Kinder verändern die Welt - Jenny Strömstedt - E-Book
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Kinder verändern die Welt E-Book

Jenny Strömstedt

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Beschreibung

Die Erde zu einem lebenswerteren Ort machen - beeindruckende Geschichten von klugen und entschlossenen Kindern, die sich für eine bessere Zukunft engagieren

Kinder sind nicht nur unsere Zukunft, viel öfter als gedacht bewirken sie auch große Veränderungen in der Gegenwart. Mutige und entschlossene junge Menschen mit großen Idealen und Kinderträumen, die aus unserem Planeten einen besseren und lebenswerteren Ort gemacht haben, davon handelt dieses Buch. Das Sachbuch für Kinder stellt die Portraits von 17 Kinder und Jugendlichen vor, die Mut machen und inspirieren, selbst aktiv zu werden. Von Louis Braille über Muzoon Almellehan bis zu Greta Thunberg.

  • 17 Portraits von Kindern und Jugendlichen, die Großes erreichten und die Welt zum Besseren veränderten
  • Geschichten zum Vor- und Selberlesen
  • mit wundervoll collagierten Illustrationen

Um die Kleinsten auf der Welt geht es in diesem Buch. Mutige, intelligente und starke Kinder, die mit ihren Idealen und Träumen die Welt verbessert haben. Die schwedische Journalistin und Fernsehmoderatorin Jenny Strömstedt hat die Portraits von 17 jungen Weltverbesserern zusammengestellt, die unseren Planeten in der Vergangenheit besser, gerechter und nachhaltiger gemacht haben. Da ist der heute weltberühmte Louis Braille, der im Alter von fünf Jahren erblindete und mit 16 Jahren die Blindenschrift erfand. Oder Muzoon Almellehan aus Syrien, die mit ihrer Familie vor dem Krieg nach Jordanien floh und sich dort in Flüchtlingslagern dafür einsetzte, dass mehr Mädchen zur Schule gehen können. Ihr Engagement machte sie zur jüngsten Unicef-Botschafterin weltweit. Und selbstverständlich darf in einem Buch über starke Kinder, die den Planeten verändern, auch nicht Greta Thunberg fehlen, die mit ihrem alleine begonnenen Schulstreik für das Klima und der Fridays for Future Bewegung ein politisches und gesellschaftliches Erdbeben losgetreten hat. 

Mit Willensstärke, Selbstbewusstsein, Einfallsreichtum, einem großen Sinn für Gerechtigkeit und noch größeren Kinderträumen haben die portraitierten Kinder und Jugendlichen wegweisende Veränderungen bewirkt und bleibende Spuren in unserer schnelllebigen Zeit hinterlassen. Die Portraits dieser Young Rebels und Weltverbesserer erinnern daran, dass der Wandel zu einer besseren Zukunft immer vor der eigenen Haustüre beginnt. Denn niemand ist zu klein, um Großes zu bewirken!

 

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Seitenzahl: 203

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Bei der Verwendung im Unterricht ist auf dieses Buch hinzuweisen.

EIN BUCH DER EDITION MICHAEL FISCHER

1. Auflage

Alle Rechte der deutschsprachigen Ausgabe bei

© 2021 Edition Michael Fischer GmbH, Donnersbergstr. 7, 86859 Igling

Copyright der Originalausgabe: © Bokförlaget Max Ström, 2020

Titel der Originalausgabe: Barn som förändrat världen

Deutsche Lizenz vermittelt durch Bonnier Rights, Stockholm, Schweden

Covergestaltung: Sonja Bauernfeind, unter Verwendung einer Vorlage von Beata Boucht

