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Leitungskräfte werden in ihrem Berufsalltag häufig mit konfliktreichen Gesprächen konfrontiert. Doch oft fehlt es an einer entsprechenden Vorbereitung auf solche kritische Situationen. So kommt es zu Problemen, die das gesamte Team stören. Eine gute Gesprächsvorbereitung ist also essenziell. In diesem Buch wird anhand von konkreten Konfliktfeldern und vielen Fallbeispielen aufgezeigt, wie auch problematische Gespräche erfolgreich geführt werden können. Dazu zählen Gespräche mit Mitarbeitern, Patienten, Angehörigen, Mitarbeitern der Krankenkassen und des MDK sowie weiteren im Alltag relevanten Personengruppen. Dieses Buch schildert aber nicht nur konkrete Fälle, sondern stellt sie in einen didaktischen Rahmen und identifiziert Erfolgsfaktoren. So hilft es bei der Reflexion des bisherigen Verhaltens, optimiert die eigene Gesprächsführung und schildert passende Alternativen.
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Seitenzahl: 197
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Christian Loffing | Dina Loffing (Hrsg.)
Konfliktgesprächein der Pflege
So meistern Sie schwierige Situationenin der Praxis
Unter Mitarbeit von: Tanja Bodden Christian Dierichs Jürgen Drebes
schlütersche
Du hast die Konflikte nicht im Griff, solange sie dich im Griff haben.
MICHAEL MARIE JUNG
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89993-322-2 (Print)ISBN 978-3-8426-8491-1 (PDF)
© 2014 Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover
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Reihengestaltung:
Groothuis, Lohfert, Consorten | glcons.de
Titelbild:
Edyta Pawlowska – fotolia.com
Satz:
PER Medien+Marketing GmbH, Braunschweig
Druck und Bindung:
Vorwort
1Gespräche mit brisantem Inhalt meistern
1.1Gespräche im Alltag von Fach- und Führungskräften
1.2Reden ist Silber – Schweigen ist Gold?
2Grundlagen erfolgreicher Gesprächsführung bei Konflikten
2.1Personenzentrierte Gesprächsführung als Basis erfolgreicher Gespräche
2.1.1 Grundlagen
2.1.2 Umsetzung in der Praxis
2.1.3 Erfolgsfaktoren
2.2Dem Konflikt auf den Grund gehen
2.2.1 Entstehung und Hintergründe von Konflikten
2.2.2 Konfliktanalyse
2.2.3 Konfliktstile
2.3Das Konfliktgespräch
2.3.1 Grundlagen
2.3.2 Umsetzung in die Praxis
2.3.3 Erfolgsfaktoren
2.4Der kompetente Gesprächsführer
2.4.1 Persönliche und soziale Kompetenzen
2.4.2 Die besondere Rolle eines Mediators
2.4.3 Eigene Konfliktbearbeitung und -prävention
3Praxisfelder brisanter Gespräche
3.1Gespräche mit Klienten
3.1.1 Die Bedeutung von Gesprächen mit Klienten
3.1.2 Alltagssituationen und Konfliktfelder
3.1.3 Praxisbeispiele – Analyse und Lösungsmöglichkeiten
3.1.4 Erfolgsfaktoren
3.1.5 Zusammenfassung
3.2Gespräche mit Angehörigen
3.2.1 Die Bedeutung von Gesprächen mit Angehörigen
3.2.2 Typen von Angehörigen
3.2.3 Belastungen und Belastungsempfindungen von Angehörigen – mögliche Hintergründe von Konflikten
3.2.4 Praxisbeispiele – Analyse und Lösungsmöglichkeiten
3.2.5 Erfolgsfaktoren
3.2.6 Zusammenfassung
3.3Gespräche mit MDK-Mitarbeitern
3.3.1 Die Bedeutung von Gesprächen mit MDK-Mitarbeitern
3.3.2 Typische Gesprächssituationen und Konfliktfelder
3.3.3 Praxisbeispiele – Analyse und Lösungsmöglichkeiten
3.3.4 Erfolgsfaktoren
3.3.5 Zusammenfassung
3.4Gespräche mit Mitarbeitern
3.4.1 Die Bedeutung von Gesprächen mit Mitarbeitern
3.4.2 Praxisbeispiele – Analyse und Lösungsmöglichkeiten
3.4.3 Erfolgsfaktoren
3.4.4 Zusammenfassung
3.5Gespräche mit Ärzten
3.5.1 Die Bedeutung von Gesprächen mit Ärzten
3.5.2 Praxisbeispiele – Analyse und Lösungsmöglichkeiten
