Kommunikationstherapie - Joachim Engl - E-Book

Kommunikationstherapie E-Book

Joachim Engl

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Beschreibung

Neben Gesundheit und einem sicheren Arbeitsplatz zählt der Wunsch, in einer festen Partnerschaft Geborgenheit, Wertschätzung und Zärtlichkeit zu erleben, bei zahlreichen Menschen zu einem der wichtigsten Faktoren des Wohlbefindens. Die Stabilität und Qualität einer Beziehung haben einen großen Einfluss auf das Entstehen und den Verlauf von psychischen und physischen Erkrankungen. Die Förderung der Qualität der Paarkommunikation spielt daher bei der Behandlung zahlreicher psychischer Störungen eine wichtige Rolle. Der Band stellt bewährte Messinstrumente zur Erfassung der Belastungen und Ressourcen einer Beziehung vor und beschreibt einen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz der Paartherapie. Mithilfe der gesprächsregelbasierten Interventionsmethodik können therapeutische Paargespräche strukturiert und gesteuert werden. Ziel ist es, das gegenseitige Verständnis und die Beziehungszufriedenheit zu erhöhen und damit auch den Erfolg der Therapie maßgeblich zu unterstützen. Dazu werden neun Paartherapieeinheiten dargestellt, in denen Paare u.a. lernen können, sowohl angenehme als auch unangenehme Gefühle zu äußern, eine gemeinsame Gesprächskultur zu entwickeln und Probleme zu lösen.

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Joachim Engl

Franz Thurmaier

Kommunikationstherapie

Ein paartherapeutischer Ansatz

Standards der Psychotherapie

Band 7

Kommunikationstherapie

Dr. Joachim Engl, Dr. Franz Thurmaier

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Martin Hautzinger, Prof. Dr. Tania Lincoln, Prof. Dr. Jürgen Margraf Prof. Dr. Winfried Rief, Prof. Dr. Brunna Tuschen-Caffier

Begründer der Reihe:

Martin Hautzinger, Kurt Hahlweg, Jürgen Margraf, Winfried Rief

Dr. rer. nat. Joachim Engl, geb. 1959. 1982 – 1987 Studium der Psychologie und Psychiatrie in München. 1988 – 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikationstherapie e. V. und ab 1997 Leiter der Angewandten Forschung des Instituts. 1997 Promotion. Approbierter Psychologischer Psychotherapeut (VT), Supervisor, Ehe-, Familien- und Lebensberater, Mentor in der Aus- und Fortbildung von Ehe-, Familien- und Lebensberater_innen.

Dr. rer. nat. Franz Thurmaier, geb. 1956. 1982 – 1987 Studium der Psychologie und Philosophie in München. 1987 – 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikationstherapie e. V. und ab 1997 Leitung des Instituts. 1997 Promotion. Approbierter Psychologischer Psychotherapeut (VT), Supervisor, Ehe-, Familien- und Lebensberater, Mentor in der Aus- und Fortbildung von Ehe-, Familien- und Lebensberater_innen.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Deutschland

Tel. +49 551 999 50 0

Fax +49 551 999 50 111

[email protected]

www.hogrefe.de

Satz: Matthias Lenke, Weimar

Format: EPUB

1. Auflage 2020

© 2020 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-2916-8; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-2916-9)

ISBN 978-3-8017-2916-5

https://doi.org/10.1026/02916-000

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Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

