Kochen für Kinder mit ADHS - Margrit Sulzberger - E-Book

Kochen für Kinder mit ADHS E-Book

Margrit Sulzberger

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Beschreibung

Bei Kindern mit ADHS spielt die Ernährung eine wesentliche Rolle. Eine Ernährungsumstellung, vor allem der Verzicht auf Säure und künstliche Süssstoffe, bewirkt oft eine markante Besserung der Symptome. Das Buch erklärt die Grundlagen und gibt Antwort auf die entscheidenden Fragen: Was sind sinnvolle Behandlungsmöglichkeiten? Welche Ernährung befreit das Kind von seinen Symptomen? Welche Lebensmittel sind erlaubt, welche zu vermeiden? 100 attraktive, familientaugliche Rezepte zeigen, wie die Ernährungsumstellung auf einfache und lustvolle Art gelingt und wie dadurch Medikamente wie Ritalin reduziert oder sogar ersetzt werden können.

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Kochen für Kinder mit ADHS

Margrit Sulzberger

Kochen für Kinder mit ADHS

Symptome, Behandlung und 100 Rezepte für die ganze Familie

AT Verlag

Dieses Buch ist eine vollständig überarbeitete, ergänzte und aktualisierte Neuauflage des 2002 unter dem Titel »Kochen für hyperaktive Kinder« erschienenen Buches von Margrit Sulzberger und Sonja Hutter.

© 2015

AT Verlag, Aarau und München

Umschlagbild: Andreas Thumm, Freiburg i.B.

Fotos: Andreas Thumm, Freiburg i.B.: Seite 57, 62, 69, 75, 79, 80, 91, 97, 111, 113, 119, 120, 123, 125, 129, 135, 139, 144, 152, 155

Claudia Albisser Hund, Mantry: Seite 59, 60, 71, 72, 83, 86, 89, 92, 95, 98, 103, 104, 107, 136, 151

Bildaufbereitung: Vogt-Schild Druck, Derendingen

ISBN 978-3-03800-107-2

www.at-verlag.ch

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Hauptverantwortung und damit auch die Hauptlast tragen die Mütter

ADHS, ADHD, HKS, POS – eine Krankheit mit vielen Namen und vielen Gesichtern

Die gebräuchlichsten Begriffe

Welches sind die Symptome bei hyperaktiven Kindern?

Säugling/Kleinkind

Schulkind

Jugendliche

Ein Wort zur Hypoaktivität im Speziellen

Können auch Erwachsene an Hyper-/Hypoaktivität leiden?

Das Hirn steuert unser Verhalten und reagiert empfindlich auf viele Stoffe

Die Rolle der Neurotransmitter

Zucker und der Einfluss des Blutzuckerspiegels auf die Hirntätigkeit

Süßstoffe

Glutamat

Die fatale Rolle von Zusatzstoffen bei der Hirnaktivität

Die Wirkung von Ritalin auf den Hirnstoffwechsel

Stress und seine Folgen auf den Gesamtstoffwechsel, insbesondere auf die Nebennieren

Substanzen und Allergene, die den Stoffwechsel negativ beeinflussen und schwächen

Milch, Eier, Haselnüsse und Weizen

Verdauungsstörungen

Schwächung des Immunsystems durch Candidabefall

Chlor, Fluor, Amalgam, chemische Zusätze

Körperpflegemittel

Impfstoffe

Blei

Wie kann man Hyper- oder Hypoaktivität behandeln?

Abklärung von Allergien und Unverträglichkeiten

Ritalin

Psychotherapie

Abklärung von Hypoglykämie (Unterzuckerung)

Unabdingbar: Stärkung des Stoffwechsels mit Vitalstoffen

Bachblüten

Kinesiologie

Achtung bei Medikamenteneinnahme und Anästhesie

Welche Ernährung befreit das hyperaktive Kind von seinen Störungen?

Rezeptteil

Hinweise zu den Rezepten

Grundsätzliche Regeln

Einkaufsliste

Erlaubte Lebensmittel

Verbotene Lebensmittel

Bemerkungen zu einzelnen Lebensmitteln

Frühstücksideen, Brote und Brötchen

Salate

Suppen

Fleisch- und Fischgerichte

Teigwaren, Reis, Getreide

Kartoffel- und Gemüsegerichte

Dessert- und Süßspeisen

Kuchen und Gebäck

Literaturhinweise

Adressen

Rezeptverzeichnis

Vorwort

Die Hauptverantwortung und damit auch die Hauptlast tragen die Mütter

Dieses Buch ist 2002 erstmals erschienen; für die vorliegende Neuauflage wurde es vollständig überarbeitet und aktualisiert.

