anatomie unserer Toilettenschüsseln erzieht uns dazu, dem Ganzen nicht viel Beachtung zu schenken. Wir seilen unser »Geschäft« gekonnt in den mit Wasser gefüllten Bereich der Toilette ab. Ja, es ist praktisch und erspart uns die Putzerei hinterher, aber auf der anderen Seite haben wir in dem Moment wenig Möglichkeiten, genauer hinzuschauen, was wir da von uns geben.
Zum Glück hatte ich eines Tages ein sehr neugieriges Töchterchen mit mir auf dem stillen Örtchen. Aber dazu später mehr. Denn seiner Neugier habe ich es zu verdanken, dass ich seitdem dem WIE ich esse viel mehr Beachtung schenke.
Weil wir uns insgesamt so wenig damit beschäftigen, reduzieren wir das Thema der Verdauung oft auf die gängigen Probleme, mit denen wir uns in diesem Zusammenhang häufig rumschlagen: der aufgeblähte Bauch nach den Mahlzeiten; die angespannte Situation, wenn wir uns tagelang nicht entleeren konnten; die unangenehm riechenden Winde, die vor allem in Meetings ans Tageslicht wollen … Verdauung ist aber weitaus mehr. Und genau dafür will ich dich hier sensibilisieren.
Werfen wir mal einen genauen Blick auf unseren Darm. Aber keine Angst, wir sind jetzt nicht in einer Anatomie- oder Physiologievorlesung für Medizinstudent:innen. Nein, wir versuchen nur den eigenen Körper ein bisschen besser zu verstehen.
Also, was macht eigentlich der Darm? Wenn ich diese Frage in meinen Beratungen stelle, dann kommen die unterschiedlichsten Antworten: Er lässt raus, was wir nicht mehr brauchen. Stimmt. Er beherbergt unser Immunsystem. Stimmt auch. Er hilft bei der Verdauung. Yes – auch das ist richtig.
Und was ist Verdauung eigentlich? Die Resorption, also Aufnahme der Nährstoffe, die sich in der Nahrung befinden, in unseren Organismus. Vereinfacht gesagt. Damit du kräftig in die Pedale deines Fahrrads treten kannst, brauchen deine Muskelzellen Zucker als Energiequelle. Dieser Zucker steckt im Marmeladenbrötchen vom Frühstück, im Müsliriegel oder in der Pasta vom Vorabend. Ohne deinen Darm sähe es für deine Muskelzellen schlecht aus, mit Energienachschub rechnen zu können.
Der Darm versucht – ähnlich wie ein Trüffelschwein –, jedes noch so kostbare Nährstoffmolekül aus jedem einzelnen Nahrungsbissen herauszulösen und es dem Körper zur Verfügung zu stellen. Was sind denn diese kostbaren Nährstoffe? Da gibt es einerseits die Makronährstoffe Kohlenhydrate, Proteine (Eiweiß) und Fette, aber auch eine Unmenge an Mikronährstoffen wie Vitamine, Mineralien, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe. Ohne unseren Darm könnten sie alle gar nicht in unseren Körperzellen landen.
Du kannst dir die Arbeit deines Darms auch wie die Arbeit eines Goldgräbers vorstellen. Auf dem Teller liegt ein Klumpen Gestein, bei dem klar ist, dass sich darin Goldteilchen verstecken. Damit du an die wertvollen Inhaltsstoffe rankommst, brauchst du die Verdauungsleistung deines Darms. Denn der hat die passenden Werkzeuge in Form von Enzymen, die die Stoffe herauslösen können, sodass sie dann über das Blut zu deinen Körperzellen gelangen. Sensationell, nicht wahr?
Der Darm als Goldgräber
Nun die Frage an dich: Was denkst du, wie dein Darm am meisten Nährstoffe aus diesem Brocken herausholen kann? Wenn die Enzyme, also die Werkzeuge, an einer kleinen Oberfläche wirken können oder wenn sie eine große Oberfläche zur Verfügung haben? Klar, eine große Oberfläche ist von Vorteil, weil die Enzyme da viel mehr Angriffsfläche vorfinden, um sich an die Arbeit zu machen.
