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Dieses Buch bietet zehn Andachten für Feste im Kirchenjahr sowie jahreszeitlich orientierte Feiern - einsetzbar in Gemeinden, Pflegeheimen und Demenzwohngruppen. Die Texte sind in leichter Sprache formuliert und berücksichtigen die veränderten Kommunikations- und Wahrnehmungsmuster von Menschen mit Demenz. Wo es möglich ist, wird an biografische Erinnerungen angeknüpft. Ein Musterbeispiel für die Vorbereitung und praktische Anregungen zur Umsetzung der Andachten ergänzen die Entwürfe. Eine wertvolle Hilfestellung für Angehörige von dementiell Erkrankten sowie für Mitarbeiter in Senioren- und Pflegeeinrichtungen.
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Seitenzahl: 86
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Über den Autor
Norbert Rose, Jg. 1960, war nach seinem Theologiestudium 30 Jahre Pastor einer evangelischen Freikirche, davon zehn Jahre als Seelsorger in einem Diakoniewerk mit mehreren Seniorenzentren. Schwerpunkt dieser Arbeit waren Gottesdienste für demente Menschen und seelsorgerliche Angebote für Angehörige und Pflegepersonal.
Berufsbegleitend absolvierte er diverse Fortbildungen, unter anderem in Biblisch-Therapeutischer Seelsorge und bei „EduKation Demenz©“, sowie ein Masterstudium (M.A.) in Religion & Psychotherapie.
Seit 2013 lebt und arbeitet er im Raum Karlsruhe als Pastor und Seelsorgeleiter im Bibelkonferenzzentrum „Langensteinbacher Höhe“ und bietet u.a. regelmäßig Seminare über seelsorgerliche Themen sowie über Demenz und Sterbebegleitung an.
Der Autor ist verheiratet und Vater von sechs erwachsenen Kindern.
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Die Bibelzitate sind folgender Ausgabe entnommen:
Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
Copyright © 2025 Gerth Medien
in der SCM Verlagsgruppe GmbH,
Berliner Ring 62, 35576 Wetzlar
Erschienen im August 2025
ISBN9783961227075
Umschlaggestaltung: Kathrin Spiegelberg, Weil im Schönbuch
Umschlagmotiv: Noten: pixabay, Alexas_fotos; restliches Bildmaterial wurde mit Hilfe von KI-Bildgeneratoren (Midjourney, OpenAI) generiert.
Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg
www.gerth.de
Inhalt
Vorwort
Kleine Hinweise für Vorlesende
Ordnung für eine gottesdienstliche Feier mit einfacher liturgischer Gestaltung
Musterablauf
Ausführliche Vorlage mit Auswahl-Varianten
Advent
Macht hoch die Tür, die Tor macht weit
Wie soll ich dich empfangen
Tochter Zion, freue dich
Weihnachten
Ich steh an deiner Krippen hier
Epiphanias
Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude
Karfreitag
O Haupt voll Blut und Wunden
Ostern
Wir wollen alle fröhlich sein
Himmelfahrt
Jesus Christus herrscht als König
Erntedankfest
Wir pflügen und wir streuen
Ewigkeitssonntag
Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl
Vorwort
Die ursprüngliche Idee zu diesem Projekt war sehr einfach: Mit einigen sehr begabten Menschen aus meiner Gemeinde wollte ich einige alte Choräle und Kirchenlieder aufnehmen, zu diesen Liedern Andachten für Menschen mit einer Demenzerkrankung schreiben und diese anschließend per Video für begleitende Angehörige, Seniorengruppen und Pflegeeinrichtungen verfügbar machen.
Die Erfahrung zeigt: Lieder aus vergangenen Zeiten sind wie eine Schatztruhe. Sie enthalten Erinnerungen an die Kindheit, an Beziehungen, an Traditionen und an ganz persönliche Hoch-Zeiten im Leben wie Konfirmation, Kommunion, Eheschließung oder an die großen Festzeiten des Kirchenjahres: Advent, Weihnachten, Passion, Ostern, Erntedank usw. Lieder spiegeln aber nicht nur das Kirchenjahr wider, sondern auch den gesamten menschlichen Lebenskreis mit Geburt, Ehe, Berufstätigkeit und Alter sowie Sterben, Trauer, Hoffnung und Zuversicht auf die Ewigkeit.