Sowohl Sonja Hutter, die Verfasserin der Rezepte in diesem Buch, langjährige Mitarbeiterin der früheren Phosphatliga, und auch ich sind schon im Großmutteralter. Wir hatten beide hyperaktive Kinder bzw. Enkelkinder zu einem Zeitpunkt, da man den Zusammenhang zwischen Ernährung und Verhaltensstörung noch nicht kannte. Man war damals der Meinung, Kinder mit abweichendem Verhalten seien durch einen Sauerstoffmangel während des Geburtsvorgangs geschädigt worden und litten unter einem sogenannten Hirnsyndrom, was auch immer das heißen sollte. Ich versuchte, meinem Kind über verschiedene Psychotherapien zu helfen – ohne großen Erfolg. Heute ist mir klar, weshalb dies nicht funktionieren konnte, solange wir unseren Kindern weiterhin künstliche Süßstoffe, saure Fruchtsäfte, Milchprodukte, Wurstwaren und andere ihre Allergie fördernde Lebensmittel gaben. Ich selbst hatte schon immer einen Biogarten und ernährte meine Familie nach Nelly Hartmann, einer Ernährungspionierin, die sich weitgehend an die Lehre Bircher-Benners anlehnte; Vegetarier waren wir aber nicht. Meine Kinder aßen täglich den vermeintlich so gesunden Joghurt, es gab oft Käse (am liebsten Raclette und Fondue) und selbstgemachtes Eis – dies im Glauben, die Kinder gesund zu ernähren. Eines meiner fünf Kinder war hyperaktiv, die anderen vier hatten Neurodermitis, Heuschnupfen, chronischen Schnupfen und Asthma.

Das hyperaktive Kind war eine Belastung für das ganze Familienleben. Manchmal hatte ich das Gefühl, es hänge allein von seinem Verhalten ab, ob wir einen friedlichen oder einen schrecklichen Tag hatten. Die meisten Tage waren aufreibend – und das ohne Pausen vom zweiten Lebensjahr bis nach der Pubertät. Das frustrierende Gefühl, seinem Kind nicht helfen zu können und gleichzeitig das Ziel seiner unablässigen aggressiven Attacken zu sein, war für mich ein eigentlicher Psychoterror. Ich hatte weder von meinem Mann noch von sonst jemandem Unterstützung. Damals galt noch allgemein das Unvermögen der Mutter als alleinige Ursache der Lebensschwierigkeiten ihrer Kinder. Mein Mann war als Allgemeinpraktiker mit einer großen Praxis körperlich wie psychisch am Rande seiner Belastbarkeit und kümmerte sich deshalb sehr wenig um die Kinder. Ich fühlte mich mit meinen Problemen allein gelassen.

Dr. Vera Biber beschreibt in ihrem sehr empfehlenswerten Buch »Hilfe, mein Kind ist unerziehbar!« ihr Leben mit einem hyperaktiven Sohn. Als ich es bei den Vorbereitungen auf dieses Buch las, erlebte ich all die schrecklichen und zeitweise hoffnungslosen Momente, Tage, Monate, Jahre mit meinem hyperaktiven Kind wieder. Wenn sie schreibt: «Egal was ich tat und wie viel Mühe ich mir auch gab, am Ende schien ich immer auch noch die Schuldige zu sein, weil alle Versuche fruchtlos blieben» oder: «Es tat so weh, mir eingestehen zu müssen, dass ich ihn zeitweilig einfach nicht aushalten konnte und dass mich schon jetzt schlimme Zukunftsvorstellungen beschlichen», so habe ich das seinerzeit selbst immer wieder gedacht. Das Einzige, was mir in meiner verzweifelt einsamen Situation durchzuhalten half, war der Gedanke, dass Gott uns ein schwieriges Kind geschickt hatte, das die Chance brauchte, in einer guten Familiensituation aufzuwachsen, und dass es unsere Aufgabe war, ihm Geborgenheit und Liebe zu schenken, damit es einen guten Start ins Leben bekam. Aus heutiger Sicht sieht dies natürlich völlig anders aus, denn ich habe – wenngleich ohne mein Wissen – durch eine vermeintlich gesunde Ernährung bei meinem Kind diese Krankheit gefördert. Das einzugestehen ist bitter, doch es ist nicht mehr reversibel, und ich fühle mich deshalb auch nicht mehr schuldig, wohl aber traurig.

