Kleine Bewerbungfibel 2020 - Ulrich A. Schmidt - E-Book

Kleine Bewerbungfibel 2020 E-Book

Ulrich A. Schmidt

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Beschreibung

Bewerbung und Lebenslauf - ein Dauerthema! Mit diesem Buch will der Autor etwas völlig Neues vermitteln. Hier sind nicht Muster und Vorlagen zum Überschrieben versammelt. Mit Hilfe dieses Buches soll sich der Leser vielmehr "kommunikative Bewerbungs-Kompetenz" erwerben können. Der Leser vermag sich jene Überlegungen,Techniken und Methoden aneignen, die ihn in die Lage versetzen, jederzeit eine aussagekräftige Bewerbung zu formulieren, die weit über schematischen Formularformen hinausgeht.

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GELEITWORT

Wer heutzutage ein Buch zum Thema „BEWERBUNG“ vorlegt, sollte erklären, was das denn solle und was er denn damit wolle. Mit Bewerbungsbüchern lassen sich schließlich kilometerweite Regale füllen, und im Internet listet Google unter dem Stichwort Lebenslauf + Vorlage rund drei Millionen Verweise auf. Was soll also dieses Buch bewirken?

Ich fange am besten damit an, was ich nicht will: Man findet hier auf 140 Seiten etwa 30 Beispieltexte, die aus konkreten und realen Bewerbungsdokumenten abgeleitet und verfremdet wurden. Diese Dokumente sind auf keinen Fall als Vorlagen zu verstehen. Die hier vorgestellten Lebensläufe und Bewerbungsschreiben können nicht einfach kopiert und mit den eigenen Daten überschrieben werden. Dazu sind sie zu spezifisch und zu stark individualisiert.

Was ich mit diesen Dokumenten zeigen möchte: das ist die Denk- und Arbeitsweise, die ihnen zugrunde liegt. Der Leser soll verstehen und nachvollziehen können, welche Überlegungen wir hatten, um zu den entsprechenden Darstellungen zu gelangen.

Nicht das Endprodukt steht hier im Mittelpunkt, sondern der Weg, auf dem wir zu dieser Gestaltung gelangt sind.

Ich möchte in diesem Buch dem geneigten Leser jene Fähigkeiten und Fertigkeiten nahebringen, die ihn in die Lage versetzen, jederzeit eine Profil-Bewerbung für sich zu verfassen.

Mein Ziel ist es, kommunikative Bewerbungs-Kompetenz zu vermitteln. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Erst wenn ich die notwendigen Grundüberlegungen, Techniken, und Arbeitsschritte im Kopf habe, dann verfüge ich über diese spezielle Kompetenz.

Zu dieser Art von Kompetenz gehören auch bestimmte Arbeitstechniken im Umgang mit der Textverarbeitung. Wenn es notwendig ist, wird in den Kapiteln auch die Handhabung dieser Technik erläutert. Wichtig erscheint es mir, dass die Leser die Kapitel nicht nur passiv rezipieren, sondern auch immer versuchen, die Hinweise in eigene Entwürfe umzusetzen. Seien Sie kreativ und probieren Sie verschiedene Versionen aus! Sie werden sehen, dass so etwas durchaus auch Spaß machen kann. Da es darum gehen soll, bestimmte Kompetenzen zu entwickeln, werde ich an einigen Stellen Zusammenhänge nachvollziehbar zu erklären suchen. Das führt dazu, dass sich bestimmte Informationen wiederholen. Man verziehe mir dies, aber ich halte dieses Vorgehen für notwendig.

Damit beansprucht dieses Buch ein Alleinstellungmerkmal unter dem Wust der Bewerbungsliteratur.

Ein wichtiger Hinweis noch für alle, die sich daran machen zu experimentieren: Suchen Sie sich einen guten Gesprächspartner! Ich habe zu Beginn dargestellt, wie sich im Falle der Bewerbungskommunikation die Instanz des „Senders“ verdoppelt (der Sender ist zugleich Ziel der Darstellung). Wenn man seine Bewerbung mit einer außenstehenden Person bespricht, dann durchbricht man diese Verdoppelung. Bitten Sie also Freunde um Hilfe bei der Bewerbungsarbeit!

Ich widme dieses Buch meinen beiden Kindern Lisa und Erik Korsten.

Fertiggestellt am Lisas 18. Geburtstag.