Redaktion und Lektorat: Christiane Manz

Bilder: Alle Illustrationen von Beata Boucht

Satz: Michaela Zander

Herstellung: Anne-Katrin Brode

ISBN 978-3-7459-0522-9

www.emf-verlag.de

Inhalt

Täglich verändern Kinder die Welt

Gelehrte • Dichterin • Krankenpflegerin

juana Inés de la Cruz

Erfinder • Blindenlehrer

Louis Braille

Erfinderin

Margaret E. Knight

Schriftstellerin

Anne Frank

Bürgerrechtlerin

Gloria Ray Karlmark

Fußballspieler

Lionel Messi

Menschenrechtsaktivist

Nkosi Johnson

Kinder- und Frauenrechtsaktivistin

Malala Yousafzai

Erfinder

Boyan Slat

Erfinder

Easton LaChappelle

Erfinder

Richard Turere

Bildungsbotschafterin

Muzoon Almellehan

Umwelt- und Klimaaktivistinnen

Melati & Isabel Wijsen

Transgender-Aktivistin

coy Mathis

Gründer einer Hilfsorganisation

Liam Hannon

Klimaaktivistin

greta thunberg

Quellenverzeichnis und Lesetipps

Täglich verändern Kinder die Welt

kinder haben grips. Kinder haben Mut. Kinder haben Rechte. Kinder verändern die Welt. Es gibt ein internationales Regelwerk, das sich „Kinderrechtskonvention“ nennt, dem Schutz von Kindern dient und gewährleisten soll, dass ihr Überleben und ihre Entwicklung gesichert sind. Bei uns hat die Kinderrechtskonvention denselben Rang wie ein Bundesgesetz. Sie bestimmt unter anderem, dass Kinder das Recht haben, bei Fragen, die ihr eigenes Leben betreffen, angehört zu werden und mitzuentscheiden und dass sie ein Recht auf freie Meinungsäußerung haben. Das bedeutet, Kinder dürfen offen über ihre Ansichten sprechen und die Erwachsenen müssen ihnen zuhören.

In diesem Buch lernst du 17 Kinder kennen, die auf unterschiedliche Weise Spuren in der Geschichte und in unserer Gegenwart hinterlassen haben. Einige von ihnen lebten vor mehreren Hundert Jahren und konnten nicht ahnen, dass wir uns heute immer noch an sie erinnern würden. Die Dichterin Sor Juana beispielsweise lebte im 17. Jahrhundert; sie wollte sich als Junge verkleiden, weil sie nur so auf die Universität konnte. Dass sie fast 400 Jahre später noch als feministisches Vorbild gelten würde, war ihr bestimmt nicht klar. (Feminismus heißt unter anderem, sich dafür einzusetzen, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen und Rechte haben.) Andere Kinder, wie Greta und Malala, engagieren sich für das Klima oder für ein Recht auf Schulbildung. Sie sind zu Leitfiguren für Hunderttausende Kinder geworden, die für eine bessere Zukunft kämpfen.

Dieses Buch enthält außerdem Geschichten von Kindern, die auf ein Problem gestoßen sind und es unbedingt lösen wollten, obwohl die Erwachsenen dachten, dass das nie funktionieren würde. Aber es funktionierte doch! Viele Kinder haben im Nachhinein Ehrungen erhalten und sind im Fernsehen und in Zeitungen erwähnt worden. Das ist aber nicht das Wichtigste. Das Wichtigste ist, fest daran zu glauben, dass man etwas bewirken kann – und dass eine bessere Welt möglich ist.

Einer der Jungen in diesem Buch heißt Liam. Er bereitete für die Obdachlosen, die in einem Park in der Nähe lebten, belegte Brote zu. Liam ist davon überzeugt, dass jeder zum Helden werden kann, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Ein guter Anfang, sagt er, ist immer, andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Kinder können die Welt wirklich verändern. •

Gelehrte • Dichterin • Krankenpflegerin

juanaInés de laCruz

Geboren wahrscheinlich 1648 • Mexiko

juana inés de la cruz liebte Bücher. Schon als kleines Mädchen konnte sie sich nichts Schöneres vorstellen, als sich mit einem Buch hinzusetzen und in eine andere Welt einzutauchen. Sie wollte alles lernen – von Sternbildern über Dichtkunst bis hin zu Mathematik. Wenn sie darüber nachdachte, war das Lesen und Schreiben das Einzige, womit sie sich je beschäftigen wollte. Allerdings stand ihrem Traum, zur Schule und an die Universität zu gehen, etwas im Weg: Sie war ein Mädchen. Trotzdem war sie fest entschlossen, es zu schaffen!