Es ist mir ein Anliegen, den vielen Müttern, die in derselben verzweifelten Lage sind, ein hyperaktives Kind großziehen zu müssen, mit diesem Buch zu helfen. Nach jahrzehntelangen Erfahrungen im Umgang mit Allergien weiß ich allerdings: Es gibt heutzutage kaum etwas Schwierigeres, als Kindern eine Ernährung zu geben, die sie nicht krank macht. Alles in unserer Umgebung ist darauf ausgerichtet, uns diese Aufgabe zu erschweren:

die Lebensmittelindustrie mit ihren wertlosen, schädlichen, aber wohlschmeckenden Produkten, insbesondere den Süßigkeiten und Fertigprodukten, die voller Zucker, chemischer Zusatzstoffe und Milchpulver sind,

unverständige Bekannte und Freunde,

Schulen, in welche die Kinder Süßigkeiten und anderen Ramsch mitbringen, die auch für unsere Kinder so verlockend sind,

Kinder-Geburtstagspartys, wo nur Gummibärchen, bunte Schokoladeplätzchen und Ähnliches konsumiert werden,

und – last but not least – der Unverstand der Ärzte und Therapeuten, die immer noch negieren, dass die Ernährung die Hauptursache von Hyperaktivität ist.

Die Hauptlast der Ernährungsumstellung muss die Mutter auf sich nehmen, und dies meistens in einer Situation, in der sie selbst schon am Rande ihrer Belastbarkeit steht. Ist sie außerdem noch berufstätig und hat keine Zeit zum Kochen, ist die Aufgabe schier unlösbar.

Eine gute Unterstützung bietet der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe (siehe Adressen), in der andere betroffene Eltern Hilfe, Verständnis und viele gute Tipps beisteuern können, diesen schwierigen Lebensabschnitt durchzustehen, und einem immer wieder den Rücken zu stärken.

Nun wünsche ich Ihnen viel Mut und Kraft, damit es Ihnen gelingt, Ihrem Kind die nötige Hilfe zu geben und diese unsägliche Belastung loszuwerden.

ADHS, ADHD, HKS, POS – eine Krankheit mit vielen Namen und vielen Gesichtern

Die gebräuchlichsten Begriffe

Seit Jahrzehnten gibt es immer mehr Kinder, die durch ihr auffälliges Verhalten sowohl den Eltern wie in der Schule Schwierigkeiten bereiten. Und ebenfalls seit Jahrzehnten versucht man, dem Phänomen auf die Spur zu kommen.

Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der Psychoanalyse, und so versuchte man, diese Kinder erst einmal mit psychologischer Behandlung »gesellschaftskonform« zu machen. Mit der Zeit aber mehrten sich die Erkenntnisse, die darauf hindeuteten, dass die Mehrzahl der auffälligen Kinder unter Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten leidet.

Es ist jedoch immer noch so, dass diese Störungen je nach Sichtweise anders interpretiert werden: Die Psychologen versuchen den Kindern vor allem mit Verhaltenstherapien zu helfen, Schulmediziner behandeln sie in der Regel mit Ritalin (einem Amphetamin), Naturheilärzte betrachten die Krankheit eher als Allergie und setzen dort die Behandlung an – und jede Gruppe hat diesen Störungen wieder einen anderen Namen gegeben, weshalb ein und dasselbe Krankheitsbild unter vielen Begriffen bekannt ist.

Die heute gängigsten Bezeichnungen sind:

ADHS, ADHD, ADD – Attention Deficit Hyperactive Syndrome bzw. Attention Deficit Hyperactive Disorder (Aufmerksamkeits-Störungs-Syndrom, ASS, oder Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, ADS)

Diese Begriffe werden vor allem in den USA und von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) verwendet und haben sich weltweit durchgesetzt.

POS – Psychoorganisches Syndrom

Bezeichnung, die vor allem in der Schweiz verwendet wird bzw. wurde.

HKS – Hyperkinetisches Syndrom

Besonders in Deutschland gängige Bezeichnung.

