Kommunizieren heißt scheitern - Atilla Vuran - E-Book

Kommunizieren heißt scheitern E-Book

Atilla Vuran

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Beschreibung

Wie Sie mit emotionaler Aufnahmebereitschaft und Berechtigung Brücken bauen. Damit Sie am Scheitern nicht scheitern. Gerade im Zeitalter von WhatsApp und Co. ist eine gelungene Kommunikation wichtiger denn je. Warum aber scheitern wir dann so oft in unseren Gesprächen, warum entstehen so viele Missverständnisse? Unsere Erfahrung zeigt: Der Fokus in Gesprächen wird zu oft auf den Inhalt gelegt. Nur wenn wir und unser Gegenüber auch emotional aufnahmebereit sind und uns die Berechtigung geben, zu kommunizieren, gelingt der Austausch. Erfahren Sie, wie Sie die Basis für eine erfolgreiche Kommunikation legen, um andere Menschen besser verstehen, erfolgreich überzeugen, zum Handeln anregen und führen zu können. Die Inhalte dieses Buches werden Sie nach Ihrer Lektüre ständig begleiten sei es privat oder geschäftlich in Gesprächen, bei Vorträgen oder auch beim Verfassen Ihrer E-Mails kontext- und generationsübergreifend.

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Für Nora, Tim und Lena

„Damit ihr am Scheitern nicht scheitert.“

Atilla Vuran

Nina Harbers

KOMMUNIZIEREN

HEISST SCHEITERN

Emotionale Aufnahmebereitschaft und Berechtigung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-7664-9946-2eISBN 978-3-7664-8038-5

Im Vertrieb von: Jünger Medien Verlag + Burckhardthaus-Laetare GmbH, Offenbach

Überarbeitung der Geschichten: Alexander Natter, Wendelstein

Lektorat: Anja Hilgarth, Herzogenaurach

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen, www.martinzech.de

Comics: Ralf Alex Fichtner, Schwarzenberg

Foto Buchumschlag: DNY59 / istock

Autorenfotos: Foto Danner e.K., Jestetten

Satz und Layout: ZeroSoft, Timisoara

Druck und Bindung: Salzland Druck, Staßfurt

2. Auflage 2019

www.kommunizieren-heisst-scheitern.de

© 2019 by Atilla Vuran und Nina Harbers

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autoren.

Inhalt

1Einleitung

1.1 Wofür wir dieses Buch geschrieben haben

1.2 Wie das Buch aufgebaut ist und wie Sie damit arbeiten können

2Emotionale Aufnahmebereitschaft – Allgemein

2.1 Was ist emotionale Aufnahmebereitschaft?

2.2 Was trägt alles zur emotionalen Aufnahmebereitschaft bei?

2.2.1 Emotionsmanagement

2.2.1.1 Vertrauen und Selbstvertrauen

2.2.1.2 Innere Haltung

2.2.1.3 Hier und Jetzt

2.2.2 Empathie

2.2.3 Kommunikative Kompetenz

2.2.4 Kognitive Verzerrungen

2.2.5 Wahrnehmungsfilter

2.2.6 Kontext

2.3 Woran erkenne ich emotionale Aufnahmebereitschaft?

2.3.1 Grundlagen und Signale

2.3.2 Mimik und Basisemotionen

2.4 In welchen Kontexten ist emotionale Aufnahmebereitschaft wichtig?

3Emotionale Aufnahmebereitschaft – Spezifisch

3.1 Individuelle Filter

3.1.1 Metaprogramme

3.1.2 Werte und Wertekonflikte

3.1.3 Grundüberzeugungen

3.1.4 Stärken

3.2 Soziale Filter

3.2.1 Wirkung

3.2.2 Kultur

3.2.3 Umgangsformen

3.2.4 Erscheinungsbild

3.3 Physiologische Filter

3.3.1 Sinneskanäle

3.3.2 Somatische Marker

3.3.3 Ressourcenzustand

3.3.4 Genetische Voraussetzungen

4Zusammenfassung

4.1 Anwendung zur Selbsteinschätzung: genereller Selbst-Check

4.2 Anwendung in konkreter Gesprächssituation

5Emotionale Aufnahmebereitschaft in der digitalen Kommunikation

6Schlusswort

7Glossar

8Stichwortverzeichnis

9Literaturverzeichnis

1EINLEITUNG

Sicher kennen Sie Situationen wie diese: Sie versuchen Ihren Partner schon seit Jahren in einem spezifischen Thema (Politik, Ernährung, Kindererziehung, Sport oder was auch immer) von Ihrer Meinung zu überzeugen – leider ohne Erfolg. Er liefert stets Gegenargumente oder hört Ihnen womöglich gar nicht mehr zu. Resigniert haben Sie mittlerweile vielleicht aufgehört, mit ihm darüber zu diskutieren, und das Thema für sich abgehakt. Nach einem Männerwochenende mit Studienkollegen kommt Ihr Partner jedoch nach Hause und ist plötzlich Ihrer Meinung. Sein bester Freund aus Studienzeiten hat das geschafft, was Ihnen in vielen Jahren nicht gelungen ist – nämlich Ihren Partner zu überzeugen. Was ist passiert? Warum hat Ihr Partner nun plötzlich seine Meinung zu dem Thema geändert? Ganz einfach: Sie hatten keine Aufnahmebereitschaft und Berechtigung von Ihrem Partner, der Studienfreund jedoch schon.

Aufnahmebereitschaft bedeutet, dass Ihr (Gesprächs-)Partner z. B. einer Idee, einem Inhalt oder einem Argument nicht nur rational zustimmt, sondern auch emotional so davon durchdrungen ist, dass er aufnimmt, annimmt und ggf. nachhaltig etwas umsetzt oder verändert. Mit Berechtigung ist gemeint, dass Ihnen der (Gesprächs-)Partner die Erlaubnis gibt, ihm etwas zu sagen, er Sie also als kompetent zu einem spezifischen Thema anerkennt. Dies kann mit der Fachkompetenz im Thema, dem (hierarchischen) Status, dem Ruf oder den grundsätzlichen Fähigkeiten und Erfahrungen zu tun haben.

Aufnahmebereitschaft begleitet Sie tagtäglich – bewusst und unbewusst – in Gesprächen, Meetings oder Vorträgen. Auch am Beispiel dieses Buches können die Themen Berechtigung und Aufnahmebereitschaft aufgezeigt werden: Dass Sie das Buch in der Hand haben und begonnen haben zu lesen, bedeutet – provokant gesprochen – noch gar nichts. Es heißt vielleicht, dass Sie dem Inhalt ein gewisses Interesse entgegenbringen. Es bedeutet aber weder, dass Sie emotional aufnahmebereit für den Inhalt sind, also nachhaltig von dem vermittelten Wissen etwas anwenden oder umsetzen werden. Noch bedeutet es, dass Sie uns die Berechtigung geben, also uns z. B. die entsprechende Kompetenz zusprechen, Ihnen zu den Themen Kommunikation und Führung etwas aufzuzeigen oder zu vermitteln.

Wenn eine gewisse Aufnahmebereitschaft oder Berechtigung Ihrerseits bereits vorhanden sein sollte, würde uns das freuen. Wir gehen aber erst einmal nicht davon aus und werden im Verlauf des Buches daran arbeiten, diese von Ihnen zu bekommen. Wird uns das immer und an jeder Stelle gelingen? Nein! Wir werden Ihre Aufnahmebereitschaft garantiert zwischendurch auch einmal verlieren. Denn: Kommunizieren heißt scheitern!

Die Anzahl an besuchten Kommunikationsseminaren und gelesener Bücher zum Thema Kommunikation hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Interessanterweise werden die Missverständnisse (oder zumindest das Bewusstsein dafür) zwischen Menschen trotzdem eher mehr als weniger (1)1. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum? Ein wesentlicher Faktor ist, dass sowohl in Büchern als auch Seminaren hauptsächlich Wissen und Techniken vermittelt werden. Denken Sie z. B. an Modelle, wie das 4-Ohren-Modell nach Schulz von Thun, das Sender-Empfänger-Modell nach Jakobson und Bühler, die Axiome nach Paul Watzlawick oder die Techniken des Neurolinguistischen Programmierens. All diese Modelle haben durchaus ihre Berechtigung und ihre Kenntnis ist oft hilfreich für die Kommunikation. Viel Wissen und eine hohe rhetorische Kompetenz können aber auch dazu beitragen, einen zu starken Fokus auf den Inhalt zu legen, der selbstverständlich auch, aber nicht ausschließlich, wichtig ist. Entscheidender Punkt, ob Kommunikation gelingt oder scheitert, ist nicht der Inhalt oder die Anwendung des passenden Modells oder der richtigen Technik, sondern das Bewusstsein über die emotionale Aufnahmebereitschaft und die Berechtigung, die Ihnen Ihr Gesprächspartner entgegenbringt.

Sie können sich den Inhalt eines Gesprächs wie die Oberfläche eines Teichs vorstellen. Wenn Sie bei einem Mittagsspaziergang an einem schönen Sonnentag auf einen Teich zugehen, sehen Sie erst nur die Oberfläche, welche die Sonne und das Blau des Himmels intensiv hell und glänzend widerspiegelt. Die hochstehende grelle Sonne lässt die Wasseroberfläche so erscheinen, als würde sie von innen heraus leuchten. Dadurch können Sie zunächst den Grund nicht sehen, denn das Licht, das aus der Tiefe kommt, ist im Verhältnis dazu zu schwach. Erst wenn Sie ganz nahe sind und Ihre Aufmerksamkeit bewusst darauf lenken, können Sie den Grund wahrnehmen. Springen Sie nun hinein, wird die Intensität an der Oberfläche weniger, weil Sie die glatte Oberfläche mit Kräuselungen und Wellen versehen haben. Tauchen Sie dann auch noch unter, ist die Intensität komplett weg. Je tiefer Sie tauchen, desto ruhiger wird es. Am Anfang können Sie vielleicht noch überhaupt nichts sehen. Erst nach und nach nehmen Sie Dinge in der Tiefe wahr.

Wir möchten in diesem Buch nicht mit Ihnen auf die Oberfläche schauen, also Ihnen Informationen liefern und universelle Techniken bieten, mit denen Sie jede Art von Kommunikation inhaltlich erfolgreich meistern können. Wir möchten mit Ihnen in den Teich springen und Sie dabei unterstützen, dort in der Tiefe andere Menschen bewusst wahrzunehmen.