Vizekönigreich Neuspanien

Juana kam vor fast 400 Jahren (wahrscheinlich 1648; eine Zeit lang dachte man, 1651) in einem Dorf in Mexiko zur Welt. Ursprünglich gehörte das Land indigenen Völkern, die dort schon lange lebten. Doch gegen Ende des 15. Jahrhunderts kamen die ersten großen spanischen Segelschiffe unter dem Kommando des Italieners Christoph Kolumbus über den Atlantik und beanspruchten Land und Reichtümer für sich. Bei Juanas Geburt war Mexiko-Stadt eine der Hauptstädte „Neuspaniens“, das sich von den heutigen USA über Mexiko und weiter bis nach Zentralamerika erstreckte und auch mehrere karibische Inseln umfasste. Die Länder, die von den Spaniern erobert worden waren und wo nicht mehr die Einheimischen das Sagen hatten, waren jetzt sogenannte Kolonien.

Der spanische König lebte unterdessen weiter in Madrid und hatte alle Hände voll zu tun, um seine Macht zu sichern und in mehreren Kriegen auf dem europäischen Kontinent mitzumischen. In Neuspanien setzte er daher einen Vizekönig ein, der über die dortige Bevölkerung herrschte: über die indigene Bevölkerung, die Spanier selbst und später auch über die Kinder, Enkel und Urenkel der ersten spanischen Kolonisten. (Die gemeinsamen Kinder von Spaniern und Indigenen wurden Kreolen genannt.) Die Eroberer hatten zudem Menschen aus Afrika übers Meer verschleppt und setzten sie in den Kolonien als Sklaven ein. Auch viele einheimische Mexikanerinnen und Mexikaner mussten ihr bisheriges Leben aufgeben und stattdessen unter grausamen Bedingungen für die Kolonisten arbeiten.

Juanas Vater war ein spanischer Seemann, ihre Mutter Kreolin. Die beiden waren nicht verheiratet – damals ein Riesenskandal! Doch Juanas Mutter scheint für ihre Zeit eine ungewöhnlich starke Frau gewesen zu sein: Ihr war egal, was andere davon hielten, dass sie unverheiratet Mutter geworden war. Stattdessen schnappte sie sich ihre Kinder und zog wieder bei ihrem Vater ein, der ein Stück Land und eine Hazienda besaß. (Eine Hazienda ist ein mexikanisches Landgut, eine Farm.) Der Vater war zwar nicht wahnsinnig reich, aber er besaß eine Bibliothek, und zur Hazienda gehörte auch eine kleine Kirche. Wenn man damals zur guten Gesellschaft gehören wollte, musste man an Gott glauben und daran, dass die Kirche immer recht hatte.

Wissensdurst

Irgendwann beschloss die Mutter, dass Juanas ältere Geschwister bei einer Hauslehrerin lesen lernen sollten. Da war Juana kaum drei Jahre alt und konnte nicht verstehen, warum sie nicht am Unterricht teilnehmen durfte. „Ich will auch“, sagte sie. Die Lehrerin sah das kleine Mädchen nur stirnrunzelnd an. Doch Juana war wild entschlossen. Sie soll sogar geflunkert und behauptet haben: „Mama hat gesagt, dass ich mitmachen darf!“

Es dauerte nicht lang, dann beherrschte Juana das Alphabet – mit drei konnte sie schon lesen! Den Inhalt von Büchern verstand sie oft viel schneller als ihre älteren Geschwister.

Mit fünf konnte sie rechnen.

Mit acht schrieb sie ihr erstes Gedicht.

Tagsüber schlich sie sich in die Bibliothek, um in all den herrlichen Büchern zu schmökern. Bestimmt war sie manchmal auch sauer auf die Jungen in ihrer Umgebung, die weder so klug noch so wissbegierig waren wie sie und trotzdem von einem Studium an der Universität träumen durften. Immerhin ermunterte ihre Mutter sie, weiter zu schreiben. Eines Tages schickte Juana eine ihrer Geschichten bei einem örtlichen Wettbewerb ein – und gewann!

Jetzt war Juanas Wissbegierde vollends geweckt. Sie vertiefte sich in komplizierte Themen wie die griechische Philosophie. (Die Philosophie ist eine Wissenschaft, die vom Denken handelt.) Sie brachte sich eine Sprache namens Nahuatl – oder Aztekisch – bei. (Die Azteken waren eines der ursprünglichen großen Völker in Mexiko.) Als 13-Jährige begann Juana, kleinere Kinder in Latein zu unterrichten. Sie selbst durfte immer noch keine Schule besuchen, sie war ja ein Mädchen.

