(KEIN) ZUCKERSCHLECKEN #2 - Lieselore Warmeling - E-Book

(KEIN) ZUCKERSCHLECKEN #2 E-Book

Lieselore Warmeling

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Beschreibung

Auch im 2. Band fesselt uns Lieselore Warmeling mit elf neuen Geschichten aus dem Leben die einem unvergessen im Gedächtnis bleiben und mit Witz, gewieftem Charme und viel Lebenserfahrung erzählt werden.

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(Kein)

Zuckerschlecken

Teil 2

 

 

Impressum:

Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency

Foto: Kate Mereand, „Sneaking a Peek Through the Glass“, CC-Lizenz (BY 2.0)

    http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de

    http://piqs.de/fotos/1473.htm

Redaktion: Sabine de S.A. Pires

© 110th / Chichili Agency 2014

EPUB ISBN 978-3-95865-418-1

MOBI ISBN 978-3-95865-419-8

Urheberrechtshinweis:

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

 

 

Kurzinhalt

Auch im 2. Band fesselt uns Lieselore Warmeling mit elf neuen Geschichten aus dem Leben die einem unvergessen im Gedächtnis bleiben und mit Witz, gewieftem Charme und viel Lebenserfahrung erzählt werden.

Hier wird die Buntheit des Lebens erzählerisch eingefangen und Unterhaltung pur geboten.

2175

Sie stimmt nicht die Behauptung, dass man im Angesicht des Todes sein ganzes bisheriges Leben noch einmal an sich vorbeirasen sieht. Der Teufel weiß, wer solche Dinge aufbringt, ich dachte jedenfalls in dem Moment als der Killer seine Waffe auf mich richtete, nur daran, dass ich morgen eigentlich zur Fußpflege wollte, heute früh keine Zeit gefunden hatte, meine Unterhose zu wechseln und keine sehr gepflegte Leiche in der Pathologie abgeben würde.

Ein Adonis war ich auch sonst nicht, eher eine optische Herausforderung wie meine „Immer-mal-wieder-Gespielin“ Isabell behauptete. Aber Isabell behauptete so einiges, wenn sie sich über mich ärgerte. Noch vor meinem Zeitsprung hatte sie vermutet, dass ich wohl ein Problem mit meinem Sprachzentrum hätte, das mich hinderte, bei langbeinigen Blondinen NEIN zu sagen.

Jetzt aber sah es so aus, als würde ich jäh aus dem Leben gerissen in ETWAS, das jenseits der Vorstellungskraft liegt und die Trivialität der Gedanken, die auf mich einstürmten, passten so gar nicht zu diesem einmaligen Ereignis.

Er schoss und ich wunderte mich, dass ich keinen Schmerz verspürte. Dann erst merkte ich, dass die Kugel haarscharf an meinem Ohr vorbeigesaust war. Hatte er mich verfehlt? Auf die Distanz? Unmöglich.

„Na wie gefällt dir das?“ Er grinste mich mit schadhaftem Gebiss an und kurz verspürte ich Genugtuung, ihm zumindest vor meinem Ableben die Vorderzähne eingeschlagen zu haben. Er schoss erneut, diesmal schlug die Kugel unmittelbar vor meinen Zehen ein. Ich unterdrückte gewaltsam die Reaktion wie ein Karnickel hoch zu springen und sagte betont lässig; „na ja, was den Unterhaltungswert betrifft, kann meine letzte Darmspiegelung da ungefähr mithalten.

Schon als ich es sagte, wusste ich, diese imitierte Jerry Cotton-Masche würde ihm kaum die Falten aus der Hose hauen, es war einfach nur strohdämlich, ihn auch noch zu reizen.

„Barmherziger Gott, rief ich und erhob beide Hände gen Himmel, von dir kommen wir und zu dir werden wir – wenn auch nicht immer freiwillig - wieder gehen.“

Es klappte, im gleichen Augenblick als meine beiden Hände über die in meinen Ohrläppchen implantierten Beamer ragten, rutschte ich in der Zeitschiene nach vorne, entkam der gefährlichen Situation und landete aus einer Kneipenschlägerei im Chicago der Vierziger in der deutschen Gegenwart des 22. Jahrhunderts. Das Letzte was ich sah, war das total verdutzte Gesicht meines Kontrahenten.

Leider aber verpasste ich dann doch um Haaresbreite meinen Entsendungsort und tauchte nicht – wie angepeilt – im Zeitschienensektor der Rückführungsgesellschaft wieder auf, sondern im Tanzstudio von Beate Kümmerlich, genau fünfzig Jahre vor meiner eigenen Zeit.

Bei meinem letzten Besuch hatte sie mich massiv sexuell bedrängt und ich hatte JA gesagt. Wahrscheinlich war zu dem Zeitpunkt wohl gerade der Hypnosestrahl ihres Heimatplaneten auf mich gerichtet, anders kann ich mir diesen Leichtsinn nicht erklären.

Die gute Beate hatte nämlich einen ausgesprochenen Tick, sie behauptete, ihre Wiege habe in der Andromedagalaxie gestanden, was sie für Erdenmänner unwiderstehlich mache.