Aus einer einfachen Idee entstand schlussendlich eine professionelle CD mit eben diesen Kirchenliedern1, die ein paar Hinweise zur besonderen Problematik von Menschen mit demenzieller Erkrankung enthalten sollte. Aus dem ursprünglich geplanten zwölfseitigen Booklet wurde ein ganzes Buch2, das betroffenen Angehörigen, Pflegenden und Betreuenden helfen soll, die Innenwelt von Menschen mit Demenz besser zu verstehen und sie angemessen zu begleiten. Das eigentliche Ziel aber blieb unverändert: Vorlagen für Andachten mit dementiell Erkrankten anhand von bekannten, wichtigen und prägenden Kirchenliedern zu erstellen. Die zehn Andachten aus dem ersten Band können – z. B. in Pflegeeinrichtungen oder Seniorengruppen – nach wie vor per Video eingespielt oder im kleinen Kreis vorgelesen werden. Mit den abgedruckten QR-Codes sind die Dateien jeweils im Internet zu erreichen.
Der vorliegende zweite Band ist in Zielsetzung und Art der Verwendung unverändert. Noch einmal stehen bekannte Choräle und Kirchenlieder mit einer kurzen Andacht im Zentrum. Bei dieser Ausgabe haben wir jedoch das Kirchenjahr als Leitfaden herangezogen: Advent, Weihnachten, Jahreswechsel, Epiphanias, Passionszeit, Ostern, Erntedankfest und den Ewigkeitssonntag. Damit lässt sich auch für den dementiell Erkrankten das „Jahreszeiten-Gefühl“ ein wenig strukturieren, und sehr alte und wichtige Erinnerungen lassen sich aktivieren. Und wieder gibt es auch das Angebot, diese Texte für die Gestaltung von Andachten in Einrichtungen und Gruppen oder im familiären Umfeld zu nutzen.
Ich wünsche allen, die diese Andachten als geistlichen Impuls im privaten oder pflegerischen Bereich einsetzen, viel Segen bei der Umsetzung der hier vorgestellten Anregungen und die schöne Erfahrung, dass mit wenig Aufwand aus „irgendwie gemeinsam verbrachter Zeit“, die für alle Beteiligten manchmal sehr belastend sein kann, eine besondere und „erfüllte Zeit“ werden kann.
1 Lars Peter: „Vertraut – Lieder, die mein Herz berühren“, © Gerth Medien in der SCM-Verlagsgruppe, 2023
2 Norbert Rose: „Fremd und doch vertraut“, © Gerth Medien in der SCM-Verlagsgruppe, 2023
Kleine Hinweise für Vorlesende
„Ein berühmter Schauspieler, der in einer Familie eingeladen war, wurde gebeten, etwas vorzutragen. Er bat um Vorschläge. Ein älterer Geistlicher bat um den 23. Psalm. Der Schauspieler, etwas verlegen, willigte ein unter der Bedingung, dass der alte Herr den Psalm nach ihm wiederhole. Dann sprach er den Hirtenpsalm mit wundervoller Stimme und klarster Betonung. Er erntete reichen Beifall.Dann wiederholte der alte Pfarrer den Psalm. Niemand spendete am Schluss Beifall, aber mancher der Anwesenden war im Innersten bewegt. Da sagte der Schauspieler ernst: ,Ich darf wohl sagen, ich kenne den Psalm, Sie aber kennen den Hirten.’"3
Vorlesen ist eine schöne und hohe Kunst, und sich darin zu üben, ist eine lohnenswerte Sache. Vorlesezeit ist geschenkte Zeit. Da ist jemand nur für mich da. Manche erinnern sich ein Leben lang an die Geschichten, die von der Mutter, von der Oma oder von der „Tante“ im Kindergottesdienst vorgelesen wurden (nur selten waren es in früheren Zeiten Väter oder Großväter, die diese Aufgabe übernommen haben).
In meiner Grundschulzeit vor über 50 Jahren war es üblich, dass unser Lehrer jedem Geburtstagskind während des Unterrichts eine Geschichte vorlas. Der Lehrer war nicht sehr sympathisch, aber diese Zeiten haben wir alle geliebt. Die schwierigsten Bengel wurden andächtig still und hörten wie gebannt zu. Dabei war es nicht allein der Inhalt, der fasziniert hat, sondern auch die Stimme, der Ausdruck und die Haltung des Vorlesenden selbst. Dass wir manche Geschichte mehrmals gehört haben, störte niemanden.
Die Aufgabe des Vorlesens besteht vor allem darin, dem Schreiber und seinen Gedanken selbst seine Stimme zu „leihen“ und die Worte lebendig werden zu lassen. Darum heißt es, unsere Stimme sei das „Fenster zur Seele“. Das mag in beide Richtungen gelten: Wir lassen uns selbst ein wenig ins Herz schauen, inwieweit wir uns einen Text „zu eigen machen“, und wir erreichen zugleich auch das Herz der Zuhörenden – ganz gleich, ob es Kinder, Erwachsene, kranke oder sehr alte Menschen sind. Unsere Haltung, unsere Stimmlage, unsere Mimik, unsere Betonungen zeigen nur allzu deutlich, ob wir einen Text erfasst und verstanden haben. Was ist die Hauptaussage des Textes, wo braucht es Betonungen, Pausen, Aufmerksamkeitsfokussierungen? Dabei müssen wir nicht vorgehen wie Schauspieler, sondern wie jemand, der die Worte, die Sprache und natürlich auch Inhalte liebt und dem Zuhörer etwas schenken möchte, was er oder sie unbedingt hören soll. So können Worte „die Seele streicheln“ und das Herz berühren.