Zu Juanas Zeit sollte eine Frau heiraten, Kinder kriegen und den Haushalt führen, damit sich der Ehemann seiner Arbeit, der Politik, dem Geldverdienen und der Wissenschaft widmen konnte. Juana schwebte zwar etwas anderes vor, als Essen zu kochen und Kinder zu hüten, aber fürs Erste blieb ihr nichts anderes übrig, als sich alles selbst beizubringen. Sie setzte sich Lernziele und war als Lehrerin sehr streng mit sich. Beispielsweise nahm sie sich vor, pro Woche eine bestimmte Anzahl Buchseiten durchzuarbeiten; wenn sie die nicht schaffte, wollte sie sich ihre langen Haare abschneiden. „Mir schien“, schrieb sie später, „daß ein Kopf nicht mit Haaren geschmückt zu sein verdiente, der bar allen Wissens war […].“

Juana war Teenager, als sich ihr Leben schlagartig änderte. Ihr Großvater starb, und ihre Mutter übernahm die Hazienda. Sie hatte in der Zwischenzeit einen neuen Mann kennengelernt, und schon bald würde Juana Halbgeschwister kriegen. Die Mutter hoffte, dass das Leben endlich ein bisschen leichter würde, wenn sie nicht mehr allein für alles verantwortlich wäre; nur eines lag ihr schwer im Magen: Wie sollte Wunderkind Juana auf der Hazienda glücklich werden, wenn doch das Einzige, was sie wollte, ein Studium war?

Eines Tages bat Juana ihre Mutter um ein Gespräch, um ihr eine wichtige Frage zu stellen: „Wenn ich mich als Junge verkleide, könnte ich dann nicht an der Universität in Mexiko-Stadt studieren gehen?“ Ihr Wissensdurst war einfach riesig; trotzdem war diese Vorstellung unmöglich, und Juanas Mutter sagte Nein. Aber sie fragte ihre Schwester, die in Mexiko-Stadt lebte und in eine reiche Familie eingeheiratet hatte, und die Tante erklärte sich bereit, die belesene Juana bei sich in der Stadt aufzunehmen.

Es dauerte nicht lang, ehe die Mächtigen in Mexiko-Stadt Gerüchte hörten: Es gebe ein junges Mädchen, das so blitzgescheit sei, dass es jeden Mann in die Tasche stecke. Zudem sei es hübsch, fröhlich und nett – was zu jener Zeit die wichtigsten Eigenschaften für ein Mädchen waren. Jetzt wollten alle Juana kennenlernen. Sie selbst hätte lieber einfach weiter vor sich hin gelernt und geschrieben. Doch dann stellten Onkel und Tante sie dem Vizekönig und seiner Frau vor.

Bei Hofe

Juana war 16, als sie den Vizekönig – der Marqués genannt wurde – und seine Frau Leonor Carreto kennenlernte. Leonor suchte gerade eine neue Hofdame. Sie wünschte sich jemanden, der sowohl eine gute Gefährtin als auch eine spannende Gesprächspartnerin wäre. Sowie sie einander gegenüberstanden, war klar, dass Juana die Stelle bekam.

Von der ländlichen Hazienda an den königlichen Hof mit all seinen Verhaltens­regeln und schicken Feierlichkeiten – das war für Juana eine echte Herausforderung! Sie wusste, dass sie den mächtigen Spaniern einiges beweisen musste, um als Hofdame akzeptiert zu werden. Sie gab ihr Bestes, um charmant und lustig zu sein. Briefe aus jener Zeit, die Juana an andere Höflinge schrieb, quellen über von Schmeicheleien. Sie glaubte, sich anbiedern zu müssen, denn nur wenn man sie mochte, würde man sie in Ruhe tun lassen, was sie wollte.