Und wie bekommen wir diese große Oberfläche? Ganz einfach. Indem wir unsere Zähne benutzen, so gut es eben geht, und den Bissen erst mal richtig zerkauen, bevor wir ihn herunterschlucken. Um beim Bild mit dem Goldgräber zu bleiben: Deine Zähne und die Arbeit, die im Mund geschieht, kannst du mit Hammer und Meißel vergleichen. Je besser die Vorarbeit ist und je stärker sie den Bissen zerteilt haben, umso effizienter und entspannter können die Enzyme in deinem Darm herauslösen, was wertvoll für dich ist.
Dieses Kapitel muss ich leider mit einem eher unappetitlichen Thema beginnen. Aber was tut man nicht alles fürs Verständnis. Es geht ums Erbrechen. Wahrscheinlich war dir auch schon mal schlecht, und du musstest dich übergeben. Eine kurvige Autofahrt, zu viel Alkohol auf einer Party oder ein gemeiner Virus – hier spielt es keine Rolle, warum es passiert ist. Wichtig ist gerade nur, dass du dich kurz daran zurückerinnerst, dass dir das schon mal passiert ist. Kein schönes Gefühl, ich weiß. Aber es ist der perfekte Einstieg, um die folgende Frage zu beantworten: Hast du schon mal etwas runtergeschluckt, das die Größe eines Würfels hatte, wie man ihn zum Beispiel beim »Mensch ärgere Dich nicht« benutzt?
Beim Essen selbst können wir diese Frage meist gar nicht beantworten, aber wenn sich das Essen rückwärts den Weg nach draußen sucht, dann staunen wir oft nicht schlecht, was da alles quasi unzerkaut wieder nach oben kommt. Ganze Nudeln, halbe Pommes oder ein echt großes Stück Brot sind keine Seltenheit. Klar, ich habe diese Erfahrung auch schon gemacht. Und ich traue mich zu wetten, dass es den allermeisten so geht, die bisher das WIE sie essen nicht sonderlich beachtet haben.
Wir waren uns einig, dass die Ausbeute an kostbaren Nährstoffen größer ausfällt, wenn die Enzyme mehr Oberfläche vorfinden, an der sie ihre Arbeit erledigen können. Stimmt’s? Jetzt brauchen wir noch ein bisschen Mathematik, und dann verspreche ich dir, dass die unangenehmen Themen auch wieder vorbei sind. Dafür hast du dann aber ein viel besseres Verständnis von deiner Verdauung und wirst dir denken: Wow, ich kann ja richtig was verändern, wenn ich künftig besser kaue.
Also fix zur Mathematik. Wir wählen einen Spielewürfel, der eine Seitenlänge von 1 Zentimeter hat. Wenn wir also ein Stück Brot in dieser Größe herunterschlucken, dann bietet dieses Stückchen eine Oberfläche von 6 Quadratzentimetern. An dieser kleinen Fläche können nun die Enzyme deines Verdauungstraktes wirken. Im Vergleich zu deiner Darmoberfläche – dem Ort des Geschehens – ist das aber nur ein kleines Pixelchen.
Oberflächenvergrößerung durch gutes Kauen
Apropos Darmoberfläche: Du musst wissen, dass dein Darm das Organ deines gesamten Körpers mit der größten Kontaktoberfläche ist. Die Haut ist mit 1,8 Quadratmetern schon ganz vorne mit dabei, aber dein Darm toppt das Ganze noch mal um das circa 160-Fache. Warum aber ist das so? Weil die Aufnahme der kostbaren Nährstoffe aus der Nahrung so wichtig für unser Überleben ist. Da wir allerdings nicht mal eben 8 Meter Darm aufgerollt wie einen Gartenschlauch an der Wandhalterung in uns beherbergen können, schlängelt und windet er sich mit allerlei Tricks durch unseren Bauchraum. Wenn man das alles aufklappen und auseinanderfalten würde, käme man auf eine Darmoberfläche von ungefähr 300 Quadratmetern, also gut einen halben Tennisplatz.
Wir merken uns: Der Darm bietet eine extrem große Kontaktoberfläche, damit die Aufnahme der Nährstoffe gut funktionieren kann.
Zurück zu dem Stück Brot. Wenn wir es wenig zerkaut runterschlucken, hat es mit der Größe eines Spielewürfels gerade mal eine Oberfläche von 6 Quadratzentimetern. Mal angenommen, wir kauen das Brot nun so gut, dass es komplett breiig ist. Was passiert dann? Der Brotwürfel zerfällt in unzählige kleine Teilchen, die eine Größe von 0,001 Quadratmillimeter haben können. Und obwohl die Teilchen immer kleiner werden, vergrößert sich die Gesamtoberfläche enorm, nämlich auf 6 Quadratmeter. Im Vergleich zu 6 Quadratzentimetern ist das ein Gewinn um das 10 000-Fache.