Der weltberühmte Sherlock Holmes antwortete auf die Frage, was das Geheimnis seines Erfolges sei, folgendermaßen: „Ich habe gelernt, das, was ich sehe, auch wahrzunehmen.“ Und genau darum soll es auch in diesem Buch gehen: um das bewusste Wahrnehmen von emotionaler Aufnahmebereitschaft. Dafür möchten wir Sie dabei unterstützen, Ihre Aufmerksamkeit in den folgenden drei Dimensionen zu erhöhen:

„Ich habe gelernt, das,

was ich sehe, auch

wahrzunehmen.“

(Sherlock Holmes)

−auf einen Punkt,

−nach außen oder auf andere,

−nach innen.

Zum Thema „Aufmerksamkeit“ gibt es auf der nächsten Seite einen kleinen Exkurs.

Zusätzlich soll Ihnen dieses Buch die Prinzipien emotionaler Aufnahmebereitschaft aufzeigen und dadurch Ihre intuitive und bewusste Einschätzung von Gesprächssituationen noch präziser machen. Es soll Ihnen für Interaktionen mit anderen Personen Wahlmöglichkeiten geben. Wahlmöglichkeiten bedeutet, dass Sie – abhängig vom Kontext, der Situation und dem jeweiligen Gesprächspartner – unterschiedliche kommunikative Kompetenzen nutzen können. Je mehr Wahlmöglichkeiten Sie haben, desto höher wird Ihre Flexibilität und desto größer wird Ihre Wirkung im Umgang mit anderen Menschen.

EXKURS: „AUFMERKSAMKEIT“

Das menschliche Bewusstsein hat eine eingeschränkte Verarbeitungskapazität, kann also nicht unendlich viele Reize gleichzeitig verarbeiten. Daher muss es selektieren, was gerade mit Aufmerksamkeit bedacht werden muss. Manche Reize ziehen die Aufmerksamkeit automatisch auf sich (z. B. ein Blitz, ein lautes Geräusch, …), auf andere kann die Aufmerksamkeit bewusst gelenkt werden. Diese willentliche Fokussierung der Aufmerksamkeit auf etwas wird als Konzentration bezeichnet.

Beim Lesen anspruchsvoller Inhalte liegt Ihre volle Konzentration zielgerichtet auf dieser Tätigkeit (auf einem Punkt), wenn Sie ein Meeting moderieren oder eine fremde Stadt erkunden, ist Ihre Konzentration als breite Wahrnehmung auf die Umwelt beziehungsweise Ihre Zuhörer gerichtet (nach außen oder auf andere), wenn Sie bewusst auf Ihren Atem achten, ist Ihre Konzentration nach innen gerichtet. Alle drei Formen von Konzentration sind wichtig. Die Kunst besteht darin, alle zielgerichtet und bewusst anzuwenden (adaptiert und erweitert nach (2)).

1.1Wofür wir dieses Buch geschrieben haben

Um Ihnen aufzuzeigen, welche persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen unsere Aufmerksamkeit für die Themen „emotionale Aufnahmebereitschaft“ und „Berechtigung“ geprägt haben, möchten wir Sie dazu einladen, uns etwas besser kennenzulernen:

Atilla Vuran:

„Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!“, sagte ich zum Schluss meines Vortrags, und dann gab es für mich nur noch eins: Weg von diesem Rednerpult! Nicht dass sie noch Tomaten oder Eier nach mir werfen. Ich war fix und fertig. Im wahrsten Sinne des Wortes. Beinahe wäre ich auch noch über diesen Kabelwust am Boden gestolpert. Das hätte gerade noch gefehlt, wäre allerdings ein würdiger Abgang für diese gerade zu Ende gegangene mittlere Katastrophe gewesen. Die gut gekleideten Zuhörer, mehrheitlich Männer, hatten wohl eine gute Kinderstube genossen, denn sie applaudierten. Zwar sehr spärlich, aber immerhin. Buh-Rufe wären auch in Ordnung gewesen, doch diese Blamage ersparten sie mir. Ich sah zu, dass ich rauskam aus dem Saal, und erst als ich im Vorraum saß, merkte ich, dass sowohl mein Unterhemd als auch mein blaues Hemd tropfnass geschwitzt waren. „Das war wirklich eine grandiose Leistung, Atilla“, dachte ich. „An Peinlichkeit nicht zu überbieten.“ Ich saß da wie ein Boxer, der nicht nur seinen Kampf verloren hatte, sondern vom Gegner auch noch windelweich geprügelt worden war. Spätestens jetzt wusste ich, wie es sich anfühlt, wenn man scheitert!

Dabei hatte doch alles recht gut angefangen. Ein Kollege hatte mich damals, ich war noch recht jung, gebeten, aus Krankheitsgründen für ihn einzuspringen. Sehr kurzfristig zwar, aber ich fühlte mich fit in der Thematik und war geschmeichelt, dass man mir diesen wichtigen Vortrag zutraute - auch wenn ich bislang vor solch einem Publikum noch nie referiert hatte. Noch bevor ich richtig überlegt hatte, hörte ich mich zu meiner eigenen Überraschung spontan sagen: „Klar, mach dir keine Gedanken, kurier dich aus, ich übernehme das!“

Als ich jedoch am nächsten Morgen aufs Podium stieg, bekam ich erhebliches „Muffensausen“. Da saßen eine Menge Hochkaräter, gestandene und sehr erfolgreiche Manager, vor mir und schauten mich erwartungsvoll an. Klar, ich hatte mich die halbe Nacht lang vorbereitet, aber diese Situation war für mich neu. Ich legte mich voll ins Zeug und begann meinen Vortrag. Es dauerte keine fünf Minuten und mein persönliches „Waterloo“ nahm seinen Lauf. Die Zuhörer hingen nicht an meinen Lippen, so wie ich das erhofft hatte. Keine erwartungsvolle Stille im Saal. Im Gegenteil, es wurde unruhig. In der Schule würde man sagen, es wurde ‚geschwätzt’. Einige schauten überall hin, nur nicht zu mir. Andere blätterten gelangweilt in Unterlagen herum. Die Leute gaben mir keinerlei Berechtigung und waren auch nicht aufnahmebereit. Das merkte ich und mir wurde immer mulmiger zumute.

„Könnten Sie mir das bitte einmal erklären?“, fragte einer der hochrangigen Manager mit einem Zwischenruf und schweifte dann fast bis Adam und Eva ins Detail ab.

„Würden Sie sich bitte etwas kürzer fassen und zum Kern Ihrer Frage kommen?“, antwortete ich höflich, aber dieser Typ ließ sich dadurch keineswegs beeinflussen und philosophierte weiter. Anderen Zuhörern schien das alles irgendwie egal zu sein. Jetzt wurde ich erst recht unsicher. Mein Puls erhöhte sich. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, und ich hatte Angst, den Typen einfach abzuklemmen. Sie kennen sicher solche Momente, in denen man sich selbst à la Raumschiff Enterprise einfach wegbeamen möchte. Irgendwie brachte ich meinen Vortrag dann zu Ende und… na ja, den Rest habe ich eingangs schon beschrieben.

Was war geschehen? Was hatte ich falsch gemacht? Sehr lange habe ich mein Tun analysiert. Mein Vortrag war sachlich und inhaltlich richtig gewesen. Ja sogar fast perfekt. Stichhaltig und gut durchdacht. Aber mir war es nicht gelungen, meine Zuhörer zu erreichen. Sie lehnten mich ab, und versagten mir Berechtigung und Aufnahmebereitschaft. So ging es dann auch weiter: Über eine lange Zeit hatte ich immer wieder mit solchen Situationen zu kämpfen, ja sogar mit Ablehnung. Ich wusste einfach nicht, wie ich Aufnahmebereitschaft herstellen konnte. Genau das ist nämlich die Quintessenz der Kommunikation. Nicht nur im Beruf, sondern auch in anderen Bereichen des Lebens: in der Partnerschaft zum Beispiel, in der Erziehung oder im Umgang mit den eigenen Eltern. Jemand hört dir zwar zu, im besten Fall stimmt er dir auch zu und … macht dann doch was ganz anderes. Kennen Sie das?

Komisch war auch, dass mir früher, als ich noch als Geschäftsführer tätig war, die Mitarbeiter aufgrund meiner Position zwar zuhörten, die Dinge, die wir vereinbart hatten, aber trotzdem nicht umsetzten. Die Sache mit der Kommunikation klappte also damals genauso wenig, nur war mir das nicht bewusst. Ich erkannte, dass ich in Sachen „Aufnahmebereitschaft herbeiführen“ limitiert war. Und das beschäftigte mich. Das wollte ich ändern! Aus diesem Grund suchte ich mir Vorbilder und beobachtete Redner, von denen ich wusste, dass sie es mühelos schaffen, andere in ihren Bann zu ziehen. Ich saß bei ihnen im Publikum und erlebte fasziniert, wie es sofort still wurde im Saal, wenn sie ihren Vortrag begannen. Alle hörten ihnen zu. Diese Menschen stehen sogar sofort im Mittelpunkt, sobald sie nur einen Raum betreten. „Wie machen die das nur?“, fragte ich mich. Nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder!

Für mich wurde das zu einer Herausforderung. Ich wollte das auch können, wollte herausfinden, wie man es schafft, dass die Leute einem die „Berechtigung“ geben und wie man „Aufnahmebereitschaft“ bei ihnen erreichen kann. Das wurde für mich zu einer Art Lebensaufgabe. Über Jahre hinweg studierte ich Menschen, las viel, sprach mit Psychologen genauso wie mit erfolgreichen Kommunikationsprofis und lernte, was es zu lernen gab. Mit der Zeit wurde die Nebelbank klarer und ich entdeckte die „emotionalen Techniken“, die erfolgreiche Menschen in der Kommunikation anwenden. Dann lernte ich Dr. Nina Harbers kennen, die sich auch mit diesem Thema beschäftigte. Sie hatte zwar einen anderen Ansatz als ich, aber wir konnten uns gegenseitig optimal ergänzen. Und so haben wir zusammen über viele Jahre hinweg ein effizientes Konzept entwickelt und in diesem Buch zusammengefasst.

Sie halten also keinen wissenschaftlichen Wälzer à la „So werden Sie jeden erreichen …“ in Händen, sondern einen effizienten Leitfaden zweier Praktiker für die tägliche Praxis. Das Buch soll Sie anregen, Ihr kommunikatives Verhalten zu überdenken und an Gespräche neu heranzugehen – immer mit dem Ziel, wirkungsvoller zu kommunizieren. Damit Sie am Scheitern nicht scheitern!