1 Beziehungsqualität und Partnerschaftskonflikte

1.1 Die Suche nach dem Beziehungsglück

1.2 Folgen von Partnerschaftskonflikten

1.3 Bedeutung der Kommunikationsqualität für die Beziehung

1.3.1 Problembereiche und Problembelastung

1.3.2 Interaktionsqualität als Prädiktor des Eheverlaufs

1.3.3 Kommunikationsmuster zufriedener und unzufriedener Paare

1.3.4 Wachsende Anforderungen an die partnerschaftliche Interaktion

2 Erkärungsmodelle zur Paarinteraktion

2.1 Reziprozitätsannahmen

2.2 Zwangsprozess

2.3 Kognitive Verzerrungen

2.4 Das Balance-Modell von Gottman

3 Diagnostik und Indikation: Wie steht es mit der Partnerschaft?

3.1 Partnerschaftsfragebogen (PFB)

3.2 Problemliste (PL)

3.3 Indikationen und Kontraindikationen

4 Praktische Umsetzung und Therapie

4.1 Grundlagen der Paartherapie

4.1.1 Das Besondere der Paartherapie

4.1.2 Therapeutische Beziehung

4.1.3 Das Paargespräch

4.1.4 Hilfe zur Problembewältigung und Klärungsperspektive

4.1.5 Sozialrechtliche Bedingungen

4.2 Das Filter-Katalysator-Modell – Den Dialog in Gang bringen

4.2.1 Spezielle therapeutische Gesprächsführung

4.2.2 Voraussetzungen für Verständnis

4.2.3 Steuerung des Therapiegesprächs

4.2.4 Einfache Regeln und Vorgaben als Gesprächshilfe

4.2.5 Erlebensebenen eröffnen – Konzept der Multimodalen Mitteilung (MMM)

4.2.6 Interventionsmöglichkeiten zur Anwendung von Gesprächsregeln

4.2.7 Vorteile dieses Vorgehens

4.2.8 Basisinterventionen für den angeleiteten Paardialog

4.2.9 Arbeiten mit dem inneren Dialog

4.3 Ziele und Verlauf der Paartherapieeinheiten

4.3.1 Nutzung der probatorischen Sitzungen

4.3.2 Kurzbeschreibung der Einheiten

4.4 Detaillierter Ablauf der Paartherapieeinheiten

4.4.1 Einheiten 1 und 2: Fehler und Möglichkeiten der Paarkommunikation sowie unangenehme Gefühle äußern (Teil 1)

4.4.2 Einheiten 3 und 4: Unangenehme Gefühle äußern (Teil 2)

4.4.3 Einheiten 5 und 6: Probleme lösen und angenehme Gefühle äußern

4.4.4 Einheiten 7 und 8 – Option 1: Veränderungen und Neuorientierungen

4.4.5 Einheiten 7 und 8 – Option 2: Notfallstrategien

4.4.6 Einheit 9: Gemeinsame Gesprächskultur

4.4.7 Das eigene Stresserleben – ein Beispiel für weitere Paarthemen

5 Erweiterungen und Besonderheiten

5.1 Die Paartrainings EPL, KEK, KOMKOM und Paarlife

5.2 Die KOMKOM-Trainer-Fortbildung

5.3 Nutzung anderer Medien

6 Evidenzlage und wissenschaftliche Beurteilung

6.1 Zur Wirksamkeit von Paartherapie

6.2 Evidenzlage der Paartrainings

7 Literatur

8 Kompetenzziele und Prüfungsfragen

9 Anhang

Arbeitsblatt: Beispiele für destruktive Kommunikation

Arbeitsblatt: Beispiel negative Eskalation

Arbeitsblatt: Rollenspielthemen

Arbeitsblatt: Richtiges Sprechen

Arbeitsblatt: Richtiges Zuhören

Reflexionsblatt: Eigenes Konfliktthema

Reflexionsblatt: Probleme lösen

Reflexionsblatt: Lösungen und Erleichterungen

Reflexionsblatt: Was tut mir gut an dir?

Reflexionsblatt: Gegenseitige Verwöhnung

Reflexionsblatt: Veränderungen und Neuorientierungen

Reflexionsblatt: Unsere Gesprächskultur (Gespräche über die Partnerschaft)

Reflexionsblatt: Vorüberlegungen zum eigenen Streitverhalten

Arbeitsblatt: Notfallvereinbarung

Infoblatt: Im Gespräch bleiben

Infoblatt: Beispiele für persönliche Stressquellen

Infoblatt: Strategien der Stressbewältigung als Paar – Beispiele

Arbeitsblatt: Eigene Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle bei Stresserleben 1/2

Reflexionsblatt: Eigenes Stresserleben, Auslöser, Reaktionen, Konsequenzen 1/2

|1|Einführung

Bereits vor mehr als 40 Jahren prägte der Gründer unseres Instituts, Karl Herbert Mandel, den Begriff der Kommunikationstherapie. Er war einer der ersten im deutschen Sprachraum, der verschiedene therapeutische Konzepte auf Paartherapie übertrug. Im Rahmen des kommunikationstherapeutischen Ansatzes war die Verbesserung der Paarkommunikation schon immer ein Schwerpunkt unserer Arbeit.