Eines Tages beschloss der Vizekönig, Juanas Wissen zu testen. Stimmte es wirklich, dass dieses Mädchen, das nie zur Schule gegangen war, so viel wusste, wie alle behaupteten? Feierlich beorderte er Juana zu einer Fragestunde. Gleichzeitig hatte er 40 Gelehrte aus dem ganzen Land eingeladen, die Juana zu Dichtung, Philosophie, Theologie und vielen anderen Themen befragen sollten. Juana soll sehr nervös gewesen sein – denn wer nie zur Schule gegangen war, war auch noch nie abgefragt worden. Sie hatte auch nie mit jemandem ein Streitgespräch geführt. Jetzt konnte sie sich nur noch auf all das verlassen, was sie in Büchern gelesen hatte, und auf ihren eigenen Verstand.

Natürlich bestand sie die Prüfung! Nach der Befragung verkündete der Vizekönig, Juana habe sich geschlagen „wie ein stolzes königliches Kriegsschiff gegen ein paar armselige Schaluppen“. Die Gelehrten waren schwer beeindruckt und Juanas Ruf verbreitete sich in ganz Mexiko. Sie fing an, auf Bestellung Gedichte, Theater- und sogar Musikstücke zu verfassen. Vizekönigin Leonor war ihr größter Fan, also wurde Juana zur Hofdichterin befördert, was in der damaligen Zeit für eine junge Frau sehr ungewöhnlich war.

Juanas Berühmtheit reichte sogar bis über den Atlantik. Nicht nur in Mexiko, auch in Spanien wollten jetzt alle ihre neuesten Gedichte lesen. Sie war eine Art Promi geworden. Besonders beliebt waren ihre Liebesgedichte, von denen sie viele ihrer Herrscherin Leonor Carreto widmete. Es gibt heutzutage Stimmen, die mutmaßen, dass Juana und Leonor Carreto ineinander verliebt gewesen sein könnten, aber bewiesen ist das nicht. Was allerdings klar ist: Bei Hofe stand Juana hoch im Kurs, und viele Männer hofften, der schönen, talentierten Hofdame einen Heiratsantrag machen zu dürfen. Doch Juana hatte nichts als Lesen und Schreiben im Sinn. Daher musste sie irgendwann eine Entscheidung treffen.

Ins Kloster

Juana beschloss, ins Kloster zu gehen. Nonne zu werden schien für sie die einzige Möglichkeit, wie sie weiter selbstbestimmt leben, studieren und schreiben konnte. Heutzutage stellt man sich unter einem Kloster einen Ort vor, an dem Ordensschwestern in kargen Zellen ein einfaches Leben führen. Doch damals lebten sie weiter so, wie sie es gewohnt waren – zumindest, wenn sie aus feineren Familien kamen. Nachdem sich Juana den Schwestern des Heiligen Hieronymus angeschlossen hatte, verfügte sie über eigene Gemächer, in denen sie sogar Besuch empfing. In ihrem Studierzimmer gab es Landkarten, Globen und der ganze Saal war wunderschön ausgeschmückt. Sor Juana besaß auch Musikinstrumente und rund 4000 Bücher, trug feine Kleider und Schmuck. („Sor“ ist der spanische Titel für Nonnen.) Neben dem Studierzimmer lag ihr Schlafgemach. Sie musste nicht einmal selbst kochen und putzen; das übernahmen Bedienstete für die Nonnen.

Endlich konnte sie nach Herzenslust studieren und schreiben – und das, obwohl sie eine Frau war! Sie verfasste weitere Gedichte und Theaterstücke, studierte Musik, Philosophie und Naturwissenschaften. Sor Juanas Ruf lockte auch andere große Gelehrte und Künstler ins Kloster. Selbst aus Südamerika und Spanien kamen Menschen, um mit ihr zu sprechen. In ihrer Zeit als Nonne schrieb sie Texte, die in die Geschichtsbücher eingehen sollten.

Ein besonders bemerkenswertes Gedicht heißt „Erster Traum“. Es handelt vom Universum und davon, wie alles zusammenhängt. In einem anderen Gedicht namens „Ihr albernen Männer“ zeigte Juana auf, wie Männer sich Frauen wünschten – zum Beispiel niedlich und kokett – und sie dann wiederum dafür verachteten, sobald sie kokett auftraten. Nach Juanas Ansicht mussten Männer endlich verstehen, dass sie selbst dafür verantwortlich waren, wie sich Frauen ihnen gegenüber verhielten. Sie fand, es war höchste Zeit, solche althergebrachten Ansichten über Männer und Frauen zu überwinden.