MCD – Minimale cerebrale Dysfunktion (MBD – Minimal Brain Dysfunction)

Ein früher verwendeter Begriff.

Teilleistungsschwächen – Legasthenie, Dyskalkulie

Nach unserer Auffassung gehören auch die Teilleistungsschwächen zum großen Kreis des Krankheitsbilds der Hyper-/Hypoaktivität.

Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, bezeichnen die obigen Begriffe alle dasselbe Krankheitsbild der Hyperaktivität bzw. Hypoaktivität. Deshalb werden wir in diesem Buch auch den allgemeinen Oberbegriff verwenden.

Welches sind die Symptome bei hyperaktiven Kindern?

Seit der Frankfurter Nervenarzt Heinrich Hoffmann 1845 in seinem Kinderbuch »Struwwelpeter« den klassischen Zappelphilipp beschrieben hat, beschäftigt dieses Krankheitsbild des unangepassten und schwer erziehbaren Kindes zunehmend Eltern und Schulen. Nicht von ungefähr sprach Hoffmann damals vom Zappelphilipp als einem Jungen, sind doch Mädchen von dieser Störung viel weniger betroffen.

Bereits bei Kleinkindern kann die Krankheit auftreten. Ein Artikel im »Journal of the American Medical Association«, einer sehr renommierten amerikanischen Ärztezeitschrift, berichtete in der Nummer 283, 2000 (Seite 1025-1030 und 1059-1060), dass ein hoher Prozentsatz der amerikanischen Kleinkinder zwischen 2 und 4 Jahren (!) sogenannte psychotrope Medikamente schlucken. Nämlich: 12,3 von 1000 Kindern erhalten Stimulanzien (Ritalin), 3,2 von 1000 Kindern schlucken Antidepressiva, und 2,3 von 100 Kindern nehmen Clonidil, ein zentral wirksames Medikament zur Blutdrucksenkung, das ebenfalls zur Behandlung hyperaktiver Kinder eingesetzt wird.

Dabei ist zu beachten, dass diese Medikamente die Kinder keineswegs von ihren Verhaltensstörungen heilen, sondern nur die Symptome lindern; obendrein muss mit erheblichen Nebenwirkungen und Spätfolgen gerechnet werden.

Man sieht aus dieser Mitteilung, dass offenbar schon Kleinkinder mit Medikamenten »ruhig gestellt« werden. Und aus eigener Erfahrung und Beobachtung wissen wir ebenso wie betroffene Mütter sowie Autoren und Autorinnen zu diesem Thema: Die Verhaltensstörungen von Kindern nehmen in jeder Altersklasse bedrohlich zu. Die Spitze dieser Störungen tritt in Form von Gewaltanwendung zutage: Gewalt in der Familie, Gewalt unter Kindern, Gewalt in der Schule.

Bei Verhaltensauffälligkeiten kann die Hirnfunktionsstörung sowohl als Hyperaktivität, als Hypoaktivität wie auch als beides gleichzeitig auftreten.

Sehen wir uns nun zuerst die Symptome an, welche die Hyper- bzw. Hypoaktivität in den verschiedenen Altersstufen vom Kleinkind bis zum Jugendlichen hervorrufen kann und anhand derer man die entsprechende Diagnose stellen kann. Denn auch hier gilt: zuerst die Diagnose, dann die Behandlung.

Säugling/Kleinkind

Körperlich

Schlafstörungen: nur ganz kurze Schlafphasen oder viel längere Schlafphasen als normal

Bauchkrämpfe, Koliken schon während der Stillzeit

Hautprobleme (wunder Po, Ekzeme, z. B. in Ellenbeuge/Kniekehle, Milchschorf)

Verdauungsprobleme: Durchfall oder Verstopfung

Häufige Erkältungen, laufende Nase, Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten

schon mehrere Antibiotika-Behandlungen erhalten

Atembeschwerden: häufig Bronchitis, Asthma, Pseudokrupp

Fieberkrämpfe

massive Reaktionen auf Impfungen

grobmotorische Störungen (z. B. Gehen erst nach 18 Monaten)

ungeschickt mit Armen und Beinen

feinmotorische Störungen (Lispeln, Schielen, ungeschickt mit Fingern, kann nicht ausmalen)