Castrop-Rauxel, 21. Dezember 2019

2. überarbeitete Auflage

25. April 2021

INHALTSVERZEICHNIS

Geleitwort

0. Fragebogen zur Standort-Bestimmung

1. Kapitel: Bewerbung als Kommunikation

1.1 Rückkopplung – der Schlüssel des Lernens

1.2 Bühlers Organon-Modell und das Bewerbungsdilemma

1.3 Normen und Standards

1.4 Perspektive

1.5 Bewerbungsalltag aus Unternehmenssicht

1.6 Praktische Konsequenzen: Einige Leitsätze für Bewerber

2. Kapitel Standard: Formular-Lebenslauf

2.1 Lebenslauf: Entwicklung einer Textsorte

2.2 Der Formularlebenslauf als „Standard“

3. Kapitel Profil-Lebensläufe

3.1 Textverarbeitung und Gestaltung

3.2 Muster und Vorlagen – Hilfe oder Schema?

3.3 Arbeitsplatz Bildschirm und Tastatur: Richten Sie ihn vernünftig ein!

3.4 Briefkopf-Entwürfe

4. Kapitel Der Profil-Lebenslauf als Kern-Dokument

4.1 Zum Beispiel: Kurt Kraftfahrer

4.2 Auswertung und Kritik

4.3 Perspektiv-Wechsel: Überarbeitung

4.4 Noch einmal: Thema Normen

5. Kapitel Profillebensläufe aus der Praxis

5.1 „Vorwärts“- oder „Rückwärts“-chronologisch

5.2 Erläuterungen zu den

Beispielen 10-13

5.3 Vorwärts/Rückwärts: Ferdi Vertrieb

6. Kapitel: Die „aussagekräftige“ Bewerbung

6.1 Bewerberdokumente und Belegdokumente

6.2 Bewerbungsmappe und E-Mail-Bewerbung

6.3 Das Anschreiben

Exkurs. Haariges Thema: „Leiche im Keller“

6.4 weitere Dokumente- „Aus meinen Arbeitszeugnissen“

7. Kapitel Profilbewerbungen für Azubis

7.1 Profil statt Schulstandard: Silke Frühauf

7.2 Rolle der Eltern

7.3 Das Anschreiben

7.4 Bemerkungen zu Ton und Tenor

8. Kapitel Die Bewerbung der Gunda Grundmann

8.1 Traditioneller Lebenslauf-Entwurf

8.2 Kritik an dem Formular-Entwurf

8.3 Garten-Metapher

8.4 Gunda Grundmanns Profil-Lebenslauf

8.5 Gunda Grundmanns Anschreiben

9. Kapitel Biografien mit Brüchen:

Gerda Haushalt & Co. Grundmann

9.1 Gewundener Weg in die Ausbildung

9.2 Biografien mit Migration und Flucht

9.3 Der Erfolg der Gerda Haushalt

9. Kapitel Sonderform Kurzbewerbungen

10. Ergänzende Bemerkungen: Foto, Vorstellungsgespräch

Hinweise zum Fragebogen

Eingangs-Test

„Der Weg zu einer (neuen) Stelle führt stets über eine Bewerbung.“

In dem folgenden Fragebogen finden Sie einige typische Stellungnahmen zu den Themen „Bewerbung“ und „Vorstellungsgespräch“. Bitte kreuzen Sie diejenigen Antworten an, die Ihnen plausibel erscheinen! Es können mehrere Antworten zutreffen. Sie haben auch die Möglichkeit, weitere Antworten zu geben.

1. Bewerbung als Kommunikation

Wie alle Bewerber wissen, ist der Weg zur neuen Stelle oft sehr dornig. Selten nur klappt es „auf Anhieb“. Wir leben in einer Zeit, in welcher der ständige Wechsel das Berufsleben bestimmt. Die Zeiten, in denen man von der Ausbildung bis zur Rente in der angestammten Firma bleiben konnte – diese Zeiten sind lange vorbei.

Wenn Bewerber ihre Unterlagen per Mail (oder manchmal auch noch per Post) verschicken, dann durchlaufen die Bewerbungs-Unterlagen im Allgemeinen ein Verfahren, das für den einzelnen Bewerber nur wenig transparent ist. Denn sie können ja nur die eine, nämlich ihre eigene, Seite der Kommunikationshandlungen wahrnehmen.