Warum wir dies für so wesentlich halten, wurde lange vor uns wie folgt begründet:

[…] weil wir die Kommunikation für den wichtigsten Gegenstand der Humanwissenschaften wie auch den besten therapeutischen Ansatzpunkt für die Linderung menschlichen Leids halten. Wenn wir dabei phasenweise beim Individuum ansetzen, geschieht das doch im Blick auf die Beziehung zum Partner. Schließlich sind unseres Erachtens Veränderungen der Art und Weise wie des Inhalts der Kommunikation mit den nächsten Bezugspersonen eines Patienten die besten und wichtigsten Kriterien, ja der unumgängliche Prüfstein, an dem sich Psychotherapie als sozial bedeutsam ausweisen muss. (Mandel, Mandel & Rosenthal, 1975, S. 236)

Den Ansatz der Kommunikationstherapie beständig weiterzuentwickeln, war uns stets ein großes Anliegen. Seit ca. 30 Jahren fokussierten wir sie aus oben genannten Gründen immer mehr auf Interventionen zur Verbesserung der Paar- bzw. Familienkommunikation und entwickelten oder adaptierten hierzu diverse Methoden, von denen wir einige in diesem Band vorstellen.

Der nachhaltige Erfolg unserer präventiven Paarkommunikationstrainings EPL und KEK (Job, Engl & Hahlweg, 2014) ermutigte uns, auch für belastete Paare ein entsprechendes Programm zu entwickeln. Das KOMKOM (Engl & Thurmaier, 2016) wurde ebenfalls in einer Langzeitstudie überprüft und zeigte innerhalb der Studien zur Effektivität von Paarberatung in Deutschland die bislang besten Ergebnisse (vgl. Kapitel 6.2).

Die Methodik dieser für jeweils vier Paare und zwei Trainer bzw. Therapeuten1 ausgelegten Programme hat sich auch in der therapeutischen Arbeit mit einzelnen Paaren bewährt. Natürlich ist es auch in der Einzeltherapie in vie|2|len Fällen sinnvoll, den Partner des Patienten miteinzubinden. Hierfür haben wir aus unseren Methoden ein detailliertes Konzept erarbeitet, das den Vorteil bietet, innerhalb des von den gesetzlichen Krankenkassen vorgesehenen Abrechnungsrahmens zu bleiben.

Über Interventionen zur Verbesserung der Paar- bzw. Familienkommunikation soll dieses Buch eine ausführliche Anleitung geben:

Im Kapitel 1 wird die oft unterschätzte Bedeutung der Beziehungsqualität für den Erhalt der Gesundheit dargelegt und auf die zentrale Rolle der Kommunikationsqualität hingewiesen.

Kapitel 2 erläutert Erklärungsmodelle zur Paarinteraktion.

Kapitel 3 stellt zwei wichtige Verfahren zur Partnerschaftsdiagnostik dar und listet Indikationskriterien für die Einbeziehung des Partners in die Therapie auf.

Kapitel 4 schildert ausführlich eine Methodik zur therapeutischen Gesprächsführung mit Paaren und stellt die verschiedenen Einheiten eines für die Paartherapie entwickelten Kommunikationstrainings detailliert vor.

Kapitel 5 stellt verschiedene von den Autoren entwickelte Paarkommunikationstrainings vor, informiert über Trainer-Fortbildungen und die Nutzung neuer Medien, die zusätzlich zu den Trainings zum Einsatz kommen können.

Kapitel 6 informiert über die Wirksamkeit von Paartherapie und die Evidenzlage von Paartrainings.

München, Januar 2020

Joachim Engl und Franz Thurmaier

1

Zugunsten der besseren Lesbarkeit wurde im Text größtenteils für Personenbezeichnungen, wie z. B. „Trainer“, „Partner“, „Teilnehmer“ oder „Patient“, nur die männliche Sprachform verwendet. Diese Formulierungen umfassen gleichermaßen alle Geschlechter (m/w/d). Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.

|3|1 Beziehungsqualität und Partnerschaftskonflikte

1.1 Die Suche nach dem Beziehungsglück

Mittlerweile belegen zahlreiche Studien (vgl. Kapitel 1.3.1) den Zusammenhang zwischen psychischer und physischer Gesundheit mit dem Vorhandensein einer festen Partnerschaft und deren Qualität. Auch wenn in den Medien zunehmend der Eindruck vermittelt wird, dass langjährige Ehen und Partnerschaften bald der Vergangenheit angehören werden, zeigen entsprechende Umfragen ein anderes Bild.

