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Bei Kindern mit ADHS spielt die Ernährung eine wesentliche Rolle. Eine Ernährungsumstellung, vor allem der Verzicht auf Säure und künstliche Süssstoffe, bewirkt oft eine markante Besserung der Symptome. Das Buch erklärt die Grundlagen und gibt Antwort auf die entscheidenden Fragen: Was sind sinnvolle Behandlungsmöglichkeiten? Welche Ernährung befreit das Kind von seinen Symptomen? Welche Lebensmittel sind erlaubt, welche zu vermeiden? 100 attraktive, familientaugliche Rezepte zeigen, wie die Ernährungsumstellung auf einfache und lustvolle Art gelingt und wie dadurch Medikamente wie Ritalin reduziert oder sogar ersetzt werden können.
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Seitenzahl: 136
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Kochen für Kinder mit ADHS
Margrit Sulzberger
Kochen für Kinder mit ADHS
Symptome, Behandlung und 100 Rezepte für die ganze Familie
AT Verlag
Dieses Buch ist eine vollständig überarbeitete, ergänzte und aktualisierte Neuauflage des 2002 unter dem Titel »Kochen für hyperaktive Kinder« erschienenen Buches von Margrit Sulzberger und Sonja Hutter.
© 2015
AT Verlag, Aarau und München
Umschlagbild: Andreas Thumm, Freiburg i.B.
Fotos: Andreas Thumm, Freiburg i.B.: Seite 57, 62, 69, 75, 79, 80, 91, 97, 111, 113, 119, 120, 123, 125, 129, 135, 139, 144, 152, 155
Claudia Albisser Hund, Mantry: Seite 59, 60, 71, 72, 83, 86, 89, 92, 95, 98, 103, 104, 107, 136, 151
Bildaufbereitung: Vogt-Schild Druck, Derendingen
ISBN 978-3-03800-107-2
www.at-verlag.ch
eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Die Hauptverantwortung und damit auch die Hauptlast tragen die Mütter
ADHS, ADHD, HKS, POS – eine Krankheit mit vielen Namen und vielen Gesichtern
Die gebräuchlichsten Begriffe
Welches sind die Symptome bei hyperaktiven Kindern?
Säugling/Kleinkind
Schulkind
Jugendliche
Ein Wort zur Hypoaktivität im Speziellen
Können auch Erwachsene an Hyper-/Hypoaktivität leiden?
Das Hirn steuert unser Verhalten und reagiert empfindlich auf viele Stoffe
Die Rolle der Neurotransmitter
Zucker und der Einfluss des Blutzuckerspiegels auf die Hirntätigkeit
Süßstoffe
Glutamat
Die fatale Rolle von Zusatzstoffen bei der Hirnaktivität
Die Wirkung von Ritalin auf den Hirnstoffwechsel
Stress und seine Folgen auf den Gesamtstoffwechsel, insbesondere auf die Nebennieren
Substanzen und Allergene, die den Stoffwechsel negativ beeinflussen und schwächen
Milch, Eier, Haselnüsse und Weizen
Verdauungsstörungen
Schwächung des Immunsystems durch Candidabefall
Chlor, Fluor, Amalgam, chemische Zusätze
Körperpflegemittel
Impfstoffe
Blei
Wie kann man Hyper- oder Hypoaktivität behandeln?
Abklärung von Allergien und Unverträglichkeiten
Ritalin
Psychotherapie
Abklärung von Hypoglykämie (Unterzuckerung)
Unabdingbar: Stärkung des Stoffwechsels mit Vitalstoffen
Bachblüten
Kinesiologie
Achtung bei Medikamenteneinnahme und Anästhesie
Welche Ernährung befreit das hyperaktive Kind von seinen Störungen?
Rezeptteil
Hinweise zu den Rezepten
Grundsätzliche Regeln
Einkaufsliste
Erlaubte Lebensmittel
Verbotene Lebensmittel
Bemerkungen zu einzelnen Lebensmitteln
Frühstücksideen, Brote und Brötchen
Salate
Suppen
Fleisch- und Fischgerichte
Teigwaren, Reis, Getreide
Kartoffel- und Gemüsegerichte
Dessert- und Süßspeisen
Kuchen und Gebäck
Literaturhinweise
Adressen
Rezeptverzeichnis
Vorwort
Die Hauptverantwortung und damit auch die Hauptlast tragen die Mütter
Dieses Buch ist 2002 erstmals erschienen; für die vorliegende Neuauflage wurde es vollständig überarbeitet und aktualisiert.