Ihre Vorstellung von Emanzipation – der Gleichstellung der Frauen mit den Männern – rief Vertreter der Kirche auf den Plan. Als Antwort auf den Brief eines wütenden Bischofs verfasste sie ihren bekanntesten Text, der im Nachhinein als erstes feministisches Manifest der Welt bezeichnet wurde. (Ein Manifest ist ein Schriftstück, in dem zu gesellschaftlichem Wandel aufgerufen wird.) Juanas Manifest handelte von Frauenrechten. Aber auch andere Dinge machten sie wütend: dass beispielsweise der Mensch die Natur zerstörte und wie ungerecht die Spanier die indigene mexikanische Bevölkerung behandelten. Andererseits hatte sie selbst eine Sklavin, wie damals alle Damen aus der Oberschicht; darüber scheint sie weniger nachgedacht zu haben.

Irgendwann verlangte die Kirche von Juana, wegen ihrer Ansichten Kloster und Ordensleben zu verlassen, woraufhin sie antwortete: „Klugen Menschen wurde aus Neid immer schon mit Verachtung begegnet.“ Mit anderen Worten: Juana war erfolgreich, und sie war mutig – doch irgendwann ging es nicht mehr. Als der Vizekönig und seine Frau Leonor Mexiko verließen und nach Spanien zurückkehrten, war niemand mehr da, der Juana gegen den Zorn der Kirche hätte beschützen können. In ihren letzten Lebensjahren schlug sie daher noch mal eine komplett andere Richtung ein.

Juana stand erneut vor der Wahl: Entweder musste sie der Kirche den Rücken kehren – oder sie blieb im Kloster, gab aber ihre geliebte Bibliothek und die wissenschaftlichen Instrumente auf. Sie entschied sich für Letzteres. Sie schrieb keine Gedichte und Stücke mehr; sie, die immer nur hatte lernen wollen, konnte jetzt nur noch die Bibel studieren. Da widmete sie ihre Zeit lieber notleidenden Menschen. Womöglich war sie auch angesichts von Folterdrohungen vonseiten der Kirchenmänner eingeknickt – oder sie war wirklich so gläubig, dass sie sicherstellen wollte, nach ihrem Tod in den Himmel zu kommen.

1695 suchte die Pest den Orden heim. Die Pest – auch Schwarzer Tod genannt – ist eine Infektionskrankheit, die hauptsächlich durch Flöhe von Mensch zu Mensch übertragen wird. Obwohl Juana ihr eigenes Leben riskierte, pflegte sie die kranken Ordensschwestern im Kloster und erkrankte schließlich selbst. Als ihr dämmerte, dass es mit ihr zu Ende ging, schrieb sie einen letzten Brief an die anderen Schwestern. Statt Tinte benutzte sie ihr eigenes Blut. In dem Brief bat sie um Vergebung für Sünden, die sie gar nicht begangen hatte, die ihr die Kirche aber trotzdem vorwarf. „Ich, die Schlechteste von allen“ nannte sie sich in dem Brief.

Juana starb mit nicht einmal 50 Jahren. Ihre Schriften wurden von Kirchen­vertretern verbrannt, damit sich die Nachwelt auch garantiert nicht mehr an sie erinnern würde.

Den Kirchenmännern – und auch Juana selbst – war jedoch nicht klar, dass es Abschriften gab, und so galt Juana 250 Jahre später als eine der größten Dichterinnen aller Zeiten. Ebenso wenig konnte man damals ahnen, dass Juana eines Tages zum großen Vorbild für Mädchen auf der ganzen Welt werden sollte, die heute ihr Recht einfordern, so zu sein, wie sie sind, und zur Schule zu gehen. •

Erfinder • Blindenlehrer

Louis Braille

Geboren 1809 • Frankreich

wenn das schlimmste im Leben von Louis Braille nicht passiert wäre, wäre auch das Beste nie passiert! Ein Unfall in jungen Jahren führte nämlich dazu, dass er eine Schrift entwickelte, die es Blinden auf der ganzen Welt bis heute ermöglicht zu lesen – mit den Fingern.