3.5.3 Erfolgsfaktoren
3.5.4 Zusammenfassung
4Selbststärkung als persönliche Konfliktvorbereitung
4.1Alles eine Sache der Einstellung
4.2Konfliktträchtige Emotionen und deren Bewältigung
4.2.1 Die typischen »Konflikt-Emotionen«
4.2.2 Die emotionale Erregung kontrollieren
4.3Wer sich selbst kennt, ist klar im Vorteil
5Die Verantwortung der Führungskraft
5.1Wichtige Führungseigenschaften
5.1.1 Selbstreflexion
5.1.2 Selbstmanagement
5.1.3 Soziales Bewusstsein
5.1.4 Sozialkompetenz
5.2Führungskräfte und Führungsstile
5.2.1 Der autoritäre Führungsstil
5.2.2 Der autoritative Führungsstil
5.2.3 Der affiliative Führungsstil
5.2.4 Der demokratische Führungsstil
5.2.5 Der leistungsbetonte Führungsstil
5.2.6 Der coachende Führungsstil
5.3Die Führungskraft als Konfliktlöser
6Fazit – Der Konflikt kann kommen
6.1Konflikte professionell bearbeiten
6.2Effektiv und effizient zum Konfliktlöser werden
Herausgeber und Autoren
Literatur
Register
Pflegeberufe zeichnen sich durch vielfältige Aspekte aus. Ein besonders Element ist dabei der ständige Kontakt zu unterschiedlichen Personen. So werden täglich zahlreiche Gespräche mit Klienten geführt. Kollegen, Vorgesetzte, Krankenkassenmitarbeiter und viele weitere Personen stehen ebenfalls im direkten Austausch mit Pflegenden. Gerade dies ist eine Besonderheit, die bei vielen Pflegefachpersonen den Beruf zu einer echten Berufung gemacht hat. Sie wollten keinen Job ohne zwischenmenschliche Interaktion.
Sie kennen das: Nicht immer läuft die Kommunikation rund und manchmal mündet ein Gespräch sogar in einem Streit. Schweigen ist dabei jedoch keine gute Strategie. Gerade Konflikte müssen thematisiert werden, wenn sie konstruktiv gelöst werden sollen. Wie aber gelingt Ihnen das? Hierzu ein erster Tipp: Betrachten Sie Konflikte nicht grundsätzlich negativ. Konflikte bieten ganz im Gegenteil Chancen. Sie verdeutlichen unterschiedliche Meinungen und gerade das kann ein außerordentlicher Gewinn sein. Wenn Sie sich auf andere Meinungen einlassen, erfahren Sie nicht nur etwas über die Bedürfnisse Ihres Gesprächspartners, sondern können seinen Argumenten vielleicht sogar folgen und sie nachvollziehen. Manchmal erreichen Sie auf diesem Wege einen Kompromiss oder sogar eine Win-Win-Situation. Das wäre doch was!
Wir hoffen, dass Sie Konflikten mit der Hilfe dieses praxisnahen Buches zukünftig eine größere Chance geben können. Auf der Grundlage der Darstellung theoretischer Aspekte werden Ihnen unsere Beispiele helfen, geeignete Lösungen zu entwickeln. Sie werden damit in Zukunft ein erfolgreicher Konfliktlöser.
Eckernförde, im Mai 2014
Dina und Christian Loffing(stellvertretend für alle Autoren)
Hinweis
Wir weisen darauf hin, dass die im Rahmen der Praxisbeispiele vorgestellten Unternehmen und Personen frei erfunden sind. Ähnlichkeiten zu bestehenden Personen und/oder Unternehmen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Danksagung
Wir bedanken uns bei allen Gesprächspartnern sowie insbesondere bei der WEIGANG AG und der Steinbeis Samba-Methoden GmbH für die zur Verfügung gestellten Diagnoseblätter.
Der Begriff »Konflikt« stammt aus dem Lateinischen (»confligere« = »zusammenstoßen« oder »kämpfen«). In der Kommunikation von Pflegefachpersonen bieten sich viele Möglichkeiten für Konflikte, deren Ursachen unter anderem in unterschiedlichen Interessen und Wertvorstellungen liegen können. Schließlich kommt es im Pflegeberuf nicht nur quantitativ betrachtet zu vielen Gesprächen, sondern häufig auch qualitativ zu Meinungsverschiedenheiten, die eine Ursache für einen Konflikt bilden können.