Was braucht der Mensch zum Glück? Wenn es um die menschliche Glückserwartung geht, wird in entsprechenden Umfragen gerade von jüngeren Menschen die lebenslange Liebe zu einem festen Partner an erster Stelle genannt. So ist die Hoffnung, in einer festen Partnerschaft2 Geborgenheit, Wertschätzung und Zärtlichkeit zu erleben, universell (Buss, 2004). In westlichen Industrienationen heiraten ca. 80 bis 90 % der über 18-Jährigen mindestens einmal. So kommt es auch, dass in allen Umfragen zur Lebenszufriedenheit Partnerschaft und Familie als zentrale Faktoren des Wohlbefindens an erster Stelle stehen, dann erst gefolgt von Gesundheit, Beruf oder Einkommen.

Leider ist in den Medien und in der gesellschaftlich-politischen Debatte immer häufiger ein bedauerlicher Trend zu beobachten: Unter Stichworten wie „Ehe und Kernfamilie als Auslaufmodelle“, „Bedeutungsverlust der Ehe“, „Pluralisierung der Lebensformen“ etc. wird der Eindruck vermittelt, als sei das lebenslange Glück mit einem Partner nur noch eine überkommene romantische Illusion, die nicht förderungswürdig ist. Ein Blick in die deutsche Statistik zeichnet jedoch ein ganz anderes Bild:

Im Jahr 2015 lebten von den Paaren 85,7 % in einer Ehe, 13,9 % in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, 0,5 % in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft (Statistisches Bundesamt, 2017).

Es lebten 74 % der Minderjährigen bei verheirateten Partnern, 17 % bei einem alleinerziehenden Elternteil, 10 % in Lebensgemeinschaften (Statistisches Bundesamt, 2018).

|4|Es lebten ca. 10.000.000 Kinder bei den verheirateten Eltern, ca. 2.200.000 bei Alleinerziehenden, ca. 1.000.000 bei unverheirateten Eltern und 7.000 bei gleichgeschlechtlichen Paaren (Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e. V., 2014).

„Statistisch gesehen gibt es eine unbestreitbare soziale Normalität“ (Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e. V., 2014).

„Eine stabile Paarbeziehung ist mindestens genauso wichtig wie ein sicherer Arbeitsplatz, um sich für die Gründung einer Familie zu entscheiden. Daher sollten familienpolitische Maßnahmen verstärkt zur Stabilisierung von Partnerschaften beitragen“ (Eckhard, 2009, S. 3). Interessant ist deswegen auch die Frage, was sich (junge) Leute eigentlich wünschen, wie sie leben möchten:

So brauchen 81 % der jungen Frauen und 71 % der jungen Männer „eine Familie, um glücklich zu sein“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2013).

Es glauben 66 % der Deutschen, „den Partner fürs Leben“ schon gefunden zu haben, 72 % glauben für sich an die „Liebe fürs Leben“ (Institut für Demoskopie Allensbach, 2012).

Junge Menschen geben in Bezug auf die Realisierung ihres Kinderwunsches der Stabilität ihrer Partnerschaft mit 84 % einen weit höheren Stellenwert als etwa einem ausreichenden Familieneinkommen oder dem Vorhandensein von Kinderbetreuungsplätzen (Institut für Demoskopie Allensbach, 2004, Einflussfaktoren auf die Geburtenrate).

Allein diese Zahlen sprechen schon dafür, sich dem Thema „gelingende Paarbeziehung“ verstärkt zu widmen – auch im Hinblick auf den immer wieder unterschätzten Einfluss der Beziehungsstabilität und der Beziehungsqualität auf das Entstehen und den Verlauf von psychischen und physischen Erkrankungen.