Unfall in der Werkstatt

Louis Braille kam 1809 im französischen Dorf Coupvray vor den Toren von Paris zur Welt. Es waren harte Zeiten. Die Reichen beuteten die Armen aus. Frauen durften nur bestimmte Arbeiten ausführen und landeten für den kleinsten Fehltritt im Gefängnis. Kinder waren Gewalt und Misshandlungen ausgesetzt. Viele Männer wurden zwangsverpflichtet, in Kaiser Napoleons Armee in den Krieg zu ziehen.

Louis Brailles Familie hatte es da noch verhältnismäßig gut: Der Vater war ein erfolgreicher Sattler, der in seiner Werkstatt unterschiedliche Lederwaren herstellte. Als Louis gerade drei Jahre alt war, schlich er einmal allein in die Werkstatt. Er war neugierig, wie alle Kinder, und wollte wissen, womit sein Vater tagtäglich herumwerkelte. Da standen Bürsten in Eimern, und Sattlernadeln lagen auf der Werkbank. Schabemesser hingen an Haken. Louis wollte nur zu gern mithelfen, Pferdesättel herzustellen. Er kletterte auf eine Bank, um an das Werkzeug heranzukommen. Womöglich bekam er eine spitze Ahle zu fassen (damit sticht man Löcher ins Leder) – niemand weiß genau, wie sich der Unfall zutrug, aber wie es der Teufel wollte, stürzte Louis so unglücklich, dass er sich mit der Ahle am Auge verletzte.

Seine Eltern waren verzweifelt und wollten ihrem Sohn helfen, aber damals wussten die Ärzte noch nicht, wie sie Louis’ Auge heilen konnten. Stattdessen wurde es immer schlimmer: Die Verletzung entzündete sich und griff auch auf das gesunde Auge über. Kein Medikament wollte helfen. Penizillin kannte man damals noch nicht, das wurde erst später entdeckt. Mit fünf war Louis vollständig erblindet.

Im 19. Jahrhundert war eine Behinderung keine leichte Sache. Wer nicht normal gehen, hören oder sehen konnte, wurde als minderwertig angesehen. Wer nicht so flink denken konnte wie andere, galt als Idiot. Louis’ Eltern hörten von allen Seiten, dass es keinen Sinn hätte, den Jungen auf eine Schule zu schicken. Blinde wolle man nicht, sagte der Dorfschullehrer; sollten sie doch betteln gehen oder von Almosen leben (also von Geld, das reichere Leute den Ärmsten der Armen schenkten).

Doch Louis’ Vater wollte für seinen Sohn eine bessere Zukunft. Er wollte nicht aufgeben, ehe Louis genauso gut lesen und schreiben konnte wie er selbst. Statt ihm Stift und Papier in die Hand zu drücken, schnitt er Holzklötze zu und versah sie mit Buchstaben aus Nagelköpfen. Damit konnte Louis die Buchstaben ertasten und zu Hause auf dem Küchenboden ganze Wörter legen. Als der Dorfpfarrer von Louis’ Fortschritten erfuhr, bot er an, ihn zu unterrichten. Ihm war schnell klar, dass Louis genau wie andere Kinder zur Schule gehen sollte, und nach einigem Hin und Her sagte der Dorflehrer schließlich Ja.

Nur gab es da ein Problem. Damals existierten noch keine Schulbücher für Menschen mit Sehbehinderung. Stattdessen musste der Lehrer im Unterricht alles laut vorlesen. Zu Hause halfen Louis’ Eltern und Geschwister ihm bei den Hausaufgaben – aber das meiste schaffte er ganz allein. Wer nicht selbst lesen kann, wird nämlich unerhört gut darin, zuzuhören und sich Dinge zu merken. Obwohl Louis – anders als seine Schulkameraden – nicht aus Schulbüchern lernen konnte, gehörte er zu den Besten der Klasse.

Schule in Paris

Louis war ein so guter Schüler, dass die Eltern beschlossen, einen Brief an eine der wenigen Blindenschulen in Frankreich zu schreiben und um Louis’ Aufnahme zu bitten. Das Institut Royal des Jeunes Aveugles („Königliche Lehranstalt für blinde Jugendliche“) in Paris hieß ihn daraufhin herzlich willkommen. Louis’ Eltern wollten nur das Beste für ihr Kind. Die Ausbildung kostete keine Schulgebühren und ermöglichte es Louis, künftig für sich selbst zu sorgen.