Leider aber passte sie so gar nicht in mein Beuteschema und deshalb hatte ich dann auch die Kurve gekratzt, wobei ich mir einredete, dass ich Isabell Treue versprochen hatte auf meinem Trip durch die Zeiten. Ich gedachte zwar nicht, mit Isabell eine feste Bindung einzugehen, aber offenkundige Promiskuität hätte unsere Beziehung unnötig kompliziert. Wie gewagt meine fehlerhafte Landung war, erfuhr ich in genau dieser Sekunde. Kaum hatte Beate mich erblickt – ich materialisierte mich mitten in ihrem Tanzstudie – da schrie sie auch schon gellend: „Security, Security,“ was in diesem Fall ihren etwas bulligen Rausschmeißer namens Udo mit gewaltigem Bizeps und tätowierten Oberarmen auf den Plan rief.

„Catch him, catch him,“ schrie sie in ihrem etwas sonderbaren Denglisch. „Für den Scheißkerl habe ich mir die Nase verkleinern, den Po liften und die Titten vergrößern lassen und das, obwohl ich ganz bestimmt das Herz auf dem rechten Fleck habe, aber das kann man schließlich auch von meinem Hinterteil sagen“, fauchte sie erbittert

In dem Moment wünschte ich mir, der Situation auf einem fliegenden Teppich aus dem 16. Jahrhundert, üppig gewebt und persisch gemustert, entkommen zu können. Zumindest wäre das erheblich fantasievoller gewesen, als nur die Arme anzuheben und regelrecht aus der Gegenwart gesogen zu werden. Diesmal achtete ich auf die genauen Koordinaten und landete sanft im Terminal der Rückführungsgesellschaft.

Meine Zeitreise war beendet. Jetzt wartete nicht nur der harte Arbeitsalltag auf mich, sondern ich hatte auch den üblichen Bericht zu verfassen. Wie zur Hölle konnte ich mich da herauswinden?

Die Gremien, die mich in das Zeitreiseprogramm aufgenommen hatten, würden jede weitere Reise verhindern, sobald sie wussten, dass ich mich dem süßen Leben in den Fünfzigern hingegeben und so gut wie kein Material für Biological Engineering – meinen Arbeitgeber - gesammelt hatte.

Wir entwickelten eine Fülle neuer Biopharmaka, mit biotechnischen Methoden produziert und das Ziel, maßgeschneiderte Medikamente herzustellen und individuelle auf den Patienten zugeschnittene Therapien zu erarbeiten, war greifbar nahe.

Was uns fehlte war eine Probanden-Gruppe, mit der wir unsere Ergebnisse testen konnten. Tierversuche gehörten längst der Vergangenheit an und gerade hatte ein Prozess vor dem Weltgerichtshof aufgedeckt, dass unser größter Konkurrent aus dem Rennen geworfen wurde, weil er seine Testreihen mit staatlich subventionierten Bürgern – früher Obdachlose genannt - starten wollte.

Die Idee, in die Vergangenheit zu reisen und dort den Boden für weitgreifende Tests vorzubereiten, kam aus dem Management. Dass die Wahl auf mich fiel, war dagegen eher dem Umstand zuzuschreiben, dass mein Ruf als unkonventioneller Mitarbeiter größer war, als mein berufliches Renommee. Zeitreisen waren unerprobt und die Möglichkeit, dass ich den Einstieg in meine Zeit nicht mehr finden würde, durchaus gegeben.

Dass ich es nun schon zweimal geschafft hatte, ohne größere Probleme wieder in der Jetztzeit zu landen, ließ erwarten, dass ich auch fähig sein würde, die für uns nötigen Probanden in der Zeit um 1950 aufzutun und alles vor Ort zu organisieren. Ich redete mir zwar ein, dass unsere Forschung auch in der Vergangenheit nützlich werden konnte, aber meine Bedenken, ahnungslose Vorfahren ohne ihr Wissen zahlreichen Versuchen auszusetzen, ließen sich nicht ganz verdrängen.

Das Tissue Engineering war auch 2175 noch kein voll ausgetesteter Bereich. Wir beschäftigten uns mit dem Aufbau von Geweben, das kranke menschliche Organe oder Organteile ersetzen konnte.

Aber ich kochte durchaus mein eigenes Süppchen. Wenn ich richtig kalkuliert hatte mit meinen Aktienkäufen, dann würden in Kürze die Aufträge für biometrische Sicherheitseinrichtungen für den gesamten Osten unseres Planeten anlaufen und die Aktien der Biometrik AG, die ich zusammen mit meinem Freund Alex, dem technischen Entwickler der Biometrik, zu 49% hielt, einen Riesensprung machen.

Noch vor hundert Jahren nahm man an, dass es keine perfektere Methode der Absicherung gab, als die Iriserkennung. Die Iris eines Menschen verändert sich nie und war auch nicht zu manipulieren. Dachten zumindest damals die Experten. Das allerdings erwies sich als Irrtum, Tüftler knackten auch diese Sicherheitseinrichtung.