Überspringen der Krabbelphase, kann nicht kriechen

schon früh keinen Mittagsschlaf mehr

Psychisch

nach dem Abstillen Verhaltensauffälligkeiten: häufiges Schreien, ohne beruhigt werden zu können

»3-Monats-Lächeln« fehlt oder verschwindet nicht mehr

chaotisches oder stereotypes Verhalten beim Spielen, kann sich nur ganz kurz allein beschäftigen, »räumt immer nur aus«

vermeidet Körperkontakt oder klammert sich extrem an die Mutter

fast immer verstimmt, weinerlich, quengelig, unruhig

aggressiv gegenüber allen und allem

reagiert verkehrt auf Beruhigungsmittel (Baldrian, Codein usw.)

schaukelt oder schlägt mit dem Kopf (Selbststimulierung)

übermäßig ängstlich oder sieht keine Gefahren

Sprachentwicklung verspätet oder gestört

fordert ständig Zuwendung, Unterhaltung

Trotzphase will nicht enden, häufige grundlose Wutausbrüche

respektiert keine Grenzen, kein Nein, gehorcht nie

lernt nicht aus Erfahrungen (Gefahren, Verletzungen)

bei Fieber (ohne Medikamente) auffallend ruhig

Leerlaufspiele: beschäftigt sich nur scheinbar gut allein

muss stets mehrmals gerufen werden, hört nicht

Schulkind

Körperlich

nässt oder kotet bis ins Schulalter ein

extrem häufig erkältet, Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten

offen stehender Mund (evtl. verdickte Nasenschleimhäute)

Muskelkrämpfe, besonders in Ruhestellung

bei Fieber (ohne Medikamente) ungewöhnlich ruhig, ansprechbar, vernünftig

kommt abends nicht zur Ruhe

unter- oder übergewichtig

Grobmotorik, Feinmotorik, Körpergefühl

linkisch, auffallend viele Unfälle, unvorsichtig, ungelenk

spürt Unterkühlung (beim Baden, im Regen, Schnee) und Hunger lange nicht

überaus schmerzempfindlich oder wie schmerztaub

zappelig, unruhig beim Sitzen (am Tisch, in der Schule)

merkt nie, wenn es schmutzige Hände oder Kleider hat

außerordentlich empfindlich auf Gerüche, auf hohe Töne

Mühe mit Feinarbeiten (Schreiben, Zeichnen, Basteln)

Essen

isst am Tisch fast nichts, hat dafür den ganzen Tag über Hunger

sehr extreme Vorlieben, lebt z. B. am liebsten von Brot mit Konfitüre und Ovomaltine

»verschleckt«, isst keine Früchte und schon gar kein Gemüse

Schlingen, isst riesige Mengen, schlechte Verwertung

Schule

Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen

Sprachschwierigkeiten (Aussprache, Grammatik)

Teilleistungsschwächen wie Lese-Rechtschreibe-Schwäche (Legasthenie), Rechenschwäche (Dyskalkulie)

Wahrnehmungsstörungen: sieht, hört, spürt vieles anders als normal

Abstraktionsfähigkeit geringer, verspätet

kein Durchhaltevermögen, keine Ausdauer

gegen Ende der Arbeiten (z. B. Diktat) am meisten Fehler

Schrift fast unleserlich, chaotisch, Schulhefte unordentlich

schreibt nicht auf die Zeilen bzw. in die Kästchen

immer Unordnung in Schultasche, Pult, bei den Kleidern

vergisst und verliert ständig etwas

kommt meistens (zu) spät

hört nur zu, wenn persönlich angesprochen

kleinlich genau in Details, aber verliert den Überblick

packt nicht an, schiebt weniger Lustvolles hinaus (Antriebsstörung)

Schuleschwänzen

Psychisch

kennt weder Rücksicht noch Einsicht, Vorsicht, Umsicht, Voraussicht

leicht ablenkbar, zerfahren, extrem reizoffen

stimmungslabil, »Berg-und-Tal-Bahn«

schlechtes Selbstwertgefühl

fixe Ideen, wie besessen von etwas (zwanghaft)

fühlt sich schnell betroffen (»immer ich«)