Wichtig dabei ist, dass diese Andachten nicht zuerst und nicht allgemein für Senioren gedacht sind. Alte Menschen können – auch wenn mentale Fähigkeiten und die Konzentration möglicherweise ein wenig nachlassen – immer noch einem logischen „roten Faden“ und Argumentationsstrang folgen. Bei Menschen mit einer dementiellen Erkrankung dagegen können wir das nicht mehr erwarten; daher ist eine solche logisch-lehrhafte Erzählweise nicht einmal beabsichtigt. Wir versuchen vielmehr – ausgehend von einem Thema, einer Liedstrophe, einem Stichwort oder verschiedenen Bibelworten – möglichst einfache Assoziationsprozesse auszulösen. Darum entsteht der Eindruck einer Andacht aus lauter kleinen Mosaikteilchen, die nur für einige Augenblicke Aufmerksamkeit schaffen. Dazu gehören auch Begriffe, Namen, biografisch-historische Ereignisse, einfache metaphorisch-bildhafte Redeweisen, die in der „Blütezeit“ der derzeitigen Alterskohorte dementiell erkrankter Menschen eine Bedeutung gehabt haben könnten. Ob wir damit tatsächlich gelegentlich einen „Volltreffer“ landen, muss sich erst noch zeigen.
Möglicherweise (oder sogar wahrscheinlich!) wird der kognitiv wahrgenommene Gehalt der Andachten bei dementiell Erkrankten sogar gegen „null“ gehen! Die Frage, ob wir nicht ebenso gut aus der Zeitung, einem historischen Roman oder dem Werbeblättchen eines Supermarktes vorlesen könnten, ist nicht ganz unberechtigt. Kommt es nicht vor allem darauf an, einen alten erkrankten Menschen zu beschäftigen, ihm unsere Zeit zu schenken und ihn dadurch zu aktivieren? Reicht nicht schon eine zugewandte Haltung oder eine freundliche Erzählstimme, um die erwünschte Aufmerksamkeit zu schaffen? In der Tat hat schon das allein einen Wert! Zeit zu haben, einen menschlichen Kontakt zu pflegen, Nähe zu vermitteln, einfach „da zu sein“, ist selbstverständlich bereits eine sinnvolle Investition. Die Gestaltung einer Andacht geht jedoch weit darüber hinaus, denn sie erinnert an ein bestimmtes „Setting“: an die Bedeutung, an die Atmosphäre, an eine bestimmte Sprache und an das geistlich-spirituelle Format einer gottesdienstlichen Situation.
Also alles nur Gefühl? Ganz und gar nicht! Durch Bibelworte, Lieder, Gebete und Haltung schaffen wir einen geheiligten Raum und die Möglichkeit, einen dementen Menschen mitzunehmen in die Gegenwart des dreieinigen Gottes. Darum ist es nicht tragisch, wenn der Eindruck entsteht, der dementiell Erkrankte habe gar nichts oder nicht viel verstanden. Wir sehen das sehr nüchtern: Er wird auch das wieder vergessen, was er für einige Momente wiedererkannt hat. Was bleibt, ist das Erleben, in der Gegenwart Gottes zu sein – und zu bleiben. Ob der dementiell Erkrankte das Gesagte versteht oder nicht versteht, dem Gedankengang noch folgen kann oder nicht, nachher noch etwas „weiß“, worum es ging oder nicht, ist also – so tragisch es ist und so herzlos es klingen mag – nicht das Wichtigste. Aber wir möchten gern vermitteln, dass er auch in seiner verzweifelten Situation und in seiner großen Schwäche noch immer Teil der Gemeinschaft aller Gläubigen ist.
Inzwischen predige ich seit mehr als 40 Jahren. Neben eigenen Worten zitiere ich dabei selbstverständlich auch Bibeltexte oder Aussagen von anderen Auslegern, die mich berührt haben. Bevor ich etwas vortrage oder zitiere, lese ich den Text laut und höre mir selbst dabei zu. Manchmal „teste“ ich verschiedene Varianten der Betonung, Lautstärke und Stimmlage, bis ich sicher bin, den Sinn, die Bedeutung und das Gewicht der Worte getroffen zu haben – immer in der Hoffnung, dass meine eigene Faszination auch andere anstecken kann. Aus diesem Grunde möchte ich Mut machen, Texte nicht nur als „Wörter“ und „Informationen“ vorzulesen.