Ihr

Atilla Vuran

Dr. Nina Harbers:

Möchten Sie wissen, wie eine kleine, zierliche und für manche zerbrechlich wirkende Blondine, die gerne mal als ruhig und zurückhaltend eingestuft wird, dazu kommt, ein Buch über Kommunikation zu schreiben? Das ist eine berechtigte Frage und die Antwort darauf ist eigentlich ganz einfach: Mir erging es eventuell genauso wie Ihnen. Sie haben sich dieses Buch vielleicht gekauft, weil Sie sich in Sachen ‚Kommunikation’ und ‚Menschenführung’ weiterbilden möchten. Weil Sie für das, was Sie anderen mitteilen wollen, uneingeschränkte Aufmerksamkeit wollen und brauchen. Diese aber nicht (immer) oder nicht ausreichend bekommen. Bei mir war das ganz ähnlich.

Ich wuchs als Einzelkind in einer kleinen Gemeinde im Chiemgau auf. Dort stieß meine Entscheidung, nach dem Abitur ein technisches Studium aufzunehmen, auf ziemliche Verwunderung. Wie kommt so ein Mädchen dazu, Ingenieurin zu werden? Das passte nicht ins Bild. Auch im Studium wurde mir schnell klar, dass mein Aussehen nicht gerade förderlich dabei ist, fachlich ernst genommen zu werden – sei es von den Kommilitonen oder auch Professoren. So wie ich gestrickt bin, demotivierte mich diese Erkenntnis jedoch keinesfalls, sondern führte eher zu einer „Euch werde ich es schon zeigen“-Einstellung, sodass ich zielstrebig und ehrgeizig mein Studium durchlief und es mit sehr guten Noten abschloss. Hilfreich waren dabei sicherlich auch meine Disziplin, Strukturiertheit und klare Faktenorientierung.

In der anschließenden Promotion war es ähnlich. Gerade weil mir mein Erscheinungsbild manchmal im Weg stand, reichte es mir nicht, etwas nur gut zu machen, es musste immer perfekt sein. Dies spiegelte sich in einer hohen Detailorientierung und extremen Erwartungen an mich selbst wider. Kompetenz hieß für mich immer: Auf der fachlichen und sachlichen Ebene zu 100 Prozent alles zu beherrschen. Und das Fachwissen war nach meiner Überzeugung die alles entscheidende Grundlage für den Erfolg. Diese Einstellung hat sich auch immer wieder bewährt. Zumindest während des Studiums und der Promotion.

Umdenken musste ich allerdings im anschließenden Berufsleben. Sie wissen ja, in der Praxis sieht vieles ganz anders aus. Meine erste Anstellung in der Industrie fand ich bei einem Unternehmen der Medizintechnik. Dort wurde mir die Leitung eines Teams übertragen. Ziemlich schnell merkte ich, dass mein umfangreiches Fachwissen nicht ausreichte, um mit Menschen erfolgreich zu kommunizieren. Die meist deutlich älteren Kollegen und Mitarbeiter hörten mir irgendwie nicht zu. Obwohl ich sachlich und fachlich alles beherrschte, erreichte ich viele Leute nicht. Einige ließen sich von mir einfach nicht führen, gaben mir keine Berechtigung und waren nicht aufnahmebereit. Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass Fachwissen allein nicht ausreicht, um als Führungskraft erfolgreich zu sein. Und da habe ich eine Schwäche von mir erkannt: Ich bin eher der intellektuelle Typ, weniger der emotionale.

Logische Konsequenz für mich war, mich auf dem Gebiet der Menschenführung weiterzubilden – also im Prinzip weiteres Fachwissen aufzubauen, lediglich in einem anderen Themengebiet. Ich versuchte alles aufzunehmen, was es zu lernen gab, machte u. a. einen MBA und diverse Kommunikations- und Coaching-Ausbildungen. Doch das half mir alles nicht recht weiter. Eines Tages besuchte ich ein Führungskräfte-Seminar an der Universität. Atilla Vuran hieß der Referent, der meiner beruflichen Karriere die entscheidende Wende bringen sollte. Er redete von Berechtigung, Aufnahmebereitschaft und vielen anderen Dingen, die für mich damals böhmische Dörfer waren. Doch das Verblüffende seines Vortrags war: Er konnte die Gruppe führen. Die Leute, unter denen einige hochrangige Wissenschaftler und Professoren waren, saßen da und lauschten wie gebannt seinen Worten. Sie waren mehr als nur aufnahmebereit und gaben ihm genau die Berechtigung, die er brauchte, um sie emotional zu erreichen. Dabei machte er rhetorisch einige Fehler und ich konnte nicht einmal den mir sonst so wichtigen berühmten roten Faden in seinem Vortrag erkennen. Wie schafft er es, dass die Leute ihm trotzdem die Berechtigung geben? Wie stellt er das an? Diese Fragen beschäftigten mich und so beschloss ich, mich von Atilla Vuran hierzu coachen zu lassen.

Bei den ersten Telefonaten, die wir führten, stellte ich wieder verblüfft fest: Ich hörte ihm zu und er schaffte es, dass ich aufnahmebereit war. Aber irgendwie war alles, was er vortrug, für mich nicht griffig. Ich erkannte nicht, wohin er wollte. Für mich, die überzeugte Strukturfanatikerin, fehlte ein Konzept. Erst nach mehreren Telefonaten kam ich langsam dahinter, dass bei Atilla Vuran doch ein roter Faden da war. Also hatte er ein Konzept, wenngleich es nicht auf den ersten Blick erkennbar war. Und da kam mir eine der wichtigsten Erkenntnisse meiner Karriere: Das beste Fachwissen und die perfekteste Struktur nützen herzlich wenig, wenn ich es nicht richtig vermitteln kann! Das „Wie“ ist genauso wichtig wie das „Was“! Das Entscheidende bei der Führung sind „Aufnahmebereitschaft“ und „Berechtigung“. Perfekt strukturiertes Fachwissen ist zweitrangig, wenn ich es nicht schaffe, dass die Leute mir zuhören und es aufnehmen. Und ich erkannte: Man kann alles optimieren! Kombiniert man eine gut durchdachte Struktur mit einer emotionalen Präsentation, dann bekommt man ein extrem wirkungsvolles Konzept. Für den zweiten Teil steht ganz klar Atilla Vuran. Der erste Teil ist ein Part, den ich übernehmen kann. Ich setzte mich mit ihm zusammen und diskutierte viel mit ihm. Nicht nur einmal! Nein, über viele Jahre. Wir stellten uns Fragen wie „Was ist es denn genau, was Menschen zu Aufnahmebereitschaft und Berechtigung führt?“. Und mit der Zeit suchten wir nicht mehr, sondern entwickelten dieses wirkungsvolle Konzept.

Dieses Konzept halten Sie nun in Ihren Händen. Es soll Sie mit der notwendigen Theorie u. a. aus der Psychologie, der Neurobiologie und der Kommunikationswissenschaft dabei unterstützen, das Thema „emotionale Aufnahmebereitschaft“ zu verstehen. Diese Theorie ist dabei so anschaulich und verständlich wie möglich gestaltet, ohne eine zu starke Vereinfachung vorzunehmen. Neben dem theoretischen Verständnis soll Sie das Buch aber vor allem befähigen, die Inhalte in der alltäglichen Praxis anwenden zu können. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg auf Ihrem Weg zu einer (noch) wirkungsvolleren Kommunikation.

Ihre

Nina Harbers

Wie Sie sicher anhand der Geschichten festgestellt haben, beschäftigt uns das Thema emotionale Aufnahmebereitschaft schon seit vielen Jahren – zunächst in der Praxis durch unsere unzähligen Erfahrungen in Beruf, Seminaren und Coachings und später auch in der dahinterliegenden Theorie.

Wir stellten uns immer wieder die Fragen: Woran liegt es, dass Menschen manche Situationen ohne Mühe meistern oder den Gesprächspartner wirkungsvoll führen können? Woran liegt es, dass es in anderen Situationen oftmals trotz großer Anstrengungen zum Scheitern der Kommunikation kommt und der andere die Berechtigung oder Aufnahmebereitschaft entzieht?

Im Rahmen unserer Trainings stellte sich auch die Frage: Warum liefern wir in manchen Teilnehmergruppen herausragende Ergebnisse und in anderen nicht, obwohl die gleichen Inhalte von denselben Trainern gelehrt wurden? Uns wurde klar, dass die Vermittlung von Inhalten nur dann wirkungsvoll ist, wenn die Berechtigung und emotionale Aufnahmebereitschaft da sind.

Wir stellten fest, dass das Thema „emotionale Aufnahmebereitschaft“ trotz seiner großen Relevanz für die Kommunikation in dieser Form bisher in der Literatur nicht umfassend beschrieben wurde. Mit diesem Buch wollen wir Sie dabei unterstützen, die Mechanismen hinter dem Schaffen von emotionaler Aufnahmebereitschaft zu verstehen, sich bewusst zu werden, was Ihnen bereits gut gelingt, und darauf aufbauend Ihre Wahrnehmung und Fähigkeit zum Aufbau von emotionaler Aufnahmebereitschaft weiter zu verbessern.

Das vorliegende Buch ist relevant für jeden, der mit Menschen zu tun hat – egal ob geschäftlich oder privat. Für jeden, der seine Gesprächspartner besser verstehen und seine zwischenmenschlichen Beziehungen wirkungsvoller gestalten will. Das Buch wurde auch für Menschen geschrieben, die sich selbst etwas besser kennenlernen wollen.

Bestimmt werden Sie durch das Buch das ein oder andere Neue erfahren, das Ihnen in der Zukunft eine wirkungsvollere Kommunikation ermöglicht. Vieles wird Ihnen aber bestimmt schon vor der Lektüre dieses Buches bekannt gewesen sein, manches haben Sie vielleicht geahnt oder es war nur in Vergessenheit geraten. Hier werden Sie an dem Altbekannten, dem tagtäglich Erlebten, vielleicht neue Facetten bemerken, die Mechanismen der Kommunikation, die bisher im Halbdunkel verborgen waren, in einem neuen Licht sehen.

„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, hat der Philosoph Ludwig Wittgenstein einmal gesagt. Beginnen Sie damit, sich mit dem Thema „emotionale Aufnahmebereitschaft“ zu beschäftigen, eignen Sie sich sozusagen eine Art neue Sprache an und es wird sich Ihnen eine völlig neue Welt mit teilweise unerwarteten Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnen.

