Kein Sturm zu nah (Tales of Sylt, Band 2) - Alexandra Flint - E-Book

Kein Sturm zu nah (Tales of Sylt, Band 2) E-Book

Alexandra Flint

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Beschreibung

Verloren in den Wellen finden sie sich im Sturm. Elisas Leben ist das reinste Chaos: Nach einem Skandal fliegt sie aus dem Schwimmteam ihrer Uni und ihr Medizinstudium steht auf der Kippe. Kurzerhand flieht sie daher von Australien in ihre einstige Heimat Sylt – wo sie ausgerechnet Jonah Falk begegnet. Der Profikiter stürzt sich selbst beim heftigsten Sturm in die Wellen und hat auf der Insel nicht gerade den besten Ruf. Doch Elisa wird das Gefühl nicht los, dass hinter Jonahs waghalsiger Art mehr steckt … Die stürmische Fortsetzung derTales of Sylt In Kein Sturm zu nah zeigt SPIEGEL-Bestsellerautorin Alexandra Flint, wie wichtig es ist, den eigenen Weg zu finden und hinter die Fassade zu schauen. Eine mitreißende Liebesgeschichte auf der wunderschönen Insel Sylt – mit zwei Protagonist*innen, die stürmischer sind als die Nordsee selbst. Prickeln garantiert!

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Seitenzahl: 543

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Inhalt

Playlist

PrologGemeinsame einsame AbschiedeElisa

Sommer, fünf Jahre später

Kapitel 1Alte neue BekannteElisa

Kapitel 2Eine leere LeinwandElisa

Kapitel 3Was uns in die Wellen treibtElisa

Kapitel 4Antrieb und RücktriebJonah

Kapitel 5Konversationen zwischen Kaffee und QuicheElisa

Kapitel 6Etwas tun, um etwas zu tunElisa

Kapitel 7LeuchtturmworteElisa

Kapitel 8Möglichkeiten ohne Ziel?Elisa

Kapitel 9Manche Dinge ändern sich nieElisa

Kapitel 10Menschen, die genug Nichts sehenJonah

Kapitel 11Sonnenaufgänge und MeerjungfrauenElisa

Kapitel 12Die Punkte angehenElisa

Kapitel 13Eine einzige KarteJonah

Kapitel 14Gleichermaßen verlorenElisa

Kapitel 15Von Stürmen und PausenElisa

Kapitel 16Ein Mini-Vulkan kommt selten alleinElisa

Kapitel 17Emotionen, bei denen man nicht wegschauen kannJonah

Kapitel 18Die Gründe, die wir nicht kennenElisa

Kapitel 19Von Fragezeichen und AusrufezeichenElisa

Kapitel 20Mutig seinElisa

Kapitel 21Müdigkeit und mieses TimingJonah

Kapitel 22Die Warnungen, die wir ignorierenElisa

Kapitel 23Ein langer AbendElisa

Kapitel 24Zerspringen in tausend SplitterJonah

Kapitel 25Ein Moment, eine EwigkeitElisa

Kapitel 26Wo Gebrochenes seinen Ursprung hatJonah

Kapitel 27Gefühle, Gerüchte und GesprächeElisa

Kapitel 28Ein Stück, das an die richtige Stelle rücktElisa

Kapitel 29Zwei Welten an einem TagElisa

Kapitel 30Das Gefühl von WirJonah

Kapitel 31Unser eigener SturmElisa

Kapitel 32Zu hoffen wagenJonah

Kapitel 33Sich vom Sturm tragen lassenElisa

Kapitel 34Es beginntElisa

Kapitel 35Wellen, die sich auftürmenJonah

Kapitel 36Angekommen und gleichzeitig verlorenElisa

Kapitel 37Der Punkt ohne UmkehrElisa

Kapitel 38Verdrehte WidersprücheJonah

Kapitel 39Zurückblicken, ohne etwas zu sehenElisa

Kapitel 40Was wir am wenigsten erwartenJonah

Kapitel 41Zurück auf KursElisa

Kapitel 42WiedergefundenJonah

Kapitel 43Neue MöglichkeitenElisa

Kapitel 44Der Sturm, der einen immer wieder zurückführtElisa

EpilogEin Sturm folgt dem anderenElisa

Danksagung

Content Note

Liebe Leser*innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Deshalb findet ihr am Ende des Buchs eine Content Note.

Achtung: Diese enthält Spoiler für die gesamte Geschichte!

Wir wünschen euch das bestmögliche Lesevergnügen.

Eure Alexandra und das Loewe Intense-Team

Für alle, die immer wieder aufstehen.Die weitermachen. Die kämpfen.Es kommt nicht darauf an, wie oft man gefallen ist,sondern dass man am Ende wieder steht.Und das tut ihr.

»In einer irrsinnigen Welt vernünftig sein zu wollen,ist schon wieder ein Irrsinn für sich.«Voltaire

Playlist

Oder nicht – Kontra K

Astronaut In The Ocean – Masked Wolf

everything i wanted – Billie Eilish

All We Are – JONAH

Never Let You Down – Woodkid, Lykke Li

Infinity – Jaymes Young

Fix You – Coldplay

exile – Taylor Swift, Bon Iver

Cats In The Cradle – Ugly Kid Joe

Where Do We Go – Dominic Neill

Better Days (feat. EARTHGANG) – Dermot Kennedy

Waves – Dean Lewis

Papaoutai – Stromae

Addicted To You – Avicii

All Time Low – Jon Bellion

Renegades – X Ambassadors

If I Lose Myself – OneRepublic

Us – James Bay

I Am – CRMNL

We Are Young (feat. Janelle Monáe) – fun.

Run – Jasmine Thompson

SUPERMODEL – Måneskin

Man On The Moon – Alan Walker, Benjamin Ingrosso

All I Want – Kodaline

Prolog

GEMEINSAME EINSAME ABSCHIEDE

Elisa

Herbst vor fünf Jahren, Sylt

Ich hatte wirklich daran geglaubt.

Bis zuletzt hatte ein winziger Teil von mir – der Part, der überhaupt noch zu so etwas wie Hoffnung fähig war – daran geglaubt, dass meine Mutter einen Rückzieher machen würde. Dass sie mich in den Arm nehmen und mir sagen würde, dass wir blieben. Dass sie mir versichern würde, wie leid es ihr täte und sie mich nicht einfach gehen ließ. Mutter und Tochter gegen den Rest der Welt. Oder so.

Rückblickend betrachtet war das lächerlich gewesen. Meine Mum war niemand, der Pläne verwarf, sobald sie einmal standen, egal, welche Auswirkungen diese auf andere haben mochten. Schon gar nicht, wenn es dabei um meine Sicherheit ging, wie sie es ausdrückte. Für mich war es nur ein weiterer Beweis dafür, dass meine Mutter mich nicht verstand. Nicht verstand, dass sie mich nicht vor etwas beschützen konnte, vor dem ich nicht beschützt werden wollte. Dass ich mich immer wieder für das Schwimmen, die Freiheit im Wasser entscheiden würde. Ganz offensichtlich kannte mich Mum nicht halb so gut, wie sie behauptete, denn sonst wäre ihr klar gewesen, dass kein dämliches Jobangebot oder ein Umzug etwas daran ändern konnte.

Ich hätte es also wissen müssen und trotzdem brach mit jedem Karton, den die Möbelpacker aus dem Haus trugen und in den grellgelben Lkw luden, etwas in mir ein kleines bisschen mehr. Es war ein Gefühl, das tief in meiner Brust saß und es sich dort in den letzten Wochen so richtig gemütlich gemacht hatte. Ein Ziehen und Brennen, das mir den Boden unter den Füßen wegzog. Hätte ich nicht auf meinem großen, gepunkteten Koffer gesessen, wäre ich vermutlich längst umgefallen. Und liegen geblieben. Doch so verfolgte ich nur wie betäubt das systematische Gewusel um mich herum. Die präzisen Handgriffe, die aus einem Zuhause bloß ein weiteres Haus in Kampen machten. Es war erschreckend, wie wenig Platz mein ganzes Universum brauchte. Nur ein paar Kisten, zerlegte Möbel, ein einziger Umzugswagen.

Wie konnten so viele Erinnerungen, so viele Jahre in diesen blöden Kasten auf vier Rädern passen?

All die Dinge, die wir in diesem Haus erlebt haben.

All die Momente.

All das … Leben.

Das sollte doch eigentlich gar nicht möglich sein. Oder?

Ich krallte die Finger in den Saum meines beigen Australia-T-Shirts und atmete bebend aus. Tränen brannten mir in den Augen und ich trug ihren verräterischen Geschmack bereits auf der Zunge.

Nicht weinen. Nicht weinen. Nicht weinen.