In diesem Buch legen wir besonderen Wert auf die Qualität der Worte. Bei Gesprächen mit brisantem Inhalt werden schon einmal Worte auf die Goldwaage gelegt und es kommt zu einem Konflikt. Einen solchen Konflikt frühzeitig zu erkennen und die Entwicklung adäquater Lösungsstrategien muss das Anliegen des professionellen Gesprächsführers sein.
Fach- und Führungskräfte im Gesundheitswesen sind den gesamten Tag und zum Teil (je nach Dienst) auch in der Nacht dazu aufgefordert, Gespräche zu führen. Zum einen sind dies sehr kurze Gespräche zwischen Tür und Angel, zum anderen können es aber auch sehr ausführliche Gespräche sein. Zur professionellen Führung aller Gespräche ist eine ausgeprägte Kommunikationskompetenz notwendig.1
Zunächst beschreiben wir in Kapitel 2 Grundlagen, die Ihnen helfen können, brisante Gespräche zu meistern. Dabei haben wir sowohl bekanntere als auch etwas unbekanntere, aber ausschließlich für die Praxis hilfreiche Modelle beschrieben. Im Fokus der praxisnahen Ausführungen in Kapitel 3 stehen schließlich konkrete Gespräche mit unterschiedlichen Personengruppen.
Schweigen ist keine gute Option, wenn es darum geht, einen Konflikt aufzulösen. Denn nur wenn wir über einen bestehenden Konflikt reden, kann die Zusammenarbeit mit ausgewählten Personengruppen ohne tief sitzende Konflikte erfolgreich fortgesetzt werden. Dementsprechend lautet unsere Botschaft, sich auch konfliktreichen Gesprächen zu stellen und diese zu führen. Natürlich mit dem Ziel, den Konflikt aufzulösen. Dass dies nicht immer möglich ist, ist uns auch klar. Aber in vielen selbst erlebten Konflikten konnten wir feststellen, dass unter Berücksichtigung ausgewählter Erfolgsfaktoren eine Lösung entwickelt werden kann. Dabei ist wiederum wichtig, dass Sie immer bei sich selbst mit der konstruktiven Konfliktlösung beginnen. Dies können Sie nämlich am besten beeinflussen und senden dabei bereits ein positives Signal in Richtung Konfliktlösung. Darüber hinaus zeichnet dieses Verhalten Sie als einen professionellen Gesprächspartner aus.
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1 Vgl. Loffing, C. & Budnik, S. (2006). Gespräche in der Pflegepraxis. So meistern Sie das Mitarbeitergespräch. Stuttgart: Kohlhammer
In diesem Kapitel legen wir ein Fundament für konstruktive Konfliktgespräche. Sie lernen wichtige Modelle und Instrumente kennen, werden mit der Analyse von Konflikten vertraut gemacht und natürlich mit dem professionellen Aufbau und der Führung eines Konfliktgesprächs als solches. Abschließend werden die Person des Gesprächsführers und ihre Kompetenzen beleuchtet.
Die personenzentrierte Gesprächsführung ist ein zentrales Instrument erfolgreicher Gesprächsführung. Wir stellen Ihnen kurz und prägnant die Grundlagen dieser hilfreichen Methode vor.
Die personenzentrierte Gesprächsführung – im Original klientenzentrierte Gesprächsführung – wurde in den 1940er Jahren von Carl Ransom Rogers (1902–1987) in den USA entwickelt. Rogers war Schüler des Freud-Schülers Otto Rank. Er lehrte an der Ohio State University und der University of Chicago als Professor für Psychologie.2 Als Mit-Begründer der Humanistischen Psychologie beschrieb Rogers eine dem Menschen innewohnende Tendenz zur Entwicklung all seiner Möglichkeiten und zur Förderung des Organismus. Rogers behauptete, jeder Mensch wisse selbst genau, wo seine Probleme liegen, welche Erfahrungen eine Rolle spielen und welcher Weg zur Lösung eingeschlagen werden müsste. In seiner Forschung wollte Rogers der Frage auf den Grund gehen, welche Bedingungen dazu führen, dass eine Person von sich aus über ihr Erleben spricht und wie eine Einstellungs- und Verhaltensänderung möglich ist. Auch die Selbstreflexion und die Fähigkeit, sich selbst besser zu verstehen, sollten angeregt werden.3
Das von Rogers vorwiegend für psychotherapeutische Zwecke entwickelte Konzept wurde in Deutschland von Annemarie und Reinhard Tausch weiterentwickelt. Auch ein Mitarbeiter Rogers, Thomas Gordon, sorgte dafür, den Ansatz der nondirektiven Beratung auf Gesprächssituationen außerhalb des therapeutischen Kontextes zu übertragen. So erhielt das Konzept nach und nach immer mehr Einfluss in (familien-)pädagogischen Gesprächssituationen, in der Beratungspraxis und in der professionellen Gesprächsführung im beruflichen Kontext.