„Die Grenzen meiner

Sprache bedeuten die

Grenzen meiner Welt.“

(Ludwig Wittgenstein)

Dieses Buch kann zu einer beachtlichen Verbesserung Ihrer Kommunikationsfähigkeit sowie Ihrer Fähigkeit, emotionale Aufnahmebereitschaft herzustellen, führen. Doch ist es keine Wunderbehandlung – also keine simple Lösung für ein komplexes Problem. Sicher wäre es schön, durch einmalige Lektüre des Buches einem Menschen durch die Augen tief in die Seele blicken zu können und in jeder Situation zu wissen, was der Gesprächspartner braucht, um aufnahmebereit zu sein. Dies zu versprechen wäre allerdings unseriös.

Auch wenn das Buch Ihnen dabei helfen kann, wirkungsvolle Resultate in Ihrem Leben zu erzielen, setzt es für die erfolgreiche Anwendung von Ihrer Seite ein bestimmtes Maß an Anstrengung und Übung voraus. Im Gehirn eines Menschen kann nämlich nur etwas bewusst verarbeitet werden, wenn dies mit etwas assoziiert werden kann, das bereits als Wissen und Erfahrung im Gehirn vorhanden ist (3). Wie schnell Sie die Inhalte also bewusst umsetzen können, hängt von zwei Faktoren ab: davon, wie viel Wissen und Erfahrung Sie bereits besitzen, sowie von Ihrer Bereitschaft, Wissen und Erfahrung aufzubauen.

Auch wird es Ihnen – selbst nach intensivem Training der Inhalte – nicht in jeder Situation gelingen, die emotionale Aufnahmebereitschaft beim Gegenüber herzustellen. Es gibt Konstellationen, da können Sie machen, was Sie wollen, und die Aufnahmebereitschaft wird einfach nicht da sein. Denken Sie z. B. an Kinder in der Pubertät …

Kommunizieren heißt scheitern!

Bevor Sie nun aber richtig loslegen, ist uns noch Folgendes wichtig:

Jeder Mensch – Sie genauso wie wir – nutzt seine kommunikativen Fähigkeiten, um andere Menschen zu beeinflussen. Jede Führung, jede Erziehung, jede Bildung wird durch Beeinflussungs- und Kommunikationsfertigkeiten geprägt. Hier gibt es interessanterweise einen Widerspruch: Niemand ist interessiert daran, Methoden oder Fertigkeiten zu lernen, die nicht effektiv sind. Viele effektive Fertigkeiten werden andererseits aber verurteilt und als Manipulation etikettiert.

Wir geben Ihnen mit diesem Buch Inhalte an die Hand, mithilfe derer Sie wirkungsvoller kommunizieren können. Damit werden Sie andere Menschen gezielt erreichen und auch beeinflussen. Kommunikation ist eine Schleife. Ihr Verhalten beeinflusst Ihren Gesprächspartner und das Verhalten Ihres Gesprächspartners beeinflusst Sie. Das war so, bevor Sie dieses Buch gelesen haben, und wird auch hinterher so sein. Unterschied wird aber sein, dass Sie sich der Wirkung, die Sie hervorrufen, bewusst sind.

Egal, welchen Inhalt dieses Buches Sie einsetzen wollen, reflektieren Sie bitte immer, ob Sie damit die Grenze von der Beeinflussung zur Manipulation überschreiten.

Manipulation heißt, jemanden dazu bringen, etwas zu tun,

−… ohne dass derjenige es selbst merkt,

−… ohne dass er dessen Sinn versteht,

−… das seinen eigenen Interessen zuwiderlaufen kann,

−… sodass es Abhängigkeiten schafft.

Das Endziel von Manipulation ist Abhängigkeit bzw. Fremdsteuerung und Täuschung. Menschen, die manipulieren, wollen rücksichtslos die eigenen Bedürfnisse befriedigen.

Beeinflussung hingegen bedeutet, jemanden von etwas zu überzeugen. Dies geschieht dabei offen, nachvollziehbar und transparent. Die Beeinflussung basiert also auf Ehrlichkeit und will den Beeinflussten zur Unabhängigkeit führen (adaptiert nach (4)).

Mit den in diesem Buch dargestellten Inhalten können Sie beides – beeinflussen und manipulieren. Nutzen wir Geld als Metapher: Sie können mit Geld Krankenhäuser bauen, die eigene Familie ernähren oder Ihre Träume verwirklichen. Mit Geld können Sie aber auch Kriege finanzieren, es ruft Neid hervor und verdirbt manchmal sprichwörtlich „den Charakter“. Geld selbst besteht dabei nur aus geprägten Metallstücken oder bedruckten Scheinen aus Papier, die weder gut noch schlecht sind. Und genauso verhält es sich mit den Inhalten dieses Buches, es liegt in Ihrer Verantwortung, was Sie damit machen. Wir haben dieses Buch geschrieben, um wirkungsvoll zu beeinflussen, nicht, um zu manipulieren.

BITTE BEACHTEN SIE

−Bei der Beschreibung sämtlicher Inhalte sind stets Personen männlichen und weiblichen Geschlechts gleichermaßen gemeint. Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird jedoch oftmals nur die männliche Form verwendet (z. B. „der Gesprächspartner“).

−Nicht alle Inhalte des Buches sind wissenschaftlich belegt, manches beruht auch auf eigenen Beobachtungen und jahrelanger Erfahrung.

1.2Wie das Buch aufgebaut ist und wie Sie damit arbeiten können

Untersuchungen haben gezeigt, dass der Durchschnitt aller Menschen ein Buch nur bis Seite 21 liest (5). Äußerst schlechte Voraussetzungen also für unser Buch, bei dem Sie auf Seite 21 gerade mal eine erste Grundidee zur emotionalen Aufnahmebereitschaft bekommen haben. Selbst wenn Sie sich die Zeit nehmen, das gesamte Buch zu lesen, werden bestimmt nicht alle Inhalte im gleichen Maße Ihr Interesse wecken.

Wir gehen davon aus, dass Sie Zeit nicht im Übermaß besitzen, und wünschen uns, dass Sie die für Sie relevanten Inhalte möglichst schnell kennenlernen und in der Praxis anwenden können. Deshalb ist unser Vorschlag zum effektiven Arbeiten mit diesem Buch, zunächst das Kapitel 2 zu lesen, um sich einen allgemeinen Überblick zur Thematik der emotionalen Aufnahmebereitschaft zu verschaffen. Was ist emotionale Aufnahmebereitschaft überhaupt genau, was trägt alles dazu bei und wie können Sie sie im Alltag erkennen? In diesem Kapitel geht es darum, Ihre kommunikative Wahrnehmung zu schulen, damit Sie (noch) differenzierter beobachten, wie sich emotionale Aufnahmebereitschaft als Basis einer gelingenden Kommunikation zeigt und was dazu führt, dass Kommunikation so oft scheitert. Zusätzlich werden Sie verschiedene Aspekte kennenlernen, wie Sie allgemein Ihre Fähigkeit, emotionale Aufnahmebereitschaft herzustellen, steigern können. Die einzelnen Unterkapitel des Kapitels 2.2 „Was trägt alles zur emotionalen Aufnahmebereitschaft bei?“ sind zur besseren Orientierung immer wie folgt gegliedert:

Fakten

Hier finden Sie das notwendige Wissen, zugehörige Zahlen, Daten und Fakten sowie ggf. den wissenschaftlichen Hintergrund. Es wird beschrieben, WAS dazu führt, ob Menschen die emotionale Aufnahmebereitschaft bekommen oder nicht.

Anwendung

Nach den Fakten und Hintergründen zeigen wir Ihnen auf, WIE und WANN Sie die beschriebenen Inhalte in der Praxis einsetzen können, um emotionale Aufnahmebereitschaft herzustellen. Hier finden Sie auch Verweise zum zugehörigen Arbeitshandbuch „Kommunizieren heißt scheitern“, wo zusätzliche Umsetzungsübungen beschrieben werden.

Das Wichtigste in Kürze

Hier sind die wichtigsten Punkte des Kapitels für Sie zusammengefasst, die Sie jederzeit zur Wiederholung und Auffrischung lesen und durchgehen können.

Vertiefende Literatur

Am Ende eines jeden Kapitels finden Sie Vorschläge für vertiefende Literatur zum jeweiligen Thema.

Nachdem Sie sich mit Kapitel 2 entsprechende Grundlagen angeeignet haben, blättern Sie bitte anschließend durch das Kapitel 3 (oder lesen jeweils die Geschichte am Anfang der Unterkapitel) und markieren sich die Überschriften, die bei Ihnen Interesse auslösen. Lesen Sie dann erst einmal nur diese Kapitel. Es wird sich schnell herauskristallisieren, welche Aspekte für Sie am wichtigsten sind, um die Wirkung Ihrer Kommunikation zu verbessern.

Im Kapitel 3 werden verschiedene sogenannte „Filter“ beschrieben, die einen Einfluss auf die emotionale Aufnahmebereitschaft eines spezifischen Gesprächspartners haben können. Hier erfahren Sie, was Sie speziell auf Ihren jeweiligen Gesprächspartner zugeschnitten beim Herstellen von emotionaler Aufnahmebereitschaft beachten sollten. Die aufgeführten Aspekte haben dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder auf Endgültigkeit – dem sollten Sie jedoch den praktischen Nutzen gegenüberstellen.

Die Unterkapitel des Kapitels 3 sind jeweils aus dem Blickwinkel „Aufnahmebereitschaft von anderen gegenüber mir“ geschrieben (vgl. Kapitel 2.1). Sie können die Inhalte aber jederzeit auch aus dem Blickwinkel „von mir anderen gegenüber“ betrachten.

Die Unterkapitel sind wie die des Kapitels 2.2 gegliedert. Zusätzlich finden Sie zum Einstieg jeweils noch eine Beispielgeschichte, damit Sie sich mit dem Thema besser identifizieren können. Sie soll außerdem Ihre emotionale Aufnahmebereitschaft für das Kapitel herstellen. Bei den Geschichten handelt es sich um eigene, persönliche Erlebnisse und wahre Geschichten aus unserem Coachingalltag. Aus Vertraulichkeitsgründen wurden hier die Namen der Beteiligten geändert. Am Ende jedes Unterkapitels finden Sie in Kapitel 3 außerdem einige Beispiele für kapitelspezifische Besonderheiten bei der „Anwendung in der digitalen Kommunikation“. Die allgemeinen Besonderheiten, welche es zu beachten gilt, sind in Kapitel 5 beschrieben.

In Kapitel 4 finden Sie eine Zusammenfassung, welche Ihnen anhand eines Leitfadens dabei helfen soll, die Fülle an Informationen schnell und einfach in der Praxis anwenden zu können.

Kapitel 5 beschäftigt sich mit den allgemeinen Besonderheiten zum Herstellen von emotionaler Aufnahmebereitschaft bei der Anwendung in der digitalen Kommunikation.