Das Mantra lief in Dauerschleife durch meinen Kopf, während die Herbstsonne meine nackten Arme kitzelte, als wollte sie mich trösten. Irgendwie machte das alles bloß noch schlimmer. Ich wollte nicht gehen. Ich wollte Sylt nicht hinter mir lassen. Hier war meine Heimat, hier waren meine Freundinnen – die besten Freundinnen, die man sich überhaupt vorstellen konnte –, hier war das Meer, hier war … alles. Ich gehörte auf die Insel. Nicht nach Mailand, wo meine Mutter eine befristete Stelle im Hauptsitz der Modedesignerin Ornella Russo annehmen würde, und ganz sicher nicht ans andere Ende der Welt zu meinem Vater. Und doch würde ich genau dorthin fliegen. Zu Dad nach Australien. Aus Trotz und weil mein Vater und sein neues Leben dort besser waren als Mum und ihre ständige Sorge, die mir die Luft zum Atmen nahm. Dad und das Schwimmen zu wählen, statt bei ihr ohne mein geliebtes Meer zu bleiben, war mir absolut logisch vorgekommen, wie die einzige wirkliche Wahl, die ich hatte. Vieles erschien auf einmal sehr logisch, wenn man wütend und enttäuscht und hilflos Entscheidungen traf. Jetzt gab es kein Zurück mehr: Mum zog nach Mailand, ich zu Dad und einem ganz anderen Meer nach Perth. Und genauso wenig, wie meine Mutter einen Rückzieher machte, würde ich es tun. Zumindest das hatten wir noch gemeinsam.

Ich knibbelte an dem losen Hautfetzen an meinem Daumen herum und blickte auf. Genau in diesem Moment öffnete sich die schmale Tür neben dem breiten Haupteingang. Sofort wurde mein Magen zu einer kleinen harten Kugel, als ich die vertrauten blonden Haare, die abgetragenen Vans und das von der Sonne gebräunte Gesicht sah. Jonah Falk. In meinem eigenen Kampf mit dieser ganzen vermaledeiten Situation hatte ich mir kategorisch verboten, über ihn nachzudenken. Darüber, was Mums Angebot und Flucht nach Norditalien für ihn und seine Familie bedeutete. Darüber, dass nicht nur ich mein Zuhause verlor und aus meinem Leben gerissen wurde, sondern auch Jonah und seine Familie. Denn hätte ich den Gedankenstrudel mit seiner ganzen Wucht zugelassen, wäre ich vermutlich darin ertrunken. Doch als Jonah nun den Kopf zum Umzugswagen drehte, sodass ich seine eisblauen Augen sehen und nichts als Härte und Wut darin erkennen konnte, fragte ich mich unwillkürlich, ob ich das nicht längst war.

Ertrunken.

Andernfalls würde ich nicht tun, was ich tat, oder? Alles hinter mir lassen, was ich kannte. Gehen, weil Bleiben keine Option war. Ich musste versunken sein, irgendwo in meinen geliebten Wellen.

Mit angehaltenem Atem verfolgte ich, wie Jonah sich durch die etwas zu langen hellen Haare fuhr und dann mit einem genervten Seufzen das selbst gebastelte Türschild aus Ton vom Briefkasten löste. Beinahe verächtlich starrte er auf die bunte Scheibe, die seine jüngere Schwester Hannah gebastelt hatte, und einen Moment lang glaubte ich, er würde sie einfach zu Boden pfeffern. Aus Wut über diesen Umzug. Aus derselben Wut, die auch in meinem Bauch brodelte. Doch dann klemmte er sie sich unter den Arm und verschwand wieder ins Innere.

Die Falks hatten bis zum heutigen Tag in der kleinen Einliegerwohnung im Erdgeschoss gewohnt. Wohin sie jetzt ziehen würden, wusste ich nicht. Denn auch wenn Jonah ein paar Klassen über mir auf dieselbe Schule gegangen war und seine Mutter regelmäßig bei uns geputzt hatte, hatten wir nie richtig Kontakt gehabt. Was zum größten Teil daran lag, dass niemand aus der Familie Falk besonders redselig war. Ganz besonders Jonah nicht, der mich nie mit mehr als einem schrägen Blick oder einem gemurmelten Gruß bedachte. Aus irgendeinem Grund mochte ich ihn trotzdem und es fühlte sich falsch an, nicht länger mit ihm unter einem Dach zu wohnen. Das alles hier, dieser ganze dämliche Umzug fühlte sich falsch an.

Plötzlich konnte ich nicht mehr still sitzen und sprang auf die Beine. Die Hände an meinen Seiten zu Fäusten geballt, begann ich in der breiten Einfahrt vor dem alten Haus mit traditionellem Reetdach auf und ab zu laufen, um nicht irgendetwas Impulsives zu tun. Wie beispielsweise, die Sachen aus dem Lkw wieder ins Haus zu räumen. Oder die Maklerin und meine Mutter, die drinnen letzte Details besprachen, mit einem spontanen Angriff aufzuhalten. Oder mich mit einer Kette an die Treppe zu binden und in Streik zu gehen – was allerdings selbst für mich ein neues Level gewesen wäre.

Frustriert trat ich gegen einen Stapel Umzugskartons und machte im nächsten Augenblick einen Satz zurück, als die oberste Kiste ins Wanken geriet und zu Boden stürzte. Der Deckel sprang auf und Kissen und Decken landeten überall um mich herum auf den Pflastersteinen. Kissen und Decken, die mir nicht im Entferntesten bekannt vorkamen …

Mist.

»Hey! Was soll der Scheiß?«

Mist. Mist. Mist.

Meine Wangen wurden warm, nur einen Sekundenbruchteil bevor Jonah zu mir trat und mich anfunkelte, als wäre ich der Teufel persönlich. Die gebräunten Arme hielt er vor der Brust verschränkt und sein eindringlicher Blick war so intensiv, dass es mir prompt die Sprache verschlug. Und das passierte mir eigentlich so gut wie nie.

»Hast du ein Problem mit unseren Sachen oder willst du diesen miesen Tag einfach noch ein bisschen mieser machen?«

Ich blinzelte. Schluckte. Und dann machte sich meine Stimme selbstständig. »Das … das war ein Versehen.« Ernsthaft?

Jonah schien exakt dasselbe zu denken, denn statt zu antworten, hob er nur eine seiner Brauen, die einige Nuancen dunkler als seine Haare waren, und legte den Kopf leicht schief.

Mein Gesicht musste mittlerweile in Flammen stehen. Zumindest fühlte es sich so an. »Und außerdem … ist der Turm schlecht gestapelt. Der würde keinen Windstoß überleben.«

Nun wanderte auch seine zweite Augenbraue nach oben. »Und schon gar nicht jemanden wie dich, was?«

Sein Kommentar, in dem eine deutliche Note Bitterkeit mitschwang, holte mich endlich aus meiner seltsamen Halbstarre. »Was soll das denn bitte heißen?«

»Such es dir aus, Prinzessin«, erwiderte Jonah und ging in die Hocke, um die Kissen aufzuklauben.

Unwillkürlich tat ich es ihm gleich und griff nach einer flauschigen Decke, auf die kleine Erdbeeren gedruckt waren. »Nein, ich bin wirklich neugierig, was du damit meinst, Jonah.«

Bei seinem Namen ging ein kaum merklicher Ruck durch ihn hindurch. Seufzend drehte er den Karton um und legte die Kissen hinein. »Ach ja? Sonst interessiert es dich doch auch nicht.«

Bitte was?

Als ich nichts entgegnete, nahm er mir unsanft die Decke ab und stopfte sie in die Kiste. »Belassen wir es einfach dabei. Hat doch vierzehn Jahre wundervoll geklappt, warum also mit dem Prinzip brechen, jetzt, da eh alles den Bach runtergeht?«

Wieder blinzelte ich. »Ich weiß, wie scheiße das für dich sein muss. Glaub mir, das weiß ich wirklich, aber … nicht nur du hast einen miesen Tag, okay? Ich habe auch keine Lust auf diesen ganzen Zirkus. Ich will nicht umziehen und ganz sicher habe ich mir das alles nicht ausgesucht. Immerhin ist das hier mein Zuhause. Genauso, wie es deins ist. Wir verlieren es beide, okay?« Ich machte den Mund zu und fragte mich, was zum Teufel mich geritten hatte, ausgerechnet Jonah ungefiltert meine Gedanken an den Kopf zu knallen. Jonah, mit dem ich in diesen paar Minuten mehr Sätze gewechselt hatte als in all den Jahren zuvor zusammengenommen.

Langsam schaute er auf, die Stirn gerunzelt und das Kinn angespannt. »Schätze, wir alle haben von Zeit zu Zeit keine Wahl. Ein gesetzter Umstand unseres Universums.«

»Blödsinn«, sagte ich sofort, obwohl er mir mit seinen Worten quasi aus der Seele sprach. Aber das würde ich nicht zugeben. Nicht bei Jonah Falk.

»Vielleicht.« Mit einem Schulterzucken verfrachtete er die letzte Decke in den Karton, ehe er ihn schloss und zurück auf den wackeligen Turm stellte. »Vielleicht auch nicht.«

Nun war ich es, die die Stirn in Falten legte, während ich Jonah betrachtete, als hätte ich ihn noch nie gesehen. Und in gewisser Weise stimmte das irgendwie auch. Vermutlich, weil er mir gerade zum ersten Mal ein winziges bisschen von sich zeigte. Ein winziges bisschen dessen, was hinter seiner Fassade aus dummen Sprüchen und Schweigen steckte, mit der er die ganze Welt von sich fernhielt.

»Du –«, setzte ich an, als mein Name über die Einfahrt schallte und mich verstummen ließ.

»Elisabeth!«

Beinahe synchron drehten sich Jonah und ich zu meiner Mutter um, die mit wehenden blonden Haaren und in ihrem blauen Hosenanzug beinahe unverschämt perfekt gestylt in unsere Richtung gelaufen kam.