Umso wichtiger ist es für alle Bewerber deshalb, die Interessen und Sichtweisen der »Gegenseite« abschätzen zu können. Denn eine Bewerbung, das ist eine ganz besondere und eine eigene Form der Kommunikation. Und wie bei allen anderen speziellen Kommunikationsformen gelten auch für die Bewerbungskommunikation eigene - ungeschriebene - Regelwerke. Will ich erfolgreich sein, dann muss ich diese „heimlichen“ Kommunikations-Regeln kennen. Nur dann kann ich sie auch in meinem Sinne und für meine Interessen nutzen.

Die Kommunikationsforschung spricht von „kommunikativer Kompetenz“. Dieser Begriff ist abgeleitet von dem Konzept der sprachlichen „Kompetenz“. Der Sprachwissenschaftler N. Chomsky nutzte den Begriff der „Kompetenz“ um damit die allgemeine menschliche Sprachfähigkeit zu beschreiben, jene erstaunliche Fähigkeit des Menschen, mit einem begrenzten Inventar an Wörtern und einem ebenfalls begrenzten Inventar von (Grammatik-)Regel unendlich viele grammatisch korrekte Sätze zu bilden, und das ein ganzes Leben lang! Und jeder Mensch tut dies, ohne dass er die Regeln explizit benennen muss.

Unter der „kommunikativen Kompetenz“ versteht man die weiter gehende Fähigkeit, sich in bestimmte Kommunikationssituationen adäquat einzubringen und an der Kommunikation teilzunehmen. Als Zeuge vor Gericht redet man anders als im Kollegenkreis oder gegenüber dem Vorgesetzten. Die jeweils geltenden Regeln muss man stets neu erwerben.

Bewerbung – eine spezielle Kommunikationssituation. Hier gelten besondere Regeln. Und die muss ein cleverer Bewerber kennen!

1.1 Rückkopplung: Schlüssel allen Lernens

Rückkopplung, das ist die Kern-Methode für den Erwerb kommunikativer Fähigkeiten. Das Verfahren der „Rückkopplung“ die zentrale Lernmethode für das Kind beim Erwerb der Muttersprache. Und jede Form des Lernens funktioniert über »Rückkoppelung«. Das Aneignen der Regeln erfolgt immer in einem beständigen Regelkreis. Entscheidend dabei ist eine permanente Anwendung und Überprüfung des Kommunikationserfolgs durch das Verhalten der anderen. Empfinde ich die Rückmeldung meiner Kommunikationspartner als positiv, so dient mir diese Reaktion zur Bestätigung und Festigung meines kommunikativen Verhaltens; wenn ich die kommunikative Reaktion als negativ erlebe, dann kann ich die Rückmeldung nutzen, um mein eigenes Verhalten zu revidieren und neu auszurichten.

Im Falle der besonderen Kommunikationssituation Bewerbung aber stehe ich als Bewerber vor einer „black box“. Ich schicke die Bewerbung ab, und dann heißt es: Warten. Die Reaktion der Gegenseite: bestenfalls eine Eingangsbestätigung. Läuft es gut, werde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen; aber fast nie sagt man mir etwas zur Qualität meiner Bewerbungsunterlagen.

Und so muss ich als Bewerber immer weiter „im eigenen Saft schmoren“; ich habe also keine Chancen, meine „kommunikative Bewerbungskompetenz zu erhöhen. Mögliches Ergebnis: Die Bewerber bewerben sich immer mit denselben (schlecht gemachten) Unterlagen und geraten in einen Teufelskreis von Bewerbungen und Absagen.

1.2 Kommunikation: Bühlers Organon-Modell und das Bewerbungsdilemma.

Das wohl bekannteste Modell zur Erklärung der Kommunikation-Funktionen hat der Sprachpsychologe Karl Bühler 1934 vorgestellt („Organon-Modell“).

In der Mitte sehen wir das sprachliche Zeichen, also die Nachricht. Sie steht in Beziehung zu den drei Hauptinstanzen der Kommunikation, Sender, Empfänger und „Welt/ Bedeutung“.

Sender

Für den Sender ist die Hauptfunktion der Ausdruck seiner Bedürfnisse. Die Nachricht erfüllt gegenüber dem EmpfängerAppell-Funktion: die Nachricht soll beim Empfänger etwas bewirken. Und zum dritten repräsentiert sich die ganze Welt der Gegenstände und Sachverhalte als „Bedeutung“ im Zeichen – das nennt Bühler die „Darstellungsfunktion“ der Nachricht.