Als perfekte Methode erwies sich dann ein einfacher DNA – Test, der geschlossenen Bereiche nur für Zugangsberechtigte öffnete, ebenso anzuwenden bei jedem normalen Hauseingang. Letzteres, einmal in Serie im Handel, würde uns dann das nötige Kapital beschaffen, einen Plan umzusetzen, der weitaus fantastischer war, als Zeitreisen, Organzüchtungen und DNA-Codes zusammen genommen.

Meine Zeitreiseeinsätze wurden fantastisch bezahlt, ich hatte das Einkommen eines Sportstars und lebte auch so.

Es war ungeheuer entspannend, wieder in der vollautomatisierten Gegenwart zu sein und ich beschloss, zuerst eine 24-stündige Auszeit in meinem Heim zu nehmen, ehe ich den Großkopferten der T.E. gegenüber trat.

Entspannt lehnte ich mich in die Polster des Zubringergleiters, der sich sofort meiner Sitzposition anpasste. Innerhalb von zehn Minuten brachte der automatische Pilot mich nach Eingabe meines Zieles selbstständig zu meinem Feriendomizil an der Küste.

Ich würde meinen Akku zu Hause aufladen, alle Termine absagen und ein Verwöhnabenteuer buchen. Isabell war mir heute zu anstrengend, für diesen Zweck war Carol passender. Rasch tippte ich ein paar Zahlen in meinen Controler, hinterließ meine DNA auf dem Display und sandte die Stichworte: Carol, 18.30 Uhr, an die Agentur.

Wie vorprogrammiert, empfing mich mein Heim mit wohliger Wärme, aromatischem Kaffeeduft, leiser Musik und einem fürstlichen Abendessen.

Der Hausroboter hatte den Tisch gedeckt und meinen Kimono herausgelegt.

Leonhard, mein etwas übergewichtiger, siamesischer Kater saß abwartend auf der Daunendecke meines Bettes, während ich mich wohlig unter der Lichtdusche räkelte.

Auf der Wand gegenüber liefen die Abendnachrichten, gefolgt von den Börsenkursen und ich sah zu meiner Überraschung, dass die Aktien der Biometrik AG bereits einen entscheidenden Sprung nach oben gemacht hatten. Alex und ich hatten richtig spekuliert, diese Investition würde uns beide an die Spitze des Geldadels katapultieren.

Schnell stellte ich die Dusche auf Körperpflege und für Sekunden umgab mich der duftende Strom einer teuren Lotion.

Danach stellte ich mich nackt unter den Medizinroboter.

„Es bestehen keine körperlichen Beeinträchtigungen“, säuselte eine sanfte Frauenstimme: „Ihr Halbjahresscheck beim Internisten kann ausgesetzt werden.“

Gott sei Dank, meine Zellstruktur hatte auch diese zweite Zeitreise ohne Schaden überstanden.

Ich zauberte per Knopfdruck ringsum auf die Wände des riesigen Wohnraumes Plagiate einiger Meister der Renaissance und empfing Robot Carol nackt, in stimmungsvollem Halbdunkel.

Sie hatte gerade begonnen mich höchst einfühlsam zu massieren, als die Videoübertragungswand sich meldete.

Es war Alex. Er begrüßte mich nicht einmal, sondern warf nur einen hastigen Blick auf meine Blöße und sagte schnell, „prima Kon, bleib gleich liegen, es gibt jetzt eine Demo, die zieht dir die Schuhe aus.“

Es schien ihm nicht aufzufallen, dass ich keine Schuhe trug.

„Ich verspreche dir die Sensation des 22. Jahrhunderts und freu dich, wir sind es, die dieses Produkt in Serie herstellen werden, wir beide kommen unserem wirklichen Ziel wieder einen ungeheuren Schritt näher, wirst sehen, wirst sehen.“

Im gleichen Moment schrie ich überrascht auf. Eine Gefühlswelle überrollte mich, ausgelöst von etwas, das sich völlig meiner Kontrolle entzog.

Es war fantastisch, unzählige Hände schienen sich auf mich konzentriert zu haben, jede meiner erogenen Zonen mit absoluter Sicherheit zu erkennen und zu stimulieren. Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich war völlig außerstande, mich dieser virtuellen Vergewaltigung zu entziehen, ich genoss, was mit mir geschah.

„Jetzt kennst du die neueste Erfindung auf dem Biometrik-Sektor und ich denke, du musst nicht lange überlegen, welche Chancen damit auf uns zukommen.“ Alex grinste übers ganze Gesicht. „Diesmal warst du die Testperson und denke nur nicht, das sei alles, was der Sender kann.

Als Auslöser kann ich bestimmen, welcher Art die Gefühle des Empfängers sein sollen, ich bestimme also, was mit dir geschehen soll und mir fiel auf die Schnelle nichts ein, dass dir überzeugender deutlich gemacht hätte, wie dieses Ding wirkt.“

Alex strahlte mich von der Videowand an. Sein blondes Kraushaar stand wie eine Bürste hoch und seine angestrengt blickenden Augen waren wie immer leicht gerötet.