»Ich habe dir doch gesagt, dass du deine Koffer schon in den Wagen bringen sollst. Oder willst du deine persönliche Flugbegleiterin warten lassen? Oder gar den Flug verpassen?«

Ja, wenn das bedeuten würde, dass ich hierbleiben darf. Aber das hast du mir ja nicht erlaubt.

Ich erwiderte nichts, weil ich aus Erfahrung wusste, dass ich nur verlieren konnte. In einer Diskussion mit Gloria Andersen zog man immer den Kürzeren. Besonders angesichts der dicken Luft, die zwischen uns herrschte, seit ich Dad gewählt hatte. Ihre Worte, nicht meine.

Mit einem leisen Seufzen warf Mum einen Blick auf ihre Cartier-Uhr, ehe sie Jonah ins Auge fasste, der einen knappen Meter von mir entfernt stand. »Was machst du noch hier? Solltet ihr nicht längst aus der Wohnung sein?«

Am liebsten hätte ich sie für ihren spitzen Tonfall geschüttelt. Ich hasste es, wenn sie so mit Menschen sprach, die nicht in ihren Gloria-Andersen-Rahmen passten. Früher hätte sie das nie gemacht. Früher war sie der sanfteste, höflichste Mensch der ganzen Insel gewesen und hatte jeden mit dem gleichen Respekt behandelt. Meine Mutter und ich waren auf einer Wellenlänge gewesen, hatten zu zweit unsere Mädelswelt geschaukelt, wie sie es ausgedrückt hatte, und nie groß Differenzen gehabt. Zwar war sie schon immer sehr akkurat und überfürsorglich gewesen, aber dennoch Mum. Doch dann waren ihr Bruder Sasha und sein ältester Sohn – mein Cousin Liam – bei einem Brand gestorben und mit ihnen auch Mums Leichtigkeit. Aus der Überfürsorglichkeit war ein regelrechter Zwang geworden, ihre Freundlichkeit hatte sich in permanente Gereiztheit verwandelt, und wenn sie nicht gerade mit meiner Sicherheit beschäftigt war, vergrub sie sich in ihrem Modegeschäft und der Arbeit. Und zu allem Überfluss hatte ich vor ein paar Monaten einen blöden Schwimmunfall gehabt, der den ganzen Mist so richtig ins Rollen gebracht hatte. Dabei war das wirklich keine große Sache gewesen. Ich war einfach zu lange im Wasser gewesen, weshalb ich mir eine Unterkühlung zugezogen hatte und am Strand umgekippt war. An Land, wohlgemerkt, nicht im Wasser. Aber das war Mum egal gewesen. Für sie hatte nur gezählt, dass ich in Gefahr gewesen war. Der berühmte Anfang vom Ende.

Ich verstand ihren Schmerz und ihre Angst, noch jemanden zu verlieren – das tat ich wirklich. Auch ich vermisste Sasha und seine Familie, die nach dem Unglück nach Kiel gezogen war, aber mir fehlte auch meine Mutter. Gerade in der letzten Zeit hätte ich sie sehr gebraucht. Und manchmal fühlte es sich so an, als hätte ich am Tag des Brandes ebenfalls einen Teil von Mum verloren.

Im nächsten Moment holte mich Jonahs Stimme aus meinen Gedanken, seine Miene ausdruckslos. »Es ist alles mit der Maklerin abgeklärt. Wir müssen nur noch die letzten Sachen holen, dann sind Sie uns los, Frau Andersen. Wir möchten Ihnen und Ihrer Planung natürlich nicht im Weg stehen.«

»Gut«, antwortete Mum ungerührt und ohne auf den offensichtlichen Sarkasmus einzugehen. »Meine Assistentin wird sich um den Rest kümmern. Falls noch Fragen auftauchen, könnt ihr euch an sie wenden.« Ein weiterer Blick auf die funkelnde Uhr, bevor sich meine Mutter wieder an mich wandte. »Wir fahren in fünf Minuten. Sieh bitte zu, dass du alles ins Auto lädst. Ich komme sofort nach.«

Mein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. »Vorhin meintest du noch, wir gehen erst gegen eins. Leni, Malia und Ida kommen gleich und –«

»Du hast dich doch gestern schon von deinen Freundinnen verabschiedet, Elisabeth, und manchmal ändern sich Pläne eben.« Mum berührte mich kurz am Arm. »Außerdem war das deine Entscheidung, vergiss das nicht, mein Schatz. Es stand – und steht – dir jederzeit offen, sie zu ändern.«

Das war keine echte Entscheidung, hätte ich am liebsten geschrien, hielt jedoch den Mund.

Als hätte er meine frustrierten Gedanken gehört, spürte ich Jonahs Blick prickelnd auf mir, aber ich wagte es nicht, zu ihm zu schauen. Nicht, wo ich so kurz davor war, meine Fassung zu verlieren.

Meine Mutter atmete hörbar aus und sah im nächsten Moment über die Schulter, als ein helles Klirren erklang. »Vorsichtig!«, rief sie einem Möbelpacker zu und war schon halb losgelaufen, ehe sie sich noch einmal mir zudrehte. »Denk dran: fünf Minuten, Elisabeth. Du kannst deinen Freundinnen ja aus dem Auto schreiben, sie werden es sicherlich verstehen.« Mit diesen Worten machte Mum auf dem Absatz kehrt, um zu den Umzugshelfern zu marschieren, die gerade einen ihrer heiß geliebten Kristalllüster unsanft aus dem Haus trugen. Der böse Teil in mir hoffte, dass sie ihn fallen lassen und die funkelnden Steine auf dem Boden zersplittern würden. So wie unser Zuhause. So wie unser Leben, das meine Mutter gerade kaputtmachte, nur weil sie geglaubt hatte, dadurch irgendetwas besser zu machen.

Wie komplett verdreht!

Ich umschlang mich selbst mit den Armen und fuhr zusammen, als ich Jonah direkt neben mir bemerkte. So nah, dass ich die Sommersprossen auf seiner Nase zählen und die winzige weiße Narbe auf seinem Kinn erkennen konnte.

»Ich hab’s dir ja gesagt: Niemand von uns hat eine Wahl, nicht einmal du«, murmelte Jonah an meinem Ohr. Sein warmer Atem jagte mir eine Gänsehaut über den Körper. »Ein schönes Leben dir, Prinzessin.« Einen Moment später hatte er sich auch schon umgedreht und lief zurück in Richtung Wohnung.

Perplex schaute ich ihm nach, seinen angespannten Schultern und seinen langen, aufgebrachten Schritten, während mir das Herz aus einem unerfindlichen Grund bis zum Halse schlug. Seine Worte hallten als Echo in meinem Kopf wider, berührten einen Punkt tief in mir und ließen mich nicht mehr los. Nicht, als ich von meiner Mutter zum Taxi getrieben wurde, nicht, als ich einstieg und mich wie betäubt anschnallte. Und auch nicht, als ich aus dem Fenster das Haus betrachtete, das mein Zuhause gewesen war.

»Wie gesagt, du musst nicht nach Perth und damit gleich ans andere Ende der Welt gehen. Das Appartement in Mailand ist groß genug für zwei. Außerdem gibt es dort eine sehr gute internationale Schule und ich bin mir sicher, dass wir das geschaukelt bekommen würden. Es wäre eine große Chance, ein Neuanfang. Für uns beide.«

Ich bekam Mums letzten Überredungsversuch bloß am Rande mit und zog nicht eine Sekunde in Erwägung, meine sogenannte Entscheidung noch mal umzuwerfen, während das Taxi aus der Einfahrt setzte und wendete. Stattdessen dachte ich an alles und nichts. Und an Jonah, der wieder auf den Hof getreten war, direkt neben seinen wackeligen Turm aus Umzugskartons, und stirnrunzelnd zu mir sah. Mit diesen eisblauen Augen und dem ausgeleierten Shirt. Es war nur ein kurzer Moment, in dem sich unsere Blicke begegneten, bevor das Taxi auf die Straße bog und das Haus, die Einfahrt und Jonah verschwanden. Nicht mehr als ein Wimpernschlag, in dem er und ich gleich gewesen waren. In dem Jonah ausgesehen hatte, wie ich mich fühlte.

Wütend, einsam. Vollkommen verloren. Als hätte uns ein Sturm aus dem Leben gerissen und nun in alle Winde verstreut.

Ein Sturm, der uns keine Wahl gelassen hatte.

SOMMER, FÜNF JAHRE SPÄTER

Kapitel 1

ALTE NEUE BEKANNTE

Elisa

»Entschuldigung?« Ich räusperte mich vernehmlich und setzte ein möglichst freundliches Lächeln auf. »Sie sitzen auf meinem Platz. Ich habe die 96 reserviert.«

Der Mann, der auf meinem Sitz am Fenster hockte, faltete in aller Seelenruhe seine Tageszeitung zusammen, ehe er sie in der Laptoptasche vor seinen Füßen verstaute und endlich zu mir aufblickte. Als hätten wir alle Zeit der Welt. Als wären wir nicht in einem hoffnungslos überfüllten Zug von Hamburg-Altona nach Sylt, weil die beiden Verbindungen davor ausgefallen waren. Und als würden nicht gut ein Dutzend Menschen hinter mir ziemlich ungeduldig darauf warten, dass ich mit meinen beiden überdimensionalen Koffern den Gang frei machte.

