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Kinder wachsen. Das regelt die Natur und geht eigentlich (fast) von alleine. Doch nicht immer wachsen Kinder mit einem geraden Rücken, gesunden Gelenken und einer Haltung auf, die ihnen auch ausgewachsen noch einen orthopädisch gesunden und schmerzfreien Körper ermöglicht. Was dabei im wahrsten Sinne des Wortes alles schieflaufen kann, und wie ihr eure Kinder im Wachstum bestmöglich begleiten könnt, möchte ich euch in diesem Ratgeber ans Herz legen. Meine Erfahrungen in über zwanzig Jahren in der Physiotherapie haben mich gelehrt, dass die meisten von uns Erwachsenen unter teils starken und schmerzhaften orthopädischen Überlastungs- oder Fehlhaltungsfolgen leiden. Viel Leid hätte uns erspart bleiben können, wären unsere letzten Generationen darüber aufgeklärt gewesen, dass eine entsprechende Begleitung mit den notwendigen Korrekturen im Wachstum den entstandenen Belastungen entgegengewirkt hätte. Die vielen Kinder jeder Altersgruppe mit Verspannungen und Fehlhaltungen, die ich in meiner Laufbahn gesehen habe, sind der Anlass für diesen Ratgeber. Mit der nötigen Aufklärung, einigen Tipps und Anregungen haben unsere nächsten Generationen eine gute Chance, mit einem Kinderkörper im Gleichgewicht zu großen Leuten im Gleichgewicht heranzuwachsen.
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Seitenzahl: 51
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Kinderkörper im
Gleichgewicht
So wachsen kleine Leute gerade groß
Inhalt
Vorwort
Kapitel 1 - Warum wir schief werden und wie ihr das am Kind erkennen könnt
Kapitel 2 – Ein kleiner Ausflug in den Körper
Kapitel 3 - Mögliche Probleme
Kapitel 4 – Therapeutische Hilfestellungen
Kapitel 5 – Sinnvolle Bewegung und Sport für Kinder
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Impressum
In den letzten 20 Jahren als Physiotherapeutin habe ich oft festgestellt, dass auch Kinder aller Altersgruppen schon Verspannungen haben und früh anfangen eine schiefe Haltung aufzuzeigen. Es fängt unauffällig an und wird deshalb in vielen Fällen sowohl von den Ärzten, als auch den Eltern nicht wahrgenommen. Wenn doch, dann wird je nach Schweregrad der Diagnose irrtümlich davon ausgegangen, dass sich die „leichte“ Schiefstellung schon „verwachsen“ wird. Eine therapeutische Korrektur wird häufig nur bei schon sehr deutlich erkennbarenVeränderungen vorgenommen.
Eltern sind natürlich in der Regel nicht orthopädisch geschult. Den Orthopäden und Kinderärzten fehlt leider ebenso oft die Zeit, als auch die Schulung, eine Ganzkörperanalyse zu erstellen, um Abweichungen auch im kleinsten Detail zu erkennen. Vielen mag das auch nicht sehr dramatisch erscheinen, und ja, groß geworden sind wir ja schließlich alle. Ich hingegen halte dieses Thema für sehr wichtig, und möchte euch in diesem Buch erzählen, warum. Ich werde euch erklären, wie ihr einen Blick für eure Kinder entwickeln könnt und auch viele Möglichkeiten und Ideen nennen, damit ihr eure Kinder bestmöglich im Wachstum begleiten könnt.
Als ich 2004 die Schule für Physiotherapie erfolgreich abgeschlossen hatte, kam ich als Erstes in eine Praxis, die hauptsächlich auf Massagen spezialisiert war. Im selben Jahr besuchte ich meinen ersten Kurs für die Dorn-Methode, die sich mit der Statik des gesamten Körpers (Gelenke und Wirbel) beschäftigt. Ich „wühlte“ mich mit großen Ambitionen im Lauf der Jahre durch hunderte von Menschen, die unter Verspannungen, Rückenschmerzen und Gelenkproblemen litten. Oft unterzogen sich diese Menschen zuvor diversen Operationen und nahmen viele Medikamente ein, um diese Schmerzen aushalten zu können. Die stetig steigende Bilanz der Menschen mit orthopädischen, teils schwerwiegenden Schäden, ist nicht nur menschlich, sondern auch finanziell sehr bedenklich. Seht euch gerne einmal zum Beispiel im Internet die Statistiken über Rückenleiden an. Ich nenne ungern Zahlen, da diese sich häufig ändern. Aber derzeit finden sich Zahlen von rund einem Drittel bis hin zu 81 Prozent der Bevölkerung, die mit einem Rückenleiden registriert wurden.