In seiner Persönlichkeitstheorie skizzierte Rogers das »Selbstkonzept« eines Menschen als Schlüsselbegriff. Davon ausgehend, dass Werthaltungen und Wahrnehmungen der Schlüssel zum Selbstkonzept seien, wollte er seine Klienten unterstützen, sich selbst näher zu kommen. So definierte er drei Grundhaltungen, die aus seiner Sicht für eine therapeutische Beziehung, aber auch diverse andere Gespräche, in denen Vertrauen eine Grundvoraussetzung darstellt, notwendig, ja sogar unerlässlich sind.4
Die drei Grundhaltungen personenzentrierter Gesprächsführung nach Rogers
1. Kongruenz
2. Empathie
3. Akzeptanz bzw. unbegrenzte Wertschätzung
Die erste Grundhaltung: Kongruenz
Unter Kongruenz verstand Rogers Echtheit, Aufrichtigkeit und ein Agieren und Reagieren ohne vorgespielte Fassade. Eine grundlegende Ehrlichkeit in erster Linie sich selbst gegenüber kann hierfür als Grundvoraussetzung angesehen werden. Als Person wahrnehmbar zu sein, beginnt im Zuge dieser Theorie bereits damit, sich mit seinem Namen vorzustellen und sich nicht hinter einer Rolle zu verstecken.
Beziehen Sie klar Position
Seien Sie offen und ehrlich gegenüber Ihren Klienten, den Angehörigen, Mitarbeitern und Kollegen sowie anderen Gesprächspartnern. Sagen Sie konkret, wer Sie sind.
Beispiel: »Ich bin Maja Müller, examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und hier auf der Station für Sie zuständig« anstatt: »Ich bin hier Schwester.«
Das heißt nicht, dass Sie alles von sich preisgeben sollen. Jedoch ist es für den Erfolg eines Gesprächs förderlich, wenn Ihre verbalen und nonverbalen Äußerungen mit Ihrer Gefühlswelt übereinstimmen (Einklang von Eindruck und Ausdruck). Inkongruente Signale in Ihrer Gestik, Mimik und Körperhaltung fallen schnell auf und führen dazu, dass sich Ihr Gegenüber unverstanden fühlt, sich verschließt und kein konstruktives Gespräch mehr möglich ist. Sie dürfen und sollen Ihre Emotionen explizit äußern.
Eine Beziehung zwischen zwei Gesprächspartnern kann nur wachsen, wenn jeder so auftritt, wie er wirklich ist. Gelingt es Ihnen, im Gespräch ein kongruentes Verhalten vorzuleben, können Sie von einer positiven Beeinflussung Ihres Gesprächspartners in folgenden Bereichen ausgehen:
• Ihr Gesprächspartner weiß bei Ihnen, woran er ist. Er baut Vertrauen auf.
• Auf der Grundlage von kongruentem Verhalten können Sie Akzeptanz vermitteln.
• Die Bereitschaft zur Selbstreflexion und Ehrlichkeit Ihres Gesprächspartners steigt ebenfalls.
• Ihr Gegenüber wird auch Ihnen Achtung entgegenbringen (Auslösung reziproker Affekte).
Ein derart ehrliches und offenes Verhalten im Gespräch setzt jedoch eine gute Kenntnis über sich selbst voraus.
Die zweite Grundhaltung: Empathie
Umgangssprachlich wird unter Empathie das einfühlsame Verstehen eines Gegenübers verstanden. Eine empathische Persönlichkeit ist in der Lage, sich in die Gefühlswelt eines Anderen hineinzuversetzen und Emotionen in Worte zu fassen. Die Kunst dabei ist, die Empfindungen des Gesprächspartners wahrzunehmen, sich in seine Position zu versetzen und dies in eigenen Worten richtig beschreiben zu können (spiegeln zu können).