1.2 Folgen von Partnerschaftskonflikten

Trennung und Scheidung gehören zu den belastendsten Ereignissen im Leben. Begleiterscheinungen sind oft einschneidende Veränderungen in finanziellen, sozialen und gesundheitlichen Bereichen (Sbarra, Law & Portley, 2011). Insbesondere die vorangehenden Konflikte und die Unzufriedenheit mit der Beziehung gehen mit zahlreichen negativen Folgen für die Betroffenen und die Gesellschaft einher (Hahlweg, Baucom, Grawe-Gerber & Snyder, 2010; Proulx, Helms & Buehler, 2007).

|5|Psychische und physische Erkrankungen

Personen, die mit ihrer Paarbeziehung unzufrieden sind, schätzen auch ihre Gesundheit schlechter ein und weisen eine reduzierte Immunkompetenz auf. Ein durch die umfangreichen Studien von Janice Kiecolt-Glaser und Kollegen (2010) gestütztes Modell zeigt auf einfache Weise, wie eine belastete Beziehung zu Erkrankungen führen kann (vgl. Abbildung 1). Es bildet sich sozusagen ein Teufelskreis „giftiger“ Beziehungen.

Abbildung 1: Teufelskreis „giftiger“ Beziehungen nach Kiecolt-Glaser, Gouin und Hantsoo (2010)

Die empirische Evidenz für die Kurz- und Langzeitfolgen von Partnerschaftskonflikten, von Trennung und Scheidung ist mittlerweile sehr umfangreich und international gut repliziert. So lassen sich für die betroffenen Partner immer wieder Zusammenhänge mit zahlreichen psychischen und physischen Störungen nachweisen (vgl. Bodenmann, 2016; Heinrichs, Bodenmann & Hahlweg, 2008).

Beispiele hierfür sind eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, an Abhängigkeitserkrankungen sowie depressiven Störungen und Angststörungen zu erkranken, ein höheres Rückfallrisiko bei Patienten mit schizophrener oder affektiver Psychose sowie für Rückfälle bei Alkoholerkrankung nach erreichter |6|Abstinenz, ungünstigere somatische Krankheitsverläufe wie auch chronische Beschwerden (z. B. Diabetes, Krebs, Herz-, Lungenerkrankungen), geringere Behandlungserfolge, eine schlechtere Immunfunktion, eine verzögerte Wundheilung sowie ein erhöhter Blutdruck. Auch koronare Herzerkrankungen bei Frauen treten in belasteten Partnerschaften häufiger auf (z. B. Kiecolt-Glaser & Newton, 2001; Robles, Slatcher, Trombello & McGinn, 2014; Sbarra et al., 2011). Umgekehrt geht z. B. eine zufriedene Paarbeziehung bei Männern nach Herzinfarkt mit einer deutlich höheren Überlebensrate (70 %) innerhalb von vier Jahren einher, gegenüber Männern in einer unglücklichen Beziehung (45 %; Coyne et al., 2001).

Bei depressiven Erkrankungen spricht man in der Literatur mittlerweile auch von „We-disease“, um den großen Einfluss der partnerschaftlichen Interaktion auf den Erkrankungsverlauf hervorzuheben (Bodenmann, 2009), und die Gesundheitswissenschaftlerin Susan McPherson (2018) spricht etwas zugespitzt sogar von Depression als Paarkrankheit. Auch das englische National Institut for Clinical Excellence NICE (2009) empfiehlt neben individualtherapeutischen Ansätzen verhaltenstherapeutische Paartherapie als evidenzbasierte Intervention für Depression.

Kein Wunder also, dass gezielte psychotherapeutische Interventionen für das Paar einen positiven Einfluss auf den Verlauf von verschiedensten physischen und psychischen Beschwerden haben (Baucom, Fischer, Corrie, Worrell & Boeding, 2019; Bodenmann, 2009).

Kindesentwicklung

Kinder aus konfliktreichen Familien zeigen im Vergleich zu Kindern aus intakten Familien vielfältige Verhaltensauffälligkeiten, ein geringeres Selbstwertgefühl, Beziehungsprobleme mit Gleichaltrigen und eine schlechtere psychische sowie physische Gesundheit (Bodenmann, 2016; Cummings & Davies, 2010; Lansford, 2009). Diese Auffälligkeiten können bis ins Jugend- und sogar Erwachsenenalter bestehen bleiben und zu weiteren Problemen führen, wie z. B. zu einer niedrigeren Schul- und Berufsausbildung, häufigerer Straffälligkeit, erhöhtem Alkoholkonsum und einem erhöhten Risiko, später selbst geschieden zu werden (z. B. Brown, 2010).