Sowohl Sonja Hutter, die Verfasserin der Rezepte in diesem Buch, langjährige Mitarbeiterin der früheren Phosphatliga, und auch ich sind schon im Großmutteralter. Wir hatten beide hyperaktive Kinder bzw. Enkelkinder zu einem Zeitpunkt, da man den Zusammenhang zwischen Ernährung und Verhaltensstörung noch nicht kannte. Man war damals der Meinung, Kinder mit abweichendem Verhalten seien durch einen Sauerstoffmangel während des Geburtsvorgangs geschädigt worden und litten unter einem sogenannten Hirnsyndrom, was auch immer das heißen sollte. Ich versuchte, meinem Kind über verschiedene Psychotherapien zu helfen – ohne großen Erfolg. Heute ist mir klar, weshalb dies nicht funktionieren konnte, solange wir unseren Kindern weiterhin künstliche Süßstoffe, saure Fruchtsäfte, Milchprodukte, Wurstwaren und andere ihre Allergie fördernde Lebensmittel gaben. Ich selbst hatte schon immer einen Biogarten und ernährte meine Familie nach Nelly Hartmann, einer Ernährungspionierin, die sich weitgehend an die Lehre Bircher-Benners anlehnte; Vegetarier waren wir aber nicht. Meine Kinder aßen täglich den vermeintlich so gesunden Joghurt, es gab oft Käse (am liebsten Raclette und Fondue) und selbstgemachtes Eis – dies im Glauben, die Kinder gesund zu ernähren. Eines meiner fünf Kinder war hyperaktiv, die anderen vier hatten Neurodermitis, Heuschnupfen, chronischen Schnupfen und Asthma.
Das hyperaktive Kind war eine Belastung für das ganze Familienleben. Manchmal hatte ich das Gefühl, es hänge allein von seinem Verhalten ab, ob wir einen friedlichen oder einen schrecklichen Tag hatten. Die meisten Tage waren aufreibend – und das ohne Pausen vom zweiten Lebensjahr bis nach der Pubertät. Das frustrierende Gefühl, seinem Kind nicht helfen zu können und gleichzeitig das Ziel seiner unablässigen aggressiven Attacken zu sein, war für mich ein eigentlicher Psychoterror. Ich hatte weder von meinem Mann noch von sonst jemandem Unterstützung. Damals galt noch allgemein das Unvermögen der Mutter als alleinige Ursache der Lebensschwierigkeiten ihrer Kinder. Mein Mann war als Allgemeinpraktiker mit einer großen Praxis körperlich wie psychisch am Rande seiner Belastbarkeit und kümmerte sich deshalb sehr wenig um die Kinder. Ich fühlte mich mit meinen Problemen allein gelassen.
Dr. Vera Biber beschreibt in ihrem sehr empfehlenswerten Buch »Hilfe, mein Kind ist unerziehbar!« ihr Leben mit einem hyperaktiven Sohn. Als ich es bei den Vorbereitungen auf dieses Buch las, erlebte ich all die schrecklichen und zeitweise hoffnungslosen Momente, Tage, Monate, Jahre mit meinem hyperaktiven Kind wieder. Wenn sie schreibt: «Egal was ich tat und wie viel Mühe ich mir auch gab, am Ende schien ich immer auch noch die Schuldige zu sein, weil alle Versuche fruchtlos blieben» oder: «Es tat so weh, mir eingestehen zu müssen, dass ich ihn zeitweilig einfach nicht aushalten konnte und dass mich schon jetzt schlimme Zukunftsvorstellungen beschlichen», so habe ich das seinerzeit selbst immer wieder gedacht. Das Einzige, was mir in meiner verzweifelt einsamen Situation durchzuhalten half, war der Gedanke, dass Gott uns ein schwieriges Kind geschickt hatte, das die Chance brauchte, in einer guten Familiensituation aufzuwachsen, und dass es unsere Aufgabe war, ihm Geborgenheit und Liebe zu schenken, damit es einen guten Start ins Leben bekam. Aus heutiger Sicht sieht dies natürlich völlig anders aus, denn ich habe – wenngleich ohne mein Wissen – durch eine vermeintlich gesunde Ernährung bei meinem Kind diese Krankheit gefördert. Das einzugestehen ist bitter, doch es ist nicht mehr reversibel, und ich fühle mich deshalb auch nicht mehr schuldig, wohl aber traurig.