malt meist mit dunklen Farben, Grundstimmung: unfroh

Langeweile

neigt zum Klassenclown

Soziales

nicht »gruppentauglich«, Einzelgänger, eckt überall an

benimmt sich bei/auf Besuch unmöglich, verdirbt jede Feststimmung

hat keinen richtigen Freund/Freundin

nimmt keine Rücksicht auf Bedürfnisse anderer

kann sich nicht in andere versetzen

spürt, respektiert keine Intimsphäre

scheu, zurückgezogen, nimmt schwer Kontakt auf

überrennt alle Grenzen (distanzlos)

hält keine Regeln ein

kann nicht verlieren

Selbstkontrolle

oft aggressiv, mangelnde Impulskontrolle

oft Wutausbrüche ohne triftigen Grund

kann nicht gehorchen, erträgt kein Nein

will alles und sofort

keine Geduld, niedrige Frustrationstoleranz

zerbricht, zerstört viel

große Pläne – Durchführung in den Sternen

extrem Mühe mit Ordnung jeder Art

kann nicht leise sprechen

Redeschwall (Logorrhoe), auch mit Obszönitäten (Tourette-Syndrom)

Zärtlichkeiten arten stets in Grobheiten aus

von Feuer und Wasser angezogen, Spielen mit Feuer

lernt nicht aus gemachten Erfahrungen

großer Widerstand gegenüber Veränderungen

trödelt endlos, kein Zeitgefühl

schlechte Orientierung im Raum (Stadt, Wald)

kann Geld und Zeit nicht einteilen

kann Mein und Dein nicht unterscheiden (stehlen)

verdreht die Fakten zu seinen Gunsten (lügen)

merkwürdige Eigenarten, Ticks (schneidet Fratzen, blinzelt, grunzt, knirscht mit den Zähnen usw.)

Aufmerksamkeitsdefizit: merkt vieles nicht, was um es herum geschieht

spielt oft nicht mit, zieht sich aus der Gruppe zurück

Jugendliche

Außer der körperlichen Unruhe (Zappeln) gelten die meisten der obigen Merkmale – trotz verbesserter Selbstkontrolle – auch für das Jugendalter.

Langeweile

Antriebsstörung (»Null-Bock-Stimmung«), Herumhängen, Schwänzen

kommt abends nicht zur Ruhe, steht morgens nicht auf

Verstimmtheit, Misslaunigkeit, Depressivität

Konflikte mit der Polizei, mit dem Gesetz

ist meistens zu spät

ist immer pleite

suchtgefährdet oder süchtig

Streunen, viele lose Gruppenkontakte

aggressive Konflikte, Prügeleien

besonders gefährliche Sportarten

keine oder extrem starre Normen

Selbstüberschätzung oder Mutlosigkeit

anerkennt keine Autoritäten, Normen

zeitweise gewissenlos, keine Ethik

Ordnung halten ist immer noch ein Thema

meist »außer sich«, selten er/sie selbst

intolerant, enger Horizont

Wichtig:

Kein hyperaktives Kind hat sämtliche der obigen Symptome! Wenn aber etwa ein Drittel dieser Merkmale bei Ihrem Kind häufiger vorkommen als üblich, ist sein Verhalten auffällig. Der Grund dafür könnte ein gestörter Stoffwechsel (Allergien, Unverträglichkeiten) sein.

Als Mutter oder Vater eines hyper- oder hypoaktiven Kindes werden Ihnen viele der genannten Symptome sehr bekannt vorgekommen sein. Mit jeder Garantie wird Ihr Leben mit einem solchen Kind nicht leicht sein, und wahrscheinlich haben Sie schon viele Besuche bei Ärzten und Psychologen hinter sich. Wenn Sie Glück haben, erkennt und akzeptiert ihr Ehemann/ihre Ehefrau die Tatsache, dass Ihr Kind eine Behandlung braucht; wenn nicht, ergeht es Ihnen, wie es seinerzeit mir erging, als mein Ehemann nach einer missglückten und frühzeitig abgebrochenen Familientherapie kurzerhand erklärte: »Der Bub ist schon recht, aber Du spinnst.« Oder wie Freundinnen mir zu verstehen gaben: »Du mit Deiner feministischen Einstellung kannst mit Buben eben nicht richtig umgehen.« Ich war mit meinen Schwierigkeiten völlig isoliert. Damals, vor über dreißig Jahren, gab es auch noch keine Selbsthilfegruppen, und das Krankheitsbild war nicht als solches anerkannt. Schwererziehbarkeit galt damals noch in erster Linie als Erziehungsunfähigkeit der Mutter.