»Ach ja?« Ein wenig abschätzig schürzte er die Lippen und brachte meine Engelsgeduld, die nach dem Langstreckenflug von Perth über Dubai und dank meines Jetlags bereits merklich gelitten hatte, an den Rand der Klippen. »Ich habe hier nirgendwo einen Namen gelesen.«

Natürlich nicht. Ich atmete hörbar aus. Wäre es ein anderer Tag gewesen, wäre ich vielleicht einfach weitergegangen, aber todmüde und mit den Nerven am Ende, wollte ich nur noch sitzen und ein wenig schlafen. »Möchten Sie, dass ich Ihnen mein Ticket zeige?«, fragte ich also eine deutliche Spur unfreundlicher und umfasste die Griffe meiner Rollkoffer fester. »Da steht nämlich genau dieser Platz drauf.«

»Hör mal, junge Dame. Nicht in diesem Ton.« Der Mann – ich schätzte ihn auf Mitte fünfzig – betrachtete mich mit empörter Miene. »So lasse ich nicht mit mir reden.«

Holy … Der verarscht mich doch, oder?

Ich öffnete den Mund, als hinter mir die Forderungen lauter wurden, mich endlich in Bewegung zu setzen. Wie ich diese engen, überfüllten Züge doch hasste. Besonders nach allem, was in den letzten achtundvierzig Stunden geschehen war. Unwillkürlich zuckte ich bei den Bildern, die in mir hochzukochen drohten, zusammen und rückte von dem Einzelsitz ab. Triumph leuchtete in den Augen des unfreundlichen Kerls auf und einen süßen Moment lang erwog ich, mich auf ihn zu stürzen. Dann jedoch gewannen mein Jetlag und der klägliche Rest der mir verbliebenen Höflichkeit und ich zog ab.

Mühsam schleppte ich mein viel zu großes Gepäck von Wagen zu Wagen durch den Regiozug, Floskeln wie Tut mir leid oder Entschuldigung beinahe inflationär auf der Zunge. Es war die reinste Tortur. Vielleicht hätte ich mich einfach neben dem Bordklo auf den Boden hocken sollen, da war zumindest noch etwas Platz gewesen. Während ein Teil von mir noch über diese Möglichkeit nachdachte und sie durchaus in Erwägung zog, erreichte ich den letzten Waggon, der zu meiner Überraschung tatsächlich etwas weniger vollgestopft war. Zielsicher landete mein Blick auf einem der freien Plätze, auf den ich mich nur einen Moment später ächzend fallen ließ. Schweiß stand mir auf der Stirn und es war so stickig, dass ich gerade alles für eine kalte Limo gegeben hätte. Hier und jetzt blieb mir allerdings bloß der mittlerweile lauwarme und abgestandene Rest des Wassers, das ich zusammen mit einer deutschen SIM-Karte am Flughafen in Hamburg gekauft hatte. Besser als nichts.

Mit ein paar Schlucken leerte ich die Flasche und fasste dann meine langen hellen Wellen zu einem unordentlichen Knoten auf meinem Kopf zusammen.

Süße Freiheit zusammengebundener Haare.

Fehlten nur noch eine Dusche und frische Klamotten, um die letzten Spuren der Reise loszuwerden, und der Rest … ich brach den Gedanken ab, noch bevor er überhaupt entstehen konnte. Ich würde jetzt ganz sicher nicht an das Chaos denken, das ich überhastet in Perth zurückgelassen hatte. Genauso wenig wie an Dad oder die Uni. Jetzt zählten erst mal allein das Ankommen auf Sylt, meine Freundinnen, auf die ich mich tierisch freute, und dass ich etwas Zeit hatte. Zeit, wieder einen klaren Kopf zu bekommen und herauszufinden, was zum Teufel ich nun tun sollte.

Alles andere kann warten.

Diesen Vorsatz im Hinterkopf, zog ich mein Handy hervor und wechselte in den Chat meiner besten Freundinnen und mir. Praktischerweise hatte der Messenger meine – nun wieder – deutsche Nummer automatisch übernommen. Wir hatten unsere WhatsApp-Gruppe kunstvoll E.M.I.L. getauft, ein Akronym aus unseren Anfangsbuchstaben Elisabeth, Malia, Ida und Leni – und lustigerweise auch der Vorname von Lenis Vater. Bisher hatte ich noch keine Zeit gehabt, meinen Mädels zu schreiben, dass ich auf dem Weg nach Sylt war. Es mochte wie eine schlechte Ausrede klingen, aber seit dem Moment, in dem ich entschieden hatte, herzukommen, hatte eine Sekunde die nächste gejagt. Alles war überstürzt passiert und ohne dass ich wirklich darüber nachgedacht oder es geplant hätte. Mein einziges Ziel war gewesen, sofort von dort zu verschwinden. Am besten direkt einen ganzen Ozean und mehrere Kontinente zwischen Perth, Dad und mich zu bringen. Und jetzt, in diesem holprigen Zug irgendwo auf dem norddeutschen Festland zwischen Hamburg und Sylt, wurde mir das erste Mal so richtig bewusst, was in den vergangenen Stunden passiert war.

Ich starrte auf den geöffneten Chat, bis die Buchstaben vor meinen Augen verschwammen, und schluckte gegen die plötzliche Enge in meinem Hals an. Ich hatte es wirklich durchgezogen. Ich war wirklich wieder in Deutschland. Ich hatte wirklich mein Studium geschmissen. Und ich hatte wirklich meinem ganzen Leben in Australien und Dad den Mittelfinger gezeigt – sowohl im übertragenen Sinne als auch wortwörtlich.

Ich. Hatte. Es. Wirklich. Getan.

Holy shit.

Kopfschüttelnd blinzelte ich ein paarmal – und fuhr im nächsten Moment zusammen, als die rauschende Durchsage des Zugführers durch den Waggon flog.

»Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal möchte ich Sie recht herzlich in diesem Regionalzug der Deutschen Bahn auf der Strecke von Hamburg-Altona nach Westerland begrüßen …«

Ich blendete die Stimme aus und konzentrierte mich wieder auf die E.M.I.L.-Gruppe. Schluss mit meinen wirren Gedanken, damit würde ich mich auseinandersetzen, wenn ich angekommen und wieder halbwegs auf dem Damm wäre. Mit Jetlag, hungrig und verschwitzt war mein Kopf das reinste Minenfeld.

Seufzend ließ ich mich tiefer in den Sitz gleiten und begann zu tippen – auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie ich meinen besten Freundinnen innerhalb einer kleinen Nachricht das Chaos, das sich mein Leben nannte, erklären sollte. Vermutlich hätte ich das nicht einmal in einem Roman geschafft.

ElisaHey! Überraschung, ich bin genau in diesem Moment im Zug nach Sylt, weil ich mein Leben in Perth ziemlich an die Wand gefahren habe. Also so richtig. Ich habe echt Scheiße gebaut, deshalb … hat jemand von euch Lust, eine gestrandete Reisende aufzunehmen? 

Ich las mir die Sätze noch einmal durch und verzog das Gesicht. Dann löschte ich die Worte und setzte neu an.

ElisaHey ihr, ich hoffe, es geht euch gut! Kleiner Überraschungsüberfall: Ich komme nach Sylt  Um genau zu sein, werde ich in etwa zwei Stunden in Westerland am Bahnhof landen – habt ihr Lust, euch zu treffen? Freue mich auf euch! 

Wieder überflog ich die Zeilen und tippte schließlich auf Senden, ehe ich noch länger darüber nachdenken konnte.

Die Antworten kamen sofort, auf Malia, Ida und Leni war eben Verlass. Mein Herzschlag beruhigte sich ein kleines bisschen. Es würde alles gut werden. Mit ihnen an meiner Seite konnte es das nur.

IdaMoment – WAS???

MaliaIch habe irgendetwas verpasst, oder? Wartet, ich gehe den Chat noch mal durch 

LeniNee, da war nichts vorher. Elisa? Ist das ein Witz? Du machst einen Witz, oder? 

MaliaÜberraschungsüberfall.

MaliaHaha.

Ida@Leni @Malia ich glaube, sie meint das ernst 

ElisaNein, kein Scherz. Ich sitze wirklich im Zug.

Als Beweis machte ich ein Selfie von mir und sendete es direkt in die Gruppe.

LeniHimmel. Ist etwas passiert? Warum hast du denn nichts gesagt? 

Ich biss mir auf die Lippe und überlegte einen Augenblick, bevor ich antwortete.

ElisaNa ja … kann man so sagen. Aber das würde ich euch lieber persönlich erzählen. Wollen wir uns treffen?

LeniOh Süße  Natürlich sehr gern! Allerdings haben wir ein kleines Problem … Ida und ich sind gerade bei Malia in München.

Mein Herz setzte einen Schlag aus, nur um einen Sekundenbruchteil später loszurasen. In München? Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Wir hatten bei unserem letzten Mädelssamstag sogar lange darüber gequatscht und beschlossen, mich per Skype dazuzuschalten, wenn Malia uns ihre neue Universität und die WG in München zeigte.

ElisaMist. Das habe ich total vergessen.

IdaWas für ein blödes Timing.

MaliaDefinitiv. Was machst du jetzt, Elisa? Leni und Ida sind noch bis Mittwochabend bei mir.

LeniUnd Raffael ist für das Wochenende mit Noel in Kiel bei seinem Onkel für irgendeine Besprechung. Sonst hättest du vielleicht bei ihm in der Hotelwohnung übernachten können, denn das Meeresrauschen ist, soweit ich weiß, komplett ausgebucht. Inklusive der privaten Gasträume. Tut mir leid.