Kapitel 6 enthält schließlich das Schlusswort.

Am Ende des Buches finden Sie ein Glossar, ein Stichwortverzeichnis sowie das Literaturverzeichnis mit den Einzelnachweisen.

Sobald Sie die für Sie besonders relevanten Unterkapitel des Kapitels 3 identifiziert haben, können Sie diese immer wieder durch Verwendung von „Das Wichtigste in Kürze“ vertiefen und die Inhalte mithilfe des zugehörigen Arbeitshandbuches in Ihren Alltag übertragen. So können Sie Schritt für Schritt nicht wirkungsvolle Kommunikationsgewohnheiten verändern und bei den für Sie relevanten Inhalten die Stufe der „Unbewussten Kompetenz“ erreichen. Dies ist der Zustand, in dem Sie wahrscheinlich mittlerweile Auto fahren. Sie müssen nicht mehr darüber nachdenken und können parallel zum Fahren auf die Landschaft achten oder ein Gespräch mit Ihrem Beifahrer führen. Dies war aber höchstwahrscheinlich nicht immer so. Denken Sie nur mal an Ihre ersten Fahrstunden …

EXKURS: KOMPETENZSTUFEN (erweitert nach (6))

–Unbewusste Inkompetenz:

Sie wissen oder können etwas nicht, wissen aber nicht, dass Sie dies nicht wissen oder können.

Beispiele:

Wenn Sie noch nie ein Auto gesehen haben, haben Sie keine Vorstellung davon, wie es sein könnte, eines zu fahren.

Bevor Sie dieses Buch gelesen haben, kannten Sie vielleicht den Begriff „Somatische Marker“ überhaupt nicht.

–Bewusste Inkompetenz

Sie wissen, dass Sie etwas nicht wissen oder können. Diese Stufe ist unangenehm, Sie lernen in dieser Stufe aber am meisten.

Beispiele:

Sie lassen beim Autofahren die Gänge schleifen, würgen den Motor ab oder schaffen es nicht, rückwärts einzuparken.

Durch die Lektüre des Buches lernen Sie den Begriff „Somatische Marker“ kennen. Dabei wird Ihnen bewusst, dass Sie noch nicht wissen, wie Sie diese zum Herstellen von emotionaler Aufnahmebereitschaft einsetzen können.

–Bewusste Kompetenz

Sie wissen oder können etwas, müssen sich aber noch bewusst darauf konzentrieren.

Beispiele:

Sie können ein Auto fahren, aber es erfordert noch Ihre komplette Konzentration.

Sie wissen, wie Sie „Somatische Marker“ zum Herstellen von Aufnahmebereitschaft einsetzen können, müssen sich aber im Gespräch bewusst darauf konzentrieren.

–Unbewusste Kompetenz

Sie wissen und können etwas, ohne bewusst darüber nachdenken zu müssen. Einzelaspekte haben sich zu Mustern und Gewohnheiten zusammengefügt.

Beispiele:

Sie überlegen sich zwar vielleicht noch bewusst, wo Sie mit dem Auto hinfahren wollen, den Rest erledigt aber Ihre unbewusste Kompetenz. Ihre Aufmerksamkeit ist während der Fahrt frei für andere Dinge, wie Radio hören oder ein Gespräch mit dem Beifahrer führen.

Sie wenden „Somatische Marker“ (und auch andere im Buch beschriebene Inhalte) unbewusst an, um emotionale Aufnahmebereitschaft herzustellen. Ihre Aufmerksamkeit ist frei, sodass Sie sich zusätzlich voll und ganz auf den Inhalt konzentrieren können.

Ihre Kommunikationsgewohnheiten haben sich in der Regel meist unbewusst im Laufe Ihres Lebens entwickelt. Sie haben Spuren in Ihrem Gehirn hinterlassen. Ihre starken (positiven und negativen) Gewohnheiten sind metaphorisch im neuronalen Netzwerk Ihres Gehirns als breite Trampelpfade angelegt. Eine Veränderung erfolgt nur, wenn Sie diese alten Pfade verlassen und ganz gezielt neue Wege gehen. Dies ist möglich, da das menschliche Gehirn über die Fähigkeit verfügt, sich das ganze Leben lang entsprechend seiner Benutzung und Beanspruchung zu verändern und anzupassen (sogenannte Neuroplastizität). Dafür müssen Sie aber durch Training erst neue Trampelpfade zwischen den Gehirnzellen anlegen, die für die Aktivierung und Durchführung des Verhaltens verantwortlich sind. Zu Beginn ist es wie beim ersten Durchschreiten einer Wiese, die Fußspuren sind noch kaum erkennbar. Mit jedem weiteren Betreten, also jeder Wiederholung der neuen Verhaltensweise, wird der Pfad immer tiefer und stabiler. Ein Kommunikationsverhalten, das Sie anfangs noch bewusst steuern (Zustand der bewussten Kompetenz) wird durch Wiederholung nach und nach zu einer Gewohnheit (Zustand der unbewussten Kompetenz).

„Der Beginn einer Gewohnheit ist wie ein unsichtbarer Faden. Aber jedes Mal, wenn wir die Verhaltensweise wiederholen, stärken wir den Strang, fügen ihm ein weiteres Fädchen hinzu, bis er zu einem dicken Kabel wird, das uns – unser Denken und Handeln – unabänderlich fesselt.“

(Orison Swett Marden)

In diesem Buch wollen wir uns auf 1:1- Gespräche fokussieren. Diese können dabei sowohl persönlich, am Telefon als auch über die Nutzung digitaler Medien (Beachten Sie hier bitte die Besonderheiten, die in Kapitel 5 beschrieben sind!) stattfinden.

Persönliches 1:1-Gespräch

1:1-Gespräch am Telefon

1:1-Gespräch mittels digitaler Medien

Viele Aspekte lassen sich leicht auf Gruppengespräche (in Meetings, Workshops, …) übertragen. Jedoch wirken hier zusätzlich gruppendynamische Prozesse, welche die emotionale Aufnahmebereitschaft der Teilnehmer beeinflussen. Diese gruppendynamischen Prozesse werden in diesem Buch nicht behandelt.

Gruppengespräch

1Die Ziffern in Klammern verweisen jeweils auf die zugehörige Ziffer im Literaturverzeichnis am Ende des Buches.

2EMOTIONALE AUFNAHMEBEREITSCHAFT – ALLGEMEIN

In diesem Kapitel geht es darum zu verstehen, was emotionale Aufnahmebereitschaft ist, wie Sie sie erkennen können und was alles dazu beiträgt. Dabei lernen Sie allgemeine Ansatzpunkte kennen, wie Sie Ihre Wahrnehmung der emotionalen Aufnahmebereitschaft verbessern und Ihre Fähigkeiten zum Herstellen emotionaler Aufnahmebereitschaft grundsätzlich trainieren können – unabhängig vom jeweiligen Gesprächspartner.

2.1Was ist emotionale Aufnahmebereitschaft?

Aufnahmebereitschaft kann laut Duden auch mit folgenden Worten beschrieben werden: Offenheit, Aufgeschlossenheit, Empfänglichkeit, Unvoreingenommenheit, Zugänglichkeit (7). Die emotionale Aufnahmebereitschaft, welche wir in diesem Buch beschreiben, geht aber noch ein Stück weiter. Dabei geht es nicht nur um ein rationales Zustimmen, sondern um ein emotionales Durchdrungensein eines Menschen, von z. B. einem Thema. Dies kann u. a. dazu beitragen, dass dieser von etwas überzeugt ist, tiefer versteht, effektiver lernt, wirkungsvoller Entscheidungen trifft, zum Handeln angeregt wird und sich führen lässt.

Warum dabei die Emotion so wichtig ist, verdeutlicht nachfolgendes Beispiel: Angenommen, Sie wohnen in einer Studenten-WG und die Hitze des Hochsommers macht das Lernen schier unmöglich. Sie möchten sich daher gerne vom gemeinsamen WG-Budget eine Klimaanlage zulegen. Welche Strategie würden Sie anwenden, um Ihren Mitbewohner von einem bestimmten Modell zu überzeugen? Würden Sie ihm

−möglichst viele sachliche Argumente des Modells (Maximalleistung, Energie-Effizienzklasse, Geräuschpegel, Ausstattungsmerkmale, …) oder

−ein Foto, auf dem eine Gruppe sympathischer Leute rund um das Klimaanlagen-Modell sitzt und eine entspannte Party feiert,

präsentieren?

Angenommen Sie möchten zusätzlich zur Klimaanlage eine neue Biermarke in die WG einführen. Wie würden Sie Ihren Mitbewohner hier überzeugen? Würden Sie ihm

−möglichst viele sachliche Argumente (Alkoholgehalt, Flaschengröße, Öffnungsmechanismus, …) oder

−ein Foto, auf dem eine Gruppe sympathischer Leute mit der neuen Biermarke eine entspannte Party feiert,

präsentieren?

Wahrscheinlich würden Sie die Klimaanlage Ihrem Mitbewohner eher mit sachlichen Argumenten und die Biermarke eher mit dem Foto – also mit Emotionen – verkaufen.

Doch wovon hängt es ab, was besser funktioniert? Hat ein Gegenstand eher Funktionalität und Gebrauchswert (z. B. Staubsauger, Waschmaschine, Heizungsthermostate, …), achten Menschen eher auf sachliche Argumente und entscheiden eher rational. Bei so ziemlich allem anderen (Arbeitgeber, Liebespartner, …) entscheiden Menschen eher emotional (oder zumindest unter Beteiligung der Emotion), da es dabei unter anderem um die eigene „soziale Identität“ geht (8). Das steht im krassen Gegensatz dazu, wie Menschen Tag für Tag versuchen, andere von etwas zu überzeugen – durch Argumente. Dies bringt vielleicht Menschen zum Zuhören und Nachdenken, schafft aber keine emotionale Aufnahmebereitschaft und lässt Menschen nicht in eine gewünschte Richtung handeln. Rationale Argumente bringen das Gegenüber zum Zuhören und Nachdenken, Emotionen bringen es hingegen zum Handeln.