Hinweis
Zum »Spiegeln« von Aussagen unseres Gesprächspartners gehören auch die Instrumente Aktives Zuhören, Paraphrasieren und Verbalisieren (Kapitel 2.1.2).
Oftmals hat schon das Gefühl Ihres Gesprächspartners, dass Sie sich um Verständnis auch seiner Sichtweise bemühen und wirklich zuhören, eine vertrauensbildende und versöhnende Wirkung. Zur Verdeutlichung ein Beispiel, wie ein Dialog zwischen einer Pflegefachperson und einem Klienten mit zwei Antwort-Varianten der Pflegefachperson ausfallen könnte:
Klient: »Ach, Schwester, ich war die halbe Nacht wach und konnte kein Auge zumachen.« Pflegefachperson, Antwort A: »Ich werde dafür sorgen, dass Sie heute eine Schlaftablette zur Nacht bekommen.«
Pflegefachperson, Antwort B: »Mir scheint es, als würden Sie sich viele Gedanken machen. Was geht Ihnen denn durch den Kopf?«
Antwort B zeigt, dass die Pflegefachperson versucht, sich in die Gedanken- und Gefühlswelt des Klienten einzufühlen. Sie signalisiert ihr Interesse und schafft so eine offene Kommunikationsbasis.
Nutzen Sie die Empathie bei Konflikten als »Wunderwaffe«
Insbesondere in konfliktbehafteten Gesprächen kann echte Empathie manchmal Wunder wirken. Sind Sie selber am Konflikt beteiligt, heißt es, die eigenen Emotionen zunächst einmal zurückzustellen.
Wenn Sie es aber schaffen, durch aktives Zuhören und Nachfragen auch einmal die Sichtweise Ihres (Konflikt-)Gesprächspartners einzunehmen, wird allein der Versuch in der Regel durch Anerkennung und einem ersten Aufbrechen von Konfliktfronten gewürdigt.
Wichtig ist hierbei, dass Sie sich in die Sichtweise des Gesprächspartners einfühlen und diese auch so akzeptieren. Keinesfalls sollte die Sichtweise des Gegenübers durch Ihre eigene Sichtweise oder vorschnelle Interpretationen bagatellisiert werden.
Die dritte Grundhaltung: Akzeptanz bzw. unbegrenzte Wertschätzung
Die dritte Forderung von Rogers ist die Akzeptanz bzw. positive, unbegrenzte Wertschätzung. Im Fokus steht die Annahme, dass wir unseren Gesprächspartner mit all seinen Empfindungen, Gefühlen und Äußerungen so akzeptieren, wie er ist. Wir sollen uns im Gespräch fernhalten von Wertungen, Interpretationen oder gar Herabwürdigung von Dingen, die uns verbal und nonverbal zugetragen werden. Mit Sicherheit ist dies einfacher gesagt als getan. Doch mit ein wenig Übung ist es möglich, sich zu disziplinieren und eine unmittelbare Wertung zu vermeiden. Durch Ihre offene Zuwendung, Respekt und Teilnahme erfährt der Gesprächspartner Akzeptanz und Wertschätzung. Dies sind in jedem Kommunikationskontext wünschenswerte Konstrukte. Doch gerade in Konfliktgesprächen ist diese Grundhaltung wesentlich für eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Konflikt-Thema.
Akzeptieren Sie Ihren Konfliktpartner
In Konflikten wird das Hauptaugenmerk häufig ausschließlich auf die eigene Sichtweise fokussiert. Nicht ohne Grund ist es ja zum Konflikt gekommen. Befinden Sie sich nun aber unmittelbar in einem Konfliktgespräch, in dem Sie und Ihr (Konflikt-) Gesprächspartner gemeinsam arbeiten wollen, kann es ein erster, wichtiger Schritt sein, Ihr Gegenüber – trotz Konflikt, Streit, nicht nachvollziehbaren Meinungen –, so zu akzeptieren, wie er ist.
Das gilt auch, wenn Sie nicht selbst involviert sind, sondern zwischen Konfliktparteien vermitteln: Nur wenn Sie die Parteien gleichermaßen und ehrlich akzeptieren sowie wertschätzen, werden Sie ein offenes Gespräch und eine gemeinsame, vertrauensvolle Bearbeitung des Konflikts ermöglichen.
Ein positiver Nebeneffekt der Ihnen entgegengebrachten Akzeptanz sind eine Zunahme Ihrer Selbstwertschätzung und der Akzeptanzerweiterung Ihrer Person. So schaffen Sie neben dem Vertrauensverhältnis im Gespräch auch eine Erweiterung Ihrer eigenen persönlichen und sozialen Kompetenzen.