Betrachten wir nun die Situation der Bewerbung! Unschwer stellen wir fest: Hier ist etwas ganz anders, und zwar etwas Grundsätzliches. Die Instanz des Senders verdoppelt sich. Denn der Sender ist sowohl der Urheber als auch der Inhalt der Nachricht.

Aus dieser Verdoppelung ergeben sich eine Reihe von wichtigen Konsequenzen:

Distanz:

Um mich selbst darzustellen, benötige ich ein Bild von mir. Ich muss mich quasi außerhalb des

Ichs

stellen und mich zur dritten Person (Er / Sie) machen. Dafür muss

ich

versuchen, Selbst-Wertungen und Emotionen zurückzunehmen und

zu meinem Ich

in Distanz zu gehen. Das fällt uns aber im Allgemeinen schwer.

Bescheidenheit:

Andererseits gilt in den meisten Kulturen das Prinzip der Bescheidenheit: Selbstlob gilt meist als anstößig, als angeberisch. Das Ziel der Bewerbung liegt aber genau darin, dass

ich

dem Empfänger ein möglichst positives Bild

von mir

als Bewerber vermittle.

Genau an dieser Stelle entsteht das Bewerbungsdilemma: Um den Spagat zwischen mir als Sender der Nachricht und mir selbst als Inhalt der Kommunikation in ein Gleichgewicht zu bringen und zu relativieren, dazu benötige ich aussagekräftige Rückmeldung von Außen: Um zu einem richtigen Bild zu gelangen, muss ich meine Selbsteinschätzung mit einer Fremdwahrnehmung konfrontieren. Aber, wie wir gesehen haben, ist Bewerbungskommunikation ja grundsätzlich dadurch gekennzeichnet, dass inhaltliche Rückkopplungen über meine Bewerbung

fast nie

erfolgen: Es ist vollkommen unüblich, dass ein Arbeitgeber mir eine ehrliche Rückmeldung über die Qualität der eingereichten Bewerbungsunterlagen gibt.

Aber nur durch Rückkopplung in der Kommunikation ist es möglich, kommunikative Kompetenzen auszubilden und zu schärfen. So stehen Bewerber hier nun vor einem doppelten Dilemma. Sie sollen sich im Rahmen des Bescheidenheits-Postulats anpreisen, wissen aber nicht, wie sie wirken. Dieses doppelte Dilemma ist letztlich dafür verantwortlich, dass Bewerber immer wieder nach Autoritäten und angeblichen Normen Ausschau halten. Denn wenn Normen gelten, dann muss ich mich einfach nur an diese Vorgaben halten. Halte ich mich streng an diese Regeln, dann benötige ich keine besondere persönliche Kompetenz. Und so erleben wir es häufig, dass auch ältere Bewerber immer wieder auf die Formen zurückgreifen, die sie als Jugendliche in der Schule gelernt haben.

1.3 Rolle von Normen und „Standards“

Zunächst einmal sei festgehalten: Auch wenn es immer wieder suggeriert wird, so gibt es absolut keine Norm für Bewerbungsbriefe, Lebensläufe oder ganze Bewerbungsmappen. Die Beratungsliteratur wird nicht müde, auf die Regeln der Büro-Norm zu verweisen. Aber dennoch: Bewerber sind völlig frei in der Art, wie sie ihre Bewerbung entwerfen und verschicken. Es gibt weder eine spezielle Bewerbungspolizei noch gebührenpflichtige Verwarnungen für falsch verfasste Bewerbungsbriefe.

Bewerber werden dennoch immer wieder auf vorgebliche Normen verwiesen, auf die sie sich dann auch gerne berufen. Rückmeldungen sind ihrerseits zur Optimierung der eigenen Kommunikationsleistung zwingend erforderlich. Stehen diese nicht zur Verfügung, dann macht sich der Sprecher auf die Suche nach einer Ersatzstrategie. Und was liegt dann näher als auf die berühmtberüchtigte „Büronorm“ DIN 5008 zu verweisen? Diese Norm beschreibt tatsächlich den grundlegenden Aufbau von Briefen, genauer (so ist der Untertitel) den Aufbau von „Geschäftsbriefen“. Grundsätzlich ist es ja auch sinnvoll, hier Normen zu setzen. Einfachstes Beispiel: Die Adresse muss schließlich in das Adressfeld des Fensterumschlages passen.