„Rationale Argumente bringen Menschen zum Zuhören und Nachdenken, Emotionen bringen Menschen hingegen zum Handeln.“

(Atilla Vuran)

Vor allem wenn Intellekt und Emotion im Widerspruch stehen, siegt meist die Emotion, wie nachfolgendes Beispiel zeigt:

Rudi ist erfolgreicher Unternehmensberater, viel unterwegs und isst dementsprechend häufig außer Haus – z. B. am Flughafen oder am Bahnhof. Sie können sich vorstellen, dass er oftmals nicht besonders gesund isst, sondern eher zu einer schnellen Pizza oder Currywurst greift. Da Rudi durch seine Ernährungsgewohnheiten ziemlich an Gewicht zugelegt hat, hat er sich vor ein paar Monaten vorgenommen, sich ausgewogener und gesünder zu ernähren. An einem Wochenende verspürt Rudi am Sonntagnachmittag ein leichtes Hungergefühl. Er hat relativ spät gefrühstückt und deshalb das Mittagessen ausfallen lassen. Rudi geht also in die Küche und öffnet den Kühlschrank. Da er sich ja gesünder ernähren will, findet er jede Menge Obst darin. Sein Intellekt sagt: „Nimm dir einen Apfel“, seine Emotion sagt „Schau mal, was sonst noch so da ist“. Gezielt öffnet er die Süßigkeiten-Schublade und findet seine Lieblingsschokolade der Sorte Nuss-Nougat. Der Intellekt sagt: „Nein, du willst dich doch gesund ernähren, nimm den Apfel.“ Die Emotion sagt „Nuss-Nougat-Schokolade!“ … „Apfel!“ … „Schokolade!“ … Wer gewinnt? Sie ahnen es, die Emotion siegt meist über den Intellekt.

Wenn Sie verinnerlichen, dass es beim Überzeugen eines anderen Menschen in den meisten Fällen nicht um Argumente, sondern um Gefühle geht, können Sie erfolgreicher die emotionale Aufnahmebereitschaft herstellen und die Einstellung anderer Menschen ändern. Deren Verhalten ist das Ergebnis psychischer Prozesse, die in ihrem Inneren ablaufen, es wird maßgeblich von ihren Gefühlen bestimmt.

Als Metapher kann die emotionale Aufnahmebereitschaft eines Menschen wie eine Brücke, welche aus einer Vielzahl verschiedener Bretter besteht, angesehen werden. Diese Brücke ist je nach Kontext und Gesprächspartner unterschiedlich stark ausgebaut und sicher. Ist die volle Aufnahmebereitschaft da, sind als Bausubstanz stabile, tragende Bretter eingesetzt, welche ein bequemes und schnelles Überschreiten möglich machen.

Ist nur geringe Aufnahmebereitschaft und verbleibende Skepsis da, ist es zwar möglich, die Brücke zu überschreiten, doch es ist sehr anstrengend, denn es sind Lücken da, die es zu überspringen gilt, und einige Bretter sind womöglich morsch.

Bei nicht vorhandener emotionaler Aufnahmebereitschaft ist die Brücke schließlich so zerstört oder gar nicht erst errichtet, dass ein Überschreiten unmöglich wird.

BITTE BEACHTEN SIE

Selbst wenn emotionale Aufnahmebereitschaft vorhanden ist, also eine stabile Brücke steht, bedeutet dies nicht, dass dies unwiderruflich und auf Dauer so ist. Aufgrund von Witterungseinflüssen (z. B. Wählen eines falschen Zeitpunkts) kann die Brücke brüchig werden oder sogar einstürzen. Es ist also wichtig, die Brücke instand zu halten, bzw. es kann sogar nötig sein, die Brücke erneut zu errichten.

Das Thema emotionale Aufnahmebereitschaft kann aus drei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden (der Kreis stellt Sie selbst dar):

Die erste Ebene ist der Blickwinkel von Ihnen zu anderen („… von mir anderen gegenüber“). Also, wann sind Sie jemandem oder etwas gegenüber emotional aufnahmebereit? Hier geht es in erster Linie um das Verstehen der eigenen Persönlichkeit: Wann lassen Sie es zu, dass jemand eine Brücke der emotionalen Aufnahmebereitschaft zu Ihnen baut? Welche Faktoren – also Bretter – sind dafür nötig? Welche Bretter sollten vermieden werden, weil sie z. B. morsch sind? Wie sorgen Sie dafür, dass der andere weiß, was Sie brauchen und welche Bretter er verbauen soll?

Zusätzlich geht es – im Rahmen Ihrer eigenen Selbstführung – darum, selbst zum Bau der Brücke beizutragen.

Auf der zweiten Ebene erfolgt die Betrachtung der emotionalen Aufnahmebereitschaft von anderen gegenüber Ihnen („… von anderen mir gegenüber“). Hier geht es um das Verstehen anderer sowie die Anwendung in Gesprächen: Wie können Sie eine Brücke der emotionalen Aufnahmebereitschaft zu jemand anderem bauen? Welche Aspekte spielen beim jeweiligen Menschen eine Rolle, also welche Bretter sollten Sie verwenden, um eine stabile Brücke zu erhalten und den anderen darüberführen zu können? Was können Sie an Ihrer Kommunikation ggf. verändern, damit der andere aufnahmebereit wird und seinen Teil zum Bau der Brücke beiträgt?

Die beiden ersten Ebenen sind insofern eng miteinander verknüpft, als Menschen tendenziell denken, dass das, was sie selbst brauchen würden, um aufnahmebereit zu sein, auch das ist, was andere brauchen. D. h., dass Menschen aus ihrer Natürlichkeit heraus andere oftmals dann erreichen, wenn sie ihnen in relevanten Faktoren ähnlich sind. Gibt es bedeutende Unterschiede, kann es zum Entzug von Aufnahmebereitschaft oder sogar zu Konflikten kommen. Dies hängt allerdings immer im starken Maße davon ab, ob und wie die beiden Gesprächspartner mit den Unterschieden umgehen können.

In der Brücken-Metapher gesprochen bedeutet dies, dass bei beiden Gesprächspartnern zwar der Wunsch nach Aufnahmebereitschaft vorhanden sein kann und beide auch beginnen, eine Brücke zu bauen, dass aufgrund ihrer unterschiedlichen Persönlichkeitsstruktur die beiden Brückenteile aber aneinander vorbeilaufen können und so dennoch keine Aufnahmebereitschaft entsteht.

Das Kennen und Verstehen der eigenen Persönlichkeit im Hinblick auf das Thema emotionale Aufnahmebereitschaft, gekoppelt mit dem Interesse am anderen, bildet somit auch eine Voraussetzung, um andere Menschen in die Aufnahmebereitschaft zu führen. Nur so ist es möglich, wahrzunehmen, welche Unterschiede es gibt und was verändert werden sollte.

„Um emotionale Aufnahmebereitschaft bei anderen herzustellen, müssen Sie sich zunächst selbst kennen und verstehen.“

(Nina Harbers)

In der dritten Ebene geht es darum, wann und wie Sie sich selbst gegenüber aufnahmebereit sind („… mir selbst gegenüber“). Dies ist wichtig im Rahmen Ihrer Selbstführung, um z. B. selbst gesteckte Ziele zu erreichen, aber auch im Gespräch mit anderen. Sind Sie sich selbst gegenüber nicht aufnahmebereit oder entziehen Sie sich selbst die Berechtigung, merkt dies der Gesprächspartner meist instinktiv anhand Ihrer Körpersprache, Ihrer Aussagen oder subtiler Verhaltensweisen, die Sie zeigen. Oftmals entzieht Ihnen dieser dadurch auch seine Aufnahmebereitschaft. Um in der Metapher zu bleiben: Welchen Brettern der Brücke zu Ihnen selbst sollten Sie besondere Beachtung schenken, welche sind morsch, sollten gepflegt oder repariert werden?

Die Tatsache, dass sich jemand selbst die Berechtigung gibt und sich selbst gegenüber aufnahmebereit ist, bildet eine wichtige Voraussetzung dafür, dass dies auch andere tun. Menschen spüren instinktiv, wenn dies nicht so ist (vgl. Kapitel „Selbstvertrauen“).

Aus Kapitel 3 haben wir diese dritte Ebene aufgrund der Komplexität ausgeschlossen, da dies den Rahmen sprengen würde.

2.2Was trägt alles zur emotionalen Aufnahmebereitschaft bei?

Wie bereits beschrieben, hat jeder Mensch eine kontextabhängige individuelle Brücke der emotionalen Aufnahmebereitschaft. Diese besteht aus einer Vielzahl verschiedener Bretter, welche in Summe über die Stabilität der Brücke entscheiden. Als Bretter der Brücke sind in unserem Buch Faktoren gemeint, welche die emotionale Aufnahmebereitschaft Ihres Gesprächspartners beeinflussen. Je nach Person nehmen die einzelnen Faktoren dabei einen unterschiedlich hohen Stellenwert im Hinblick auf die Stabilität der Brücke ein. So gibt es Bretter, ohne die die Brücke einstürzen würde, und Bretter, die lediglich kleinere Lücken auffüllen und auf die sogar verzichtet werden könnte. Durch die richtige Auswahl und korrekte Anordnung der Bretter wird die Brücke stabil und ein bequemes und schnelles Überschreiten ist möglich.

In einem 1:1-Gespräch bauen Ihr Gesprächspartner und Sie selbst an der Brücke. Einige Bretter bringt der Gesprächspartner bereits mit oder wählt und verbaut sie während des Gesprächs, andere sind durch Ort und Lage der Brücke (Kontext) schon vordefiniert, den Rest wählen und ordnen Sie an – im Rahmen Ihrer Möglichkeiten.

Dabei gilt es herauszufinden, auf welche Art und Weise dies am besten geschieht, um eine möglichst stabile Brücke zu erhalten.

Faktoren für die Wahl Ihrer Bretter

Ein tiefes Interesse am anderen sowie das empathische Identifizieren von Bedürfnissen bildet die Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Bauen der Brücke, also das Herstellen von emotionaler Aufnahmebereitschaft. Die von Ihrer Seite dafür notwendige emotionale Intelligenz (die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle richtig wahrzunehmen, zu verstehen und zu beeinflussen) lässt sich in drei Hauptelemente unterteilen: in Emotionsmanagement, Empathie und kommunikative Kompetenz. Das Emotionsmanagement bezieht sich auf Sie selbst; es bedeutet, dass Sie mit den eigenen Gefühlen wirkungsvoll umgehen können sollten. Dazu tragen u. a. Ihr Selbstvertrauen und der Selbstwert, mit dem Sie ins Gespräch gehen, die innere Haltung, die Sie mitbringen, und die Aufmerksamkeit, die Sie dem Gesprächspartner zuteilwerden lassen, bei. Empathie überquert die Brücke und ist die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen und zu verstehen. Durch das wirkungsvolle Zusammenspiel von Emotionsmanagement und Empathie entfaltet sich schließlich die persönliche kommunikative Kompetenz. Um hier noch wirkungsvoller zu werden, ist an der einen oder anderen Stelle sicher Training notwendig. Ideen dazu bekommen Sie in den Kapiteln 2.2.1-2.2.3 sowie im Kapitel 3.