Das Modell der partnerzentrierten Gesprächsführung zeigt, in welcher Art und Weise es zu kommunizieren gilt, damit ein Gespräch – ob »normal« oder konflikthaft – vertrauensvoll und konstruktiv abläuft.
Eine der häufigsten Fragen ist hierbei die nach der Anwendbarkeit und Umsetzung in die Praxis. Um diesen Transfer so einfach wie möglich zu machen, beleuchten wir in Kapitel 3 spezielle Praxisfelder. Zunächst jedoch folgt die Vertiefung ausgewählter Grundlagen.
Wir sprechen mit anderen Menschen, um etwas von Ihnen zu erfahren, Informationen auszutauschen oder ein Problem aus der Welt zu schaffen. Doch bevor wir dies tun, müssen wir zunächst die »Tür öffnen«, damit ein Gespräch funktionieren kann. Häufig hört man davon, zunächst einmal »das Eis zu brechen« und nicht gleich »mit der Tür ins Haus zu fallen«. Gemeint sind einfache, umgangssprachliche Höflichkeiten, die auf einer zunächst sehr oberflächlich erscheinenden Ebene ausgetauscht werden. Klassiker zur Eröffnung eines solchen »Small Talks« sind beispielsweise die folgenden Fragen:
• »Haben Sie einen schönen Tag gehabt?«
• »Haben Sie gut geschlafen?«
• »Sind Sie gut hergekommen?«
• »Finden Sie das Wetter nicht auch herrlich?«
• »Kommen Sie auch aus Bochum?«
• »Haben Sie das Länderspiel gestern gesehen?«
• etc.
So banal dies klingen mag: Fragen dieser Art können eine Brücke für ein Gespräch bauen – immer vorausgesetzt, sie sind ernst gemeint. Die Antwort muss den Fragesteller ehrlich interessieren.
Öffnen Sie Türen, statt mit ihnen ins Haus zu fallen
Vor allem dann, wenn Sie noch keine tragfähige Beziehung zu Ihrem Gesprächspartner haben, sollten Sie mit unverfänglichen Alltagsfragen den ersten Schritt machen. So signalisieren Sie Interesse am Gesprächspartner und eröffnen die Kommunikation.
Nach allgemeinen, häufig geschlossenen Fragen, bei denen zunächst nur ein »Ja« oder »Nein« als Antwort möglich ist, sollten tiefer gehende Fragen gestellt werden. Diese sind dann idealerweise offene Frage; also solche, bei denen der Gesprächspartner in eigenen Worten eine Antwort formuliert. Auch hierzu ein paar Beispiele:
• »Wie geht es Ihnen heute?«
• »Wie war denn Ihre Nacht?«
• »Wie kann ich Ihnen helfen?«
• »Was kann ich Ihnen Gutes tun?«
• »Was wünschen Sie sich heute?«
• »Was erwarten Sie von unserem Gespräch?«
Mit Fragen dieser Art zeigen Sie ein tiefer gehendes Interesse an Ihrem Gesprächspartner und seiner individuellen Sichtweise.
Die größte Herausforderung bei Gesprächen ist, dass Sie die Aussage Ihres Gesprächspartners vollständig und richtig verstehen. Natürlich liegt die Verstehbarkeit auch in den Händen des Gegenübers, jedoch können Sie als zunächst passiv erscheinender Zuhörer mindestens genauso viel für das gegenseitige Verstehen tun.
Allein die Bereitschaft: »Ich habe jetzt Zeit für Sie.« – »Ich höre Ihnen zu«, ermutigt Ihr Gegenüber, über ein persönliches Thema zu sprechen. Nur wenn Sie sich konzentrieren, wirklich zuzuhören und nicht dazwischen zu reden, kann ein konstruktives Gespräch funktionieren. Dabei sind die folgenden »Kleinigkeiten« eine wirksame Unterstützung:
• Blickkontakt halten
Der direkte Blick in die Augen signalisiert sehr deutlich: »Ich habe Sie im Blick.« – »Aktuell sind Sie und nichts anderes in meinem Fokus.« Die ausschließliche Konzentration auf Ihr Gegenüber vermittelt Wertschätzung und fördert die Offenheit im Gespräch.