Aber abgesehen von derartigen äußeren Regularien – warum sollte es wichtig sein, dass ich mein Bewerbungsschreiben stur nach äußeren Vorschriften verfasse? (es sei denn, ich bin Sekretärin und möchte zeigen, dass ich meine Büro-Norm aus dem ff. beherrsche)! Warum aber findet sich querbeet durch die Bewerbungsratgeber der Hinweis auf die Büronorm 5008?

Doch beachte: Nirgendwo erhebt die DIN 5008 einen Anspruch darauf, verbindliche Vorschriften für ein Bewerbungsanschreiben zu setzen. Erst recht nicht enthält die Norm einen Anspruch darauf, Vorschriften darüber zu machen, wie ein Lebenslauf oder gar eine ganze Bewerbungsmappe auszusehen habe.

Nun, offensichtlich sitzen viele Ratgeber mit ihren Büchern und im Internet einem Missverständnis auf. Denn im Anhang zur DIN 5008 stoßen wir tatsächlich auf einen „Bewerbungsbrief nach DIN 5008“. Allerdings soll nicht gezeigt werden, wie ein Bewerbungsschreiben (zwingend) auszusehen hat – nein, diesen Anspruch erheben die Autoren überhaupt nicht. Sie wollen nur aufzeigen, wie ein Bewerbungsschreiben aussehen könnte, wenn man die Absicht hat, seinen Brief gemäß dieser Norm zu verfassen. Gerade die Normgeber betonen dieses Wenn-Dann ganz ausdrücklich: Wenn man sein Bewerbungsschreiben nach der Norm aufsetzen möchte, dann sollte dieses so aussehen wie in Anhang der Norm beschrieben.

Aber wenn schon keine Norm gilt, gibt es dann nicht wenigstens einen „Standard“ für Lebensläufe? Macht man sich auf die entsprechende Suche nach Vorlagen dann wird mal schnell fündig: Sehr häufig verweist man stolz auf den „neuesten Standard“.

Andererseits ist der Begriff des Standards durchaus schillernd. Einerseits zielt der Begriff darauf ab, dass etwas zur üblichen und normalen Praxis gehört: ,Das macht man halt so´. In diesem Sinne haben Standards den Charakter von gesellschaftlichen Konventionen. Diese Art von Standard kann ich in derartigen Lebenslauf-Mustern aber nicht sehen. Das Wort „Standard“ wird auch in einem anderen Sinn – mit einem negativen Beigeschmack gebraucht: Die Standard-Ausstattung eines Autos, Gerätes, Ferienwohnung, das ist die einfache, wenn nicht primitive, Variante. Wollen wir uns „etwas gönnen, dann wählen wir die gehobene, die Komfort- oder gar die Luxus-Version. Nur in diesem Sinne kann ich persönlich das Wort vom „Standard-Lebenslauf“ verstehen: Wenn Bewerber ihre Daten an den entsprechenden Stellen eintragen, dann entsteht eben ein Lebenslauf nach Standard 08-15 – Oberflächlich, inhaltlich wenig durchdacht und ohne weitere Ansprüche in der Präsentation meiner eigenen Person.

Wenn es für Bewerbungen eine Norm gibt dann ist es diese: Die Bewerbung muss dem Anspruch genügen gut anzukommen, und zwar gestalterisch wie inhaltlich. Ein „sturer“ Bürobrief ist keine gute Visitenkarte, wohl aber ist dies ein pfiffig gemachter Profil-Lebenslauf. Und denken Sie immer daran, dass Unternehmen in Stellenausschreibungen von Bewerbern „vollständige“, oft ausdrücklich „aussagekräftige Bewerbungen“ erwarten, aber niemals von „korrekten“ oder von „Standardbewerbungen“ sprechen.