ElisaAlles gut  Ich werde einfach mal schauen.

Um es mit anderen Worten zu sagen: Ich hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. In meinem Plan – sofern man diesen spontanen Aufbruch überhaupt so nennen konnte – war fest vorgesehen gewesen, dass ich bei meinen Mädels bleiben würde. So hatten wir es schon immer gehandhabt, wenn ich zu Besuch war. Denn sie alle wussten, dass bei meiner Mutter zu wohnen nicht infrage kam. Zwar war sie nach ihrer Zeit in Mailand wieder nach Sylt gezogen, doch zwischen uns war zu viel kaputtgegangen, als dass ich sie als echte Option sah.

IdaDu könntest Charlotte fragen. Sie hat doch zusammen mit ihrer Freundin Jule die kleine Pension in Wenningstedt. Unsere Bäckerei liefert da immer hin, ich kann Oma um ihre Nummer bitten.

LeniGute Idee 

MaliaCharlie ist super! Und … mir ist klar, dass du das nicht hören willst, aber weiß deine Mutter, dass du kommst?

ElisaNein, aber ich werde es ihr vermutlich sagen müssen. Wenn sie es nicht längst von Dad weiß  Ich habe ihm geschrieben, dass ich gut angekommen bin.

Die meisten Eltern, die sich scheiden ließen, konnten sich nicht ausstehen, meine waren die goldene Ausnahme. Nachdem sie eingesehen hatten, dass keiner von ihnen in ihrer Beziehung glücklich war, hatten sie sich einvernehmlich getrennt. Mein Dad Dylan war zurück nach Perth gezogen und dort mit seinem Start-up so richtig durchgestartet, während Mum und ich auf Sylt geblieben waren. Kurz nach der offiziellen Scheidung hatte mein Vater dann seine neue Frau Felicity kennengelernt, mit der er meinen Halbbruder Matthew bekommen hatte. Und wer jetzt glaubte, meine Mutter hätte damit ein Problem gehabt … nun, nein. Meine Eltern standen seit ihrer Trennung regelmäßig in Kontakt, skypten sogar, was auf unzähligen Ebenen seltsam war. Kopfschüttelnd blickte ich auf die neuste Mitteilung.

MaliaWir sind für dich da, Elisa. Melde dich, wann immer du möchtest.

LeniGenau! Und spätestens nächsten Donnerstag sind wir auch wieder live und in Farbe bei dir. Oder gleich Mittwochabend! Das bekommen wir schon hin, Ellie-Bellie. Halte uns auf dem Laufenden.

ElisaDanke, hab euch lieb. Und das werde ich machen! 

IdaWir dich mehr, du Aussie. Ich schicke dir gleich noch die Nummer von Charlies Bernsteinglühen. Halte die Ohren steif 

Ich lächelte traurig und schloss den Chat. Meine Mädels waren wirklich die besten der Welt, auch wenn es mir wie ein Stein im Magen lag, dass ich die nächsten sieben Tage irgendwie ohne sie auf Sylt überstehen musste. Aber vielleicht war das mit der Pension ja wirklich eine gute Option. Zwar kannte ich Charlotte und Jule bisher nicht persönlich, doch ich vertraute auf Idas Meinung.

Du kriegst das hin. Du hast schon ganz andere Sachen gemeistert!

Meine innere Stimme schwang ihre Pompons und ich fragte mich unwillkürlich, ob mir der Jetlag jetzt auch noch den letzten Rest Verstand geraubt hatte. Stirnrunzelnd schloss ich die Augen und lehnte den Kopf gegen die kühle Scheibe, wo sich Grün, kleine Städte und Häuser zu bunten Schlieren vermischten.

Ich musste eingeschlafen sein, denn als mich eine laute Stimme hochschrecken ließ, rauschte nicht länger das norddeutsche Festland an mir vorbei, sondern das graublaue Wasser der Nordsee. Sonnenstrahlen ließen die kleinen Wellen schimmern, während der Zug über den Hindenburgdamm in Richtung Westerland ratterte, nur ein paar Meter über dem Meeresspiegel. Der Waggon hatte sich bis auf wenige Menschen geleert. Da waren noch die ältere Dame, die unentwegt an ihrem pastellgelben Schal strickte, und der Mann im Anzug mit seinem Laptop, den er vermutlich die ganze Fahrt über nicht eine Sekunde aus der Hand gelegt hatte. Direkt vor mir in dem Vierer saßen zudem ein Mädchen von vielleicht dreizehn, vierzehn Jahren und ein junger Mann mit schwarzer Beanie, der mir den Rücken zugewandt hatte. Und das war’s. Schien so, als wäre der Andrang auf die Insel heute zur Abwechslung mal erträglich.

Gähnend fuhr ich mir über die Augen und griff dann nach meinem Handy. Es war kurz vor drei Uhr nachmittags, was bedeutete, dass wir in knapp fünfzehn Minuten Westerland und damit die Endstation erreichen würden. Endlich. Wenigstens fühlte ich mich dank des Powernaps nicht mehr ganz so gerädert wie zu Beginn der Zugfahrt. Was sich allerdings nicht verändert hatte, war meine verzwackte Wohnsituation. Auf meinem Display prangten einige Nachrichten, unter anderem eine von Ida, die mir die versprochene Nummer der Pension geschickt hatte.

Kurzerhand entsperrte ich mein Smartphone und klickte den Chat an, als das Mädchen im Vierer vor mir ungehalten fragte: »Weißt du eigentlich, wie peinlich das gerade war?« Einen irrationalen Moment lang glaubte ich, sie würde mich meinen, dann jedoch ging mir auf, dass sich ihr Frust offensichtlich gegen den Kerl vor ihr richtete. »Ich kann mich da nie wieder blicken lassen.«

Der Typ brummte nur.

»Ich rede mit dir, Nona.«

Wieder ein Brummen, dann: »Mach mich nicht für deine Entscheidung verantwortlich. Du hättest dir auch früher überlegen können, wie peinlich das werden würde. Und zu deiner Information: Für mich war es auch nicht gerade angenehm, als mich die Schule angerufen und mir gesagt hat, dass du nicht zum Unterricht erschienen bist, Hanni.«

Die raue, warme Stimme des Kerls rührte irgendetwas in mir. Sie kam mir vage vertraut vor und gleichzeitig … Nein, ganz sicher bildest du dir das ein. Das sind deine Jetlag-Nerven, Elisa.

Das Mädchen – Hanni – schnaubte. »Was soll ich da? Die anderen sind bloß gemein und ätzend zu mir. Und ich bin klüger als die alle zusammen und das weißt du auch. Das, was die uns beibringen, kann ich schon seit zwei Jahren.«

»Und genau da liegt das Problem.«

»Das musst du mir erklären. Was ist so falsch daran, dass ich neue Sachen lernen möchte? Richtige Sachen, nicht dieses halbherzige Zeug. Und die Labore der Uni sind der Wahnsinn! Das ist echte Wissenschaft und … das, was ich machen will.«

Als Antwort erhielt sie ein unzufriedenes Knurren, gefolgt von: »Das mag sein, aber du musst nun mal in die Schule gehen, Hannah. Egal, wie klug du auch sein magst, du brauchst einen Abschluss.«

»Du hast es doch auch ohne überlebt.« Mit einem deutlich genervten Gesichtsausdruck verschränkte Hannah die Arme vor der Brust.

Ein Ruck ging durch den jungen Mann vor mir, dann fluchte er unterdrückt. »Ich bin der Letzte, an dem du dir ein Beispiel nehmen solltest, Schwesterchen.« Er atmete aus. »Geh in die Schule.«

Irgendetwas an seinem Tonfall sorgte dafür, dass sich mir die Härchen aufstellten. Diese Resignation und Erschöpfung in seiner tiefen Stimme schienen … zu viel für jemanden, den ich auf Anfang zwanzig schätzte.

Hör endlich auf zu lauschen. Das geht dich nichts an. Schau aus dem Fenster oder schalte dir Musik an.

Ich wusste, dass ich vermutlich meine Kopfhörer hätte rauskramen und das Gespräch ausblenden sollen, dennoch rührte ich keinen Finger. Vielleicht, weil dieser brummige Kerl mit dem, was in seinen Worten mitschwang, einen Nerv tief in mir drin traf. Einen Nerv, der brannte und den ich schon eine ganze Weile geflissentlich überging.

Und weil ich diese Art von Erschöpfung kenne …

»Sei froh, dass ich dich abgeholt habe. Wenn Papa erfährt, dass du den Unterricht geschwänzt hast und allein nach Hamburg gefahren bist –«

»Wirst du mich verraten?«, unterbrach ihn das Mädchen sofort und riss die hellblauen Augen auf. »Bitte, Jonah. Bitte sag es ihm nicht. Ich will nicht wieder Hausarrest bekommen und streiten.«

Bei der Sorge, die nun hörbar in jeder ihrer Silben mitschwang, hätte ich ihn beinahe nicht mitbekommen. Den Namen.

Jonah.

Jonah und Hannah.

Die zwei Namen in dieser Kombination konnten kein Zufall sein. Oder? Meine rationale Seite sagte mir, dass ich mal wieder Gespenster sah, wohingegen die andere Seite alles daransetzte, verschwommene Erinnerungen endlich zu packen, um sie zu einem scharfen Bild zusammenzusetzen. Was auch immer dieses Bild zeigen würde.