Es ist mir ein Anliegen, den vielen Müttern, die in derselben verzweifelten Lage sind, ein hyperaktives Kind großziehen zu müssen, mit diesem Buch zu helfen. Nach jahrzehntelangen Erfahrungen im Umgang mit Allergien weiß ich allerdings: Es gibt heutzutage kaum etwas Schwierigeres, als Kindern eine Ernährung zu geben, die sie nicht krank macht. Alles in unserer Umgebung ist darauf ausgerichtet, uns diese Aufgabe zu erschweren:
die Lebensmittelindustrie mit ihren wertlosen, schädlichen, aber wohlschmeckenden Produkten, insbesondere den Süßigkeiten und Fertigprodukten, die voller Zucker, chemischer Zusatzstoffe und Milchpulver sind,
unverständige Bekannte und Freunde,
Schulen, in welche die Kinder Süßigkeiten und anderen Ramsch mitbringen, die auch für unsere Kinder so verlockend sind,
Kinder-Geburtstagspartys, wo nur Gummibärchen, bunte Schokoladeplätzchen und Ähnliches konsumiert werden,
und – last but not least – der Unverstand der Ärzte und Therapeuten, die immer noch negieren, dass die Ernährung die Hauptursache von Hyperaktivität ist.
Die Hauptlast der Ernährungsumstellung muss die Mutter auf sich nehmen, und dies meistens in einer Situation, in der sie selbst schon am Rande ihrer Belastbarkeit steht. Ist sie außerdem noch berufstätig und hat keine Zeit zum Kochen, ist die Aufgabe schier unlösbar.
Eine gute Unterstützung bietet der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe (siehe Adressen), in der andere betroffene Eltern Hilfe, Verständnis und viele gute Tipps beisteuern können, diesen schwierigen Lebensabschnitt durchzustehen, und einem immer wieder den Rücken zu stärken.
Nun wünsche ich Ihnen viel Mut und Kraft, damit es Ihnen gelingt, Ihrem Kind die nötige Hilfe zu geben und diese unsägliche Belastung loszuwerden.
ADHS, ADHD, HKS, POS – eine Krankheit mit vielen Namen und vielen Gesichtern
Die gebräuchlichsten Begriffe
Seit Jahrzehnten gibt es immer mehr Kinder, die durch ihr auffälliges Verhalten sowohl den Eltern wie in der Schule Schwierigkeiten bereiten. Und ebenfalls seit Jahrzehnten versucht man, dem Phänomen auf die Spur zu kommen.
Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der Psychoanalyse, und so versuchte man, diese Kinder erst einmal mit psychologischer Behandlung »gesellschaftskonform« zu machen. Mit der Zeit aber mehrten sich die Erkenntnisse, die darauf hindeuteten, dass die Mehrzahl der auffälligen Kinder unter Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten leidet.
Es ist jedoch immer noch so, dass diese Störungen je nach Sichtweise anders interpretiert werden: Die Psychologen versuchen den Kindern vor allem mit Verhaltenstherapien zu helfen, Schulmediziner behandeln sie in der Regel mit Ritalin (einem Amphetamin), Naturheilärzte betrachten die Krankheit eher als Allergie und setzen dort die Behandlung an – und jede Gruppe hat diesen Störungen wieder einen anderen Namen gegeben, weshalb ein und dasselbe Krankheitsbild unter vielen Begriffen bekannt ist.
Die heute gängigsten Bezeichnungen sind:
ADHS, ADHD, ADD – Attention Deficit Hyperactive Syndrome bzw. Attention Deficit Hyperactive Disorder (Aufmerksamkeits-Störungs-Syndrom, ASS, oder Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, ADS)
Diese Begriffe werden vor allem in den USA und von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) verwendet und haben sich weltweit durchgesetzt.
POS – Psychoorganisches Syndrom
Bezeichnung, die vor allem in der Schweiz verwendet wird bzw. wurde.
HKS – Hyperkinetisches Syndrom
Besonders in Deutschland gängige Bezeichnung.
MCD – Minimale cerebrale Dysfunktion (MBD – Minimal Brain Dysfunction)
Ein früher verwendeter Begriff.
Teilleistungsschwächen – Legasthenie, Dyskalkulie
Nach unserer Auffassung gehören auch die Teilleistungsschwächen zum großen Kreis des Krankheitsbilds der Hyper-/Hypoaktivität.
Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, bezeichnen die obigen Begriffe alle dasselbe Krankheitsbild der Hyperaktivität bzw. Hypoaktivität. Deshalb werden wir in diesem Buch auch den allgemeinen Oberbegriff verwenden.
Welches sind die Symptome bei hyperaktiven Kindern?
Seit der Frankfurter Nervenarzt Heinrich Hoffmann 1845 in seinem Kinderbuch »Struwwelpeter« den klassischen Zappelphilipp beschrieben hat, beschäftigt dieses Krankheitsbild des unangepassten und schwer erziehbaren Kindes zunehmend Eltern und Schulen. Nicht von ungefähr sprach Hoffmann damals vom Zappelphilipp als einem Jungen, sind doch Mädchen von dieser Störung viel weniger betroffen.
Bereits bei Kleinkindern kann die Krankheit auftreten. Ein Artikel im »Journal of the American Medical Association«, einer sehr renommierten amerikanischen Ärztezeitschrift, berichtete in der Nummer 283, 2000 (Seite 1025-1030 und 1059-1060), dass ein hoher Prozentsatz der amerikanischen Kleinkinder zwischen 2 und 4 Jahren (!) sogenannte psychotrope Medikamente schlucken. Nämlich: 12,3 von 1000 Kindern erhalten Stimulanzien (Ritalin), 3,2 von 1000 Kindern schlucken Antidepressiva, und 2,3 von 100 Kindern nehmen Clonidil, ein zentral wirksames Medikament zur Blutdrucksenkung, das ebenfalls zur Behandlung hyperaktiver Kinder eingesetzt wird.
Dabei ist zu beachten, dass diese Medikamente die Kinder keineswegs von ihren Verhaltensstörungen heilen, sondern nur die Symptome lindern; obendrein muss mit erheblichen Nebenwirkungen und Spätfolgen gerechnet werden.
Man sieht aus dieser Mitteilung, dass offenbar schon Kleinkinder mit Medikamenten »ruhig gestellt« werden. Und aus eigener Erfahrung und Beobachtung wissen wir ebenso wie betroffene Mütter sowie Autoren und Autorinnen zu diesem Thema: Die Verhaltensstörungen von Kindern nehmen in jeder Altersklasse bedrohlich zu. Die Spitze dieser Störungen tritt in Form von Gewaltanwendung zutage: Gewalt in der Familie, Gewalt unter Kindern, Gewalt in der Schule.
Bei Verhaltensauffälligkeiten kann die Hirnfunktionsstörung sowohl als Hyperaktivität, als Hypoaktivität wie auch als beides gleichzeitig auftreten.
Sehen wir uns nun zuerst die Symptome an, welche die Hyper- bzw. Hypoaktivität in den verschiedenen Altersstufen vom Kleinkind bis zum Jugendlichen hervorrufen kann und anhand derer man die entsprechende Diagnose stellen kann. Denn auch hier gilt: zuerst die Diagnose, dann die Behandlung.
Säugling/Kleinkind
Körperlich
–
Schlafstörungen: nur ganz kurze Schlafphasen oder viel längere Schlafphasen als normal
–
Bauchkrämpfe, Koliken schon während der Stillzeit
–
Hautprobleme (wunder Po, Ekzeme, z. B. in Ellenbeuge/Kniekehle, Milchschorf)
–
Verdauungsprobleme: Durchfall oder Verstopfung
–
Häufige Erkältungen, laufende Nase, Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten
–
schon mehrere Antibiotika-Behandlungen erhalten
–
Atembeschwerden: häufig Bronchitis, Asthma, Pseudokrupp
–
Fieberkrämpfe
–
massive Reaktionen auf Impfungen
–
grobmotorische Störungen (z. B. Gehen erst nach 18 Monaten)
–
ungeschickt mit Armen und Beinen
–
feinmotorische Störungen (Lispeln, Schielen, ungeschickt mit Fingern, kann nicht ausmalen)
–
Überspringen der Krabbelphase, kann nicht kriechen
–
schon früh keinen Mittagsschlaf mehr
Psychisch
–
nach dem Abstillen Verhaltensauffälligkeiten: häufiges Schreien, ohne beruhigt werden zu können
–
»3-Monats-Lächeln« fehlt oder verschwindet nicht mehr
–
chaotisches oder stereotypes Verhalten beim Spielen, kann sich nur ganz kurz allein beschäftigen, »räumt immer nur aus«
–
vermeidet Körperkontakt oder klammert sich extrem an die Mutter
–
fast immer verstimmt, weinerlich, quengelig, unruhig
–
aggressiv gegenüber allen und allem
–
reagiert verkehrt auf Beruhigungsmittel (Baldrian, Codein usw.)