1.4 Zur Perspektive.

Betrachten Sie dieses Rotweinglas:

Sie kennen sicherlich die Frage: Ist das Glas halb voll oder ist es halb leer? Wenn jemand gerade den Rest aus der Flasche eingegossen hat, dann wird er eher sagen, das Glas sei nur halb voll. Jemand hat einen ordentlichen Schluck daraus genommen, dann wird er vielleicht sagen, das Glas sei schon halb leer (oder aber immer noch halb voll). (Hobby-)Psychologen können an solchen Formulierungen Grundhaltungen in der Persönlichkeit erkennen: Pessimisten neigen dazu, eher (halb) leere Gläser sehen, während Optimisten lieber (eher) halb volle Gläser erkennen. Dabei sprechen wir immer noch über ein- und denselben Sachverhalt. Und in diesem psychologischen Sinne geht es um viel, nämlich darum, wie bestimmte Menschen die Welt um sich herum wahrnehmen. Der Pessimist spricht von halbleer, weil er das leere Glas sehen will; der Optimist nennt es halbvoll, weil er das volle Glas wahrnimmt. Aber mit der Benennung von „halb-voll“ oder „halb-leer“ gebe ich meine Betrachtperspektive an meine Zuhörer weiter. Ich als Sprecher lege quasi meinem Zuhörer meine eigene Perspektive ins Ohr und präge damit dessen Wahrnehmungen und Verständnis in diesem Sinne vor. Und genau das ist das Geschäftsmodell von Bloggern und Influencern: Durch ihre euphorische Besprechung wollen sie auch die Wahrnehmung ihrer Zuhörer beeinflussen.

Auch für unser Thema der Bewerbung ist die Frage wichtig, welche Perspektive ich wähle, um meine eigene Person zu präsentieren. Auch bei der Darstellung meiner persönlichen Biografie muss ich Perspektive-Entscheidungen treffen: Beschreibe ich meine berufliche Biografie mittels der Namen der Unternehmen, bei denen ich tätig war oder stelle ich mein Aufgaben- und Einsatzgebiet im Unternehmen in den Vordergrund; eine Frage der Perspektive. Stelle ich meine Schulzeit dar, indem ich die Daten meiner Schullaufbahn nenne oder perspektiviere ich auf das Ergebnis, den Schulabschluss. Auch das ist eine Frage der Perspektive.

„Mogeln“ ist im Lebenslauf strikt verboten. Aber ich kann natürlich eine Perspektive wählen, die meinen Werdegang in einem besonders günstigsten Licht erscheinen lässt.

Wer eine Bewerbung adäquat verfassen will, muss sich zuallererst klar machen, was sein Kommunikationspartner auf der anderen Seite will, welche Ansprüche und Erwartungen aus dieser Sicht gelten. Wenn ich das weiß, dann kann ich daran gehen, mich in diesem Sinne „ins richtige Licht“ zu setzen.

1.5 Bewerbung aus Unternehmens-Sicht

Für die Übersendung der Bewerbungsunterlagen sind in der Regel Stichtage genannt. Bis dahin sollen die Bewerbungen als PDF (oder auch in Papierform als Bewerbungsmappe) eingehen. Die genauen Rahmenbedingungen zu setzen, das ist natürlich die alleinige Sache des Unternehmens.

1.5.2 Auswahlkriterien: Wird der/die (fachlich) Beste gesucht? – Klare Antwort: Nein!!! In einem Bewerbungsverfahren soll nicht der/die objektiv Beste herausgesucht werden, sondern der/diejenige, der am besten zu einem Unternehmen bzw. am besten auf einen bestimmten Arbeitsplatz passt. Diese Differenz zwischen dem objektiv Besten und dem am besten Passenden markiert in der Tat einen gewaltigen Unterschied! Schlagend ist dies im Falle eines überqualifizierten Bewerbers: Jedes Unternehmen scheut davor zurück, in einem Arbeitsteam, das von einem bewährten Vorarbeiter geleitet wird, einen Meister einzusetzen, auch wenn dieser noch so intensiv beteuert, es würde ihm nichts ausmachen, nur als Facharbeiter eingesetzt zu werden. Denn dann wären die Konflikte vorprogrammiert. Grundsätzlich gilt: Zeugnis- und Diplomnoten mögen wichtige Rahmen-Kriterien für die Bewerberauswahl sein. Aber auf der anderen Seite spielen die „weichen Faktoren“ eine enorme Rolle: Das persönliche Verhalten und das Auftreten gehören zu den entscheidenden Faktoren im Bewerbungsverfahren. Und dann geht es im Vorstellungsgespräch eigentlich nur darum, genau dies abzutesten.

1.5.3 Lesezeit beim Unternehmen.