• Nonverbale Aufmerksamkeitsbekundungen
Aufmerksamkeit und volle Konzentration auf Ihren Gesprächspartner können Sie auch durch Mimik, Gestik und Ihre Körperhaltung signalisieren. Beispiele hierfür sind die Hinwendung zum Gesprächspartner, ein zustimmendes Lächeln oder ein freundliches Nicken.
• Verbale Aufmerksamkeitsbekundungen
Um kongruent zu bleiben, sollten alle sprachlichen Aufmerksamkeitsbekundungen selbstverständlich mit den nonverbalen im Einklang stehen. Ergänzend können Sie mit Äußerungen wie »Aha«, »Interessant«, »Verstehe«, »Ja?!« Ihre Aufmerksamkeit kundtun.
• Rückmeldungen geben
Mit kurzen Rückmeldungen im Gesprächsverlauf signalisieren Sie, dass Sie zuhören und konzentriert bei Ihrem Gegenüber sind.
Auch passives Zuhören ist wichtig
Unterschätzen Sie Ihre Art und Weise, wie Sie passiv zuhören, nicht. Um eine tragfähige, vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre herzustellen, reicht es nicht, einfach nur zuzuhören. Zeigen Sie Ihrem Gesprächspartner nonverbal durch Blickkontakt und Nicken, dass Sie sich auf ihn konzentrieren. Auch kurze Aufmerksamkeitsbekundungen oder kleine Rückmeldungen geben Ihrem Gegenüber die Sicherheit, bei Ihnen gut aufgehoben zu sein.
Neben den Methoden des passiven Zuhörens ist das aktive Zuhören in der praktischen Gesprächsführung ebenso wichtig. Aktives Zuhören erfordert bestimmte Voraussetzungen:5
• Die volle Aufmerksamkeit der zuhörenden Person.
• Die Fähigkeit, die inneren Zusammenhänge des Gegenübers zu erfassen.
• Eine kritische Überprüfung der Wahrnehmung.
• Eine (über-)vorsichtige Interpretation des Gehörten.
• Die Fähigkeit, keine Ergänzungen beizufügen, d. h. sich selbst zurückzunehmen.
Nach Möglichkeit sollten diese Voraussetzungen erfüllt sein. Mit Hilfe kommunikativer Türöffner und bedachter Aufmerksamkeitsbekundungen bringen Sie in einem nächsten Schritt Ihren Gesprächspartner idealerweise in den Redefluss. Aber um ein Gespräch auf Augenhöhe führen zu können, müssen Sie sicher sein, dass Sie auch jede Aussage Ihres Gegenübers so verstanden haben, wie er sie gemeint hat. Um dies in der Praxis zu kontrollieren, geben Sie nach einer Aussage bzw. nach jedem inhaltlich zusammengehörigen Aussagen-Bündel eine Rückmeldung darüber, was Sie verstanden haben. Ihr Gesprächspartner kann dadurch sicher sein, dass Sie mit voller Aufmerksamkeit bei ihm sind (wird ermutigt, weiterzureden) und Missverständnissen kann vorgebeugt werden.
Bezüglich der Art und Weise können Rückfragen
• als zusammenfassende Aussage formuliert werden, z. B.: »Sie meinen also, dass Frau Meier in dieser Situation von Herrn Dr. Ludwig behandelt worden ist?«;
• als wirkliche Fragen gestellt werden, z. B.: »Ich habe Sie also richtig verstanden, dass Sie keine weitere Behandlung wünschen?«
Inhaltlich gibt es wiederum zwei Arten, das Verstandene zurückzumelden:
1. Das Paraphrasieren, d. h. Sie wiederholen den sachlichen Gehalt einer Aussage Ihres Gegenübers mit eigenen Worten.
2.Das Verbalisieren, d. h. Sie wiederholen den emotionalen Gehalt einer Aussage Ihres Gegenübers mit eigenen Worten.
Mag diese Methode zunächst etwas ungewohnt erscheinen – alle gehörten Sätze Ihres Gesprächspartners zu wiederholen – zeigt die praktische Erfahrung doch äußerst positive Effekte. Denn nur nach eigener Wiederholung dessen, was Sie verstanden haben, und der Zustimmung der Richtigkeit darüber von Ihrem Gesprächspartner, können Sie sicher sein, dass Sie über die gleichen Dinge sprechen. In der Praxis bedeutet dies nicht, dass Sie jeden einzelnen Satz wiederholen sollen. Aber nach einem kleineren Sachverhalt – und immer, wenn Ihnen etwas unklar erscheint – lohnt es sich, das Verstandene noch einmal zu hinterfragen.