–
schaukelt oder schlägt mit dem Kopf (Selbststimulierung)
–
übermäßig ängstlich oder sieht keine Gefahren
–
Sprachentwicklung verspätet oder gestört
–
fordert ständig Zuwendung, Unterhaltung
–
Trotzphase will nicht enden, häufige grundlose Wutausbrüche
–
respektiert keine Grenzen, kein Nein, gehorcht nie
–
lernt nicht aus Erfahrungen (Gefahren, Verletzungen)
–
bei Fieber (ohne Medikamente) auffallend ruhig
–
Leerlaufspiele: beschäftigt sich nur scheinbar gut allein
–
muss stets mehrmals gerufen werden, hört nicht
Schulkind
Körperlich
–
nässt oder kotet bis ins Schulalter ein
–
extrem häufig erkältet, Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten
–
offen stehender Mund (evtl. verdickte Nasenschleimhäute)
–
Muskelkrämpfe, besonders in Ruhestellung
–
bei Fieber (ohne Medikamente) ungewöhnlich ruhig, ansprechbar, vernünftig
–
kommt abends nicht zur Ruhe
–
unter- oder übergewichtig
Grobmotorik, Feinmotorik, Körpergefühl
–
linkisch, auffallend viele Unfälle, unvorsichtig, ungelenk
–
spürt Unterkühlung (beim Baden, im Regen, Schnee) und Hunger lange nicht
–
überaus schmerzempfindlich oder wie schmerztaub
–
zappelig, unruhig beim Sitzen (am Tisch, in der Schule)
–
merkt nie, wenn es schmutzige Hände oder Kleider hat
–
außerordentlich empfindlich auf Gerüche, auf hohe Töne
–
Mühe mit Feinarbeiten (Schreiben, Zeichnen, Basteln)
Essen
–
isst am Tisch fast nichts, hat dafür den ganzen Tag über Hunger
–
sehr extreme Vorlieben, lebt z. B. am liebsten von Brot mit Konfitüre und Ovomaltine
–
»verschleckt«, isst keine Früchte und schon gar kein Gemüse
–
Schlingen, isst riesige Mengen, schlechte Verwertung
Schule
–
Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen
–
Sprachschwierigkeiten (Aussprache, Grammatik)
–
Teilleistungsschwächen wie Lese-Rechtschreibe-Schwäche (Legasthenie), Rechenschwäche (Dyskalkulie)
–
Wahrnehmungsstörungen: sieht, hört, spürt vieles anders als normal
–
Abstraktionsfähigkeit geringer, verspätet
–
kein Durchhaltevermögen, keine Ausdauer
–
gegen Ende der Arbeiten (z. B. Diktat) am meisten Fehler
–
Schrift fast unleserlich, chaotisch, Schulhefte unordentlich
–
schreibt nicht auf die Zeilen bzw. in die Kästchen
–
immer Unordnung in Schultasche, Pult, bei den Kleidern
–
vergisst und verliert ständig etwas
–
kommt meistens (zu) spät
–
hört nur zu, wenn persönlich angesprochen
–
kleinlich genau in Details, aber verliert den Überblick
–
packt nicht an, schiebt weniger Lustvolles hinaus (Antriebsstörung)
–
Schuleschwänzen
Psychisch
–
kennt weder Rücksicht noch Einsicht, Vorsicht, Umsicht, Voraussicht
–
leicht ablenkbar, zerfahren, extrem reizoffen
–
stimmungslabil, »Berg-und-Tal-Bahn«
–
schlechtes Selbstwertgefühl
–
fixe Ideen, wie besessen von etwas (zwanghaft)
–
fühlt sich schnell betroffen (»immer ich«)
–
malt meist mit dunklen Farben, Grundstimmung: unfroh
–
Langeweile
–
neigt zum Klassenclown
Soziales
–
nicht »gruppentauglich«, Einzelgänger, eckt überall an
–
benimmt sich bei/auf Besuch unmöglich, verdirbt jede Feststimmung
–
hat keinen richtigen Freund/Freundin
–
nimmt keine Rücksicht auf Bedürfnisse anderer
–
kann sich nicht in andere versetzen
–
spürt, respektiert keine Intimsphäre
–
scheu, zurückgezogen, nimmt schwer Kontakt auf
–
überrennt alle Grenzen (distanzlos)