So kam mir schon ganz am Anfang meiner Laufbahn folgender Gedanke: wenn wir jeden Menschen ab dem 1. Lebensjahr zumindest einmal im Jahr auf Verschiebungen und Verspannungen untersuchen und wenn nötig behandeln würden, hätten wir diese Flut an orthopädischen Spätfolgen definitiv nicht. Denn, bis der Körper große Baustellen aufzeigt, hat er bereits Jahre, teils Jahrzehnte diese Fehlhaltungen immer weiter „ertragen“.
Ich betone, dass ich hier von Unfällen oder Erkrankungen absehe, die Deformierungen und Einschränkungen zur Folge haben. Ich meine vielmehr die heute zahllosen Folgen von Überlastungs- und Haltungsschäden und vermeidbare Fehlstellungen.
Obwohl wir in unserer Gesundheitspolitik nach außen hin einen hohen Wert auf Prävention und Gesundheitsförderung legen, ist das in der Realität aus orthopädischer Sicht nicht der Fall. Sagen wir einfach mal so: es wird uns ganz sicher nicht hinterhergeworfen. Die Eltern wissen oft nun leider nicht, dass die Notwendigkeit besteht, eine Präventionsstrategie für ihre Kinder selbst zu wählen. Gerade in der jetzigen Zeit ist es für viele Familien nicht so leicht, diese Therapien aus eigener Tasche zu bezahlen. Das verstehe ich gut. Einen Teil für diese Behandlungen würden sicher die Krankenkassen übernehmen, aber in Zukunft kann es durchaus sein, dass Eltern zumindest einen Teil finanziell selber hierfür tragen müssten. Während es sich um ein paar hundert Euro für einige Behandlungen im Jahr dreht, stehen auf der anderen Seit nicht nur tausende Euro für Arztbesuche, Medikamente, teure Operationen und Rehabilitation, sondern oft auch ein unendlicher Leidensweg. Unsere Gesundheitspolitik wird diese Struktur für uns wohl so schnell nicht umdrehen. Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir Menschen unser Leben und unsere Gesundheit informierter und gezielter selber in die Hand nehmen.
Ich möchte noch anmerken, dass ich euch mit diesem Buch keinen vollständigen Stand aller Diagnosen und Therapien geben kann. Auch ersetzt mein Buch in keiner Weise eine Diagnose durch qualifizierte Ärzte und Therapeuten. Ich möchte vielmehr ein besseres Verständnis für den Körper und viele Anregungen mitgeben, worauf bei der Entwicklung der Kinder zu achten ist und auf die vielen Möglichkeiten gezielte Unterstützung zu finden.
Jeder Mensch hat die Neigung zu einer gewissen Schiefe. Bei Pferden redet man ganz selbstverständlich von der „natürlichen Schiefe“. Legt man hier bei der Ausbildung eines Pferdes oft sehr viel Wert darauf, diese Schiefe zu korrigieren, um es gesund, und in der Beweglichkeit balanciert zu halten, wird dies beim Menschen zu wenig thematisiert.
Eine natürliche Schiefe entsteht bei den meisten Lebewesen hauptsächlich durch die im Gehirn angelegte Händigkeit. Es kann zwar sein, dass das Gehirn rechts- oder linkshändig veranlagt ist, aber der Mensch durch Fremd- oder Eigenschulung die andere Seite mehr benutzt. Grundsätzlich wird aber eine Seite mehr belastet. Im optimalen Fall sind beide Seiten in Geschicklichkeit und Kraft gut ausgeprägt.
Für die meisten von uns ist allerdings eine dominante Seite von Anfang an vorhanden. Das bedeutet, dass wir eine Seite bevorzugen und dieser Seite mehr Kraft, mehr Tätigkeiten aller Art auftragen. Dieser Prozess automatisiert sich sehr früh im Leben, und wird über Jahrzehnte unbewusst gesteuert. Ob es das Schreiben ist, Zähneputzen, schwere Taschen tragen etc., tagein und tagaus ist der Ablauf in etwa gleich. Natürlich arbeitet die andere Seite mit, aber zu einem geringeren Maße. Dieser Fakt alleine erzeugt somit schon einen unausgewogenen Zustand. Ihr könnt euch vorstellen, dass mit den Jahren und der zunehmenden Belastung das Nutzungs-Konto rechts oder links immer etwas voller wird.