Ihre Empathie und kommunikative Kompetenz passieren auf dem Weg über die Brücke der Aufnahmebereitschaft zu Ihrem Gesprächspartner jedoch immer mehrere Hürden – die sogenannten kognitiven Verzerrungen und Wahrnehmungsfilter von Ihnen und Ihrem Gesprächspartner. Kognitive Verzerrungen sind systematische fehlerhafte Abweichungen von der Rationalität beim Wahrnehmen, Erinnern, Denken und Urteilen. Diese Verzerrungen laufen automatisch ab, sind uns also meist nicht bewusst und tragen dennoch ihren Teil zur Definition der Bretter bei. Interessanterweise haben diese gar nichts mit dem Gespräch selbst zu tun, verzerrtes Denken ist sozusagen ein Standardmodus unseres Verstandes (vgl. Kapitel „Kognitive Verzerrungen“). Die unterschiedlichen Wahrnehmungsfilter sorgen dafür, dass jeweils nur bestimmte Teile der realen Welt hindurchgelassen werden und sich jeder sozusagen seine eigene Wirklichkeit schafft. Kognitive Verzerrungen und Wahrnehmungsfilter können z. B. beeinflussen, wie Sie und Ihr Gesprächspartner sich gegenseitig wahrnehmen.

Neben den eben beschriebenen Brettern der Brücke zur emotionalen Aufnahmebereitschaft, die Sie selbst legen, werden andere Bretter der Brücke durch das kontextabhängige Emotionsmanagement Ihres Gesprächspartners definiert. Dieses schließt dessen Vertrauen in Sie, seine innere Haltung sowie seine Aufmerksamkeit im Gespräch ein. Diese Faktoren sind kaum von außen direkt veränderbar, aber durch Ihre kommunikative Kompetenz beeinflussbar! So bringt metaphorisch gesprochen Ihr Gesprächspartner z. B. zwar seine spezifischen, durch seine Persönlichkeit und seinen aktuellen Zustand definierten Bretter mit, Sie können ihn aber beim Wählen und Verbauen seiner Bretter unterstützen. Außerdem können durch eine wirkungsvolle Kommunikation Bretter während des Gesprächs repariert, ausgetauscht und durch stabilere ersetzt werden. Wie dies in der Praxis funktioniert, ist im Kapitel „Emotionsmanagement“ beschrieben.

Die unterschiedlichen Faktoren, welche die Bretterauswahl definieren, sind nachfolgend nochmals im Überblick dargestellt und in den Kapiteln 2.2.1-2.2.6 näher erläutert:

Wie Sie vielleicht bereits durch die Lektüre der bisherigen Kapitel bemerkt haben, ist die emotionale Aufnahmebereitschaft ein komplexes Thema und die beeinflussenden Faktoren sind vielzählig. Wir haben uns bemüht, diese Komplexität zu reduzieren und die beteiligten Faktoren so anschaulich und verständlich wie möglich zu gestalten, ohne dabei eine zu starke Vereinfachung vorzunehmen. In der Praxis lassen sich die einzelnen Faktoren natürlich nicht immer scharf voneinander trennen, da sie stark miteinander in Wechselwirkung stehen. Zum besseren Verständnis werden diese in den Kapiteln 2.2.1-2.2.6 jedoch separat betrachtet.

VERTIEFENDE LITERATUR

Daniel Goleman: EQ. Emotionale Intelligenz. München und Wien, dtv Verlagsgesellschaft, 1996

2.2.1Emotionsmanagement

„Was nützt ein hoher IQ, wenn man ein emotionaler Trottel ist?”(Daniel Goleman)

Mit Emotionsmanagement ist der wirkungsvolle Umgang mit den eigenen Gefühlen gemeint. Dazu zählt, die eigenen Gefühle zunächst zu erkennen und zu akzeptieren. Basis dafür bildet die Aufmerksamkeit, die jemand während eines Gesprächs sich selbst und seinem Gesprächspartner zuteilwerden lässt.

Im nächsten Schritt heißt Emotionsmanagement aber auch, in der Lage zu sein, die eigenen Gefühle zu steuern, so dass sie der Situation angemessen sind. Dafür kann es z. B. nötig sein, eine bestimmte Einstellung zum Gespräch zu wählen oder auch, sich bei Bedarf selbst beruhigen zu können.

Folgende Aspekte des Emotionsmanagements, die einen Einfluss auf die emotionale Aufnahmebereitschaft haben können, sind nachfolgend beschrieben:

−Das Vertrauen, das Ihnen Ihr Gesprächspartner entgegenbringt, das Selbstvertrauen und die Selbstverantwortung, die Sie in der Gesprächssituation haben, und dementsprechend die eigene Berechtigung, die Sie sich geben,

−die innere Haltung, mit der Sie und Ihr Gesprächspartner ins Gespräch gehen (z. B. eher positive oder negative Einstellung dem Gespräch und Gesprächspartner gegenüber),

−die Aufmerksamkeit, mit der Sie und Ihr Gesprächspartner das Gespräch führen.

Es sind dazu jeweils auch Ansätze aufgeführt, wie Sie diese verbessern oder trainieren können. In der Praxis stehen die Aspekte stark miteinander in Wechselwirkung. Zum besseren Verständnis sind sie hier aber separat aufgeführt.

2.2.1.1Vertrauen und Selbstvertrauen

„Selbstvertrauen ist die Quelle des Vertrauens zu anderen.“ (François VI. Duc de La Rochefoucauld)

FAKTEN

Wenn Sie morgens den Wasserhahn aufdrehen, vertrauen Sie darauf, dass die Ingenieure im Wasserwerk ihre Arbeit tun. In der Autowerkstatt verlassen Sie sich auf die ordnungsgemäße Ausführung der Reparatur, deren Details Sie nicht kontrollieren können. Vertrauen bildet die Grundlage für alle Beziehungen und jede Form der Kommunikation. Mangelndes Vertrauen geht mit (oftmals übertriebener) Kontrolle einher und kann dadurch Effizienz und Effektivität ausbremsen. Vertrauen hingegen schafft Geschwindigkeit, senkt Kosten und macht Veränderungen leichter umsetzbar. Trotz der offensichtlich immensen Macht von Vertrauen gehört es wohl mit zu den am meisten unterschätzten Faktoren unserer Gesellschaft.

Auch die emotionale Aufnahmebereitschaft eines Gesprächspartners wird maßgeblich sowohl durch sein Vertrauen in Sie sowie Ihr eigenes Selbstvertrauen (Vertrauen, das Sie sich selbst entgegenbringen) beeinflusst. Durch Vertrauen werden Gespräche effizienter und einfacher. Schlüsselfrage ist also: Sind Sie für andere und für sich selbst jemand, der Vertrauen verdient?

1. Das Vertrauen des Gesprächspartners in Sie

Das gegenseitige Vertrauen zweier Menschen können Sie sich als Vertrauenskonten vorstellen (9). In einer Beziehung (hier: Gesprächsbeziehung) zueinander haben Sie und Ihr Gesprächspartner je ein eigenes Konto mit einem individuellen Kontostand. Dieser zeigt jeweils an, wie viel Vertrauen in den anderen gerade vorhanden ist.

Der Kontostand Ihres Gesprächspartners muss dabei nicht Ihrem eigenen entsprechen. Durch Ihr (Kommunikations-)Verhalten tätigen Sie Ein- und Auszahlungen, welche den Kontostand entsprechend verändern können.

Wichtig dabei ist, dass etwas, das Sie als Einzahlung empfinden, für den anderen eine Auszahlung sein kann, und umgekehrt. Laden Sie z. B. bei einem vormittäglichen Geschäftstermin Ihren Kollegen zu einem anschließenden gemeinsamen Mittagessen ein, kann es sein, dass Sie dies als vertrauensfördernde Maßnahme, also als Einzahlung auf sein Vertrauenskonto, empfinden. Würde der Kollege hingegen die Mittagspause gerne für Sport nutzen und/oder ist womöglich auf Diät, wird er das gemeinsame Mittagessen vielleicht eher als Auszahlung von seinem Vertrauenskonto empfinden. Dies wird stark von den persönlichen Filtern gesteuert, die ausführlich in Kapitel 3 beschrieben werden.

Der Vertrauensbaum

Wie hoch der aktuelle Kontostand Ihres Gesprächspartners ist, hängt von Ihrer persönlichen Vertrauenswürdigkeit im jeweiligen Kontext ab. Diese beruht auf vier Ebenen, die wie Teile eines Baumes aneinandergekoppelt sind: Integrität, Absicht, Fähigkeiten und Ergebnisse (9). Bei den ersten beiden Ebenen geht es um den Charakter, bei den beiden anderen um die Kompetenz eines Menschen. Der Vertrauensbaum wächst dabei auf einem Feld aus Selbstvertrauen und Selbstverantwortung. Je mehr Selbstvertrauen Sie haben und je mehr Sie die Verantwortung für sich und Ihr Tun übernehmen, desto besser kann der Baum gedeihen.

Die vier Ebenen des Vertrauensbaumes sind nachfolgend kurz beschrieben:

1. Integrität: Die persönliche Integrität entspricht den Wurzeln des Baumes. Tun Sie, was Sie sagen, halten Sie, was Sie versprochen haben, und handeln Sie so, wie Sie denken? Ehrliches, faires Verhalten ist vertrauensbildend, gerade dann, wenn es auch einmal zum eigenen Nachteil ist. Integrität ist der Begriff, den die meisten Menschen mit Vertrauen verbinden. Denn oftmals hängen massive Vertrauensbrüche mit Verletzungen der Integrität zusammen. Integer ist, wer den Mut hat, im Einklang mit seinen Werten und Überzeugungen zu handeln. Schaffen Sie dies, wird es einen positiven Einfluss auf das Vertrauen, das Ihnen der Gesprächspartner entgegenbringt, und damit seine emotionale Aufnahmebereitschaft haben (vgl. auch Kapitel „Werte und Wertekonflikte“).

2. Absichten: Die Absichten, die aus der Integrität erwachsen, bilden den Stamm. Handeln Sie zum Besten Ihres Gesprächspartners? Fürsorge und Anteilnahme sind dabei hervorragende Absichten, um Vertrauen zu gewinnen. Misstrauen hingegen entsteht, wenn rein egoistische Absichten verfolgt werden. Auch wenn Ihr Gesprächspartner den Verdacht hat, dass Sie versteckte Absichten verfolgen und Ihnen sein Wohl nicht wichtig ist, wird er alles, was Sie sagen und tun, argwöhnisch betrachten. Sein Vertrauen in Sie und somit seine emotionale Aufnahmebereitschaft sinkt.