–
hält keine Regeln ein
–
kann nicht verlieren
Selbstkontrolle
–
oft aggressiv, mangelnde Impulskontrolle
–
oft Wutausbrüche ohne triftigen Grund
–
kann nicht gehorchen, erträgt kein Nein
–
will alles und sofort
–
keine Geduld, niedrige Frustrationstoleranz
–
zerbricht, zerstört viel
–
große Pläne – Durchführung in den Sternen
–
extrem Mühe mit Ordnung jeder Art
–
kann nicht leise sprechen
–
Redeschwall (Logorrhoe), auch mit Obszönitäten (Tourette-Syndrom)
–
Zärtlichkeiten arten stets in Grobheiten aus
–
von Feuer und Wasser angezogen, Spielen mit Feuer
–
lernt nicht aus gemachten Erfahrungen
–
großer Widerstand gegenüber Veränderungen
–
trödelt endlos, kein Zeitgefühl
–
schlechte Orientierung im Raum (Stadt, Wald)
–
kann Geld und Zeit nicht einteilen
–
kann Mein und Dein nicht unterscheiden (stehlen)
–
verdreht die Fakten zu seinen Gunsten (lügen)
–
merkwürdige Eigenarten, Ticks (schneidet Fratzen, blinzelt, grunzt, knirscht mit den Zähnen usw.)
–
Aufmerksamkeitsdefizit: merkt vieles nicht, was um es herum geschieht
–
spielt oft nicht mit, zieht sich aus der Gruppe zurück
Jugendliche
Außer der körperlichen Unruhe (Zappeln) gelten die meisten der obigen Merkmale – trotz verbesserter Selbstkontrolle – auch für das Jugendalter.
–
Langeweile
–
Antriebsstörung (»Null-Bock-Stimmung«), Herumhängen, Schwänzen
–
kommt abends nicht zur Ruhe, steht morgens nicht auf
–
Verstimmtheit, Misslaunigkeit, Depressivität
–
Konflikte mit der Polizei, mit dem Gesetz
–
ist meistens zu spät
–
ist immer pleite
–
suchtgefährdet oder süchtig
–
Streunen, viele lose Gruppenkontakte
–
aggressive Konflikte, Prügeleien
–
besonders gefährliche Sportarten
–
keine oder extrem starre Normen
–
Selbstüberschätzung oder Mutlosigkeit
–
anerkennt keine Autoritäten, Normen
–
zeitweise gewissenlos, keine Ethik
–
Ordnung halten ist immer noch ein Thema
–
meist »außer sich«, selten er/sie selbst
–
intolerant, enger Horizont
Wichtig:
Kein hyperaktives Kind hat sämtliche der obigen Symptome! Wenn aber etwa ein Drittel dieser Merkmale bei Ihrem Kind häufiger vorkommen als üblich, ist sein Verhalten auffällig. Der Grund dafür könnte ein gestörter Stoffwechsel (Allergien, Unverträglichkeiten) sein.
Als Mutter oder Vater eines hyper- oder hypoaktiven Kindes werden Ihnen viele der genannten Symptome sehr bekannt vorgekommen sein. Mit jeder Garantie wird Ihr Leben mit einem solchen Kind nicht leicht sein, und wahrscheinlich haben Sie schon viele Besuche bei Ärzten und Psychologen hinter sich. Wenn Sie Glück haben, erkennt und akzeptiert ihr Ehemann/ihre Ehefrau die Tatsache, dass Ihr Kind eine Behandlung braucht; wenn nicht, ergeht es Ihnen, wie es seinerzeit mir erging, als mein Ehemann nach einer missglückten und frühzeitig abgebrochenen Familientherapie kurzerhand erklärte: »Der Bub ist schon recht, aber Du spinnst.« Oder wie Freundinnen mir zu verstehen gaben: »Du mit Deiner feministischen Einstellung kannst mit Buben eben nicht richtig umgehen.« Ich war mit meinen Schwierigkeiten völlig isoliert. Damals, vor über dreißig Jahren, gab es auch noch keine Selbsthilfegruppen, und das Krankheitsbild war nicht als solches anerkannt. Schwererziehbarkeit galt damals noch in erster Linie als Erziehungsunfähigkeit der Mutter.