Fragen Sie nach
Trauen Sie sich, im Gespräch aktiv zuzuhören und dabei das Gehörte mit eigenen Worten zu wiederholen. Sie werden merken, dass es für Ihr wirkliches Verstehen, vor allem aber auch für die Zuwendung und Wertschätzung gegenüber Ihrem Gesprächspartner eine große Wirkung hat.
Trauen Sie sich auch an die emotionalen Aussagen heran
Zu paraphrasieren ist mit Sicherheit einfacher und gewohnter als zu verbalisieren. Dabei ist es insbesondere bei den emotionalen Aussagen, die von einer Person getroffen werden, wichtig, darauf einzugehen. Üben Sie dies in den Gesprächen, die Sie führen und fassen Sie »hörbare« Emotionen in Worte.
Beispiel: Herr Müller sagt: »Ich weiß nicht, ob ich das alles schaffen kann.« Sie könnten verbalisierend antworten: »Verstehe ich Sie richtig, dass Sie Angst haben, es könnte Ihnen über den Kopf wachsen?«
Die personenzentrierte Gesprächsführung von Rogers kann hervorragend als Grundlage erfolgreicher Gespräche genutzt werden. Die Basis geben dabei die drei Grundhaltungen
1. Kongruenz,
2. Empathie und
3. Akzeptanz bzw. unbegrenzte Wertschätzung.6
Zudem sind in diesem Ansatz vor allem die kleinen Dinge wichtig: Kommunikative Türöffner, ein herzlicher Empfang, ein langsamer Beziehungsaufbau, um zunächst eine Basis herzustellen. Wir alle merken binnen Sekunden, ob uns zugehört wird oder nicht und ob sich unser Gesprächspartner voll auf uns konzentriert. Seien Sie fokussiert, klar und konzentriert im Gespräch. Gemeinsam mit einer wohlwollenden Grundhaltung im Sinne Rogers werden Sie so auch in konfliktbehafteten Gesprächen souverän auftreten und diese professionell führen können.
Die Erfolgsfaktoren der personenzentrierten Gesprächsführung
• Seien Sie Ihrem Gesprächspartner gegenüber kongruent bzw. echt.
• Seien Sie empathisch und versuchen Sie, Ihr Gegenüber aus seiner Sicht zu verstehen.
• Schenken Sie Ihrem Gegenüber uneingeschränkte Wertschätzung und akzeptieren Sie ihn.
• Seien Sie offen für das, was Ihnen im Gespräch begegnet. Versuchen Sie, sich selbst zurückzunehmen.
• Bauen Sie erst eine Basis und Vertrauen auf, bevor Sie mit der »Kommunikationstür ins Haus fallen«.
• Konzentrieren Sie sich auf Ihren Gesprächspartner.
• Hören Sie aktiv und passiv professionell zu.
• Spiegeln und wiederholen Sie Aussagen, um das Verständnis zu überprüfen und das Gesagte wertzuschätzen.
Im Arbeitsalltag in der Pflege stehen Tag für Tag Herausforderungen an. Ungeplante Situationen sind zu bewältigen, auch im größten Stress wollen Klienten, Bewohner und Angehörige – zu Recht – freundlich und zuvorkommend behandelt werden. Und auch Kollegen und Vorgesetzte stellen Wünsche und Anforderungen. Fachlich, inhaltlich und organisatorisch warten also eine Menge Herausforderungen auf Sie. Doch oftmals sind es gerade die Kleinigkeiten, die in jeder Kommunikation eine große Rolle spielen, und die für einen kleinen oder auch größeren Konflikt sorgen. Das folgende Kapitel zeigt Ihnen, warum es eigentlich zu Konflikten kommt und welche Arten und Phasen von Konflikten Sie kennen sollten. Auch die Bedeutung der Analyse eines Konflikts wird herausgestellt, bevor es dann um die praktische Durchführung eines Konfliktgesprächs geht.
Nach Montada und Kals treffen bei einem Konflikt mindestens zwei unterschiedliche oder entgegengesetzte Interessen, Ziele, Gefühle oder Bedürfnisse aufeinander.7 Unterschiedliche Meinungen bezüglich Wahrnehmungen oder Gefühlen allein bedingen jedoch noch keinen Konflikt. Dieser entsteht erst durch konkretes Handeln bzw. die Absicht, zu handeln.
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