Damals wollten viele nach Paris. Denn Paris war nicht nur die Hauptstadt Frankreichs, sondern der Mittelpunkt von ganz Europa. Hier kamen alle großen Denker zusammen, debattierten neue Ideen – oder vergnügten sich. Hier lag das Zentrum der Macht. Ein geflügeltes Wort aus jener Zeit lautet: „Wenn Frankreich hustet, erkältet sich Europa.“; durch die Blume heißt das: Wenn jemand in Paris einen Streit anfängt, wird ganz Europa mit hineingezogen. Wie viel Louis von der Stadt mitbekam, als er dort lebte, ist schwer zu sagen. Was man allerdings weiß: Seine neue Schule war kein angenehmer Ort.

Louis war gerade mal zehn Jahre alt, als er seine Eltern in ihrem Heimatdorf zurückließ, um gemeinsam mit 60 anderen Jungen und 30 Mädchen zur Schule zu gehen. Das Schulgebäude war während der Französischen Revolution ein Gefängnis gewesen und lag unweit des Flusses Seine. Drinnen war es kalt und feucht, die Klassenzimmer waren stockfinster. Es gab kaum Lampen, obwohl viele der Kinder hell und dunkel unterscheiden konnten. Das Essen schmeckte weder lecker noch war es nahrhaft. Baden durfte man nur einmal im Monat. Manchmal war der Gestank unerträglich. Viele wurden krank.

Der Schuldirektor – Sébastien Guillié – war einer der führenden Augenärzte der Zeit. Aber er war auch ein grausamer, gemeiner Mann. Louis und die anderen Kinder hatten täglich 15 Stunden Unterricht, und sowohl in den Klassenzimmern als auch draußen auf dem Hof gab es Eisenketten, mit denen ungehorsame Schüler angekettet wurden. Ein Mädchen wurde so schlimm misshandelt, dass es monatelang nicht zur Schule gehen konnte. Erst ein paar Jahre später wurde der Direktor deswegen gefeuert. Hoffentlich wurde es für Louis und seine Schulkameraden danach etwas besser; aber man kann sich schon denken, dass er sich oft zu seinen Eltern und Geschwistern zurücksehnte.

Die Kinder wurden in allen möglichen Fächern unterrichtet: in Geschichte, Naturwissenschaften und in französischer Grammatik. Sie lernten, Körbe zu flechten, Bürsten zu binden und Musikinstrumente zu spielen. Louis war ein Musterschüler. Den Lehrern zufolge war er gewissenhaft und fantasiebegabt – leider gab es an der ganzen Schule nur 14 Bücher.

In sein Tagebuch schrieb Louis: „Ich bin blind. Ich kann nichts sehen. Die schwierige Frage ist doch: Was kann ich da tun? Wie soll ich das lesen, was von Sehenden geschrieben wurde? Über Geschichte? Über Kunst? Über Medizin? Über Politik? Über Frauen und Männer? Über mich selbst?“

Nachtschrift

Als Louis zwölf Jahre alt war, kam ein ausgedienter Hauptmann der französischen Armee zu Besuch. Er hieß Charles Barbier und war ein Bekannter des neuen Schuldirektors. Charles hatte an mehreren Kriegen teilgenommen, und er hatte in kalten, dunklen Nächten auf dem Schlachtfeld erlebt, wie schwierig es da war, mit den Soldaten zu kommunizieren. Zettelchen konnte man nachts nicht lesen, und laut zu reden hätte die Aufmerksamkeit der Feinde erregt. Daraufhin hatte Charles ein System mit erhöhten Punkten auf Papier entwickelt: Je nachdem, wie die Punkte angeordnet waren, bedeuteten sie unterschiedliche Dinge. Jetzt konnten die Soldaten mit ihren Fingerkuppen „lesen“. Die Schrift nannte sich Sonografie oder Nachtschrift.

Als der Hauptmann davon erzählte, war Louis Feuer und Flamme. Die Idee mit den Punkten war genial!