»Ich werde nichts sagen, wenn du mir versprichst, dass du wieder in die Schule gehst.«

»Das ist Erpressung.«

»Das ist ein Deal.«

Entgegen der Anspannung in meinem Inneren musste ich lächeln.

»Ein ziemlich mieser Deal. Ich kann dich nicht ausstehen, habe ich dir das eigentlich schon mal gesagt?« Hannah streckte ihm die Zunge raus und in dieser Geste lag so viel geschwisterliche Zuneigung, dass es mir einen kleinen Stich versetzte. »Du bist ein schrecklicher großer Bruder.«

Ein leises Lachen wehte zu mir, dann kam Bewegung in Jonah, als er aufstand und sich auf den freien Platz neben Hannah setzte. Mir gegenüber, sodass ich zum ersten Mal sein Gesicht sehen konnte – zum ersten Mal seit ziemlich genau fünf Jahren. Sie waren es also wirklich: Jonah und seine Schwester Hannah Falk. Die beiden Kinder, die fast vierzehn Jahre lang in der Wohnung unseres Hauses in Kampen gelebt hatten. Hannah, die damals noch ein kleines Mädchen gewesen war, und Jonah, der so gut wie nie mit mir gesprochen hatte. Bis auf den Tag, als ich nach Australien gezogen war und seine Familie ihr Zuhause verloren hatte. Jonah, über den ich in den letzten Jahren von meinen Mädels immer wieder die übelsten Gerüchte gehört hatte. Jonah, der einsame Wolf.

Und jetzt war ich ausgerechnet mit den beiden im Zug gelandet und bekam ihre mehr als privaten Streitereien mit. Was für ein großartiger Start. Hoffentlich würde er mich nicht wiedererkennen. Vielleicht sollte ich die Cap meines Uni-Schwimmteams aufziehen und in Westerland auf meinem Sitz warten, bis sie ausgestiegen waren … Trotzdem tat ich nichts dergleichen. Rührte mich keinen Deut, sondern sah ihn einfach nur an. Ein wenig versteinert, ein wenig überfahren.

Er hatte noch dieselben eisblauen Augen, die ich in Erinnerung hatte, dieselbe gerade Nase, dieselben Sommersprossen. Doch genauso viel, wie mir vertraut vorkam, schien nun auch völlig fremd. Seine Züge waren schärfer, markanter, seine Wangenknochen ausgeprägter und um seine Lippen lag ein angespannter Zug. Der dünne Stoff seines Oberteils machte kaum einen Hehl aus seinen breiten Schultern und den definierten, schlanken Muskeln. Bloody hell. Jonah hatte schon mit sechzehn gut ausgesehen, doch jetzt … war das noch mal etwas vollkommen anderes.

Und ich schaute ihn nicht nur an, ich starrte. Ganz direkt, ganz ungeniert. Wundervoll.

Instinktiv rutschte ich endlich tiefer in den Sitz. Zum Glück schien Jonah mich nicht bemerkt zu haben. Stattdessen legte er einen Arm um die schmalen Schultern seiner Schwester, wobei der Ärmel seines weißen Longsleeves hochrutschte und ein paar schwarze Tattoos entblößte. »Also haben wir eine Abmachung? Morgen wieder Schule?«

Hannah wehrte sich gegen die halbe Umarmung, jedoch nicht ohne ein verräterisches Grinsen auf den Lippen. »Du nervst.«

»Sicher, und du –« Jonah unterbrach sich selbst, als die Durchsage kam, dass wir nun den Bahnhof Keitum erreichten, die letzte Haltestelle vor Westerland. Kurz wandte er den Kopf zu dem Lautsprecher an der Decke, dann sah er wieder geradeaus – direkt zu mir. Direkt in meine Augen. Seine Züge entgleisten ihm für einen Moment – den Moment, den er brauchte, um mich zu erkennen und zu registrieren, dass ich ihn erstens beobachtet und zweitens jedes Wort seiner Unterhaltung mit Hannah mit angehört hatte. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken oder wahlweise mit meinem gepolsterten Sitz verschmolzen. Jonahs Gesicht verschloss sich und kühlte um einige Grad ab. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, etwas sagen oder mich am besten gleich entschuldigen zu müssen. Doch mit seinem Blick auf mir, der mich noch immer gefangen hielt, war ich nicht mal in der Lage, auch nur einen einzigen Ton herauszubringen. Und erst als er abrupt den Kopf zur Seite wandte und nach seinem ramponierten Rucksack griff, fiel mir auf, dass ich die ganzen unangenehmen fünf Sekunden über den Atem angehalten hatte.

»Jonah? Was ist?«, wollte Hannah wissen, während er wie von der Tarantel gestochen aufsprang und seine Schwester mit sich hochzog.

»Wir müssen hier raus.«

Sie runzelte die Stirn. »In Keitum? Ich dachte –«

»Ja, in Keitum. Kleine Planänderung.« Für einen Sekundenbruchteil schaute er wieder zu mir, ehe er aus dem Vierer trat und überstürzt davonhastete, mit seiner verwunderten Schwester im Schlepptau, an mir vorbei in Richtung Türen. Ohne mich ein zweites Mal anzusehen. Und ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass er und Hannah aus dem Zug gesprungen waren, kaum dass sich die Türen geöffnet hatten.

Was in aller Welt war das gewesen? Sicher, bei unserer letzten Begegnung vor fünf Jahren waren wir ein wenig aneinandergeraten. Jonah war – zu Recht – sehr wütend auf meine Familie gewesen, immerhin hatten wir sie durch Mums Jobwechsel mehr oder weniger zu einem Auszug gezwungen. Doch das war fünf Jahre her und, wie er wusste, nicht meine Idee gewesen …

»Die hatten es aber plötzlich eilig, was?«, murmelte die ältere Strickdame vor sich hin und schüttelte den Kopf. »So eilig, dass sie ihre halben Schateken liegen gelassen haben.«

»Bitte?«, fragte ich, als sich die Bahn wieder in Bewegung setzte und ich bemerkte, dass die Frau mit mir sprach.

»Das Büchlein. Haben die beiden einfach vergessen.«

Ich rutschte auf meinem Platz etwas höher, sodass ich einen Blick in den nun verlassenen Vierer werfen konnte. Und tatsächlich: Auf einem der Sitze lag ein dunkelgraues Notizbuch, auf dem einige Sticker klebten.

Mit einem leisen Seufzen legte die Dame ihre Stricknadeln zur Seite. »Ich sollte es dem Schaffner geben, denke ich. Nicht, dass es noch wegkommt. Zwischen zwei Buchdeckeln verbergen sich schließlich ganze Welten, nicht wahr?«

Aus einem Impuls heraus stand ich auf und griff nach dem Notizbuch, bevor die Stricklady es sich schnappen konnte. »Kein Problem. Ich gebe es ihnen wieder. Wir … kennen uns von früher.« Ich schenkte ihr ein höfliches Lächeln und hielt das Buch aus einem mir unbegreiflichen Grund fester, als nötig gewesen wäre.

Was machst du da, Elisa?

»Das ist natürlich noch besser. Sie werden sich sicher darüber freuen«, erwiderte die Dame und lächelte freundlich, wobei sich ein ganzes Netzwerk an Fältchen über ihr Gesicht ausbreitete.

Ich nickte und verstaute das Notizbuch in meinem Rucksack, während wir in den Bahnhof von Westerland einfuhren. Das vertraute Gebäude aus rotem Backstein kam in Sicht, der Bahnsteig und darüber der sturmgepeitschte blaugraue Himmel von Sylt. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer und für den Moment rückte Jonah in den Hintergrund, als ein Gefühl von Wärme durch meinen Körper rauschte. Sylt. Mein Zuhause. Ich war wirklich wieder hier auf der Insel. Mit einem ganzen Haufen an Chaos im Gepäck und einer im Nebel liegenden Zukunft vor mir. Der Gedanke zauberte eine schiefe Grimasse auf meine Züge, während die Bahn mit einem sanften Ruck zum Stehen kam und ich ausstieg. Eine Böe, die nach Salz und Strand und Dünen schmeckte, erfasste mich und verwirbelte ein paar lose Strähnen vor meinen Augen.

Vielleicht musste es genau so sein. Mit dem Chaos und der Ungewissheit und dem Wahnsinn.

Vielleicht brauchte ich genau diese Mischung, um nach vorne blicken zu können.

Und vielleicht hatte es einen guten Grund, dass mich der Hurrikan der letzten Tage nach allem genau hierhergeführt hatte.

Kapitel 2

EINE LEERE LEINWAND

Elisa

Die Augustsonne kitzelte meine Haut, als ich auf den Vorplatz des Bahnhofs trat und blinzelnd eine Hand gegen das Licht hob. Es fühlte sich gut an, wieder hier zu stehen, das vertraute Gewusel von Westerland um mich zu haben und ein Teil davon zu sein. Einfach so.

Busse fuhren in und aus dem ZOB, Taxis reihten sich immer wieder neu ein und Ankömmlinge wurden in die Arme geschlossen oder verabschiedet. Mein Herz pochte ein wenig, weil ich mir in diesem Moment wünschte, genauso von meinen Mädels umarmt und begrüßt zu werden, aber das würden wir spätestens am Donnerstagmorgen mit Pauken und Trompeten nachholen. Und Vorfreude war ja bekanntlich ohnehin die schönste Freude. Entschlossen straffte ich die Schultern und eilte auf das vorderste Taxi zu.