Völlig klar, unter welchen Umständen die Verdauungsenzyme ihre Arbeit effizienter erledigen können und du somit den Schatz an Nährstoffen besser heben kannst, nicht wahr?
Daher ist es so wichtig, dass wir den ersten 10 Zentimetern in unserem Mund endlich die Beachtung schenken, die ihnen gebührt. Denn es ist kein Zufall … Ach – ich verrate jetzt noch nicht zu viel. Nach dem nächsten Kapitel wirst du verstehen, worauf ich hinauswill.
Kommen wir also gleich zu einem weiteren sehr spannenden Aspekt deiner Verdauung. Vom Anfang bis zum Ende durchläuft jeder Bissen eine Strecke von ungefähr 8 Metern. Der Bissen startet im Mund, weiter geht es circa 20 Zentimeter bergab durch die Speiseröhre in den Magen. Dort schließt der 5 bis 6 Meter lange Dünndarm an, und dann folgt der 1,5 Meter lange Dickdarm, bis die Reise schließlich am After endet. Du kannst dir diesen Ablauf wie eine meterlange Fließbandproduktion vorstellen.
Nun die spannende Frage: Welche Stationen dieser Fließbandproduktion kannst du willentlich beeinflussen? Also worauf hast du wirklich Einfluss?
Ich habe es ja schon angedeutet: auf den Bereich ganz oben und zum Glück auch den ganz unten. Wir haben das Abbeißen, Kauen und Schlucken unter Kontrolle und auch den Moment, an dem wir uns der Reststoffe entledigen. Die oberen 10 Zentimeter und die unteren 5 Zentimeter hören auf unser Kommando. Alles andere, also die ganze Arbeit, die auf den restlichen 7,85 Metern passiert, läuft vollautomatisiert ab.
Oder kannst du deinen Dünndarm dazu veranlassen, dass er ein paar Verdauungsenzyme mehr bereithält, und deinen Dickdarm dazu animieren, dass er sich bitte etwas stärker bewegt? Nein, das kannst du nicht. Das kann keine:r von uns. Auch wenn sich das viele wünschen würden, um endlich lästige Verdauungsbeschwerden wie Verstopfung loszuwerden.
Ja, die Gesundheit sitzt im Darm, und dessen Abläufe kannst du nicht willentlich steuern. Aber die fantastische Verdauungsreise, durch die unser Körper mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgt wird und ausscheiden kann, was er nicht mehr braucht, startet im Mund. Und wie bei jeder Fließbandproduktion gilt auch hier: Was an der ersten Position nicht richtig gemacht wurde, kann an Position zwei und drei nicht mehr nachgeholt werden.
Wie beim Kuchenbacken. Stell dir vor, du willst einen wunderhübsch verzierten Gugelhupf machen. Dann musst du als Erstes die Zutaten besorgen, aus denen du einen Teig herstellen kannst. Den füllst du in eine Form, bäckst das Ganze und verzierst es danach. Das sind vier aufeinanderfolgende Arbeitsschritte.
Stell dir jetzt bitte vor, dass du am Anfang einen Schritt weglässt und aus deinen Zutaten keinen Teig herstellst. Du kippst alles einfach in eine Schüssel. Die harte Butter, die einzelnen Eier, den Zucker und das Mehl. Ohne einen Teig daraus zu machen. Das alles kannst du jetzt natürlich auch in eine Kuchenform füllen und backen. Aber wird am Ende ein Kuchen dabei rauskommen, den du noch verzieren kannst? Nein, eher nicht. Du wirst gebackene Eier, geschmolzene Butter und wahrscheinlich verbranntes Mehl vorfinden, aber keinen Gugelhupf, den du verzieren kannst.
Und so ist es auch mit unserem Verdauungs-»Kuchen«, den wir täglich in die Toilette fabrizieren. Wenn wir am Anfang wichtige Schritte überspringen, weil wir unser Essen hastig runterschlucken, können unser Magen und unser Darm das Versäumte nicht mehr nachholen. Die Verdauungsleistung wird schwächer, der Darm dadurch immer angestrengter und anstatt Energie aus der Nahrung zu gewinnen, kostet ihn der gesamte Verdauungsprozess enorm viel Kraft.