3. Fähigkeiten: Die Fähigkeiten, mit denen Sie Vertrauen wecken, sind die Äste und Zweige des Baumes: Ihre Talente, Einstellungen und Fertigkeiten sowie Ihr Wissen. Das sind Mittel, die Sie nutzen, um Ergebnisse und Erfolge zu erzielen. Diese sind dabei stark kontextabhängig. Es kann z. B. sein, dass Sie als Hausarzt integer sind und gute Motive haben, aber nicht über das nötige Know-how für eine Herzoperation verfügen. In diesem Gebiet fehlt es Ihnen also an Vertrauenswürdigkeit auf der Ebene Fähigkeiten. Sollte ein Patient also eine Bypass-Operation brauchen, wird dieser Ihnen in diesem Kontext höchstwahrscheinlich kein Vertrauen und daher auch keine emotionale Aufnahmebereitschaft entgegenbringen.

4. Ergebnisse: Die Ergebnisse – sozusagen die Früchte Ihres Handelns – sind das Resultat richtig eingesetzter Fähigkeiten. Sie bestätigen das Vertrauen, das Ihr Gesprächspartner in Sie setzt, und stärken es: Nichts macht glaubwürdiger als befriedigende Ergebnisse. Wenn Sie die Erwartungen Ihres Gesprächspartners hingegen nicht erfüllen, schadet das Ihrer Glaubwürdigkeit und in der Konsequenz auch der emotionalen Aufnahmebereitschaft des Gesprächspartners. Stephen M. R. Covey bringt dies auf den Punkt: „Auch wenn Sie jemanden für aufrichtig halten, sogar für ehrlich, werden Sie ihm noch lange nicht uneingeschränkt vertrauen, wenn er keine entsprechenden Ergebnisse und Erfolge vorweisen kann.“

Vertrauen ist also eine wichtige Basis der emotionalen Aufnahmebereitschaft eines Menschen. Ob Ihnen jemand vertraut, entscheidet sich dabei auf allen vier Ebenen des Vertrauensbaumes. Diese klopfen Menschen unbewusst in Gesprächen oder durch Beobachten ab. Sie sollten deshalb in allen vier Faktoren aktiv Vertrauen aufbauen, um in der Kommunikation wirkungsvoller zu werden. Grundlage dafür bilden Ihr Selbstvertrauen und Ihre Selbstverantwortung, also die Verantwortung, die Sie für das eigene Denken und Handeln übernehmen.

Möchten Sie sich tiefer mit dem Thema Selbstverantwortung beschäftigen, finden Sie Anregungen dazu auch im Buch „Promovieren heißt scheitern“, einem Konzept zur Selbstführung und Selbstverantwortung (siehe vertiefende Literatur am Ende des Kapitels).

„Auch wenn Sie jemanden für aufrichtig halten, sogar für ehrlich, werden Sie ihm noch lange nicht uneingeschränkt vertrauen, wenn er keine entsprechenden Ergebnisse und Erfolge vorweisen kann.“

(Stephen M. R. Covey)

2.Ihr Selbstvertrauen und Ihre Selbstverantwortung

Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Seit Wochen bemühen Sie sich schon um einen Termin bei Ihrem Chef, um ihm eine neue Idee zur Umstrukturierung der Abteilung vorzustellen. Nach ewigem Hin und Her wegen des Termins ist es schließlich so weit, und das Treffen findet statt. Vermeintlich bestens vorbereitet, machen Sie sich auf den Weg zum Büro des Chefs, als Ihnen plötzlich Zweifel kommen. Haben Sie vielleicht doch nicht alles bedacht? Hätten Sie vielleicht besser einen Kollegen mit einbezogen? Wie kommen genau Sie auf die Idee, eine Umstrukturierung vorzuschlagen? Wie wird Ihr Chef darauf reagieren? Schließlich wissen Sie, dass Ihr Chef sehr kritisch sein kann und den Dingen gerne genau auf den Grund geht. Plötzlich sinkt Ihr Selbstvertrauen und, eben noch euphorisch, gehen Sie nun etwas verunsichert in das Gespräch. Folglich kommt es, wie es kommen muss: Ihr Chef lehnt Ihre Überlegungen kategorisch ab, alle mühsam zusammengestellten Argumente stoßen auf Widerstand. Sie haben keine emotionale Aufnahmebereitschaft von ihm!

Was ist passiert? Sie haben sich die eigene Berechtigung entzogen, und folglich hat dies auch Ihr Chef getan. Durch die Botschaften Ihrer Körpersprache, Ihrer Tonlage und anderer subtiler Verhaltensformen spüren Menschen instinktiv, ob Sie sich selbst die Berechtigung geben, und reagieren unbewusst darauf. Andere geben Ihnen oft keine Berechtigung, wenn Sie das selbst nicht tun. Ob Sie also in einer Situation erfolgreich emotionale Aufnahmebereitschaft aufbauen, hängt maßgeblich von der Berechtigung ab, die Sie sich selbst dafür geben. Also, wie sehr trauen Sie sich zu, ein bestimmtes Gespräch erfolgreich mit jemandem zu führen? Dies hat sehr viel mit dem eigenen Selbstvertrauen in der jeweiligen Situation zu tun. Selbstvertrauen ist die Überzeugung, etwas zu können, doch diese ist kontextabhängig und dadurch sehr schwankend.

Das ins Gespräch mitgebrachte Selbstvertrauen führt also zu folgendem Kreislauf, der sowohl positiv als auch negativ durchlaufen werden kann:

−Ist Selbstvertrauen da, geben Sie sich eher die Berechtigung,

−dies bildet die Basis dafür, dass auch Ihr Gesprächspartner Ihnen diese gibt,

−was wiederum eine wichtige Voraussetzung für die emotionale Aufnahmebereitschaft des Gesprächspartners darstellt.

−Schaffen Sie es, diese herzustellen, bauen Sie Selbstvertrauen auf (in diesem Kontext/in dieser Art von Gespräch/gegenüber diesem Gesprächspartner),

−was Ihnen nachfolgend hilft, sich die Berechtigung zu geben, usw.

Im negativen Sinne führt mangelndes Selbstvertrauen dazu, dass Sie sich die Berechtigung entziehen, Ihr Gesprächspartner dies dann sehr wahrscheinlich auch tut, er dadurch nicht aufnahmebereit wird, was einen negativen Einfluss auf Ihr Selbstvertrauen haben kann (in diesem Kontext/in dieser Art von Gespräch/gegenüber diesem Gesprächspartner), usw.

ANWENDUNG

1. Aufbau von Selbstvertrauen

Nun ist Ihnen vermutlich bewusst geworden, wie wichtig das Selbstvertrauen in Gesprächen ist, und Sie fragen sich vielleicht, wie Sie dieses steigern können, um in der Kommunikation noch wirkungsvoller zu werden.

Die gute Nachricht ist: Selbstvertrauen ist nicht angeboren, sondern erworben. Sie können es also stärken, wenn es Ihnen daran mangelt. Die weniger gute Nachricht ist: Dies erfordert Zeit und eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst. Wenn Sie dazu bereit sind, finden Sie nachfolgend einige Anregungen, um Ihr Selbstvertrauen zu steigern (weitere Ideen finden Sie im zugehörigen Arbeitshandbuch):

−Erfolgstagebuch führen

−Buch zum Thema „Steigerung des Selbstvertrauens“ lesen

−Am eigenen Selbstwert arbeiten

Erfolgstagebuch führen: Kaufen Sie sich ein leeres Buch oder Notizheft, das Sie optisch anspricht. Widmen Sie dieses fortan Ihren persönlichen Erfolgen und schreiben Sie darin täglich mindestens fünf Dinge auf, die Sie gut gemacht haben, und wie Sie sie gemacht haben – am besten abends im Bett vor dem Einschlafen. Es soll Ihnen so Tag für Tag zeigen, was Sie schon erreicht haben und was Sie noch erreichen können. Hilfen für das Führen des Erfolgstagebuches sowie weitere Erfolgsfragen finden Sie im zugehörigen Arbeitshandbuch.

Buch zum Thema „Steigerung des Selbstvertrauens“ lesen: Erkennen Sie, welche Ursachen und Folgen ein geringes Selbstvertrauen haben kann. Lernen Sie Ihren inneren Kritiker kennen und wie Sie diesen zähmen können. Und erfahren Sie, wie Sie an Ihrem Selbstvertrauen arbeiten können. So hat z. B. Rolf Merkle hierfür mit „So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen“ einen sehr durchdachten und auf den Punkt gebrachten Ratgeber verfasst, der das Thema praxisnah und nicht hoch psychologisiert beschreibt.

Am eigenen Selbstwert arbeiten: Da Selbstvertrauen stark auf dem eigenen Selbstwert aufbaut, können Sie es auch über das Arbeiten am eigenen Selbstwert steigern. Selbst-WERT bedeutet dabei: der selbst gefühlte Wert, den Sie sich geben bzw. das Bewusstsein Ihres eigenen Wertes. Also: Vertrauen Sie Ihren Fähigkeiten und betrachten Sie sich selbst als wertvoll, auch in Anbetracht Ihrer Schwächen und Fehler. Stärken Sie Ihren Selbstwert, werden Sie robuster gegenüber negativen Gefühlen wie Hilflosigkeit, Selbstmitleid, Ärger über sich selbst oder andere, und gegenüber Ängsten. Dies steigert das Selbstvertrauen und somit die Berechtigung, die Sie sich in Gesprächen geben. Diese eigene Berechtigung bildet, wie bereits beschrieben, eine wichtige Grundlage für die emotionale Aufnahmebereitschaft Ihres Gesprächspartners.

Um an Ihrem Selbstwert zu arbeiten, gibt es nach dem Psychologen Nathaniel Brandon sechs Ansätze:

−Bewusstes Leben

−Selbstannahme

−Eigenverantwortliches Leben

−Selbstbehauptung

−Zielgerichtetes Leben

−Persönliche Integrität

Bewusstes Leben: Bewusst leben bedeutet, Realitäten zu akzeptieren und zu respektieren. Dazu gehören sowohl Ihre eigenen Bedürfnisse, Werte und Emotionen als auch die Realitäten der Welt um Sie herum. Wenn etwas wahr ist, wird es nicht weniger wahr, wenn Sie es leugnen. Stellen Sie sich also wichtigen und auch unangenehmen Tatsachen und nehmen Sie Ihre inneren Impulse zur Kenntnis, statt vor ihnen zurückzuweichen.