»Ist das dein erstes Mal auf unserer schönen Insel?«, fragte mich die Fahrerin, als sie den Wagen ein paar Minuten später zielsicher aus dem Ort in Richtung Wenningstedt steuerte, die kleine Stadt zwischen Westerland und Kampen.

»Nein. Ich komme sozusagen nach Hause.« Ich schenkte ihr im Rückspiegel ein kleines Lächeln, dann sah ich wieder nach draußen.

Direkt vor uns ragte, eingerahmt von grünen Dünen, ein weißes Holzhaus mit gelben Fensterläden auf. Eine Veranda verlief einmal um das Erdgeschoss herum und dunkles Reet bedeckte das verwinkelte Dach, das mehrere Erker, Gauben und kleine Anbauten zierten. Um das Haus war ein hübscher Garten mit Strandkörben, Bäumen und Sesseln angelegt, durch den ein heller Weg aus Naturstein direkt zum Eingang führte. Neben dem Gartentor verkündete ein orangegelbes Schild den Namen der Pension – Bernsteinglühen – und direkt darunter … Zimmer frei. Ich war mir ziemlich sicher, dass man förmlich hören konnte, wie mir der dicke graue Stein vom Herzen fiel, als ich diese beiden Worte las.

Siehst du, es wird alles gut.

Entschlossen stieg ich samt meinem Übergepäck aus und sah der Taxifahrerin kurz nach, ehe ich mich in Bewegung setzte – und im nächsten Augenblick auch schon von einem Mädchen mit langen roten Haaren begrüßt wurde.

»Hey! Herzlich willkommen im Bernsteinglühen. Soll ich dir helfen?«

Etwas überrumpelt schaute ich sie an, nickte dann aber dankbar und überließ ihr einen meiner Koffer. »Das ist lieb von dir, vielen Dank.«

»Das gehört alles zu unserem Rundum-sorglos-Paket mit Meeresblick.« Sie grinste schief, sodass ihre goldbraunen Augen zu leuchten begannen. Ich schätzte sie auf mein Alter und mit dem oversized Travel-Shirt war sie mir auf Anhieb sympathisch. »Verrätst du mir deinen Namen?«

»Elisabeth – Elisa«, verbesserte ich rasch, weil mich eigentlich niemand Elisabeth nannte. Außer mein Vater, wenn er so richtig sauer auf mich war, und durch seine englische Aussprache fühlte es sich dann gleich doppelt so streng an. »Und du bist …?«

Mit einem hellen Lachen machte sie prompt halt und streckte mir eine ihrer sommersprossigen Hände hin. »Ich bin Milou – Lou, wenn du möchtest. Charlies kleine Schwester. In den Ferien komme ich ab und zu her und helfe etwas in der Pension aus.«

»Freut mich, dich kennenzulernen. Also lebst du nicht auf Sylt?«

Bei meiner Frage zogen dunkle Wolken in ihren gerade noch funkelnden Augen auf. Sofort bereute ich es, nachgefragt zu haben, schließlich ging es mich eigentlich nichts an, wo sie wohnte. Doch zu meiner Überraschung dauerte das kleine Gewitter nur wenige Millisekunden an.

»Leider nein, aber ich wünschte es. Ich liebe die Insel und das Leben hier ist so viel … entspannter als in Konstanz am Bodensee. Was ist mit dir? Du hast einen interessanten Akzent.«

Ich nickte und hievte meinen Koffer die Stufen zur Veranda hoch, ehe ich antwortete: »Ursprünglich komme ich von Sylt. Ich bin hier geboren, aber vor ein paar Jahren nach Australien gezogen.«

»Nicht dein Ernst! Ich liebe Australien – wobei ich hoffe, dass du von der guten Seite kommst.«

Belustigt hob ich die Brauen. »Der guten Seite?«

»Der West Coast. Sydney und so mögen ja ganz nice sein, aber die wahren Schätze des Kontinents warten im Herzen und an der Westküste.«

»Du reist wohl gerne.«

»Und das ist noch untertrieben«, gab eine andere Stimme an Lous Stelle zurück und ließ uns zu der doppelflügligen Eingangstür aus gelb angestrichenem Holz herumfahren. Eine junge Frau mit kinnlangen rotbraunen Haaren und Pony lehnte im Rahmen und schüttelte lächelnd den Kopf. »Du solltest das Thema Reisen nicht ansprechen, wenn du dir keinen stundenlangen Vortrag von Loulou anhören möchtest.«

Milou pustete sich eine ihrer langen Strähnen aus dem Gesicht und stellte meinen zweiten Koffer vor sich ab. »Haha. Und ich habe dir gesagt, dass ich diesen Spitznamen boykottieren werde.«

»Trotzdem hast du geantwortet.« Die junge Frau, die Charlotte sein musste, zwinkerte ihr zu und machte einen Schritt in meine Richtung. »Es ist schön, dich zu sehen, Elisa.«

Überrascht blinzelte ich sie an. »Du weißt, wer ich bin?«

»Ja, natürlich. Ida hat dich bereits angekündigt und viel von dir gesprochen. Die beste Freundin vom anderen Ende der Welt, die es zurück auf unsere beschauliche Insel verschlagen hat.«

Meine Wangen wurden warm. So konnte man es natürlich auch ausdrücken. »Ich hoffe, es waren nicht zu viele … seltsame Geschichten dabei.«

»Nichts, was ich nicht schon mitbekommen hätte.« Charlie lachte leise, als ich zerknirscht das Gesicht verzog. »Aber jetzt komm erst mal rein, du bist vermutlich ziemlich müde nach der langen Reise, oder? Der Flug muss ja eine halbe Ewigkeit gedauert haben.«

Wir folgten Charlotte in den Eingangsbereich der Pension und schon in dem Moment, als ich über die Schwelle trat, fühlte ich mich wohl. Alles in diesem Raum drückte Gemütlichkeit und Zuhause aus. Wäre das hier eine Pinterest-Pinnwand gewesen, hätte ich sie wohl mit Adjektiven wie cozy, boho oder planty beschrieben angesichts all der warmen Beigetöne, der Makramees und Kissen und unzähligen Pflanzen. Dazu die großen Fenster, die den Empfang in helles Tageslicht tauchten und die vielen kleinen Details aus Bernstein glühen ließen.

»Ähm«, ich räusperte mich vernehmlich und trat zu ihr an die Theke aus weißem Holz, »ich hoffe, es ist kein Problem, dass ich keine Reservierung habe.«

Milou stellte sich neben mich und stützte die Unterarme auf die Theke. Einige bunte Bändchen wanden sich um ihre Handgelenke und ich meinte, den Ansatz einer tätowierten Weltkarte in Miniaturformat auf ihrem rechten Unterarm erkennen zu können. »Wir haben noch ein bisschen Platz, keine Sorge. Die Hauptsaison ist größtenteils durch, deswegen kannst du dir sogar den Raum aussuchen. Für wie viele Nächte möchtest du das Zimmer denn buchen?«

Ihre Frage erwischte mich eiskalt. In den letzten achtundvierzig Stunden hatte ich über vieles viel zu viel nachgedacht und über anderes überhaupt nicht. Ich hatte darüber nachgedacht, sofort einen Flug nach Hamburg zu buchen und Perth und Dads Forderungen um jeden Preis hinter mir zu lassen, nicht aber darüber, was danach kam. Wie lange ich bleiben würde, was ich machen sollte und welche Optionen ich überhaupt hatte.

Milou schien mir mein Unbehagen an der Nasenspitze ablesen zu können, denn mit einem aufmunternden Zwinkern wischte sie Charlies Nachfrage beiseite und bedachte mich wieder mit diesem funkelnden Ausdruck in ihren Augen. In diesem Moment hätte ich ihr vermutlich alles abgekauft. »Du kannst das auch ganz spontan entscheiden. Solange wir keine neuen Anfragen reinbekommen, die dein Zimmer betreffen, sollte es keine Schwierigkeiten geben.«

Zweifelnd sah ich erst sie und dann Charlotte an, auf deren Stirn sich eine steile Falte gebildet hatte. Das vertraute schlechte Gewissen meldete sich prompt. »Ich möchte es euch wirklich nicht zu kompliziert machen.«

Bei meinen Worten verschwanden die Furchen sofort. »Nein, nein, das ist überhaupt nicht kompliziert. Lou hat recht, wir sind aktuell ganz flexibel. Ich buche dich erst mal für zwei Nächte ein und danach schauen wir weiter. Sag mir einfach am Abend vorher Bescheid, ob du verlängern möchtest oder auscheckst.«

Ich hätte Charlie küssen können und vermutlich war mir auch das nur allzu deutlich anzusehen. »Das wäre großartig. Danke schön. Ich brauche auch kein besonderes Zimmer, nur ein Bett und eine Dusche. Und eventuell die Möglichkeit, meine Sachen zu waschen. Aber ich kann auch in einen Waschsalon gehen – gibt es so etwas hier auf Sylt überhaupt? Das weiß ich gar nicht mehr.« Crap, ich tat es schon wieder: quasseln – eine schreckliche Angewohnheit, die mich von Zeit zu Zeit erwischte, wenn mein Kopf seinen Zenit überschritten oder ich das Gefühl hatte, irgendjemandem zur Last zu fallen.

Charlies Mundwinkel kräuselten sich amüsiert. »Ich denke, ich habe genau das Richtige für dich. Lou, kannst du Elisas Koffer schon mal ins List-Ost bringen? Wir gehen noch schnell die Details durch.«

»Ich kann meine Sachen auch selbst hochtragen, die sind superschwer«, warf ich ein und zuckte entschuldigend mit den Schultern.

»Keine Sorge, wir haben einen kleinen Lastenaufzug für solche Fälle. Bis gleich.« Beschwingt schnappte Lou sich beide Rollkoffer auf einmal und verschwand damit durch einen gebogenen Durchgang aus dem Eingangsbereich.

»Okay, also nur noch schnell der Papierkram und dann kannst du auch direkt in dein Zimmer.« Charlotte klickte und tippte und einen Augenblick später ratterte der kleine Drucker hinter der Theke bereits fröhlich vor sich hin. »So, erst mal zwei Nächte im Raum List-Ost – die Zimmer bei uns sind nach den Leuchttürmen und anderen Sehenswürdigkeiten der Insel benannt. Frühstück ist inklusive und findet von sieben bis neun Uhr dreißig im Sonnenzimmer oder auf der Terrasse statt. Und zu deiner Frage: Wir haben auch einen Wäscheraum, den du gern nutzen kannst. Genauso wie ein Fahrrad, falls du mal eins ausleihen möchtest. Frag einfach eine von uns, wenn du etwas brauchst. Strandhandtücher gibt es auch, außerdem haben wir im Wohnzimmer noch eine kleine Bibliothek, wo du dir etwas zu lesen borgen kannst. Hast du noch Fragen?« Das alles brachte Charlie so schnell über die Lippen, dass mein müder Jetlag-Verstand Schwierigkeiten hatte, den Details zu folgen. Dennoch schüttelte ich den Kopf, was sie mit einem Lächeln quittierte. »Wie gesagt, du kannst dich jederzeit an uns wenden. Ich bräuchte bloß noch deinen Ausweis und die Karte, mit der du zahlen möchtest, bitte.«

Ich bedankte mich noch einmal und reichte ihr die Kreditkarte, die mit meinem Sparkonto verknüpft war. Dem Geld, das ich bei Wettkämpfen verdient hatte und das eigentlich für meine Zukunft gedacht gewesen war.

Sei’s drum.

Eine Unterschrift und ein paar Minuten später betrat ich das Obergeschoss des Hauses, wo sich fünf der acht Zimmer befanden. Schnell stellte ich fest, dass sich der Cozy-boho-planty-Stil durch die ganze Pension zog und überall neben Naturfotografien der Insel auch andere Reisemotive zu finden waren.

»Gefallen sie dir?« Milou steckte den Kopf aus einem der Zimmer, von dem ich annahm, dass es meines war, und nickte in Richtung der Fotos, die den Flur zierten.

»Ja, sehr. Es gibt so viele schöne Flecken auf der Welt.«

Seufzend stimmte sie mir zu. »Viel zu viele, um sie alle in einem Leben zu sehen. Dafür bräuchte es mehrere. Oder die Fähigkeit, sich zu teleportieren – das wäre doch etwas.«

Da konnte ich ihr nur zustimmen. »Dann sind die Bilder von dir?«

»Schuldig im Sinne der Anklage.« Die Hände in den Taschen ihrer abgeschnittenen Jeans, lehnte sie sich neben der Tür an die Wand und schaute auf einen Abzug, der einen schimmernden Bergsee zeigte. »Leidenschaftliche Travelbloggerin und Fotografin.«

»Das klingt megacool. Ich habe das auch mal versucht, aber meine Fotos werden es vermutlich nie in eine Galerie schaffen«, antwortete ich und hielt mir eine Hand vor den Mund, als sich das nächste Gähnen ankündigte. Wie lange war ich eigentlich schon ohne richtigen Schlaf auf den Beinen?

»Wir können ja irgendwann darüber quatschen, wenn du magst. Also über das Reisen und so. Aber jetzt will ich dich nicht länger von deinem kuschligen Bett abhalten.«

»Sehr gern, ich bin gespannt auf deinen Blog.«

Milou deutete in das Zimmer. Doch gerade, als ich eintreten wollte, stellte sie sich mir plötzlich in den Weg.

Irritiert zog ich die Brauen zusammen. »Ähm …?«

»Du hast mir vorhin gar nicht geantwortet«, meinte sie, die Arme als menschliche Sperre ausgebreitet.

»Worauf?«

»Ob du von der guten oder der dunklen Seite kommst.«

Mir sprudelte ein Lachen über die Lippen, gegen das ich nicht das Geringste hätte unternehmen können, selbst wenn ich es gewollt hätte. »Du redest von Australien und der West- und Ostküste, richtig? Ich kann dich beruhigen, ich komme aus Perth, absolutes West Coast Girl.«

Milous braune Augen begannen zu leuchten. »Dann steht einer neuen Freundschaft nichts im Wege, Elisa. Willkommen im Bernsteinglühen.«

Es war erstaunlich, welches Wunder eine warme Dusche und frische Kleidung in Kombination mit einem himmlisch kuschligen Bett vollbringen konnte. Eingemummelt in die weiße Decke und umgeben von unzähligen Kissen, fühlte ich mich tausendmal besser als noch zu Beginn dieser Reise und kam endlich etwas zur Ruhe. Meine noch feuchten Haare hatte ich zu einem langen Zopf geflochten und neben mir auf dem Nachttisch stand eine Tasse Friesentee, den ich mir mit dem Wasserkocher auf der Kommode gemacht hatte. Weiches Nachmittagslicht flutete mein Zimmer mit seinem großen Metallbett, dem Schreibtisch am Fenster und den hellblauen Wänden. Hier war ein guter Ort zum Ankommen, Sich-Sammeln und Energietanken, das spürte ich.

Lächelnd griff ich nach meinem Handy, das ich seit der Zugfahrt nicht mehr beachtet hatte, und klickte mich durch die eingegangenen Nachrichten. Dad hatte mir geschrieben, doch ich war noch nicht bereit dazu, mich seinen ziemlich direkten Fragen zu stellen. Wie auch, wenn ich die Antworten darauf nicht einmal selbst kannte?

Was soll das, Lizzy? Willst du wirklich alles leichtfertig wegwerfen, wofür du schon so lange trainierst? Wofür wir schon so lange kämpfen? Die Nationalmannschaft ist nur noch einen Steinwurf entfernt! Was hast du jetzt überhaupt vor?

Ich weiß es nicht, Dad. Ich weiß es nicht!

Meine Gedanken drohten sich selbstständig zu machen und wieder einmal zurück zu unserem hässlichen Streit zu wandern, doch ich gab ihnen erst gar nicht den Freiraum dazu. Stattdessen konzentrierte ich mich lieber auf den E.M.I.L.-Chat und das Emoji-Fragen-GIF-Durcheinander dort. Ich tippte einige Zeilen, um meine Mädels auf den neusten Stand zu bringen, und schrieb meinem sechs Jahre jüngeren Halbbruder Matthew, der nach wie vor in Perth war. Mit einem Seufzen schloss ich schließlich WhatsApp – selbst die paar Nachrichten hatten mir bereits gereicht – und blieb in der nächsten Sekunde an der pinkfarbenen App direkt daneben hängen.

Nein, Elisa. Denk nicht mal dran. Du weißt, dass das verdammt noch mal keine gute Idee ist.

Ja, wusste ich. Deshalb mied ich Instagram seit ein paar Tagen ja auch wie die leibhaftige Pest und dennoch … juckte es mir in den Fingern, reinzuschauen. Zu checken, wie die Stimmung war.

Wie soll sie schon sein, nach dem, was passiert ist, hm?

Als sich ein hämmernder Schmerz hinter meiner Stirn einnistete, schloss ich für einen Moment die Augen, sperrte die App aus. Doch irgendwann würde ich sie öffnen müssen, schließlich konnte ich mich nicht ewig vor der Realität verstecken, oder? Und auch wenn es mir gerade gewaltig gegen den Strich ging: Das war mein Leben, ich war erwachsen und musste mich früher oder später damit auseinandersetzen. Andernfalls würde ich nur tun, was mir Dad die ganze Zeit über vorwarf. Mich nicht den Konsequenzen stellen, davonlaufen, den Kopf in den Sand stecken. Nicht kämpfen, sondern aufgeben, sobald es kompliziert wurde.

Damn it.

Noch ehe ich länger darüber hätte nachdenken können, blickte ich wieder aufs Handy und öffnete Instagram. Sofort sprangen mich unzählige Markierungen, Nachrichten und Posts an, die ich am liebsten Stück für Stück auf einem Scheiterhaufen verbrannt hätte. Fotos, die den Universitätspool des Schwimmteams zeigten, in dem ein ziemlich teurer Sportwagen schwamm. Bilder von meinem Ex Tyler. Beiträge, auf denen ich zu sehen war. Angetrunken und in einem weißen, klitschnassen Kleid, das wenig der Fantasie überließ.

For fuck’s sake.

Meine Augen begannen zu brennen. Mir das anzutun, war wirklich eine verfluchte Scheiß-Idee gewesen. Mit rasendem Herzen und bebenden Fingern schloss ich die App und wechselte in das Einstellungsmenü, bis ich den Punkt App deinstallieren erreicht hatte.

Ist das nicht auch weglaufen und den Kopf in den Sand stecken?